IP/03/273 Brüssel, 24. Februar 2003 Erklärung der Europäischen Gruppe für Ethik in Naturwissenschaften und neuen Technologien zur Werbung für Gentests im Internet Zweck dieser Erklärung ist es, Gesellschaft und Politik auf die Probleme aufmerksam zu machen, die die Werbung für Gentests im Internet aufwirft. Immer öfter findet man im Internet Angebote für Gentests zur Feststellung der Vaterschaft oder zur Prüfung auf eine Veranlagung für verschiedene Krankheiten – Herzerkrankungen, Diabetes usw. Die Werbung wird immer aggressiver und umfassender, auch in Europa; in einigen Ländern ist sie selbst in großen Supermarktketten, Tankstellen, Autobahnraststätten und im Fernsehen zu finden. Die Massenvermarktung von Gentests wirft einige ernste Probleme ethischer, sozialer und rechtlicher Art auf; die Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und neuen Technologien hält es für dringlich, sich damit zu befassen. Die derzeit angebotenen Informationen sind eher irreführend und unvollständig, vor allem angesichts der begrenzten Vorhersagbarkeit von Krankheiten aufgrund von Testergebnissen in Fällen, in denen mehrere Gene beteiligt sind. Oft gibt es keine ausreichenden Garantien, dass bei der Erhebung genetischer Daten, die für Tests eingesandt werden, die Bestimmungen in Bezug auf das Einverständnis des Betroffenen eingehalten werden – insbesondere gilt dies für Vaterschaftstests. Gentests ohne eine angemessene Beratung können schädlich sein; nach Artikel 12 des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin des Europarats ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit von Gentests eine „angemessene genetische Beratung“. Die Europäische Ethikgruppe erklärte in ihrer Stellungnahme Nr. 6 zu ethischen Aspekten der pränatalen Diagnose (20. Februar 1996): „Eine umfassende genetische Beratung, sowohl vor als auch nach dem Test, ist ein unverzichtbarer Teil des Tests und darf nicht von Probenahme und Test getrennt werden.“ Datenbanken mit Gentestergebnissen könnten genutzt werden, um bestimmte Personengruppen zu diskriminieren. Die Konsequenzen von Gentests sowohl für den Einzelnen wie auch für die Gesellschaft sollten umfassend bewertet werden. Angesichts der besonderen Natur der Gentests können Grundrechte verletzt werden, insbesondere das Recht auf Chancengleichheit. Die Gesundheit der Betroffenen wie auch die Vertraulichkeit der Gesundheitsdaten können beeinträchtigt werden. Die Werbung für Gentests lässt solche Tests zu einer Ware werden, und sie schafft eine Nachfrage nach Gentests, die zu sozialen und persönlichen Konflikten führen kann. Die Europäische Gruppe für Ethik in Naturwissenschaften und neuen Technologien wird sich auch in Zukunft mit dieser Frage befassen. Eine Stellungnahme zu den ethischen Aspekten von Gentests am Arbeitsplatz ist in Vorbereitung. Weitere Informationen: http://europa.eu.int/comm/european_group_ethics