Praktikum/Skript Teil 2

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Prof. Dr. Christian F. W. Becker
Biologisch-Chemisches
Praktikum, Teil B
2. Abschnitt
Peptid- und Proteinchemie
Inhaltsverzeichnis
Arbeitsplan ............................................................................................................................................ 3
Wichtige Hinweise................................................................................................................................. 4
1. Peptidsynthese: theoretischer Hintergrund ......................................................................................... 5
1.1 Fmoc-Aminosäuren ....................................................................................................................... 5
1.1.1 Darstellung der Fmoc-Aminosäuren ....................................................................................... 5
1.2 Festphasensynthese linearer Peptidbausteine (SPPS) ................................................................ 5
1.2.1 Kopplung von Aminosäuren .................................................................................................... 6
1.2.2 Fmoc-Entschützung ................................................................................................................ 6
1.2.3 Abspaltung des Peptids vom Harz .......................................................................................... 7
1.3 Gebräuchliche permanente Schutzgruppen der Fmoc-Chemie.................................................... 8
1.4 Literatur ......................................................................................................................................... 9
2. Praktischer Teil: Festphasensynthese eines peptidischen Proteaseinhibitors ................................... 9
3. Proteasen und Inhibitoren: theoretischer Hintergrund ...................................................................... 11
3.1 Proteasen .................................................................................................................................... 11
3.2 Proteaseinhibitoren ..................................................................................................................... 12
4. Praktischer Teil: Inhibition der Proteaseaktivität von Trypsin ........................................................... 12
5. Chemische Modifikation von Proteinen: theoretischer Hintergrund.................................................. 14
5.1 Markierung von Proteinen ........................................................................................................... 15
5.2 SDS-PAGE .................................................................................................................................. 15
6. Praktischer Teil: Fluoreszenzmarkierung eines Proteins.................................................................. 15
7. Struktur, Faltung und Stabilität von Proteinen: theoretischer Hintergrund …………………………....19
8. Praktischer Teil: Nicht-kovalente Kräfte in Proteinen…………………………………………………….25
9. Praktischer Teil: Änderung des pKa Wertes von Riboflavin-analoga bei Proteinbindung…………….27
-2-
ARBEITSPLAN
Bereiten Sie sich gründlich auf den jeweiligen Praktikumstag vor! Dies umfasst mindestens das
gewissenhafte Durcharbeiten der relevanten Kapitel dieses Skripts, das Verständnis der
vorkommenden Reaktionsmechanismen sowie das Nachschlagen erwähnter Chemikalien, bei
welchen Ihnen Struktur, Funktion, Gefahrenpotential etc. nicht klar sind.
1. Tag
12.00 Uhr:
danach:
Einführung
Festphasensynthese eines Protease-Inhibitors (Kap. 2)
Isolierung des Phycobiliproteins aus Spirulina (Kap. 8.1)
Der Tag endet mit der Trocknung des Peptidharzes und der Lagerung der
Proteinlösung im Kühlschrank.
2. Tag
12.00 Uhr:
danach:
Einführung
Abspaltung des Peptids (Ende Kap. 2)
Protein-Denaturierungsstudien (Kap. 8.2)
Sobald das Peptid abgespalten wurde, soll eine Peptidprobe für die LCMS-Analyse entnommen werden und dem Betreuer gegeben werden.
Den Rest der Peptidlösung geben Sie bitte dem Betreuer zum Trocknen in
einem verschließbaren Glasgefäß ab.
3. Tag
12.00 Uhr:
danach:
Einführung
Protease-Inhibitionsversuch (Kap. 4)
pKa Werte von Riboflavin-analoga (Kap. 9)
bzw.
Proteinmarkierung (Kap. 6)
4. Tag
12.00 Uhr:
Protease-Inhibitionsversuch (Kap. 4)
pKa Werte von Riboflavin-analoga (Kap. 9)
bzw.
Proteinmarkierung (Kap. 6)
-3-
WICHTIGE HINWEISE
Für die erfolgreiche und sichere Durchführung des Praktikums ist es unbedingt notwendig, dass
Sie sich über Arbeitsvorschriften, Sicherheitsbestimmungen zu den Chemikalien etc.
informieren. Bitte beachten Sie ferner folgende, aus Erfahrungswerten resultierende
Anmerkungen:
-
-
-
-
-
-
Sollten Sie sich trotz Ihrer Bemühungen um ausreichende Information nicht sicher
fühlen im Umgang mit einem Gerät, einer Chemikalie o. a., fragen Sie bitte unbedingt
einen der Saalbetreuer um Rat und probieren nicht, ob es „auch so geht“!
Oftmals gibt die Gerätebeschriftung genauen Aufschluss darüber, welche Limitierungen
gelten, vgl. Pipetten: eine 1 ml Pipette hat ein maximales Fördervolumen von 1 ml, ihre
Präzision ist mit 100 µl nach unten ebenfalls begrenzt (Beschriftung: 1000-100). Das
Einstellen von Volumina > 1 ml oder < 100 µl zerstört das Gerät!
Ordnung ist in einem guten Labor unablässlich. Entsorgen Sie sobald wie möglich
gebrauchte Materialien sowie nicht mehr benötigte Reste entsprechend ihren
Bestimmungen. Insbesondere versehentlich verschüttete Lösungen sind unverzüglich
zu entfernen. Nur chemisch eindeutig nicht kontaminierte Materialien dürfen als
gewöhnlicher Abfall entsorgt werden! Für alle anderen Fälle stehen Behälter unter den
Abzügen bereit.
Vorsicht bei der Arbeit mit Nadeln - Verletzungsgefahr! Nadeln sind separat in
entsprechend beschriftete Behälter zu entsorgen.
sämtliche Reaktionslösungen dieses Praktikums sind zur einmaligen Verwendung
gedacht und anschließend zu entsorgen. Keine Lösung, ob selbst angesetzt oder
gebrauchsfertig ausgegeben, wird wiederverwendet!
Abzüge schützen Sie vor dem Einatmen gesundheitsschädlicher Stoffe etc. Dazu ist es
unablässlich, dass die Abzüge gemäß ihren Bestimmungen betrieben werden: die
horizontal verschiebbaren Fenster der Frontscheibe müssen jederzeit vollständig
geschlossen sein, die Front selbst darf nur bis zum Einrasten (etwa 1/3 der
Maximalhöhe) nach oben geöffnet werden, nicht darüber hinaus!
Arbeiten Sie weitgehend kontaminationsfrei, indem Sie benutzte Handschuhe
entsorgen, mit Handschuhen keine Türklinken, Computertastaturen u. a. berühren, was
nach Ihnen jemand mit bloßen Händen anfassen könnte. Laborkittel und Schutzbrille
sind im Labor durchgehend zu tragen, bei Verlassen des Labors jedoch abzulegen.
Mehrfach benutzte Gefäße etc., beispielsweise Boxen mit Pipettenspitzen, müssen
nach Benutzen wieder verschlossen werden, um Kontamination zu vermeiden.
Insbesondere Proteine, jedoch ebenso Chemikalien und Proben allgemein sind
empfindlich. Verwenden und behandeln Sie diese daher vorsichtig, indem Sie sie so
kurz wie möglich öffnen, mit Handschuhen anfassen (z. B. Proteine: Schutz vor
menschlichen Proteasen), ordnungsgemäß lagern (z. B. Lichtausschluss, Proteine auf
Eis usw.; jeweils sofern nicht anders angegeben), bei geöffneten Proben nicht sprechen
(Tröpfchen-„Infektion“) etc.
-4-
1. PEPTIDSYNTHESE: THEORETISCHER HINTERGRUND
1.1 Fmoc-Aminosäuren
Die Schutzgruppe (SG) 9-Fluorenylmethoxycarbonyl (Fmoc) zeichnet sich durch ihre
Basenlabilität aus. Sie ist in der Festphasenpeptidsynthese (Solid Phase Peptide Synthesis,
SPPS) besonders als temporäre SG für den N-Terminus von Aminosäuren geeignet, wenn
orthogonal dazu an der Seitenkette permanente SG eingesetzt werden (z. B. säurelabile[1]).
Die gebräuchlichsten säurelabilen permanenten Seitenketten-SG sind vom tert-Butyl-Typ: tertButyloxycarbonyl (Boc) für Amine, tert-Butylester (t-Bu) bzw. -ether für Säuren bzw. Alkohole.
Es finden je nach Bedarf auch andere Seitenketten-SG Verwendung (siehe Kap. 3), z. B.
hydrogenolytisch spaltbare (Z bzw. Bzl-Ester/Ether).
1.1.1 Darstellung der Fmoc-Aminosäuren
Als Reagenzien zur Einführung der Fmoc-SG werden aktivierte Fmoc-Derivate wie Fmocchlorid und Fmoc-ONSu[2,3] (ONSu = N-Oxysuccinimid) eingesetzt. Die Reaktion mit Fmoc-Cl
wird in Dioxan/Wasser mit 10% Na2CO3 durchgeführt (Abb. 1). Durch die Base wird die
Aminogruppe der als Zwitterion vorliegenden Aminosäure deprotoniert und somit deren
Nukleophilie erhöht. Der Angriff der Aminofunktion am Carbonylkohlenstoffatom von Fmoc-Cl
verläuft nach einem SN-Mechanismus, wobei Cl- als Abgangsgruppe fungiert. Die geschützte
Aminosäure wird durch Ansäuern mit HClkonz auf pH 2.0 erhalten.
