Musik in ihren Lebenswelten

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Musik in ihren Lebenswelten
Vorlesung Musikgeschichte 1
Prof. Dr. Sabine Meine
Wintersemester 2015/16,
Musikwissenschaftliches Seminar 22. Oktober 2015 bis 11. Februar 2016, Zeit: 11-13 Uhr
Ort: Sommertheater der Hochschule für Musik Detmold
Detmold/ Paderborn
Sprechzeit: Mittwoch 11.30 bis 13.00 Uhr
nach Anmeldung per E-Mail: [email protected]
Musik in ihren Lebenswelten
Vorlesung Musikgeschichte 1
Bedingungen für erfolgreiche Teilnahme:
• 
Mitschrift auf Grundlage der Vorlesungsfolien,
herunterzuladen jeweils ab Dienstag unter:
http://detmoldmusictools.de: Registrieren/Meine Kurse/
Code einlösen: BHELHS.
• 
Lektüren, Hör-, Denk- und Rechercheaufgaben
• 
Neugier, Reflektieren und Lernen
• 
1 eigenständig ausgearbeitete Mitschrift/ Semester
• 
Tutorium für MusikwissenschaftlerInnen
• 
Klausur, mündliche Prüfung nach 2 Semestern
• 
Mit freiwilligen Denkaufgaben die Leistung steigern
Richtlinien für das Verfassen einer schriftlichen
Vorlesungsausarbeitung
•  Abgabe spätestens am Dienstag nach der Vorlesung per E-Mail an
[email protected]
•  Angabe von: Name, Vorname, Studiengang, Semester, E-Mail-Adresse
•  Wichtigste Inhalte festhalten und mit Beispielen konkretisieren
•  Die Basis dafür bieten Stichworte und Inhalte der Folien, die durch
eigene Mitschrift ergänzt werden müssen.
•  Eigene Ausformulierungen in ganzen Sätzen.
•  Selbstständige Gedankengänge formen.
•  Orientierungshilfe: bereitgestellte Texte im Vorlesungsordner bei
DetmoldMusicTools, s. vorige Folie.
•  Bitte auf Rechtschreibung und Schreibfehler achten.
•  Richtwert: 2-3 Seiten bei ca. 1800 Zeichen/Seite.
•  Bei Bedarf ist ein Korrekturgang möglich.
•  Die Bewertung mit + oder - ist prüfungsrelevant.
Musik in ihren Lebenswelten
Vorlesung Musikgeschichte 1
1. Wer macht Musik?
2. Wo erklingt Musik?
3. Wie wird Musik überliefert?
4. Warum erklingt Musik?
Musikleben im
17. Jahrhundert I
Affektausdruck im sozialen Kontext
Konzert und Oper
im
Dreißigjährigen Krieg
und im
Absolutismus
Im Vorfeld des Krieges....
Noten
Opus primum in Venedig, oder:
„Gesellenstück“
von Heinrich Schütz
„O primavera, gioventù de l‘anno“
Aus: Primo libro de Madrigali von
Henrico Sagittario, Venezia: Gardano, 1611
Dichtung: von Battista Guarini
Warum war Schütz in Venedig?
à  Kompositionsunterricht bei Giovanni Gabrieli
1611-1612
= Stipendium von Landgraf Moritz von Hessen,
seinem Dienstherren in Kassel
Voller neuer Impulse aus Venedig geht
Heinrich Schütz zurück in den Norden...
•  Nach seiner Rückkehr 1613 an die
Hofkapelle in Kassel (Organist)
•  Ab 1617 als Kapellmeister des
Kurfürsten in Dresden
•  Festmusik zur 100-Jahr-Feier der
Reformation
•  1619 Psalmen Davids, op. 2
Heinrich Schütz
•  Dafne, 1627 in Thorgau = erste
deutsche Oper
à 1628-1629: 2. Venedig-Reise,
Einfluss der Musik Monteverdis
Doch 1618 bricht Krieg aus...
und dauert 30 Jahre
Schütz klagt über die Folgen des
Krieges…
An ... ChurF. Durchl. zu Sachsen / etc. Wolverordneten Præsidenten des Appellations-Gerichts zu Dreßden... Meinem
Großgünstigen vnd Hochgeehrten Patron.
