Projekt: Resistophone

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Bernhard Geiger, 4AIH, 2002
Projekt: Resistophone
Aufgabenstellung:
Zu entwerfen ist ein elektronisches Musikinstrument. Es soll der Timer-IC LM555 verwendet werden, dessen
Frequenz mit Hilfe eines Widerstandsdrahtes als Potentiometer verändert werden soll. Da es sich bei diesem
Projekt um Prototypenarbeit handelt, sind keine weiteren Forderungen an das fertige Gerät gegeben.
Historie:
1
3
1
4
2
3
Die Gründe für dieses Projekt waren folgende: Von allen Musikinstrumenten interessierte mich die Gitarre,
speziell die elektrische Gitarre, am meisten. Doch meine Faulheit hielt mich immer wieder davon ab, dieses
Musikinstrument zu erlernen. So kam mir eines Sonntagmorgens die Idee, ein eigenes Musikinstrument zu
entwerfen, das sowohl einfach zu spielen sein sollte als auch optisch gut aussehen sollte. Ich kam auf die Idee
mit dem Widerstandsdraht und dem 555-Timer-IC. Der Draht sollte dabei (zumindest in der Probephase) auf
einen
Besenstiel
VCC
VCC
VCC
VCC
aufgezogen werden, um
so optisch an eine Gitarre
R
R
R
R
R2
zu
erinnern.
Der
POT
Widerstandswert
würde
7
1
3
7
7
4
7
DIS
DIS
DIS
DIS
dann mit Hilfe von
2
Kontakten (Rohre aus
6
6
6
6
THR
THR
THR
THR
Kupfer, die man auf den
U1
U2
U1
U2
Finger stecken kann,
LM555
LM555
LM555
LM555
C
C
C
C
wären optisch sicherlich
interessant) aufgenommen
Fehlschlag 1
Fehlschlag 2
werden.
Mein
erstes
Gespräch
mit
Prof.
Ritzinger
während
der
Labor-Übung
brachte
schon
die
erste
VCC
R2
Ernüchterung:
Zum
einen
war
ich
nicht
der
erste,
der
so
eine
Idee
hatte,
POT
4
zum zweiten könnte es auf Grund der Niederohmigkeit des
2
Widerstandsdrahtes zu Problemen kommen. Ich ließ das Projekt für
einige Zeit fallen, bis mir eine interessante Erweiterungsmöglichkeit in
7
7
DIS
DIS
den Sinn kam: Wie wäre es, wenn ich mit nur einem Widerstandsdraht
R
R
zwei unterschiedliche Töne erzeugen könnte? Ich wollte also ein
6
6
THR
THR
Potentiometer mit zwei Schleifern verwenden, um zwei Frequenzen zu
erzeugen. Wie die Abbildungen Fehlschlag 1 und 2 zeigen, gab es
U1
U2
LM555
LM555
C
C
schon hier Probleme mit der Schaltung. Bei beiden Varianten würde
der
eine Kanal den anderen stark beeinflussen, indem Ströme
Lösung
umgeleitet oder Kondensatoren umgeladen werden würden. Doch
schließlich wurde auch dieses Problem gelöst. Blieb noch die Niederohmigkeit des Widerstandsdrahtes.
Schließlich entschloss ich mich (und diese Entscheidung wurde hauptsächlich dadurch beeinflusst, dass ich zu
einer großen Menge gratis Konstantandraht gekommen bin), mehrere Windungen zu machen (was sich später als
eine sehr ... zeitaufwändige Arbeit herausstellen sollte).
Weiters war mir laut Datenblatt bekannt, dass das Puls-Pausen-Verhältnis am Ausgang des 555ers nicht 1:1 ist.
Dank eines einfachen Toggle-Flip-Flops sollte aber auch das kein Problem sein. Sogar das Mischen der
Frequenzen bereitete keine Schwierigkeit. Doch mehr darüber und über andere Schmankerl der
Schaltungssynthese im Abschnitt Schaltung.
