Wahrscheinlichkeit 1 Wahrscheinlichkeit Die Axiome der Wahrscheinlichkeitsrechnung Zwischen der Anzahl bestimmter Ereignisse, die durch eine gewisse Zufallsvariable gekennzeichnet sind, und der Wahrscheinlichkeit für ihr Eintreten ist wohl zu unterscheiden. Die Zufallsvariablen können diskreter (sprunghafter) oder kontinuierlicher (stetiger) Natur sein. Für die Berechnung von Wahrscheinlichkeitsproblemen gelten einige Axiome. 1. Relative Häufigkeit Wenn von der Gesamtzahl N ges von zufälligen Ereignissen N int Ereignisse von besonderem Interesse sind, beträgt die relative Häufigkeit H dieser interessierenden Ereignisse N int N ges H= H = 0 bedeutet z.B., dass das erwartete, interessierende Ereignis nicht eintritt. Ein mit Sicherheit eintretendes Ereignis hat die relative Häufigkeit H = 1 . Im praktischen Fall schwankt mit wachsender Gesamtzahl gleichartiger Ereignisse die relative Häufigkeit immer weniger um einen bestimmten Wert. Für rechnerische Untersuchungen kommt man nicht umhin, die relative Häufigkeit H als Wahrscheinlichkeit Q zu deuten. H= Q Wenn z.B. für die Verteilung P nach einem der vier Verteilungsgesetze die entsprechende Wahrscheinlichkeit ermittelt werden soll, muss noch durch die Summe der Verteilungsmöglichkeiten  P geteilt werden. 2. Additionsregel Die Summe der Einzelwahrscheinlichkeiten i=n Q =  Qi i=1 gibt die Gesamtwahrscheinlichkeit an, mit der Fall 1 des ersten Merkmals oder der Fall 2 des zweiten Merkmals oder weitere Fälle bis hin zum n-ten Merkmal eintreten. 3. Multiplikationsregel Das Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten i=n Q = ’ Qi i=1 gibt die Gesamtwahrscheinlichkeit an, mit der Fall 1 des ersten Merkmals als auch der Fall 2 des zweiten Merkmals und weitere Fälle bis hin zum n-ten Merkmal eintreten. 4. Sicheres Ereignis Das sichere Ereignis ist durch Q =1 gekennzeichnet. 5. Unmögliches Ereignis Das unmögliche Ereignis ist durch Q= 0 gekennzeichnet. 6. Wahrscheinlichkeit bei stetiger Zufallsvariable 16.5.2004 Wahrscheinlichkeit.doc Wahrscheinlichkeit 2 Die Wahrscheinlichkeitsfunktion n =x Ú F (x ) = f (n ) dn n =-• ist die Stammfunktion oder Integralfunktion der Wahrscheinlichkeitsdichte f (n ) mit n als Zufallsvariable und x als deren oberer Grenze. Die Wahrscheinlichkeit Q für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses im Intervall n = a bis n = b beträgt Q(a,b ) = n =b Ú f (n ) dn . n =a Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Merkmal des Ereignisses im Intervall dn liegt oder dass dN von N Teilchen das Merkmal n haben, beträgt dN , dQ = f (n ) dn = N wobei z.B. n die Geschwindigkeit (Ereignis) eines bewegten Teilchens in einem Gas und dn das Geschwindigkeitsintervall (Merkmal) sein kann, in dem diese Geschwindigkeit liegt. Bei stetiger Verteilung der Zufallsvariablen ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Zufallsvariable einen bestimmten Wert annimmt, gleich Null. 7. Normierung Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten irgend eines Ereignisses n im Bereich n = - E bis n = + E ist gleich 1. n =+• Ú f (n )dn = 1 n =-• Diese Bedingung muss von der Wahrscheinlichkeitsdichte notwendigerweise erfüllt werden. Das Integral erstreckt sich über den Definitionsbereich der Wahrscheinlichkeitsdichte. Andererseits kann jede Funktion f (n ) , die diese Bedingung