JOHANN FREI DIPL. ARCHITEKT ETH/SIA HINTERDORFSTRASSE 29 8405 WINTERTHUR TEL. 052 232 08 64 FAX. 052 233 28 71 E-Mail: [email protected] Büroreise 2009 Mittwoch 30. September A R C H I T E K T U R W A N D E R U N G „Bündner Herrschaft“ Büroreise 2009. Mittwoch 30. September 06.10 06:28 07:12 Ab Seen Ab Winterthur Ab Zürich HB 08:32 An Landquart Gleis 1 Gleis 2 Gleis 12 Besichtigung ÖKK-Hauptsitz 09:45 Ab Landquart Postauto 09:48 An Malans Besichtigung Wohnhaus Walther Besichtigung Kindergarten Eschergut Besichtigung Dorfplatz Olgiati 11:30 Jenins Besichtigung Weingut zur Sonne Wanderung nach Fläsch Unterwegs Mittagessen aus dem Rucksack 15:00 An Fläsch Besichtigung Weingut Gantenbein Degustation/Zvieri in Erna’s Törkeli Besichtigung Haus Meuli & Casascura 16:30 Ab Fläsch 17:00 An Bad Ragaz Besichtigung Skulpturenausstellung 18:00 Nachtessen im Gasthaus Rössli in Bad Ragaz 20:32 Ab Bad Ragaz 22:39 An Winterthur 2 Karte 3 ÖKK Hauptsitz, Landquart Architektur: Bearth & Deplazes, Chur Die öffentlichen Krankenkassen ÖKK haben ihren neuen Hauptsitz in Landquart an der Bahnhofstrasse domiziliert. Es ist ein Verwaltungsgebäude, das in ein enges, aus dem Baugesetz abgeleitetes Baufenster eingeschrieben worden ist. Teile der Geschosse werden fremdvermietet. Das Projekt ist eine Weiterentwicklung des Konzepts, das dem Trakt für Naturwissenschaften der Architekten Bearth & Deplazes AG in Chur zugrunde liegt. Der neue ÖKK-Hauptsitz wird den Status eines Niedrigenergie-Gebäudes klar unter den Minergiewerten erreichen. Zugleich ist es ein erster Baustein der geplanten, urbanistischen Erneuerung des Bahnhofareals von Landquart. Eine neue Generation von Bürogebäuden Sechs zylinderförmige Türme enthalten Treppen, Lifte und Infrastrukturräume. Sie bilden zusammen mit den Decken eine minimale, offene Baustruktur. Sie tragen die im Grundriss stützenfreien Geschossdecken, was grossen Nutzungsspielraum eröffnet. Dazwischen entwickeln sich mäandrierende, offene Büroflächen, die wahlweise als Grossräume und Ateliers, oder, frei unterteilbar, als Kombi- und Kleinbüros genutzt werden können. Über den vier Normalgeschossen sitzt die Attika, wo Sitzungs-, Schulungsräume und ein Pausencafé der Versicherungs-gesellschaft untergebracht sind. Im Erdgeschoss befindet sich der Kundenempfang mit Lobby und der ÖKK-Abteilung "Kreis Fünf Dörfer". Die Struktur des Gebäudes ist überzogen mit Fassaden aus Glas und Stahl, sodass im Ausdruck ein kristalliner, plastisch gegliederter Kubus geformt wird. Er bietet von aussen Einblick in die Bürowelt. Im Gegensatz zum kantigen Äusseren schlängelt hinter dem Glas entlang eine innere, weiche Textilschicht aus farbigen Stoffen wie eine Epidermis, die die vielfarbige Welt der Bürolandschaft und des Mobiliars aufnimmt, und nach Bedarf zugezogen werden kann. Bewegliche Elemente wie Sonnenstoren und Lüftungsflügel, die eine natürliche Durchlüftung der Büros ohne Klimatisierung erlauben, sind wie die Teile eines Uhrwerks in die graufarbene Konstruktion der Fassaden eingelassen. Im Moment, wo sie sich öffnen und ausfahren, verwandelt sich das ganze Gebäude in ein Luftschiff mit grünen Segeln. Bürolandschaft Die Wahl der ÖKK fiel auf das Prinzip des Kombi-Büros: Die Nordabwicklung der Grundrisse ist unterteilt in unterschiedlich grosse Einzelund Doppelbüroräume. Ihnen vorgelagert ist die sogenannte Kombizone mit den notwendigen