königs erläuterungen Band 304 Textanalyse und Interpretation zu Ulrich Plenzdorf die neuen leiden des jungen w. Rüdiger Bernhardt Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen Zitierte Ausgabe: Ulrich Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1976, zuletzt 2011 (suhrkamp taschenbuch 300), zitiert durch nachgestellte Seitenangabe. Bei Abweichungen oder Ergänzungen werden die Fassung aus der Zeitschrift Sinn und Form (1972, 2. Heft; als SuF und Seitenangabe) sowie die Dramatisierung (D und Seitenangabe) zitiert. Über den Autor dieser Erläuterung: Prof. Dr. sc. phil. Rüdiger Bernhardt lehrte neuere und neueste deutsche sowie skandinavische Literatur an Universitäten des In- und Auslandes. Er veröffentlichte u. a. Studien zur Literaturgeschichte und zur Antikerezeption, Monografien zu Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann, August Strindberg und Peter Hille, gab die Werke Ibsens, Peter Hilles, Hermann Conradis und anderer sowie zahlreiche Schulbücher heraus. Von 1994 bis 2008 war er Vorsitzender der Gerhart-Hauptmann-Stiftung Kloster auf Hiddensee. 1999 wurde er in die Leibniz-Sozietät gewählt. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. 2. Auflage 2013 ISBN: 978-3-8044-1977-3 PDF: 978-3-8044-5977-9; EPUB: 978-3-8044-6977-8 © 2012 by Bange Verlag GmbH, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelbild: Inszenierung in den Kammerspielen, DT Berlin, 1972 © Cinetext/Henschel Theater-Archiv Druck und Weiterverarbeitung: Tiskárna Akcent, Vimperk inhalt 1. Das Wichtigste auf einen Blick − Schnellübersicht 2. Ulrich plenzdorf: Leben und Werk 2.1Biografie 2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund Die DDR um 1970: veränderte Wertvorstellungen Der Generationswechsel in der DDR-Literatur Übersicht zu politisch-sozialen Ereignissen um 1970 Edgar Wibeau und seine Zeit Rezeption der Weimarer Klassik in der DDR Plenzdorfs Neue Leiden und der „sozialistische Realismus“ 2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken Literaturzensur in der DDR 3.Textanalyse und -Interpretation 3.1 Entstehung und Quellen 3.2Inhaltsangabe Eröffnung mit Anzeigen Erster Teil Zweiter Teil 6 11 11 15 15 17 22 23 24 27 29 32 34 34 45 46 46 48 3.3Aufbau Handlungszeit Edgars Konflikt Einsatz verschiedener literarischer Formen Vergleich mit Goethes Die Leiden des jungen Werther Die dramatische Anlage des Textes 3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken Edgar Wibeau Der Vater Wibeau Die Mutter Else Wibeau Charlotte (Charlie) Schmidt Dieter Schmidt Willi Lindner Zaremba Addi Berliner 3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen 3.6 Stil und Sprache 3.7Interpretationsansätze Die Arbeit als wesentliche Voraussetzung der Menschwerdung Edgars zufälliger, Werthers tragischer Tod Von der Natur zur urbanen Gestaltung Der Kontrast von Idylle und sozialer Gemeinschaft 53 53 55 56 58 62 67 67 70 71 71 73 73 73 74 75 91 96 96 98 102 103 4.Rezeptionsgeschichte Die Wirkung in beiden deutschen Staaten Beginn der Rezeption in der DDR Die Diskussion in Sinn und Form 1972/73 Die Fortsetzung der Diskussion Der Text in der Literaturgeschichtsschreibung Die Rezeption in der DDR-Literatur Ulrich Plenzdorf nach der Wende 104 104 105 109 111 113 115 117 5.Materialien 119 6.Prüfungsaufgaben mit musterlösungen 125 Literatur 140 Stichwortverzeichnis 145 1schnellübersicht 2ulrich