die drei lehren - Stiftung Mercator

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Kunst und Kult ur
DIE DREI LEHREN:
KONFUZIANISMUS, DAOISMUS, BUDDHISMUS
D
ie chinesische Identität speist sich ganz wesentlich
aus den traditionellen Lehren des Konfuzianismus,
des Daoismus und des Buddhismus. Die drei großen
Lehren spielten eine wechselhafte Rolle in der chinesischen Geschichte – immer wieder gab es Kaiser, die einer Lehre besonders
anhingen und darum Anhänger der anderen Lehren verfolgen
ließen. In der Wahrnehmung vieler Chinesen verschmolzen die
Lehren aber miteinander. Sie kombinieren daoistische mit buddhistischen Elementen und orientieren sich gleichzeitig an der
Ethik des Konfuzius.
DAOISMUS
Der Daoismus (oder auch Taoismus) ist eine philosophische und
religiöse Weltanschauung, die auf den sagenumwobenen Denker
Laozi und eine anonym veröffentliche Sammlung von Spruchkapiteln, das Daodejing, aus dem 4. Jh. v. Chr. zurückgeht. Im
Zentrum der Lehre steht der Begriff „Dao“ (der Weg), der für
das Unbegreifliche und Geheimnisvolle steht. Dao kennzeichnet die höchste Wirklichkeit und die ursprüngliche Einheit aller Dinge. Gegensätze wie z. B. Tag und Nacht werden vereint,
indem davon ausgegangen wird, dass in jedem Tag bereits ein
Stück Nacht enthalten ist und umgekehrt. Das Begriffspaar Yin
und Yang steht stellvertretend für diese Gegensätze, die laut
Daoismus stets in einer rhythmischen Abfolge auftreten: So
wird zum Beispiel aus Sommer Winter oder aus Freude Trauer.
Dao bezeichnet außerdem die treibende Kraft, aus der alles
entsteht und die den Lauf der Zeit bestimmt. Dem Daoismus
zufolge gelangt der Mensch zu Harmonie, wenn er sich am
Dao ausrichtet. Dieses offenbart sich in der Welt als erkennbares
Prinzip der Natürlichkeit, der Spontaneität und des kontinuierlichen Wandels. Das Ziel besteht also darin, sich auf intuitive
Weise dem Lauf der Welt anzupassen.
Das Nicht-Handeln oder Nicht-Erzwingen (chin. „Wu Wei“)
ist somit eines der leitenden Prinzipien des Daoismus. Auch das
im Westen bekannte Konzept des ,,Feng Shui“, einer Harmonisierung der Wohn- und Lebensräume auf der Grundlage des
Qi (Energie), zählt zu der daoistischen Harmonielehre.
KONFUZIANISMUS
Der Konfuzianismus beschreibt die politische Lehre und Philosophie des Konfuzius (ca. 551 bis 495 v. Chr.) und seiner Schüler.
Im Zentrum dieser Lehre stehen vor allem die Selbstkultivierung und (Selbst-)Erziehung des Menschen sowie die Verantwortung und Pflichten gegenüber der Familie. Aufgrund der im
Mittelpunkt stehenden fünf menschlichen Elementarbeziehungen – Vater-Sohn, Herrscher-Untertan, Ehemann-Frau, älterer
Bruder-jüngerer Bruder und Freund-Freund – wird der Staat im
Konfuzianismus seit jeher als große, übergeordnete Familie gesehen. Ohne diesen gibt es auch keine Sicherheit für die Familie.
Hieraus ergibt sich ein hierarchisches Unterordnungsverhältnis,
das die Aufgaben des Menschen darin sieht, zunächst dem Staat
zu dienen, danach der Familie und zuletzt sich selbst. Diese fünf
Beziehungen werden maßgeblich durch die Tugenden der Menschenliebe, der Rechtschaffenheit und der Pietät der Kinder gegenüber ihren Eltern bestimmt.
Auch der Ahnenkult ist ein zentrales Element des Konfuzianismus. Neben den großen, offiziellen Feierlichkeiten zu Ehren
des Konfuzius und seiner Schüler als auch verstorbener kaiserlicher Vorfahren bildete sich auch in den Familien eine Form des
Ahnenkults heraus. Für alle wichtigen familiären Ereignisse, wie
Geburt, Hochzeit und Tod, schreibt die konfuzianische Tradition genaue Regeln vor.