Bürogeräten und –apparaten, sowie offene Ateliers zwischen den Türmen, die eine lockere Möblierung erlauben. Ein gutes Arbeitsklima soll durch Offenheit und Transparenz mittels Glastrennwänden zwischen den Bürobereichen gefördert werden. Dafür stehen in genügender Anzahl auch "Erholungsinseln" zur Verfügung. Besondere Beachtung verdiente die Schaffung eines hellen, freundlichen und motivierenden Arbeitsumfelds, einer "kreativen Atmosphäre", um der Monotonie üblicher Verwaltungsbauten entgegenzuwirken. Zwei Massnahmen sind dafür ausschlaggebend: Erstens die ungewöhnliche Kombination verschiedener Büromobiliarsysteme, und zweitens die Polychromie durch Überlagerung dreier Farbsysteme, die je für die Struktur des Gebäudes, sodann die beweglichen, aber fix montierten Teile oder Bewegungsbereiche im Gebäude und schliesslich für das Mobiliar entwickelt wurden. Zurück zur Fensterlüftung Der neue Verwaltungsbau ist ein sogenanntes solares Direktgewinnhaus. Die ideale Südausrichtung der Strassenfassade ermöglicht eine optimale Nutzung des Sonnenlichts durch die Glasfronten. Böden, Wände und Decken sind massiv gebaut und in ihrer Beschaffenheit besonders geeignet, die Sonnenwärme schnell aufzunehmen und zu speichern. Den grössten Anteil für die Beheizung liefert die Sonne. Erst am dritten Schlechtwettertag, wenn die in der Baumasse gespeicherte 4 Sonnenwärme aufgebraucht ist, erfolgt eine Zusatzbeheizung: ein Gaskessel erzeugt Wärme, die über Konvektoren vor den Gläsern reaktionsschnell abgegeben werden kann. Für den Raumkomfort sorgt das Gebäude-Leitsystem. Anders als in bisherigen Minergiekonzepten, wo Frischluft über installationsintensive Ersatzluftanlagen zugeführt werden musste, erfolgt die Raumlüftung auf natürliche Weise, durch elektromechanisch gesteuerte Lüftungsklappen. Mittels Sensoren kontrolliert das Gebäude Leitsystem das jeweils aktuelle Raumklima. Es betätigt die äusseren Beschattungsstoren, es öffnet und schliesst die motorischen Klappen zum Lüften, es regelt die natürliche Nachtauskühlung im Sommer, es lässt, wenn nötig, die Konvektoren heizen und sorgt für das optimale Verhältnis von Tages - und Kunstlicht. Darüber hinaus können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖKK individuell in das System eingreifen und bestimmte Vorrichtungen, wie z.B. Sonnenstoren oder Lüftungsflügel oder Kunstlicht-Beleuchtung, über den Bildschirm am Arbeitsplatz bedienen. Das Gebäude-Leitsystem nutzt dasselbe Netzwerk, in das die Arbeitsplätze eingebunden sind. Es baut ein dynamisches, tolerantes Klimagleichgewicht auf und gleicht kritische Fehlmanipulationen aus. Ein automatisches System also, das nach Bedarf in Zukunft mit weiteren Programmfunktionen ausgebaut werden kann und das für Energieeffizienz garantiert: es werden Energieverbrauchswerte klar unter den Minergiegrenzwerten erwartet. Damit zeigt sich eine Tendenz im künftigen Bürobau, oder überhaupt in der Bautech-nologie: es ist die Kombination von Struktur und Prozess, die wechselseitige Interaktion von architektonischer, Spielraum gewährender Konstruktion und frei zuschalt- und erweiterbarer Gebäudeintelligenz. (Bearth & Deplazes) 5 6 7 Wohnhaus Walther, Malans Architektur: Bearth & Deplazes, Chur Das Auto fährt nach Hause. Die Strasse ist eng. Links fällt der Weinberg ins Rheintal ab. Rechts eine Kurve, die quer am Hang ansteigt. Bremsen. Im ersten Gang