O
O
H3N
O
Cl
COO
+
R
Na2CO3
Dioxan
- HCl
O
R
N
H
COOH
Abb. 1: Einführung der Fmoc-Schutzgruppe via Fmoc-Cl
1.2 Festphasensynthese linearer Peptidbausteine (SPPS)
Die Synthese der linearen Peptidbausteine wird nach der von Merrifield 1963 entwickelten
Festphasensynthese[4-6] an einem unlöslichen, polymeren Träger (mit 1 % m-Divinylbenzol
quervernetztes Polystyrol-Harz) durchgeführt; diverse Linker zur Anknüpfung des Peptids sind
erhältlich, etwa PEG-basierte als NovaSyn® TG Harz. Je nach Beschaffenheit muss das Harz
mindestens 30 Min. im Lösungsmittel (z. B. DMF) vorgequollen werden. Die Peptidsynthese
erfolgt nach der Fmoc-Strategie[1]. Dazu wird die α-Carboxylgruppe von N-terminal Fmocgeschützten Aminosäuren aktiviert und nachfolgend an den freien Aminoterminus des Harzes
gekoppelt (Abb. 2). Nach Fertigstellung des linearen Peptids werden die permanenten SG
während der Abspaltung des Peptids vom Harz entfernt (das hier verwendete NovaSyn-Harz
hat dabei eine besondere Chemie, siehe Abb. 2a). Je nach Linkerbeschaffenheit,
Abspaltungsbedingungen oder auch beabsichtigten weiteren Modifikationen des Peptids (z. B.
Glykosilierung, Zyklisierung etc.) müssen besondere orthogonale SG gewählt werden.
-5-
Piperidin
DMF
HBTU
DIEA
in
DMF
Abb. 2: Peptid-Festphasensynthese (Fmoc) und abschließende Abspaltung des Peptids
Abb. 2a: Abspaltungsmechanismus eines Peptids von einem NovaSyn® TG Harz.
1.2.1 Kopplung von Aminosäuren
Die Kopplung der N-Fmoc-Aminosäuren erfolgt nach HBTU-Aktivierung[7] und in Gegenwart der
Base Diisopropylethylamin (DIEA, Hünig Base). DMF hat sich als ausgezeichnetes
Lösungsmittel für HBTU und Fmoc-Aminosäure-Derivate bewährt. Unter diesen Reaktionsbedingungen wird intermediär der Hydroxybenzotriazol-Aktivester (Abb. 3) der N-Fmoc-6-
Aminosäure erhalten, der von der am Harz befindlichen freien Aminofunktion nukleophil
angegriffen wird - somit entsteht die Amidbindung.
Da pro gekoppeltem Äquivalent Aminosäure ein Äquivalent Säure frei wird, sinkt der pH-Wert
mit der Zeit. Ein Überschuss an Base wird zugegeben, um die freigesetzte Säure zu
neutralisieren. Bei zu hohem pH-Wert besteht allerdings die Gefahr der Epimerisierung und der
Fmoc-Entschützung der Aminosäure. Die Kopplungsdauer hängt entscheidend von dem
sterischen Anspruch (Seitenketten-Verzweigung) oder N-Alkylierung (z.B. Prolin) der am Harz
befindlichen N-terminalen Aminosäure ab sowie vom eingesetzten Aminosäureüberschuss. Ein
Kopplungszyklus dauert 10 bis 60 Min. Besonders anspruchsvolle Situationen erfordern eine
Doppelkopplung der betroffenen Aminosäure oder andere Maßnahmen, wie den Einsatz
anderer Aktivierungsreagenzien (z. B. HATU), eines anderen Lösungsmittel(gemisch)s oder
erhöhte Temperatur.
Die Vollständigkeit der Reaktion kann mit dem Kaiser-Test (Ninhydrin-Test[11]) überprüft
werden. Falls eine Kopplung an Prolin vorgenommen wird, wird die Vollständigkeit der Reaktion
via Isatin-Test überprüft. Bei teuren und/oder anspruchsvollen Synthesen kann die
Vollständigkeit der Kopplung zudem durch HPLC- und MS-Analysen überprüft werden. Dazu
wird eine kleine Menge Harz entnommen und das bisher synthetisierte Peptidfragment
abgespalten.
1.2.2 Fmoc-Entschützung
Zur Kettenverlängerung wird die Fmoc-Schutzgruppe mit der sekundären Base Piperidin (20%
Piperidin in DMF) in einem zweistufigen Prozess abgespalten (Abb. 4). Piperidin abstrahiert
das Proton der Fmoc-Gruppe unter Bildung eines resonanzstabilisierten CarbanionIntermediates (vergleiche Cyclopentadienyl-Anion). In einer nach einem E1cB-Mechanismus
verlaufenden Reaktion werden Dibenzofulven und Kohlendioxid eliminiert. Unter Ausbildung
eines Dibenzofulven-Piperidin-Adduktes dient Piperidin weiterhin als Fänger („scavenger“) für
das zuvor gebildete Dibenzofulven. Die Verwendung von polaren Lösungsmitteln (z. B. DMF)
beschleunigt die Entschützung.
HBTU
DIEA
Abb. 3: Bildung des Aktivesters mit anschließender Peptidkopplung
-7-
DMF
Abb. 4: Abspaltung der Fmoc-Schutzgruppe mit Piperidin
1.2.3 Abspaltung des Peptids vom Harz
In der Regel muss nach vollständiger Peptidsynthese eine finale Fmoc-Entschützung
durchgeführt werden, da der N-Terminus anderenfalls aufgrund der säurekatalysierten
Peptidabspaltung geschützt bleibt. Die Bindung des linearen Peptids an den Linker des
NovaSyn® TG Harzes wird mit einem Acetonitril-Wasser-TFA-Gemisch (60:40:0.1 v/v)
gespalten. Dabei werden einige säurelabile, permanente SG nicht abgespalten (z. B. Boc) und
müssen folglich zuvor entschützt werden. Somit entfällt das Abfangen reaktiver Kationen,
welche unerwünschte Modifikationen am Peptid verursachen können (z. B. Alkylierung
aromatischer Seitenketten) verursachen und sonst mit geeigneten Radikalfängern wie z. B.
Triisopropylsilan (TIS) und/oder H2O abgefangen werden müssen.[9,10]
Viele Peptide sind in der Abspaltlösung exzellent löslich und können daher direkt
charaktierisiert (HPLC und Massenspektrometrie wie z. B. ESI oder MALDI) und ggf. auch
aufgereinigt werden.
1.3 Gebräuchliche permanente Schutzgruppen der Fmoc-Chemie
O
HN
O
O
Ser
Ser(t-Bu)
O
Asp
Lys
Asp(t-Bu)
Lys(Boc)
Abb. 5: tert-Butyl-Typ (säuresensitiv)
-8-
O
O
HN
O
O
O
O
Ser
Ser(Bzl)
Asp
Lys
Asp(Bzl)
Lys(Z)
Abb. 6: Benzyl-Typ (hydrogenolytische Abspaltung)
O
HN
O
O
O
Asp
Lys
Lys(Alloc)
Asp(All)
Abb. 7: Allyl-Typ (Abspaltung über Isomerisierung)
1.4 Literatur
Als thematische Grundlage wird empfohlen: John Jones, Basistext Chemie - Synthese von
Aminosäuren und Peptiden, VCH-Verlag (1992)
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
G. B. Fields, R. L. Noble, Int. J. Pept. Protein Res. 35 (1990) 161-214.
A. Paquet, Can. J. Chem. 60 (1982) 976-980.
P. B. W. T. Kortenaar, B. G. V. Dijk, J. M. Peeters, B. J. Raaben, P. J. H. M. Adams, G. I. Tesser, Int. J. Pept.
Protein Res. 27 (1986) 398 - 400.
R. B. Merrifield, J. Am. Chem. Soc 85 (1963) 2149 - 2154.
J. M. Steward, J. D. Young, Solid Phase Peptide Synthesis, Freeman & Co., San Francisco 1969.
R. B. Merrifield, Angew. Chem. 97 (1985) 801 - 812.
R. Knorr, A. Trzeciak, W. Bannwarth, D. Gillessen, Tetrahedron Lett. 30 (1989) 1927 - 1930.
L. A. Carpino, A. El-Faham, F. Albericio, Tetrahedron Lett. 35 (1994) 2279-2282.
D. A. Pearson, M. Blanchette, M. L. Baker, C. A. Guindon, Tetrahedron Lett. 30 (1989) 2739-2742.
A. Stierandová, N. F. Sepetov, G. V. Nikiforovich, M. Lebl, Int. J. Peptide Protein Res. 43 (1994) 31-38.
E. Kaiser, R. L. Colescott, C. D. Bossinger, P. I. Cook, Analytical Biochemistry 34 (1970) 595-598
__________________________________________________________________________________________
-9-
2. PRAKTISCHER TEIL:
FESTPHASENSYNTHESE EINES PEPTIDISCHEN PROTEASEINHIBITORS
H 2N
HN
NH
NH
HN
O
O
HO
C
NH2
H
N
H
C
HN
NH
CH2
N
H
O
O
O
Abb. 8: Antipain.
