- GEOCITIES.ws

Werbung
Michael Haller und Helmut Holzey: Medien - Ethik
Die Frage nach einer Medienethik
 Ausgangssituation: Politiker: vertrauten dem Gesetzgeber, dass er die Rechte und Pflichten der Medien gut abgewogen habe
(unter Wahrung der „öff. Aufgabe“)
 Journalistenverbände: glaubten an Einschränkung der Pressefreiheit
 Verleger: fürchteten Einschränkung ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit
 Medienwissenschaft: war zuviel mit Medienforschung beschäftigt
 1956 Gründung Deutscher Presserat
 bis heute kein Lehrbuch für ethisches Handeln im Berufsjournalismus
 Anfang 80er Jahre (elektron. Medien wurden alltäglicher, Medienkonsum der Menschen auch in ihrer Freizeit):
Medienwirkung und Legitimation journalistischen Handelns rückt ins Blickfeld
 Manfred Rühl und Ulrich Saxer sahen „Ethikbedarf“ als „moralisches Steuerungspotenzial“ (1981): individualistisches
Ethikprinzip: Achtung eines Menschen vor dem anderen
 Gegenposition: Hermann Boventer: sozial- und kulturanthropologische Handlungsmaxime
 Terminologie: in Umgspr. Moral (lat.: mos: Sitte/Brauch) = Ethik (griech.: ethos: Gewohnheit/Sitte), Moral als
Handlungsnormen für die gesellsch. Praxis, Etihk als Lehre vom menschl. Handeln
 Printmedien-Journalismus früher: Vermittlung von Inhalten „ethisch-neutral“  mit elektron. Massenmedien schwindet
diese Einstellung: nicht nur wie, sondern was vermittelt wird, steht im Zentrum der Frage nach den Wirkungen  ungeklärt,
ob moralisch normierbar, welche Inhalte gezeigt werden, welche nicht
Steigende Nachfrage nach Medienmoral - Ursachen und Perspektiven
a) Diskussion über journalistische Ethik in Dtl. - eine Zwischenbilanz
(Stephan Ruß-Mohl, Berthold Seewald)
 Diskussion über Journalismus- und Medienethik in BRD erst spät eingesetzt, zeitweise tabuisiert, auch „Watergate-Affäre“
und „Walraff“ änderten daran nichts
 breite Diskussionen kamen erst auf bei: Fälschung der Hitlertagebücher (stern, 1983), Gipfelpunkt: Fall „Barschel“ (1987)
 Begriff „Katastrophenjournalismus“ kam auf (Grubenunglück in Borken, Flugzeugabstürze in Remscheid und Ramstein),
1988; ebenso: Geiseldrama von Gladbeck  Journalisten in Kontakt mit den Geiselnehmern  Voyeurismus,
Medienereignis, schlechte Recherche (Schlagworte)
 Ethik als Medium zur Steuerung gesellsch. Prozesse, Medien müssen in gesellsch. Machtkontrolle eingebunden werden 
Gefahr des Missbrauchs der Pressefreiheit ohne Selbstbeschränkung und -kontrolle
 Ethikdiskussionen basieren auf Infrastrukturen des Journalismus (=Subsysteme des Mediensystems) wie: z. B. Presserat,
journalistische Aus- und Weiterbildung, Fachzeitschriften und Infodienste, Bürgerinitiativen, Medienforschung  tragen
dazu bei, Normen in den Köpfen der Rezipienten und Macher zu verinnerlichen
b) Gründe für die Nachfrage nach Medienmoral (Jörg Paul Müller)
 Haller: journalist. Ethik steht im Zshg. mit „öffentl. Aufgabe“ der Medien in der modernen Demokratie, also mit Bezug auf
staatsrechtliche Kategorien  würde der Öffentlichkeitsdienst der Medien im Vorhof des politischen Systems liegen, so
wäre das Institut „Öffentlichkeit“ ein verfassungsrechtlich gesicherter Prozess des Fragens und Öffentlichmachens
 demokratische Medienverfassung konstituiert durch rechtlich gesicherte Grundsätze wie Pressefreiheit oder
Persönlichkeitsschutz
 Habermas und Apel: Diskursethik (Diskurs: method. aufgebaute Abhandlung): jedes sprachfähige Subjekt kann am Diskurs
teilnehmen, neue Vorschläge etc. einbringen
