Woche 1: Wirtschaften und Wirtschaftswissenschaften 1/1 Auszug aus dem Fernstudientext der Woche 1: Der vorliegende Text ist der erste von 40 Bausteinen, aus denen der Fernstudiengang „Betriebswirtschaft im Krankenhaus“ besteht. Jeder Baustein stellt das Arbeitspensum für eine Woche dar, wobei es durchaus möglich ist, dass Sie mehr als einen Text pro Woche durchzuarbeiten, wenn es Ihre Zeit erlaubt. Genau 10 Texte werden im Paket am Anfang einer 3-Monats-Periode verschickt, Sie können demzufolge innerhalb eines Quartals auch einige Wochen pausieren. Die 40 Texte sind in drei Module gegliedert: Die ersten 20 Texte sind dem Modul „Einführung in die Betriebswirtschaftslehre“ zugeordnet, jeweils 10 Texte den Modulen „Grundlagen des Gesundheitswesens“ und „Krankenhausbetriebslehre“. Dieses erste Modul ist dazu gedacht, Ihnen die ökonomische Denkweise und betriebswirtschaftliche Grundlagen nahe zu bringen. Es ist relativ krankenhausunspezifisch formuliert, alle Texte haben allerdings eine große Relevanz für den stationären Bereich. Aus diesem Grund werden in jedem Text auch Beispiele aus dem Krankenhausbereich erwähnt. Die spezifische Anwendung der erlernten ökonomischen Grundlagen im Krankenhaus erfolgt dann im dritten Modul. Vor den jeweiligen Texten erfolgt in kursiver Schrift immer eine kurze Einordnung des Inhalts in den Gesamtkontext des Fernstudiums. Außerdem werden Lernziele formuliert, die Sie auch am Ende jedes Textes anhand von Kontrollfragen selbständig überprüfen können. Der Text zum Thema „Wirtschaften und Wirtschaftswissenschaften“ stellt eine Einführung in die Ökonomie, die geschichtlichen Hintergründe und die Denkweise von Ökonomen dar. In der Ökonomie geht es in der Regel um Knappheitsprobleme und wie man mit der Knappheit umgeht („ökonomisches Prinzip“). Die Bedürfnisse der Bevölkerung bzw. von Patienten sind unendlich groß, es stehen aber nur begrenzte Mittel zur Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung. Dieses allgemeine Problem gilt natürlich auch für das Krankenhaus. Hier muss für eine effiziente Versorgung der Patienten gesorgt werden, eine Verschwendung von knappen (und damit teuren) Gütern und Dienstleistungen ist zu vermeiden. Themen wie die volkswirtschaftliche oder innerbetriebliche Arbeitsteilung, die Verwendung von Geld als Zahlungsmittel bzw. allgemeine Recheneinheit sowie die Funktionsweise eines Marktes sind für das Verständnis der folgenden Arbeitspapiere von Bedeutung. Ebenfalls relevant für den stationären Sektor ist die Unterscheidung zwischen Betrieben und öffentlichen Unternehmungen. Erstgenannte verfolgen als Ziel insbesondere die Gewinnmaximierung, wogegen es bei letzteren im wesentliKlinikum Nürnberg Betriebswirtschaft im Krankenhaus HERZ Woche 1: Wirtschaften und Wirtschaftswissenschaften 1/2 chen um die Kostendeckung und um die Bedürfnisbefriedigung geht. Die in jüngster Zeit verstärkt zu beobachtende Umwandlung von kommunalen Krankenhäusern in privatwirtschaftliche Einrichtungen zeigt die Brisanz dieses Themas für den stationären Sektor. Das Lernziel dieses Textes ist die Schaffung eines gewissen Grundverständnisses für ökonomische Sachverhalte. Insbesondere das „ökonomische Prinzip“ sollten Sie gründlich durchdenken und mit Ihrem eigenen Verhalten im Privat- und Berufsleben abgleichen. 