Theaterpädagogische Materialen Prinz Friedrich von Homburg von Heinrich von Kleist Foto: Beushausen. V.l.: Julia Gutjahr (Prinzessin Natalie von Oranien), Peter Adrian E. Krahl (Feldmarschall Dörfling), Guido Thurk (Graf Hohenzollern), Kristoffer Keudel (Rittmeister von der Golz), Vesna Buljevic (Die Kurfürstin), Andreas Wobig (Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg). Vorn: Dennis Laubenthal (Prinz Friedrich von Homburg), Berthold Schirm (Obrist Kottwitz). Premiere 14.10.2010 Aufführungsdauer 1 Stunde 40 Minuten, Pause nach dem dritten Akt 1 Herzlich Willkommen im Westfälischen Landestheater! Wir freuen uns über Ihr Interesse an „Prinz Friedrich von Homburg“ von Heinrich von Kleist in einer Inszenierung von Ralf Ebeling. Das theaterpädagogische Begleitmaterial bietet Ihnen Anregungen, Ihre SchülerInnen auf den Theaterbesuch vorzubereiten oder das gemeinsame Erlebnis nachzubereiten. Mit den Spielvorschlägen aus Darstellendem Spiel wird ein alternativer Zugang zum Stoff ermöglicht. Auf spielerischer Ebene können Sie und Ihre Klasse sich mit den Themen und den Figuren des Stückes bekannt machen und auseinandersetzen. „Dieses Stück hat die Kraft, den Zuschauer in einer Zeit und Gesellschaft, die von Hektik und Rücksichtslosigkeit geprägt ist, zum Einhalten zu bewegen. Gerade vor dem Gedanken eines permanenten Erfolgsdrucks, der jede Individualität und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten erstickt, steht der „Prinz von Homburg“ als exemplarischer „Leuchtturm“ gegen die Resignation des Individuums. Es wird gezeigt, dass es sich lohnt und bereichernd ist, sich selbst zu vertrauen, dem eigenen Empfinden, dem Traum.“ (Christian Scholze, Dramaturg, WLT) Wenn Sie einen Vorstellungsbesuch durch eine unserer Theaterpädagoginnen vor- oder nachbereiten lassen möchten, rufen Sie uns an oder senden eine E-Mail. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen in Kontakt zu treten und grüßen herzlich Theaterpädagogik Europaplatz 10 / 44575 Castrop-Rauxel/ Tel.: 02305-978027 E-Mail: [email protected] 2 Inhalt Besetzung.....................................................................................................................................S. 4 Inhalt............................................................................................................................................S. 5 Zum Stück....................................................................................................................................S. 5 Heinrich von Kleist - Sein Leben.................................................................................................S. 6 Historischer Hintergrund............................................................................................................S. 9 Aufführungsgeschichte...............................................................................................................S. 11 Das Bühnenbild und die Kostüme.............................................................................................S. 13 Vorbereitung und Nachbereitung.............................................................................................S. 14 Literatur.....................................................................................................................................S. 20 Service.......................................................................................................................................S. 20 Impressum..................................................................................................................................S. 21 3 Besetzung Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg.........................................................Andreas Wobig Die Kurfürstin.............................................................................................................Vesna Buljevic Prinzessin Natalie von Oranienburg, seine Nichte......................................................Julia Gutjahr Feldmarschall Dörfling....................................................................................Peter Adrian E. Krahl Prinz Friedrich Arthur von Homburg..................................................................Dennis Laubenthal Obrist Kottwitz, vom Regiment der Prinzessin von Oranien.................................Berthold Schirm Graf Hohenzollern..........................................................................................................Guido Thurk Rittmeister von der Golz........................................................................................Kristoffer Keudel Siegfried von Mörner, Rittmeister..........................................................................Andreas Bühring Inszenierung...................................................................................................................Ralf Ebeling