 Medienmoral und rechtliche Verfassung als Normbereich und vermittelndes Element zwischen freiheitslegitimierender
Moral und freiheitssichernder Rechtsverfassung
 „Medienpolizei“: als notwendige Ordnungsfunktion; stärkere Diskurspartner nehmen schwächere in Schutz
 jeder soll das gleiche Recht zu Gesprächsteilnahme und Gehörtwerden haben  dieses bedarf aber einer strukturierenden
Organisation
 inhaltl. Bewertung und Regulierung der Meinungsbildung sind unzulässig  daher Diskurspolizei, soll Regeln des Diskurses
wahren
 Verfassung will mit der Garantie der Meinungsfreiheit ein Gegengewicht sichern: auch das Alternative, Unpopuläre soll
Sprachraum haben  Schutz von Minderheiten
 nicht Reproduktion von herrschenden Einheiten/Systemen, sondern Produktion von noch nicht anerkannten,
zukunftsweisenden Perspektiven
 Ethik = Lehre von der Sittlichkeit, Moral = Sittlichkeit
 normative Ethik: innere Betrachtungsweise, z.B. „Darf ich dies wirklich tun?“
 deskriptive Ethik: äußere Betrachtungsweise, z.B. „Hält der Politiker X es für richtig, zu lügen?“
 moralische Urteile müssen universalisierbar sein, d.h. frei von allen individuellen Bezügen; nicht eine neue Moral wird
gebraucht, sondern die Durchsetzung der guten alten Moral
 Journalist sollte Unterschied zwischen Faktenaussage und Werturteil kennen, also: Trennung von Nachricht und Meinung
 Ethik als Maulkorb der Medien (bezogen auf Pressefreiheit im Laufe der Geschichte)
Erträge der Medienwirkungsforschung für eine Medienethik (Klaus Schönbach)
 ethisches Handeln von Journalisten: a) ein Verhalten bei der Produktion und Distribution von Medienbotschaften, b) das auf
Grundlage bestimmter Werte als richtig angesehen wird und c) das möglich und zumutbar ist
 Medienwirkungsforschung: Folgen journalistischen Handelns für das Publikum
 Massenmedien erzeugen für ihr Publikum Bilder der Wirklichkeit in allen Bereichen menschlichen Lebens (Vorstellungen
vom politischen- oder Familienleben vorgelebt)
 ethisch korrektes Verhalten beginnt schon bei Thema/Recherche/in der (Chef-) Redaktion  gleich nachdenken über die
Folgen, bevor man zu arbeiten beginnt
 um Konkurrenzposition auf dem Medienmarkt zu sichern: Gefahr des Ethik-Verstoßes (Publikum könnte abspringen,
Einfluss der Werbewirtschaft)
 Medienmarkt wächst zunehmend, damit steigt Arbeitsleistung auf diesem  ethische Verpflichtungen können aufgeteilt
werden: nicht nur Journalisten haben ethische Verantwortung zu tragen, sondern auch Agenturen, PR-Büros etc.
Fazit und Perspektiven:
 Medienethik: schwach ausdifferenziertes, widersprüchliches und damit auch nur partiell wirksames Steuerungssystem der
Medienaktivitäten
 Fähigkeit des Mediensystems zur Selbstkorrektur ist schwach ausgeprägt, soweit vom Markt nicht erzwungen
 „Glücksspieler-Ethik“ vs. Verrechtlichung
 Ethik im ör. Rundfunk: keine einzelnen Abweichungen/Spezialisierungen, da wegen öff. Programmauftrag alle
angesprochen werden und befriedigt werden sollen  keine Berücksichtigung auf spezielle religiöse oder politische
Einstellungen möglich
 Privatfunk: Spezialisierungen möglich, wenn Marktlage, Zielpublikum und finanzielles Polster gegeben
 Journalismusethik: als Komplement zur Medienethik; individuelle moralische Selbstverpflichtung bis hin zur Rücksicht auf
sittliche Normen, Markt-, Politik- und Rechtszwänge
Journalistisches Handeln in der Praxis
Hermann Meyn: Der Journalist im Dienste von Informationsanspruch und Informationspflicht
- Grundfrage: Wann soll Journalist auf Informationen bestehen und wann nicht?