Welcher gestalt vnter andern freyen Künsten / auch die
löbliche Music / von den noch anhaltenden gefährlichen
Kriegs-Läufften in vnserm lieben Vater-Lande / Teutscher
Nation / nicht allein in grosses Abnehmen gerathen / sondern
an manchem Ort gantz niedergeleget worden / stehet neben
andern allgemeinen Ruinen vnd eingerissenen
Vnordnungen / so der vnselige Krieg mit sich zu bringen
pfleget / vor männigliches Augen /...
... und publiziert kleine Concerte…
„...biß vielleicht der Allerhöchste bessere Zeiten
förderlichst gnädig verleyen wolle. Vnterdessen
aber / vnd damit mein von GOtt verliehenes
Talentum in solcher edlen Kunst nicht gantz
ersitzen bleiben / sondern nur etwas weniges
schaffen vnd darreichen möchte, habe ich
etzliche kleine Concert auffsetzen...“
…mit dem Ziel:
„Bewegt und beeindruckt werden
wie durch die Worte eines
Predigers...“
„O lieber
Herre Gott“
aus: Erster Theil Kleiner Geistlicher Concerten, Leipzig 1636
... und publiziert erst später, 1647-1650,
seine Symphoniae sacrae
Musica poetica
àWerk, das Musicus poeticus Ruhm sichert.
•  Musik als Tonsprache
à rhetorische Figuren
•  Text wird in Musik gesetzt und interpretiert
à Affektenlehre
= Darstellung der Leidenschaften und
seelischen Erregungszustände in der
Musik
Schütz‘ Werke nach Kriegsende
•  1647, Symphoniae sacrae II
•  1648, Geistliche Chormusik
•  1650, Symphoniae sacrae III
Terror und Elend des Krieges
Tränen des Vaterlandes von Andreas Gryphius, 1636
„Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!
Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun
Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Kartaun,
Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrat aufgezehret....“
Der Abenteuerliche Simplicissimus
von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen,
Schelmenroman 1669
Moderne Kriegskritik
von Karl Amadeus Hartmann (1934-36)
à Grimmelshausen und Gryphius
Bilanz
des Dreißigjährigen Krieges
•  Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation
verwüstet, stellenweise 50 - 70 % der Bevölkerung
verloren
à Keine Chance für künstlerische Entwicklungen
Bilanz
des Dreißigjährigen Krieges
•  Religionsausübung abhängig von territorialem
Herrscher (Fürsten, Könige)
•  Reich blieb Verbund von Fürstentümern
•  Nationalstaaten: Niederlande, Schweden, England,
Frankreich mit wirtschaftlicher Stärkung und
Aufschwung von Bürgertum
•  Frankreich stärkstes Land Westeuropas
à Absolutismus
Was ist unterdessen auf den
Musikbühnen Italiens passiert?
Vom Hof in die Städte:
Die Oper wird zugänglich und mobil
•  Venedig 1637
•  Opernaufführungen mit Eintrittskarten
•  Patrizier-Familien setzen Impresari (Theatermanager) ein
Teatro Grimani, SS
Giovanni e Paolo
(1639)
Teatro
Cassian
(1637)
San Marco
Teatro San Moisé
(1639/40)
Theaterstadt Venedig ca. Ende 17.
Jhd/Anfang 18. Jhd.
La Didone
Opera seria von Francesco Cavalli (1602- 1676) und
Giovanni Francesco Busenello (1598-1659)
•  Uraufführung Venedig 1641, Teatro San Cassian der
Familie Tron = erstes Opernhaus
•  Kleine, praktische Besetzung wegen des kleinen
Bühnenraums
•  Revival erst 1967 bei
Glyndebourne Festival
Opera
Teatro San Cassian in Venedig
Lamento d‘Ecuba
Tremulo spirito
flebile, languido
escimi subito,
vadasi l'anima,
ch'Erebo torbido
Cupido aspettala.
Povero Priamo
scordati d'Ecuba
vedova misera.
Causano l'ultimo
orrido esizio
Paride, e Elena.
Grundwissen: Opera seria
= ernste Gesangsoper
• 
• 
• 
• 
Prächtiges, bewegtes Bühnengeschehen
Sänger: primo uomo, prima donna
Affekte: Arien (Da-Capo-Arie)
Handlung: Secco-Rezitative
+ Accompagnati (lyrisch, dramatisch)
+ liedhafte Cavatinen, Ensembles, Chöre
+ Sinfonia als Ouvertüre, ohne Bezug zur Oper
Die Oper wird mobil
Cavalli in Paris
oder:
Wie die Oper nach Frankreich kam
Francesco Cavalli
*1602
1617
1640
1641
1646
im Veneto als F. Caletti, † 1676 in Venedig
Chorknabe Basilika San Marco, Venedig
dort 2. Organist
erste Oper à komponierte ca. 30 Opern
Aufführung in Paris
à1660-62 am Königshof in Paris, in Konkurrenz mit
Lully
1665
1668
1. Organist an San Marco
Kapellmeister an San Marco
Francesco Cavalli
Einladung zur Königshochzeit:
•  1660 Einladung zur Opernaufführung durch
Kardinal Mazarin aus Anlass der Hochzeit von
Ludwig XIV. und Maria Theresa von Spanien
Doch für Cavalli kam es zu
Schwierigkeiten...
