Fadenstrahlrohr Bei diesen Versuchen sollen Sie das Verhalten von Elektronen in elektrischen und magnetischen Feldern kennenlernen und den Aufbau eines Fadenstrahlrohres verstehen. Ferner werden Sie mit der Verwendung von sog. Helmholtzspulen vertraut gemacht. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem rechnerischen Umgang mit den dabei wichtigen Größen. 1 Vorbereitung 1.1 Realitätsbezug Zunächst einmal können Sie davon ausgehen, dass bei Ihren Schülern bereits intrinsisches Interesse vorhanden ist, wenn Sie in der Schule mit dem Fadenstrahlrohr arbeiten. Es ist einfach hübsch anzusehen, wenn Elektronen im Kreis laufen und noch viel spannender, sie mit der eigenen Hand1 magisch abzulenken. Das Fadenstrahlrohr stellt eine Möglichkeit dar, Elektronen indirekt zu beobachten und auch ihre Ladung oder ihre Masse zu messen. Auch im Alltag hat das Fadenstrahlrohr längst Einzug gefunden: Die in diesem Experiment verwendeten Möglichkeiten, den Elektronenstrahl auf vorgegebene Bahnen zu lenken, kommen auch in Oszilloskopen, Computerbildschirmen und Fernsehern2 zum Einsatz. 1 2 die z.B. eine Aluminiumplatte hält damit sind Modelle gemeint, die zumindest im Jahr 2000 noch in den Läden standen 1 Anfängerpraktikum II Fadenstrahlrohr 1.2 Versuchsbeschreibung In einem Fadenstrahlrohr können Sie den Weg von Elektronen beobachten. Sie haben die Möglichkeit, die Geschwindigkeit der Elektronen zu verändern und außerdem die Stärke eines umgebenden homogenen3 Magnetfeldes zu variieren. Durch das Magnetfeld werden die Elektronen auf Kreisbahnen gelenkt, die – je nach Einstellung – größer oder kleiner sein können. Aus den von Ihnen eingestellten Parametern und der Größe der Kreisbahn e werden Sie am Ende die für die Physik wichtige Naturkonstante m berechnen. Am Ende dürfen Sie das homogene Magnetfeld stören und die Auswirkung beobachten. Dies kann Ihr Verständnis wesentlich vertiefen. 1.3 Eigenrecherche Da wir hier mit freien Elektronen arbeiten, sollten Sie sich zunächst einen Einblick verschaffen, wie diese prinzipiell erzeugt werden können. Geben Sie dazu bitte fünf Beispiele (kurz fassen)4 . Anschließend müssen Sie natürlich wissen, wie sich Elektronen in (statischen, homogenen) elektrischen und magnetischen Feldern verhalten. Beschreiben Sie dieses Verhalten bitte ausführlich und begründen Sie es5 . Überlegen Sie sich, was passieren würde, wenn das Magnetfeld nicht homogen wäre6 . e In diesem Versuch werden wir, wie bereits erwähnt, die Naturkonstante m messen. Dies ist aber nicht die einzige Anwendung des hier verwendeten Prinzips: Mit Hilfe geeigneter Kombinationen von elektrischen und magnetischen Feldern kann man z.B. Teilchen nach ihren Massen und auch Geschwindigkeiten voneinander trennen. Beschreiben Sie dazu bitte kurz Thomsons Massenspektrometer7 , erklären Sie stichpunktartig, was der grundsätzliche Unterschied zu dem bei uns verwendeten Versuch ist und was dies für Auswirkungen hat. Wie bei allen anderen Experimenten auch ist es besser, fundamentale Abwägungen bereits in der Vorbereitung zu erledigen (Aufgabe 2.1). Für die Rechnungen eignen sich Zylinderkoordinaten. Falls Sie diese noch nicht kennengelernt haben sollten, informieren Sie sich darüber8 oder lassen Sie sich durch die weiteren Darstellungen nicht verwirren. 