Biographische Notizen

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Biographische Notizen
Literaturwandern
Auf den Spuren von Ingeborg Bachmann
Biographische Notizen
Ingeborg Bachmann wird am 25. Juni 1926 in Klagenfurt,
als erstes Kind von Olga (geb. Haas) und Matthias
Bachmann, geboren. 1928 kommt die Schwester Isolde
[Moser] zur Welt, 1939 wird der Bruder Heinz geboren. Die
Familie Bachmann wohnt bis 1933 in der Durchlaßstraße
Nr. 5 (heute Nr. 35). Im Jahr 1933 übersiedelt die Familie
Bachmann in ein Haus in der Henselstraße am Fuße des
Kreuzbergls, das noch im Familienbesitz steht. Ingeborg
Bachmann lebt hier bis zum Jahr 1945.
1932 – 1938: Ingeborg Bachmann besucht die
Volksschule und das Bundesrealgymnasium in Klagenfurt.
Nach dem so genannten „Anschluß“ Österreichs an das
Dritte Reich besucht Ingeborg Bachmann, von 1938 bis
1944 die staatliche „Oberschule für Mädchen“ in der
Ursulinengasse.
1944/1945 belegt Ingeborg Bachmann einen
Abiturientenkurs an der Klagenfurter Lehrerbildungsanstalt.
1945 verläßt Ingeborg Bachmann Klagenfurt und geht
nach Innsbruck, später nach Graz, um dort Philosophie
(und Jura) zu studieren. 1946 erscheint ihre Erzählung Die
Fähre in der Zeitschrift „Kärntner Illustrierte“, die in
Klagenfurt herausgebracht wird. 1946 – 1950 Fortsetzung
des Studiums (Philosophie, Germanistik und Psychologie)
in Wien. Begegnung mit Paul Celan, der aber nur kurze
Zeit in Wien bleibt und sich schließlich in Paris
ansiedelt.
1948 – 1949: Veröffentlichung erster Gedichte in der
Zeitschrift „Lynkeus. Dichtung, Kunst, Kritik“ in Wien. Der
einflußreiche Autor und Kritiker Hans Weigel wird auf
Ingeborg Bachmann aufmerksam. Freundschaftliche
Beziehung zu der Schriftstellerin Ilse Aichinger.
1950: Dissertation: Die kritische Aufnahme der
Existentialphilosophie Martin Heideggers.
1950 – 1951: Reisen nach Paris und London. Ingeborg
Bachmann arbeitet als script-writer und Redakteurin beim
Sender „Rot-Weiß-Rot“ der amerikanischen
Besatzungsmacht in Wien. Hans Werner Richter,
Zentralfigur der Gruppe 47, lernt in Wien Ingeborg
Bachmann kennen und liest erstmals ihre Gedichte.
Verbindungen zur dieser einflußreichen Gruppe bestehen
auch über den Schriftsteller Milo Dor.
1952: Hörspiel Ein Geschäft mit Träumen. Gedichtzyklus
Ausfahrt im Jahrbuch „Stimmen der Gegenwart“ (Wien),
das von Hans Weigel herausgegeben wird. Einladung zur
Lesung bei der Gruppe 47 in Niendorf an der Ostsee.
Bachmanns Lesung verläuft - im Gegensatz zu jener von
Paul Celan - erfolgreich. Erste Reise nach Italien.
1953: Beendigung der Arbeit beim Sender „Rot-WeißRot“. Bachmann erhält den Preis der Gruppe 47. Sie zieht
nach Forio auf der Insel Ischia - als Nachbarin des deutschen Komponisten Hans Werner Henze - und nach Neapel. Aufenthalt in Rom. Gedichtband Die gestundete Zeit.
1954: Fördergabe des Kulturkreises im Bundesverband
der Deutschen Industrie. 1955 Hörspiel Die Zikaden mit
Musik von Hans Werner Henze im Nordwestdeutschen
Rundfunk Hamburg. Reise in die USA zum internationalen
Seminar der Harvard Summer School of Arts and Sciences
and of Education, Harvard University, Cambridge. Einer der
Vortragenden ist der spätere US-Außenminister Henry
Kissinger.
1956: Der Gedichtband Anrufung des großen Bären
erscheint.
Auf den Spuren von Ingeborg Bachmann
der deutschen Bildhauerin Chrysille Schmitthenner-Janssen,
die im Robert-Musil-Literatur-Museum ausgestellt ist.
1958: Das Hörspiel Der gute Gott von Manhattan wird
als Gemeinschaftsproduktion des Bayerischen Rundfunks
und des Norddeutschen Rundfunks Hamburg ausgestrahlt.