Im Rahmen des Praktikums synthetisieren Sie einen Proteasehemmer (Antipain, Abb. 8) mittels
der Fmoc-Strategie im 0.02 mmol Maßstab. Das zweite Arginin tauschen Sie gegen Lysin aus
(somit synthetisieren Sie streng genommen ein Analogon), eine ebenfalls basische
Aminosäure, und beobachten im Folgeversuch ggf. resultierende Veränderungen hinsichtlich
der Protease-inhibierenden Aktivität.
Sie erhalten eine Synthesespritze mit 0.02 mmol in DMF vorgequollenem Harz, welches mit
der ersten Aminosäure Arginin vorbeladen ist (H-Arg(Boc)2-NovaSyn TG). Das Harz beinhaltet
bereits die notwendige Aldehydfunktion, welche oft in Proteasehemmern vorkommt, und
ermöglicht eine schnelle, schonende Abspaltung des fertigen Peptids.
Es folgt die Kopplung der Aminosäure Valin nach HBTU-Aktivierung für 45 Min:
1. 0.1 mmol Fmoc-Val-OH (MW: 339.4 Da) + 180 µl HBTU (MW: 379.3 Da; 0.5 M in DMF) in 2
Min. lösen.
2. 50 µl DIEA für 1 Min. dazugeben; die Aminosäure muss vollständig gelöst sein!
3. DMF vollständig aus der Spritze drücken, Nadel aufsetzen und dann die Kopplungslösung
aufziehen; dabei eine kleine Luftblase entstehen lassen - dies hilft bei der Durchmischung!
4. Spritze (ohne Nadel!) verschließen und für 45 Min. auf dem Rotator installieren
5. Reaktionslösung aus der Spritze drücken, gründlich mit DMF waschen (5x Spritze mit DMF
voll aufziehen), abschließend DMF aus der Spritze drücken
Die Fmoc-Schutzgruppe wird mit Piperidin entfernt:
1. Spritze mit Piperidinlösung (20% in DMF) voll aufziehen, Spritze verschließen, 3 Min.
Reaktionszeit auf Rotator, Lösung ausdrücken
2. Frische Piperidinlösung aufziehen, Spritze verschließen, 7 Min. Reaktionszeit auf Rotator,
Lösung ausdrücken
3. Mit 10 Spritzenvolumina DMF waschen (s.o.)
Die nachfolgende Aminosäure Fmoc-Lys(Boc) wird unter vergleichbaren Bedingungen
gekoppelt:
1. 0.1 mmol Fmoc-Lys(Boc)-OH (MW: 468.5 Da) + 180 µl HBTU in 2 Min. lösen.
2. 50 µl DIEA für 1 Min. dazugeben; die Aminosäure muss vollständig gelöst sein!
- 10 -
3. DMF aus der Spritze drücken und dann die Kopplungslösung aufziehen
4. Spritze verschließen und für 45 Min. auf dem Rotator installieren
5. Reaktionslösung aus der Spritze drücken, gründlich mit DMF waschen, abschließend DMF
aus der Spritze drücken
Die Fmoc-Schutzgruppe wird wiederum vergleichbar mit Piperidin entfernt:
1. Piperidinlösung aufziehen, Spritze verschließen, 3 Min. Reaktionszeit, Lösung ausdrücken
2. Frische Piperidinlösung aufziehen, Spritze verschließen, 7 Min. Reaktionszeit, Lösung
ausdrücken
3. Mit 10 Spritzenvolumina DMF waschen
Es folgt die Kopplung der modifizierten Aminosäure isocyano-Phe-OMe für 60 Min:
1. DMF aus der Spritze drücken, 0.1 mmol isocyano-Phe-OMe (200 µl der ausgegebenen 0.5 M
Lösung) aufziehen
2. Spritze verschließen und für 60 Min. auf dem Rotator installieren
3. Reaktionslösung aus der Spritze drücken, gründlich mit DMF waschen (5x Spritze mit DMF
voll aufziehen), abschließend DMF aus der Spritze drücken
4. Gründlich mit DCM waschen, abschließend DCM aus der Spritze drücken
Die verbliebenen Boc-Schutzgruppen werden mit TFA entfernt:
1. Spritze mit konzentrierter TFA (TFA:TIS, 97.5:2.5 v/v) vollständig aufziehen, verschließen,
15 Min. Reaktionszeit
2. TFA aus der Spritze drücken und Schritt 1 wiederholen
3. Reaktionslösung aus der Spritze drücken, gründlich mit DCM waschen (10x Spritze mit DCM
voll aufziehen), DCM aus der Spritze drücken
Die Peptidabspaltung vom Harz erfolgt mit einem Acetonitril-Wasser-Gemisch:
1. 1 ml ACN/H2O/TFA (60:40:0.1 v/v) aufziehen, verschließen, 1 Std. Reaktionszeit
2. Geben Sie die Abspaltlösung in ein Glasgefäß
3. Spritze erneut mit 1 ml ACN/H2O/TFA waschen, mit Abspaltlösung vereinen; 50 µl für eine
LC-MS-Analyse entnehmen; den Rest der Lösung geben Sie den Betreuern zum Trocknen.

Zeichnen Sie den Reaktionsmechanismus zur Bildung eines Dipeptids: Aktivierung
einer Aminosäure → Kopplung/Bildung des Dipeptids → Fmoc-Entschützung und
Abspaltung des Peptids vom NovaSyn-Harz
__________________________________________________________________________________________
Allgemeine Informationen
Zwei Schnelltests erlauben die Beurteilung der Vollständigkeit einer Aminosäure-Kopplung.
Dabei komplexieren freie Aminogruppen mit Ninhydrin (Kaiser-/ Ninhydrintest) bzw.
Iminogruppen mit Isatin (Isatintest), was sich in einer deutlichen Blau-/ Dunkelfärbung zeigt.
Die nachfolgenden Versuchsbeschreibungen dienen lediglich der Information und sind
nicht Teil des Praktikums.
Kaisertest: Zur Überprüfung wird ein wenig Harz (1 - 2 Tropfen; nach Kopplung, Boc/Fmoc
- 11 -
nicht entschützt!) aus dem Reaktionsgefäß in eine Spritze mit Fritte gegeben, mit DCM und
nachfolgend Methanol gewaschen, kurz im Exsikkator vakuumgetrocknet und dann in
Reagenzglas überführt. Nach Zugabe von je 30 µl Phenol/Ethanol, Ninhydrin/Ethanol, 1 mM
KCN/Pyridin wird das Reagenzglas auf mindestens 60 °C erhitzt. Tritt innerhalb von 2 Min. eine
blau-braune Färbung auf (Hinweis auf primäre Amine!), so ist die Kopplung nicht vollständig.
Isatintest (falls Prolin als vorherige Aminosäure gekoppelt wurde): Analog zum Kaisertest wird
ein wenig Harz mit Isatin-Lösung versetzt. Tritt bei 60 °C innerhalb von 2 Min. eine dunkle
Färbung auf, so ist die Kopplung nicht vollständig.
__________________________________________________________________________________________
3. PROTEASEN UND INHIBITOREN: THEORETISCHER HINTERGRUND
3.1 Proteasen
Körperfremde, potentiell schädliche Proteine werden von als Proteasen bezeichneten
Proteinen/Enzymen unschädlich gemacht. Ferner werden so in der aufgenommenen Nahrung
enthaltene, für den Körper wertvolle Bausteine erschlossen: nach einer bestimmten
Erkennungssequenz wird die Protease aktiv und schneidet das Zielprotein an dieser Stelle. Je
nach Häufigkeit der Erkennungssequenz in einem Zielprotein zerfällt dieses in zwei oder mehr
Teile, wird somit z. B. inaktiv (wichtig im Fall pathogener Fremdproteine) oder ermöglicht die
Weiterverarbeitung brauchbarer Bausteine im Stoffwechsel.
Ein bekannter Vertreter der Proteasen ist das Verdauungsenzym Trypsin, welches z. B. im
Dünndarm des Menschen vorkommt und dort Eiweiße aus der Nahrung zersetzt. Das Enzym
gehört zur Gruppe der Serinproteasen, wobei sich die Nomenklatur nach der essentiellen
Aminosäure im aktiven Zentrum der Proteasen richtet. Trypsin schneidet bevorzugt in Regionen
mit hohem Vorkommen basischer Aminosäuren (Lysin, Arginin). Wie jedes Enzym besitzt
Trypsin einen Bereich optimaler Aktivitätsbedingungen (pH 7-8, 37 °C).
3.2 Proteaseinhibitoren
Für die mannigfaltigen Vertreter der Proteasen existiert eine Reihe an Inhibitoren. Diese
umfassen verschiedene Molekülklassen und werden sowohl synthetisch erschlossen (z. B.
HIV-Inhibitoren) als auch natürlich entdeckt. Bei letzteren handelt es sich oft um peptidische
Konstrukte, welche nicht selten gemeinsame Strukturmerkmale besitzen (vgl. Aldehyd bei
Antipain1).
