Ein unbekannter Universalist würde 150

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Ein unbekannter Universalkünstler würde 150
In Prag wird Josef Bohuslav Foerster mit einer Konferenz gedacht. Inzwischen
werden seine Werke als „neue“ CD-Geheimtipps gehandelt
Der tschechische Komponist, Musiker, Schriftsteller, Dichter und Maler Josef
Bohuslav Foerster (1859-1951) hatte es vermutlich seiner festen Verankerung im
christlichen Glauben, vielleicht auch der mangelnden Aktualität seiner Musiksprache
zu „danken“, dass er in der kommunistischen Tschechoslowakei nach seinem Tod
zunächst in Vergessenheit geriet. Noch zu seinem Neuziger war eine umfangreiche
Festschrift erschienen, waren alle seine Opern am Prager Nationaltheater aufgeführt
und unzählige Konzerte und Ehrungen veranstaltet worden. Dann unterband sein
erster Biograph, der Musikwissenschaftler und nunmehrige Kulturminister Zdeňek
Nejedlý, auf einmal Foersters kirchliche Beisetzung und schickte die aus dem ganzen
Land angereisten Chöre wieder nach Hause: ein pompöser Staatsakt im Rudolfinum
sollte genügen. Foerster war nach der Rückkehr in seine Heimat 1918 schnell ein
angesehener Mann geworden, als Direktor des Konservatoriums, als Präsident der
Akademie der Wissenschaften (1931-1938), zuletzt durch seine Ehrung mit dem Titel
„národní umělec“ (Nationalkünstler). Dem Werben der totalitären Machthaber beider
Seiten widerstand er mit seinen moralischen Prinzipien.
Foerster ist als Komponist u.a. von sechs Opern (zum Großteil mit eigenem Libretto),
fünf Symphonien, Kammermusik, geistlicher Musik und Klavierwerken
hervorgetreten. Seine Chormusik war in der ganzen Tschechoslowakei beliebt.
Schon in den Zwanziger Jahren wurde daher die „Foerster-Gesellschaft“ gegründet,
gleichsam im Sinne einer „Marketing- und Vertriebsagentur“ für seine Werke.
Foerster, aus einer Lehrer- und Kirchenmusiker-Familie stammend und in Prag
aufgewachsen, verbrachte einen Großteil seines Lebens im Ausland. Als Ehemann
einer gefeierten Sängerin lebte er in Hamburg und Wien, wo er vor allem mit Gustav
Mahler eine enge Freundschaft pflegte. Zu seinen literarischen Werken gehören
neben musikästhetischen Essays umfangreiche autobiographische Skizzen und
Erinnerungen an wichtige Künstler seiner Zeit, die Foerster unte dem Titel „Der
Pilger“ herausbrachte.
Nachdem das Werk des Komponisten sogar in seiner Heimat lange nur von
Spezialisten zur Kenntnis genommen wurde, ist seit mehreren Jahren Einiges in
Bewegung: 2003 gelangte der letzte Teil des Nachlasses Foersters aus Privatbesitz
ans Tschechische Nationalmuseum, 2005 zeigte das Prager Museum der
tschechischen Musik eine Ausstellung des bildnerischen Werks Foersters, seit
kurzem nimmt das Osnabrücker Symphonieorchester die Symphonien und weitere
Orchesterwerke auf. Am zweiten Novemberwochenende widmen sich in Prag im
Rahmen einer internationalen Konferenz verschiedene Musikwissenschaftler,
Slawisten, Historiker und Musikfreunde ausgewählten Aspekten des Werks und der
Persönlichkeit von Josef Bohuslav Foerster und erörtern Möglichkeiten zur
Herausgabe seiner Werke und zu deren Popularisierung. Von der Universität
Salzburg nimmt Prof. Dr. Ulrich Theißen (Fachbereich Slawistik) an dem Symposium
teil, der sich seit 2004 mit dem Werk des „vergessenen Europäers zwischen Dvořák
und Mahler“ beschäftigt. Sein Beitrag (samt einem Konzert in Foersters Heimatkirche
St. Adalbert) ist dem geistlichen Musikwerk Foersters gewidmet wie auch der
spirituell-philosophischen Durchdringung des künstlerisch-literarischen
Gesamtwerks.
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