1958 – 1962: Mit Max Frisch in Rom und in Zürich.
Die Beziehung der beiden Schriftsteller scheitert.
1959: Hörspielpreis der Kriegsblinden für Der gute Gott
von Manhattan.
1959 – 1960: Ingeborg Bachmann wird die erste
Dozentin der Gastdozentur für Poetik an der Universität
Frankfurt am Main.
gehörig, kommt heraus. Ein Jahr später erscheint der Band
Simultan (Erzählungen). Verleihung des Anton-WildgansPreises der Vereinigung österreichischer Industrieller an
die Autorin.
1973: Lesungen in Warschau und an den Universitäten
Krakau, Breslau, Thorn und Posen. Fahrt zu den
Konzentrationslagern Auschwitz und Birkenau.
Am 17. Oktober Tod nach einem Brandunfall in der
römischen Wohnung. Am 25. Oktober: Beisetzung auf
dem Friedhof Klagenfurt-Annabichl.
Werkausgabe:
1960: Uraufführung der Oper Der Prinz von Homburg
(Libretto von Ingeborg Bachmann, Musik von Hans Werner
Henze) an der Hamburger Staatsoper
Ingeborg BACHMANN: Werke, herausgegeben von Christine Koschel, Inge
von Weidenbaum und Clemens Münster,
4 Bde., München-Zürich: Piper, 1993.
1961: Bachmann publiziert einen Band mit Erzählungen
unter dem Titel Das dreißigste Jahr. Literaturpreis 1960/61
des Verbandes der Deutschen Kritiker (Berliner Kritikerpreis). Außerordentliches Mitglied der Abteilung Literatur
der Akademie der Künste Berlin
Jugend in einer österreichischen Stadt
und Drei Wege zum See finden Sie in:
Ingeborg BACHMANN: Werke, Bd. 2
Erzählungen, München-Zürich:
Piper 1993
1963: Einjähriger Aufenthalt in Berlin mit einem
Stipendium der Ford-Foundation. Kontakt zu Witold
Gombrowicz, der ebenfalls als Stipendiat in Berlin lebt
sowie zu Günter Grass und Reinhold Lettau. Mehrere
Krankenhausaufenthalte.
vgl. auch Uwe JOHNSON: Eine Reise nach Klagenfurt,
Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1974 (= suhrkamp
taschenbuch 235).
1964: Reisen nach Prag, Ägypten und in den Sudan mit
Adolf Opel. Verleihung des Georg-Büchner-Preises durch
die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in
Darmstadt.
Für den Inhalt verantwortlich:
1957: Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen
(Rudolf-Alexander-Schröder-Stiftung) für Anrufung des
Großen Bären. Bachmann wird korrespondierendes Mitglied
der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in
Darmstadt. Gedichte Im Gewitter der Rosen und Freies
Geleit. Die Gedichte werden von Hans Werner Henze
vertont.
1965: Rückkehr nach Rom. Premiere der Oper Der junge
Lord an der Deutschen Oper Berlin (Libretto: Ingeborg
Bachmann, Musik: Hans Werner Henze).
1957 – 1958: Dramaturgin beim Bayerischen Fernsehen
in München. In dieser Zeit entsteht die Bachmann-Büste
1968: Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur.
1971: Malina, als Roman zum Todesarten-Projekt
Robert-Musil-Literatur-Museum
der Landeshauptstadt Klagenfurt
Heimo Strempfl
Telefon: 0463-501429
www.info.klagenfurt.at
[email protected]
Grafikdesign: Atelier Kalian, Klagenfurt
Fotos: © Ingeborg Bachmanns Erben
Literaturwandern
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Auf den Spuren von Ingeborg Bachmann
Der ideale Ausgangspunkt für die Wanderung ist das Robert-MusilLiteratur-Museum, welches sich in der Bahnhofstraße Nr. 50 (gleich
gegenüber dem Klagenfurter Hauptbahnhof) befindet, im
Geburtshaus des Romanciers Robert Musil.
ROBERT-MUSIL-LITERATUR-MUSEUM (Tel: 0463-501429;
Öffnungszeiten: MO – FR: 10-17 Uhr, SA 10 – 14 Uhr, Eintritt: EURO
2,90 bzw ermäßigt EURO 1,40)
Der Einmarsch der NS-Truppen in Österreich im März 1938 und die
ständigen Aufmärsche auf dem Neuen Platz in diesen Tagen
beeinflußten die Autorin Ingeborg Bachmann: „Es hat einen
Moment gegeben, der hat meine Kindheit zertrümmert. Der
Einmarsch von Hitlers Truppen in Klagenfurt. Es war so etwas
Entsetzliches, daß mit diesem Tag meine Erinnerung anfängt ...
diese ungeheure Brutalität, die spürbar war, dieses Brüllen,
Singen, Marschieren - das Aufkommen meiner ersten Todesangst ...“, (Ingeborg Bachmann in einem Interview mit Gerda
Bödefeld. In: Brigitte, Nr. 27 [1971], S. 62).
