KAPITEL 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie 14.1 Vektorprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 14.2 Skalarprodukt für Vektoren im Rn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 14.3 Anwendung des Skalarprodukts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 14.4 Vektorprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 14.5 Spatprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 14.6 Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 14.7 Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Lernziele 14 • Skalarprodukt, orthogonale Vektoren, orthogonale Projektion, Gram-Schmidtsches Orthonormierungsverfahren, • Vektorprodukt, Flächeninhalt, • Spatprodukt, Rechtssystem, Volumen, • Geraden, • Ebenen. 279 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie 14.1 Vektorprodukte 14.1.1 Skalarprodukt im R3 Definition 14.1 Das Skalarprodukt ~a · ~b = h~a, ~bi der Vektoren ~a und ~b ist definiert durch ( ~a · ~b = h~a, ~bi := |~a||~b| cos ^(~a, ~b), falls ~a 6= ~0 und ~b 6= 0, 0, falls ~a = ~0 oder ~b = 0. Das Skalarprodukt, auch inneres Produkt genannt, ist eine Zahl (Skalar). Folgerung 14.2 Für ~a, ~b ∈ R3 gilt |~a · ~b| ≤ |~a| |~b|, dabei gilt die Gleichheit wenn ~a ein Vielfaches des Vektors ~b ist, d.h. ~a = α~b, α ∈ R. Dies liegt daran, dass | cos ^(~a, ~b)| ≤ 1 und die Gleichheit gilt, wenn der Winkel ein Vielfaches von π ist. Beispiel 14.3 Wegen |~ei | = 1 gilt für einen beliebigen Vektor ~a = a1~e1 + a2~e2 + a3~e3 stets ~a·~ei = |~a||~ei | cos ^(~a, ~ei ) = |~a| cos ^(~a, ~ei ) = ai , i = 1, 2, 3. Da sich aus den Beziehungen am rechtwinkligen Dreieck cos ^(~a, ~e1 ) = a1 |~a| und cos ^(~a, ~e2 ) = a2 |~a| ablesen lässt. Im R3 ergibt sich a3 analog. Damit erhält man ~a = (~a · ~e1 )~e1 + (~a · ~e2 )~e2 + (~a · ~e3 )~e3 . Die Faktoren cos ^(~a, ~ei ) nennt man Richtungskosinus von ~a. 280 14.1 Vektorprodukte Rechenregeln für das Skalarprodukt: • ~a · ~b = ~b · ~a, gilt weil der Winkel zwischen ~a und ~b der gleiche Winkel wie zwischen ~b und ~a ist. • (α~a) · ~b = ~a · (α~b) = α(~a · ~b), α ∈ R. Es gilt (α~a) · ~b = |α~a| |~b| cos ^(α~a, ~b) = |α| |~a| |~b| cos ^(α~a, ~b). Für α ≥ 0 gilt |α| = α und der Winkel zwischen α ~a und ~b ist gleich dem Winkel zwischen ~a und ~b. Ist dagegen α < 0, wie in der Skizze gezeigt, so ist |α| = −α und der Winkel zwischen α~a und ~b, also β = π − γ , wobei γ der Winkel zwischen ~a und ~b ist, d.h. cos ^(α~a, ~b) = − cos ^(~a, ~b). Damit ist die Gleichheit auch in diesem Fall gezeigt. • (~a + ~b) · ~c = ~a · ~c + ~b · ~c . Für den Beweis legen wir die x-Achse bzw. den Einheitsvektor ~e1 in die Richtung des Vektors ~c , dann ist ~c = |~c |~e1 = c1~e1 . Damit gilt ~a · ~c + ~b · ~c = ~a · (c1~e1 ) + ~b · (c1~e1 ) = c1 (~a · ~e1 ) + c1 (~b · ~e1 ) = c1 (a1 + b1 ) = c1 (~a + ~b) · ~e1 = (~a + ~b) · ~c . • Orthogonalitätstest: ~a · ~b = 0 ⇐⇒ der Vektor ~a orthogonal zum Vektor ~b ist. Falls die Vektoren orthogonal zu einander sind, ist der von den Vektoren eingeschlossene Winkel gleich π2 und damit der Kosinus des eingeschlossenen Winkels gleich Null. Ist umgekeht ~a · ~b = 0, dann ist entweder einer der Vektoren der Nullvektor oder der Kosinus des eingeschlossenen Winkels gleich Null. Der Nullvektor ist zu allen Vektoren π orthogonal. Der Kosinus ist Null für Winkel der Größe (2l+1) , l ∈ Z, in diesen Fällen 2 ist der von den Vektoren eingeschlossenen Winkel gerade π2 und die Vektoren stehen senkrecht aufeinander, sind also orthogonal. a1 b1 Bemerkung 14.4 3 3 P P ~ Die Koordinatendarstellung ~a = ai ~ei = a2 , b = bi ~ei = b2 bezüglich einer i=1 i=1 a3 b3 kartesischen Basis (~e1 , ~e2 , ~e3 ) ermöglicht eine einfache Berechnung des Skalarprodukts und des Richtungskosinus: ~a · ~b = a1 b1 + a2 b2 + a3 b3 , cos ^(~a, ~b) = ~a · ~b = q |~a||~b| |~a| = q a12 + a22 + a32 , a1 b1 + a2 b2 + a3 b3 a12 + a22 + a32 q , falls ~a, ~b 6= 0, b12 + b22 + b32 281 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie ai cos ^(~a, ~ei ) = q , i = 1, 2, 3, a12 + a22 + a32 und für den Richtungskosinus 1 0 0 mit den Basisvektoren ~e1 0 , ~e2 = 1 , ~e3 = 0 . 