- Antwort: Pressekodex mit 16 Grundsätzen
- 1. Achtung vor der Wahrheit und wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberstes Gebot der Presse.
- Widerspruch zwischen Prüfen und möglichst schnellen Liefern von Informationen
- 2. Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in Wort und Bild sind mit der nach den Umständen
gebotenen Sorgfalt auf ihren wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf nicht entstellt werden. Unbestätigte Meldungen sind so
kenntlich zu machen.
- Boulevardzeitungen verletzen diesen Grundsatz besonders oft, da hohe Auflage winkt
- 3. Veröffentlichte Nachrichten, die sich nachher als falsch erweisen, sind unverzüglich richtigzustellen.
- "Notorisch unterentwickeltes selbstkritisches Bewußtsein" deutscher Medien macht das unwahrscheinlich
- 4. Bei der Beschaffung von Nachrichten sind keine unlauteren Mittel anzuwenden.
- Barschel im Hotel war unlauter
- Wallraff nicht, da die Ergebnisse das Mittel rechtfertigten (Presserat)
- 8. Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen, es sei denn, das private Verhalten betrifft die
Öffentlichkeit. Dabei dürfen keine Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt werden.
- Abwägung zwischen Informationspflicht und Persönlichkeitsrecht nötig
- Toter Barschel - Foto war richtig (Presserat), zeitgeschichtliches Dokument
- Würde des Menschen soll aber unangetastet bleiben
- Leistung des Pressekodex sei, dass er Journalisten Leitfaden für ethisches Verhalten gibt
- PK gilt nur für Presse, nicht für Rundfunk
- abschreckende Beispiele: Gladbeck, Ramstein
- Journalisten können sich nicht pauschal auf Informationspflicht berufen
- Aber auch nicht immer unbeschränkt informieren, da sonst Informanten verloren gehen (vor allem im politischen
Journalismus und Lokalen)
Roderich Reifenrath: Handelt der Journalist als Teil der Gesellschaft?
- Grundfrage: Wie bedeutend ist die Rolle der Journalisten in der Gesellschaft, immerhin garantieren sie mit dem Transport
von Informationen das Funktionieren ganzer Systeme?
- Unlust der Journalisten, sich mit den eigenen ethischen und rechtlichen Grenzen auseinanderzusetzen, entsteht aus
privilegierter Stellung (Beherrscher der Kommunikationssysteme und bei Kritik Berufung auf "Vierte Gewalt")
-
Für "Vierte Gewalt" fehlt jedoch rechtliches Fundament
Journalisten sind überall dabei, aber selten willkommen; da Selbstrechtfertigung: Abhängigkeit nicht einseitig
Barschel und Gladbeck --- Eindruck entstand, Journalisten seine außerhalb der Gesellschaft und Normen angesiedelte
Wesen
Grundlage könnten Nebensätze von Urteilen des BVG sein (zu Art. % - Meinungsfreiheit)
These: Journalisten liefern nur, was Konsumenten wollen, reflektieren also nur die Gesellschaft
Journalisten haben Gesellschaftsstrukturen aufdeckende Funktion und müssen deshalb mit Risiken arbeiten
Ambivalenz zwischen Gebraucht-Werden und Verachtung, steändige Drohung des Reputationsverlusts
Spannungsverhältnisse sind nicht auflösbar, dürfen aber auch nicht in feindselige Ablehnung umschlagen
Journalisten müssen verantwortlich recherchieren mit ethischen Maßstäben --- "Erkenntnisinteresse"
Keine Anmaßung, größere Bescheidenheit und behutsamer Umgang mit heikler Ware
Manfred Buchwald: Ist Ethik eine journalistische Handlungsmaxime
- Grundannahme: Medienwohlstand in der BRD; erreicht die gesamte Bevölkerung; Bürger verbringt größten Teil der
Freizeit mit Massenmedien; Meiden suchen kommerzielle oder gesellschaftliche Akzeptanz; Medien wollen Rezipienten
kennen
- Informationen müssen immer schneller geliefert werden (wegen kommerziellem Interesse) --- Scheckbuchjournalismus
- Journalisten produzieren eine Wirklichkeit, die sich am Ungewöhnlichen orientiert
- Zutreffende Abbildung der Wirklichkeit unmöglich (Fragmentsammlung wird für Ganzes gehalten)
- Rechtliche Vorgaben: Landespressegesetze