Der über die Landesgrenzen Chinas hinaus einflussreiche Konfuzianismus wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts besonders
von jungen chinesischen Intellektuellen und Revolutionären
für die Rückschrittlichkeit Chinas verantwortlich gemacht und
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BUDDHISMUS
Der Buddhismus ist eine Weltreligion, die sich auf die Lehren
des Inders Siddharta Gautama aus dem 5. Jh. v. Chr. beruft.
Demnach ist der Mensch einem endlosen Kreislauf von Geburt
und Wiedergeburt ausgesetzt, der nur durch die Überwindung
von Leid und Unvollkommenheit durchbrochen werden kann.
Gläubige Buddhisten versuchen durch eine gute Lebensführung
und Meditation diesem Kreislauf zu entrinnen. Entscheidend
ist dabei das Konzept von Karma, das den Zusammenhang von
Ursache und Wirkung von menschlichen Taten beschreibt. Laut
buddhistischer Lehre hat es der Mensch selbst in der Hand,
durch gute oder schlechte Taten seine Zukunft zu prägen. Da
aber sowohl gutes als auch schlechtes Karma zur erneuten Wiedergeburt führen, ist das eigentliche Ziel der Buddhisten, gar
kein Karma zu erzeugen. Am Ende dieser Entwicklung tritt der
erleuchtete oder erwachte Mensch in den Zustand des vollkommenen Glücks, das sogenannte Nirwana, ein.
N
ach China gelangte der Buddhismus vermutlich erstmals im 1. Jh. n. Chr. Hier wurden die buddhistischen
Lehren weiterentwickelt und mit verschiedenen Elementen des Daoismus verschmolzen. In dem buddhistischen
Begriff „bodhi“ („Erleuchtung“) haben die frühen chinesischen
Übersetzer beispielsweise das Dao erkannt. Der Buddhismus
wurde folgerichtig von Daoisten häufig als indische Variante des
Daoismus bezeichnet. Anders herum erklärten die Buddhisten
Laozi zu einem Schüler Buddhas.
Prägende Kraft auf die chinesische Bevölkerung entfaltete der
Buddhismus insbesondere in der Tang-Dynastie (618-907
n. Chr.) als sich auch viele Kaiser zu den Lehren Buddhas
bekannten. Von den buddhistischen Tempeln und Klöstern
über chinesische Moralvorstellungen bis hin zu vielen chinesischen Wörtern und Sprichwörtern hat der Buddhismus seine
Spuren in China hinterlassen. Als größte Religionsgemeinschaft
in China wirkt er aber auch heute fort: Schätzungen gehen
von ca. 244 Mio. Anhängern aus.
er Übergang von Daoismus als
Philosophie zu Daoismus als
Religion ist fließend. Es gibt
kein geschlossenes Glaubenssystem, sondern eine Vielzahl an Quellen, die im
Laufe der Jahrhunderte unterschiedliche
Spielarten hervorbrachten. Zu den auch
heute noch praktizierten Elementen des
religiösen Daoismus zählen u. a. die Verehrung von Gottheiten und Ahnen, Rituale wie Traumdeutung und Meditation
ebenso wie Atemübungen und Gymnastik.
1
1. Konfuzius präsen-
stand im 14. Jh. und
2. Der chinesischen
Suche nach Ruhe gen
Buddha. Das Bild ent-
Britischen Museum.
Laozi China auf der
Wasserbüffel reitend.
tiert Laozi den jungen
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nach 1949 unterdrückt. Erst seit den 1990er Jahren und besonders seit der Regierungszeit von Hu Jintao und Wen Jiabao
(2003-2013) wurde Konfuzianismus wieder beliebt. In dieser
Zeit begann China auch damit, an ausländischen Universitäten sogenannte Konfuzius-Institute anzugliedern (ähnlich wie
die Goethe-Institute). Hohe Führungskader, wie der aktuelle
Staatspräsident Xi Jinping, reisen zu Konfuzius‘ Geburtsstätte
in Qufu und stellen die positive Rolle des konfuzianischen Denkens für Chinas heutige Entwicklung heraus.
befindet sich heute im
Legende nach verließ
Westen auf einem
3
2
3. Yin und Yang steht
gensätzlichkeit und
geprägt von Ge-
gigkeit voneinander.
für eine Beziehung
gleichzeitiger Abhän-
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