Schaltung:
Die Schaltung selbst ist denkbar einfach. Der Timerbaustein 555 wird in seiner Standardbeschaltung als astabiler
Multivibrator verwendet. Dabei wird der Kondensator C über den Schleifer und Rb aufgeladen. Während des
Aufladevorgangs liegt am Ausgang ein High-Pegel. Hat sich der Kondensator auf zwei Drittel der
Betriebsspannung aufgeladen, wird er über Rb und Pin 7 wieder entladen. Während dieser Zeit liegt am Ausgang
ein Low-Pegel. Sobald der Kondensator ein Drittel der Betriebsspannung unterschritten hat, sperrt der Transistor
am Pin 7 und der Aufladevorgang beginnt erneut. Dadurch, dass über verschiedene Widerstände auf- bzw.
entladen wird, ergeben sich unterschiedliche Zeitkonstanten. Daraus folgt ein Taktverhältnis ungleich 1:1. Da
solche Wechselsignale für Lautsprecher nicht unbedingt geeignet sind, wird ein duty cycle von 50% mit Hilfe
eines Toggle-Flip Flops hergestellt. Dazu wird der CMOS-Baustein 4013 verwendet. Dieses
VCC
Schleifer 1
Q
3
Rb1
1k4
3
Cv1
0,01 µ
CV
THR
TR
1D
R S
Rt1
R111
VCC
VCC
1
2
3k3
Ct1
0,33 µ
4013
C1
2,2 µ
R112
100k
150k
Rspt1
R2
22k
64k
7
1
U1
LM555
6
2
U2A
C1
6
4
7
5
GND
5
VCC
Schleifer 2
3
+
2
-
U4
Ck
6
LM741
J1
+
DIS
14
8
VCC
R
4
VCC
7
100µ
1
2
4
CON2
8
22k
J2
7
VCC
R
4
Rspt2
DIS
Q
3
Rb2
840
11
THR
TR
U3
LM555
6
2
1D
R S
Rt2
Schleifer 1
Schleifer 2
1
2
3
CON3
3k3
4013
C2
0,22 µ
R121
13
12
8
10
CV
1
Cv2
0,01 µ
GND
9
5
U2B
C1
Ct2
22 n
R122
100k
150k
J3
VCC
1
2
CON2
taktflankengesteuerte D-Latch wird zweckentfremdet, indem man den invertierten Ausgang auf den
Dateneingang legt. Mit jeder fallenden Flanke am Clock-Eingang (an diesen wird der Timer angeschlossen) wird
nun der Ausgangszustand invertiert. Es folgt daraus eine Rechteckspannung mit dem Puls-Pausen-Verhältnis
1:1, mit der halben Frequenz des Clock-Signals. Daher ist es erforderlich, den Timer auf der doppelten
gewünschten Frequenz schwingen zu lassen. Bei diesem CMOS-Baustein ist aber noch ein weiterer Aspekt in
Betracht zu ziehen: Es darf keine sogenannten Open-Gates geben, da diese undefinierten Eingangspegel unter
Umständen zu Fehlfunktionen führen könnten. Anschließend folgt ein einfacher Tiefpass zum Abrunden der
Ecken (Lautsprecher sollten möglichst mit Sinusschwingungen belastet werden). Zum Mischen der beiden
Signale wird der einfache Operationsverstärker LM741 als Addierer verwendet. Desweiteren ist es durch die
beiden Potentiometer möglich, die Lautstärke, mit der die einzelnen Signale im Endsignal zu hören sind, zu
steuern. Unmittelbar vor dem Ausgang wird noch ein Kondensator verwendet, um die Gleichspannung
auszufiltern.