Ausstattung...........................................................................................................Jeremias Vondrlik Dramaturgie...........................................................................................................Christian Scholze Theaterpädagogik..............................................................................................Franziska Rieckhoff Regieassistenz/ Abendspielleitung........................................................................Andreas Bühring Soufflage.........................................................................................................................Karin Hinze Bühnentechnik..............................................................................................Sebastian Jungermann Licht............................................................................................................................Gerhard Hinze Ton...........................................................................................................Klaus-Werner Wollnowski Maske......................................................................................................................Susann Reinhold Requisite………....................................................................................…..................Beatrix Broecker Garderobe........................................................................................…....................Eva-Maria Runge 4 Inhalt Im Garten des Kurfürsten hat der Prinz von Homburg einen Traum, der seine Wahrnehmung der Realität grundlegend verändert. Direkt im Anschluss ignoriert er in der Schlacht von Fehrbellin den Marschbefehl und entscheidet mit seinem Mut die Schlacht zu Gunsten des Kurfürsten von Brandenburg. Ausschlaggebend für sein Verhalten ist das unbedingte Vertrauen in das eigene Gefühl; ihm ist die eigene Wahrnehmung Lebens- und Glaubensprinzip. Im Zentrum dessen steht seine Liebe zu Natalie, der Prinzessin von Oranienburg und Nichte des Kurfürsten. Der Kurfürst wertet das Handeln des Prinzen als Gehorsamsverweigerung und ruft das Kriegsgericht ein, das den Prinzen zum Tode verurteilt. Der Prinz akzeptiert das Urteil und findet durch die Vorbereitung auf den Tod zu sich. Dieses Vertrauen führt ihn zurück ins Leben, in die Liebe und macht ihn zum eigentlichen Helden einer jeden Zeit. Das Individuum und das Gesetz – dieser ewige Gegensatz steht im Mittelpunkt des einzigartigen Stückes von Heinrich von Kleist. Muss man dem Gesetz bedingungslos folgen oder darf die persönliche Gewissheit und Überzeugung den Ausschlag für das eigene Handeln geben? Zum Stück Prinz Friedrich von Homburg entstand in der Zeit von 1809 – 1811. Die Uraufführung fand am 3.10.1821 am Wiener Burgtheater statt. Die Spannung des Schauspiels resultiert aus der Ungewissheit, ob das verhängte Todesurteil ausgeführt wird oder nicht. Zunächst hält der Prinz das Urteil für eine Formalität, er geht davon aus, dass der Kurfürst auf die Vollstreckung verzichten wird. Tatsächlich geschieht dies am Ende des Dramas, doch erst nachdem der Prinz anerkennt, dass dem Gesetz Folge zu leisten ist. Die Entscheidung über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit des Urteils wird in die Hände Prinz Friedrichs von Homburg gelegt. Er wird vom Kurfürsten zum Richter über sich selber ernannt und erkennt, dass er sich schuldig gemacht hat. Prinz Friedrich von Homburg geht als staatspolitisches Drama zu Ende und der „Fall“ ist für alle Seiten befriedigend, rational einsichtig gelöst. Kleists Beinahe-Tragödie schließt mit einem traumhaften Wunsch- und Hoffnungsbild gegen Tragik und Tod, als wenn der Held am Ende die Verwirklichung der Vision des Anfangs nicht glauben will und fragt: „Ist es ein Traum?“ und Kottwitz darauf antwortet: „Ein Traum, was sonst?“. Foto: Beushausen. V.l.: Julia Gutjahr (Prinzessin Natalie von Oranien), Kristoffer Keudel (Rittmeister von der Golz), Vesna Buljevic (Kurfürstin). Vorn: Dennis Laubenthal (Prinz Friedrich von Homburg). 5 Heinrich von Kleist - Sein Leben Am 18. Oktober 1777 wird Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist als ältester Sohn des Kompaniechefs Joachim Friedrich von Kleist und seiner zweiten Frau Juliane Ulrike, geb. von Pannwitz, in Frankfurt a. d. O. geboren. 1792 tritt er in das Garderegiment Potsdam als Gefreiter-Korporal ein und nimmt von 1793-1795 am Rheinfeldzug teil. 1799 erbittet und erhält Kleist den Abschied. Nach bestandener Reifeprüfung im April immatrikuliert sich Kleist an der Universität Frankfurt a. d. O. und studiert Physik, Mathematik, Kulturgeschichte, Naturrecht und Latein. 