Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur KB 1 Pa Berlin, den 29. Juni 2004 90228 (9228) – 730 An den Vorsitzenden des Unterausschusses Theater des Hauptausschusses über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Kapitel 1730, Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur 12. Sitzung des Unterausschusses Theater am 10. Dezember 2003 Der Hauptausschuss hat in seiner oben bezeichneten Sitzung die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur aufgefordert, bis zum 30. Juni 2004 ein überarbeitetes Marketingkonzept für die Opern vorzulegen. Verbunden werden soll die Vorlage mit einem mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen abgestimmten Bericht über die wirtschaftlichen Sekundäreffekte. Hierzu wird berichtet: 1. Ausgangslage Am 18.09.2002 hatte ich in meinem Bericht an die Vorsitzende des Hauptausschusses darüber berichtet, dass die Thematik eines abgestimmten Marketings zwischen den drei großen Opernhäusern Berlins bereits in der Vergangenheit sowohl innerhalb der Opernkonferenz bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur als auch im Rahmen der Deutschen Opernkonferenz diskutiert wurde. Der Vorschlag, ein übergreifendes und die einzelnen Opernhäuser integrierendes Marketingkonzept zu entwickeln und umzusetzen wurde seinerzeit von den Intendanten nicht empfohlen. Mit dem Hinweis auf die künstlerische Konkurrenz plädierten sie dafür, auch weiterhin eine eigene und damit selbständige haus- bzw. profilgestützte Werbung zu betreiben. 2. Ziel Neben den bekannten finanziellen Zwängen waren es auch die zunächst unvereinbar scheinenden Partikularinteressen der einzelnen Opernhäuser (z.B. Bereich übergreifendes Marketing/Ticketing, koordinierte Spielplangestaltung), die eine Veränderung der vorhandenen Rahmenbedingungen erforderten. Unter dem Dach der am 01.01.2004 gegründeten Stiftung Oper in Berlin wurde eine Imagekampagne der drei großen Berliner Opernhäuser im Sinne einer „kooperativen Konkurrenz“ initiiert mit dem Ziel, die Marke „Oper in Berlin“ national als auch international offensiv zu präsentieren. In Kooperation mit der Berlin Tourismus Marketing GmbH und der Partner für Berlin GmbH soll perspektivisch Berlin als international führende Opernstadt beworben werden. Neben dem Generieren eines neuen Images sollen mit diesen Aktivitäten zusätzliche Publikumsschichten gewonnen, die Auslastungszahlen erhöht und die Einnahmesituation verbessert werden. Eine Steigerung der Attraktivität des Opernstandortes Berlin bedingt m.E. gleichzeitig die Bereitschaft des - insbesondere touristischen - Publikums, für besondere und heraus gehobene Produktpräsentationen (Festivals etc.) gesondert auszuweisende Kartenpreise zu akzeptieren, die im täglichen Repertoirebetrieb der Opernhäuser so nicht zu erzielen sind. 3. Das Konzept Die in den drei Opernhäusern vorhandenen Leitungspositionen im Bereich Marketing/Öffentlichkeitsarbeit sind jeweils kompetent besetzt. Das Staatsballett wird diese Position ab seiner ersten Spielzeit 2004/2005 besetzen. Unter Einbeziehung des Staatsballetts wurde das von den Opernhäusern gemeinsam erarbeitete und finanzierte Marketingkonzept am 11.05.2004 vom Stiftungsvorstand der Stiftung Oper in Berlin beschlossen. Es sieht Folgendes vor: Inhalt der gemeinsamen überregionalen Kommunikation sind der Reichtum und die Vielfalt von Musiktheater in Berlin (Dirigenten, Regisseure, SängerInnen, Repertoireund Vorstellungsdichte) unter Einbeziehung des Staatsballetts Berlin und der Sinfoniekonzerte. Die drei Opernhäuser fokussieren ihre gemeinsamen Marketingaktivitäten in Abstimmung und Kooperation mit der Berlin Tourismus Marketing GmbH und der Partner für Berlin GmbH grundsätzlich auf den überregionalen Markt. Ausnahmen sind: Homepage „Oper in Berlin“ sowie gemeinsame Homepage von 20 Berliner Bühnen mit Spielplänen, Besetzungen, Informationen in Wort und Bild, Pressedatenbank und Onlineticketing (vorauss. Start: September 2004) gemeinsames Opernplakat Berliner Bühnenplakat ClassicCard regelmäßige gemeinsame Besucherbefragungen und Auswertungen (2002, 2004 f.). Zwischen der Staatsoper Unter den Linden und der Deutschen Oper Berlin ist im Mai 2004 ein Ticket-Crossverkauf eingerichtet worden. Die diesbezügliche Anbindung der Komischen Oper Berlin kann durch technische Inkompatibilitäten erst mittelfristig realisiert werden. Alle drei Opernhäuser sind überregional in rund 1.200 Theaterkassen und Reisebüros sowie über die Berlin Tourismus Marketing GmbH und das Internetportal „berlin.de“ buchbar. Strategie 1 – kurz- und mittelfristig Diese Strategie umfasst die Kommunikation von „Oper in Berlin“ an die Kernzielgruppe opernaffines Publikum, an Touristen und Reisende als erweiterte Zielgruppe sowie die Pressearbeit. 2 a) b) c) Opernaffine Zielgruppe Diese Strategie verfolgt eine nationale und internationale Imagekampagne für ein opernaffines Zielpublikum (homogene Zielgruppe, über wenige, strategisch ausgewählte Orte und Maßnahmen gezielt zu informieren, reisefreudig und finanzstark) Imagekampagne „Opernstadt Berlin“ mit übergeordnetem Claim und Motivserien, voraussichtlich Anzeigen, Flyer, Plakate und Promotion Crosspromotion auf Kompensationsbasis (wo möglich) mit Festivals und Opernhäusern Gastspiele der Opernhäuser und der Orchester sowie des Staatsballetts sollen als Kommunikationsplattform genutzt werden. (Pressekonferenzen zur Opernstadt Berlin im Gastspielort, Promotion in den Foyers, Anzeigen in den Programmheften, Empfänge für Reiseindustrie und Meinungsbildner etc.) Start: vorauss. Sommer 2004 (Festivals) Touristen, Reisende Diese Strategie sieht eine nationale und internationale Vertriebs- und Imagekampagne für Städtereisende vor: Geschäfts-, Individual- und Gruppenreisende Sondierung diverser Partner und Ausarbeitung gemeinsamer Packages zur Belebung tourismusschwacher Monate: Berliner Hotels, Berliner Einzelhandel (Zusammenschlüsse), (Kultur-) Reiseveranstalter, Deutsche Bahn, Fluggesellschaften Abstimmung mit Partner für Berlin GmbH/Wirtschaftsförderung Berlin International und Berlin Tourismus Marketing GmbH Start: vorauss. September/Oktober 2004 für Termine im Frühjahr/Sommer 2005 Pressearbeit (überregionale und internationale Fach-, Regenbogen- und Reisepresse) Spielplanpräsentationen, -pressekonferenzen in anderen Städten (im Rahmen von Gastspielen der Opernhäuser, in Städten von Kooperationspartnern etc.) spezielles Pressekit für Reisejournalisten und –buchautoren (CD, DVD, Filme) regelmäßige Presseaussendungen mit dem Thema „Opernstadt Berlin“ Einladungen handverlesener nationaler und internationaler Journalisten in die drei Opernhäuser vorauss. Start: Frühjahr 2005 (Vorstellung der Saison 2005/2006) Strategie 2 – mittel- und langfristig Diese Strategie beinhaltet eine Image-Sponsoring-Kampagne. Entwicklung einer mehrjährigen gemeinsamen Werbekampagne mit einem überregional agierenden Unternehmen rund um den Werbeinhalt „Opernstadt Berlin“ Das Angebot an den Unternehmenspartner ist der Imagetransfer, also die kreative Verbindung der Unternehmensmarke mit der „Opernstadt Berlin“ unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Vermarktungsaktivitäten der einzelnen Häuser. vorauss. Start: Saison 2005/2006 3 Neben dem übergreifenden Stiftungsmarketing verfolgen die Opernhäuser und das Staatsballett auch weiterhin zusätzliche hausspezifische Werbestrategien, um die selbständigen Profile der Häuser gesondert präsentieren und vermarkten zu können. 