Journalistische Ethik im juristischen Kontext

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EXPOSÉ
Titel der Dissertation
„Journalistische Ethik im juristischen Kontext“
Verfasserin
Mag. iur. Nadina Eugster
angestrebter akademischer Grad
Doktorin der Rechtswissenschaften (Dr. iur.)
Wien, 2010
Studienkennzahl lt. Studienblatt:
A 783 101
Dissertationsgebiet lt. Studienblatt:
Rechtswissenschaften
Betreuerin / Betreuer:
Univ. -Prof. Dr. Gerhard Luf
Allgemeines
In einem Bericht über das Internierungslager Guantánamo, der vor einiger Zeit im Magazin Newsweek
erschien, hieß es, dass US-amerikanische Soldanten einen Koran die Toilette hinunterspülten. Damit,
so lautete es im Bericht, wollten die Soldaten muslimische Gefangene demütigen. Worte mit
verhängnisvoller Sprengkraft: Bei antiamerikanischen Protesten, welche daraufhin in Afghanistan
ausbrachen, sollen mehr als ein Dutzend Menschen ums Leben gekommen sein. 1
Nach der Veröffentlichung des Romans „Die Leiden des jungen Werthers“ folgte eine Welle von
Nachahmungssuiziden. Es wird dies in der Medienwirkungsforschung als Phänomen bezeichnet,
wonach die Berichterstattung über Suizide eine Zunahme von Suiziden in der Gesellschaft zur Folge
hat.
Die Karikaturen des dänischen Karikaturisten, welche Mohammed mit Bombenturban als Terroristen
darstellen, lösten in der muslimischen Welt blutige Proteste gegenüber Christen aus. Der Karikaturist
lebt heute noch mit ständigen Morddrohungen.
Geheimdienste und Politiker sprechen mit Journalisten die Art und Weise, als auch den Zeitpunkt der
Medienberichterstattung über Großereignisse ab.
Die Wirklichkeit und das Recht in einer kapitalistischen Gesellschaft
Der Journalist gibt die Wirklichkeit wieder. Möglichst objektiv, wertungsfrei, interpretationsfrei und
faktisch. Seine Aufgabe im allgemeinen Verständnis soll es sein, ein Abbild in vereinfachter und
verständlicher Form der Gesellschaft zu präsentieren. Die Journalisten selbst sehen sich gern als
Anwälte und Aufdecker der Missstände, die in der Gesellschaft vorherrschen. Gewisse Missstände
müssen und sollen aufgedeckt werden, andere jedoch wollen von der Gesellschaft stillschweigend
akzeptiert sein, für einige ist die Gefahr der Aufdeckung zu groß, welche mit Verlust des Lebens oder
der Arbeit verbunden sein kann. Zusätzlich ist die Wiedergabe der Wirklichkeit immer auch eine
Frage der Möglichkeit der Informationsbeschaffung – nicht überall liegt die Wahrheit transparent und
für jeden fassbar auf.
Seit der Journalismus nicht mehr nur von Politikern zur Erfüllung ihrer politischen Anliegen
praktiziert wird, sondern feste Anstellungen mit Karrieremöglichkeiten möglich sind, sieht sich ein
Journalist auch als Karrieremenschen, der vom kleinen Volontär zum Chefredakteur die Karriereleiter
empor steigen möchte. Die Journalisten sind so auf ihre Stelle angewiesen und an die
Wirtschaftlichkeit ihres Daseins in der Redaktion gebunden. Was so viel heißt wie: wenn der
Journalist ökonomisch untragbar wird, wird er gegangen. Ökonomisch tragbar ist er, wenn er die
Verkaufszahlen steigert. Denn ohne hohe Verkaufszahlen müssen die Preise für Werbeschaltungen tief
1
Fengler, Vestring. Politikjournalismus.
2
gehalten werden und ohne Werbeeinnahmen werden die staatlich unabhängigen Medien
unfinanzierbar.
Der Journalist ist ein Mensch. Er ist aufgewachsen in einer Gesellschaft, einer Kultur, einem Glauben
oder Nichtglauben. Er hat eine Ausbildung und Bildung, er weiß gewisse Dinge, hatte gewisse
Erlebnisse – viel mehr jedoch hat er sehr viele Dinge nicht gesehen und erlebt. Über viele Ereignisse
berichtet er als Zuschauer, als Dritte Person und vergisst somit wesentliche Dinge zu erwähnen, die –
hätte er die Erfahrung selbst gemacht – er erwähnen würde und als wesentlich betrachten würde.