1800 verlobt er sich mit Wilhelmine von Zenge. Im März 1801 erlebt er seine erste schwere Krise, die sogenannte Kant-Krise. Der Einfluss der Aufklärung auf Heinrich von Kleist war sehr groß. Doch wann genau er mit der Philosophie Immanuel Kants in Kontakt kommt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es darf davon ausgegangen werden, dass Kleist spätestens im Jahre 1800 erstmals Kantsche Schriften liest. Von einer Krise ist zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu spüren; vielmehr überschneiden sich die Ansichten Kleists und Kants, zumindest was die Idee des Glaubens an eine rein moralische Vernunft betrifft: Weder die Vorstellung von Göttern oder von ihren Geboten noch von Unsterblichkeit kann der innerste Kern einer Religion sein, denn diese sind nur Imaginationen, die auf verschiedenen Erdteilen verschiedenartig ausgeprägt sind. Es muss also eine allgemeingültige Essenz aller Religionen geben: "Aber in uns flammt eine Vorschrift - und die muss göttlich sein, weil sie ewig und allgemein ist, sie heißt: erfülle Deine Pflicht; und dieser Satz enthält die Lehren aller Religionen. [...] Würdest du nicht mehr tun, was Recht ist, wenn der Gedanke an Gott und Unsterblichkeit nur ein Traum wäre? Ich nicht. [...] Aber zuweilen, wenn ich meine Pflicht erfüllt habe, erlaube ich mir, mit stiller Hoffnung an einen Gott zu denken, der mich sieht; [...] Ich will mich nicht um meine Bestimmung nach dem Tode kümmern, aus Furcht darüber, meine Bestimmung für dieses Leben zu vernachlässigen." (a Kleist: In: http://tinyurl.com/67snvgy). Die Tatsache, dass Kleist dem Leben vor dem Tod weitaus mehr Bedeutung zumisst als einem spekulativen Leben nach dem Tod, müsste ihn eigentlich gegen die spätere Krise immun machen. Doch dem ist nicht so. Wäre Kleist seinem skeptischen Agnostizismus treu geblieben, hätten die Argumente der Erkenntniskritik seinem Weltbild nicht das Geringste anhaben können. Stattdessen lässt er es zu, dass sich die eigene Skepsis gegen ihn wendet. "Ich hatte schon als Knabe [...] mir den Gedanken angeeignet, dass wir einst nach dem Tode von der Stufe der Vervollkommnung auf eine andere weiter fortschreiten würden, und dass wir den Schatz von Wahrheiten, den wir hier sammelten, auch dort einst brauchen könnten. Bildung schien mir das einzige Ziel, das des Bestrebens, Wahrheit der einzige Reichtum, der des Besitzes würdig ist." (b Kleist: In: http://tinyurl.com/5tu6oyh). Dann aber trifft die harte Keule der Erkenntniskritik und zerschmettert sein Weltbild: Was nützt der mühsam angehäufte "Schatz von Wahrheiten“ im Jenseits, wenn sich der Verstand im Diesseits nicht sicher sein kann, ob das Gesammelte überhaupt wahr ist? Wer eine grüne Brille trägt, führt Kleist beispielhaft aus, wird die ganze Welt grün sehen und dieses Grün für wahr halten - ohne je sicher sein zu können. Nun merkt Kleist, dass selbst ideelle Werte im Tod keinen Nutzen mehr haben: "Wir können nicht entscheiden, ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist, oder ob es uns nur so scheint. Ist das letzte, so ist die Wahrheit, die wir hier sammeln, nach dem Tode nicht mehr - und alles Bestreben, ein Eigentum sich zu erwerben, das uns auch ins Grab folgt, ist vergeblich" (Kleist: In: ebda). 6 Unruhig versucht Kleist sich zu zerstreuen, doch er schreibt und liest nicht mehr, ist untätig, unfähig gar ein Buch auch nur anzurühren. Er begibt sich auf Reisen und beginnt, in der Kunst eine rettende Ablenkung zu suchen. Gefühl und Verstand sind aus der Bahn geworfen. Bald ebbt all sein Lamentieren ab, doch die seelischen Wunden dieser Krise verheilen nicht. 1802 wird er durch den Kupferstich von Le Veau zum "Zerbrochnen Krug" angeregt und fängt mit dem "Guiskard" an. Außerdem erfolgt der Bruch mit Wilhelmine. 1803 erscheint "Die Familie Schroffenstein" (anonym). Das „Guiskard"-Manuskript vernichtet er. Er selbst erleidet einen körperlichen und seelischen Zusammenbruch und hat Selbstmordpläne. 1804 ist die Aufführung der "Familie Schroffenstein" in Graz. 1806 fortdauernde Unpässlichkeiten, sechsmonatiger Urlaub, schließlich gibt er die Beamtenlaufbahn auf. 1807 wird er auf der Reise nach Dresden als angeblicher Spion verhaftet und verbringt die Zeit von Februar bis Juli in französischer Gefangenschaft. „Amphitryon" erscheint, „Penthesilea" wird abgeschlossen. 1808 findet am 2. März die misslungene Uraufführung des „Zerbrochnen Krugs" in Weimar durch Goethe statt. Außerdem stellt Kleist „Die Hermannsschlacht" fertig. 1809 beginnt er mit dem Quellenstudium zum „Prinzen von Homburg“. 1810 ist die Uraufführung und erscheint die Buchausgabe des „Käthchen von Heilbronn", außerdem erscheint der erste Band der „Erzählungen". Am 19. März wird der “Prinz von Homburg“ erstmals in einem Brief an Ulrike von Kleist erwähnt. An keinem seiner Werke hat er länger gearbeitet. Er trug das Manuskript auf all seinen Reisen mit sich und hat es oft verändert. Wann genau die endgültige Fassung vorlag, ist nicht bekannt, auch ein von ihm autorisiertes Manuskript ist nicht überliefert. 