Einführung in die Astrophysik Expansion, Urknall, primordiale Nukleosynthese Achim Weiss Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching Hubble bläst das Universum auf Das ursprüngliche Diagramm von E. Hubble (1929), das die Galaxienflucht in Abhängigkeit der Entfernung demonstrierte Im Allgemeinen entfernen sich Galaxien von uns. Wird gemessen über Dopplereffekt. Weit entfernte Galaxien haben Entweichgeschwindigkeiten von einigen 10.000 km/s. v = H0d; < H0[km s−1 Mpc−1] < 100 50 ∼ ∼ ⇒ Erklärung: das Weltall expandiert Lokal können sich Galaxien aber auch annähern (M31 an Galaxis). ⇒ lokal kann Gravitation überwiegen Rotverschiebung Entweichgeschwindigkeit über Dopplereffekt gemessen; daher Änderung der Wellenlängen zum Langwelligen → Rotverschiebung z := λobs−λlab λlab Für v ≪ c gilt z ≈ v/c; diese Beziehung und die Interpretation der Rotverschiebung muss aber für größeres z modifiziert werden. Beachte: die kosmologische Rotverschiebung ist nicht die übliche Doppler-Verschiebung aufgrund der Bewegung eines Objektes im Raum, sondern ergibt sich aus der Expansion des Raums, daher v > c möglich (z > 1). Kombination der Relationen ergibt: zc ≈ 3000z/h Mpc d≈ H0 wobei h := H0/(100 km s−1 Mpc−1) Beispiel: Rotverschiebung der Ca H+KLinien von ausgewählten Galaxien Weltmodelle • Expansion impliziert nicht, dass wir im Zentrum sind • stattdessen: “Alles entfernt sich voneinander” • Interpretation in einer Raumzeit • sehr große Skalen → Gravitation ist dominante Kraft • Modell einer Gravitations-dominierten Welt → Einsteins Allgemeine Relativitäts-Theorie (1915) Grundlegendes zur Kosmologie Expandierende Modelle folgen aus der ART ganz natürlich (sind sogar einfacher zu konstruieren als statische Modelle). Die zwei kosmologischen Grundeigenschaften des Universums: 1. Isotropie (auf großen Skalen; beobachtet) 2. Homogenität (unser Platz ist nicht ausgezeichnet) Die resultierenden Modelle aus der ART heißen Friedmann-Robertson-Walker-Modelle. Isotropie des Universums Verteilung der 31.000 hellsten Radioquellen bei 6 cm Der Mikrowellen-Hintergrund (COBE; △T /T ≈ 10−5 ) Einsteins Feldgleichungen 1 Rij − gij R = 8πGTij + Λgij 2 wobei gij : metrischer Tensor ↔ Raum-ZeitEntfernung ds2 = gij dxidxj Die Metrik beschreibt die Raum-Zeit-Entfernung zweier Ereignisse mit den Koordinaten-Unterschieden dxi. Die Eigenzeit eines Beobachters, der ds reist, ändert sich um c−1ds. Nimmt ein Beobachter nur an der kosmischen Bewegung teil, ergibt sich aus den kosmologischen Grundannahmen, dass ds2 = g00t2 = c2dt2. Die Koordinaten dieses “fundamentalen Beobachters”, mit dxi = 0 (i = 1, 2, 3) heißen mitbewegte (comoving) Koordinaten. die Feldgleichungen beschreiben die Dynamik der Metrik Weiterhin treten darin auf: Rij = Rij (gij ) Ricci-Tensor ↔ Raum-ZeitKrümmung R = g ik Rik : Ricci-Skalar ↔ Raum-Zeit-Krümmung Die Terme der linken Seite werden auch zum Einstein-Tensor