fährt man langsam ins Villenviertel hinauf. Oben links steht ein roter Turm. Die Farbe tönt wie ein Glas Pinot Noir. Das Haus ist ein Turm. Die Profile des Daches sind wie mit dem Messer geschnitten. Nächste Kurve nach links, eigentlich keine Kurve, sondern ein 90° Winkel. An der oberen nördlichen Seite befindet sich die Tür des Hauses und die Box der Garage mit hellsilberner AluminiumTür. Aussteigen. Man streichelt die sanften roten Wellen des Eternit-Kleides. Hinter der Tür sind die Wände hell. Bei aller Entdeckung, wenn der Schritt in das noch nie Gesehene führt, flimmern die Erinnerungen. Ist man schon auf solche akrobatische und kunstfertige Treppen gestiegen? Eine Treppenrampe führt nach oben, eine andere nach unten. Die Kupplung der Rampen ist systematisch und führt wie ein Mast durch das ganze Haus. Es wird mit splitlevels gespielt. Acht Stockwerke entfalten sich. Jeder Raum findet seine Individualität. Diese Charakterisierung ist an drei Regeln gebunden: 1. die Funktion (Zimmer des Sohnes, Zimmer der Tochter, Liebeszimmer der Eltern, eigene Badezimmer, Esszimmer mit Klavier und Küche, Dachboden mit Mansarde als Büro, u.s.w.); 2. die visuelle Unabhängigkeit dieser Räume von dem geöffneten zentralen «Treppenhaus», obschon die Stockwerke frei von Türen bleiben; 3. die prismatische Modellierung der Räume durch die Individualität des Fensters. Alle Fenster sind ein Sonderfall. Sie fangen und kontrollieren die Landschaft und die Nachbarschaft. Der Besucher fühlt, dass das Haus im freundlichen Einverständnis zwischen Bauherr und Architekten gebaut wurde. Loos’ beliebte nooks (petits coins) sind in der Nähe der Quermauer zu finden. Die obere eckförmige Loggia in dem südlichen Giebel wirkt als der einzige Kamin des Hauses. Dort brennt die Landschaft. Das rote Turmhaus ist die Verneinung des picturesque und die Umarmung der bemalten Figuration. (Bearth & Deplzes) 8 9 10 11 Kindergarten Eschergut, Malans Architektur: Roman Santer, Rafael Ruppert, Zürich Der Auftrag des Dreifachkindergartens geht aus einem 2006 gewonnen Wettbewerb, zur Erweiterung der Schulanlage Eschergut in Malans, hervor. Nach einer Optimierung des Raumprogrammes besteht das Projekt heute aus drei aneinandergereihten, unabhängigen Kindergärten. Die hohen Haupträume werden durch niedrige Gebäudeteile, welche Garderobe, Lehrerzimmer, Material- und Gruppenraum beinhalten, flankiert. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kindergärten, hat jede Einheit einen grosszügigen Gruppenraum, damit entsprechend dem neuen Nutzungskonzept Kindergarten und erstes Primarschuljahr zusammen unterrichtet werden können. Die Innenräume des Kindergartens profitieren von zwei komplementären Aussenraumstimmungen nördlich und südlich des Gebäudes. Grosszügige Veranden bieten einen geschützten Aussenbereich, der sich zum Garten hin öffnet. Hölzerne Nischen dienen als Rückzugsmöglichkeit und schaffen einen Bezug zur nordseitigen Spielgasse. Die äussere Erscheinung mit einer anthrazitfarbigen vertikalen Holzschalung kontrastiert über die hölzernen, naturbelassenen Veranden/ Nischen zum hellen ruhigen Innern. (www.romansinger.ch) 12 13 Dorfplatz Malans, Umbau Plantahäuser Architektur: Rudolf Olgiati, Flims Aristokratenhäuser prägen das Zentrum von Malans. In der Mitte des 17. Jahrhunderts baute Ambrosio von Planta hier den Stammsitz einer der mächtigsten Familien Graubündens vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Drei Jahrhunderte später restaurierte Rudolf Olgiati den herunterkommenden Palast und baute sieben Wohnungen ein. „Dieses Haus ist ungefähr 350 Jahre alt, die Plantas haben es gebaut. Es ist eines der herrschaftlichen Häuser im Dorfkern von Malans. Von diesen Fenstern aus sieht man ins Rheintal bis hin zu den hässlichen Hochhäusern von Chur. Das Haus wurde 1974 von Rudolf Olgiati umgebaut. Eigentlich sollten es Ferienwohnungen werden, darum ist das Haus auch so furchtbar ausgenutzt. Es ist bis unters Dach voller Wohnungen, hat keinen Stauraum, keinen Estrich, nichts. Für Ferienwohnungen gab es aber bessere Lagen, näher beim Skilift, und so gab man die Wohnungen an Dauermieter ab. Rudolf Olgiati Rudolf Olgiati war ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit und einer der ersten die Mitte der 1950er Jahre die Bedeutung und Wirksamkeit historischer Gestaltungsprinzipien für die Architektur der Moderne entdeckten. Er baute vorwiegend Einfamilienhäuser im gebirgigen Graubünden und restaurierte alte Patrizier- und Bauernhäuser, später auch Bauten in Südfrankreich und Deutschland. Seine kubische Formensprache bewegte sich im Spannungsfeld zwischen lokaler Bündner Bautraditiom, der griechischen Antike und einer vor allem an Le corbusier orientierende Moderne. Er strebte damit ein universelles, zeitloses und radikal modernes Bauen an, welches gleichermassen den Einfluss internationaler Architektur wie das Autochthone der Schweizer Architektur dokumentiert und sich dabei seiner ideologischen und formalen Bezüge stets bewusst ist. Bei Olgiati, der den Rückgriff auf traditionelle Elemente niemals als restaurativ verstanden wissen wollte, vereinigt sich die Architektur mit lokaler Tradition und mit dem Ort als solchem, den er durch die Herstellung einer intimen Beziehung zwischen Architektur und der ansässigen Gesellschaft neu zu „schaffen“ beanspruchte. (Wikipedia, www,graubündenkultur.ch) 14 Weingut zur Sonne, Jenins Architektur: Bearth & Deplazes, Chur Bodenständig und elegant. Einst war das Haus zur Sonne eine Taverne an der Hauptstrasse vom Deutschen Reich Richtung Splügen oder Septimer nach Italien. Dann bot es seinem Weinbauern Hof und Haus. Der Anbau, der wie ein Schiff am herrschaftlichen Haus anlegt, bildet einen neuen Eingang, Degustationsraum und Gartensaal. Schon seit Generationen sind die Obrecht‘s in der Sonne Weinmacher. Sie gehörten zu den Ersten, die in der Bündner Herrschaft Wein in Flaschen füllten und verkauften. Trotzdem: „Es wäre Schade, sich nur mit dem Bewährten zufrieden zu geben, wenn der Kopf voll neuer Ideen steckt“, meint Christian Obrecht. Aus Freude an der Vielfalt des Weins werden auf dem Betrieb ausserdem Chardonnay, Pinot Gris, Gewürztraminer und Riesling Sylvaner gekeltert. Flétri heisst das erfolgreichste Experiment von Christian Obrecht, eine Riesling Sylvaner Botrytisbeerenauslese, welche am Concours Deutschweiz 2003 den ersten Rang in der Kategorie Süssweine erlangte. (www.obrechtweine.ch) 15 Weingut Gantenbein, Fläsch Das Weingut von Daniel und Martha Gantenbein, auf dem sie die Reben für ihre erlesenen Pinot-Noir-. Chardonnay- und Riesling-Weine anbauen liegt südlich des Dorfes Fläsch. Der Neubau erweitert das bestehende Weingut mit Schuppen und ergänzt die Winkelförmige Anlage zu einem offenen Hof, der als landwirtschaftlicher