- Informationen müssen geprüft werden
- Zeugnisverweigerungsrecht (Problem: Journalist kann auch falsche Informationen verbreiten)
- Auskunftspflicht der Behörden (Problem: können sich immer auf Geheimhaltung berufen)
- Presserat - zahnloser Tiger
- Rügen wurden viele Jahre oft gar nicht abgedruckt, erst später verpflichteten sich Verleger dazu
- Im Zweifelsfall siegt Profitinteresse über ethische Ansprüche
- öffentlich - rechtlicher Rundfunk hat festgeschriebene ethische Normen als Rechtsvorschriften
- doch auch die drohen kommerziellen Interessen zum Opfer zu fallen
- Forderung: Normen des Presserats sollen fester Bestandteil von Arbeitsverträgen bei Journalisten werden
Oskar Reck: Spielen Journalisten eine politische Rolle? (Schweiz)
- Eingangsthese: Kulturpessimismus in der Gesellschaft verbreitet, der besagt, dass Journalisten und Demokratie geradlinig
erodieren, also Werte verlorengehen. ------ sei falsch
- Seit Aufklärung ist zwar staatlicher Druck gewichen, doch jetzt gibt es privaten Druck
- Unbeeinflussbare Publizisten gibt es nicht
- Journalist gewinnt öffentliches Vertrauen durch Kontinuität, verliert es aber wieder, wenn er es kommerziell ausbeuten
möchte
- Mangel an Anstand bei publizistischen Streits---- schwer für Einzelnen, anders zu handeln, weil das Umfeld so ist
- Üblich ist deshalb Ausweichen auf harmlose Berichterstattung --- das sei gefährlich für Demokratie
- Intakte Berufsauffassung: Journ. gibt weder gesellschaftlich Opportunen noch dem Verleger ohne Weiteres nach
- Relevante Personen und Ereignisse : Journl. Muss überzeugen, dass beschriebenes Thema wichtig ist
- Sachkunde: Fachwissen auf einem Gebiet, um in generellen Themen nicht vorschnell zu schlussfolgern
- Berufsroutine ist die größte Gefahr für diese Fähigkeiten --- immer nur zeitlich und sachlich wissenschaftliche Sachkunde
- Originalitätswahn in der Sprache führt zur Bildung von Klischees
- Wirtschaftliche Notlagen zwingen Verleger immer wieder zu Konzessionen an die Berichterstattung
- Beispiele für gesellschaftlich verpflichteten Journalismus: "Zeit" und "Independent"
Michael Haller: Die Journalisten und der Ethikbedarf
- Frage: Was ist mit Medien- und Journalismusethik eigentlich gemeint
- Unter den Begriff Journalist fallen unzählige Berufe, deshalb sind integrale Berufsnormen irreführend
- Ethikrelavante Handlungen: Sammeln, Auswählen, Bearbeiten und Bereitstellen von "aktuellem Wissen"
- Unterscheidung zwischen Information und Unterhaltung ist sinnlos, da beides ineinander überfließt
- Deshalb Klassifizierung zwischen fiktionalen und reale Verhältnisse referierenden Journalismus
- U - Journalismus: Auf Animation angelegt, Medium selbst ist Thema, inszenierte Massenkommunikation
- Mitmachsendungen, Spielfilme, Talkshows, Ratgeber, Horoskope --- dominiert alle Sender
- Jugendschutz, Persönlichkeitsrechte, allgemeine Rechtsvorschriften sind einzige Schranken
- Zusammenahng zwischen medialer und realer Gewalt bestünde, ist nur nicht nachgewiesen
- Da nicht nachgewiesen, fühlt sich niemand zuständig, was zu ändern
- Würde hier Verantwortungsethik angewandt, müsste größter Teil verboten werden, da über die Folgen nichts bekannt
ist --- pluralisierte Gesellschaft ist unfähig, hier generelle Normen zu schaffen (Autonomie des Bürgers)
- Einzige Maxime: fiktionaler Charakter muss kenntlich gemacht werden
- Wird oft verhindert, weil gerade Schein des Realen Verkauf fördert (BILD)
-
E - Journalismus: vermittelnde Beziehung zur Welt, Ereignis unabhängig vom Journalisten, direkt oder indirekt auf
Geschehnisse bezogen (Informationsjournalismus)
- Berufsverständnis Grundlage für Presserecht und -ethik
1. Informationsinput: Beschaffen und Überprüfen von Informationen
2. Inf.umsetzung: Beurteilen und Rekonstruieren in einen Sinnzusammenhang