Gij zusammengefasst. G: Gravitationskonstante Tij : Energie-Impuls-Tensor ↔ Masse, Energie, . . . Λ: kosmologische Konstante Die Feldgleichungen stellen die Verbindung zwischen Masse (Energie) und Raumkrümmung (geometrische Eigenschaften des Raums) her. Robertson-Walker-Metrik für homogenes Universum ds2 = c2 dt2 − R(t)2 dr2 + Sk2 (r)(sin2 θdθ2 + dφ2) wobei z.B. r 2 sin2 S12(r) = Rc,0 Rc,0 ; k = −1, 0, 1 beschreibt negative, keine, oder positive Raumkrümmung (r, φ, θ) mitbewegte (comoving) Koordinaten R(t): kosmischer Skalenfaktor, normalisiert auf R(t0) = 1 (heute) Rc,0: heutiger Krümmungsradius des Universums mit dieser Normalisierung dr: reale heutige Enfternungen diese Metrik beschreibt nur die Geometrie eines homogenen, isotropen Universums Friedmann-Gleichungen Die Dynamik ergibt sich aus dem Ricci-Tensor und der Lösung der Feldgleichungen für eine homogene Massenverteilung. Für eine perfekte homogene Flüssigkeit der Dichte ρ(t) und des Druckes p(t) ist 1 Tij = 2 c ρc2 0 0 0 0 −p 0 0 0 0 −p 0 0 0 0 −p Einsetzen von gij , Tij und Rij in die Feldgleichungen ergibt p 1 4πGR ρ+3 + ΛR R̈ = − 3 c 3 1 c2 8πGρ 2 2 2 R + ΛR − 2 Ṙ = 3 3 Rc,0 beschreiben die dynamische Entwicklung (R(t)); verbinden diese mit intrinsischen Eigenschaften des Universums (ρ, p, Λ, R0,c). FRW-Modelle werden durch wenige Größen beschrieben: 1. die Expansionsrate H0 := H(t0), wobei Ṙ = ẋ ; x(t) = R(t)r (r mitbewegH(t) = R x te Koordinate) 2. die (heutige) mittlere Dichte im Universum ρ0; daraus abgeleitet der Dichteparameter 8πG ρ Ω0 := 0 = ρ0 2 ρc,0 3H0 in Abhängigkeit der kritischen Dichte ρc,0 ≈ 1.9 · 10−29h2 g cm−3 3. einer (kosmischen) Konstante Λ (Dichte der Vakuum-Energie?) und daraus Λ ΩΛ := 3H 2 Λ von Einstein eingeführt, um stationäre Lösungen zu erhalten. Nach der Entdeckung der Expansion als Irrweg verworfen; jetzt aber wieder aktuell. Allerdings sagt Quantentheorie Werte voraus, die mind. 100 Größenordnungen größer sind. Ω0 und ΩΛ liegen beide zwischen 0.1 (0.0) und 1. Bedeutung von Ω0 Benutzt man die Friedmann-Gleichung für Ṙ2 und beachtet, dass Rc = Rc,0R, so erhält man (für Λ = 0): Ṙ R !2 c 2 8πGρ − = 3 Rc und somit unter Verwendung der Definition von Ω = 8πGρ 2 3H 2 c (Ω(t) − 1)H(t)2 = Rc Daher: Ω0 <1 >1 →1 Rc2 <0 >0 →∞ Krümmung negativ positiv keine Expansion offenes Universum geschlossenes Universum flach, euklidsch Beschleunigungs-Parameter q0 := − ! R̈R Ṙ2 0 Rotverschiebung und Skalenfaktor Durch Integration von Geodäten (ds2 = 0 cdt = dr) über kurzes Zeitintervall [t , t ] oder R(t) e 0 ergibt sich: λ0 R(t0) = =1+z R(te ) λe te: Emissions-Zeitpunkt; t0: jetzt Einige einfache Fälle 1. p = 0 und Λ = 0: es folgt aus den Friedmann-Gleichungen, dass ρ R0 3 ρ = ρ(t) = ρ0 = 03 , R R also die Massenerhaltung! (Wie in klassischer Newton-Theorie, hier aber für ganzes Universum gültig.) Für relativistische Materie (Strahlung) p = ρc2/3 und es folgt ρ0 ρ= 4 R 