erfüllt, als Wahrscheinlichkeitsdichte fungieren. In der Statistik sind viele solcher Funktionen bekannt, z.B. die Wahrscheinlichkeitsdichte der Gaußschen Normalverteilung. Wahrscheinlichkeitsdichte und Wahrscheinlichkeitsfunktion Bei diskreter Verteilung der Zufallsvariablen lässt sich die Wahrscheinlichkeitsfunktion mit den, den entsprechenden Ereignissen zugeordneten Einzelwahrscheinlichkeiten Q-• . . . Qi . . . Q+• in folgender Weise berechnen i=x F (x ) =  Qi i= -• Bedingung ist das die Wahrscheinlichkeitsfunktion für x = + E den Wert 1 annimmt. F (E) = i =+•  Qi = 1 i =-• Die Funktion f (x ) = 1 1 - x 2 2 (Glockenkurve) 2p erfüllt die Bedingungen, die an eine Verteilungsfunktion oder Wahrscheinlichkeitsdichte gestellt werden. Die Funktion muss an der Stelle des Erwartungswertes ein Maximum haben. Das Integral der Funktion von n = - E bis n = + E muss gleich 1 sein. Im vorliegenden Fall ist der Erwartungswert m = 0 und die Streuung s = 1 . e Der Erwartungswert (oder Mittelwert) m und die Streuung (oder der Abstand der Wendepunkte) s 16.5.2004 Wahrscheinlichkeit.doc Wahrscheinlichkeit 3 lassen sich auch unmittelbar in die Verteilungsfunktion einbauen. Mit n als Variable lautet die Gleichung dann f (n ) = 1 2ps e - 1 (n - m )2 2 s2 Mit der Substitution n -m =x s und der Streuung s =1 erhält man wiederum die Funktion der Gaußschen Normalverteilung. Die Wahrscheinlichkeitsfunktion erhält man durch Integration der Wahrscheinlichkeitsdichte. F (x ) = n =x Ú f (n ) dn n =-• Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis in einem bestimmten Bereich liegt, ist gleich dem Integral zwischen den Grenzen dieses Bereiches. Gaußsche Normalverteilung Wahrscheinlichkeitsdichte Zahlenbeispiel 0,2 f (n ) = f (n) 0,15 n m=0 s=2 0,1 0,05 1 2ps e - 1 (n - m )2 2 s2 Zufallsvariable Mittelwert Streuung Die Streuung s ist der halbe Abstand der Wendepunkte. 0 -10 -5 0 10 5 Maximum bei 0,199 n Wahrscheinlichkeitsfunktion Kumulative Wahrscheinlichkeitsverteilung 1,0 F(x) F (x ) = 0,75 Ú f (n )dn n =-• 0,5 f (n ) = 0,25 0 -10 n =x -5 0 10 5 x n m=0 s=2 1 2ps e - 1 (n - m )2 2 s2 Zufallsvariable Mittelwert Streuung Thermodynamische Wahrscheinlichkeit In der Thermodynamik werden Systeme mit molekularer Teilchenstruktur, z.B. Gasgemische, flüssige und feste Lösungen usw., mit Hilfe der Statistik untersucht. Ein Merkmal der bewegten und unterscheidbaren Teilchen kann z.B. der Aufenthalt in einem Teilvolumen sein. Befinden sich N 16.5.2004 Wahrscheinlichkeit.doc Wahrscheinlichkeit 4 Teilchen, die durch äußere Wärmeeinwirkung in Bewegung sind, im Gesamtvolumen eines Behälters, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sowohl N 1 Teilchen mit vorgegebener Nummerierung im Teilvolumen V1 als auch N 2 Teilchen im Teilvolumen V2 und allgemein N i Teilchen im Teilvolumen Vi bis hin zu N n Teilchen im Teilvolumen Vn anzutreffen sind Q = v1N1v 2N2 . . . v iNi . . . i=n v nNn = ’ v iNi , i=1 wenn unter v i der Anteil von Vi am Gesamtvolumen V verstanden wird. v1 = V1 V , v 2 = V2 V . . . v i = Vi V . . . v n = Vn V Die Teilchenzahlen N i setzen sich zur Gesamtzahl N zusammen. i=n N =  Ni i=1 Die Teilvolumen Vi setzen sich zum Gesamtvolumen zusammen. i=n V = ÂVi i=1 Diese Überlegung fußt auf einem einfacheren Modell als das thermodynamische Verteilungsgesetz. Die Teilvolumen V1 , V2 , . . . Vn , die im Kugel-Kasten-Modell den einzelnen Fächern entsprechen, sind hier nicht weiter unterteilt. Wird nun Fach 1 in z1 , Fach 2 in z2 , Fach i in zi , schließlich Fach n in zn Teilfächer eingeteilt, so lässt sich die thermodynamische Wahrscheinlichkeit durch folgende Gleichung berechnen. i=n ( z z )Ni QTh = N!’ i Ni! i=1 In dieser Beziehung ist z die Gesamtzahl der Teilfächer. i=n z =  zi i=1 Die Beziehung für die thermodynamische Wahrscheinlichkeit QTh lässt sich aber auch aus dem thermodynamischen Verteilungsgesetz PTh und der Gesamtheit der thermodynamischen Verteilungen  PTh ermitteln. P QTh = Th  PTh Maxwell-Boltzmannsche Wahrscheinlichkeit Die Maxwell-Boltzmannsche Wahrscheinlichkeit QMB ergibt sich aus dem MaxwellBoltzmannschen Verteilungsgesetz PMB und der Gesamtheit der Maxwell-Boltzmannschen Verteilungen  PMB in der folgenden Weise. P QMB = MB  PMB Bose-Einsteinsche Wahrscheinlichkeit Die Bose-Einsteinsche Wahrscheinlichkeit QBE ergibt sich aus dem Bose-Einsteinschen Verteilungsgesetz PBE und der Gesamtheit der Bose-Einsteinschen Verteilungen  PBE in der folgenden Weise. P QBE = BE  PBE Fermi-Diracsche Wahrscheinlichkeit Fermi-Diracsche Wahrscheinlichkeit QFD ergibt sich aus dem Fermi-Diracschen Verteilungsgesetz PFD und der Gesamtheit der Fermi-Diracschen Verteilungen in der folgenden Weise. 16.5.2004 Wahrscheinlichkeit.doc Wahrscheinlichkeit 5 PFD  PFD QFD = Verteilungsgesetze und Wahrscheinlichkeiten Die Rechenmethode zur Ermittlung der Verteilungen und der daraus resultierenden Wahrscheinlichkeiten werden für alle vier Theorien (Th, MB, BE, FD) an einem Beispiel gezeigt. Die Verteilung für den wahrscheinlichsten Fall ist ausführlich dargestellt. Beispiel: Verteilungsgesetz Folgende Daten sind gegeben. Gesamtzahl der Kugeln Gesamtzahl der Teilfächer Anzahl der Teilfächer in Fach 2 N=3 z=5 z2=3 Kasten mit n = 2 Fächern und insgesamt z = 5 Teilfächern Fach 1 mit 2 Teilfächern 1 2 n=2 z1=2 Anzahl der Fächer Anzahl der Teilfächer in Fach 1 Vorratsbehälter für N = 3 nummerierte Kugeln Fach 2 mit 3 Teilfächern 3 4 5 123 Anwendung der vier Verteilungsgesetze: PTh , PMB , PBE und PFD Makrozustand Makrozst. 1. 1 N1 2. 2 3. 3 4. 1) 0 2 1 0 3 N2 PTh —mak 3 3 1 1 PTh mik 18 12 8 27 PTh 3·18=54 3·12=36 1·8=8 1·27=27 QTh 54/125 36/125 8/125 27/125 PMB 9 6 8/6 27/6 QMB (9·6)/125 (6·6)/125 8/125 27/125 PBE 12 9 4 10 QBE 12/35 9/35 4/35 10/35 PFD 6 3 - 1 QFD 6/10 - 1/10  PTh B mak = 4 1) 3/10 ,  PThAmak = 8 ÂP 8 ÂQ 2) 125 1 125/6 1 35 1 10 1 2) Beispiel: Verteilung der Kugeln (Teilchen oder Elemente) für den 1. Makrozustand für alle vier Verteilungsarten Die gegebenen Daten sind die gleichen wie im Beispiel: Verteilungsgesetz. Gesamtzahl der Kugeln Gesamtzahl der Teilfächer Anzahl der Teilfächer in Fach 2 16.5.2004 N=3 z=5 z2=3 Anzahl der Fächer Anzahl der Teilfächer in Fach 1 n=2 z1=2 Wahrscheinlichkeit.doc Wahrscheinlichkeit Kasten mit n = 2 Fächern und insgesamt z = 5 Teilfächern Fach 1 mit 2 Teilfächern 1 2 6 Vorratsbehälter für N = 3 nummerierte Kugeln Fach 2 mit 3 Teilfächern 3 4 5 123 1) Thermodynamische Verteilung (1. Makrozustand) 1 2 3 3 Makrozustände (Fach 1 u. 2) 23 13 12 2 Mikrozustände (Fach 1) 1 1 23 2 2 3 3 23 2 2 3 3 3 3 23 2 2 9 Mikrozustände (Fach 2) 3 x 18 = 54 Umordnungen 2 x 9 = 18 Mikrozustände Die Anzahl der übergeordneten Makrozustände in Fach 1 und 2 beträgt PThAmak = 3 . Die Mikrozustände in Fach 1 und 2 betragen insgesamt PThmik = 2·9 = 18 . Für die thermodynamische Verteilung, das heißt für die Gesamtzahl der Umordnungen für den Fall nummerierter Elemente, bekommt man also PTh = PThAmak PThmik = 3·18 = 54 . 