3. Ordnen: Melden, Berichten, Nacherzählen, Beschreiben und Einschätzen, Deuten (Kommentieren)
4. Gestalten: abhängig vom Medium
Problem von kodifizierten und sanktionierbaren Berufsethos:
- keine unstrittige Zieldefinition (wie bei Ärzten), Wirkungszusammenhänge ungeklärt
- Anwalt dient übergeordneten System, diese Rolle lehnen viele Journalisten ab
Deshalb:
- funktionale Parteilichkeit: Journ. als Anwalt der Öffentlichkeit (aber nicht öffentlicher Gruppen)
- Unvoreingenommenheit, alles für möglich halten (wie Anwalt)
- Öffentlichkeitsprinzip ist durch Demokratieprinzip begründete Funktionsnorm des Journalismus
- Geht zurück auf Gedanken der politischen Teilnahme, dieses Recht wurde teilweise an die Medien delgiert
- Führt zu Professionalitätsregeln:
1. Recherchen sind zu überprüfen (Gegenrecherche)
2. Gleiche Distanz zu allen Seiten
3. Informationen sind als Versionen darzustellen, Konflikte nicht zu unterdrücken
4. Nachrichten sind so darzustellen, dass sie zur Partizipation eignen
5. Öffentlichmachen hat Priorität vor partikularen Geheimhaltungsinteressen, näheres regelt das Recht
6. Darstellung der Komplexität hat sich nach Alltagswelt zu richten, nicht nach medientechnischen Aspekten
7. Rezipienten sind als handlungsfähige Subjekte durch die Berichterstattung anzusprechen
Das Matroschka - Syndrom: funktionsethisches Dilemma des E - Journalisten
- E - Journalist ist nicht fähig, diese Funktionsnormen einzuhalten, da er durch Organisationsnormen des Redaktionsbetriebs
daran gehindert wird (fremde Kriterien der Redaktionsleitung, diese wiederum durch den Verleger oder Intendanten, dieser
durch marktbezogene Prämissen und Zwecke)
Genannte Normen sind Kern der Matroschka, Beschränkungen ergeben sich aus
1. Journalistenausbildung: Keine ausreichende Schulung über Verzahnung zwischen Handwerk, Redaktionsorganisation
und Berufsethik
2. Redaktionsorganisation: Installation angeblicher Sachzwänge, die dann nicht wahrgenommene Verantwortung
entschuldigen sollen. Informationsverarbeitung wird zum Textmanagement oder Moderatorenjob.
3. Medienorganisation: Marktorientierung verdrängt publizistische Motivationen. Journalismus im Dienst des Marktes
4. Spirale des Wettbewerbsdrucks. E - Journalismus wird durch U - Journalismus verdrängt (wegen Kommerz)
5. Partei- und Interessengruppen: Aufsichtsräte bei ÖR Rundfunk; gilt auch für Lokaljournalismus
- Journalismusethik ist alles, was dafür geeignet ist, professionelle Handlungs- und Verfahrensweisen zu rechtfertigen,
solange Funktionsnormen berücksichtigt werden
- Graben zwischen erforderlichem und tatsächlichem Journalismus muss enger werden, darf jedenfalls nicht breiter werden
Ludwig Hasler: Die Tugend des Unterlassens - Ethik wirkt auch negativ
- es findet stetiger Wertewandel statt
- deshalb gibt es nicht das handlungsleitende Gute --- muss von Fall zu Fall geprüft werden
- das kann zu Handlungsverweigerung führen, da Folgen nicht absehbar sind - "negative Ethik"
- Folgen des Lassens muss mit Folgen des Tuns abgewogen werden - darf aber nicht aus Risikounlust geschehen
- Funktion der Medien ist es, durch Herstellen von Öffentlichkeit Ethikbefähigung des einzelnen herzustellen, nicht selbst als
moralische Instanzen aufzutauchen - "Tugend des Tuns"
Die Tugend des Unterlassens
1. Aus Takt: Empfindsamkeit für Situationen, die Privats- und Intimssphäre berühren - auch wenn der Betroffene das so will
2. Aus Pflicht: Wenn Arbeiten, die im öffentlichen Interesse und Auftrag sind, behindert werden (Gladbeck)
3. In eigener Sache: Zu viele unterschiedliche Positionen verunsichern Rezipienten; Zweck (offene Gesellschaft) geht vor
Mittel (kontroverse Publizistik)
Recht und Moral im Journalismus
Udo Branahl: Der Beitrag des Rechts zur Förderung von "gutem" beruflichem Verhalten des Journ. in der BRD
These: Es besteht kein Mangel an Differenziertheit im Medienrecht!
