Deutsche Kinemathek Retrospektive Luis Buñuel Darsteller/innen: Lilia Prado (Raquel) ø Esteban Márquez (Oliverio Grajales) ø Carmelita González (Albina / Albina, Oliverios Frau) ø Gilberto González (Sánchez Cuello) ø Luis Aceves Castañeda (Silvestre, conductor del autocar / Busfahrer) ø Manuel Dondé (Don Eladio González, el candidato a diputado / Abgeordneter) ø Roberto Cobo (Juan) ø Beatriz Ramos (Elisa, la parturienta / Wöchnerin) ø Manuel Noriega (Licenciado Figueroa / Doktor Figueroa) ø Roberto Meyer (Don Nemesio Álvarez y Villalbazo) ø Pedro Elviro „Pitouto“ („El cojo“ / Der Krüppel) ø Pedro Ibarra (Manuel) ø Leonor Gómez (Doña Linda) ø Chel López (Chema, amigo de Silvestre / Silvestres Freund) ø Paz Villegas de Orellana (Doña Ester) ø Silvia Castro (Niña) ø Paula Rendón (Doña Sixta, madre de Silvestre / Silvestres Mutter) ø Francisco Reiguera (Miguel Suárez, vendedor de gallinas / Geflügelverkäufer) ø Jorge Martínez de Hoyos (Guía turístico / Fremdenführer) ø Salvador Quiroz (Lucilo Peña, padre de Albina / Albinas Vater) ø Cecilia Leger (Doña Clara, madre de Albina) ø José Muñoz (Don Esteban, el comisario / Kommissar) ø Diana Ochoa (Mujer de Manuel / Manuels Frau) ø Víctor Pérez (Felipe) ø José Jorge Pérez ø Polo Ramos ø Salvador Terroba ø Victoria Sastre ø „Trío Tamaulipeco“. Produktionsfirma: Producciónes Cinematográficas Isla, Mexiko. ø Produzenten: Manuel Altolaguirre, María Luisa Gómez Mena; Manuel Reachi (ungenannt). ø ProduktionsAssistenz: Alberto Danel. ø Produktionsleitung: Fidel Pizarro. ø Drehbeginn: 6. 8.1951. ø Drehorte: Estudios Cinematográficos del Tepeyac, Mexiko-Stadt; Originalschauplätze in Mexiko (Quantla, Acapulco). ø Format: 35 mm, schwarzweiß. ø Länge: 85 Min. ø FSK: 8.11.1971, Prüf-Nr. 44126, freigegeben ab 16 Jahren, feiertagsfrei (OmU-Fassung) (BRD). ø Uraufführung: 5. 5.1952, 5. Festival International du Film, Cannes. ø Mexikanische Erstaufführung: 26. 6.1952, Mexiko-Stadt, Mariscala. ø Deutsche Erstaufführung: 17. 7.1952, Filmkunsttage Heidelberg, Aula der Universität Heidelberg (SUBIDA AL CIELO ). ø Kinostart BRD: 26.11.1971 (DER WEG, DER ZUM HIMMEL FÜHRT ; OmU). ø Deutsche TV-Erstausstrahlung: 30. 6.1973, NDR / RB / SFB 3 (DER WEG, DER ZUM HIMMEL FÜHRT; OmU). Anmerkung: Der Film erhielt 1952 beim Filmfestival Cannes den Preis der Internationalen Filmkritik (FIPRESCI). Vor uns haben wir die beste Sittenkomödie, die in den heimischen Filmstudios über die mexikanische Landschaft und Umwelt entstanden ist. Es scheint aberwitzig, daß erst ein spanischer Regisseur kommen mußte, um auf der Leinwand das wahre Mexiko zu zeigen, wie es in einem kleinen Küstendorf vor sich hinlebt und -träumt. Dieser im höchsten Maße aufrichtige und außergewöhnlich künstlerische Film kommt ohne Fabel im eigentlichen Sinn daher. Die Handlung entsteht aus den Ereignissen und Zwischenfällen, die sich in einem Autobus auf der Reise zwischen zwei Orten der Pazifikküste zutragen. (…) Der 107 Filme als Regisseur Mexiko 1951/52. ø Regie: Luis Buñuel. ø Regie-Assistenz: Jorge López Portillo. ø Drehbuch: Manuel Altolaguirre, Juan de la Cabada, Luis Buñuel, nach einer Geschichte von Manuel Reachi und Manuel Altolaguirre. ø Dialoge: Lilia Solano Galeana, Juan de la Cabada. ø Kamera: Alex Phillips. ø Kamera-Führung: Leobardo Sánchez, Armando Carrillo. ø Beleuchtung: Eduardo Bringas. ø Spezialeffekte: Jorge Benavides, Edward Fitzgerald. ø Schnitt: Rafael Portillo. ø Ton: Jesús González Gancy, William W. Claridge. ø Ton-Aufnahme (Dialoge): Eduardo Arjona. ø Musik: Gustavo Pittaluga; Agustín Jiménez (Song „La Sanmarqueña“). ø Musikalische Leitung: Gustavo Pittaluga. ø Szenenbild: José Rodríguez Granada, Edward Fitzgerald. ø Requisite: Manuel L. Guevara. ø Kostüme: Georgette Somohano. ø Make-up: Felisa Ladrón de Guevara. ø Frisuren: Maria Luisa Bojorquez. ø Standfotos: Manuel Álvarez Bravo. SUBIDA AL CIELO : Esteban Márquez, Lilia Prado 58. Internationale Filmfestspiele Berlin 2008 Retrospektive Luis Buñuel SUBIDA AL CIELO humoristische und zugleich bittere Tonfall, mit dem Buñuel die einprägsamen Szenen der typischen einheimischen Umgebung darstellt, ist charakteristisch für die italienische Schule. Alle Figuren sind mit einer großen menschlichen und dramatischen Kraft gezeichnet und scheinen direkt aus dem Leben abgepaust. Aber