Vom Heiligen-Geist-Platz aus gelangen Sie zu Fuß in die vor
dem Landhaus beginnende Ursulinengasse. Hier finden Sie
Ingeborg Bachmanns altes Gymnasium.
„... zum See ging man zu Fuß, und das große städtische Strandbad vermieden sie, sie waren immer weiter gewandert zu
dem kleinen Bad Maria Loretto. See und Loretto gehörten für
Elisabeth [Matrei] unzertrennbar zusammen ...“, (Drei Wege zum
See, S. 411).
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6. Kreuzbergl
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Von der Station „Hauptbahnhof“ aus, die direkt vor dem Musil-Haus
liegt, führen die Buslinien Nr. 40, 41 oder 42 bis zur Station „HeiligenGeist-Platz“. Von dort aus sind es nur wenige Schritte bis zum
Neuen Platz.
In ihrer Erzählung „Jugend in einer österreichischen Stadt“
(1959) erwähnt Ingeborg Bachmann den Neuen Platz und seine
törichten Denkmäler: „Der heilige Georg steht auf dem Neuen
Platz, steht mit der Keule, und erschlägt den Lindwurm nicht.
Daneben die Kaiserin steht und erhebt sich nicht ...”, (Jugend in
einer österreichischen Stadt, S. 92).
8. Loretto-Bad am Wörther See
„Eines Tages ziehen die Kinder um in die Henselstraße. In ein Haus
ohne Hausherr, in eine Siedlung, die unter Hypotheken zahm und
engherzig ausgekrochen ist ... Sie sind Besitzer eines Gartens
geworden, in dem vorne Rosen gepflanzt werden ...“. (Jugend in
einer österreichischen Stadt, S. 87). Das Haus befindet sich auch
heute noch im Familienbesitz: „Weil ich, in jener Zeit, an jenem Ort
unter Kindern war und wir neuen Platz gemacht haben, gebe ich die
Henselstraße preis, auch den Blick auf den Kreuzberg ...“, (Jugend
in einer österreichischen Stadt, S. 92).
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Der Bachmann-Raum im Museum ist zentraler Punkt eines Netzes von
Schauplätzen, das sich über Klagenfurt spannt, vom Wörther See, der
auf den berühmten „drei Wegen“ der Ingeborg Bachmann (1926 –
1973) erreichbar ist, bis zum Friedhof in Annabichl, wo sich die
Grabstätte der Autorin befindet. Folgen Sie den Spuren der
Bachmann „in einer österreichischen Stadt“.
1 Neuer Platz
5. Henselstraße Nr. 26
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ROBERT MUSIL
Literatur-Museum
Die Henselstraße liegt am Fuße des „Kreuzbergls“. Ursprünglich
war es ein „Steinbruchkogel“, wo man Chloritschiefer gewann,
aus dem Schwellen und Brunnenfassungen hergestellt wurden. Im
16. Jahrhundert wurde ein großer Block aus dem Steinbruch zur
Gestaltung des Lindwurms verwendet, der das Wahrzeichen der
Stadt Klagenfurt ist. 1692 wurde auf dem Berg ein großes Kreuz aufgestellt, welches ihm den neuen Namen geben sollte. Aus dem
Steinbruch führen Stollen in das Innere des Berges. Sie dienten im
Zweiten Weltkrieg als Luftschutzbunker.
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7. Drei Wege zum See
2. Ursulinengasse
3. Stadttheater
Nach dem Besuch der Mädchenvolksschule IV („Westschule“) und
des Bundesrealgymnasiums (1936 – 38) besuchte Ingeborg
Bachmann die „Oberschule für Mädchen“ in der Ursulinengasse (Der
Eingang befand sich damals im Haus Nr. 3). Diese Oberschule hatte
während der NS-Herrschaft das Mädchengymnasium der Ursulinen
abgelöst. Ingeborg Bachmann maturierte an dieser Schule im Jahr
1944: „Und eines Tages stellt den Kindern niemand mehr ein
Zeugnis aus, und sie können gehen. Sie werden aufgefordert ins
Leben zu treten ...“, (Jugend ..., S. 92). „Als der Krieg zu Ende
war, ging ich fort und kam voll Ungeduld und Erwartung nach
Wien ...“, (Biographisches, S. 301).