Dimensionierungen und Berechnungen:
Als erstes wurde der Tiefpass zum "Abrunden" des Rechtecksignals dimensioniert. Gewählt wurde, wie bereits
aus der Schaltung ersichtlich ist, ein Tiefpass erster Ordnung, realisiert mit RC. Die Formel
ω = 2π f =
1
RC
wurde auf C umgeformt
C=
1
2π f R
und die bekannten Größen (R = 3,3 k laut Prof. Töglhofer, fg = 150 Hz für den Bass und fg = 1800 Hz für den
Treble) eingesetzt. Die daraus berechneten Kapazitätswerte wurden nun auf die E6-Reihe gerundet. Bei korrekter
Rechnung ergeben sich für den Bass
Ct1 = 0,33µF
→
f g = 146 Hz
und für den Treble
Ct 2 = 22 nF
→
f g = 2192 Hz
. Die dadurch geringfügig veränderte Grenzfrequenz wird auf das Verhalten der Schaltung keinen allzu großen
Einfluss nehmen. Hoffentlich.
Als nächstes nahm ich die Dimensionierung des Mischers in Angriff. Für den Spannungsteiler wurden als
Erfahrungswert 20 k gewählt. Die Dimensionierung der Widerstände, die in die Verstärkung eingehen, bereitete
mehr Probleme. Da alle Bauteile mit 12 V Versorgungsspannung betrieben werden, kann es schlimmstenfalls
dazu kommen, dass zu einer Zeit zwei High-Pegel, also zwei mal 12 V addiert werden. Da der OP aber selbst nur
mit 12 V betrieben wird, ist ein Ausgangspegel von 24 V nicht möglich. Der Addierer muss also mit einer
Verstärkung von maximal 1/2 arbeiten. Maximal deshalb, weil der LM741 kein Rail-to-Rail-Verstärker ist.
Gewählt wurde
R
1
= 2
2,3 R1min
bei
R1min = R111 = R121
Wie im Abschnitt Schaltung schon erkennbar ist, wurde dem Potentiometer ein Vorwiderstand in Serie
geschaltet. Dieser legt den unteren Widerstandswert fest. In unserem Fall sind das 100 k. Nach der Umformung
der Formel auf
R2 =
R1min
2,3
kam ich auf den Widerstandswert, wieder gerundet,
R2 = 64 kΩ
Kommen wir zum "anspruchsvollen" Teil der Dimensionierung, benötigt man doch für die Lösung immerhin
zwei Gleichungen mit zwei Variablen. Die Musterrechnung erfolgt für den Bass. Als Ausgangsgleichung galt
f =
1,44
( R A + 2 RB1 )C1
. Für den Bass wurde ein Frequenzbereich 50 Hz - 100 Hz festgelegt. Wie im Abschnitt Schaltung ersichtlich ist,
muss der 555er die doppelte Frequenz ausgeben. Das selbst mittels Widerstandsdraht angefertigte Potentiometer
hat (mit Vorwiderstand) einen Widerstandsbereich von 500 bis 4,2 k. Nach der Umformung
( R A min + 2 RB1 )C1 =
1,44
f max
bzw. ( R A max + 2 RB1 )C1 =
1,44
f min
wurden die Werte eingesetzt, woraus sich zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten ergaben:
500C1 + 2 RB1C1 = 0,0072
4200C1 + 2 RB1C1 = 0,0144
Durch Eliminierung und Substitution des Ergebnisses erhielten wir die folgenden Werte:
RB1 = 1,4 kΩ C1 = 2,2µF
Da sich die Berechnung der Bauteilwerte für den Treble lediglich im Frequenzbereich unterscheidet, werde ich
hei nur das Ergebnis dieser Berechnung bekanntgeben:
RB 2 = 840 Ω C1 = 0,22µF
Ich hoffe diese Ausführungen bieten genug Durchsicht zum Nachrechnen. Da die Dimensionierung bei jedem
Schaltungsentwurf unerlässlich ist, sollte man sich durch gelegentliche Dimensionierung immer schön "fit"
halten.