plenzdorf: Leben und Werk 3Textanalyse und -interpretation 1. Das Wichtigste auf einen Blick − Schnellübersicht Damit sich jeder Leser in diesem Band zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, folgt hier eine Übersicht. Im 2. Kapitel wird Plenzdorfs Leben beschrieben und auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund verwiesen: Ulrich Plenzdorf lebte von 1934 bis 2007 vorwiegend in Berlin und Potsdam. Er studierte Dramaturgie und arbeitete erfolgreich als Film-Szenarist. Sein Text Die neuen Leiden des jungen W., der in verschiedenen Gattungen (Stück und Roman) vorliegt, wurde zu einem sensationellen Erfolg, weil er über das spezifische Leben Jugendlicher in der DDR hinaus das Zeitgefühl der JeansGeneration um 1970 adäquat beschrieb. Der Text wurde ein Dokument von Zeitthemen und ein umstrittener, aber wirkungsvoller Beitrag zur Beschäftigung mit dem Erbe der Weimarer Klassik in der DDR („Erbe-Diskussion“). S. 11 ff. S. 15 ff. S. 24 ff. Im 3. Kapitel geht es um die Textanalyse und -interpretation. Die neuen Leiden des jungen W. – Entstehung und Quellen: Aus dem Film-Szenarium (1968), das in der DDR zunächst nicht veröffentlicht werden konnte, entstand ein von konkreten Zeitumständen weitgehend befreiter Roman (bzw. Stück), der 1972 (unter günstigeren kulturpolitischen Umständen) zuerst in der DDR-Literaturzeitschrift Sinn und Form, ein Jahr später als Buch publiziert werden konnte. S. 34 ff. 6 Ulrich Plenzdorf 4Rezeptions­ geschichte 5materialien 6prüfungs­ aufgaben Der Text wurde zur literarischen Sensation zuerst in der DDR, dann in der gesamten deutschsprachigen Kulturszene. Neben Goethes Roman Die Leiden des jungen Werther orientierte sich Plenzdorf an J. D. Salingers Der Fänger im Roggen; Anregungen flossen aus J. Seyppels Columbus Bluejeans, H. Bölls Ansichten eines Clowns und D. Defoes Robinson Crusoe ein. S. 39 ff. S. 41 ff. Inhalt: Der 17-jährige Edgar Wibeau, der bei einem selbstverschuldeten Unfall in Berlin ums Leben gekommen ist, verfolgt kommentierend aus dem Jenseits die Nachforschungen seines Vaters. Die letzten Wochen in Edgars Leben sind bestimmt worden durch seinen Ausbruch aus kleinbürgerlicher Umgebung in der Provinz. In Berlin hat die Kindergärtnerin Charlie eine große Rolle gespielt. Die Beziehung zu ihr hat er seinem Freund Willi mit Hilfe von auf Tonbändern aufgenommenen Werther-Zitaten geschildert, denn ihm ist durch Zufall eine Ausgabe von Goethes Roman in die Hand gefallen. Werthers Liebe und Leiden hat er auf sich und Charlie projiziert und Parallelen zum eigenen Leben erkannt; nach seinem Tod sieht er seine Fehler ein. Bei dem Versuch, für die Malerbrigade, bei der er gejobbt hat, alleine ein nebelloses Farbspritzgerät zu bauen, hat er versehentlich einen tödlichen Stromschlag bekommen. S. 45 ff. Chronologie und Schauplätze: Die neuen Leiden des jungen W. spielen in der DDR um 1970, zuerst in der fiktiven Kleinstadt Mittenberg, dann in (Ost-)Berlin. Sie umfassen die letzten drei Monate (Ende September bis 24. Dezember) im Leben der Hauptfigur. die neuen leiden des jungen w. 7 S. 53 1schnellübersicht 2ulrich plenzdorf: Leben und Werk 3Textanalyse und -interpretation Aufbau: S. 53 ff. Der Text verwendet verschiedene literarische Strukturen (Anzeige, Dialog, Rollenprosa, Briefroman usw.): Er erscheint als Roman und als Stück (Drama), wobei die formalen Kriterien der