Der Journalist gibt die Wirklichkeit wieder. Eine „Wirklichkeit“, die sich ihren Weg bahnen musste
durch ein ganz persönliches Wahrnehmungsbild des Journalisten, durch dessen Kultur als auch dessen
Verständnis von dieser Kultur, durch dessen Einbindung in die Gesellschaft, durch dessen
Wertevorstellung. Nicht zuletzt auch durch die eigene Vorstellung seines Selbst, was er ist und was er
sein möchte. Diese Wirklichkeit bahnte sich zudem den Weg durch härtere Kriterien wie Blattlinie,
ökonomische, organisatorische und technologische Einflüsse.2 Dazu wird die Wirklichkeit beeinflusst
durch die Möglichkeiten der Erfassung ihrer selbst, der Informationsquellen und Referenzgruppen.
Und nicht zuletzt wird die Weitergabe der Wirklichkeit bestimmt durch professionelle und ethische
Standards, durch Kommunikationspolitik und besonders durch historische und rechtliche Grundlagen.
Diese Wirklichkeit ist schlussendlich das Produkt das durch Kultur, Gesellschaft, Ethik, Geschichte,
Politik, Ökonomie, Organisation der Medien, Selbstbild und besonders auch durch die rechtliche
Grundlage geformt wird.
Nun liegt eine neugeborene Wirklichkeit vor uns, an die wir als Rezipienten den Anspruch der
Allgemeingültigkeit und Objektivität stellen. Wir selbst aber interpretieren diese Wirklichkeit wieder,
denn auch wir sind nicht einfach, sondern leben, haben gelebt, sind geboren in einer Gesellschaft und
in einer Kultur, die uns lehrt den permanenten Informationsfluss zu interpretieren. Nach Kant sollen
wir uns unseres eigenen Verstandes bedienen, nach Aristoteles besitzen wir Vernunft. Doch wie viel
Vernunft steckt in unserer völlig irrationalen und zufälligen Informationsbeschaffung? Wie viel
Rationalität und Vernunft steckt in unserer Selektion von Medien, welche immer mehr mit Effekten
unsere Aufmerksamkeit erhaschen wollen, wo immer mehr mit unserem Unterbewussten, unseren
Wünschen, Ängsten und Träumen gearbeitet wird? Welche Mit-Vernunft müssen die Journalisten in
ihrem Handeln an den Tag legen?
Es liegt so nun eine Wirklichkeit – für die es eine objektive, für uns jedoch immer nur subjektiv
wahrnehmbare Erfassung gibt – vor. Der Journalist gibt sie wieder, wie er sie wiedergeben kann,
eingebunden in das oberste Kredo der Objektivität und den bereits genannten sehr subjektiven
2
Merten, Schmidt, Weischberger. Die Wirklichkeit der Medien. S. 431
3
Wahrnehmungen. Wir Rezipienten sehen diese wiedergegebene Wirklichkeit und interpretieren sie so,
dass wir sie verstehen – jeder Mensch auf seine Weise, jede Kultur auf ihre Weise.
Nun ist der Journalist ein menschliches Wesen, dass durch sein Handeln primär das Denken und
folgend auch das Handeln anderer Menschen beeinflussen kann. Im verfassungsrechtlichen Kontext
kann man die Medien als 4. Staatsgewalt betrachten. Durch sie soll heute die Funktion des
demokratischen und sozialen Rechtsstaats mit gewährleistet werden.3 Ihr Ursprung lag in der
Verbreitung und Bildung politischer Meinungen, heute sollen sie die Menschen objektiv informieren,
nicht propagieren. Die Medien sollen zur Bildung der Gesellschaft beitragen. Sie sollen dazu
beitragen, dass sich das Volk eine Meinung bildet, sie sollen jegliche Seiten darstellen jedoch politisch
unabhängig sein. Sie sollen die Welt nicht verändern, nur darstellen und zur Veränderung durch
Menschen beitragen.
Jedoch: alles was ein Journalist schreibt, beeinflusst seine Außenwelt. Nichts bleibt unbemerkt und auf
alle Aktionen folgen Reaktionen. Die Frage stellt sich nun, wie groß ist die Verantwortung des
Journalisten, der schlussendlich durch seine Berichterstattung die allgemein vorherrschende Meinung
beeinflussen kann. Kann er überhaupt die Welt beeinflussen? Kann er Meinung ändern?
