EBM Wirtschaft + Praxis Depression: Eine Lücke im Hausarzt-EBM! Etwa jeder zehnte Patient in der Hausarztpraxis leidet an Depressionen. Für die Abrechnung gibt es aber keine eigene Ziffer im Hausarztkapitel des EBM, deswegen muss man andere Wege nutzen, meint unser Autor Dr. Heiner Pasch. Fotos: istockphoto.com/James Carroll Nach den Morbiditätsstatistiken der KV Nordrhein lag der Anteil der Diagnose „Depressive Episode“ F32 im Jahresdurchschnitt 2015 bei 9,65 Prozent im Vergleich zu 6,15 Prozent in 2006. Das bedeutet einen Zuwachs von 56 Prozent in zehn Jahren. Mit anderen Worten: Bei jedem zehnten Patienten in der Hausarztpraxis wird eine depressive Erkrankung diagnostiziert oder behandelt. Erschreckenderweise weist der EBM aber keine einzige auf psychische Erkrankungen ausgerichtete Abrechnungsposition im Hausarztkapitel auf. Man muss also auf andere Positionen ausweichen wie z.B. die Gesprächsziffer (03230) oder auf die psychosomatischen Leistungen, wenn gleichzeitig durch die Depression ausgelöste somatische Beschwerden vorhanden sind oder auch nur der Zusammenhang zwischen Depression und Somatik ausgeschlossen werden muss. Alle Untersuchungen, um die Diagnose zu sichern, sind mit der Versichertenpauschale abgegolten (GOP 03000). Automatisch fügt die KV die Gebührenordnungspositionen (GOP) 32001, 03040 und 03060 hinzu, falls eine entsprechende Genehmigung vorliegt. Auch Fragebogentests zur Aufdeckung einer depressiven Störung können nicht mit zusätzlichen Positionen abgerechnet 72 werden. Lediglich die GOP 03242 kann man ansetzen, wenn gleichzeitig der Verdacht auf eine dementielle Erkrankung besteht; ein Verdacht, den Hausärzte aber v.a. bei jüngeren Patienten selten glaubhaft nachweisen können. Für die Therapie der Depression, die in der Regel in Form von Gesprächen erfolgt, gibt es verschiedene Abrechnungsvarianten. Alle Gespräche unter zehn Minuten sind grundsätzlich mit Abrechnung der Versichertenpauschale vergütet und führen nicht zu zusätzlichem Honorar. Für therapeutische Gespräche länger als zehn Minuten existiert seit Oktober 2013 die ärztliche Gesprächsziffer gemäß GOP 03230. Diese Leistung ist auch mehrfach am Tag und auch in einer Sitzung abrechenbar, und zwar je vollendete zehn Minuten Gesprächsdauer. Auch ein Gespräch mit der Bezugsperson, zum Beispiel bei suizidaler Gefährdung oder autoaggressivem Verhalten, ist auch bei Abwesenheit des Patienten mit dieser Position berechenbar. Die Bewertung liegt bei 90 Punkten, das Honorar aktuell bei 9,39 Euro (Punktwert 10,4361 Cent). Nicht vergessen werden dürfen die Chronikerziffern 03220 und 03221. Sollten neben der depressiven Grundstörung auch relevante somatische Beschwerden vorliegen, muss geprüft werden, ob der Patient ein psychosomatisches Krankheitsbild zeigt. Die Abrechnung erfolgt über die GOP 35100 bei einer Gesprächsdauer von mindestens 15 Minuten. Dieses Zeitminimum gilt nicht nur für die Differentialdiagnose, sondern auch für die therapeutische Intervention gemäß GOP 35110. Beide Positionen bedürfen allerdings einer Abrechnungsgenehmigung der KV. Auch wenn die GOP 35110 dreimal am Tag abrechenbar ist, erfordert dies jedoch drei voneinander getrennte ArztPatienten-Kontakte. Auch Interventionen von langer Dauer können leider nur einmal berechnet werden, da die Vorgabe heißt: mindestens 15 Minuten Dauer. Quelle: EBM 2016 Therapie der Depression Gespräche bis 10 Minuten: Gespräche über 10 Minuten: Gespräche über 15 Minuten: Versichertenpauschale GOP 03230 GOP 35110, (Psychosomatik); KV-Genehmigung nötig! Der Hausarzt 15/2016