0 0 1 14.1.2 Orthogonale Projektion Für Anwendungen in der Physik bzw. Mechanik, wo eine Arbeit bei konstanter Kraft berechnet werden soll, ist es erforderlich die Projektion eines Vektors auf einen anderen zu berechnen. �a�⊥ b �a �b α �a�b Wir wolen die Projektion des Vektors ~a auf den Vektor ~b berechnen. Die Projektion werde mit ~a~b bezeichnet. Der von ~a und ~b eingeschlossenen Winkel ist α. Aus geometrischen Überlegungen am rechtwinkligen Dreieck erhalten wir für die Länge der Projektion |~a~b | = |~a| cos α. Weiterhin ist die Projektion parallel zum Vektor ~b und hat deshalb die Richtung (Richtungsvektoren haben immer die Länge 1): ~b |~b| Damit ergibt sich aus Länge und Richtung für die Projektion: ~a~b = |~a|cos α ~b |~b| = h~a, ~bi |~a| ~ h~a, ~bi ~ b= b. |~a| |~b| |~b| |~b|2 (Dabei bezeichnet h~a, ~bi das Skalarprodukt.) Aus der Skizze ergibt sich, dass diese Formel eigentlich bisher nur für spitze Winkel (0 ≤ α ≤ π2 ) gilt. Für π2 ≤ α ≤ π ist cos α negativ und die obige Formel ist auch in diesem Fall gültig. 14.2 Skalarprodukt für Vektoren im Rn Im Rn ist unklar, was der Winkel zwischen 2 Vektoren sein soll, in diesem Fall definiert man in völliger Analogie zum Fall n = 3 deshalb: 282 14.2 Skalarprodukt für Vektoren im Rn Definition 14.5 Das Skalarprodukt zweier Vektoren ~a = a1~e1 + a2~e2 + ... + an~en und ~b = b1~e1 + b2~e2 + ... + bn~en ist definiert als ~a · ~b = h~a, ~bi = a1 b1 + a2 b2 + ... an bn und der Kosinus des Winkels zwischen den Vektoren ist (per Definition) cos ^(~a, ~b) := ~a · ~b h~a, ~bi = . |~a| |~b| |~a| |~b| Folglich sind zwei Vektoren orthogonal, wenn ihr Skalarprodukt gleich Null ist. Wie man leicht nachrechnet gelten damit die folgenden Satz 14.6 (Rechenregeln für das Skalarprodukt) Seien ~a, ~b, ~c ∈ Rn , dann gilt • h~a, ~bi = h~b, ~ai. (Kommutativität) • hα~a, ~bi = h~a, α~bi = αh~a, ~bi für alle α ∈ R. • h~a + ~b, ~c i = h~a, ~c i + h~b, ~c i. (Distributivität) Bemerkung 14.7 Das „dreifache“ Skalarprodukt dreier Vektoren ist nicht definiert, da das Skalarprodukt zweier Vektoren eine Zahl ist und das Produkt einer Zahl mit einem Vektor wieder einen Vektor ergibt. 14.2.1 Eigenschaften orthogonaler Vektoren Sowohl im R3 als auch im Rn gilt deshalb die folgende orthogonale Zerlegung von Vektoren: Orthogonale Zerlegung von ~a längs ~b, falls ~b 6= ~0. ~a = ~a~b + ~a~⊥ b mit den Komponenten ~a~b := ~a · ~b ~ ~ ~b = ha, bi ~b |~b|2 |~b|2 283 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie in Richtung ~b und ~a~⊥ = ~a − b h~a, ~bi ~ b |~b|2 orthogonal zu ~b. Dies ergibt sich aus h~a~b , ~bi = h~a − h~a, ~bi ~ ~ h~a, ~bi ~ ~ h~b, ~bi b, bi = h~a, ~bi − h b, bi = h~a, ~bi − h~a, ~bi = 0. |~b|2 |~b|2 |~b|2 Satz 14.8 (Satz des Pythagoras) Ist ~a ⊥ ~b, so folgt |~a + ~b|2 = |~a|2 + |~b|2 . Beweis: |~a + ~b|2 = h~a + ~b, ~a + ~bi = h~a, ~ai + h~a, ~bi + h~b, ~ai + h~b, ~bi = |~a|2 + |~b|2 .# Folgerung 14.9 Für die Länge der Projektion von ~a auf den Vektor ~b gilt: |~a~b | ≤ |~a|. Satz 14.10 (Cauchy-Schwarzsche Ungleichung.) Für beliebige Vektoren ~a, ~b ∈ Rn gilt |h~a, ~bi| ≤ |~a| |~b|, dabei gilt die Gleicheit, wenn ~a und ~b parallel sind, d.h. wenn ~a = α~b, α ∈ R. Beweis: Für die Projektion des Vektors ~a auf den Vektor ~b gilt: h~a, ~bi |h~a, ~bi| ~a~ = ~b = b |~b|2 |~b| und damit wegen des Satzes von Pythagoras: |h~a, ~bi| ~a~ = ≤ |~a| ⇐⇒ |h~a, ~bi| ≤ |~a| |~b|. b |~b| Falls ~a = α~b ist, ergibt sich sofort |h~a, ~bi| = |~a| |~b|. Aus der Überlegung, dass die Projektion des Vektors ~a auf den Vektor ~b nur dann in Richtung (oder entgegen) von ~a zeigt, wenn der 284 14.3 Anwendung des Skalarprodukts Vektor ~a parallel zum Vektor ~b ist und die Länge der Projektion maximal wird, da der Kosinus des eingeschlossenen Winkels gerade 1 ist, ergibt sich die Umkehrung. 