1811 wird das Stück fertig gestellt. Aber all seine Hoffnungen, dass es zu einer Aufführung des „Prinzen von Homburg“ kommt, zerschlagen sich. Es erscheint der zweite Band der Erzählungen. Er versucht, eine Anstellung als Redakteur zu finden oder wieder in preußischen Zivildienst übernommen zu werden. In der Nacht des 20. November 1811 befindet er sich mit seiner Vertrauten Henriette Vogel in einem Hotel am Wannsee in Berlin. Es ist Spätherbst. In jeder Beziehung. Sie schreiben Briefe. Ob sie sich auch gegenseitig ihr Leben erzählen? Ob sie wissen, was sie geleistet haben? Wieviel sie den Menschen und der Kultur über Jahrhunderte bedeuten würden? Und was sie zu tun gedenken? Die beiden waren tags zuvor, am 20.11.1811, angereist und im Wirtshaus 'Neuer Krug' abgestiegen. Am Nachmittag des 21.11. ließen sich Kleist und Henriette Vogel, nachdem sie gespeist hatten, den Kaffee in einer stille Bucht am See servieren, setzten sich dort in eine Vertiefung einander gegenüber und schickten die Magd fort, eine weitere Tasse zu holen. Als diese sich ein Stück entfernt hatte, hörte sie zwei Schüsse fallen. Kleist hatte zuerst Henriette Vogel ins Herz geschossen und sich anschließend eine Kugel in den Kopf gejagt. "Die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war." (Kleist, am Morgen seines Todes) Henriette Vogel war 31 Jahre, Kleist einen Monat und drei Tage zuvor 34 Jahre alt geworden. Tatsache ist, dass bereits sehr früh im Leben Kleists eine tiefere innere Veranlagung des Dichters zum Selbstmord erkennbar war. Einer der Hauptgründe für den Selbstmord Kleists mag die verlockende Gelegenheit eines gemeinsamen Todes mit einer geschätzten Freundin gewesen sein. Kleist hatte zuvor schon, seine Cousine Marie von Kleist, des öfteren gefragt, ob sie mit ihm sterben wolle. So wichtig dieser letzte Schritt für Kleist geworden war, so sehr scheute er sich davor, ihn allein zu tun. Kleist war ein Mensch, der Zeit seines Lebens am Leben litt und die Erfüllung im gemeinsamen Tod mit einem geliebten Menschen suchte. 7 Aufgrund der Abschiedsbriefe an Marie lässt sich vermuten, dass Marie von Kleist die wichtigste Person überhaupt in Kleists Leben war. Kleist hätte wegen Marie seinen Entschluss zu sterben vielleicht aufgegeben. Doch in diesem Brief vom 10. November 1811 schrieb er ihr: „Aber ich schwöre dir, es ist mir ganz unmöglich länger zu leben; meine Seele ist so wund." (Kleist: In: ebda). Kleist hatte außerdem große Zukunftsängste, die aus den hohen Erwartungen rühren, die er an sich gestellt glaubte: "Aber der Gedanke, das Verdienst, das ich doch zuletzt [...] habe, gar nicht anerkannt zu sehen, und mich von ihnen als ein ganz nichts nütziges Glied der menschlichen Gesellschaft [...] betrachtet zu sehn, ist mir überaus schmerzhaft, wahrhaftig es raubt mir nicht nur die Freuden die ich von der Zukunft hoffte, sondern es vergiftet mir auch die Vergangenheit" (Kleist: In: ebda). Foto: Beushausen. V.l.: Julia Gutjahr (Prinzessin Natalie von Oranien), Dennis Laubenthal (Prinz Friedrich von Homburg). 8 Historischer Hintergrund - Prinz Friedrich von Hessen-Homburg (1633-1708) In seinen "Mémoires pour servir à l'histoire de la maison de Brandenbourg" beschreibt Friedrich der Große 1751, wie der Prinz von Hessen-Homburg in der Schlacht von Fehrbellin 1675 eigenmächtig und voreilig angegriffen - und dadurch die Schlacht gewonnen habe. Diese Legende steht allerdings im Widerspruch zu den historischen Berichten. Kleist nutzte sie dennoch als Quelle und entwickelte den Stoff frei weiter. Das Handeln des Prinzen "ohne ausdrücklichen Befehl" wandelte er in ein Handeln "gegen" den Befehl um. Theodor FontaneFontane- Prinz Friedrich von HessenHessen-Homburg „[...] Unser Prinz Friedrich ward am 9. Juni 1633 geboren. Er war der zweite Sohn des Landgrafen Friedrich von Hessen, des Stifters der Homburgischen Linie. Er trat jung in schwedischen Dienst, war 1659 mit vor Kopenhagen und verlor bei dieser Belagerung ein Bein. Dasselbe wurde künstlich ersetzt, weshalb er seitdem der »Prinz mit dem silbernen Bein« hieß. Neben Götz von Berlichingen wohl der einzige Fall einer derartigen Namensgebung. Die Belagerung von Kopenhagen fiel in die glänzende Regierungszeit Karl Gustavs von Schweden, nach dessen plötzlichem Tode, 1660, unser Homburger Prinz sich zurückgesetzt fühlte, weshalb er denn auch den Abschied nahm. Wahrscheinlich 1661. Um eben diese Zeit (1661) hatte er sich mit der Gräfin Margarete Brahe [...] vermählt und übersiedelte nach Weferlingen, einem schönen Gute im Magdeburgischen, das ihm durch seine Gemahlin zugebracht worden war. Hier, von Weferlingen aus, kam er an den Berliner Hof, trat in die Armee des Kurfürsten, erhielt ein Regiment und wurde später, 1670, zum General der Kavallerie erhoben. [...] Der Prinz befand sich (1675) mit seinem kurfürstlichen Herrn im Elsaß, danach in Franken, allwo den 18. Mai, im Lager vor Schweinfurt, die Nachricht vom Einfall der Schweden in die Mark Brandenburg eintraf. Der Kurfürst brach sofort auf, mit ihm der Prinz. Am 11. Juni war er in Magdeburg, am 14. vor Rathenow, und nahm von hier aus, nach Erstürmung eben dieser Stadt durch Derfflinger, an jener berühmt gewordenen Verfolgung teil, die der schwedischen Armee