„An schönen Oktobertagen kann man ... neben dem Stadttheater
eine Baumgruppe in der Sonne sehen. Der erste Baum, der vor
jenen dunkelroten Kirschbäumen steht, die keine Früchte bringen,
ist so entflammt vom Herbst, ein so unmäßig goldner Fleck, daß er
aussieht, als wäre er eine Fackel, die ein Engel fallen gelassen hat.“
(Jugend in einer österreichischen Stadt, S. 84).
Das Haus in der Ursulinengasse beherbergte von 1945 bis 1965 ein
staatliches Realgymnasium, welches dann in die FerdinandJergitsch-Straße übersiedelte. Seit 1994 heißt das ehemalige
„Jergitsch-Gymnasium“ „Bachmann-Gymnasium“. In der Ursulinengasse befindet sich heute das Oberstufenrealgymnasium St. Ursula
der Diözese Gurk.
4. Radetzkystraße
Vom Stadttheater aus können Sie zu Fuß die Radetzkystraße entlang bis zum Kreuzbergl gehen oder an der Station „Künstlerhaus“
die Buslinie Nr. 60 bis zur Station „Kreuzbergl“ nehmen.
Im Jahr 1933 bezog die Familie Bachmann ein Reihenhaus in der
Henselstraße: „Sie wohnen ... eine Straße weit von der Radetzkystraße, durch die, elektrischrot und großmäulig, die Straßenbahn
fährt ...“, (Jugend in einer österreichischen Stadt, S. 87).
Auf der Wanderkarte für das Kreuzberglgebiet ... sind 10 Wege eingetragen. Von diesen Wegen führen drei Wege zum See, der
Höhenweg 1 und die Wege 7 und 8 (vgl. Ingeborg Bachmann:
Drei Wege zum See, S. 394). Der Höhenweg Nr. 1 heißt heute
Bachmannweg.
Um vom Kreuzbergl über den Weg Nr. 1 zum See zu gelangen,
benötigt man zwischen einer und eineinhalb Stunden. Der Weg
beginnt direkt am Fuße des Kreuzbergls, gleich neben der
„Landesgedächtnisstätte“.
Es empfiehlt sich, im Bereich der Zillhöhe vom Weg Nr. 1 in den Weg
Nr. 8 abzubiegen und von dort aus (über die Jerolitschstraße) bis
zum See zu gehen. Von der Haltestelle „Schrottenburg“ aus
gelangen Sie mit den Buslinien Nr. 20, 21 oder 22 wieder zurück in
die Stadt (Heiligen-Geist-Platz).
Sie können aber auch vom Weg Nr. 1 direkt zur Zillhöhe
abbiegen und über den Weg Nr. 7 an das Seeufer gelangen. Sie
erreichen dann den Christlweg, unmittelbar hinter dem „Hotel
Wörther See“. Das Strandbad und das Loretto-Bad sind dann bereits
in Sichtweite.
Von den Stationen „Strandbad“ oder „See-Halle“ erreichen Sie
mit den Buslinien 10, 11 oder 12 wieder den Heiligen-GeistPlatz in der Stadt.
9. Durchlaßstraße Nr. 35
Mit den Bussen der Linien Nr. 40 oder Nr. 42 (in Richtung
Annabichl) erreichen Sie die Station „Sonnengasse“. Wenn Sie
dann in Richtung Zentrum/Landeskrankenhaus gehen, erreichen
Sie die Durchlaßstraße.
Die Familie Bachmann lebte in diesem Haus (das früher die
Nr. 5 trug) von 1925 bis 1933. Ingeborg, ihre Schwester Isolde
und der Bruder Heinz waren die drei Kindern des Lehrers Matthias
Bachmann und seiner Frau Olga, geb. Haas. Der Vater entstammte einer Bauernfamilie aus Obervellach bei Hermagor im Gailtal,
die Familie der Mutter lebte in Niederösterreich. „In dem
Mietshaus in der Durchlaßstraße müssen die Kinder die Schuhe
ausziehen und in Strümpfen spielen, weil sie über dem Hausherrn
wohnen.“ (Jugend ..., S. 85).
10. Annabichl
Von der „Sonnengasse“ führen die Buslinien Nr. 40 und 42
weiter bis zur Station „Annabichl“ - und wieder zurück zum
Heiligen-Geist-Platz. Auf dem Städtischen Friedhof in Annabichl
befindet sich (seit dem 25. Oktober 1973) die Grabstätte Ingeborg
Bachmanns (Feld XXV, Klasse 1, Reihe 3, Nr. 16). Sie gehen von
der Aufbahrungshalle geradeaus bis zu den Ehrengräbern und
halten sich dann rechts.
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