14.3 Anwendung des Skalarprodukts 14.3.1 Schmidtsches Orthonormierungsverfahren Satz 14.11 (Gram-Schmidtsches Orthonormierungsverfahren.) Es seien ~b1 , ... , ~bk ∈ Rn (k ≤ n) linear unabhängige Vektoren des Rn . Hieraus werden die orthogonalen ~c1 , ... , ~ck ∈ Rn (k ≤ n) der linearen Hülle Lin (~b1 , ... , ~bk ) wie folgt konstruiert: 1. Man setzt ~c1 = 1 ~ b1 . |~b1 | 2. Der zweite Vektor soll nun zu ~c1 bzw. ~b1 orthogonal sein. Deshalb zerlegt man den Vektor ~b2 in die zu ~c1 parallele Komponente = Projektion von ~b2 auf ~c1 und den dazu orthogonalen Vektor: ~c20 = ~b2 − (~b2 · ~c1 )~c1 und normiert ~c2 = ~c20 . |~c20 | 3. Nun wird der Vektor ~c3 aus ~b3 so konstruiert, dass ~c3 orthogonal zu ~c1 und ~c2 ist, d.h. wir bilden zunächst die Projektionen von ~b3 auf ~c1 und ~c2 und berechnen dann ~c30 = ~b3 − (~b3 · ~c1 )~c1 − (~b3 · ~c2 )~c2 und normieren ~c3 = 4. Man fährt so fort bis ~ck0 = ~bk − ~c30 . |~c30 | k −1 X (~bk · ~ci )~ci i=1 und normiert ~ck = ~ck0 . |~ck0 | 285 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie Bemerkung 14.12 In jedem Schritt ist ein Element ~ci konstruierbar. Wäre dem nicht so, so wäre der Vektor ~bi linear abhängig von ~c1 , ... , ~ci −1 und damit ~b1 , ... , ~bi −1 . Das ist aber nach Voraussetzung ausgeschlossen! Bemerkung 14.13 Verzichtet man auf den Normierungsschritt erhält man eine Menge orthogonaler Vektoren, die anschliessend normiert werden können. v vu┴ vu u Sind nur 2 linear unabhängige Vektoren ~u , ~v zu orthogonalisieren, so entsteht das orthogaonale System durch ~u1 = ~u und ~u2 = ~v~u⊥ der orthogonale Vektor zur Projektion von ~v auf ~u . Durch Normieren der Vektoren erhält man orthonormale Vektoren. w w┴ u3 u2 wu2 E wu1 u1 ~ gewinnt man zunächst 2 orthogonale bzw. orthonormale VekIm Fall von 3 Vektoren ~u , ~v , w ~ lässt sich in einen Anteil, der in toren von ~u , ~v wie bereits beschrieben. Der dritte Vektor w der von ~u und ~v aufgespannten Ebene liegt, und einen dazu orthogonalen Anteil aufspalten. Dieser orthogonale Anteil ist die gesuchte dritte Richtung, durch Normieren erhält man den 3. normierten Vektor. 286 14.3 Anwendung des Skalarprodukts Beispiel 14.14 Es seien die folgenden 3 Vektoren gegeben: 1 4 8 2 0 1 ~v1 = , ~v2 = , ~v3 = . 0 5 5 3 8 6 Man benutze das Gram-Schmidtsche-Orthonormierungsverfahren, um eine Basis für Lin (~v1 , ~v2 , ~v3 ) zu konstruieren. 1. ~u1 := 1 ~v |~v1 | 1 = 1 2 . 14 0 √1 3 2. ~u20 := ~v2 − (~v2 )~u1 = ~v2 − (~v2 · ~u1 )~u1 = ~v2 − 2 √ 1 2 14 1 4−2 2 0−4 · 28 = 0 5−0 3 8−6 2 −4 = 5 2 −4 und wir erhalten ~u2 = |~u10 | ~u20 = 17 . 2 5 2 8 1 − √1 2 · 28 14 5 3. ~u30 := ~v3 − (~v3 )~u1 − (~v3 )~u2 = ~v3 − (~v3 · ~u1 )~u1 − (~v3 · ~u2 )~u2 = 1 72 2 8−2−2 −4 1−4+4 · 49 = 5 5+0−5 2 6−6−2 4 1 = 0 −2 2 − 0 6 1 3 und wir erhalten ~u3 = 1 ~u 0 |~u30 | 3 = 4 1 √1 . 21 0 −2 Das Schmidtsche-Orthonormierungsverfahren ist nicht nur auf Vektoren im Rn anwendbar, sondern allgemein in Vektorräumen, also insbesondere auch auf Funktionenräume. Dazu benötigt man aber ein Skalarprodukt für Funktionen. 