Werkplatz dient und trotz seiner Bescheidenheit auch wie ein Cour d’honneur wirkt. Der Erweiterungsbau ist Ökonomiegebäude und Schmuckstück. Die Architektur des Neubaus veredelt die einfache Konstruktion des bestehenden Gebäudes mit Betonskelett und Ausmauerung. Die spektakuläre KlinkersteinFassade ist eine Zusammenarbeit mit den Architekten Valentin Bearth, Andrea Deplazes und Daniel Ladner mit dem ETH-Lehrstuhl für digitale Fabrikation von Fabio Gramazio und Matthias Kohler. Der Computer hat die länger der Steine und der Zwischenräume berechnet, der Roboter hat sie aufgemauert und miteinander verklebt. Mit digitalen Mitteln entstand ein Mauerwerk, wie es auf herkömmliche Weise von Hand nicht möglich wäre. Das durchlöcherte Klinkerstein-Mauerwerk temperiert das Raumklima; es ist Konstruktion und Ornament. Es bildet ein flirrendes Spiel von Licht, Form und Bedeutung. Aus der Ferne verbindet sich das Mosaik von Steinen und Fugen zum Kugelförmigen Muster – wie überdimensionale Trauben und Früchte. (Architektuwandern Reiseführer) 16 Credits Objekt: Erweiterung Weingut Gantenbein, Fläsch Bauzeit: 2006 – 2007 Bauherrschaft : Martha und Daniel Gantenbein, Fläsch Architektur: Bearth & Deplazes Architekten, Chur / Zürich Mitarbeit: Valentin Bearth, Andrea Deplazes, Daniel Ladner Katharina Pilz, Patrick Rohrer, Michael Weiss Fassade: Kollaboration mit Gramazio & Kohler Architekten, Zürich Mitarbeit: Tobias Bonwetsch, Michael Knauss, Silvan Oesterle Fabrikation: Architektur und Digitale Fabrikation, ETH Zürich Mitarbeit: Tobias Bonwetsch, Michael Lyrenmann, Daniel Kobel Industriepartner: Keller AG Ziegeleien, Pfungen Christian Keller, Kurt Schuler Ingenieur: Jürg Buchli, Bauingenieur, Haldenstein Bauphysiker: mkB, Martin Kant, Chur Küchenplaner: Palais Coburg 17 18 19 20 21 22 23 Haus Meuli, Fläsch Architektur: Bearth & Deplazes, Chur Als Monolith in Sichtbeton sichert der Wohnturm der Familie Meuli die Dorfgrenze und fasst den Gassenraum, bevor man diesen in Richtung der offenen Rebberge verlässt. Einerseits gedrungen und plastisch wie die alten Fläscher Herrschaftshäuser, verdankt er seine fünfeckige Grundform der spitzwinkligen Parzelle, bzw. dem daraus abzuleitenden, korsettartigen Baufenster, dem im Süden ein kleiner Garten vorgelagert ist. Die Wohnräume sind auf drei Etagen untergebracht: das Gartengeschoss mit Küche, Ess- und Gästeraum, das Zimmergeschoss und zuoberst das Wohngeschoss mit Studio. Alle Räume sind massiv in Beton gegossen und grauweiss geschlämmt, sodass die Archaik der Schalung und ihre Ungeschliffenheit sowohl innen wie aussen spürbar bleiben – ein Umstand, der dank der Erfindung eines tragfesten Dämmbetons erst ermöglicht wurde: Die Fassaden des Wohnturms sind einschaligmonolithisch aus 50 cm starken Mauern und innen bündigen Fenstern gebaut. Obwohl eine völlig andersartige Bautechnologie vorliegt, trägt dieses Haus mehr zur gewachsenen Siedlungsstruktur und Identität von Fläsch bei als irgendein stilistisches Plagiat. (Bearth & Deplazes) 24 25 26 27 28 29 Casascura, Fläsch Architektur: Atelier-f, Fläsch (Kurt Hauenstein) Fläsch ist die nördlichste Gemeinde des Kantons Graubünden. Das traditionelle Weinbaudorf beheimatet eine Reihe erhaltenswerter alter Bauernhäuser mit angegliederten Nebengebäuden. Wegen ihres schlechten baulichen Zustandes sind viele dieser Ensembles jedoch vom Abriss bedroht. Die