Ein Inhibitor verringert die Substratumsatzrate des Enzyms, indem er beispielsweise das aktive
Zentrum blockiert (isosterische Hemmung) oder an eine anderen Stelle bindet und so die
Struktur des Enzyms verändert, dass verringerte oder keine Subtratbindung erfolgt
(allosterische Hemmung). Die „Bindung“ kann verschiedener Natur (kovalente Bindung,
elektrostatische Interaktion etc.) sowie ferner reversibel oder irreversibel sein (abhängig von
der Art der Interaktion, der Stabilität des Inhibitors usw.). Die Wirksamkeit des Inhibitors hängt
von verschiedenen Faktoren ab, etwa Umgebungsparametern (pH, Temperatur) und
- 12 -
Charakteristika der Enzym-Inhibitor-Interaktion („on/off-rate“: wie schnell bindet der Inhibitor an
das Protein und wie schnell löst er sich wieder). Ferner gilt für den jeweiligen Inhibitor eine
optimale Wirkkonzentration (IC50).
[1] Nagy, I., Makara, G. B., Horváth, G., Rappay, G., Kurcz, M., Bajusz, S. (1985). Tripeptide aldehyde protease
inhibitors may depress in vitro prolactin and growth hormone release. Endocrinology, 116 (4), 1426-1432.
__________________________________________________________________________________________
4. PRAKTISCHER TEIL:
INHIBITION DER PROTEASEAKTIVITÄT VON TRYPSIN
H2N
H2N
NH
HN
NH
HN
O
O
N
H
H
N
N
H
Trypsin
+
NO2
O
- Na Benzoyl L arginin 4 nitroanilin
(L BAPA)
H2N
OH
O
NO2
4 Nitroanilin
Abb. 9: Proteolytische Zersetzung des Substats L-BAPA durch Trypsin
Das in Kap. 2 hergestellte Peptid (Antipain-Analogon) inhibiert die Proteaseaktivität von
Trypsin, womit die Synthesequalität des Antipain überprüft werden soll und ferner die
Auswirkungen des Aminosäure-Austauschs (Arg → Lys). Dazu wird Trypsin wird mit Substrat
inkubiert, welches eine chromogene Abgangsgruppe (4-Nitroanilin) besitzt, die nach Spaltung
durch die Protease freigesetzt wird (Abb. 9). Dies schlägt sich in einem Absorptionsanstieg pro
Zeiteinheit bei 410 nm nieder (Substratumsatzrate). Die Zugabe wirksamen Inhibitors verringert
die Rate.
Sie erhalten Reaktionspuffer (2x konzentriert; 0.1 M Tris, pH 8.1, 0.02 M CaCl2), Substrat LBAPA (5 mM), aufgereinigtes Antipain (10x konz., 0.1 mg/ml), von Ihnen hergestelltes Antipain
und Trypsin (0.5 mg/ml, zu verdünnen auf 0.05 mg/ml mit 1 mM HCl – unmittelbar vor den
Messungen). Mit diesen Lösungen stellen Sie insgesamt drei Reaktionsansätze her, jeweils
bestehend aus:
20 µl Substrat
20 µl Wasser oder Inhibitor (aufgerein.) oder Inhibitor (selbst synth.)
60 µl Trypsin
100 µl Puffer __
200 µl Gesamtvolumen je Ansatz
Berechnen
Sie
vorher
die
theoretische
- 13 -
Syntheseausbeute
anhand
des
Harz-
Substitutionskoeffizienten und -Gewichts (MW Inhibitor: 590.71 Da). Lösen Sie ihr Produkt in 1-2
ml Wasser. Berechnen Sie die Konzentration und die weiteren notwendigen Verdünnungen
anhand der theoretischen Ausbeute.

Oben sind die Ausgangskonzentrationen der Komponenten angegeben.
Berechnen Sie die finale Konzentration jeder Substanz in den Ansätzen!
Beispiel Trypsin: verwendet wird eine Lösung zu 0.05 mg/ml → 60 µl davon in
200 µl (Verdünnungsfaktor 3.33) → 0.05 / 3.33 = 0.015 mg/ml Finalkonzentration
Wie erklären Sie die Abweichungen zwischen theoretischer Berechnung und
tatsächlicher Ausbeute im Fall des von Ihnen synthetisierten Inhibitors?
Der Ansatz wird mit der Pipette luftblasenfrei gründlich gemischt und im
Absorptionsspektrometer sofort vermessen. Bitte messen Sie bis zu einem Absorptionsanstieg
auf 0.5 OD oder, falls nicht erreichbar, maximal über 15 Min. Die Messungen werden für
verschiedene Inhibitorkonzentrationen durchgeführt:
Ansatz
1)
2)
3)
4)
µg/ml
0
0.2
0.5
1.0
nM
0
320
800
1600
Berechnen Sie die Subtratumsatzrate in µM/Min. anhand des der chromogenen
Abgangsgruppe (molarer Absorptionskoeffizient: 8800 M-1cm-1 bei 410 nm). Vergleichen Sie
ferner übersichtlich die untersuchten Inhibitoren.
5. CHEMISCHE MODIFIKATION VON PROTEINEN: THEORETISCHER HINTERGRUND
Proteine stellen in allen Lebewesen einen Großteil der vorhandenen Biopolymere dar. Sie
haben wichtige Funktionen wie die Immunabwehr von Krankheitserregern (z. B. Proteingruppe
der Immunglobuline), Regulation von Stoffwechselvorgängen (z. B. das Verdauungsprotein
bzw. -enzym Trypsin) und viele weitere. Fehlt ein Protein, ist es in ungenügender bzw.
überhöhter Anzahl vorhanden oder funktionsunfähig (Mutation), kann dies zu Problemen führen
(Allergien, Krebs usw.).
Um solchen Situationen begegnen zu können, werden diverse Proteine hinsichtlich ihrer
genauen Entstehung und Funktion seit Jahren studiert. Oftmals stellt man dazu das
Forschungsobjekt rekombinant her, indem man die dafür codierende DNA-Sequenz in einen
bakteriellen Vektor überführt, z. B. Escherichia coli, und so das Protein in ausreichendem
Maßstab für folgende Experiment herstellt.
Um spezifische Eigenschaften zu verstehen, etwa die Zusammensetzung des aktiven Zentrums
eines Enzyms oder die Rolle eines Proteins in einem zellulären Signalnetzwerk, produziert man
- 14 -
definiert mutiertes Protein, in welchem beispielsweise eine bestimmte Aminosäure, welcher
man essentielle Funktionalität zuordnet, neutralisiert wurde (z. B. Austausch gegen Alanin).
Eine solche Proteinmutante kann mit der urprünglichen Proteinform (Wildtyp) verglichen
werden.
5.1 Markierung von Proteinen
Eine Methode, Proteine gezielt zu untersuchen oder verschiedene Proteinversionen
miteinander zu vergleichen, stellt deren nachfolgende Behandlung mit Farbstoffen u. a. dar.
Über Isotopen- oder Fluoreszenzmarkierung ist es möglich, den Weg, zeitlichen Verlauf oder
auch die Akkumulation eines Proteins in einer Zelle genau zu verfolgen.
Handwerklich und unter Gefahrengesichtspunkten relativ einfach handhabbar sind
Fluoreszenzfarbstoffe, welche mit hochselektiv reaktiven Gruppen kommerziell erhältlich sind,
wie beispielsweise NHS-Aktivester (markieren freie Aminogruppen) oder Maleinimide
(markieren freie SH-Gruppen). Oftmals können diese Farbstoffe innerhalb weniger MinutenStunden gekoppelt werden. Eine Herausforderung kann die nachfolgende Aufreinigung
darstellen, zudem muss ggf. sichergestellt sein, dass die ursprüngliche Proteinstruktur
ausreichend intakt ist – etwa bei Enzymen die katalytische Aktivität weitgehend unbeeinflusst
ist.
5.2 SDS-PAGE
Eine einfache, sehr gut etablierte Methode zur Proteinanalytik ist die SDS-PolyacrylamidGelelektrophorese (SDS-PAGE). In ihrer grundlegenden Form trennt sie Proteine aufgrund
ihrer Ladung und Größe auf und lässt eine erste Beurteilung zu hinsichtlich des Reinheitsgrads
eines bestimmten Proteins, konsequenterweise Kontaminationen, Abbauprodukte oder auch
Multimerbildung. Zudem können beispielsweise durch Fluoreszenzmarkierung modifizierte
Proteinspezies auf diese Weise nachgewiesen werden.
Üblicherweise wird ein SDS-Gel nach Fertigstellung Protein-spezifisch gefärbt, etwa über
Coomassie-Blue- oder Silberfärbung. Coomassie-Blue koordiniert elektrostatisch und
besonders effizient mit basischen Aminosäuren und liefert namensgemäß blaue
Proteinbanden. Bis zu 100-fach sensitiver ist die Silberfärbung (Nachweisgrenze ca. 0.1 ng
Protein), bei welcher sich Silberionen an negativ geladene Aminosäure-Seitenketten anlagern.
Grundsätzlich kann nach erfolgloser Coomassiefärbung eines Gels eine Silberfärbung
durchgeführt und somit die Detektionsmöglichkeit erhöht werden.
