Dr. Eleonore Procházka Was riecht denn hier so ? Sind “Düfte

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Dr. Eleonore Procházka
Was riecht denn hier so ?
Sind “Düfte” Umweltbelastung?
Auf die Frage: “Wie riecht denn dein Lehrer?” antwortete mir ein hyperaktives Kind:
“Nach Parfüm.” “Und wo sitzt du?” “ In der letzten Reihe”, in möglichst großem
Abstand! Unglaublich? Nein, praktische Erfahrung. Verhaltensstörungen - und
alle anderen Gesundheitsstörungen - können auch durch Parfüm ausgelöst
werden. Zumindest können empfindliche Personen , “chemisch Sensible” (krank
am 20. Jahrhundert! siehe Pyrrolurie) solche Düfte als Streß erleben, wie das
Beispiel zeigt, und ihm ausweichen, so gut es geht.
In umweltmedizinischen Kreisen - besonders in den USA - ist man da schon weiter
und versteht die Reaktionen der chemisch empfindlichen Patienten, denn das
Phänomen wurde bereits wissenschaftlich untersucht.
Irene Ruth Wilkenfeld, Wissenschaftsjournalistin, berichtete in der Zeitschrift “The
Environmental Physician” im Herbst 1991 über den Unsinn von Düften. Ich zitiere
daraus
Öffentliche Wahrnehmung ist polarisiert in zwei scharf gegensätzliche Lager, was
Parfüm angeht: die aggressive Werbung der heutigen millionenschweren Parfümund Kosmetik-Industrie hat die “Duft-Gläubigen” geködert, zu glauben, daß Parfüm
ihr Fahrschein ist in eine romantische, verlockende, phantastische Welt.
Eine wachsende Zahl von chemisch überempfindlichen Individuen jedoch betrachtet
Parfüm als nervengiftigen (neurotoxischen), sensibilisierenden, potenten Schadstoff.
Offensichtlich als “Attraktion” beabsichtigt, wird Parfüm schnell ein Repellent, eine
Abwehrwaffe.
So ist es an der Zeit, den Mythos von den wohltuenden synthetischen Düften
platzen zu lassen!
Mehr als jede andere medizinische Schule erkennt die medizinische Ökologie, daß
niedrige Konzentrationen von Chemikalien unseren Körper auf tiefgreifende und
subtile Weise beeinträchtigen können, was schon viel zu lange weitem Verständnis
und der offiziellen Forschung verborgen geblieben ist.
Die U.S. FDA (Food & Drug Administration) erkennt an, daß
Unverträglichkeits-reaktionen gegenüber parfümierten Produkten häufiger auftreten,
eine Folge der zunehmenden Beliebtheit von stärkeren, süßeren Duftnoten
(Werbung!). Leider ist die Fähigkeit des Verbrauchers, einen bestimmten
problematischen Inhaltsstoff zu identifizieren, erschwert, weil dasWort “Duftstoffe”
auf einem Kosmetiketikett nicht weniger als 4000 verschiedene Substanzen
anzeigen kann. Bis zu 600 Chemikalien können in einer einzigen Kreation
verwendet werden, von denen viele als “Betriebsgeheimnis” geschützt sind.
Etwa 95% dieser Bestandteile sind synthetisch, was in diesem Zusammenhang
bedeutet, daß sie aus dem Erdöl abgeleitet sind. Natürliche Inhaltsstoffe wie z.B.