literarischen Form hinter Edgars Kommentar, einem Bewusstseinsstrom ähnlich, zurücktreten. Dafür wird Goethes Briefroman zum Material, das Edgar für die Beschreibung seiner Situation nutzt. Der Text ähnelt in seinem Aufbau einem analytischen Drama. Personen: Die Hauptpersonen sind S. 67 ff. Edgar Wibeau, 17 Jahre alt, flieht aus einem Leben der vorgegebenen Normen, will Natürlichkeit leben, isoliert sich dabei von der Gemeinschaft und ist am eigenen Tod schuld. S. 70 f. Der Vater von Edgar, 36, ein verkrachter Maler, in Wirklichkeit Statiker, hat die Familie früh verlassen, versucht, das Schicksal seines toten Sohnen zu erfahren, hat dramaturgische Funktion des „Boten aus der Fremde“. S. 71 Die Mutter Else Wibeau, 45, Betriebsleiterin, versucht, Edgar an die Normen des Lebens heranzuführen, schränkt so seine Individualität ein und treibt ihn zur Flucht. 8 Ulrich Plenzdorf 4Rezeptions­ geschichte 5materialien 6prüfungs­ aufgaben Charlotte (Charlie) Schmidt, über 20, Kindergärtnerin und Edgars große Liebe, wird von ihm nach Werthers Charlotte Charlie genannt, versucht auf ihn einzuwirken, heiratet Dieter. S. 71 ff. Dieter Schmidt, 25, kehrt nach seinem freiwilligen Dienst in der NVA (Nationale Volksarmee der DDR) zurück und nimmt ein Studium auf; versucht, Edgar an die Alltäglichkeit und ihre Verpflichtungen, auch an Kunstgesetze heranzuführen, heiratet Charlie. S. 73 Willi Lindner, ebenfalls ca. 17, ist Edgars Freund, verhilft ihm zur Laube und wird sein Ansprechpartner (Tonbandbriefe) für die Liebesgeschichte mit Charlie. S. 73 Zaremba, über 70, personifiziert Fortschrittsglauben, Arbeitswillen und Gemeinschaftssinn; Edgars Vorbild, Spanien-Kämpfer und Kommunist. S. 73 f. Addi Berliner war Edgars Brigadeleiter und sein „bester Feind“, Edgars Gerät lässt ihn nicht los. S. 74 die neuen leiden des jungen w. 9 1schnellübersicht S. 91 ff. 2ulrich plenzdorf: Leben und Werk 3Textanalyse und -interpretation Stil und Sprache: Raffinierte Mischung unterschiedlicher sprachlicher Mittel: Edgar verwendet eine fiktive Jugendsprache um 1970; ergänzt durch literarische Sprache (aus Goethes Die Leiden des jungen Werther und aus Salingers Der Fänger im Roggen), kontrastiert mit der Fäkalsprache Edgars, der Umgangssprache in den Dialogen des Vaters und Dieters und der Funktionärssprache in Addis Dialogen und Reden als Brigadeleiter. Interpretationsansätze: S. 96 ff. Die Arbeit ist die wesentliche Voraussetzung der Menschwerdung des Menschen, Edgars späte Erkenntnis. Edgars Tod ist zufällig, Werthers Tod tragisch: Parallelität und Unterschiede der Biografien. Die Kommentierung des eigenen Todes ist ein genialer künstlerischer Einfall. Es vollzieht sich ein Ablösungsprozess von Natur zur urbanen Gestaltung, vom Alten zum Neuen. Parallel zu diesem Ablösungsprozess stehen sich Idylle und soziale Gemeinschaft gegenüber. Rezeptionsgeschichte: S. 104 ff. Die Wirkung war in beiden deutschen Staaten groß. Die Diskussionen in der DDR erfassten alle gesellschaftlichen Bereiche. unterschiedliche Beurteilung in Literaturgeschichten bis heute anhaltende Aktualität 10 Ulrich Plenzdorf 4Rezeptions­ geschichte 5materialien 6prüfungs­ aufgaben 2.1Biografie 2. Ulrich plenzdorf: Leben und Werk 2.1Biografie Jahr Ort Ereignis 1934 BerlinKreuzberg 26. Oktober: Ulrich (Richard) Plenzdorf wird als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren; der Vater Ewald P., Maschinenbauer, fotografierte für die „ArbeiterIllustrierte-Zeitung“. Die Eltern waren aktive KPD-Mitglieder und betätigten sich im antifaschistischen Widerstand, die Mutter Martha P. kam für ein Jahr ins KZ Mohringen. 