__________________________________________________________________________________________
6. PRAKTISCHER TEIL:
FLUORESZENZMARKIERUNG EINES PROTEINS
Es soll eine Probe TEV-Protease (Tobacco Etch Virus) mit einem Fluoreszenzmarker
(Coumarin-Derivat, Abb. 10) markiert werden. Dieser besitzt eine Maleinamidfunktion und
reagiert daher selektiv mit Cystein-Seitenketten.
TEV beinhaltet 4 Cysteine und kann somit max. 4 Fluoreszenzmoleküle binden. Viele Proteine
weisen einen deutlich höheren Cystein-Anteil auf, z. B. Bovines Serumalbumin (BSA) oder
Trypsin, und werden zum Vergleich ebenfalls markiert.
- 15 -
HO
O
O
NH CO2CH3
O
Abb. 10: Fluoreszenzfarbstoff auf Coumarin-Basis
(3-(7-Hydroxy-2-oxo-2H-chromen-3-ylcarbamoyl)acrylsäure-methylester)
Sie erhalten:
- TEV-Protease (150 µl, Konzentration ca. 10 µM)
- BSA oder Trypsin (je 150 µl, Konzentration ca. 10 µM)
- TCEP (200 µl, Konzentration ca. 100 µM)
- Fluorophor (20 µl, Konzentration ca. 2 mM)
Die Proteine sind in PBS-Puffer vorbereitet. Allein der Farbstoff ist aus Löslichkeits- und
Lagerungsgründen in DMSO gelöst, welches schwerer als Wasser/PBS ist, somit im
Reaktionsgefäß nach unten sinkt und daher gewissenhafte Probendurchmischung erfordert.
Die eingesetzte Menge Fluorophor entspricht ca. einem Verhältnis von 5:1 Farbstoff:TEV.

Berechnen Sie, wieviel Protein Sie jeweils für die im Experiment eingesetzten
Konzentrationen einwiegen müssten. Wie würden Sie handwerklich vorgehen?
(Hilfestellung: MW TEV: 28600 Da, MW BSA: 66400 Da, MW Trypsin: 24100 Da.)
Welche Ergebnisse erwarten Sie bei den jeweiligen Proteinen in der
Fluoreszenzanalyse und nach Coomassiefärbung? Warum analysieren Sie auch
jeweils eine Probe ohne Farbstoffzugabe?
Setzen Sie 6 Proben an und durchmischen diese anschließend gründlich durch blasenfreies
Hoch- und Runterpipettieren:
1. 40 µl TEV + 40 µl PBS + 2.5 µl PBS
2. 40 µl TEV + 40 µl PBS + 2.5 µl Fluorophor
3. 40 µl TEV + 40 µl TCEP + 2.5 µl Fluorophor
4. 40 µl BSA oder Trypsin + 40 µl PBS + 2.5 µl PBS
5. 40 µl BSA oder Trypsin + 40 µl PBS + 2.5 µl Fluorophor
6. 40 µl BSA oder Trypsin + 40 µl TCEP + 2.5 µl Fluorophor
Die Ansätze inkubieren abgedunkelt bei Raumtemperatur für mind. 1 Stunde. Anschließend
werden die Proben via SDS-PAGE aufgetrennt und analysiert. Bitte lesen Sie dazu die
nachfolgende Detailanleitung „SDS-PAGE“.
- 16 -
SDS-PAGE
Denaturierung und Auftragen der Proben
Bitte arbeiten Sie stets mit Handschuhen. In einem Eppendorfgefäß werden jeweils 20 µl
Probenpuffer (2x konzentriert) und 20 µl Proteinlösung zusammengemischt, 5 Min. bei 100 °C
im Heizblock gekocht und anschließend 1 Min. bei maximaler Geschwindigkeit (ca. 16.000 g)
abzentrifugiert (Gegengewicht!).
Bereiten Sie die Gelkammer vor, indem Sie ein SDS-Gel (15 % Polyacrylamid) aus der
Verpackung nehmen, vorsichtig den Kamm ziehen und die Platte in die Gelapparatur
einspannen. Das Innere der Gelhalterung wird nun mit Laufpuffer bis zum Rand gefüllt. Ziehen
Sie davon etwas mit einer Spritze auf und spülen behutsam die Geltaschen. Läuft kein Puffer
in die umgebende Kammer, ist das Gel bereit für das Auftragen der Proben.
Je Probe werden 7 µl (10 µl Pipette!) in eine Tasche des Gels so langsam einpipettiert, dass
sich die Flüssigkeit als schmale blaue Bande direkt über dem Gel absetzt und nicht in eine
benachbarte Geltasche überläuft. Beginnen Sie mit 2 µl Marker (gebrauchsfertig) und
tragen dann die Proben von links nach rechts auf (1: Marker, 2: TEV, 3: TEV + Fluorophor,
4: TEV + Fluorophor + TCEP, 5: BSA/Trypsin., 6: BSA/Trypsin + Fluorophor, 7:
BSA/Trypsin + Fluorophor + TCEP). Abschließend füllen Sie die äußere Gelkammer mit
Laufpuffer bis zur aufgedruckten Begrenzung („2/4 Gels“, je nach Gelanzahl).
Um später eine eindeutige Zuordnung der Proben zu gewährleisten, notieren Sie die
Anordnung (vgl. Schema 1). Als Marker dient der „Pre-stained Marker“ Seeblue® Plus2 von
Invitrogen, welcher bereits vor der Proteinfärbung sichtbar ist („Pre-Stained“) und später eine
grobe Einordnung des Molekulargewichts der analysierten Proteine zulässt. Ferner zeigen die
Markerproteine eine deutliche Eigenfluoreszenz, was die UV-Analyse des Gels unterstützen
wird.
Elektrophorese
Man setzt den Deckel auf die Kammer (Polung beachten!), legt maximale Spannung (Volt, V)
an und eine Stromstärke von 45 mA je Gel (also 180 mA in einer voll besetzten 4-Gel-Kammer).
Die Elektrophorese läuft so lange, bis die Farbstoffbande des Markers (Bromphenolblau) den
unteren Rand des Gels erreicht hat bzw. gerade aus dem Gel ausgetreten ist. Dies ist nach ca.
30 Minuten der Fall.
Entnahme des Gels aus der Elektrophoresekammer
Die Stromquelle wird abgeschaltet und alle Kabel sind zu entfernen. Erst dann wird der Deckel
abgenommen und der innere Teil mit dem Gel aus dem Tank gehoben. Der verbliebene Puffer
wird abgegossen und das Gel aus dem Klammerrahmen entfernt. Mit Hilfe eines Metallkeils
werden die Gelplatten vorsichtig aufgebrochen und das Gel behutsam mit Wasser in eine
Plastikwanne überführt.
Auswertung des Gels
Das Gel wird im Plastikwännchen mit Wasser gewaschen. Anschließend kann es unter
Zuhilfenahme einer UV-Lampe betrachtet werden. Der verwendete Farbstoff wird hier mit
305 nm Wellenlänge zu ausreichender Fluoreszenz anregt (Optimum: 350 nm). Es wird eine
digitale Aufnahme des Gels erstellt.
Coomassie-Färbung
Nachfolgend wird das Gel mit Coomassie-Blue gefärbt, welches Proteine als bei Tageslicht
- 17 -
sichtbare, blaue Banden liefert. Dazu wird das Gel mit Färbelösung für ca. 15 Min. bedeckt und
sanft auf einen Schüttler installiert, bis das Gel tiefblau erscheint. Die Färbelösung fixiert
zeitgleich vorhandenes Protein (Methanol, Essigsäure) und lagert Farbstoff (Coomassie Blue)
an. Anschließend wird die Färbelösung in die Flasche zurückgegeben und das Gel bis zum
Erreichen eines guten Kontrastverhältnisses entfärbt (Methanol, Essigsäure), wobei das
unspezifisch angefärbte Gel sich deutlich schneller entfärbt als die Positionen, wo sich Protein
befindet. Dies führt zu charakteristischen Proteinbanden, während das restliche Gel nach
Abschluss des Färbeprotokolls farblos erscheint. Auch hier wird schließlich eine digitale
Aufnahme des Gels erstellt.
1
2
3
4
5
6
7
nächste
Gruppe
Schema 1: Beladungsreihenfolge zum Versuch Kap. 6:
1: Marker, 2: TEV, 3: TEV + Fluorophor, 4: TEV + Fluorophor +
TCEP, 5: BSA/Trypsin., 6: BSA/Trypsin + Fluorophor, 7:
BSA/Trypsin + Fluorophor + TCEP
- 18 -
Markerbanden und Molekulargewichte von
Seeblue® Plus2
7. STRUKTUR, FALTUNG UND STABILITÄT VON PROTEINEN:
THEORETISCHER HINTERGRUND
Natürliche Proteine und Peptide sind lineare Polymere mit 20 oder mehr α-Aminosäuren,
welche durch Amid- bzw. Peptidbindungen verknüpft sind (Abbildung 7.1a). Die Diederwinkel
Ψ und Φ um die Amidbindungen im Peptidrückgrat treten fast ausschließlich in bestimmten
„erlaubten“ Kombinationen auf, welche durch den Ramachandran-Plot (Abbildung 7.1b)
graphisch dargestellt werden. Der Ramachandran-Plot ist ein sehr nützliches Werkzeug, um zu
evaluieren, wie aussagekräftig experimentell ermittelte Proteinstrukturen und Computermodelle
sind.