1.4 Beschreibung der einzelnen Komponenten 1.4.1 Das Fadenstrahlrohr In einem Fadenstrahlrohr werden durch Glühemmision freie Elektronen erzeugt. Dafür 1 eine Heizspannung angelegt. Die ausgetretenen Elektronen wird an der Glühwendel 2 werden nun durch ein elektrisches Feld in Richtung der (positiv geladenen) Anode 9 beschleunigt und gewinnen“ dadurch kinetische Energie . ” 3 gleichmäßigen [Lan07] [Mes04], S. 445 ff. 5 [Mes04], S. 450 ff. und [Tip94], S. 635, S. 812 ff., S. 818 f. 6 [Tip94], S. 820 7 [Mes04], S. 454 f. und [Tip94], S. 821 ff. 8 [Sto00], [BSMM01] oder [Wik07b] 9 genauer: Die potentielle Energie wird in kinetische umgewandelt. 4 2 Anfängerpraktikum II Fadenstrahlrohr 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 A Anodenspannung 0−300 V 2 V U =6,3V~ H 4 1 Magnetfeldstrom 0−6,5 V, max. 2A Ablenkplatten 3 Wehneltspannung 0−10 V 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 Abbildung 1: Schematische Beschaltung des Fadenstrahlrohres Dadurch käme aber ein ziemlich ungeregelter Strahl zustande. Zur Strahlbündelung verwendet man einen negativ geladenen Wehneltzylinder10 , der parallel zum Sollweg 3 verläuft und dadurch die Elektronen in der Mitte bündelt . Um den Elektronenstrahl hinter der Bündel- und Beschleunigungsanordnung in eine bestimmte Richtung zu dirigieren, gibt es innerhalb des Fadenstrahlrohres noch Ablenk4 die sich – wie ein Kondensator – elektrisch laden lassen. Die Elektronen platten , können damit parallel zu den Feldlinien abgelenkt werden. Diese Technik findet z.B. in Oszilloskopen Anwendung, wird aber hier nicht benutzt. In der Kugel befindet sich Wasserstoffgas mit einem Druck von etwa 1, 3 Pa. Auf ihrem Weg durch die Kugel erzeugen die Elektronen in diesem Gas Ionen, die die Elektronenbahn schlauchförmig umgeben. Die Ionen verhindern so ein Auseinanderdriften der Elektronen und machen gleichzeitig durch das Licht, das sie bei ihrer Rekombination emittieren, den Elektronenstrahl sichtbar. Man erhält auf diese Weise einen gut sichtbaren, scharfen Leuchtring, der bei Beschleunigung auf Energien11 zwischen 150 eV und 300 eV gut ablenkbar ist und auch keine Röntgenstrahlung erzeugt12 . Hinweis: Verwenden Sie für die Heizspannung den 6, 3 V-Anschluss mit einer 5A-Sicherung. Der Heizstrom ist größer als 1 A. 10 nicht verwirren lassen Ekin der Elektronen 12 Von Röntgenstrahlung“ spricht man ab ca. 1, 5 keV ” 11 3 Anfängerpraktikum II Fadenstrahlrohr 1.4.2 Das Helmholtzspulenpaar 0000 1111 1111 0000 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 B_z(0,r) 0000 1111 1111 0000 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 R r z R 1111 0000 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 1111 0000 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 Mittelebene bei z=0 Abbildung 2: Skizze zum Helmholtzspulenpaar Ein Helmholtzspulenpaar besteht aus nichts anderem als aus zwei normalen, zueinander parallelen und konzentrischen13 Spulen, deren Abstand genauso groß ist wie ihr Radius (Abb. 2). Durch diesen besonderen Aufbau wird bewirkt, dass das Feld im Inneren der Spulen14 ziemlich homogen ist15 . In unserem Aufbau steht an eben dieser Stelle das Fadenstrahlrohr. Dadurch kann man die sich darin bewegenden Elektronen einem homogenen Magnetfeld aussetzen. Im Weiteren rechnen wir in Polarkoordinaten, wie in Abbildung 2 eingezeichnet. Ziemlich homogen“ bedeutet hier: Die z-Komponente des Magnetfeldes Bz ist sowohl ” von der Entfernung von der Mittelebene z = 0 als auch vom Abstand r nur schwach abhängig. Dies soll nun genauer betrachtet werden. Mit Hilfe des Gesetzes von BiotSavart16 kann Bz in der