1946 Berlin-West Schulbesuch. 1949– 1952 Himmelpfort, heute: Ortsteil Fürstenbergs (Brandenburg) Nach Scheidung der Eltern Schulbesuch im Internat „Schulfarm Scharfenberg“. Es herrschte Schuldemokratie: Die Schüler regierten, die Lehrer unterrichteten.1 1952 aufgelöst. Alter 12 15–18 1950 Berlin-Ost Umzug. 16 1954 BerlinLichtenberg Leipzig Abitur. 20 PotsdamBabelsberg Bühnenarbeiter bei der DEFA. Praktische Erfahrung für die spätere Filmarbeit. 1955 1955– 1958 1 Drei Semester Studium der Philosophie (Marxismus-Leninismus) am Franz-Mehring-Institut der Karl-MarxUniversität, Mitglied der SED. Texte für ein Hochschulkabarett. Gibt Studium auf wegen „klosterartiger“ Paukerei. Heirat mit Helga geb. Lieske, drei Kinder. 21 21–24 Ausführlich dazu Plenzdorf in dem mdr-Feature von Tobias Barth (s. Literaturverzeichnis). die neuen leiden des jungen w. 11 Ulrich Plenzdorf im Jahr 1979 (1934−2007) © ullstein bild – B. Friedrich 1schnellübersicht 2ulrich plenzdorf: Leben und Werk 3Textanalyse und -interpretation 2.1Biografie Jahr Ort 1958– 1959 Ereignis Alter Freiwilliger Dienst in der NVA (Nationale Volksarmee). 24–25 25–29 1959– 1963 Babelsberg Studium der Dramaturgie an der Filmhochschule. 1963 Babelsberg Abschlussarbeit Mir nach, Canaillen!, von Ralf Kirsten verfilmt, Hauptrolle: Manfred Krug. Großer Publikumserfolg. 29 1964 Babelsberg Szenarist und Dramaturg. Szenarium Karla, Film (Regie: Hermann Zschoche) wurde nach dem 11. Plenum 1965 nicht beendet. Uraufführung erst 1990. 30 1968– 1969 Erstes Szenarium für Die neuen Leiden des jungen W. (Urfassung) mit der Dramaturgin Inge Heym. 34–35 1971 Heinrich-Greif-Preis und Kunstpreis des FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund), beide Auszeichnungen im Kollektiv für Kennen Sie Urban?. Regie: Ingrid Meyer-Reschke. 37 1972 Halle (Saale) Veröffentlichung Die neuen Leiden des jungen W. in Sinn und Form (2. Heft; März); 18. Mai: Uraufführung nach der „Filmerzählung“ Die neuen Leiden des jungen W. (Regie: Horst Schönemann). 38 1973 Berlin Heinrich-Mann-Preis (Akademie der Künste). Aufnahme in den Schriftstellerverband der DDR. Buchausgabe der erweiterten Prosa­ fassung Die neuen Leiden des jungen W. 39 1974 Die Legende von Paul & Paula (Filmdrehbuch). 40 19741975 Plenzdorfs Neue Leiden sind das meistgespielte Gegenwartsstück in beiden deutschen Staaten. Rostock 12 40–41 Ulrich Plenzdorf 4Rezeptions­ geschichte 5materialien 6prüfungs­ aufgaben 2.1Biografie Jahr Ort Ereignis 1975 Leipzig Buridans Esel (46 Szenen nach Günter de Bruyns Roman); Uraufführung: Leipziger Kammerspiele. 41 Fernsehfassung Die neuen Leiden des jungen W., Regie: Eberhard Itzenplitz, Erstausstrahlung ARD 20. 4. 1976; Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns; Austritt aus der SED. 42 1976 Alter 1978 Klagenfurt Plenzdorf erhält den Ingeborg-Bachmann-Preis für kein runter kein fern (Hörspiel), entstanden 1974, Buchausgabe 1979 (Hamburg). 44 1979 Rostock Legende vom Glück ohne Ende (Roman im Hinstorff-Verlag). Als „Spiel nach dem gleichnamigen Roman“. 45 Jacob-Kaiser-Preis für das Drehbuch (mit Erich Loest) Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene. 48 1982 1983 Schwedt Legende vom Glück ohne Ende uraufgeführt (Regie: Freya Klier). 