2. p = 0, ΩΛ = 0 und Ω = 1 (Einstein-de Sitter) Ṙ2 = 8πGρ 2 R 3 Integration und Definition von Ω gibt 2/3 3 R= H0t 2 daraus das Alter des Unversums (R0 = 1): 2 t0 = 3H 0 für 50 ≤ H0 ≤ 100 → 13 ≥ t0 ≥ 7 Gyr H0 und das Welt(Expansions-)Alter sind immer verknüpft, aber nicht i.A. so einfach. Abweichungen allerdings innerhalb eines Faktors 2. Expandierende Universen Modell A B C D E X Ωtot 1.0 0.1 1.0 0.01 1.0 1.0 Ω 1.0 0.1 0.1 0.01 0.01 0.3 Ωtot = Ω + ΩΛ ΩΛ 0.0 0.0 0.9 0.0 0.99 0.7 Art flach, offen, flach, offen, flach, flach, materie-dominiert, kein Λ Materie, kein Λ Materie, Λ-dominiert fast leer fast nur Λ derzeitig favorisiert Entfernungen in der Kosmologie Mit der skalierten Größe a(t) := Rc,0R(t) und nach einigen Umformulierungen lässt sich a(t) entwickeln (a0/a(t) = R(0)/R(t) = 1 + z) a(t) = = t − t0 = t − t0 wird 1 ä ȧ (t − t0) + (t − t0 )2 + . . . a(t0) 1 + a t0 2 a t0 1 a(t0){1 + H0 (t − t0) + q0 H02(t − t0)2 + . . .} 2 n o 1 q0 2 z − (1 + )z + . . . H0 2 die “look-back-time” genannt. Integration von t1 nach t0 bzw. r1 nach 0 ergibt dann: 1 c z − (1 + q)z 2 + . . . x1 = a0r1 = H0 2 Das ist die heutige Entfernung einer Quelle, die bei z Licht emittierte, als das Universum um (1 + z) kleiner war. Der Fluss (Energie/(Zeiteinheit x Fläche)) einer entfernten Quelle ändert sich wegen • der Zeit-Verzögerung: δt0 = a0/a(t1)δt1 = (1 + z)δt1 (Zeiteinheit) • der Änderung der Längenskalen um (1 + z) (Wellenlänge) 2r2 • der Änderung der Fläche: 4πx2 = 4πa 1 0 1 Daher wird aus dem ursprünglichen Fluss L bei z L l= 2(1 + z)2 4πa2 r 0 1 oder l= L n h 4π c/H0 z + 1/2(1 − q0)z 2 + . . . io2 Definiere daher die “Helligkeits-Entfernung” (luminosity distance) so, dass L l := ; dL = a0r1(1 + z) 2 4πdL Dann ist c 1 dL = z + (1 − q0)z 2 + . . . H0 2 Exakte analytische Formel (Mattig, 1958): ( ) √ 1 + z + 1 + 2q0z c dL = √ H0 1 + q0z + 1 + 2q0z Kennt man dL (weil M bekannt – Standardkerze) und z und H0, kann man → q0, den Beschleunigungsparameter bestimmen! Ergebnis aus Messungen der Helligkeiten von Supernovae vom Typ Ia (“Standardkerzen” ?) bei Rotverschiebungen bis zu z ≈ 1: das Universum dehnte sich in der Vergangenheit langsamer aus, wird aber jetzt beschleunigt → Λ > 0 → Dunkle Energie Winkeldurchmesser-Entfernung (angular diameter distance): Sei D der physikalische Durchmesser bei z(t1), dann ist der Winkeldurchmesser δ gemessen bei z = 0 D D D(1 + z) δ= = = x1 a(t1 )r1 a0r1 und dA := dL D = δ (1 + z)2 Wichtig: kosmologische “Entfernungen” hängen von der jeweiligen Fragestellung (Messung) ab, und sind nicht eindeutig” Einige wichtige Expansions-Beziehungen z = 0: heute, z → ∞: t = 0 lineare Dimensionen ∼ (1+z)−1 früher kleiner Photonenenergie hc/λ ∼ (1 + z) früher mehr Energiedichten (E/V ) ρ(t) = (1 + z)nρ(0) früher dichter, wobei n = 3 für Staub (p = 0; keine WW) n = 4 für relativistische Materie (Neutrinos, Photonen; p = ρc2/3) für diese gilt E ∼ T 