schon am 16. und 17. in verschiedenen Avantgarden-Gefechten erhebliche Verluste beibrachte. Am 17. waren die verfolgenden Brandenburger bis Nauen gekommen. Von hier aus schrieb unser Prinz, dem für den nächsten Tag eine so bedeutende Rolle vorbehalten war, an seine [zweite, die erste war schon gestorben] Gemahlin folgenden Brief: Meine Engelsdicke, wir seint braff auf der jacht mit den Herren Schweden, sie seint hier beim passe Nauen diesen morgen übergegangen, musten aber bei 200 Todten zurückelassen von der arriert guarde; jenseits haben wir bei Fer-Berlin alle brücken abgebrannt und alle übriche paesse so besetzet, das sie nun nicht aus dem lande wieder können. Sobald unsere infanterie kombt, soll, ob Gott wolle, die ganze armada dran. Der schwedische Feldherr war mit 3000 Mann in Havelberg, wollte die Brücke über die Elbe machen lassen, aber nun ist er von der armada abgeschnitten und gehet über Hals und Kopf über Ruppin nach Pommern. Sein Bruder commandirt diese 12,000 mann hier vor uns. Wo keine sonderbare straff Gottes über uns kombt, soll keiner davon kommen, wir haben dem Feind schon über 600 todtgemacht und über 600 Gefangene. Heute hat Hennig [Oberst Henning von Treffenfeld, d. Verf.] wohl 150 pferth geschlagen, und gehet alleweil Lüttique [General Lüdicke, d. Verf.] mit 1500 Mann dem Feindt in ricken. Morgen frihe werden sie ihnen den 1. morgensegen singen. Wir haben noch kein 60 Mann verlohren, und unsere leite fechten als lewen. – in zwei Tagen haben wir unsere infanterie und morgen den Fürsten von Anhalt mit 4000 Mann, die Kayserlichen werden alle Tage erwartet mit 8000 Mann. Dann gehen wir gerath in pommern, und wenn die battaglie vorbey, gehe ich nach Schwalbach, habe schont Urlaub. [...] Friedrich L. z. Hessen. [...] 9 Nichts kann uns eine bessere Vorstellung geben von der Stimmung, welche im brandenburgischen Heere herrschte, zumal auch von der des Prinzen selbst, der nunmehr auf vierundzwanzig Stunden in die vorderste Linie trat. Am folgenden Tage, am »Tage von Fehrbellin«, führte er die Avantgarde, hing sich mit dieser an die Schweden, brachte sie zum Stehen und wurde so die vorzüglichste Ursache zum Siege über dieselben. Verfuhr er anders, so entkam der Feind. Er selber hat über diese glänzende Aktion am Tage darauf (19.) von Fehrbellin aus, abermals in einem Briefe an seine »Engelsdicke« berichtet. Der Brief lautet: Allerlibste Frawe! Ich sage nun E. L. hiermit, das ich gestern morgen, mit einichen Tausent mann in die advanguart commandiret gewesen, auff des Feindtes contenance achtung zu haben, da ich denn des Morgens gegen 6 Uhr des Feindtes gantzer armé ansichtig wurde, der ich dann so nahe ging, das er sich muste in ein Scharmützel einlassen, dadurch ich ihn so lange aufhielte, bis mir J. Dl. der Churfürst mit seiner gantzen Cavallerie zu Hülfe kam. Sobalten ich des Churfürsten ankunft versichert war, war mir bang, ich möchte wider andere ordre bekommen, und fing ein hartes treffen mit meinen Vortruppen an, da mir denn Dörffling soforth mit einichen Regimentern secontirte. Da ging es recht lustig ein Stundte 4 oder 5 zu, bis entlichen nach langem Gefechte die Feindte weichen musten, und verfolgten wir sie von Linum bis Fer-Berlin, und ist wohl nicht viel mehr gehört worden, daß eine formirte armee, mit einer starken infanterie und canonen so wohl versehen, von bloßer Cavallerie und tragonern ist geschlagen worden. Es hilte anfenglich sehr hart; wie denn meine Vortruppen zu weidten mahl braff gehetztet wurden, wie noch das anhaltische und mehr andere regimenter. Wie wir den entlichen so vigoureusement drauff gingen, das uns der Feind le champ de battaglie malgré hat lassen, und sich in den passe Fer-Berlin retiriren muste, mit Verlust von mehr als 2000 Todten ohne die plessierten. Ich habe, ohne die zweitausend im Vortrupp commandirten, mehr als 6 oder 8 escatronen angeführtet. Zuweilen must ich lauffen, zuweilen machte ich laufen, bin aber diesesmahl Gottlob ohn plessirt davongekommen. Auf schwedischer seiten ist gepliben der Obrist Adam Wachtmeister, Obr.-Liet. Malzan von General Dalwichens (Regiment) und wie sie sagen noch gar viele hohe officirer; Dalwig ist durch die Achsel geschosen, und sehr viele hart plessiert. Auf unser seiten wurde mir der ehrliche Obrist Mörner an der Seiten knall und falle todt geschossen, der ehrliche Frobenius todt mit einem Stücke, kein schrit vom Kurfürsten, Strauß mit 5 Schossen plessirt; Major Schlapperdorf blib diesen Morgen vor Ferberlin; [...] Gegeben im Feldlager bei Fer-Berlin, den 19. Juni 1675.“ (Originalrechtschreibung) (In: Grindl: In: http://tinyurl.com/6g4vudc). 