287 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie 14.3.2 Vektorraum-basierte Informationssuche Die Idee der besten Approximation kann man z.B. auch bei der Dokumentensuche verwenden. Nehmen wir an, wir wollen eine Suchmaschine konstruieren, die auf Webprogrammierung spezialisiert ist. Sie durchsucht die Webseiten nach einigen wenigen Stichworten wie Einführung, Schnellkurs, Referenz, HTML, XML, PHP, Java, und erstellt für jedes Dokument einen Vektor, dessen j-te Komponente angibt, ob und wo das Dokument das j-te Stichwort enthält. Zum Beispiel: 3 ... Stichwort kommt im Titel vor, 2 ... Stichwort ist im Dokument hervorgehoben (Fettdruck, Überschrift, ...), 1 ... Stichwort kommt im Text vor, 0 ... Stichwort kommt nicht vor. Die Vektoren einiger Webseiten könnten dann wie folgt aussehen: ~a1 = (3, 0, 0, 3, 2, 0, 1) ~a2 = (0, 0, 3, 1, 0, 3, 2) ~a3 = (0, 3, 0, 0, 0, 0, 3) .. . Sucht ein Benutzer nun nach den Stichworten HTML Referenz , so ordnen wir dieser Suchanfrage den Vektor ~q = (0, 0, 1, 1, 0, 0, 0) zu und berechnen den Winkel zwischen dem Dokumentenvektoren und dem Suchvektor cos φj = h~aj , ~q i , |~a| |~q | j = 1, ... , 7. Die Übereinstimmung ist umso besser, je näher der Winkel bei Null liegt und damit je größer cos φj ist. Bemerkung 14.15 Dieses Verfahren ist noch viel allgemeiner anwendbar. Da die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung in einem beliebigem Vektorraum mit Skalarprodukt gilt und die Gleichheit genau bei parallelen Vektoren eintritt, brauchen wir nur nach dem Maximum von |h~aj , ~q i| |~a| |~q | zu suchen. So kann man z.B. auf dem Vektorraum der reellen Funktionen ein Skalarprodukt mit Hilfe des Integrals erklären und diese Idee verwenden, um in einem Audiosignal nach einem bestimmten Teilstück zu suchen. Oder man kann damit ein vorgegebenes Objekt in einem Bild suchen. Dieses Verfahren ist als Matched-Filter bekannt. 288 14.4 Vektorprodukt 14.4 Vektorprodukt Das Vektorprodukt ist wiederum nur für Vektoren des R3 erklärt. Definition 14.16 Das Vektorprodukt ~a × ~b zweier Vektoren ~a, ~b ∈ R3 ist der Vektor mit den Eigenschaften: ~a × ~b = ~0, falls ~a = ~0 oder ~b = ~0 oder ~a parallel zu ~b ist. In allen anderen Fällen ist ~a × ~b derjenige Vektor, der 1. der senkrecht auf ~a und ~b steht, 2. mit dem (~a, ~b, ~a × ~b) ein Rechtssystem darstellt und 3. dessen Betrag gleich dem Flächeninhalt F des von ~a und ~b aufgespannten Parallelogramms ist. |~a × ~b| = |~a||~b| sin ^(~a, ~b). Ein rechtshändiges System bzw. Rechtssystem ergibt sich aus der axb b a „Rechte-Hand-Regel“ Beispiel 14.17 Für die Vektoren ~e1 , ~e2 , ~e3 einer kartesischen Basis gilt ~ei × ~ei = ~0, ~e1 × ~e2 = ~e3 = −~e2 × ~e1 , ~e2 × ~e3 = ~e1 = −~e3 × ~e2 , ~e3 × ~e1 = ~e2 = −~e1 × ~e3 . Die Multiplitation ist folglich nicht kommutativ, sie ist aber auch nicht assoziativ, da −~e2 = ~e1 × ~e3 = ~e1 × (~e1 × ~e2 ) 6= (~e1 × ~e1 ) × ~e2 = ~0! 289 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie Satz 14.18 (Rechenregeln) Seien ~a, ~b, ~c ∈ R3 , dann gilt 1. ~a × ~a = ~0, 2. ~a × ~b = −~b × ~a (nicht kommutativ), 3. Die Multiplikation ist nicht assoziativ, 4. ~a × (~b + ~c ) = ~a × ~b + ~a × ~b, (~a + ~b) × ~c = ~a × ~c + ~b × ~c . (Distributivgesetze), 5. Parallelitätstest: ~a × ~b = ~0 ⇐⇒ falls ~a = ~0 oder ~b = ~0 oder ~a parallel zu ~b. 6. |~a × ~b|2 = |~a|2 |~b|2 − (~a · ~b)2 . Bemerkung 14.19 Man muss zwei Distributivgesetze formulieren, da das Vektorprodukt nicht kommutativ ist. Aufgrund der Distributivität lassen sich Produkte in gewohnter Weise ausmultiplizieren. Insbesondere erhält man in einer kartesischen Basis ~e1 , ~e2 , ~e3 für ~a = a1~e1 + a2~e2 + a3~e3 und ~b = b1~e1 + b2~e2 + b3~e3 : ~a × ~b = (a2 b3 − a3 b3 )~e1 + (a3 b1 − a1 b3 )~e2 + (a1 b2 − a2 b1 )~e3 . In anderer Schreibweise a1 b1 a2 b3 − a3 b2 a2 × b2 = a3 b1 − a1 b3 . a3 b3 a2 b1 − a1 b3 Das Vektorprodukt zweier Vektoren kann man deshalb auch als formale Determinante aufschreiben: ~e a b ~e ~e ~e a1 b1 1 1 1 1 2 3 a2 × b2 = ~e2 a2 b2 = a1 a2 a3 . a3 b3 ~e3 a3 b3 b1 b2 b3 Hieraus ergeben sich auch die Rechenregeln für das Vektorprodukt. Bemerkung 14.20 Zwei nützliche Beziehungen sind ~a × (~b × ~c ) = (~a · ~c )~b − (~a · ~b)~c (Grassmann) (~a × ~b) · (~c × ~ d) = (~a · ~c )(~b · ~ d) − (~b · ~c )(~a · ~ d) 290 (Lagrange) 14.4 Vektorprodukt Insbesondere erhält man, dass b ~a~⊥ = ~a − b ab T ab (~a · ~b) ~ 1 ~ b= b × (~a × ~b). 