1.1. Der Begriff des Wirtschaftens Gegenstand der Wirtschaftswissenschaften ist die Erforschung der Wirtschaft. Niemand kann sich den Einflüssen entziehen, die hier wirksam werden. Arbeitnehmer, Unternehmer, Hausfrauen, Rentner und Studenten treten als Akteure auf, sei es als Produzenten, Konsumenten oder Sparer. Die Wirtschaft determiniert dabei in fast totaler Weise unsere Lebensbedingungen, mit ihr lässt sich der Wohlstand mehren und die Lebensqualität verbessern. Zu den Faktoren, die für den Wohlstand einer Volkswirtschaft und den Fortschritt verantwortlich sind, zählen beispielsweise: 1. das Vorhandensein von menschlichen und natürlichen Ressourcen; 2. die Nutzung einer produktivitätsfördernden (internationalen, regionalen, nationalen, betrieblichen, personellen) Arbeitsteilung, 3. der Umfang der Mechanisierung und Automatisierung in den Produktionsprozessen, 4. die Entwicklungsrate des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts, 5. die Effizienz des Wirtschaftssystems , die die unzähligen Marktteilnehmer optimal anreizt und koordiniert. Der Motor der Wirtschaft ist der Mensch mit seinen (unerfüllten) Wünschen, die in den Wirtschaftswissenschaften als Bedürfnisse bezeichnet werden. Dieses hohe Anspruchsniveau ist auch bei den Patienten zu beobachten, die in einem Krankenhaus behandelt werden. Zur Befriedigung der prinzipiell unbegrenzten Bedürfnisse stehen (weil wir bekanntlich nicht im Schlaraffenland leben) grundsätzlich aber nur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung. Der Kern des Wirtschaftens ist also der Tatbestand der Güterknappheit. Ohne Güterknappheit gäbe es für die Menschen keine unerfüllten WünKlinikum Nürnberg Betriebswirtschaft im Krankenhaus HERZ Woche 1: Wirtschaften und Wirtschaftswissenschaften 1/3 sche und somit auch nicht die Notwendigkeit oder den Anreiz, besondere Anstrengungen in Kauf zu nehmen, um in den Besitz dieser Güter zu kommen. Zweck des Wirtschaftens ist somit die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Bedürfnisse von gleicher Dringlichkeit sind. Existenzbedürfnisse umfassen ein Mindestmaß an Nahrung, Kleidung und Wohnung, ohne dass dabei jedoch für alle Menschen eine einheitliche Norm besteht. Zusätzliche oder entbehrliche Bedürfnisse werden erst befriedigt, wenn die Grundbedürfnisse gesichert sind. Das Ausmaß ihrer Befriedigung richtet sich dabei weit stärker nach Neigung, Einkommen und Preisgestaltung als bei den Existenzbedürfnissen. Eine weitere Unterscheidung lässt sich zwischen den individuellen Bedürfnissen des einzelnen Menschen und den Kollektivbedürfnissen, die in einer Gemeinschaft auftreten und für diese erfüllt werden müssen, treffen. Grundsätzlich muss aber davon ausgegangen werden, dass die Bedürfnisse des Menschen nach Zahl und Art unterschiedlich groß sind. Die Erfahrung zeigt, dass nach der Befriedigung bestimmter Bedürfnisse andere oder weitergehende entstehen. Das Bedürfnis nach einem individuellen Fortbewegungsmittel zeigt diese Steigerung deutlich: Nach einem Kinderroller folgt eine Fahrrad, über das Mofa erwächst der Wunsch nach einem Auto, dann nach einem größeren oder verbesserten, schließlich einfach der Wunsch nach dem jeweils neuesten Modell. Wie immer solche Bedürfnisse von Natur aus gegeben sind, im Laufe der Zeit entstehen oder auch bewusst geweckt werden - sie sind „Empfindungen des Mangels“, die zu einer Nachfrage, zu einem Bedarf führen. Dieser Bedarf wird durch den Erwerb oder die Nutzung eines Gutes gestillt, worunter alle Mittel und Möglichkeiten zu verstehen sind, die dem Menschen