ortsansässigen Architekten von atelier-f fanden eine einleuchtende Lösung für ein Wohnhaus mit Stallscheune, das vermutlich aus dem 18.Jahrhundert stammt. Das Haus restaurierten sie, das dazugehörige Wirtschaftsgebäude tauschten sie gegen einen modernen Ersatzbau aus. Die steinerne Aussenhaut des Wohnhauses, die hölzernen Fenster sowie das Dach mit seinen ortstypischen bündigen Abschlüssen liessen die Architekten behutsam instand setzen. Beim Neubau im Hof wiederholen sie den langgestreckten, trapezförmigen Grundriss des alten Wohnhauses spiegelverkehrt. Ein schmaler Zwischenbau koppelt die beiden Gebäude und nimmt die gesamten technischen und sanitären Installationen auf. Dadurch konnten die im Laufe der letzten Jahrzehnte notdürftig eingebauten Nasszellen im Altbau entfernt werden, so dass die heimeligen, zum Teil holzgetäfelten Kammern wieder ihren ursprünglichen Charakter erhielten. Ausserdem konnte der Erweiterungsbau frei von kleinteiligen Einbauten bleiben und beherbergt sowohl im Erd- als auch im Obergeschoss nur je ein einziges Zimmer. Damit bietet er die räumliche Grosszügigkeit, die dem alten Wohnhaus fehlt. Für den Neubau interpretierten die Architekten die Materialien des Altbaus um: Der Beton aussen spiegelt die Massivität des Steins wieder, das Holz innen spielt in beiden Gebäuden eine wichtige Rolle. Der anthrazitfarbene Ton des Betons ist eine Reminiszenz an die dunkle ehemalige Holzverkleidung der Scheune und die Felsen des nahen Fläscherberg. (www.archinoah.ch) 30 Skulpturenausstellung Bad Ragaz Zum vierten Mal ist es soweit: Die Kunst kommt nach Bad Ragaz und nach Vaduz. Wie bereits 2000, 2003 und 2006 verwandeln sich die Strassen und Plätze dank der Ausstellung «Bad RagARTz 2009» in ein großes Gesamtkunstwerk. Die Kunst geht hinaus ins Freie, hinaus aus den Ateliers und Museen, direkt zum Publikum. Der grosse Erfolg der «Bad RagARTz» beweist, dass die Menschen ein elementares Bedürfnis, eine Sehnsucht nach Schönheit und Harmonie haben. Künstlerinnen und Künstler helfen ihnen dabei, dieses Bedürfnis zu befriedigen. Es braucht immer beide Seiten: Die Kunst symbolisiert den Dialog zwischen Kunstschaffenden und Betrachtenden. Ein Kunstwerk besteht nicht für sich allein, es ist eine Brücke, eine Botschaft, die Künstlerinnen und Künstler an – meist unbekannte – Empfänger richten. Skulptur schafft Kultur. Der vierte Kunstsommer «Bad RagARTz» wird wieder solche Brückenschläge ermöglichen. Auch dieses Jahr werden die Skulpturen Spuren hinterlassen – Spuren im Alltag, in der Seele, in der Art und Weise, wie wir die Welt sehen. Wer sich auf die Skulpturen einlässt, verändert die Geschwindigkeit seines Lebens. Am 16. Mai 2009 wurde der Kultursommer «Bad RagARTz» in Bad Ragaz und Vaduz eröffnet. Der ganze Lebensraum der beiden Orte ist erfüllt mit Skulpturen und Musik. Es werden Orte geschaffen für die Musse, für entspanntes Gehen, für Ruhe im Schatten der Bäume, für ein fruchtbares Nachsinnen. 79 Bildhauerinnen und Bildhauer aus der ganzen Welt stellen rund 400 Kunstwerke aus. Und das alte Bad Pfäfers in der Taminaschlucht wird zum Ort der Kleinskulpturen. Bad Ragaz und Vaduz werden zu Orten der Begegnung und ermöglichen neue Wahrnehmungen und unvergessliche Erlebnisse. Wir freuen uns auf alle Menschen, die Lust darauf haben, mit Augen, Ohren und Herzen Bekanntes und Neues aufzunehmen. (www.heidiland.ch) 31