2 ~ ~ |b| |b|2 Man kann dies umschreiben zu: a ~a~⊥ b ~b ~b (~a · ~b) ~ 1 ~ = ~a − b= b × (~a × ~b) = × ~a × |~b|2 |~b|2 |~b| |~b| ! . 3 4 Beispiel 14.21 ~ Man berechne den Flächeninhalt des von den Vektoren ~a = 5 und b = 1 aufge1 8 spannten Paralellogramms. Es gilt ~e ~e ~e ~e ~e ~e 39 1 2 3 1 2 3 ~a×~b = a1 a2 a3 = 3 5 1 = (5·8−1·1)~ex +(1·4−8·3)~ey +(1·3−4·5)~ez = −20 . b1 b2 b3 4 1 8 −17 Damit beträgt der Flächeninhalt |~a × ~b| = √ 2210 ≈ 47, 11. p 392 + (−20)2 + (−17)2 = √ 1521 + 400 + 289 = Beispiel 14.22 Gesucht ist ein Vektor ~a = (ax , ay , az )T mit 3 ax 9 4 × ay = 1 . 5 az −8 Da das Vektorprodukt zweier auf jedem der Vektoren senkrecht Vektoren steht, gibt es 3 9 keine Lösung, da der Vektor 4 nicht senkrecht auf dem Vektor 1 steht, wie man −8 5 3 9 mit Hilfe des Skalarprodukts leicht ausrechnet: 4 · 1 = 3 · 9 + 4 · 1 − 5 · 8 = 5 −8 27 + 4 − 40 = −9 = 6 0! 291 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie Wir modifizieren nun die Aufgabe. Gesucht ist ein Vektor ~a = (ax , ay , az )T mit 3 ax 4 4 × ay = 7 . 5 az −8 3 4 In diesem Fall ist 4 · 7 = 3 · 4 + 4 · 7 + 5 · (−8) = 12 + 28 − 40 = 0, d.h. die 5 −8 Vektoren stehen senktrecht aufeinander. Wir berechnen nun das Vektorprodukt: 3 ax ~ex ~ey ~ez 4 × ay = 3 5 az 4az − 5ay 5 5ax − 3az . az 3ay − 4ax 4 ax ay Gleichsetzen mit dem gegebenen Vektor 4az − 5ay 4 5ax − 3az = 7 3ay − 4ax −8 ergibt das lineare Gleichungssystem 4az − 5ay = 4 5ax − 3az = 7 3ay − 4ax = −8 und damit 0 5 −4 −5 4 0 −3 3 0 4 5 −3 0 7 ∼ −4 3 −8 0 −5 0 3 5 4 5 7 4 5 0 −8 ∼ 0 15 0 −5 4 7 −3 5 0 −3 7 −12 −12 ∼ 0 −5 4 4 4 4 0 0 mit der Lösung ax 7 5 ∗ ay = − 45 + t az 0 7 5 3 4 = −5 + t 4 , 1 0 ax t ∈ R. 5 3 Da ~a × ~b = ~0 für ~a parallel zu ~b ist, kann ay nur bis auf einen zu 4 parallelen az 5 Vektor bestimmt werden. Das wollen wir am folgenden (eher trivialen) Beispiel veranschaulichen. Gesucht ist ein Vektor 292 0 0 14.4 Vektorprodukt ~a = (ax , ay , az )T mit 3 ax 0 1 × ay = 0 . 0 az 1 3 0 Offensichtlich steht der Vektor 1 senkrecht auf dem Vektor 0 . Wir berechnen nun 0 1 das Vektorprodukt: 3 ax 1 × ay = 3 0 az ~ex ~ey ~ez ax az 0 −3az . az 3ay − ax 1 ay Gleichsetzen mit dem gegebenen Vektor az 0 −3az = 0 3ay − ax 1 mit der Lösung ax −1 3 ay = 0 + t 1 , az t ∈ R. 0 0 ax 3 Da ~a × ~b = ~0 für ~a parallel zu ~b ist, kann ay nur bis auf einen zu 1 parallelen az 0 Vektor bestimmt werden. Da alle Lösungsvektoren in der x-y-Ebene liegen sind sie offensichtlich orthogonal zum Vektor 0 0 . In der folgenden Skizze soll außerdem veranschaulicht werden, dass auch der 1 Flächeninhalt 3 ax F = 1 × ay 0 az = 3 −1 3 3 = 1 × 0 + 1 × t 1 = 0 0 0 0 3 1 0 3 1 0 × 0 + t 1 0 0 −1 0 × 0 = 0 = 1 1 0 −1 3 erhalten bleibt. 293 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie 14.5 Spatprodukt Eine Kombination aus Skalar- und Vektorprodukt ist das aus je drei Vektoren gebildete Definition 14.23 (Spatprodukt) Seien ~a, ~b, ~c ∈ R3 , dann ist Spatprodukt definiert als [~a, ~b, ~c ] := ~a · (~b × ~c ). Satz 14.24 Der von den Vektoren ~a, ~b, ~c ∈ R3 aufgespannte Spat (Parallelflach oder Parallelepiped genannt) hat das Volumen: V = |[~a, ~b, ~c ]|. Beweis: Das Volumen ist „Grundfläche mal Höhe“. Die Grundfläche hat den Flächeninhalt F = |~b × ~c | und die Höhe ist die Projektion von ~a auf ~b × ~c : ~a · (~b × ~c ) ~ ~ h= (b × c ) . |~b × ~c |2 Unter Berücksichtigung Regeln |α~a| = |α||~a| und das ~a · (~b × ~c ) ∈ R ist, erhält man für das Volumen: ~a · (~b × ~c ) |~a · (~b × ~c )| ~ V =h·F = (~b × ~c ) · |~b × ~c | = |b × ~c |2 = |~a · (~b × ~c )| |~b × ~c |2 |~b × ~c |2 # 294 14.5 Spatprodukt bxc a c b Das Volumen des Spats ist gerade |[a, b, c]|. Folgerungen: Das Volumen des Tetraeders mit dem Kanten ~a, ~b, ~c beträgt VTetr = 1 1 VSpat = |[~a, ~b, ~c ]|. 