Beitrag aus: „Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2011“ 2.2.1.2 Linksextremistische Parteien und innerparteiliche Zusammenschlüsse MARXISTISCH-LENINISTISCHE PARTEI DEUTSCHLANDS (MLPD) Extremismusbereich: Linksextremismus Gründung: 1982 Sitz: Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen) Mitglieder 2011 in Sachsen: ca. 35 Mitglieder 2010 in Sachsen: ca. 30 Mitglieder 2010 bundesweit: ca. 2.000 Vorsitz Bund: Vorsitz Freistaat Sachsen: Stefan ENGEL, Günter SLAVE Teil-, Nebenorganisationen: Jugendorganisationen ROTFÜCHSE Publikationen: ROTE FAHNE (RF), STIMME VON UND FÜR ELBE-SAALE REBELL und Kennzeichen: Historie und Strukturentwicklung Die MLPD ging 1982 aus dem KOMMUNISTISCHEN ARBEITERBUND DEUTSCHLANDS (KABD) hervor. Der MLPD-Jugendverband REBELL wurde 1992 gegründet. Die Partei ist in Parteigruppen, Orts- und Kreisverbände bzw. Landesverbände gegliedert. Die 2006 begonnene organisatorische Neuausrichtung - u. a. Schaffung von sieben Landesverbänden und 50 Kreisverbänden – ist im Jahr 2008 abgeschlossen worden. Dem Landesverband Elbe-Saale gehören Parteistrukturen der Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an. Der Sitz der Landesgeschäftsstelle befindet sich in Leipzig. In Sachsen verfügt die MLPD über lediglich ca. 35 Mitglieder, überwiegend in den Städten Dresden und Leipzig. Der politische Einfluss der Partei ist hier nach wie vor gering. Die erklärte Absicht der Partei, Betriebsgruppen in Großunternehmen aufzubauen, wurde ebenso wenig umgesetzt wie die für das Jahr 2011 angestrebte Gründung eines sächsischen Jugendverbandes. Im Oktober 2010 wurde auf maßgebliche Initiative der MLPD die INTERNATIONAL COORDINATION OF REVOLUTIONARY PARTIES AND ORGANIZATIONS (ICOR)1 in Berlin gegründet. Ihr gehören weltweit 41 revolutionäre kommunistische oder marxistisch-leninistische Parteien und Organisationen an. Ziele dieser Mitgliederorganisationen müssen laut Statut der ICOR die Systemüberwindung und der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung sein.2 1 2 ICOR, deutsch: INTERNATIONALE KOORDINIERUNG REVOLUTIONÄRER PARTEIEN UND ORGANISATIONEN. RF Nr. 49/2010 vom 10. Dezember 2010, S.12 ff. Seite 1 von 3 Beitrag aus: „Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2011“ Der MLPD-Bundesvorsitzende äußerte sich in seiner Rede auf der Gründungsveranstaltung wie folgt: „Der Kampf gegen das imperialistische Weltsystem macht den länderübergreifenden Zusammenschluss revolutionärer Parteien und Organisationen zu einer dringenden Notwendigkeit (…) Mit der zunehmenden Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems wird künftig auch eine Tendenz zu einer revolutionären Krise entstehen und wachsen.“3 Die MLPD finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden sowie aus den Einnahmen von Veranstaltungen und der Agitations- und Propagandaarbeit. Ideologie / Politische Zielsetzung Die Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao bilden die ideologischen Grundlagen der MLPD. Sie versteht sich als „politische Vorhutorganisation der Arbeiterklasse in Deutschland. Ihr grundlegendes Ziel ist der revolutionäre Sturz der Diktatur des Monopolkapitals und die Errichtung der Diktatur des Proletariats für den Aufbau des Sozialismus als Übergangsstadium zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft“.4 Damit lehnt sie die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung klar ab. Der von ihr angestrebte „echte Sozialismus“ unterscheidet sich deutlich von dem ehemals „real existierenden“ Sozialismus sowjetischer, aber auch chinesischer Prägung.5 So ist die Partei insbesondere davon überzeugt, dass der „echte Sozialismus nur mit einer proletarischen Denkweise