Weitere Fragen stellen sich im juristischen Kontext bezüglich der Verantwortung: Wer hat die
Verantwortung zu tragen für die Reaktionen auf journalistisches Handeln? Welche Instanzen
kontrollieren das juristisch korrekte aber ethisch fragliche Handeln? Greifen die rechtlichen Normen
auch das ethisch fragwürdige Handeln auf? Richtet sich das Recht nach der Ethik oder die Ethik nach
dem Recht? Was für ein Menschenbild besteht in unserer Gesellschaft bezüglich des Journalisten? Der
Journalist ist ein Mensch und nicht lediglich ein Übermittler, emotionslos und faktisch. Er hat
Vorstellungen seines eigenen Lebens und dessen, was er in seinem Beruf erreichen möchte. Seine
Handlungen also sind nicht nur im Dienste der Demokratie und Meinungsbildung, die Freiheit der
Meinungsäußerung dient nicht nur der Objektivität und Vielfalt der Medien, sondern auch seiner
eigenen Verwirklichung. Muss der Rezipient vom Journalisten beschützt werden? Oder der Journalist
von den anderen Journalisten? Oder gar der Journalist vor den Reaktionen der Rezipienten?
Das journalistische Handeln ist im juristischen Kontext durch viele Gesetze und Regeln determiniert.
Vom Europarecht über völkerrechtliche Konventionen bis hin zum Strafrecht und Privatrecht. Die
einen garantieren Freiheiten, die anderen schränken diese gewonnen Freiheiten wieder ein, um die
Freiheiten der anderen Bürger zu garantieren. Die Ethik schwingt dabei immer mit, die Grundfrage
einer Demokratie und offenen Gesellschaft prägen die Struktur des Rechts und der Judikatur. Es ist
immer eine Frage des „wie viel“. Wie viel an Anforderungen an den Journalisten dürfen gestellt
werden. Wie viel an den Rezipienten. Wie viel an die Ethik ohne Gesetze. Wie viel an Forderungen an
gesetzliche Reglungen.
3
Merten, Schmidt, Weischberger. Die Wirklichkeit der Medien. S.435
4
Trotz allen Regelungen durch Gesetze, ist der Mensch doch ein unberechenbares Wesen. Ein Wesen,
das zwischen Selbstliebe und Nächstenliebe schwankt, das die Anerkennung anderer erreichen
möchte, gleichzeitig über Leichen geht und diese Anerkennung zu erhalten. Gerade im Journalismus
steht und fällt das Bild über die Welt, die der einzelne nicht selbst erfährt, von den Berichten des
Journalisten. Und mit seiner Einstellung gegenüber seiner Funktion trägt er eine enorme
Verantwortung
gegenüber
den
Rezipienten.
Oft
vergessen
dies
die
Journalisten
und
Medienmachenden und folgen nur mehr dem unternehmerischen Erfolg und dem gesellschaftlichen
Ansehen. Ein Gesetz, dass dies auffangen kann, ist schwer zu erlassen – denn die Gesinnungen kann
man nicht durch Gesetze ändern. Jedoch die Auswirkungen der Gesinnungen. Dies vielleicht noch in
einem größeren Masse, als bereits geschehen und vorhanden.
Gliederung und Kernfragen
In der nachfolgenden Dissertation werde ich das Thema „journalistische Ethik im juristischen
Kontext“ untersuchen. Ich werde das ethisch und nicht lediglich das juristisch korrekte Handeln des
Journalisten untersuchen. Es geht mir weniger darum, zu untersuchen welche gesetzlichen
Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung bestehen als vielmehr um die Frage, wie mit legal
beschaffenen Informationen umgegangen wird, werden sollte und wie dafür die juristische als auch
ethische Verantwortung getragen wird und werden sollte.