4, daher T ∼ (1 + z) früher heißer Materiedichte des kosmischen Mikrowellenhintergrundes (Black Body, T = 2.73 K) 2 (kT )4 π CMB ρCMB = c215 (h̄c)3 ≈ 4.5 · 10−34 gm cm−3 ≈ 5 · 10−5ρc auch wenn heute die Energiedichte der Materie über die der Strahlung dominiert, gab es früher einen Zeitpunkt, wo die Verhältnisse umgekehrt waren. Wie alles begann – der Urknall logische Schlussfolgerung aus Expansion und Existenz der 2.7 K Mikrowellen-HintergrundStrahlung: irgendwann war Universum in einem Punkt konzentriert; Dichte und Temperatur sehr hoch → ∞; letztendlich: Big Bang aus einer Singularität. Mit großer Geistesgegenwärtigkeit war es Gott damals gelungen, einen Schnappschuss vom Urknall zu machen, welchen er immer noch sehr beeindruckend fand (B. Pfarr) Physikalische Beschreibung (unter Annahme der universellen Gültigkeit der bekannten Gesetze) ab ca. 10−43 s möglich. Die frühe Expansionsphase: • t = 10−43 . . . 10−5 s; T = 1032 . . . 1013 K: Ursuppe aus Elementarteilchen (QuarkGluon Plasma, Neutrinos, Elektronen, Photonen); in ständiger Wechselwirkung und im thermischen Gleichgewicht Bemerkungen zum Strahlungs-dominierten Universum Energiedichte: ǫ = ρr = (s.o.) R hνn(ν)dν, wobei ǫ = ǫ0R−4 Dagegen für Materie ρ = ρ0R−3 Daraus folgt erstens, dass man die Temperatur des CMB zurückrechnen kann (nach T (z) = T0(1 + z), wegen Blackbody ǫ = aT 4), und zweitens, dass irgendwann im frühen Universum Strahlung dominiert hat. In diesem Fall reduziert sich die FriedmannGleichung auf 8πGρ 2 R Ṙ = 3 (Einstein-de Sitter Universum; p = 0, ΩΛ = 0 und Ω = 1) 2 und wegen ρR4 = const folgt (ṘR)2 = const oder für den Zusammenhang von Zeit und Skalenfaktor im Strahlungs-dominierten Universum R ∝ t1/2 Im frühen Universum waren zunächst alle Teilchen relativistisch und ihre Energiedichte daher: π 2 (kT )4 g⋆ ǫ= 30 (h̄c)c3 wobei g⋆ die Zahl der effektiven relativistischen Freiheitsgrade ist: g⋆ = X Bosonen 4 gi(Ti /T ) + 7 gi(Ti /T )4 8 Fermionen X (gi: innere Freiheitsgrade, hier Spin); g⋆ ist T -abhängig, wenn Ti nicht im Gleichgewicht mit T = Tγ ist! g⋆ ist in dieser Phase für die thermische Entwicklung (T (t)) entscheidend. Hängt ab von der Zahl der vorhandenen relativistischen Spezies und deren Spin (Boson oder Lepton). g⋆ ist eine T -abhängige Größe, die von 106.75 bei 300 GeV auf 10.75 bei 10 MeV und schließlich 3.36 bei 0.1 MeV absinkt (weil z.B. e± zerstrahlen). (g⋆,S ist analog für die Entropie definiert, aber ∼ (Ti /T )3) • t = 10−5 s; T = 1013 K: Protonen und Neutronen entstehen • solange T > 1010 K, stehen p und n miteinander im Gleichgewicht: nn = exp [−c2(mn − mp)/kB T ] np wobei c2(mn − mp) = 1.293 MeV = 2.07 · 10−6 erg Verhältnis sinkt von 1:1 zu 1:6 bei T ≈ 1010 K ≈ 1 MeV ⇒ Beginn der Nukleosynthese Nukleosynthese im Urknall Die Entstehung der leichten Elemente D, 3He, 4 He, 6 Li, 7 Li und 7 Be findet einige Minuten nach dem Urknall bei Temperaturen zwischen 1 und 0.1 MeV (1010 . . . 