einer der größten Verdienste dieser außergewöhnlichen Produktion ist die Aufrichtigkeit, mit der sie ausgeführt wurde. Alles hier ist unverfälscht, authentisch, ein getreues Spiegelbild der hiesigen dörflichen Umgebung – das ist die Technik des Regisseurs Luis Buñuel. (…) Besonderes Augenmerk verdienen die surrealistischen Szenen, persönliches und unverwechselbares Markenzeichen Buñuels in all seinen Filmen. In diesem Fall sind sie nicht wie Träume eingewoben, sondern wechseln zwischen Unbewußtheit und Gedankenverlorenheit. Der Protagonist [Esteban Márquez] scheint die Welt, die ihn umgibt, zu verlassen, um sich in Gedanken seinen ursprünglichen und wahren Sehnsüchten hinzugeben. (…) Wir gratulieren Buñuel zu diesem neuen künstlerischen Beitrag zum heimischen Kino. Abschließend können wir Ihnen – ohne zuviel zu behaupten – sagen, daß das nationale Kino noch keinen Film von solcher künstlerischer Qualität hervorgebracht hat, der sich mit SUBIDA AL CIELO messen könnte. (…) PAM in: Revista de Revistas, Semanario de Excélsior (Mexiko-Stadt), 6. 7.1952. Aus dem Archiv der Filmoteca Española, Madrid. Aus dem Spanischen übersetzt von Vera Thomas. Filme als Regisseur Ein Wunder! Dieser Film ist ein Wunder. (…) SUBIDA AL CIELO ist eine einfache, sehr komische Geschichte, von Buñuel 1951 in seiner mexikanischen Wahlheimat gedreht, zunächst für die, die dort ins Kino gehen. Wie alle seine „kleinen mexikanischen Filme“ (…) hat er alle Züge vom populären Kino mit Gesangs- und Tanznummern, mit Dialogen, die zu Sprüchen und Volksweisheiten geschrumpft sind, mit deftigen, anzüglichen Witzen. Sein Erzählschema: was einem passieren kann, wenn man eine Reise tut – genauer, in einem öffentlichen Verkehrsmittel, einem Bus. Der wird für die Zeit der Handlung zur Bühne eines kleinen Welttheaters. Der Film ist wie eine Parenthese, wie ein Klammersatz. Ein Umweg, der zu keinen neuen Zielen führt. Zu Beginn macht sich ein Brautpaar auf den Weg zur Hochzeitsnacht. Den Segen der 108 Brautmutter haben sie, was in jenen Gegenden Priester und Standesbeamten ersetzt. Das Gesetz des Vaters also spielt hier nicht die gewohnte Rolle. Die Mutter des Bräutigams aber liegt im Sterben, und sie hat Besitz zu vererben. Dazu muß ein Rechtsanwalt her, der hinter den Bergen in der Stadt wohnt. Ihn zu holen, muß der junge Mann vorzeitig seine Hochzeitsnacht abbrechen, verschieben. Auf dem Weg in die Stadt passiert alles nur Ausdenkbare. Pannen natürlich. Und es wird Tag und Nacht, die Sonne brütet und der Regen läßt die Flüsse anschwellen, ein Kind wird geboren, ein anderes stirbt, Geburtstag wird gefeiert, ein Wahlumzug organisiert, Tote werden zu Grabe geleitet. (…) Worüber man sich wundern kann: Daß bei einer Geschichte, die wirklich nur das Gerippe einer Geschichte ist, reduziert aufs Allerbekannteste und von jeglicher individueller Erfindung abstrahierend, ein Film herauskommt, den nicht nur Kenner nach wenigen Metern als einen von Buñuel identifizieren könnten. Was damit eng zusammengeht: In demselben Maß, in dem sich die Geschichte als absolut künstlich zu erkennen gibt, stellt sich eine Natürlichkeit ein, die mit der von nachahmender, realistischer Kunst nichts zu tun hat. Buñuel beschreibt zu Beginn sein Paradies, seinen Ort der Handlung knapp, als leite er einen Dokumentarfilm ein. Nur eine minimale Abweichung gestattet er sich. Erläuternd sagt er „wie“, macht Vergleiche. Die Einwohner leben von Kokospalmen, eine Kokospalme ist wie eine Milchkuh. Das ist wie der Bus, der sich in einen Dschungel verwandelt. Aufs Ganze des Films gesehen ist es wie die Reise übers Gebirge, die an die Stelle der Reise zur Insel tritt. Buñuel verwendet Grundformen allen Erzählens. Er setzt die Vorstellung in Bewegung. Das Wunder ist, daß Buñuel mit der simpelsten Geschichte ganz einfach Vorgänge beschreibt, denen man sonst so reduziert nur im Bereich der Theorie begegnet. Er karikiert mit seinem Film Erfindung. Er entkleidet den aufgeplusterten individuellen Schöpfungsmythos seiner falschen Federn. Mit dicken Strichen zieht er sein Schema nach, so daß die allgemeinen Normen des Erzählens sich zu erkennen geben. Die notorische Diskussionsfrage, wo Elitekultur aufhört und Massenkultur anfängt, hebt sich von selbst auf. (…) Frieda Grafe in: Süddeutsche Zeitung (München), 22./23.1.1972.