Jasmin kosten mehr als 40000 Dollar das Pfund. Dagegen gibt es synthetische
Stoffe für weniger als 10 Dollar. 84% dieser Inhaltsstoffe haben minimale oder gar
keine Toxizitätsdaten (National Academy of Sciences). 1989 bezeichnete das
Nationale Institut für Arbeitssicherheit und Gesundheit (NIOSH) 884 Chemikalien
von einer Liste von 2983, die in der Duftstoff-Industrie verwendet werden, als giftige
Substanzen. Einige davon können Krebs verursachen, Geburtsfehler, Störungen
des ZNS, (Zentralnervensystems), Allergien, Haut- und Augenreizungen und
Chemikalienempfindlichkeit (chemical sensitivity). Und da der Normalverbraucher
täglich zwischen 17 und 21 verschiedene parfümierte Kosmetikprodukte anwendet
(Shampoo, Haarfestiger, Deodorant, Gesichtsseife usw.), wird die Aufgabe, einen
einzelnen “Auslöser” zu isolieren, gigantisch.
Parfüm besteht aus einer Kombination von natürlichen ätherischen Ölen und
chemischen Aromastoffen in alkoholischer Lösung. Einige von diesen wenig
romantischen Inhaltsstoffen sind: Aceton, Galaxolid, Phenylethylakohol, Vertofix,
Benzylsalicylat, Cyclohexanol, Linalool, Methylethylketon, Hexylzimtaldehyd,
Amylsalicylat, Ammoniak, Propylenglykol, Formaldehyd, Moschuskörneröl,
Benzophenone.
Cyclohexanol kann eine Verminderung der motorischen Aktivität verursachen und
Schlappheit, Krämpfe und Tod. Es hat deprimierende Wirkung auf das
Zentralnervensystem.
Linalool hat im Tierversuch nachweislich Ataxie hervorgerufen ( charakterisiert
durch fehlerhafte Muskel-Koordination), reduzierte spontane Bewegungsaktivität,
Verminderung und Störung der Atmung .
Methyl-ethyl-keton kann Narkose verursachen, Erstarrung, Bewußtlosigkeit,
Emphysem, Leber- und Nierenstauung, Reizungen an Augen, Nase und Kehle und
Taubheit der Extremitäten.
Propylenglykol wird als immuntoxische Chemikalie betrachtet.
Moschuskörneröl kann das zentrale und periphere Nervensystem schädigen, was
sich als Degeneration von Myelin und bestimmten Nervenfasern äußert und
extremer Empfindlichkeit gegen Sonnenlicht bei exponierten Labortieren.
Benzophenone verlängern die Duftwirkung und können Nesselausschlag auslösen.
Nach der U.S. FDA sind Duftstoffe verantwortlich für 30% aller allergischen
Reaktionen auf Kosmetika. Quer durch die Nation berichten zunehmend Individuen
über Symptome, die durch Parfüm ausgelöst wurden, von Kopf- und
Nebenhöhlen-schmerzen bis zu anaphylaktischem Schock und Krampfanfällen.
Viele fangen nun an, den Zusammenhang zwischen ihrem Mißbefinden und dem
fortgesetzten Angriff von einer Kollektion unbekannter, unkontrollierter Chemikalien
zu erkennen, der launenhaft und mutwillig aufrecht erhalten wird durch die
Parfümindustrie.
Im Juli 1990 veröffentlichte die Candida Research and Information Foundation
(CRIF) in Castro Valley, Californien, die vorläufigen Ergebnisse ihrer
Parfümumfrage, die an
10 000 Patienten, €rzte und Naturkostläden verschickt worden war. Ihr Ziel ist es,
die obligatorische Entfernung aller neurotoxischen Chemikalien aus den Parfüms zu
fordern. Sie berichteten über folgende Zahlen, die die Beschwerden anzeigen, die
aus den Anworten auf ihre Umfrage zitiert sind.