109 K) statt. Bei diesen Energien sind die Kernreaktionsraten durch Laborexperimente sehr genau bekannt und stellen keinen Unsicherheitsfaktor dar. Die Thermodynamik und Expansion des Universums wird zu diesem Zeitpunkt durch ein Gas aus relativistischen Teilchen (γ, e±, ν(e,µ,τ ) ) bestimmt, und ist ebenfalls gut bekannt. Die Vorhersagen der BBN bzgl. der Häufigkeiten der leichten Elemente stellen damit einen aussagekräftigen Test für das Standardmodell des Urknalls dar. Außerdem ermöglichen sie eine Bestimmung der gesamten baryonischen Materiedichte, und damit Aussagen über dunkle baryonische und nicht-baryonische Materie im Universum. (www.einstein-online.info/en/spotlights/BBN/index.html) Grundlegende Effekte Wettbewerb zwischen Gleichgewichten (thermisch, kinetisch, chemisch, beschrieben durch Reaktionsraten Γ) und Expansion (Kühlung, beschrieben durch H). Kerne folgen Gleichgewichtswerten, solange Γ/H > 1; bei abnehmendem T wird Γ/H < 1 und Abweichungen vom Gleichgewicht resultieren in den endgültigen Häufigkeiten. Die Expansionsgeschichte ist also entscheidend, wobei diese im Strahlungs-dominierten Universum einfach ist. Gleichgewichte: Teilchendichte einer nicht-relativistischen Teilchensorte A (alle Kerne sind bereits bei kB T ≈ 10M eV nichtrel.; ab jetzt T ohne kB in Energieskalen gedacht) mit Masse mA , chemischem Potential µA und statistischem Gewicht gA im kinetischen Gleichgewicht nA = g A mA T 2π 3/2 exp µA − mA T Im chemischen Gleichgewicht (Γ/H > 1) mit Z Protonen und A − Z Neutronen gilt: µA = Zµp + (A − Z)µn Verwenden wir dies und die erste Formel für n und p, sowie die Definition der Bindungsenergie (c=1) BA = Zmp + (A − Z)mn − mA , ergibt sich (mp = mn ≡ mN ) (A−Z) −A 3/2 2 A ( nA = g A nZ p nn 2π 3(A−1)/2 exp(BA /T ) ) mN T mit: nN X = np + nn + (AnA)i i XA nγ ≡ nA A nN X Xi = 1) ( i ζ(3) 3 (Bose; rel. Teilchen) )gT π2 ζ(3) = 1.20206 . . . → nγ = 422 cm−3 (T = 2.735 K) = η ≡ ΩB = ( nN = 2.68 · 10−8 (ΩB h2 ) nγ T 3.53 · 10−3 h−2 ( ) η10 2.7 K (η10 = η × 1010 ) wird daraus: XA = gA [ζ(3)A−1 π (1−A)/2 2(3A−5)/2 ] A5/2 (T /mN )3(A−1)/2 · · η A−1 XpZ Xn(A−Z) exp(BA/T ) (Gleichgewichtsmassenanteil in Abh. von Proton- und Neutron-Dichte.) Beispiele: Xn /Xp = exp(−1.293/T ) X2 = 16.3(T /mN )3/2 η exp(B2 /T )Xn Xp X3 = 57.4(T /mN )3 η 2 exp(B3 /T )Xn Xp2 X4 = 113.(T /mN )9/2 η 3 exp(B4 /T )Xn2 Xp2 X12 = 3.22 · 105 (T /mN )33/2 η 11 exp(B12 /T )Xn6 Xp6 1 = Xn + Xp + X2 + X3 + X4 + X12 Energetik (Bindungsenergie) favorisiert massereichere Kerne, aber Entropie (η ≈ 10−10 ) leichtere. AZ BA (MeV) gA 2H 2.22 6.92 7.72 28.3 92.2 3 2 2 1 1 3H 3 He 4 He 12 C Bemerkung: erst bei T < 1 Mev kann 4 He signifikante Häufigkeit erreichen Das Universum bei T ≈ 10 MeV (10−2 sec): • strahlungsdominiert • rel. Teilchen: γ, e±, νe,µ,τ • Tγ = Tν = Te • g⋆ = 10.75 (2+7/8(2+2+6)) • alle Kerne im nuklearen statistischen Gleichgewicht (NSE) • n/p ≈ 1 • X2 ≈ 6 · 10−12, X4 ≈ 2 · 10−34, X3 ≈ 2 · 10−23, X12 ≈ 2 · 10−126 . . . und bei ≈ 1 MeV (1 sec): • krit. Temperatur, da schwache WW ausfrieren: • ν entkoppeln • e± annihilieren etwas später • Entropie der e± → Strahlungsfeld (Aufheizung!) • rel. dazu: ν kühlen schneller und Tν = ( 11 )−1/3 Tγ 4 (heute: 1.9 K) • Energiedichten-Entwicklung in dieser Phase: s. Abb. • n/p nicht mehr im Gleichgewicht: ≈ 1/6 • X2 ≈ 6 · 10−12 , X3 ≈ 2 · 10−23 , X4 ≈ 2 · 10−28 , X12 ≈ 2 · 10−108 n − p – Gleichgewicht: Bei T ≈ 10 M eV (t ≈ 0.01 s): Schwache Wechselwirkung bewirkt GGW zwischen e± und Neutrinos sowie zwischen Protonen und Neutronen: p + e− ↔ n + νe n + e+ ↔ p + ν¯e n ↔ p + e− + ν¯e Bei T ≈ 0.8 M eV können die GGW-Reaktionen nicht mehr der Expansion folgen: die Neutronen “frieren aus” (s. Abb.). Allerdings findet der freie Neutronenzerfall immer und unabhängig von T statt. Dies stellt eine “geeichte” Uhr für die BBN dar: erfolgt sie zu langsam, sind alle Neutronen bereits zerfallen, und weniger (kein) 4 He würde gebildet. Die Lebensdauer freier Neutronen ist also ein wichtiger Parameter für die BBN (τn = 889 ± 2 s). . . . und danach bei 0.3 · · · 0.1 MeV (1 · · · 3) min: • g⋆ = 3.36 • n/p ≈ 1/7 (wäre im GGW 1/74!) • X4 sollte im GGW ≈ 1 sein, • aber nukleare Kette zu langsam, Neutroneinfänge bevorzugt ⇒ fast alle Neutronen enden in 4 He! Abschätzung des Massenanteils von Helium: X4 = 4n4 nN = 4(nn /2) (nn +np ) = 2nn /np (nn /np +1) = 2·1/7 1/7+1 = 0.25 • D, 3He-Häufigkeit am Ende etwa 10−5 • da Raten ∼ η n → höheres η: weniger D und 3 He, weil Kette bis 4He effektiver durchlaufen wird Verlauf der BBN: Nukleosynthese — praktisch • man benutzt numerische Programme • benötigt T (t) und Baryonendichte (als η) • Kerne: D, 3H, 3He, 4 He, 6 Li, 7Li, 7Be • 43 Reaktionen, um numerisch GGW zu erhalten • 12 Reaktionen entscheidend für Synthese (Netzwerk s. Abb.) • Parameter: g⋆ (aus Standardmodell der Teilchenphysik; Anzahl der rel. Teilchen); Nν (Anzahl rel. Neutrinos); τn (gut bekannt); η < 10%) durch • Unsicherheiten in Reaktionsraten ( ∼ Monte Carlo Simulationen untersucht; kaum Einfluss Abhängigkeit von Parametern: • τn : länger → n zerfallen langsamer → mehr bei geg. T → mehr 4 He • Nν : mehr → schnellere Expansion → n-Zerfall relativ dazu langsamer → mehr 4 He • η: höher → D, 3 He Reaktionen zu 4He häufiger → mehr 4He und weniger D, 3 He Vergleich mit Beobachtungen: Ziel: beobachte Systeme mit möglichst primordialen Häufigkeiten Gibt es ein η (d.h. einen Wert für die Baryonendichte ΩB ), bei dem BBN für alle leichten Elemente die beobachteten primodialen Häufigkeiten vorhersagt (Konsistenzbereich)? 