6 6 Test auf lineare Unabhängigkeit Die Vektoren ~a, ~b, ~c sind linear unabhängig, d.h. sie sind nicht parallel zu einer Ebene (sie spannen tatsächlich einen Spat auf) ⇐⇒ [~a, ~b, ~c ] 6= 0. Test auf Rechtssystem (~a, ~b, ~c ) ist ein Rechtssystem ⇐⇒ [~a, ~b, ~c ] > 0. Wie berechnet man das Spatprodukt in Koordinaten? Wir erinnern daran wie man das Vektorprodukt ausrechnet, es gilt ~ex ~ey ~ez b2 c3 − b3 c2 ~b × ~c = b1 b2 b3 = b3 c1 − b1 c3 . c1 c2 c3 b1 c3 − b3 c1 295 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie Folglich ist ~a · (~b × ~c ) = a1 (b2 c3 − b3 c2 ) + a2 (b3 c1 − b1 c3 ) + a3 (b1 c3 − b3 c1 ) b c b c b c 1 1 1 1 2 2 = a1 +a − a2 b3 c3 3 b3 c3 b3 c3 a b c a a a 1 1 1 1 2 3 = a2 b2 c2 = b1 b2 b3 . a3 b3 c3 c1 c2 c3 3 2 1 Beispiel 14.25 ~ ~ ~ Man überprüfe, ob die Vektoren a = 2 , b = 1 und c = 1 einen Spat 1 2 1 aufspannen. Falls ja, berechne man das Volumen und entscheide, ob die Vektoren ein Rechtssystem bilden. Alle 3 Fragen lassen sich durch die Berechnung des Spatprodukts beantworten, es ist 3 2 1 [~a, ~b, ~c ] = 2 1 2 1 1 1 = 3 + 4 + 2 − 1 − 6 − 4 = −2 und damit ist das Volumen des Spats gleich |[~a, ~b, ~c ]| = 2 und die Vektoren bilden ein Linkssystem aufgrund des negativen Vorzeichens des Spatprodukts. 296 Orthogonalität ~a · ~b = 0 ⇐⇒ ~a ⊥ ~b distributiv (man darf ausmultiplizieren) kommutativ (die Reihenfolge der Faktoren spielt keine Rolle) eine Zahl Berechnung in Ko- ~a · ~b = a1 b1 + a2 b2 + a3 b3 ordinaten Test auf geometrische Interpretation das Produkt ist Ergebnis ist Rechtssystem [~a, ~b, ~c ] > 0, Linkssystem [~a, ~b, ~c ] < 0 a a a 1 2 3 [~a, ~b, ~c ] = b1 b2 b3 c1 c2 c3 ~e ~e ~e y z x ~a × ~b = a1 a2 a3 b1 b2 b3 lineare Abhängigkeit [~a, ~b, ~c ] = 0 ⇐⇒ ~a, ~b, ~c linear abhängig (liegen in einer Ebene) |[~a, ~b, ~c ]| ist das Volumen des von ~a, ~b und ~c aufgespannten Spats eine Zahl Spatprodukt [~a, ~b, ~c ] = ~a · (~b × ~c ) insbesondere gilt ~a × ~b ⊥ ~a und ~a × ~b ⊥ ~b Parallelität ~a × ~b = ~0 ⇐⇒ ~a k ~b |~a × ~b| ist der Flächeninhalt des von ~a und ~b aufgespannten Parallelogramms distributiv (man darf ausmultiplizieren) nicht assoziativ (man muss Klammern setzen) nicht kommutativ (die Reihenfolge der Faktoren ist wesentlich) ein Vektor Vektorprodukt ~a × ~b Skalarprodukt ~a · ~b Zusammenfassung: Produkte von Vektoren im R3 14.5 Spatprodukt 297 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie 14.6 Geraden 14.6.1 Parameterdarstellung einer Geraden Eine Gerade g ist bestimmt durch eine Richtung, gegeben durch einen Vektor ~c , ~c 6= ~0, und einen Punkt A, der auf der Geraden liegt. Man nennt A den Aufpunkt. g c Ein Punkt X liegt genau dann auf der Geraden g durch A in ~ parallel zu ~c ist, d.h. wenn es eine Richtung ~c , ~c 6= ~0, wenn AX ~ Zahl t ∈ R gibt mit AX = t~c . Man sagt dazu: g hat die PunktRichtungsgleichung −→ AX = t~c , t ∈ R. B A X Dabei nennt man t einen Parameter. Zu jedem Parameterwert −−→ t = t0 gehört genau ein Punkt X0 auf g mit AX0 = t~c und umgekehrt. −→ −→ − → Wegen AX = PX − PA läßt sich g in Bezug auf einen beliebigen Punkt P darstellten als −→ − → PX = PA + t ~c , P O t ∈ R. Ist nun im Raum ein kartesisches Koordinatensystem (O ; ~e1 , ~e2 , ~e3 ) gegeben und wird der Vektor ~c = c1~e1 + c2~e2 + c3~e3 durch 2 verschiedene Punkte A = (a1 , a2 , a3 ) und B = (b1 , b2 , b3 ) bestimmt, d.h. ci = bi − ai , i = 1, 2, 3, dann geht (14.1) mit P = O über in −→ −→ −→ −→ −→ OX = OA + t ~c = OA + t OB − OA , t ∈ R, und ein Komponentenvergleich ergibt für die Geradenpunkte X = (x1 , x2 , x3 ) die drei Gleichungen xi = ai + t