Kopfschmerzen
Benommenheit
Unfähigkeit, sich zu konzentrieren
Stimmungsschwankungen
Schwindel
†belkeit
Ausfall des Kurzzeitgedächtnisses
Ruhelosigkeit, Gereiztheit
Depression
Schlaflosigkeit, Lethargie
Nebenhöhlenschmerzen
gelegentlich
87%
81%
78%
72%
66%
66%
63%
62%
62%
60%
56%
oft
54%
53%
50%
43%
44%
44%
41%
35%
40%
40%
38%
Mary Lamielle, Präsidentin des nationalen Zentrums für
Umwelt-Gesundheits-Strategien, listete in einer Pressemitteilung, die die
Gesetzgebung zur Besiegelung von Duftstoffmustern unterstützt, folgende
Symptome auf, die durch Duftstoffe ausgelöst wurden:
wässrige oder trockene Augen, Doppeltsehen, Niesen, verstopfte Nase, allergischer
Schnupfen, Nebenhöhlenentzündung, Ohrenklingen, Schwindel, Husten, Bronchitis,
Atembeschwerden, Brustenge, Astma, Anaphylaxie, Kopfschmerzen, Migräne,
Krampfanfälle, Müdigkeit, Verwirrung, Desorientierung, Zusammenhanglosigkeit,
Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, €ngstlichkeit, Reizbarkeit, Depression,
Stimmungsschwankungen, Hautausschlag, Ekzeme, Rötung, Muskel- und
Gelenkentzündung, Schmerzen und Schwäche, unregelmäßiger oder schneller
Herzschlag, Bluthochdruck.
In ihrer Studie “Patienten mit multipler Chemikalien-Empfindlichkeit”(MCE oder
multiple chemische Sensibilität, MCS) haben J. Cone und Mitarbeiter Arbeiter mit
MCE untersucht. Wenn sie erst einmal überempfindlich geworden waren als
Ergebnis des Kontakts mit Pestiziden, Schwefelwasserstoff, Kopierern,
Teppichböden usw., hat sich gezeigt, daß Parfüm wiederkehrende Symptome
provozieren kann.
Nach der U.S. FDA haben 72% der Asthmatiker Atembeschwerden durch
Parfüm. Die €rzte Chang Shim und M.Henry Williams Jr.( Lungenspezialisten),
testeten 4 Asthmatiker 10 Minuten lang mit kölnisch Wasser. Ihr Lungenfunktionstest
fiel um 18% auf 58% unter die Basislinie. Testpersonen beklagten sich über
Brustenge, kurzen Atem, Krächzen, kurzen, trockenen Husten und verstopfte Nase
innerhalb 1-2 Minuten nach dem Kontakt mit kölnisch Wasser.
In einer anderen Studie wurden 18 Patienten mit chemischer Sensibilität niedrigen
Konzentrationen von Phenyl-ethyl-Alkohol ausgesetzt und entwickelten
Veränderungen in der Nasenatmung, verstärktes Schwitzen und beschleunigten
Herzschlag.
Ein oft übersehener Mechanismus, der mit der Nervengiftigkeit der Parfüme
zusammenhängt, betrifft das limbische System im Gehirn, das aus Hippocampus,
Amygdala und anderen Strukturen besteht, die eng mit dem Hypothalamus
verbunden sind. Dieses Hirnareal wird direkt beeinflußt durch die Wechselwirkung
zwischen einem Individuum und seiner Umwelt. Jede chemische Substanz, die an
den Riechnerven der Nase vorbeizieht, wird direkt ins limbische System
transportiert, wo sie eine Reihe von unangenehmen Symptomen auslösen kann. Die
Tatsache, daß das limbische System und der Hypothalamus dynamisch beteiligt
sind an praktisch allen Aspekten der Physiologie und des Verhaltens eines
Menschen macht jede Verletzung dieser Strukturen potentiell kompliziert und
schwerwiegend.
Störungen im limbischen System sind verbunden mit irrationalen €ngsten,
Fremdheitsgefühl, Gefühl von Unwirklichkeit, Traurigkeit, Desorientierung und einem
Gefühl, ohne Verbindung und Kontrolle zu sein. Viele, die empfindlich gegen Parfüm
oder andere chemische Gerüche sind, hören von Psychologen zu oft die
Fehldiagnose “Agoraphobie”.