4. Wirtschaftliche Sekundäreffekte Es ist mittlerweile unstrittig, dass die positiven Wertschöpfungseffekte im Kulturbereich einen nicht zu unterschätzenden, jedoch schwer errechenbaren wirtschaftlichen Faktor darstellen, der die Lebensqualität und damit auch die allgemeinen Arbeitsbedingungen positiv beeinflusst. Kulturpolitik ist somit gleichzeitig Wirtschaftspolitik, die sich im Bereich der Opernlandschaft Berlins vornehmlich über die sogenannte Umwegrentabilität definiert. Diese Umwegrentabilität und mit ihr die entsprechenden Beschäftigungswirkungen sind u.a. wesentliche Elemente für lokale und regionale Entwicklungsmöglichkeiten. Es ist bekannt, dass innerhalb der Berliner Kulturförderung in Verbindung mit dem Fremdenverkehr mit einem Zuwachs an Kaufkraft gerechnet werden kann, der am Ort verbleibt und die Nachfrage an Arbeitskräften, Material und Dienstleistungen steigert. Neben den positiven Wirkungen auf den lokalen und regionalen Arbeitsmarkt werden zusätzlich steuerliche Mehreinnahmen für die öffentliche Hand Berlins erwirtschaftet. Betriebswirtschaftliche Studien zeigen, dass jeder von den öffentlichen Haushalten ausgegebene Euro mit dem ca. anderthalbfachen wieder in die Haushalte zurück fließt (vgl. "Kultur als Wirtschaftsfaktor", Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung über den Kultursektor Berlins, 1992). Für die Opernlandschaft Berlins spielt diese Umwegrentabilität eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch wenn bei kulturellen Aktivitäten der gesellschaftliche Eigenwert Priorität besitzt, können die für die Stiftung Oper in Berlin bereit gestellten finanziellen Mittel zusätzlich durch dieses Argument gerechtfertigt werden. Eine erste theaterübergreifende Studie zum Besucherverhalten an den Berliner Bühnen wurde 2002 in Kooperation der Bühnen mit der Fachhochschule Lausitz realisiert. Das dabei für die Opernhäuser Berlins relevante Datenmaterial lässt bezüglich des auswärtigen Publikums jedoch leider keine Rückschlüsse zu, da die Herkunft des Publikums in der Umfrage unberücksichtigt blieb. Derzeit wird an 21 Berliner Bühnen eine aktuelle Erhebung durchgeführt; erste Ergebnisse werden voraussichtlich Ende dieses Jahres vor liegen. Unstrittig ist, dass durch ein qualitativ hohes kulturelles Angebot die Standortattraktivität verbessert wird. Nach wie vor spielt das kulturelle Profil einer Region bei der Anwerbung von hochqualifizierten Fachkräften eine wichtige Rolle. Insofern besitzt Berlin im Vergleich zu anderen (deutschen) Städten durch die Dichte des kulturellen Angebots - auch bedingt durch die Existenz dreier international agierender Opernhäuser und des Staatsballetts - einen wesentlichen Standortvorteil. Die Bereiche Kulturinvestitionen, Tourismus und Wirtschaftsförderung sind eng miteinander verknüpft und bedürfen der koordinierten Abstimmung und Kooperation. Zwischen den Senatsverwaltungen für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie Wirtschaft, Arbeit und Frauen gibt es diesbezüglich aktuelle Kontakte auf Staatssekretärebene. 4 Vor dem Hintergrund der in anderen Bundesländern erstellten Kulturwirtschaftberichte dienen die derzeit geführten Gespräche u.a. der Abstimmung von Möglichkeiten zur Erfassung und Auswertung der für Berlin relevanten kulturwirtschaftlichen Aspekte. Eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe beschäftigt sich u.a. mit der Konzeption für einen Kulturwirtschaftbericht für Berlin, wobei die Konkretisierung der Thematik sich als im Detail diffizile Fragestellung erweist, die einer umfassenden Basisarbeit bedarf. Die Arbeitsgruppe wird zu gegebener Zeit einen Bericht vorlegen. Ich bitte, den Beschluss damit als erledigt anzusehen. Dr. Thomas Flierl Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur Ausschuss-Kennung : UATheatergcxzqsq 5