ci , bzw. xi = ai + t (bi − ai ), t ∈ R, (i = 1, 2, 3) Punkt-Richtungsgleichung t ∈ R, (i = 1, 2, 3) Zwei-Punkte-Gleichung Die Gleichungen (14.1) bis (14.2) sind Parameterdarstellungen der Geraden g. 298 (14.1) 14.6 Geraden 14.6.2 Abstand Punkt-Gerade Der Lotvektor vom Punkt P auf die Gerade g durch den Punkt A in Richtung ~c ist − → gerade der Vektor PA minus der Projektion des Vektors − → PA auf den Vektor ~c , d.h. S A c − → PS − → − → PS = PA − P PA PA · ~c ~c . |~c |2 Mit Hilfe der Regeln für das Vektorprodukt ergibt sich − → PS = 1 1 − → − → − → ~ ~ ~ ~ ( c · c ) PA − ( PA · c ) c = (~c × (PA × ~c )) 2 2 ~ ~ |c | |c | und der Betrag gibt den Abstand d des Punktes P von der Geraden g an: d= 1 1 − 1 − → − → − → → − → − → (|~c ×(PA×~c )|) = (|~c | |PA×~c | | sin ^(~c ; PA×~c )|) = (|PA×~c |) = |PA| sin ^(PA, ~c ), 2 2 |~c | |~c | |~c | − → da ~c senkrecht auf PA × ~c steht. E2 g S c x(PA x c) A c PS E1 P PA PA x c Der Abstand d des Punktes P von der Geraden g ist v u − → |PA × ~c | − → − → − →u d= = |PA| sin ^(PA, ~c ) = |PA|t1 − |~c | − → PA · ~c . − → |PA| |~c | (14.2) 299 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie 15 Beispiel 14.26 Der Abstand des Punktes P = −2 von der Geraden 6 √ − → −→ 1 x1 1 +t −1 x2 = 0 2 | {z } | {z } x3 −→ ~c OA g: Dann ist |~c | = 1 −→ 2, PA = OA − OP = −14 3 −4 und damit ~e ~ ~ e e x y z − → PA × ~c = −14 3 −4 = −4~ex − 4~ey + 11~ez 1 −1 0 − → und |PA × ~c | = √ 153. Damit ist 1 − → d= (|PA × ~c |) = |~c | r 153 ≈ 8, 75. 2 14.7 Ebenen 14.7.1 Parameterdarstellung einer Ebene Eine Ebene E ist gegeben durch zwei nicht parallele (von ~0 verschiedene) Vektoren ~u und ~v und einem Punkt A, der in der Ebene liegt. E Man sagt, die Vektoren ~u und ~v spannen die Ebene auf, der Punkt A wird auch „Aufpunkt“ genannt. Ein Raumpunkt X liegt genau dann auf E, −→ wenn sich der Vektor AX als Summe von Vielfachen der Vektoren ~u und ~v darstellen lässt, d.h. man hat die Parameterdarstellung −→ AX = s ~u + t ~v , tv x= a+ s t u+ v X v A u su t, s ∈ R. Wird ein kartesisches Koordinatensystem (O , ~e1 , ~e2 , ~e3 ) festgelegt, so dass A = (a1 , a2 , a3 ), 300 14.7 Ebenen ~u = u1~e1 + u2~e2 + u3~e3 , und ~v = v1~e1 + v2~e2 + v3~e3 , dann ist die Parameterdarstellung äquivalent zu den drei Gleichungen: xi = ai + sui + tvi , i = 1, 2, 3, t, s ∈ R. Werden ~u und ~v durch die drei verschiedenen Punkte A = (a1 , a2 , a3 ), B = (b1 , b2 , b3 ) und −→ − → C = (c1 , c2 , c3 ) bestimmt, also ~u = AB und ~v = AC dann geht die Parameterdarstellung über in die Drei-Punkte-Gleichung der Ebene E : xi = ai + s(bi − ai ) + t(ci − ai ), mit i = 1, 2, 3, t, s ∈ R, A = (a1 , a2 , a3 ), B = (b1 , b2 , b3 ), C = (c1 , c2 , c3 ). 14.7.2 Parameterfreie Darstellung einer Ebene Ein Punkt X liegt genau dann auf der Ebene E, wenn −→ − → −→ AX = s~u + t ~v = sAB + t AC, das impliziert aber, dass −→ − → −→ [AX , AB, AC] = 0 (14.3) sein muss. Ist umgekehrt (14.3) erfüllt, so bedeutet dies nach dem Test auf lineare Unabhängigkeit, dass die 3 Vektoren parallel zu einer Ebene sind, nämlich gerade E. Deshalb ist die parameterfreie Drei-Punkte-Formel für E in Determinantenform gerade −→ − → −→ [AX , AB, AC] = 0. − → −→ Insbesondere zeigt das, dass der Vektor ~n = AB × AC = ~u × ~v senkrecht auf der Ebene E −→ steht. Man nennt deshalb ~n einen Normalenvektor von E und AX · ~n = 0, (A Aufpunkt, ~n Normalenvektor von E). eine Normalengleichung von E. In kartesischen Koordinaten X = (x1 , x2 , x3 ), A = (a1 , a2 , a3 ) und ~n = n1~e1 +n2~e2 +n3~e3 wird hieraus die Koordinatendarstellung von E n1 x1 + n2 x2 + n3 x3 = c mit −→ c := a1 n1 + a2 n2 + a3 n3 = O A · ~n. Bemerkung 14.27 Durch Berechnung des Normalenvektors gelangt man von der Parameterdarstellung zur parameterfreien Darstellung. Umgekehrt gelangt man von