4He: • wird in Sternen erzeugt (gemeinsam mit Metallen) • primordiale Werte nur in metall-“freien” Gebieten • ideal: extragalaktische HII-Regionen mit niedriger Metallizität Z • Z-Korrelation mit O und N • Resultat: X4,p = 0.236 oder 0.245 ± 0.005 Deuterium: • wird in Sternen vollständig zu 3He verbrannt • D/H: 1.8 · 10−5 (ISM); 2.5 · 10−5 (Meteoriten) 3He: • wird in Sternen erzeugt (aus D und im p-p-Zyklus) und verbrannt (ebenda) • Nettorate abhänging von Sternmasse • unklar, ob netto Erzeugung oder Zerstörung 7Li: • wird in Sternen erzeugt und zerstört • welche Sterne geben uns die beste Näherung für 7 Li ? p • möglicherweise sehr alte, metallarme Sterne in der Galaxis Resultat 1. es gibt einen Konsistenzbereich! < η10 < 5.1 2. für 3.3 ∼ ∼ < ΩB h2 < 0.019 3. oder 0.012 ∼ ∼ 4. → ΩB ≈ 0.03 . . . 0.04: das ist 3-5 mal soviel baryonische Materie wie man “leuchten” sieht → Suche nach dunkler baryonischer Materie (Planeten, Brown Dwarfs, etc.) 5. aber auch: ΩB < 1; in einem Universum > 0.3 muß es also vor allem dunkle mit Ω ∼ nicht-baryonische Materie geben! 6. Standardmodell der Kosmologie überzeugend bestätigt Allerdings . . . . . . die von Wilkinson Microwave Anisotropy Probe bevorzugte Materiedichte ist höher als der Konsistenzbereich und stimmt nur mit 4He und D gut überein. Lithium ist ein Problem! Strahlung entkoppelt von Materie Zunächst starke Kopplung durch ComptonStreuung von Photonen an Elektronen. Später können Elektronen an Protonen gebunden werden (Rekombination) und die Photonen sich frei bewegen (Entkopplung); freie Weglänge > Hubble-Radius cH0−1. Die Zahl der freien Elektronen als Funktion von T = T0(1 + z) kann berechnet werden (Funktion von Ωh2). Sollen weniger als 10% der Elektronen frei sein, ergibt sich für Ωh2 ≈ 0.1 und T0 = 2.7 K ein zrec + 1 = 1300 (Trec = 3600 K oder 0.3 eV und trec ≈ 2 · 105 Jahre) Das Universum ist also optisch dicht für z > 1400 und wir können keine Photonen aus früheren Epochen sehen. Aber die damals vorhandenen Photonen strömen immer noch als Kosmische Hintergrundstrahlung (CMB) durchs Universum! Etwas vor dieser Epoche (bei z ≈ 40000 beginnt auch Materie (ΩM) die Entwicklung des Universums zu bestimmen. Die kosmischen Parameter – 2006 ΩMh = 0.20±0.03, ΩB/ΩM = 0.15±0.07 (aus Power-Spektrum der Dichtefluktuationen) ΩMh2 = 0.145±0.019, ΩBh2 = 0.0232±0.0010 (aus CMB/WMAP-Ergebnissen + SDSS) ΩB h2 = 0.015 ± 0.005 (aus BBN) t = 13.7 ± 0.2 109 Jahre (aus CMB/WMAP) h = 0.72 ± 0.07 (Hubble-Konstante; aus Hubble-Key-Project) Λ = 1 − ΩM ≈ 0.7 (aus Supernovae Ia Projekt; WMAP und SDSS) Zusammenfassung der thermischen Geschichte Einige kritische Zeitpunkte: • z ≈ 109 h2 Ω, T ≈ 1010 K, t ≈ 0.01 h−4 s: Neutrinos entkoppeln • z ≈ 5 · 108 , T ≈ 5 · 109 K, t ≈ 0.05 s: Paarvernichtung • z ≈ 5 · 108 . . . · 107 , T ≈ 5 · 109 . . . 108 K, t ≈ 0.1 s . . . 3 m: BBN • z ≈ 40, 000, T ≈ 105 K, t ≈ 600 a: Energiedichte Materie ≈ Strahlung • z ≈ 1280, T ≈ 3600 K, t ≈ 2 · 105 a: Rekombination • es folgen die “Dark Ages” • z ≈ 12, T ≈ 400 K, t ≈ 3 · 108 a: Reionisation durch erste Sterne • z ≈ 10, T ≈ 250 K, t ≈ 5 · 108 a: Strukturentstehung führt zu ersten Galaxien