Francesco Cavalli
Jean-Baptiste Lully
à  Einfügen von Chören und Balletten in Cavallis
italienische Oper
à  italienische Oper verdrängt
à  Ausprägung einer französischen Nationaloper für
den Königshof
Am Hof: Harter Kampf um Prestige
„Das Leben in der höfischen Gesellschaft war kein
friedliches....
Die Fülle der in einem Kreis sich dauernd und
unausweichlich gebundenen Menschen war groß.
Sie drückten aufeinander, kämpften um ... ihre
Stellung in der Rangordnung des höfischen
Prestiges.“
Norbert Elias: Die höfische Gesellschaft
Die Oper im absolutistischen System
von Louis XIV.
•  Jean-Baptiste Lully (1632-1687), ab
1653 Hofkomponist in Paris/Versailles
„Der König tanzt“
Louis XIV. als Apollo
In: „Le roi danse“ von Gérard Corbiau (2000)
nach Biographie von Philippe Beaussant:
Lully ou le musicien du soleil (1992)
Die Oper wird ein Monopol
•  1671, Académie
Royale de Musique
•  1672, Opernprivileg
für Lully
Tragédie lyrique
•  Dichterischer Zusammenhang
à Hinhören
•  Haupthandlung!
•  Einfluss der klassischen Tragödie: 5 Akte, Stoffe
aus Mythologie und Antike
Tragédie lyrique à„Wunderbares“
Psyché
Tragédie lyrique von Pierre
Corneille, Philippe
Quinault (Libretto)
und Jean-Baptiste Lully
(Musik)
Wo erklungen?
Paris, Académie Royale de Musique, UA 1678
Oper als höfisches Fest
„Das 17. Jahrhundert erst schafft einen
Gebäudetyp, dessen eigentlicher Zweck weder
das Wohnen noch das Wirtschaften ist, sondern
das Fest, und dessen Kern der Festsaal bildet:
das barocke Schloß.“
Alewyn/Sälzle: Die Epoche der höfischen Feste
Aufbau der
Tragédie lyrique
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• 
Ouvertüre
Prolog mit Königslob
Récitatif: folgt Text, + refrainartige Melodik
Air: liedhaft, syllabische Melodik, Refrains
Ensembles: Chöre, Ballettmusik,
Instrumentalstücke
Französische Ouvertüre
•  I
Langsam, gerader Takt, punktierter
Rhythmus
•  II Schnell, oft fugiert, bewegt, oft im
Dreiertakt
•  I
wird wiederholt
Prolog mit Herrscherlob
„La Tragédie lyrique
....c‘est moi“
à Verherrlichung des
Königs und seiner
absolutistischen
Herrschaft
Musik in ihren Lebenswelten
Vorlesung Musikgeschichte 1.12
•  Quellen: Noten/Audio/Video//Abbildungen (Auswahl)
•  Heinrich Schütz: Kleine Geistliche Konzerte I, Nr. 1- 23, SWV 282-304. Solisten des
Tölzer Knabenchors, Ltg. Gerhard Schmidt-Gaden, Capriccio 1989.
•  Heinrich Schütz: Kleine Geistliche Konzerte 1636/1639. Abteilung I: Konzerte für
Frauen- und Männerstimmen, hg.v. Wilhelm Ehmann und Hans Hoffmann, Kassel u.a.:
Bärenreiter, 1963. (Heinrich Schütz: Neue Ausgabe sämtlicher Werke 10).
•  Heinrich Schütz: Symphoniae sacrae III (1650), Nr. 15-21. Die Konzerte zu sieben
Stimmen, hg.v. Werner Breig, Kassel u.a. 2002 (Heinrich Schütz: Neue Ausgabe
sämtlicher Werke 21).
•  Heinrich Schütz: Die neunzehn italienischen Madrigale. Venedig 1611, SWV 1-19,
dtsche. Übersetzung versehen von Hans Joachim Moser, Kassel: Bärenreiter 1962.