10 Aufführungsgeschichte Zu Lebzeiten Kleists wurde der „Prinz von Homburg“, wie so viele seiner Stücke, von keiner Bühne angenommen. Eine Aufführung scheiterte, da Prinzessin Marianne von Preußen, eine geborene Hessen-Homburg, dadurch die Familienehre gekränkt sah. Das Stück geriet in Vergessenheit, bis Tieck es um 1819 in literarischen Kreisen vorlas. Die Uraufführung fand erst 1821 am Wiener Burgtheater statt, vorsichtshalber unter dem Titel „Die Schlacht bei Fehrbellin“, da in der österreichischen Armee mehrere Prinzen von Homburg dienten. Es kam zum Theaterskandal, da eine Claque von Militärs das Publikum animierte, jede Szene schon im vorhinein auszuzischen und zu verlachen. Nach 5 Vorstellungen musste das Stück auf Betreiben des Erzherzogs Karl abgesetzt werden, da er befürchtete, dass das Beispiel des Prinzen einen schlechten Einfluss auf die Armee ausüben könnte. Die 1821 folgenden Aufführungen in Dresden und Weimar von Ludwig Tieck, dem ersten Herausgeber der Gesammelten Werke Kleists, brachten einen literarischen Achtungserfolg, der aber den Widerstand des preußischen Hofes gegen eine Aufführung in Berlin nicht brechen konnte. Erst 1828 konnte der Prinz von Homburg am preußischen Hoftheater, das als einzige Bühne Berlins die Konzession für historische Dramen besaß, in einer noch abgemilderten Fassung, aufgeführt werden. Nach 3 Vorstellungen befahl der König Friedrich Wilhelm III., dass das Stück nicht wieder gegeben werden darf, da im militärischen Staat Preußen ein Offizier mit so wenig Ehrgefühl den ganzen Stand lächerlich machen würde, das Stück daher staatsgefährdend sei. Zwischen 1850 und 1945 wurde das Stück teilweise gefeiert, teilweise verdammt. „Oh Garten, künstlich in dem märkischen Sand! Oh Geistersehn in preußisch blauer Nacht! Oh Held, von Todesfurcht ins Knien gebracht! Ausbund von Kriegerstolz und Knechtsverstand! Rückgrat, zerbrochen mit dem Lorbeerstock! Du hast gesiegt, doch wars dir nicht befohlen. Ach, da umhalst nicht Nike dich! Dich holen Des Fürsten Büttel feixend in den Block. So sehen wir ihn denn, der da gemeutert, Mit Todesfurcht gereinigt und geläutert, Mit Todesschweiß kalt unterm Siegeslaub. Sein Degen ist noch neben ihm: in Stücken. Tot ist er nicht, doch liegt er auf dem Rücken Mit allen Feinden Brandenburgs in Staub.“ (Brecht: In: Die neue Weltbühne). Nach dem Zweiten Weltkrieg kam aus Frankreich der Anstoß zu einer Bühnen-Renaissance des nun entpatriotisierten „Prinzen von Homburg“. Der „Prinz von Homburg“ war hier als unhistorische Revolte des vereinzelten Individuums konzipiert. Ingeborg Bachmann betonte den utopischen Charakter der Traumempfindung. Unter Peter Stein und Botho Strauß blieb dieser Aspekt 1972 weiter bestimmend. Stein und Strauß nahmen die Politisierung des Theaters, die für die 60er und 70er Jahre typisch war, zurück und ersetzten sie durch die ästhetische Analyse der persönlichen Erfahrung gesellschaftlicher Zumutung, Beschränkung und Unterdrückung. 11 „Ich bewunderte und liebte Kleist, ich hatte den Prinz von Homburg gelesen, aber nur ein einziges Mal auf der Bühne gesehen, in Paris, in französischer Sprache, in der Inszenierung von Jean Vilar. Le Prince du Homburg. Gérard Philipe gab ihm Glanz, Zittern, Demut. Er sprach französisch, war fern von Preußen, von Deutschland. Man musste das Stück lieben. Aber konnte man das Stück noch lieben, wenn Brandenburg wieder Brandenburg war und bei dem Kanonendonner, der den Prinzen zurück ins Leben ruft, sich die schlimmsten Assoziationen einstellen? Einer Generation zugehörig, die nicht nur dem Volk misstraute, das seine Klassiker missbraucht hatte, sondern auch den Dichtern misstraute, deren Werke sich so hatten missbrauchen lassen. [...]. Es gibt in diesem Schauspiel, dessen Szenen alle zur Nachtzeit spielen (oder in der Dämmerung oder im Morgengrauen), durch den ständigen Lichteinfall der Sprache und einer Freiheit, die nicht eigens ihrer Verkündigung braucht, sondern sich durch die Sprache fühlbar macht, eine große Klarheit und Helligkeit. [...]. Was an dem Stück wie die Verherrlichung der Legitimität erscheint, ist nicht die Glorifizierung jener Legitimität (oder sagen wir besser: Illegitimität), unter der wir seit je in unseren Ländern gelitten haben und die Deutschland in den Abgrund geführt hat, sondern eine noch nie verwirklichte, durch die der Staat einsichtig werden konnte, die Gerechtigkeit lebbar wird.“ (Bachmann: In: Grindl: In: http://tinyurl.com/6g4vudc). „Was mich betrifft, so stimme ich dafür, daß [Kleists Drama, Prinz Friedrich von Homburg`] gleichsam vom Genius der Poesie selbst geschrieben ist und daß es mehr Wert hat als all jene Farcen und Spektakelstücke und Houwaldsche Rühreier, die man uns täglich auftischt.“ (Heinrich Heine) „Kleists Erzählsprache ist etwas absolut Singuläres. Es genügt nicht, sie ‚historisch` zu lesen – auch zu seiner Zeit hat kein Mensch so geschrieben wie er.“ (Thomas Mann) „Ich dichte bloß, weil ich es nicht lassen kann.“ (Heinrich von Kleist) „So musste der Prinz uns erscheinen als der erste moderne Protagonist, schicksallos, mit sich allein in einer ‚zerbrechlichen Welt` und uns darum nah, kein Held mehr, komplexes Ich und leidende Kreatur in einem, ein ‚unaussprechlicher Mensch`, wie Kleist sich selbst genannt hat, ein Träumer, Schlafwandler, der Herr seiner selbst wird.