- Staat ist durch BVG verpflichtet, Funktionsfähigkeit der Medien nicht beeinträchtigen zu lassen
- Näheres siehe Presserecht
- Rechtsnormen sind dort effektiv, wo sie dem Journalisten Schranken setzen
- Weiter kann der Staat nur versuchen, organisatorische Rahmenbedingungen zu schaffen um erwünschte Organisationsziele
zu erreichen
- Pluralistische Aufsichtsratsgremien und Programmanbietergruppen
Peter Nobel: Das Rechtssystem der Schweiz - wird übergangen!
Walter Berka: Österreich - ebenfalls übergangen!
Helmut Hlozhey: Sind Journalisten Esoteriker? Nö, isser nich, Schluss! Ist unwichtig!
Perspektiven des Medienwandels
Arnold Künzli: Wie die Ethik zur Narrenfreiheit verkommt (Schweiz)
Grundannahme: Meienunternehmen sind Wirtschaftsunternehmen im konventionellen Sinn -- Wachstumszwang
- Medienethik ist Freiheit von wirtschaftlichen Zwängen
- Kapitalistisches Prinzip lässt Standards nicht zu, da die wirtschaftliche Regeln konterkarieren (verbreitete Auffassung)
- Journalist kann nicht, wie er soll --- "Strukturelle Verantwortungslosigkeit"
- Ethik wird in Wirtschaft meist als Verminderung von Konkurrenzfähigkeit gesehen
- Forderung: Damit eine Wirtschaftsethik entstehen kann, muss sich die Gesellschaft wandeln, Ethik muss sich erst in Politik
verwandeln.
Verena Doelker - Tobler: Fernsehen - Die Nachfrage nach Programm - Qualität wird zunehmen
These: Im Fernsehen gibt es keine Innovationen, nur Unterschiede in der Aufmachung; Argumente in Diskussionen (z.B.
Gewalt) sind schon immer gleich
In welche Richtungen sind Innovationen nötig?
- Rezipientenorientierte Angebote: B - Journalismus (Bildung) als dritte Säule
- Hinwendung zum Publikum (Zielgruppenfernsehen)
- Zuschauerfreundliche Mediendramaturgie (Rezeptionshilfen bei Kinderfernsehen)
- Aktiver Verarbeitungsprozess muss ermöglicht werden (zusätzliche Nutzungsstrategien schaffen)
Hans Kleinsteuber: Neue Medien - Neue Technik - Neue Moral?
- Verantwortungsethik (Weber) + Technikethik
- Medienbetriebe sind hoch technologisiert, während der Journalist immer noch relativ traditionell arbeitet
- Mit fortschreitender Technik sind immer größere Reichweiten für Journalisten möglich, die so kaum verantwortungsethisch
abschätzen können
- Rahmenbedingungen für ethisches Verhalten ändert sich stetig, der Journalist aber nicht
- "Fernethik": nah- und Fernwelt verschmlezen auf Bildschirm -- Flucht in Folgenlosigkeit der Ferne
- nötig ist Souverenität der Journalisten über die Technik, die sie sonst determiniert
- Gesinnungsethik ist für Journalisten nicht tragbar, da die Folgen nicht absehbar sind und andere betreffen
Christian Doelker: Wege zur veränderten (Bild-)Sprache des Fernsehens
- Medien sorgen für Wahrnehmungsänderung beim Rezipienten - Wirklichkeit scheint als Fiktion
- Gab es nur im Abendland: Bilder sollten der Wirklichkeit möglichst ähnlich sein, so dass Realität mit Fiktion verschwimmt
- Besonderheit des westlichen Kulturkreises
Herunterladen