2.) Maxwell-Boltzmannsche Verteilung Diese Verteilung ergibt sich rein rechnerisch aus der thermodynamischen Verteilung und lässt sich nicht modellmäßig darstellen. 3.) Bose-Einsteinsche Verteilung 2 Zustände Fach 1 c c cc c c c c cc c c cc 2 x 6 = 12 Umordnungen 6 Zustände Fach 2 Für die Bose-Einsteinsche Verteilung, das heißt für die Gesamtzahl der Umordnungen für den Fall nicht nummerierter Elemente bekommt man also 16.5.2004 Wahrscheinlichkeit.doc Wahrscheinlichkeit 7 PBE = 2·6 = 12 . 4.) Fermi-Diracsche Verteilung 2 Zustände (Fach 1) c c 2x3=6 c c Umordnungen c c c c 3 Zustände (Fach 2) Für die Fermi-Diracsche Verteilung , das heißt für die Gesamtzahl der Umordnungen für den Fall nicht nummerierter Elemente und Einzelbelegung der Teilfächer, bekommt man also PFD = 2 ◊ 3 = 6 . Welches Verteilungsgesetz auch für ein bestimmtes im Gleichgewicht befindliches Teilchenkollektiv in der Thermodynamik, Chemie oder Optik zuständig ist, es stellt sich immer die Verteilung mit der größten Wahrscheinlichkeit, d.h. mit der größten Anzahl von möglichen Umordnungen, ein. Das Unterscheidungsmerkmal der Teilchen ist beispielsweise deren Verteilung auf die verfügbaren Energiewerte. Fundamentalgleichung der Thermodynamik In der Festkörperphysik und in der Optik ist die Energie der Teilchen (Elektronen, Photonen, Phononen, a-Teilchen usw.) ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal bei statistischen Untersuchungen. Es lassen sich die Gesetzmäßigkeiten der Thermodynamik (1. und 2. Hauptsatz) anwenden. Nach dem 1. Hauptsatz muss bei der Energiebilanz eines thermodynamischen Vorgangs auch die innere Energie U des Systems berücksichtigt werden. Die innere Energie ist eine Funktion der extensiven Zustandsgrößen Entropie S Volumen V, Teilchenzahl N sowie der elektromagnetischen Eigenschaften der Teilchen. Letztere bleiben hier aber unberücksichtigt. U = U(S, V, N) In der Thermodynamik ist der Gleichgewichtszustand die Grundlage der theoretischen Überlegungen. Die Änderungen dieses Zustandes werden durch infinitesimale Größen beschrieben, die das System nur unwesentlich aus dem Gleichgewicht bringen. Die Änderung einzelner Zustandsgrößen führt zur allgemeinen Zustandsänderung des Systems, die durch das totale Differential der inneren Energie dU ausgedrückt werden kann. dU = TdS-p dV+mdN Die intensiven Zustandsgrößen Temperatur T, Druck p und chemisches Potential m sind die Ableitungen der Fundamentalgleichnung U. ∂U ∂U ∂U -p = m= T = V ,N S ,N ∂S ∂V ∂N S,V Im Falle des thermodynamischen Gleichgewichts ist in einem abgeschlossenen System die Entropie konstant, d,h. die Änderung der Entropie dS ist gleich Null, und bei der Entropie S liegt ein Maximum vor. Außerdem herrscht in allen Teilen des abgeschlossenen Systems die gleiche Temperatur und der gleiche Druck. Auch das dem System innewohnende chemische Potential, eine Art mittlerer Energie der Teilchen, ist in allen Teilen des Systems von gleicher Größe. In der Halbleiterphysik entspricht das chemische Potential dem Fermi-Niveau WF . Das