geeignet erscheinen, seine Bedürfnisse zu befriedigen (im Gesundheitswesen z.B. durch Arzneimittel oder Behandlungen durch einen Arzt). Güter können demnach sowohl Waren (Produkte) als auch Dienstleistungen sein, die in der Regel (zumindest außerhalb des Gesundheitswesens) gegen ein bestimmtes Entgelt erworben oder beansprucht werden. Die Wirtschaft hat im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten, d.h. der verfügbaren Ressourcen, die jeweiligen Güter und Dienstleistungen herzustellen bzw. anzubieten, die zur Befriedigung der Bedürfnisse erforderlich sind bzw. nachgefragt werden. Die Wirtschaft Klinikum Nürnberg Betriebswirtschaft im Krankenhaus HERZ Woche 1: Wirtschaften und Wirtschaftswissenschaften 1/4 beschränkt sich somit auf die Befriedigung jener Bedürfnisse, die sich auf knappe Güter richten. Voraussetzung für den Warencharakter eines knappen Gutes ist dabei, dass es überhaupt Gegenstand von marktlichen Austauschbeziehungen sein kann (also verfügbar und übertragbar ist) und dass es eine bestimmte Eignung zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse aufweist. Güter, die diese Eigenschaften aufweisen, werden auch als Wirtschaftsgüter bezeichnet. Weil ihre Bereitstellung Kosten verursacht, haben knappe Güter einen Preis. Dieser Preis bestimmt mit über das Ausmaß, in dem Bedürfnisse nach diesen Gütern befriedigt werden können. Wirtschaftliche Güter werden unterteilt in materielle Güter (Sachgüter) und immaterielle Güter, d.h. Dienstleistungen (besonderes Kennzeichen ist die fehlende Lagerfähigkeit) und Nutzungsrechte (z.B. Patente). Weitere Unterscheidungsmerkmale von Wirtschaftsgütern lassen sich mühelos finden. Inputgüter werden beispielsweise benötigt, um Outputgüter zu erzeugen. Konsumgüter dienen der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung privater Haushalte; Produktionsgüter hingegen dienen der Produktion anderer Güter, d.h. sie sind nur mittelbar an der privaten Bedürfnisbefriedigung beteiligt. Verbrauchsgüter gehen nach deren (einmaliger) Nutzung wirtschaftlich gesehen unter (z.B. Nahrungsmittel, Energie, Arzneimittel), Gebrauchsgüter ermöglichen eine längerfristige Nutzung (z.B. Kleidung, Kraftfahrzeuge, Röntgengerät). Bei Nominalgütern handelt es sich um Geld und Rechte auf Geld, Realgüter sind dagegen stofflich vorhanden. Diese Unterscheidung spielt nur in einer Geldwirtschaft eine Rolle. Entscheidend bei der Gliederung von knappen Gütern ist nur, dass sie stets sauber von den so genannten freien Gütern abgegrenzt werden. Freie Güter brauchen nicht bewirtschaftet werden, weil sie ohne Mühe in beliebiger Menge zur Verfügung stehen, also kein Mangelempfinden auslösen (z.B. Luft, Sonnenwärme). Sie haben wirtschaftlich gesehen keinen Preis, d.h. es gibt keinen Menschen, der bereit wäre für ihren Besitz zu bezahlen. Allerdings nimmt die Zahl der freien Güter immer mehr ab, so ist z.B. sauberes Wasser durchaus ein knappes Gut geworden. Die Frage, ob ein bestimmtes Gut ein freies oder ein Wirtschaftsgut darstellt, kann nur situativ, also raum-zeitlich gebunden, beantwortet werden. Was an einem Ort zu einer bestimmten Zeit ein freies Gut ist, kann an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit ein Wirtschaftsgut von höchstem Wert darstellen. Klinikum Nürnberg Betriebswirtschaft im Krankenhaus HERZ Woche 1: Wirtschaften und Wirtschaftswissenschaften 1/5 (…) Klinikum Nürnberg Betriebswirtschaft im Krankenhaus HERZ