der parameterfreien Darstellung zur Parameterdarstellung durch Bestimmung von 3 Punkten, die auf der Geraden liegen, und bildet dann die 3-Punkt-Form einer Geraden. Wird die Ebene E durch einen Aufpunkt A und einen Normalenvektor ~n gegeben, so ist der − → Abstand eines beliebigen Raumpunktes P zur Ebene E gleich der Länge des Vektors PS, 301 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie wobei S der Fußpunkt des Lots von P auf E ist und damit gleich der Länge der Projektion − → des Vektors PA auf den Normalenvektor ~n, d.h. der Abstand des Punktes P von der Ebene E ist − → − → |PA · ~n| d = |PS | = . |~n| n E S . A .φ φ g n1 n2 n E1 E2 P − → Ist |~n| = 1, so gibt bereits d = |PA · ~n| den Abstand des Punktes P von der Ebene E an. Mit unseren Kenntnissen ist es relativ einfach den Schnittwinkel zweier Ebenen zu bestimmen. Als Winkel zwischen zwei Ebenen ist immer der spitze Winkel (0 ≤ φ ≤ π2 ) zu verstehen. Offensichtlich gilt: |~n1 · ~n2 | . cos φ = |~n1 ||~n2 | 14.7.3 Hesse-Normalform Man nennt diese Darstellung Hesse-Normalform der Ebene E n1 x1 + n2 x2 + n3 x3 = c, wenn n12 + n22 + n32 = 1 und c ≥ 0. Man gelangt von einer beliebigen qKoordinatendarstellung von E zur Hesseschen Normalform mittels Division durch ±|~n| = ± 302 n12 + n22 + n32 . 14.7 Ebenen Satz 14.28 (Hesse-Normalform einer Ebene) Ist n1 x1 + n2 x2 + n3 x3 = c ≥ 0 in Hesse-Normalform, so gilt: 1. Der Normalenvektor ~n = n1~e1 + n2~e2 + n3~e3 weist, wenn er in einem Punkt der Ebene E angetragen wird, vom Ursprung weg, da ~n · ~x = |~n| |~x | cos ^(~n, ~x ) = c ≥ 0 und damit muss gelten − π2 ≤ ^(~n, ~x ) ≤ π2 : . n E E . n − → 2. Es ist c der Abstand der Ebene E vom Ursprung, da OL parallel zu ~n ist und in − → − → dieselbe Richtung zeigt, gilt OL = k ~n und k = |OL|, dann folgt aus der HesseNormalform ~n · (k ~n) = k ~n · ~n = k = c. −→ − → − → −→ − → P zur Ebene ist die Länge |PS | = |OL| − |OT | , wobei |OL| = c der Abstand des −→ −→ 3. Ein beliebiger Punkt P hat von E den Abstand d = |c − OP · ~n|. Der Abstand von Ursprungs von der Ebene und OT die Projektion von OP auf den Normalenvektor ~n ist. P2 n n L E S S1 L S 2 E . T P . P1 T . 4. Falls O 6∈ E, dann gilt −→ −→ c − O P · ~n < 0 ⇐⇒ E trennt O und P. c − O P · ~n > 0 ⇐⇒ O , P liegen auf derselben Seite von E, 303 14 Vektorprodukte und analytische Geometrie 1 Beispiel 14.29 Man bestimme den Abstand des Punktes P3 = 2 von der Ebene E, die durch die Punkte 4 1 1 0 P0 = 0 , 1 P1 = 1 und 0 P2 = 1 1 gegeben ist. Als erstes bestimmen wir als Parameterform die 3-Punkte-Gleichung der Ebene: x1 1 1−1 0−1 1 0 −1 x2 = 0 +s 1 − 0 +t 1 − 0 = 0 +s 1 +t 1 , s, t ∈ R. x3 1 0−1 1−1 1 −1 0 Die parameterfreie Form ergibt sich aus der Bestimmung des Normalenvektors ~ex ~ey ~n = 1 × 1 = 0 −1 0 −1 1 0 −1 ~ez 1 ~ ~ ~ −1 = ey + ez + ex = 1 . 1 0 1 D.h. die Ebenengleichung lautet x + y + z = c, wobei c durch das Einsetzen eines Punktes der Ebene berechnet wird, für P0 ergibt sich 1 + 0 + 1 = c = 2, folglich ist die parameterfreie Form der Ebenengleichung x + y + z = 2. Hieraus erhält man wegen |~n| = die Hesse-Normalform √ 12 + 12 + 12 = x y √ 3 den Einheitsnormalenvektor ~n0 = z ~n |~n| und 2 √ +√ +√ =√ . 3 3 3 3 Wir zwei Möglichkeiten den Abstand des Punktes P3 von der Ebene zu berechnen. Als erstes benutzen wir die Formel für den Abstand mit P0 als Aufpunkt der Ebene mit −−→ −−→ −−→ 0 P3 P0 = OP0 − OP3 = −2 −3 −−→ |P3 P0 · ~n| |0 − 2 − 3| 5 √ durch d = = = √ . ~ |n| 3 3 Das gleiche Ergebnis kann man mit Hilfe der Hesse-Normalform erhalten: x y z 2 1 2 4 5 ~ d = |c − OP3 · n0 | = c − √ − √ − √ = √ − √ − √ − √ = √ , 3 3 3 3 3 3 3 3 −−→ x y z 2 1 2 4 5 da c − OP3 · ~n0 = c − √ − √ − √ = √ − √ − √ − √ = − √ < 0 −−→ 3 3 3 3 3 ist, die trennt die Ebene E den Ursprung und den Punkt P3 . 304 3 3 3