“ (Ingeborg Bachmann) 12 Das Bühnenbild und die Kostüme Die verschlungenen Wege zur Spielfläche auf der Bühne (kupferfarbene Gitter) stehen sowohl für die Kompliziertheit und Verborgenheit der unterschiedlichen Spielorte, wie für die geheimnisvolle Persönlichkeit des Prinzen. Die variablen Elemente (silberfarben) ermöglichen unterschiedliche konkrete Bühnen: Rampe, Tisch, Zentrum der Macht, etc.. (Ein Bühnenbildmodell des Ausstatters Jeremias Vondrlink). In dem Stück werden keine historisch genauen Kostüme verwendet. Das liegt daran, dass das Theaterstück den militärischen und gesellschaftlichen Verhältnissen von 1810 angepasst ist. Die nachgespielte Handlung (Schlacht bei Fehrbellin) ereignete sich jedoch am 18. Juni 1675. Daher würden die historisch genauen Kostüme einen unerwünschten Schwerpunkt setzen. Das Kleid ist weiß aus bestickter Rohseide und hat einen dunkelblauen Überrock aus Samt, der an der hohen Taille befestigt ist. Das Kleid ist in Anlehnung an den Empire-Stil gefertigt worden, eine Modeform, wie sie zu Lebzeiten Heinrich von Kleists getragen wurde (Kostüme des Ausstatters Jeremias Vondrlink). 13 Vorbereitung und Nachbereitung - Anregungen für die Spielleiter Bei der Vorbereitung auf den Theaterbesuch werden die SchülerInnen an die Inszenierung herangeführt. Über die Nachbereitung wird das Theaterstück ins Gedächtnis gerufen, über das Gesehene nachgedacht, entstandene Fragen werden diskutiert und reflektiert. Die folgenden Übungen bilden einen Übungspool. Die Übungen können für die Vor- und/oder Nachbereitung genutzt werden. Abklopfen und Abstreichen – Alleine Der Körper wird abgeklopft, die Arme, die Hände, die Beine, die Füße, Rücken, Bauch etc. Im Anschluss den Körper abstreichen. Abklopfen und Abstreichen – Gemeinsam Diese Übung lässt sich auch schön im Kreis machen, wenn die Gruppe keine Berührungsängste hat. Den Kreis recht eng machen, alle drehen sich in eine Richtung und geben ihrem Vordermann, ihrer Vorderfrau eine kleine Massage, immer nach den Wünschen desjenigen, der „massiert“ wird. Klatschkreis Wir stehen im Kreis. Es wird ein Klatsch-Impuls im Kreis herumgegeben, dabei sollten Sender und Empfänger stets zu erkennen bleiben. Verschiedene Variationen sind möglich: • Ein Empfänger ruft und signalisiert laut ein „Stop!“ dann geht der Impuls in die entgegengesetzte Richtung zurück. • Ein Empfänger duckt sich, der Impuls überspringt die Person und muss nun vom nächsten aufgenommen und weitergegeben werden. • Ein Empfänger gibt den Klatscher durch die Mitte des Kreises begleitet von einem „there we go“. Wo der Klatscher ankommt, wird er wieder in den Kreis gegeben. • Ein Empfänger ruft laut „freak out“. Alle rennen durch den Kreis und suchen sich einen neuen Platz. Derjenige der „freak out“ gerufen hat, gibt den Klatscher nun wieder im Kreis herum. Status Über Status schreibt Keith Johnstone, Schauspiellehrer und Lehrer von Improvisationstheater: „Ohne Status könnten wir im Flur nicht aneinander vorbeigehen, ohne Schläge auszutauschen. Da dies körperliche Verletzungen mit sich bringen könnte, suchen wir einander nach Statussignalen ab, und derjenige, der Tiefstatus akzeptiert, weicht aus. Wenn wir uns über den Status nicht einigen können, entsteht eine unangenehme Situation, wenn wir nur zur gleichen Zeit durch die Tür gehen wollen. [...]. Wenn unser Status nie gefährdet wäre, wären wir alle gelassen und ausgeglichen; unsere Hälse wären lang und unsere Bewegungen würden mühelos wirken. Aber wir besänftigen Hochstatusleute, indem wir unsere Haltung ruinieren und unseren „Raum“ einschränken“ (Johnstone: In: Theaterspiele 1998). Hochstatus Tiefstatus geschmeidige Bewegungen ruckartige Bewegungen Kopf nach oben gerichtet und ruhig Kopf hängen lassen oder unruhig bewegen 14 Körper ist aufgerichtet und angespannt Blick ist streng, Blickkontakt halten Wenig Augenzwinkern Hände ruhig Körper ist in sich gekehrt und schlapp Blick schweift umher Häufiges Augenzwinkern Hände unruhig, oft im Gesicht Füße gerade Füße etwas nach innen gedreht Vollständige, lange Sätze Bruchstückhafte Sätze Durch den Raum führen Die Spieler gehen zu zweit zusammen, der eine führt, der andere folgt auf verschiedenste Weise durch den Raum: freundlich an die Hand nehmen, mit Befehlston vor sich her stoßen, an beiden Armen ziehen, schieben, ohne Körperkontakt, mit geschlossenen Augen usw. Die Rollen werden gewechselt, anschließend über die Erfahrungen berichtet. Statusspiel I Die Spieler stellen sich in zwei Reihen einander gegenüber auf, sodass jeder einen Partner vor sich stehen hat. Nun wird festgelegt, welcher von den beiden Hochstatus und welcher Tiefstatus ist. Jetzt laufen sich die Partner langsam entgegen und spielen dabei (ohne Sprache) ihren Status. Je näher sie kommen, je mehr betonen sie ihren Status. Dann wird gewechselt. In einer weiteren Runde nähern sich die Partner wieder in ihrem Status an, versuchen aber in