Die Arbeit ist aufgeteilt in zehn Kapitel. Nachdem ich anhand von Beispielen die Fragestellung
verdeutlich habe, werde ich im dritten Kapitel der Frage der Kommunikationsmacht sowie der
Kommunikationsmöglichkeit nachgehen. Es stellt sich zunächst die Frage, welche Macht die
Kommunikation durch Massenmedien in unserer Gesellschaft inne hat und welche Position diese
Macht im juristischen Gefüge eines demokratischen Rechtsstaates einnimmt. Die Medien wurden in
unserer Geschichte oft zur Massenmeinungsbildung aber auch zur Massentäuschung beansprucht,
betrachtet man nur den Nationalsozialismus zu dem Hitlers Regime die Massenmedien als Instrument
ihrer Propaganda einsetzte. 4 Ihr Einfluss ist also ein nicht zu verkennender Faktor der Gesellschaft des
21. Jahrhunderts und trägt einerseits enorm zu einer Informationsgesellschaft wie jedoch auch zu einer
Vertuschung und verklärten Darstellung der Wahrheit bei. Die Macht der Massenkommunikation für
die demokratische Gesellschaft kann man aber nicht losgelöst von der Wirkung der Medien und der
nach Niklas Luhman diskutierten (Un)Wahrscheinlichkeit der Kommunikation betrachten. Es stellt
sich hier nicht primär die Frage, ob die Inhalte der Medien beim Rezipienten ankommen, sondern viel
mehr, WIE sie ankommen. Hierbei werde ich auf die Medienwirkungsforschung und ihre
Auswirkungen auf unser Rechtssystem eingehen.
Den auch unrühmlichen Erfolg der Medienberichterstattung erkennt man an dem bereits oben
erwähnten Beispiel: Nach der Veröffentlichung des Romans „Die Leiden des jungen Werthers“ folgte
4
Duchowitch. Einführung in die Medien-und Kommunikationsgeschichte. S. 66
5
eine Welle von Nachahmungssuiziden. Es wird dies in der Medienwirkungsforschung als Phänomen
bezeichnet, wonach die Berichterstattung über Suizide eine Zunahme von Suiziden in der Gesellschaft
zur Folge hat. Wer also ist nun dafür verantwortlich, dass eine zwar objektive Berichterstattung solche
Auswirkungen hat? Der Journalist, der Gebrauch von der Meinungsäußerungsfreiheit macht, oder der
Rezipient, der wahrnimmt, aufnimmt und verarbeitet? Die Meinungsäußerungsfreiheit bedeutet zum
einen, die Freiheit die Meinung zu äußern. Es bedeutet aber auch die Freiheit, die Aufmachung eines
Berichtes selbst zu gestalten. Muss diese Gestaltung an das Vermögen des Rezipienten geknüpft sein,
die Medien mit Vernunft und Rationalität zu konsumieren?
Im vierten Kapitel gehe ich auf die journalistische Ethik ein und widme mich den Fragen, wer der
Journalist war, wer er ist und was Ethik im journalistischen Kontext ist. Für Journalisten besteht in
verschiedensten Teilen der Welt ein nicht juristisch verbindlicher Ethik-Kodex. Was genau dieser
Kodex beinhaltet und wie verschieden diese Ethik-Kodexe in verschiedenen Kulturen sind, werde ich
weiters besprechen. Besonders auf das Postulat der objektiven Wahrheit werde ich eingehen. Es soll
dies somit eine Charakteristika des Menschen Journalisten ergeben.
Im fünften Kapitel werde ich die Ethik und das Recht aufeinander treffen lassen. Beginnt die Ethik wo
das Recht aufhört oder das Recht wo die Ethik ihre Grenzen findet? Was für ein Menschenbild eines
Journalisten liegt vor und aus welchen Gründen bedarf es gesetzlichen Regelungen für sein Handeln?
Die Rahmenbedingungen und Einflüsse auf das Handeln, welches sich auf die ethische Verantwortung
auswirken werde ich im sechsten Kapitel behandeln. Denn erst wenn man weiß, woher das Handeln
kommt und welche Auswirkungen dieses hat, kann man sich der Frage der Verantwortung für eben
dieses Handeln stellen.