Weitere Details:
Die Bauteilwerte sind der Schaltung (siehe oben) zu entnehmen. Zusätzlich zu den oben angeführten Bauteilen
sind Printklemmen (2-fach bzw. 3-fach) zu besorgen. Außerdem is es, wie bei allen Schaltungen, in denen ICS
eingesetzt werden, ratsam, diese nicht direkt einzulöten, sondern IC-Sockel zu verwenden.
Durch den Einsatz von diskreten Bauteilen, bzw. Wald-und-Wiesen-ICS ist der Nachbau dieser Schaltung nicht
sehr kostenintensiv. Vorsichtig gerechnet sind für die Bauteile jedenfalls weniger als ȏ 5 zu bezahlen. Das
Anfertigen der Leiterplatte, sofern dieser Auftrag der LPT der BULME Graz-Gösting erteilt wird, sollte nicht
mehr als ȏ 2 ausmachen. Der Widerstandsdraht kann leider bis zu ȏ 7 kosten, da bis zu 40 m davon benötigt
werden.
Ein großer Teil der Arbeit fiel auf die Herstellung des Potentiometers und des Schleifers. Beim Bau des
Prototypen wurde ein Besenstiel verwendet (Durchmesse 25 mm), auf den dann in mühevoller Handarbeit der
Widerstandsdraht gewickelt wurde. Es bestünde die Möglichkeit, das Wickeln zu erleichtern, indem man den
Besenstiel in eine Drehmaschine einspannt und diese mit niedriger Drehzahl betreibt. Über den Erfolg dieser
Methode kann ich keine Aussage treffen. Beim Wickeln ist jedenfalls darauf zu achten, dass mit dem Schleifer
immer mindestens 2 Windungen kurzgeschlossen werden. So kann es bei Bewegungen entlang des
Potentiometers nicht zu "Aussetzern" kommen. Bei meinem Exemplar wickelte ich die Windungen in einem
Abstand von 1 bis 2 mm zueinander, auf einer Länge von etwa 1 m. Daraus folgten 37 m Widerstandsdraht und
ein maximaler Widerstand von 3,7 k. Die einzelnen Windungen sollten fixiert werden, zum Beispiel indem man
mit der Heißklebepistole einen schmalen Streifen heißen Kunststoffs an einer Seite aufbringt. Zu diesem
Potentiometer sollte in Serie ein Widerstand geschaltet werden, vorzugsweise 500 Ohm. Die Verbindung von der
Wurzel des Potentiometers zur Printklemme mit der Versorgungsspannung sollte über einen flexiblen
Installationslitzen (1,5 mm²) ausgeführt und mechanisch (Heißklebepistole) gesichert werden. Der
Widerstandsdraht sollte nicht beschädigt werden, da ein Löten unmöglich ist.
Als Schleifer wären Kupferrohre mit einem Durchmesser von 15 mm ideal. Diese können sowohl gebogen als
auch gerade sein. Bei gebogenen Kupferrohren ist jedoch darauf zu achten, dass der innere Biegeradius größer
ist als der Radius des Besenstiels. Außerdem sollte der Finger durch das Rohr passen. Die Kupferrohre erhalten
ihren Kontakt mit der Schaltung ebenfalls über flexible Installationslitzen. Der Kontakt zwischen dem
Kupferrohr und der Litze kann gelötet werden, es ist aber aufgrund des großen Volumens und der guten
Wärmeleiteigenschaft von Kupfer eine hohe Temperatur (bzw. eine hohe Leistung) erforderlich.
Da der LM741 am Ausgang nicht genug Strom liefern kann, um einen Lautsprecher zu treiben, benötigt die
Schaltung am Ausgang noch eine Verstärkerstufe. Will man diese mit der selben Spannung versorgen wie das
Resistophone, sollte diese Stufe eine hohe Stromverstärkung und eine Spannungsverstärkung von 1 haben. Es
empfiehlt sich ein Gegentakt-Emitterfolger (siehe auch Projekt: Amplifier).
Special Thanks an: Prof. Ritzinger, Prof. Töglhofer, Christian Pointner, Prof. Benesch.
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