45 REPORT HORIZONT 42/2015 15. Oktober 2015 www.horizont.net/report DRUCK & INNOVATION FOTO: COLOURBOX Nicht von der Rolle Von Bettina Sonnenschein Zahllose Online-Anbieter machen Drucksachen schnell und einfach verfügbar. Im B-to-B-Bereich ist dabei immer häufiger Beratung und sogar Medialeistung gefragt D er Markt für Druckdienstleistungen zeigt sich recht vielfältig: Auf Plattformen wie Flyeralarm und Co kann praktisch jedermann Gedrucktes bestellen, das Hütchen für den Kindergeburtstag ebenso wie Visitenkarten für den eigenen Laden. Das offene Shopsystem birgt allerdings Risiken: Es verführt den Laien schnell zu kreativen Fehlern. Was beim Geburtstagsfest nicht so schlimm sein mag, kann für einen Händler dann fatale Folgen haben. Information ist demnach wichtig. Cewe Print zum Beispiel bietet seinen Kunden stets das Gespräch an und ein Großteil von ihnen ist sehr offen dafür. Arndt Bessing, Geschäftsführer CewePrint, spürt seit geraumer Zeit, dass die Beratungsleistungen stärker nachgefragt werden: „Wann immer es der Kunde wünscht, versuchen wir mit ihm im Gespräch zu klären, was er erreichen will und was er mit unseren Produkten erreichen kann.“ Wie hoch sollte der Nachrichtenanteil sein, wie viel Veredelung ist sinnvoll, welche Drucksache ist überhaupt geeignet. Bessing: „Besonders für kleinere Unternehmen werden unsere Angebote zunehmend attraktiver, weil so auch für sie Marketingmaßnahmen machbar werden. Auch Saxoprint in Dresden, das sich eher noch als klassische Dienstleister betrachtet, hat darum längst den Service erweitert durch persönliche Beratung, durch Blog- und Video-Tutorials, die den Bestellprozess erläutern. Selbst entwickelte Tools vereinfachen das Herunterladen von Druckvorlagen. Dass der Bedarf groß ist, zeigt ebenfalls die Medienfabrik Gütersloh. Das zu Arvato ge- hörende Unternehmen hat zum Jahresanfang seine Produktionsfläche am Standort Verl auf 4000 Quadratmeter verdoppelt, um mehr Platz für den Bereich Fullservice-Printing zu schaffen. Der Maschinenpark wurde entsprechend erweitert. Für Thomas Göllner, Leiter Geschäftsfeld Engage der Medienfabrik, steht fest, worauf das zurückzuführen ist: „Die Digitalisierung und Automatisierung haben zu einer massiven Veränderung der Druckprozesse geführt“, sagt er. Das verdanke man nicht zuletzt den erwähnten offenen Systemen: Ihnen sei es gelungen, Standardisierungen umzusetzen, die jetzt auch anderen zugute kommen. D enn bei der Medienfabrik handelt es sich um ein geschlossenes System: Für zentrale Großkunden – Versicherungen zum Beispiel oder Autokonzerne – setzt die Medienfabrik Portale in entsprechender Corporate Identity auf. Innerhalb dieser können die Kunden – Versicherungsagenten oder Händler – agieren. Flyer für ein Produkt konfigurieren, Werbemittel für ein Event zusammenstellen. „Die Unternehmen verhindern so den Wildwuchs und stellen sicher, dass das CI gewahrt wird. Die Partner profitieren von besseren Preisen“, sagt Göllner. Auch Marcapo bietet solche geschlossenen Plattformen für den B-to-B-Kontakt zwischen großen Herstellern und kleineren Unternehmen bis hin zum Kleinstbetrieb. Frisöre, die die nächste Wella-Veranstaltung promoten wollen, versehen ihre Drucksache mit den persönlichen Angaben. „Wir sind Spezialisten für lokales Marketing“, sagt MarcStephan Vogt darum auch. Der Geschäftsführer von Marcapo ist mit seinem Unternehmen bereits deutlich weiter gegangen als andere: Neben personalisierten Werbemitteln klärt es auch grundsätzliche Marketingfragen, und kümmert sich auf Wunsch um Mediaplanung und Verteilung – Dinge, die dem kleinen Händler vor Ort nicht so vertraut sind. ZUM THEMA Inspiration Die Digitalisierung hat nicht nur der Verlags-, sondern auch der Druckbranche stark zugesetzt. Sinkende Auflagen haben auch zu sinkendem Druckvolumen geführt. Angetrieben von digitalen Techniken entstehen gleichzeitig neue Geschäftsmodelle, die Prozesse verändern. Sie vorzustellen, ist Aufgabe der Leitmesse Drupa, die im kommenden Jahr wieder ihre Pforten öffnen wird. Sich dort inspirieren zu lassen, sollten sich Medienund Marketingfachleute nicht nehmen lassen. Denn es ist eines, über die Möglichkeiten und die Wirkung unterschiedlicher Medienkanäle Bescheid zu wissen. Es ist hingegen etwas ganz anderes, auch die technischen Hintergründe kennenzulernen. Medienmittel aufeinander abzustimmen, die Produktionsprozesse vom Marketing bis zum Vertriebspartner zu vernetzen, Inhalte aus vielen Systemen zusammenführen – auch das gehört inzwischen zum Alltag der Druckbranche. Bettina Sonnenschein Ressort Specials INHALT Leitmesse: Die Drupa in Düsseldorf bereitet sich auf einen neuen Rhythmus ab 2016 und den Wandel der Branche vor. 46 Know-how: Kataloge und Zeitungen liefern das Auftragsvolumen, das die Druckindustrie am Laufen hält. 47 Digitaldruck: Die Messe Frankfurt erschließt mit einer neuen Veranstaltung den Markt für Textildruck. 47 Innovationen: Papier ist ein vielseitiger Werkstoff, mit dem die Industrie allerlei kreative Produkte gestalten kann. 48 Anzeige