49 1984 Karl-MarxStadt Legende vom Glück ohne Ende zum zweiten Mal inszeniert im Schauspielhaus Karl-Marx-Stadt (Regie: Irmgard Lange). Lesereisen in die Bundesrepublik. 50 1988 Berlin Freiheitsberaubung (nach Günter de Bruyn), Uraufführung Theater im Palast, Regie: Vera Oelschlegel. 54 Zeit der Wölfe (Drama) nach Tschingis Aitmatows Roman Die Richtstatt, Uraufführung am 29. September in Altenburg, Potsdam und Berlin. 55 1989 die neuen leiden des jungen w. 13 1schnellübersicht 2ulrich plenzdorf: Leben und Werk 3Textanalyse und -interpretation 2.1Biografie Jahr Ort 1991 Ereignis Alter Hüpf, Häschen, hüpf! oder Alptraum eines Staatsanwalts (Drehbuch, Regie: Christian Steinke), Erstsendung 3. 10. 1991 ARD, dafür: Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste. 57 Mitglied der Akademie der Künste. 58 1993 Als Nachfolger von Jurek Becker Autor einer dreizehnteiligen Staffel von Liebling Kreuzberg mit Manfred Krug als Rechtsanwalt Liebling. Sendebeginn: Januar 1994. 59 1995 Der Trinker (nach Hans Falladas Roman), Regie: Tom Toelle; Adolf-Grimme-Preis. 61 1998 Drehbuchmitautor für Erwin Strittmatters Der Laden, dreiteiliger Fernsehfilm gesendet im November/Dezember (ARD, Regie: Jo Baier). 64 1992 Berlin 2001 Potsdam Der König und sein Narr (Schauspiel nach dem Roman Martin Stades), Uraufführung am 27. Januar im Theater Potsdam. 67 2004 Leipzig Gastdozentur am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. 70 2007 Berlin 9. August: Plenzdorf stirbt nach längerer Krankheit in einer Klinik nahe Berlin. Beigesetzt wird er in Alt Rosenthal (bei Seelow in Brandenburg), wo er neben Berlin-Mitte seit den 1970-er Jahren seinen zweiten Wohnsitz hatte. 72 14 Ulrich Plenzdorf 4Rezeptions­ geschichte 5materialien 6prüfungs­ aufgaben 2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund 2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund Zusammen- 1971 begann in der DDR nach der Ablösung Walter Ulbrichts durch Erich Honecker eine Entwicklung, die unter dem Motto der „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ Erwartungen und Hoffnungen bei der jüngeren Generation weckte. International steigerte sich der Protest gegen die verheerenden Bombardierungen Vietnams durch die USA. Zum Verständnis des Textes werden aus dieser thematischen Breite drei zeitgeschichtliche Vorgänge herausgestellt, die sich in ihm wiederfinden: innenpolitisch: die Veränderung der Wertvorstellungen in der DDR außenpolitisch: der Generationswechsel und der „Prager Frühling“ von 1968 kulturpolitisch: Erbe- und Traditionspflege der deutschen Klassik in der DDR Alle drei Vorgänge prägten 1968 die öffentliche Diskussion in der DDR und wirkten sich auf Plenzdorfs Text aus. fassung Die DDR um 1970: veränderte Wertvorstellungen Der erste zeitgeschichtliche Vorgang, der für Plenzdorfs Text wichtig ist, war der sich verändernde Wertekanon um 1970. Die junge Generation ostdeutscher Autoren, die im „Dritten Reich“ geboren worden war, dann ihre entscheidenden Jahre in der DDR verbrachte und sich – wie Ulrich Plenzdorf, Christa Wolf u. a. – mit dem Sozialismus und der DDR identifizierte, suchte Ende der sechziger Jahre nach eigenen Wertvorstellungen und geriet mit der (herrschenden) älteren Generation, die nach dem Zweiten die neuen leiden des jungen w. 15