Abbildung 7.1:
a) Gestreckte Peptidkette mit den typischen Bindungslängen und Winkeln. Die Torsionswinkel
Ψ (phi) und Φ(psi)sind markiert.
b) Ramachandran-Plot. Die in rot eingezeichneten Bereiche sind die “erlaubten” Kombinationen
der Torsionswinkel phi und psi und führen nicht zu sterischer Hinderung. Die rosa Bereiche sind erlaubt, wenn
verringerte Berührungsabstände der Atome berücksichtigt werden. Die phi- und psi-Winkel üblicher
Sekundärstrukturelemente sind an den entsprechenden Positionen markiert.
Die biologischen Funktionen von Proteinen können in vier Kategorien unterteilt werden:
Bindung, Katalyse (Enzyme), molekularer Schalter und Strukturelement. Um diese Funktionen
ausführen zu können, müssen Proteine unter physiologischen Bedingungen spezifische
dreidimensionale Strukturen einnehmen (Abbildung 7.2).
Abbildung 7.2: Hierarchische Ordnung von Proteinstrukturen: a) Primärstruktur bzw. Aminosäuresequenz, b) die
Sekundärstrukturelemente α-Helices und β-Faltblätter, c) Tertiärstruktur, d) Quartärstruktur (Multiproteinkomplexe).
- 19 -
Abgesehen vom Peptidrückgrat und Disulfidbrücken (S-S-Bindungen zwischen
Cysteinseitengruppen in manchen Proteinen) wird die Proteinstruktur durch schwache
Interaktionen aufrechterhalten: elektrostatische Wechselwirkungen, Van-der-Waals-Kräfte und
Wasserstoffbrücken. Das Zusammenwirken dieser Interaktionen sorgt dafür, dass die Proteine
ausreichend stabil sind, selbst unter Bedingungen, die für uns alles andere als physiologisch
sind: die Proteine einiger extremophiler Organismen bewahren ihre Funktion und Struktur sogar
in kochendem Wasser.
Abseits von solchen „extremen“ Beispielen, ist die freie Stabilisationsenergie – die Differenz
der freien Energien von gefaltetem und ungeordnetem Zustand – der meisten Proteine eher
gering, etwa 21-42 kJ/mol, oder nur etwa das 10-fache der bei physiologischen Bedingungen
verfügbaren thermischen Energie. Die meisten Proteine sind nur geringfügig stabil. Durch die
Faltung der ungeordneten Peptidkette in eine kompakte und geordnete Struktur kommt es zu
einem enormen Verlust an konformativer Flexibilität und somit Entropie. Dieser Verlust kann
durch die, von schwachen Wechselwirkungen hunderter Seitenketten freigesetzte Energie
gerade noch ausgeglichen werden.in gefaltetes Protein ist ein thermodynamischer
Kompromiss.
Membranproteine sind eine sehr wichtige Klasse von Biomolekülen, welche den Transport und
die Kommunikation über Membranen hinweg ermöglichen. Diese Proteine müssen die 40-50 Å
dicke Membran durchbrechen, wovon etwa 30 Å extrem hydrophob sind (Abbildung 7.3a).
Daher muss ihre Struktur im Allgemeinen von der „normaler“, globulärer Proteine abweichen.
Die Transmembrandomänen solcher Proteine können entweder β-Faltblätter (Abbildung 7.3b)
oder α-Helices (Abbildung 7.3c) sein und lassen sich mit Hilfe eines Hydrophobizitäts-Plots
(Abbildung 7.3d) leicht innerhalb der Sequenz lokalisieren.
Abbildung 7.3: a) Modell einer biologischen Membran mit Abmessungen; Beispiele für Membranproteine mit b) βFaltblatt und c) α-helikaler Transmembrandomäne; d) Hydrophobizitäts-Plot eines Proteins mit zwei
Transmembrandomänen (durch Pfeile markiert).
Post-translationale Modifikationen, d.h. solche, die nach der ribosomalen Translation angefügt
wurden, sind nicht nur für die Funktion der Proteine und ihren Abbau wichtig, sondern tragen
auch zur Stabilität der Proteinstruktur bei. In manchen Fällen sind sie entscheidend für das
Aufrechterhalten der Struktur. Die häufigsten post-translationalen Modifikationen sind in
Tabelle 7.1 zusammengefasst.
- 20 -
Tabelle 7.1. Die häufigsten post-translationalen Modifikationen.
Reversibel
Irreversibel
Disulfidbrücke
Bindung von Kofaktor
Bindung von Kofaktor
Proteolyse
Glykosylierung
Ubiquitinylierung
Phosphorylierung
Peptidmarkierung
Acylierung
Lysin-hydroxylierung
ADP-ribosylierung
Methylierung
Carbamylierung
N-Acetylierung
Detaillierte Informationen über die Proteinstruktur können aus röntgenkristallographischen
Daten (Limitierung – nicht alle Proteine können (leicht) kristallisiert werden), NMR-Spektren
(Limitierung – schwierig für große Proteine) und Elektronenmikroskopaufnahmen (Limitierung
– nur große Proteine und Proteinkomplexe, geringe Auflösung) gewonnen werden. Von den
optischen Methoden liefert nur die CD-Spektroskopie (Circulardichroismus) strukturelle
Informationen - den Beitrag verschiedener Strukturelemente zur Gesamtstruktur des Proteins
(Abbildung 7.4).
Abbildung 7.4: CD-Spektren der Konformationen α–Helix (α), β-Faltblatt (β) und ungeordnet (r).
Abbildung 7.5: Aufschnitt des Inneren eines gefalteten Proteins.
Wenn wir das Innere eines Proteins betrachten (Abbildung 7.5), sehen wir, dass die Atome dort
dicht gepackt sind, sodass nur wenige Kanäle und Hohlräume bleiben. Es wird klar, dass das
Innere eines Proteins sich anders als die wässrige Umgebung verhält, was sich vor allem auf
die Eigenschaften der Aminosäuren selbst auswirkt.
- 21 -
In einer systematischen Studie der Nuklease von Staphylokokken beispielsweise, wurden
Lysinreste an verschiedenen internen Positionen platziert und ihre pKs-Werte gemessen (Isom,
D.G., et al. (2011)). Lysine an oder nahe der Oberfläche zeigen keine oder nur geringe
Veränderungen gegenüber der freien Aminosäure (Abbildung 7.6), wohingegen solche im
inneren des Proteins um bis zu 5 pKs-Einheiten verringerte Werte haben.
Abbildung 7.6: pKa-Werte von Lysin an 25 internen Positionen. A) pKa-Werte. Die weißen Balken identifizieren die
Gruppen, die keinen detektierbaren Shift der pKa-Werte zeigen. Die Farben zeigen kleine, mittlere und große
Veränderungen der pKa-Werte. B) Verteilung von internen Lysinen in der Struktur der Nuklease, Farbcode wie in A)
(Isom, D. G., et al. (2011)).
Ein Vergleich der pKs-Werte aller ionisierbaren Gruppen in natürlich vorkommenden gefalteten
Proteinen (Grimsley, G. R., et al. (2009); Tabelle 7.2) zeigt sogar größere Veränderungen:
Abweichungen vom Normalwert von bis zu 6 Einheiten mit einer pKs-Spanne von bis zu 9
Einheiten. In vielen Fällen sind solche veränderten pKs-Werte ausschlaggebend für die
katalytischen und/oder strukturellen Eigenschaften der Proteine.
Tabelle 7.2. Zusammenfassung der gemessenen Aminosäuren-pKa-Werte in gefalteten Proteinen.
Aminosäure/Gruppe
Asp
Glu
His
Cys
Tyr
Lys
C-term. Gruppe
N-term. Gruppe
pKa-Werte in
gefaltete Proteine
Alaninpentapeptiden niedrige pKa-Werte hohe pKa-Werte
3.9
0.5
9.2
4.3
2.1
8.8
6.5
2.4
9.2
8.6
2.5
11.1
9.8
6.1
12.1
10.4
5.7
12.1
3.7
2.4
5.9
8.0
6.8
9.1
Kleine Moleküle binden in definierte Taschen-ähnliche Einbuchtungen der Proteine, die
teilweise komplett vor der äußeren Umgebung geschützt sind. Diese Einschließung kann
signifikant die Eigenschaften des gebundenen Moleküls verändern und diese Veränderungen
können für das gleiche Molekül von Protein zu Protein variieren.
Lasst uns nun zwei Beispiele betrachten. Erstens, lichtsensitive Proteine des menschlichen
Auges (Opsine) nutzen nur zwei sehr ähnliche Chromophore, 11-cis-retinal oder 11-cis-3,4didehydroretinal. Diese Chromophore werden durch mindestens neun verschiedene Proteine
gebunden, was sie sensitiv für das ganze sichtbare Spektrum macht und wir können deshalb
alles in Farbe sehen (Sharpe, L. T. et al. (1999)).