Im siebten Kapitel werde ich auf die Person des Rezipienten eingehen. Es stellt sich hierbei zum einen
die Frage, wie groß seine Eigenverantwortung gegenüber dem Konsum der Medien sein sollte. Hierbei
werde ich die gängige Judikatur über den „durchschnittlich intelligenten Menschen“ aufzeigen und
diese Darstellung kritisch hinterfragen. Durch die Macht und Manipulationsmöglichkeit der Medien
stellt sich die Frage, ob der Mensch eigentlich noch rational entscheiden kann und ob diese
Darstellung eines „durchschnittlich intelligenten Menschen“ im Bereich der neuen Massenmedien
nicht wohl überholt ist. Zum anderen kann die Ethik des Journalisten und dessen Handlung nicht
losgelöst von der Ethik des Rezipienten betrachtet werden. Gesetze können nicht erlassen werden,
wenn man nicht weiß vor wem wer geschützt werden soll, wessen Einschränkung wessen Freiheit
bedeutet. Die Medien sind keine „Heiligtümer“ abseits der Kapitalgesellschaft, sondern leben inmitten
einer solchen. In Gesetzen wird die Unabhängigkeit postuliert, die KommAustria soll für eine gerechte
Aufteilung und Verteilung sorgen, doch bin ich der Meinung, dass hier die Wirtschaftlichkeit
gegenüber dem Recht die Oberhand gewinnt. Die Medientreibenden investieren viel Geld in die
Forschung des Rezipientenverhaltens um herauszufinden, wie sich dieser beeinflussen lässt. Denn, die
6
Beeinflussung des Konsumverhaltens fördert den Absatz. Gleichzeitig aber fordert die Medienwelt
von ihren Rezipienten, nicht für ihr Verhalten verantwortlich gemacht zu werden, denn die
Rezipienten sollen sich doch ihres eigenen Verstandes bedienen. Auch der EuGH geht von einem
aufgeklärten, mündigen Verbraucher aus. Es werden Erwartungen an den Rezipienten gestellt, die er
in einer Welt der Massenmedien und in einer Infotainment Gesellschaft gar nicht mehr erfüllen kann,
denn eben diese Medien versuchen diese Entscheidungsfreiheit durch Beeinflussung von Emotionen
abzustellen. Es wird mit Emotionen gespielt, von denen der Rezipient nicht einmal wusste, dass er sie
hat.
Es spielen also zwei wesentliche Faktoren der Massenmedien in dieselbe Richtung, wobei ein
Verdrängungskampf entsteht. Entweder der Journalist, oder der Rezipient gewinnen das Spiel der
Verantwortung. Betrachtet man aber die große und immer grösser werdende Macht der Medien in
unserer Gesellschaft, so scheint dies ein unfairer Kampf zu sein.
Im achten Kapitel werde ich mit dem Wissen, welches man durch die erfolgten Diskussionen erlangt
hat das Thema der Verantwortung des Journalisten besprechen. Was muss der Journalist wissen, was
kann er nicht ändern. Welche Verantwortung muss er in einem juristischen Kontext tragen. Besonders
aber auch, welche Möglichkeit hat das Recht, die Verantwortung des Journalisten zu steigern und an
sein ethisches Handeln zu appellieren. Ich werde somit in diesem Kapitel das journalistisch ethische
Handeln und die juristische Verantwortung zusammenführen und im folgenden neunten Kapitel
zukünftige Entwicklungen in diesem Gebiet besprechen.
Die Gesellschaft ändert sich immer schneller, die Medien werden immer intensiver in ihrer Art und
ihrer Vielfalt. Das Recht dazu hinkt hinterher. Ich bin der Meinung, dass die Selbstregulierung der
Medien nicht funktioniert und dieses Unvermögen zu Lasten der Gesellschaft geht. Die Macht der
Medien wird nicht mehr nur zur Demokratisierung der Gesellschaft gebraucht, sondern vielmehr auch
zur Beeinflussung der Gesellschaft in einer kapitalistischen Welt. Es geht mir in der Arbeit nicht
darum, diesen gesellschaftlichen Wandel zu kritisieren, sondern vielmehr darum, das Recht der
heutigen Zeit auf seine Gesellschaftstauglichkeit und Aufgabenwahrnehmung hin in einer
Infotainmentzeit zu untersuchen. Denn die Rechtsordnung hinkt den technologischen Veränderungen
nach, so sagt auch Engel, dass das Medienrecht mit immer größerer Anstrengung wie der Hase im
Parcours läuft, nur um festzustellen, dass der Igel (die Medienunternehmer) vorher am Ziel war. 5
5
Engel. Medienordnungsrecht. 1996. In Holoubek, Michael; Kassai, Klaus; Traimer, Matthias. Grundzüge des
Rechts der Massenmedien3 . 2006.
7
Vorläufiges Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
2.
Fallbeispiele
2.1. Guantanamo
2.2. Werther- Effekt
2.3. Karikaturen des dänischen Karikaturisten
2.4.
Absprachen zwischen Journalisten und Politikern, Wirtschaftlern, Geheimdiensten
2.5. Exklusivberichterstattung
3.
Kommunikation – Möglichkeit und Wirkung
3.1.