Starke Düfte sollen verstärkt elektrische Aktivität in der Amygdala provozieren
können, die mit Gefühlen und Selbstschutzaktivitäten zusammenhängt, und im
Hippocampus, der wesentlich ist für«s Lernen und neues Gedächtnis. Probleme im
Hypothalamus, dem analytischen Labor des Körpers, zeigen sich in
Körpertemperatur, Fortpflanzungsphysiologie, Verdauung, aggressivem Verhalten,
Herzschlag, Blutdruck, Immunität und möglicherweise Anaphylaxie. All dies legt die
Existanz eines direkten Weges von der Nase und dem Mund (Oropharynx) zum
Gehirn nahe, der zahlreiche neurologische und psychische Abnormalitäten auslösen
kann.
In ihrem Artikel “Die Biopersönlichkeit von Allergien und Umweltkrankheit” sagt Iris
Bell, daß Leute, die an Umweltkrankheit leiden, einen leicht sensibilisierbaren Pfad
zwischen der Nase und dem limbischen System haben. Dies würde erklären, wie ein
klein und unbedeutend erscheinender Faktor zu einer Verstärkung von Symptomen
und einem offensichtlichen Verlust von Spannkraft oder Anpassungsfähigkeit führen
kann (Schneeball- oder Ausbreitungsphänomen). Sobald das limbische System
betroffen ist, kann ein früher gut tolerierter, niedrigdosierter Parfümkontakt zu einer
Kaskade von unerfreulichen Sensationen führen.
Wegen dieser Befunde ist es schwer verständlich, daß allgemein der
Zusammenhang zwischen Parfüm und Krankheit von vielen konventionellen
Medizinern nicht anerkannt wird. Bronchospasmen bei Arbeitern, die TDI (Toluol
diisocyanat)- exponiert sind oder mit bestimmten anderen industriellen Chemikalien,
sind bei €rzten unstrittig. Aber wenn Patienten sich über Beschwerden durch Parfüm
beklagen, werden sie oft als hypochondrisch weggeschickt..
1986 hat ein Kommitee betont, daß Bedarf besteht, Mediziner über die
Verhaltens-veränderungen zu informieren, die mit Neurotoxizität zusammenhängen
können.
Seit langem ist die erste medizinische Maßnahme für MCE-Patienten das Meiden
von Reizstoffen. Theron Randolph«s Konzept einer umweltkontrollierten Abteilung
für Diagnose und Therapie hat immer schon enthalten, den Patienten in eine
Umgebung zu bringen, aus der nichts ausgasen kann wie z.B. Parfüm. Die
medizinisch ökologische Praxis sollte dies ohne Ausnahme respektieren. Neue
Patienten sollten vor ihrem ersten Besuch streng und zwingend angehalten werden,
unparfümiert zu kommen.
Wir können nicht erwarten, daß diagnostische Tests oder therapeutische
Maßnahmen erfolgreich sind in einer parfümgetränkten, synthetischen Umgebung,
die den Körper auf möglicherweise schädliche Weise beeinträchtigt.
Als medizinischer Bahnbrecher in der praktischen Prävention von parfüminduzierten
Problemen kann die AAEM (American Academy of Environmental Medicine) eine
weitere einzigartige Dimension zu der schon langen Liste von Patientendiensten
hinzufügen: Verbieten Sie Parfüm in Ihrer Praxis und beenden Sie die
Duft-Einnebelung
Soweit das Zitat.
Auch bei uns gibt es chemisch Sensible in zunehmendem Maße. Mit
Aufmerksamkeit und Rücksicht könnte man ihnen viel unnötigen Streß ersparen. Es
wird empfohlen, parfümierte Produkte zu meiden, um die chemische Belastung so
gering wie möglich zu halten.
Literatur:
Irene Ruth Wilkenfeld (52145 Farmington Square Rd, Granger, IN 46530
(219)271-8990): Patient Education: Scents make no sense. The Environmental
Physician Fall 1991, 25 - 28.
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