•  Heinrich Schütz: „Saul, was verfolgst du mich?“ Barmen-Gemarke Chor, Helmut
Kahlhofer, Ltg. in: Recordings for A History of Western Music, 4th Edition and Norton
Anthology of Western Music, 2nd edition.
•  Karl Amadeus Hartmann: Simplicius Simplicissimus. Drei Szenen aus seiner Jugend
nach H.J. Chr. Grimmelshausen von Hermann Scherchen, Wolfgang Petzet und Karl
Amadeus Hartmann. Klavierauszug von Heinz Moehn. Mainz: Schott 1957
•  Karl Amadeus Hartmann: Simplicius Simplicissimus. Drei Szenen aus seiner Jugend,
Aufnahme des Bayrischer Rundfunks in: Musik in Deutschland 1950-2000, Deutscher
Musikrat. BMG Ariola Classics 2000.
•  Quellen: Noten/Audio/Video//Abbildungen (Auswahl):
•  Originale Vorreden. Heinrich-Schütz-Haus Bad Köstritz. www.heinrich-schuetz-haus.de
•  Heinrich Schütz im Alter von 42 Jahren; Kupferstich von August John, entstanden
vermutl. 1627-28 (Eigentum der Ratsschulbibliothek Zwickau), Handschriftenabteilung
der Universitätsbibliothek, Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel und
Landesbibliothek.
•  Plünderung eines Dorfs. Radierung, Jacques Callot, 1633.
•  Francesco Cavalli: Lamento d‘Ecuba. Noten: Biblioteca Nazionale Marciana, Venice (IVnm): Mss.It.IV.355. Aufnahme: Marie-Nicole Lemieux Alt, Ensemble Artaserse,
https://www.youtube.com/watch?v=bEKppsUe4EI, zuletzt abgerufen am 16.01. 16
•  Der Palais Royal in Paris, Tuileries, 1679. Theater im rechten Seitenflügel. Stich: Gilles
Jodelet de la Boissiére. In: Victoria Johnson: Backstage at the Revolution: How the
Royal Paris Opera Survived the End of the Old Regime, Chicago, 2008, S. 88.
Originale Quelle Bibliothèque de l'Opéra, Paris, 79 C 92749
•  Jean-Baptiste Lully: Psyché. Tragedie en Musique. Libretto: Thomas Corneille. Boston
Early Music Festival Orchestra and Chorus. Ltg. Paul O‘ Dette and Stephen Stubbs,
cpo 2008.
•  Jean-Baptiste Lully: Psyché. Tragi-Comédie et ballet, hg.v. John S. Powell (Oeuvres
complètes Série II, vol. 6), Hildesheim: Olms, 2007.
•  Le Roi danse/Der König tanzt. Film von Gérard Corbiau (Regie), hg. von
Philippe Ravoet und Ludo Troch, Belgien und Frankreich 2000.
•  Ground-level floor plan and plan at the level of the first loges of the Salle des Machines
in the Tuileries Palace in Paris (Diderot's Encyclopédie, vol. 10, "Théâtres: Salle des
Machines", plate 1).
•  Chateau de Versailles 1668 Pierre Patel.jpg
Musik in ihren Lebenswelten
Vorlesung Musikgeschichte 1.12
Quellen (Auswahl):
2. Literatur:
•  Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite bearbeitete Ausgabe, hg. v. Ludwig
Finscher, Kassel/Stuttgart 1994-2008.
•  Ludwig Finscher: Die Musik des 17. Jahrhunderts (Neues Handbuch der
Musikwissenschaft Band 3), Laaber 1989/90, Lizenausgabe Darmstadt 1997.
•  Enzyklopädie der Neuzeit. Im Auftrag des Kulturwissenschaftlichen Instituts (Essen) und
in Verbindung mit den Fachwissenschaften herausgegeben von Friedrich Jäger. Stuttgart
2009.
•  Konrad Küster: Das Konzert. Form und Forum der Virtuosität. Kassel u.a. 1993
( Bürenreiter Studienbücher Musik 6)
•  Jean-Baptiste Lully: Psyché. Tragi-Comédie et ballet, hg.v. John S. Powell (Oeuvres
complètes Série II, vol. 6), Hildesheim: Olms, 2007.
•  Richard Alewyn/Karl Sälzle: Das große Welttheater. Die Epoche der höfischemn Feste,
Reinbek 1959. Erweiterte Neuauflage, München 1985.