Massenkommunikation als Bundeskompetenz: Medien als 4.Staatsgewalt
3.1.1. Demokratisierung der Gesellschaft
3.1.2. Massenmedien als Hilfe zur Bekämpfung von strafrechtlichen Handlungen
3.2. Niklas Luhman: die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation
3.3.
Medienwirkungsforschung: die Beeinflussung menschlichen Handelns durch Medien
3.4. Konnex Rechtswissenschaft und Kommunikationswissenschaft
4.
Journalistische Ethik
4.1.
Wer war der Journalist – ein historischer Abriss der journalistischen Tätigkeit
4.2. Wer ist der Journalist
4.2.1. Publizistisch
4.2.1.1. Politikjournalismus
4.2.1.2. Sensationsjournalismus
4.2.1.3. Kommerzjournalismus
4.2.1.4. Erpresserjournalismus
4.2.2. Juristisch
4.2.3. Ökonomisch/Politisch/Gesellschaftlich
4.3. Was ist Ethik
4.3.1. Professionelle Ethik
4.3.2. Was ist ethisches Handeln?
4.4. Journalistische Ethik-Kodexe
4.4.1. Österreich
4.4.2. Europa
8
4.4.3. China
4.4.4. USA
4.5. Das Postulat der objektiven Wahrheit
5.
Ethik und Recht im Zusammenhang
5.1. Die Ethik und das Recht im Laufe der Zeit
5.2. Beeinflusst das Recht die Ethik oder die Ethik das Recht?
5.3. Kann das Recht das ethische Handeln ethischer machen?
5.4. Aufgaben des Rechts im Bereich des Journalismus
5.4.1. Wieso braucht es gesetzliche Schranken?
5.4.1.1. Ein Menschenbild des Journalisten
5.4.1.1.1. Hobbes: Der Mensch des Menschen Wolf
5.4.1.1.1.1. Gesetze als Schranken menschlichen
Beeinflussung
Unrechts
und
journalistischer
5.4.1.1.2. Aristoteles: Zoon Politikon
5.4.1.1.2.1. Gesetze zur Gestaltung der Journalistischen Selbstverwirklichung
5.4.1.1.3. Kant: Freier Mensch
5.4.1.1.3.1. Gesetze zur Einschränkung der eigenen Freiheit, damit die Freiheit der
Anderen gewährleistet sein kann
5.4.2. Was soll durch das Gesetz garantiert werden?
5.4.3. Was kann durch Gesetze geregelt werden?
5.4.4. Möglichkeiten weiterer gesetzlicher Regelungen um die Ethik/Moral zu regulieren
6.
Rahmenbedingungen, die das journalistische Handeln beeinflussen
6.1. Rechtliche Normen
6.1.1. Der Journalist: Eingebunden in ein Redaktionelles System
6.1.1.1. Haftung des Journalisten
6.1.2. Gemeinschaftsrecht
6.1.2.1. Europäisches Medienrecht
6.1.2.2. Deklarationen des Europarates
6.1.2.3. Rat der EU
6.1.3. Verfassungsrecht
6.1.3.1.
Meinungsäußerungsfreiheit und ihre Grenzen durch mediale Manipulation
6.1.3.2. Medienfreiheit
6.1.3.3. Pressefreiheit
6.1.3.4. Privatsphäre
9
6.1.4. Verwaltungsrecht
6.1.5. Strafrecht
6.1.6. Medienordnungsrecht des Medienrechts
6.1.7. Presserecht
6.1.8. UWG und die Frage der Vielfaltsicherung
6.1.9. ABGB
6.2. Soft Laws und Selbstregulierung
6.2.1. Mediendiensterichtlinien
6.2.2. Presseräte und ihre Einflussmöglichkeiten
6.3. Ökonomische Normen
6.3.1. Abhängigkeit des Journalisten
6.3.2. Arbeitsrechtliche Regelungen
6.4. Politische Normen
6.4.1. Blattlinie vs. Unparteilichkeit
6.5. Gesellschaftliche Normen
6.5.1. Gesetz von Freiheiten vs. gesellschaftliche Praxis
6.5.1.1.
Was frei geäußert werden darf und was tatsächlich frei geäußert wird –
Morddrohungen und Entführungen gegen die Wahrheit
6.5.2. Anspruch der Gesellschaft an den Journalisten
6.5.3.
7.