erkämpft und erhalten werden kann“.6 Dies erfordere aber, dass sich im Bewusstsein der Massen die „proletarische“ gegen die „kleinbürgerliche Denkweise“ 7 durchsetze. Anderen Marxisten-Leninisten wirft die MLPD Verrat am Sozialismus und den kommunistischen Idealen sowie die Verfälschung des Marxismus-Leninismus durch den „modernen Revisionismus“ vor: „Hauptträger des modernen Revisionismus in Deutschland sind heute die Linkspartei (DIE LINKE) und die DEUTSCHE KOMMUNISTISCHE PARTEI (DKP). Um einen Aufschwung im Kampf um den Sozialismus vorzubereiten, ist es notwendig, sich entschieden von diesen revisionistischen und entarteten ,Kommunisten’ abzugrenzen.“8 Ihr elitäres Selbstverständnis, wonach sie allein den „echten Sozialismus“ vertrete, erschwert der MLPD die Gewinnung neuer Mitglieder. Dies hat eine weitgehende Isolierung der Partei selbst im linksextremistischen Lager zur Folge, in dem die MLPD eine gleichsam 3 4 5 6 7 8 RF Nr. 42/2010 vom 22. Oktober 2010, S. 6 ff. Präambel der Organisationspolitischen Grundsätze, abrufbar auf der Internetseite der MLPD. Interview mit dem Parteivorsitzenden Stefan ENGEL vom 20. Juni 2007. Veröffentlicht in der RF Nr. 25/2007 vom 22. Juni 2007, S. 17. Informationen für neue Leserinnen und Leser, regelmäßig auf Seite 2 jeder Ausgabe der RF abgedruckt, hier: RF Nr. 38/2011 vom 23. September 2011. Das Zentralkomitee der MLPD beschreibt die „kleinbürgerliche Denkweise“ in seinem Beitrag „Sozialismus am Ende?“ aus dem Jahre 1992. Danach gilt als „kleinbürgerlich“, wer sich von bürgerlichem Ehrgeiz leiten lasse, d. h. sich selbst für unentbehrlich halte, nach individueller Auszeichnung strebe und somit die eigene Person in den Mittelpunkt stelle. Präambel der Organisationspolitischen Grundsätze, abrufbar auf der Internetseite der MLPD. Seite 2 von 3 Beitrag aus: „Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2011“ sektenähnliche Stellung einnimmt. Die Isolierung versucht sie u. a. durch ihr Engagement in der Frauen-, Friedens- und Arbeiterbewegung zu überwinden. Allgemeine Aktivitäten Das Hauptaugenmerk der politischen Arbeit der MLPD liegt, neben der Frauen- und Jugendpolitik, vor allem auf der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit sowie der „systematischen Wohngebietsarbeit“. Neben der Unterstützung von Streiks nutzt die MLPD soziale und andere gesellschaftspolitische Fragen zu öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten. An der am 1. September 2011 begonnenen einjährigen Kampagne zur Propagierung der politischen Ziele und Aufgaben der ICOR beteiligte sich die MLPD mit Informationsständen in Dresden und Leipzig. Intensiver als zuvor bewarben die sächsischen MLPD-Ortsgruppen ihre regelmäßig stattfindenden öffentlichen Initiativ- und Studiengruppen für „Einsteiger“, in denen Interessenten durch kollektives Selbststudium parteieigener Schriften akquiriert werden sollen. Im März 2011 stellte der Bundesvorsitzende der MLPD auf der Leipziger Buchmesse sein neues Buch „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“ vor. Die MLPD war im nicht extremistischen Bündnis „Nazifrei – Dresden stellt sich quer!“ vertreten und beteiligte sich mit Fahnen und Transparenten der MLPD am Demonstrationsgeschehen am 19. Februar 2011 in Dresden.9 Bei der Verbreitung ihrer Ideologie stützt sich die MLPD in erster Linie auf ein umfangreiches Publikationssortiment bestehend aus Zeitschriften, Broschüren, Büchern und Flugblättern usw.. Wichtigstes Medium der Partei ist dabei die Wochenzeitung ROTE FAHNE sowie in Sachsen die unregelmäßig erscheinende Zeitung des Landesverbandes STIMME VON UND FÜR ELBE-SAALE. 9 RF Nr. 08/2011 vom 25. Februar 2011, S. 17. Seite 3 von 3