- 22 -
Zweitens, 90 menschliche Riboflavin-abhängige Enzyme nutzen Riboflavin in der Form von
FAD (Riboflavin Adenindinukleotid) oder FMN (Riboflavin Mononukleotid), um eine Vielzahl
essentieller Redox-Reaktionen zu katalysieren. Um dieses Spektrum an Reaktionen
abzudecken, sind die Redox-Eigenschaften von Riboflavin signifikant angepasst durch die
Proteinumgebung: Während frei in Lösung das Redox-Potential, abhängig vom Reaktionstyp,
zwischen -324 mV und -124 mV liegt, deckt es in Enzymen den Bereich von -295 mV bis +153
mV ab (Lienhart, W. D., et al. (2013)).
Wir werden diese Eigenschaft der Proteinumgebung in Kapitel 9 entdecken, indem wir den pKa
von einem Riboflavin Analogon frei in Lösung und gebunden an ein Protein untersuchen.
Um ihre native Struktur auszubilden, durchlaufen Proteine einen Prozess, der „Faltung“
genannt wird (Abbildung 7.7). Das Studieren der Faltung hilft nicht nur, Proteine in ihre richtige
Konformation zu bringen, um ihre Funktion(en) zu untersuchen, sondern es erlaubt auch das
sukzessive Design von neuen Proteinen mit Strukturen, die nicht in der Natur gefunden werden.
Im Allgemeinen ist der erste Schritt der Faltung der „hydrophobe Zusammenbruch“, bei dem
sich hydrophobe Regionen innerhalb der Sequenz zusammenlagern, um den innersten Teil der
Struktur auszubilden. Danach gelangen die externen Strukturelemente in die richtige Position,
um den nativen Zustand zu erreichen.
Die Faltung von Proteinen in vitro kann ziemlich frustrierend sein, aber in den meisten Fällen
kann es durch die systematische Veränderung der Bedingungen erfolgreich sein, obwohl
manchmal nur geringe Ausbeuten erreicht werden.
In vivo wird Proteinfaltung durch molekulare Chaperone unterstützt. Hierbei handelt es sich um
Proteine, die entfaltete und falsch gefaltete Proteine binden und die Energie der ATP-Hydrolyse
nutzen, um sie in die native Struktur zu bringen.
Abbildung 7.7: Schematische Repräsentation der Proteinfaltung mit zwei Intermediaten während der Reaktion.
In Kapitel 8 wird die Stabilität des Proteins Phytocyanin untersucht, indem es verschiedenen
Denaturierungsmittel ausgesetzt wird. Des Weiteren wird die Effizienz dieser
Denaturierungsmittel untersucht und es wird versucht, das Protein von dem denaturierten
Zustand zurück in den nativen Zustand zu bringen.
Um in der Lage zu sein, thermodynamische Analysen der Ergebnisse durchzuführen, wird nun
das Zwei-Zustands Faltungsmodell eingeführt:
Unter der vereinfachten Annahme, dass die Entfaltung eines Proteins ohne stabile Intermediate
abläuft, sind die einzigen Spezies:
1) Komplett gefaltetes Protein (F)
- 23 -
2) Komplett entfaltetes Protein (U)
Dann handelt es sich um ein einfaches Gleichgewicht:
Die Gleichgewichtskonstante ist:
F↔U
K eq =
[U]
K eq =
fu
[F]
(7.1)
Wenn fu die Fraktion des ungefalteten Proteins ist, dann wird aus Gleichung (7.1):
1−fu
(7.2)
Wenn experimentell eine Eigenschaft A gemessen wird, die sich während der
Faltung/ Entfaltung ändert (es kann Circulardichroismus, Fluoreszenz oder, wie in diesem
Praktikum, Absorption sein) als eine Funktion der Denaturant-Konzentration, dann kann die
Gleichung (7.2) in folgende Form umgestellt werden:
K eq =
AF −A(f)
A(f)−AU
(7.3)
AF, AU, und A(f) sind die Werte der gemessenen Eigenschaft des komplett gefalteten, des
komplett ungefalteten und des gegenwärtigen Zustands (zum Beispiel bei einer intermediären
Denaturant-Konzentration). Die Formel (7.3) wird genutzt werden, um die Proteinstabilität unter
nativen Bedingungen zu ermitteln und die Effizienz verschiedener Denaturaten zu vergleichen.
Zusätzliche Hintergrundinformationen.
Lysozym, auch bekannt als Muramidase oder N-Acetylmuramid Glycanhydrolase, ist eine
Glykosid-Hydrolase. Dieses Enzym (EC 3.2.1.17) zerstört die Zellwände von Bakterien, indem
es die Hydrolyse der 1,4-beta-Verknüpfungen zwischen N-Acetylmuraminsäure- (NAM) und NAcetyl-D-Glukosamin-Resten (NAG; Abbildung 7.8) in einem Peptidoglykan katalysiert.
Abbildung 7.8: Reaktion, die von Lysozym katalysiert wird.
Ammoniumsulfat-Präzipitation ist eine klassische Methode zur Aufreinigung und
Aufkonzentrierung von Proteinen, basierend auf der differenzierten Protein-Löslichkeit bei
hohen Salzkonzentrationen. Die Ammoniumsulfat-Konzentration ist normalerweise in Prozent
der Sättigung bei einer bestimmten Temperatur angegeben. Als Beispiel, die Aufreinigung des
Riboflavin bindenden Proteins, die in einem der Experimente genutzt wird, beinhaltet einen 5575 % Ammoniumsulfat Schnitt. Das bedeutet, dass zum Beispiel Proteine (und andere
Komponenten), die unter einer 55 %- und über einer 75 %-Sättigung präzipitieren, verworfen
- 24 -
werden. Die Vorbereitung der gewünschten Ammoniumsulfat-Konzentration kann aufgrund
signifikanter Volumenänderung der Lösung kompliziert sein. Deshalb können spezielle
Tabellen und online Rechner sehr hilfreich sein. Hier sind einige Beispiele für solche Rechner:
http://www.encorbio.com/protocols/AM-SO4.htm
http://www.proteinchemist.com/cgi-bin/s2.pl
http://tmw.wzw.tum.de/fileadmin/user_upload/Methodendatenbank/Dateien/AS-Calculator.html
Referenzen:
Grimsley, G. R., et al. (2009). "A summary of the measured pK values of the ionizable groups in folded proteins."
Protein Sci. 18(1): 247-251.
Isom, D. G., et al. (2011). "Large shifts in pKa values of lysine residues buried inside a protein." Proc. Natl. Acad.
Sci. USA 108(13): 5260-5265.
Lienhart, W. D., et al. (2013). "The human flavoproteome." Arch. Biochem. Biophys. 535(2): 150-162.
Petsko, G. A. and D. Ringe (2004). Protein structure and function. New Science Press.
Sharpe, L. T. et al. (1999). “Opsin genes, cone photopigments, color vision, and color blindness”. In Color Vision:
from Genes to Perception, pp. 3-51. K. Gegenfurtner, L. T. Sharpe, eds. Cambridge University Press.
__________________________________________________________________________________________
8. PRAKTISCHER TEIL: NICHT-KOVALENTE KRÄFTE IN PROTEINEN
In diesem Praktikumsteil werden Phycobiliproteine aus dem Cyanobakterium Arthrospira
(auch bekannt als Spirulina und genutzt als Nahrungszusatz) isoliert und teilweise
aufgereinigt. Diese Proteine besitzen ein Tetrapyrrol Chromophor, Phycocyanobilin
(Abbildung 8.1), das kovalent über eine Cysteinseitenkette verknüpft ist.
Phycobiliproteine bilden große Komplexe, die Phycobilisome genannt werden, an der
äußeren Oberfläche der Thylakoid-Membran. Ihre Funktion ist die Sammlung von
Lichtenergie, die nicht durch Chlorophyll absorbiert wird, und deren Transport zu Membrangebundenen Komplexen.
Phycocyanobilins optische Eigenschaften sind hoch sensitiv gegenüber der Umgebung und
verändern sich dramatisch bei der Protein-Entfaltung. Dies erlaubt die Beobachtung von
Protein-Faltung und -Entfaltung durch einfache Spektrophotometrie.
Die isolierte Protein-Mischung wird überwiegend aus Phytocyanin-C, mit einem kleinen Anteil
Allophytocyanin, bestehen. Zur Vereinfachung wird diese Mischung im Folgenden als
„Phytocyanin“ bezeichnet.
HOOC
COOH
O
H 3C
NH
H
N
N
H
N
O
HC
S Cys
Abbildung 8.1: Struktur von Phycocyanobilin, gebunden an ein Protein.
8.1 ISOLIERUNG DES PHYCOBILIPROTEINS AUS SPIRULINA
Es wird ca. 1 g Spirulina-Puder in einen 250 mL Erlenmeyerkolben abgewogen und in 90 mL
0,1 M Kaliumphosphatpuffer (pH 7,0) mit 10 mM EDTA resuspendiert.
- 25 -
Es werden 10 mg Lysozym aus einer bereitgestellten Stock-Lösung hinzugegeben.
Der Kolben wird mit einem Stöpsel verschlossen und einem Betreuer gegeben, der den
Kolben für 1 h bei 37 °C in den Schüttelinkubator stellt.
Anschließend wird die Suspension auf zwei 50 mL Falcon Tubes aufgeteilt und für 10 min bei
4100 rpm (max. Geschwindigkeit) zentrifugiert. Der Überstand wird vorsichtig in ein 200 mL
Becherglas abdekantiert. Es ist besser etwas Lösung zu verlieren, als Zelltrümmer in den
nächsten Schritt mitzunehmen! Das Pellet wird verworfen.