Von der journalistische Anspruchskultur zur kommerziell ausgerichteten Akzeptanzkultur
Rezipient
7.1. Wer ist er?
7.2. Wie intelligent ist er?
7.3. Immanuel Kant: der aufgeklärte Mensch. Sapere Aude.
7.4. Was darf von ihm erwartet werden?
7.4.1. Juristisches Bild – Judikatur über den „durchschnittlichen Menschen“
7.4.2. Kommunikationswissenschaftliches Bild
7.5. Der Ohnmächtige gegenüber den Medien?
8.
Verantwortung journalistischen Handelns
8.1.
Absprachen zwischen politischen/wirtschaftlichen Aktionären und Journalisten
8.2. Ethische Verantwortung – die Macht der Medien
8.3. Juristische Verantwortung – die Ohnmacht des Rechts?
10
9.
Zukünftige Ansätze, Forderung und Entwicklungen
9.1. Journalisten
9.2. Ethik
9.3. Recht
10. Conclusio
Geplante Methoden
Ich
werde
die
grundlegenden
wissenschaftlichen
Methoden
der
Literaturrecherche
und
Onlinerecherche anwenden, sowie die typischen juristischen Methoden der Judikaturanalyse und der
Interpretationsmethoden.
Benötigte Ressourcen
Zur Verfassung der Dissertation sind folgende Ressourcen nötig:
•
Bestand der UB Wien, Fachbibliothek Juridicum, Publizistik, Philosophie
•
Internetzugang für die Online-Datenbanken
Finanzielle Mittel
Dem derzeitigen Dissertationsplan folgend werden keine finanziellen Mittel benötigt.
Zeitplan
Die Dissertation soll bis zum Oktober 2011 fertiggestellt werden. Es folgen mindestens alle zwei
Monate Gespräche mit dem Betreuer. Mit Beginn des SS 2011 soll die Hälfte der Dissertation zur
vorläufigen Korrektur abgegeben werden können. Weitere schrittweise Abgaben erfolgen im Mai, Juli
und schlussendlich im Oktober 2011.
Vorläufiges Literaturverzeichnis
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Badiou, Alain. Philosophie und Aktualität. ein Streitgespräch. 2005.
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und künftige Entwicklung der rechtlichen Bewältigung eines Spannungsverhältnisses, in
Berka/Grabenwarter/Houloubek, Medienfreiheit versus Inhaltsregulierung. 2006.
Berka, Walter. Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz. 1982.
Bonfadelli, Heinz. Medienwirkungsforschung3. 2003.
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Börger, Ulrich. Deliktischer Rechtsschutz gegenüber Presseveröffentlichungen. Eine vergleichende
Untersuchung zum Recht der Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland.
1998.
Boventer, Hermann. Ethik des Journalismus. Zur Philosophie der Medienkultur. 1985.
Boventer, Hermann. Das Prinzip Verantwortung in der Massenkommunikation. Problem einer
kommunikationswissenschaftlich
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Bydlinski, Franz. Rechtsethik und Rechtspraxis. 1990.
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Duchkowitsch, Wolfgang. Einführung in die Medien- und Kommunikationsgeschichte. 2005.
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Fechner, Frank. Journalistenrecht. 40 brisante Fragen aus dem journalistischen. 2009.
Fenchel, Jörg. Negative Informationsfreiheit. Zugleich ein Beitrag zur negativen Grundrechtsfreiheit.
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Fenwick, Helen; Phillipson Gavin. Media Freedom under the Human Rights Act. 2006.
Forgo, Nikolaus. Probleme des Informationsrechts. 2003.
Fricke, Ernst. Recht für Journalisten. Grundbegriffe und Fallbeispiele. 1997.
Gössweiner-Saiko, Theodor. Das Recht der journalistischen Berichterstattung . Unter besonderer
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Günther, Klaus. Fairness in den Medien. 1999 .
Hamm, Ingrid. Verantwortung im freien Medienmarkt. Internationale Perspektiven zur Wahrung
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Holoubek, Michael; Kassai, Klaus; Traimer, Michael. Grundzüge des Rechts der Massenmedien3.
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Jungmann, Judith A..Medien und/ohne Moral. Die Entwicklung des wissenschaftlichen Diskurses über
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Kloepfer, Michael. Innere Pressefreiheit und Tendenzenschutz im Liche des Artikel 10 der
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Logemann, Anika. Grenzen der Menschenrechte in demokratischen Gesellschaften. Die demokratische
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