Fermi-Niveau stellt auch die Energie der Teilchen beim absoluten Temperaturnullpunkt dar. Die thermodynamischen Größen sind nur in abgeschlossenen und im Gleichgewicht befindlichen Systemen definiert. Wechselwirkungen mit der Umgebung und das Gleichgewicht störenden 16.5.2004 Wahrscheinlichkeit.doc Entropie 8 Prozesse, z.B. Energietransport, müssen abgeschlossen sein. Diese Systeme existieren streng genommen nur im Gedankenexperiment. In der Praxis sind sie nur angenähert realisierbar. Das chemische Potential m stellt den Widerstand des Systems gegen die Vergrößerung der Teilchenzahl um den Betrag dN dar. Soll sich das System nach dem Hinzufügen der Teilchen weiterhin im Gleichgewicht befinden, so müssen die Teilchen eine bestimmte Energie haben, die der mittleren Energie aller anderen Teilchen entspricht. Das chemische Potential ist von der Art der Teilchen sowie deren Dichte und Temperatur abhängig. Die Arbeit dA, die zur Erhöhung der Teilchenzahl aufgebracht werden muss und um die die innere Energie vergrößert wird, beträgt dA = mdN Ein vergleichbarer Vorgang liegt dann vor, wenn eine elektrische Ladung einer bereits vorhandenen Anzahl von Ladungsträgern hinzugefügt werden soll. Das Produkt aus der hinzugefügten Ladung und dem elektrischen Potential der vorhandenen Ladungen ergibt die aufzuwendende Energie bei dem Vereinigungsvorgang. Während die Änderung der Gesamtenergie dU ein vollständiges Differential darstellt, ist die ausgetauschte Arbeit dA vom Prozess abhängig, was durch die besondere Schreibweise des Differentialzeichens „d“ zum Ausdruck gebracht wird. Entropie Die Boltzmann-Beziehung S = k ln P k Boltzmann-Konstante erlaubt es mit Hilfe der Entropie S den 2. Hauptsatz der Thermodynamik aufzustellen. Durch die Einführung der Entropie wird es möglich, die bei dem Kasten-Kugel-Modell gewonnen Erfahrungen mit der statistischen Verteilung von Kugeln in Fächern und Teilfächern für die Thermodynamik nutzbar zu machen. Durch die Boltzmann-Beziehung wird die Statistik mit der Thermodynamik und schließlich mit der Entropie verknüpft. Folgende Überlegung macht die Boltzmann-Beziehung verständlich. Werden zwei abgeschlossene und im thermodynamischen Gleichgewicht befindliche Systeme 1 und 2 zu einem einzigen abgeschlossenen System vereinigt, so addieren sich die beiden Entropien S = S1 + S 2 , während sich die Verteilungen (Anzahl der Umordnungen) nach den Regeln der Statistik multiplizieren. P = P1 P2 Wenn also die Entropie eine Funktion der Anzahl der möglichen Umordnungen der Teilchen ist, kann es nur die Funktion S ~ lnP sein, denn nach den Regeln der Logarithmenrechnung gilt ln( P1 P2 ) = ln P1 + ln P2 Um einen Zusammenhang zwischen dem Kasten-Kugel-Modell und einem thermodynamischen System herzustellen, wird folgende Überlegung angestellt. Einem bis zum Zeitpunkt der Manipulation abgeschlossenem System im thermodynamischen Gleichgewicht wird eine i-te Gruppe d N i von Teilchen hinzugefügt, deren Energie der mittleren Energie aller Teilchen entspricht, wobei aber das Volumen V und die Temperatur T des Systems keine Änderung erfahren soll. Durch die Vergrößerung der Teilchenzahl wird das Gleichgewicht und die Verteilung der Teilchen geringförmig gestört. Mit dV=0 ergibt sich für die Änderung der inneren Energie 16.5.2004 Wahrscheinlichkeit.doc Entropie 9 dU = TdS + m idNi . Das chemische Potential mi eines Teilchens der zusätzlichen Teilchengruppe d N i soll voraussetzungsgemäß dem chemischen Potential des ursprünglichen Systems und damit dessen Fermi-Niveau WF entsprechen. m i= WF Der Beitrag eines zusätzlichen Teilchens an der inneren Energie beträgt Wi = dU . dN i Wird diese Beziehung in die Fundamentalgleichung eingesetzt, erhält man Wi − WF = T dS . dN i Um diesen Ausdruck auswerten zu können, müssen wir mit Hilfe der Boltzmann-Beziehung S = k ln P auf das Kasten-Kugel-Modell zurückgreifen. dS d ln P = k dN i dN i Gegenstand der Untersuchung ist vor wie nach die eingeschleuste i-te Teilchengruppe d N i , deren Anteil an der inneren Energie mit Hilfe der Entropie bestimmt werden soll. Für die Auswertung der Beziehung ist die Stirlingsche Formel notwendig. 1 ln N! ª (N + )ln N - N 2 Die Formel gilt für große Werte von N. d ln N ! ≈ ln N dN Mit den Verteilungsgesetzen und der Stirlingschen Formel mit ihrer Ableitung ergeben sich folgende Ableitungen der Verteilungen nach Maxwell-Boltzmann, Bose-Einstein und Fermi-Dirac: d ln PMB = ln zi − ln N i dN i d ln PBE = ln(zi + Ni - 1) - ln Ni dNi d ln PFD = ln( zi − N i + 1) − ln N i dN i Allgemein kann mit Ni >> 1 gesetzt werden d ln P = ln(zi - Nid) - ln Ni . dNi d=0 (Maxwell-Boltzmann) d=-1 (Bose-Einstein) d=1 (Fermi-Dirac) Aus den Gleichungen dS dN i d ln P dS = k dN i dN i Wi − WF = T d ln P = ln(zi - Nid) - ln Ni dNi folgt die Beziehung 16.5.2004 Wahrscheinlichkeit.doc Entropie 10 Wi − WF z − Nid = ln i . kT Ni Verteilungsfunktion Unter der Verteilungsfunktion f ( Wi ) versteht man gemäß des Kasten-Kugel-Modells die Anzahl der Kugeln N i je Fach bezogen auf die Anzahl der Teilfächer zi . Bei kontinuierlicher Verteilung der Energie in konkreten Systemen gibt die Verteilungsfunktion an, welchen Teil N i der verfügbaren und für die Energie Wi reservierten Plätze zi von Teilchen mit der Energie Wi eingenommen wird. Die Verteilungsfunktion ist eine Funktion der Energie Wi und wird auch mit Besetzungswahrscheinlichkeit bezeichnet, obwohl sie die relative Häufigkeit darstellt, die im strengeren Sinne keine Wahrscheinlichkeit ist. N f (Wi ) = i zi Die an sich diskreten Energiewerte Wi durchlaufen einen zusammenhängenden Bereich und können als stetige Variable angesehen werden. Das kommt bei den weiteren Gleichungen dadurch zum Ausdruck, dass die Schreibweise geändert und Wi durch W ersetzt wird. Mit der abkürzenden Schreibweise DW = W - WF erhält man die Verteilungsfunktion 1 f (W ) = DW e kT + d Die Verteilungsfunktionen gelten bei bei d=0 (Maxwell-Boltzmann) für nicht entartetes, verdünntes Elektronengas 1 fMB (W ) = DW , bei d=-1 e kT (Bose-Einstein) für Phononen, Photonen, a-Teilchen, Teilchen ohne Spin 1 fBE (W ) = DW , e kT - 1 bei d=1 (Fermi-Dirac) für entartetes, dichtes Elektronengas, Elektronen in Metallen, Ersatz durch Maxwell-Boltzmann (d=0) bei W - WF >> 3kT 1 fFD (W ) = DW d=0 d=-1 d=1 e kT + 1 (Maxwell-Boltzmann) für nicht entartetes, verdünntes Elektronengas, (Bose-Einstein) für Phononen, Photonen, a-Teilchen, Teilchen ohne Spin, (Fermi-Dirac) für entartetes, dichtes Elektronengas, Elektronen in Metallen, Ersatz durch Maxwell-Boltzmann (d=0) bei W - WF >> 3kT 2,0 f (W) BE 1,5 1,0 MB FD 0,5 0 0 1 2 DW kT 16.5.2004 3 Verteilungsfunktionen Wahrscheinlichkeit.doc