•  Norbert Elias: Die höfische Gesellschaft (1969), Neuwied 1979.
Musik in ihren Lebenswelten
Vorlesung Musikgeschichte 1
Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Sabine Meine,
[email protected]
Redaktion: Prof. Dr. Sabine Meine unter Mitarbeit
von Raphael Köhler, Franziska Rees und Veronika
Knodel
Heinrich Schütz‘ Vorwort zum ersten Band seiner
Geistlichen Concerte, Leipzig 1636
An ...Heinrich Freiherrn von Friesen auf Rötha
Dem WolEdlen / Gestrengen / vnd Vesten /
Herrn Heinrich von Friesen vff Rötha /
ChurF. Durchl. zu Sachsen / etc. Wolverordneten Præsidenten des Appellations-Gerichts zu Dreßden / Hauptman
der Aempter Colditz / Rochlitz / Leißnigk vnd Borna / auch
Directorn der Land- vnd TranckStewer / etc.
Meinem Großgünstigen vnd Hochgeehrten
Patron.
Welcher gestalt vnter andern freyen Künsten / auch die löbliche Music / von
den noch anhaltenden gefährlichen Kriegs-Läufften in vnserm lieben VaterLande / Teutscher Nation / nicht allein in grosses Abnehmen gerathen /
sondern an manchem Ort gantz niedergeleget worden / stehet neben andern
allgemeinen Ruinen vnd eingerissenen Vnordnungen / so der vnselige Krieg
mit sich zu bringen pfleget / vor männigliches Augen /
„...ich erfahre auch solches wegen etzlicher meiner componirten
Musicalischen Operum selber / mit welchen ich aus Mangel der
Vorlegere biß anhero / wie auch noch anjetzo / zurück stehen müssen /
biß vielleicht der Allerhöchste bessere Zeiten förderlichst gnädig
verleyen wolle. Vnterdessen aber / vnd damit mein von Gott verliehenes
Talentum in solcher edlen Kunst nicht gantz ersitzen bleiben / sondern
nur etwas weniges schaffen vnd darreichen möchte, habe ich etzliche
kleine Concert auffsetzen / vnd gleichsamb als Vor-Boten meiner
Musicalischen Werck zur Ehre Gottes anjetzo herausgeben / zumahl
aber derselben E r s t e n T h e i l vnter E. WolEdl. Gestr. Namen / dieser
Vrsachen halber / außergehen lassen wollen /...“
„...weil sie sich nicht allein gegen mir / als mein Großgünstiger wolgewogener Patron,
jederzeit erwiesen / sondern auch vor vielen andern Adelichen Personen mit hoher
Geschickligkeit vnd sonderbaren Qualiteten begabet / wie nichts wenigers in der Edlen
Kunst der Music (welches ich ohne Heucheley bezeugen mag) wolerfahren vnd
derselben ein grosser Liebhaber seyn. Lebe derowegen der gewissen Hoffnung E.
WolEdl. Gestr. werden solche wolgemeynte Dedication von mir im besten auffnehmen /
vnd diese kleine Concerten so weit würdigen / daß sie sich vnter andern Recreationen
vnd Ergetzungen je bißweilen derselben gebrauchen möge. Hingegen verbleibe E.
WolEdl. Gestr. zu aller möglichsten Dienst-Leistung ich jederzeit obligiret / mich vnd
diese meine wenige Arbeit zu dero beharrlichen Favor vnd großgünstigen Favor vnd
großgünstigen Protection gantz trewlich empfehlende: Datum Dreßden am 29. Sept.
Anno 1636“
E. WolEdl. Gestr.
zu dienen
gantz bereitwilligster
Heinricus Saggitarius,
ChurF. Sächs.
Capell-Meister.
[in: Erich H. MÜLLER: Heinrich Schütz. Gesammelte Briefe und Schriften, Regensburg o. J.
(1930), S. 135 – 136]
Musik im Dienst von „Gloire“
„Des Königs Bedürfnis, seine Macht nicht nur
auszuüben, sondern sie auch ständig, z.T. durch
symbolische Akte, demonstrativ unter Beweis zu stellen,
sie unablässig im Triumpf über andere, in der
Unterwürfigkeit von anderen reflektiert zu sehen – eben
dies ist ‚gloire‘, weist hinter sich auf die Stärke der
Spannungen, die er im Schach halten und mit äußerster
Wachsamkeit Steuern mußte, wenn er selbst Macht
ausüben und bewahren wollte.“
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