Mittelebene beschrieben werden durch: 13 gemeinsamer Mittelpunkt [Lan07] genauer: in einem kleinen Bereich um die Mitte der beiden Spulen 15 Weiterführende Literatur:[Mes04], S. 452, [Wü05] und [Wik07a] 16 für Interessierte: [Mes04], S. 367 und [Tip94], S. 848 ff. 14 4 Anfängerpraktikum II Fadenstrahlrohr N Windungszahl der Spulen Bz (z = 0, r) = √ NI 8 µ0 R 125 1− 144r4 125R4 I Spulenstrom R Spulenradius 2 Aufgaben 2.1 Rechnungen 2.1.1 Homogenität des Magnetfeldes Überlegen Sie sich, wie sich die Gleichung für Bz vereinfachen lässt, wenn ein Fehler von ca. 1% keine Rolle spielt (Tipp: man betrachte Rr ). Warum beschreibt die neue Formel ein bzgl. r homogenes Magnetfeld? 2.1.2 Formel für e/m Leiten Sie unter Berücksichtigung von Aufgabe 2.1.1 eine Gleichung her, mit der sich in Abhängigkeit von Ua , I, N, R und r berechnen lässt17 . e m Hilfestellungen: • Setzen Sie die Formel für B erst zum Schluss ein. • Bedenken Sie den Einfluss des magnetischen Feldes auf die Bewegung. Daraus e erhalten Sie m in Abhänigkeit von B, r und v. • Die Elektronen erhalten ihre Geschwindigkeit aus der Beschleunigungsspannung. 2.2 Messwerte aufnehmen Vorsicht Hochspannung! Messen Sie für vier verschiedene Anodenspannungen Ua den Radius r in Abhängigkeit vom Spulenstrom I. Bei der Ablesung ist Parallaxe18 zu vermeiden! (Eine fertige Tabelle befindet sich auf der letzten Seite.) 2.3 Graphische Darstellung Stellen Sie in einem Diagramm die Abhängigkeit des Radius r vom Strom I und Spannung Ua so dar, dass alle Messwerte auf einer gemeinsamen Geraden liegen sollten und e ermitteln Sie mit Hilfe der Steigung dieser Geraden einen Wert für m . 17 18 r beschreibt hier den Radius der Elektronenbahn Winkel, unter dem ein Gegenstand vor seinem Hintergrund verschoben scheint, wenn er von zwei seitlich verschobenen Standpunkten aus betrachtet wird. [Lan07] 5 Anfängerpraktikum II Fadenstrahlrohr 2.4 Auswertung e Berechnen Sie für alle Messwerte aus Aufgabe 2.2 die Werte von m und bestimmen Sie aus allen diesen Werten einen Mittelwert mit dem entsprechenden mittleren quadratischen Fehler. Suchen Sie Quellen für systematische Fehler. 2.5 Inhomogenes Magnetfeld Wie ist die Spiralbildung des Elektronenstrahls bei Annäherung einer Eisenplatte zu erklären? Warum bildet sich bei Annäherung einer Aluminiumplatte keine Spirale? Literatur [BSMM01] Bronstein, Semendjajew, Musiol und Mühlig: Taschenbuch der Mathematik, Kapitel Geometrie, Seiten 196, 216. Verlag Harri Deutsch, 2001, ISBN 38171-2005-2. [Lan07] Langenscheidt: Fremdwörterbuch, 2007. http://services.langenscheidt. de/fremdwb/fremdwb.html, Stand: 08.03.2007. [Mes04] Meschede, Dieter: Gehrtsen Physik. Springer Verlag, 2004, ISBN 3-54002622-3. [Sto00] Stoecker, Horst: Taschenbuch der Physik, Kapitel Kinematik, Seite 2. Verlag Harri Deutsch, 2000, ISBN 3-8171-1627-6. [Tip94] Tipler, Paul A.: Physik. Spektrum Verlag, 1994, ISBN 3-86025-122-8. [Wik07a] Wikipedia: Helmholtz-Spule, 2007. http://de.wikipedia.org/wiki/ Helmholtz-Spule, Stand: 08.03.2007. [Wik07b] Wikipedia: Polarkoordinaten, 2007. http://de.wikipedia.org/wiki/ Zylinderkoordinaten, Stand: 08.03.2007. [Wü05] Würzburg, Uni: Versuchsteil Helmholtzspulenpaar, 2005. http: //www.physik.uni-wuerzburg.de/~praktiku/Anleitung/V35-2.8% 20-%20Helmholtzspulenpaar.pdf, Stand: 05.03.2007. 6 Anfängerpraktikum II Ua [V] I [A] Fadenstrahlrohr 2r [cm] r [cm] B [mT] Tabelle 1: Protokoll der Messwerte U /I √a V /A [V] e m C [1011 kg ]