Das Volumen der Lösung wird vorsichtig bestimmt (z.B. mit einem Messzylinder) und danach
wird die Lösung auf Eis gekühlt.
Während die Lösung auf Eis rührt, wird langsam in 4-5 Portionen Ammoniumsulfat
hinzugegeben, bis zur 60 %igen Sättigung (0,361 g pro mL Lösung). Die nächste Portion wird
erst hinzugegeben, wenn die Vorherige komplett gelöst ist! Nachdem das ganze
Ammoniumsulfat gelöst ist, wird die Lösung weitere 30 min auf Eis gerührt.
Anschließend wird die Lösung bei 4100 rpm und 4 °C für 15 min zentrifugiert. Nicht mehr als
45 mL pro Falcon Tube! Der Überstand wird direkt verworfen, nachdem die Falcon Tubes aus
der Zentrifuge genommen werden. Es kann passieren, dass etwas Material von der Oberseite
des Pellets verloren geht. Das ist in Ordnung!
Jedes Pellet wird in 4 mL 0,1 M Kaliumphosphatpuffer (pH 7,0) resuspendiert. Die Lösungen
werden in einem 15 mL Falcon Tube vereint und bis zum nächsten Labortag im Kühlschrank
gelagert.
8.2 PROTEIN-DENATURIERUNGSSTUDIEN
Verschiedene Quellen geben als Absorptionsmaximum dieser Mischung aus Phycocyanine
entweder 625 oder 620 nm an: Es scheint abhängig von den Bedingungen zu sein. Deshalb
muss das Absorptionsmaximum unter den im Praktikum genutzten Bedingungen und dem
vorhandenen Equipment getestet werden. Es soll auf eine mögliche Verschiebung des
Absorptionsmaximums geachtet werden, wenn verschiedene Bedingungen getestet werden.
BESTIMMUNG DES ABSORPTIONSMAXIMUMS UND DER PHYCOBILIPROTEIN-KONZENTRATION.
Es werden die Verdünnungen 1:20, 1:50 und 1:100 der Proteinlösung in 0,1 M
Kaliumphosphatpuffer (pH 7,0) vorbereitet. Gesamtvolumen: jeweils 1 mL, auch während der
unten angegebenen Messungen.
Es sollen Absorptionsspektren zwischen 300 und 750 nm aufgenommen werden. Hierbei soll
auf den Absorptionspeak zwischen 620 und 630 nm geachtet werden. Basierend auf den drei
Messungen soll eine vierte Lösung vorbereitet werden, deren Absorption in diesem Bereich
so nah wie möglich bei 0,9 OD liegt. (Es wird das gleiche Volumen in allen unten
angegebenen Denaturierungs-Studien genutzt.) Der Peak soll genau untersucht werden und
sein λmax und die OD bei dieser Wellenlänge bestimmt werden.
Die Konzentration des Phycocyanins in der Stock-Lösung kann grob durch die folgende
Formel bestimmt werden (N ist der Verdünnungsfaktor, der zur Vorbereitung der Lösung für
die Messung genutzt wurde):

𝐶𝐶(mg⁄ml) =
𝑂𝑂𝑂𝑂𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 −0.7𝑂𝑂𝑂𝑂650
7.38
× 𝑁𝑁
(8.1)
Für eine der oberen Lösungen soll direkt in der Küvette die OD auf ca. 1.5-2.0
eingestellt werden. Anschließend soll mit einer Taschenlampe oder mit dem LED
eines Handys von oben oder unten durch die Küvette geleuchtet werden. Was wird
beobachtet? Wie können diese Beobachtungen erklärt werden?
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8.2.1
DENATURIERUNG VON PHYTOCYANIN DURCH GUANIDINIUM HYDROCHLORID.
Es sollen die folgenden Guanidinium Hydrochlorid (Gnd) Konzentrationen aus der 6 M StockLösung und dem 0,1 M Kaliumphosphatpuffer (pH 7,0) hergestellt werden: 0,25; 0,5; 1,0; 1,5;
2,0; 2,5; 3,0; 4,0; 5,0 und 6,0 M. In der Rechnung muss das Volumen der Proteinlösung
berücksichtigt werden, die zuletzt hinzugefügt wird. Die Lösungen müssen vor Zugabe des
Proteins gut gemischt werden. Das Protein wird hinzugegeben und die Lösung gut gemischt
(nicht vortexen!). Die Lösung wird für 15 min zur Equilibrierung stehengelassen und
anschließend wird ein Absorptionsspektrum zwischen 300 und 750 nm aufgenommen und die
OD bei λmax notiert.

Warum ist es wichtig, die Lösungen gut zu mischen bevor das Protein hinzugegeben
wird?
Für das Protokoll soll ODλmax gegen die Gnd-Konzentration aufgetragen werden, wobei die
Spektren für alle Konzentrationen, auch ohne Denaturant, übereinandergelegt werden sollen.
Mithilfe der Formel (7.3) soll Keq für alle Gnd-Konzentrationen berechnet werden. Für Keqs mit
Werten zwischen 0,1 und 10 soll ∆G° (∆G°=-RTlnKeq) berechnet und gegen die GndKonzentration aufgetragen werden. Die erhaltenen Daten sollen zu einer Gerade gefittet
werden, deren Extrapolation zu 0 [Gnd] eine Einschätzung der Proteinstabilität erlaubt.
Der zweite Teil dieses Versuches wird zwischen den einzelnen Gruppen variieren und die
Versuchsvorschriften werden am Tag des Experiments verteilt.
__________________________________________________________________________________________
9.PRAKTISCHER TEIL: ÄNDERUNG DES PKA WERTES VON RIBOFLAVIN-ANALOGA BEI
PROTEINBINDUNG
In diesem Experiment werden Sie den pKa Wert des Farbstoffes „Neutral Red“ (NR)
(Abbildung 9.1) frei in Lösung und bei Bindung an das Riboflavin-bindende Protein (RBP) aus
Hühnereiweiß spektrophotometrisch bestimmen.
N
H 2N
N
H
N
- H+
N
+ H+
H 2N
N
N
Abbildung 9.1 Protonierte und deprotonierte Form von “Neutral Red”
1. Um den pKa Wert des freien Farbstoffes NR zu bestimmen, stellen Sie jeweils 250 µl
einer 10 µM Lösung mit unterschiedlichen pH Werten her (pH 5.0-9.0). Eine
NR-Stammlösung (0.5-0.6 mM) in Wasser, sowie alle benötigten Puffer (2x konzentriert)
werden für Sie bereitgestellt. (Beachte: 2x konzentrierter Puffer bedeutet, dass die
benötigte Puffermenge der Hälfte des Finalvolumens entspricht und das Restvolumen NR
und/oder RBP enthält bzw. auch mit Wasser auf die Hälfte des Finalvolumen aufgefüllt
wird.)
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Nehmen Sie das Absorptionsspektrum aller Lösungen zwischen 400-650 nm auf. Als
Blank verwenden Sie Puffer pH 9.0 und fügen jeweils die Menge an Wasser hinzu, welche
Sie zuvor an Stammlösung NR zugegeben haben. Bestimmen Sie von jedem Spektrum
die Absorption bei 530 nm.
2. Um den pKa Wert des RBP-gebundenen NR zu bestimmen, stellen Sie jeweils 250 µl
einer 10 µM Lösung +30 µM RBP mit unterschiedlichen pH Werten her (pH 5.5-11.0).
Eine RBP-Stammlösung (0.6-0.7 mM) wird ausgegeben.
Nehmen Sie das Absorptionsspektrum aller Lösungen zwischen 400-650 nm auf. Als
Blank verwenden Sie Puffer pH 9.0 mit RBP + Wasser anstatt NR. Bestimmen Sie von
jedem Spektrum die Absorption bei 550 nm.

Warum sind die analytischen Wellenlängen von freier und gebundener Form von NR
unterschiedlich?
Erstellen Sie für das Protokoll für beide Messbedingungen jeweils ein Streudiagramm der Absorption
(Aobs) vs. pH Wert. Bestimmen Sie den pKa Wert des freien und gebundenen NR, indem Sie Ihre
experimentellen Werte in folgender Gleichung, die Sie für einen Fit in einem Grafikprogramm, z.B.
SciDAVis, verwenden (9.1):

𝑨𝑨𝒐𝒐𝒐𝒐𝒐𝒐
𝑨𝑨𝑯𝑯𝑯𝑯 (𝟏𝟏𝟏𝟏−𝒑𝒑𝒑𝒑 ) + 𝑨𝑨𝑨𝑨− (𝟏𝟏𝟏𝟏−𝒑𝒑𝒑𝒑𝒂𝒂 )
=
𝟏𝟏𝟏𝟏−𝒑𝒑𝒑𝒑𝒂𝒂 + 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝒑𝒑𝒑𝒑
(9.1)
Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit den Werten für Riboflavin unter gleichen
Bedingungen (die Werte finden Sie im Teil „Theoretischer Hintergrund“). Ist die Änderung
des pKa Wertes unterschiedlich bei den beiden Liganden? Was sind möglichen Gründe
dafür?
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