der Mitte langsam den Status zu tauschen und sich dann mit neuem Status wieder zu ihrer Ausgangsposition zurückzubewegen. Statusspiel II An drei Spieler werden verdeckt Karten mit Nummern von 1 – 3 ausgeteilt. Die Nummern geben an, wer in der zu improvisierenden Szene welchen Status innehat (1 höchster, 2 mittlerer, 3 tiefster Status). Einser müssen versuchen, jedermann zu dominieren, doch vorzugsweise dominieren sie einen Zweier; Zweier brauchen Dreier, um sie zu beherrschen, und Einser, um zu ihnen aufzublicken; Dreier blicken zu allen auf, aber sehnen sich nach einem Zweier, um einen Bezug zu haben. Nun soll eine kurze Szene improvisiert werden, in der jeder versucht, seinen Status zu zeigen. Als Rollen bieten sich Themen des realen Umfelds an wie „Vater, Mutter, Kind“, „Schulleiter, Lehrer, Schüler“, oder aber auch Figuren aus dem Stück. Danach sollte eine kurze Reflexion erfolgen, wie die Spieler sich je nach Status gefühlt haben. Welchen Status hat Prinz Friedrich von Homburg im Verhältnis zum Kurfürsten, welchen zu Kottwitz, welchen zu Prinzessin Natalie etc.? Statusspiel III Es werden 2 Reihen gebildet, die sich gegenüber stehen. Eine Reihe hat die Aufgabe, Tiefstatusfiguren zu spielen, die anderen Hochstatusfiguren. Ein Spieler einer Reihe beginnt mit einer beliebigen Figur seines Status’, z. B. Hochstatus: „Meier, was haben Sie sich dabei gedacht?“ Aus der gegenüberstehenden Reihe muss nun ein beliebiger Spieler im Tiefstatus die passende Rolle ergänzen, z.B. „Chef, tut mir Leid...“ Die Dialoge werden nur kurz angespielt, bis die Situation klar ist, dann folgt ein neues Paar. 15 Statuenwald Jeder Schüler bekommt einen Satz (s.u.) aus dem Stück. Die SchülerInnen gehen durch den Raum. Sie sprechen den Satz für sich. Beginnen zu murmeln, werden nach und nach immer lauter. Der Spielleiter gibt verschiedene Stimmungen hinein: traurig, wütend, gelangweilt, fröhlich, hysterisch. Zu dem Satz findet jeder eine Bewegung, eine Geste, die seiner Meinung nach passt. Die Hälfte der Gruppe merkt sich den Satz und die Bewegung und geht ins Publikum, die Spieler der anderen Gruppe suchen sich einen Ort und sind nun Standbilder. Der Spielleiter kann durch antippen die Spieler „an- und ausschalten“. Solange der Spieler „eingeschaltet“ ist, wiederholt er den Satz und seine Bewegung in Schleife. Statuengruppe 4 bis 5 Spieler werden zu einer Gruppe zusammengefasst und bekommen die Aufgabe, ihre Sätze und Bewegungen zu einer kleinen Sequenz zusammenzustellen mit einem Höhepunkt und einem Ende. Ziel ist eher eine kleine Choreographie als eine Szene. Statuen-Szene Der Spielleiter bittet einige Statuen auf die Bühne, sie werden nacheinander ein- und ausgeschaltet, das Publikum stellt nun daraus Paare zusammen. Dabei werden die Sätze beliebig zusammengestellt, unabhängig vom ursprünglichen Szenentext. Aus den Paarzusammenstellungen lassen sich nun mit Hilfe des Publikums kleine Szenen entwickeln. Zunächst wird geklärt, wer die Figuren sind, wo sie sich befinden und wie die Ausgangssituation ist. Gehen den Spielern die Ideen aus, stoppen sie und fragen das Publikum: „Und was kommt jetzt?“ Das Publikum muss nun Vorschläge machen für den Fortgang der Szene. Dann wird weiter gespielt. Beziehungen Jeder sucht sich eine Rolle aus dem Stück (Mehrfachbesetzungen möglich). Beim ersten Durchlauf ruht das Hauptaugenmerk auf dem Prinzen. Alle anderen Rollen setzen sich zu ihm in Beziehung, d. h., sie zeigen durch die Entfernung und Körperhaltung ihr Verhältnis zu ihm. Dabei soll auch darüber gesprochen werden, wer jeweils Hoch – oder Tiefstatus innehat. Figurenarbeit - Heißer Stuhl Jeder Schüler sucht sich eine Figur aus. Ein Schüler, eine Schülerin setzt sich auf einen Stuhl der Gruppe gegenüber. Nun werden alle möglichen Fragen an die Figur gestellt. Dabei kann sie selber antworten, es können aber auch Spieler aus der Gruppe sich hinter den Stuhl stellen und an ihrer Stelle antworten: Wie ist Dein Name? Wie alt bist Du? Wo lebst Du? Wie groß ist Deine Wohnung und wie bist Du eingerichtet? Mit wem lebst Du zusammen? Hast Du Geschwister? Wen magst Du am liebsten? Hast Du einen Beruf? Welche Arbeit macht Dir Spaß, welche nicht und warum nicht? Hast Du viele Freunde? Was magst Du an Dir? Was ist Dein Lieblingsessen? usw. Automatisches Schreiben und Improvisation Sätze aus dem Stück werden auf dem Boden verteilt. Die Schüler laufen umher und sprechen die Sätze in verschiedenen Stimmungen. Sie suchen sich einen Satz aus und bekommen Stift und Papier. Sie werden aufgefordert, zu dem ausgesuchten Satz alles aufzuschreiben, was ihnen in den Sinn kommt und zwar völlig ungefiltert. Das können Stichwörter oder Sätze sein, wichtig ist einfach loszuschreiben, ohne den Stift abzusetzen. Fällt einem nichts ein, wiederholt er das letzte Wort so lange, bis sich wieder ein Gedanke einstellt. Nach 8 bis 10 16 Minuten wird gestoppt. Das Geschriebene soll nicht korrigiert werden. Jeder sucht sich aus seinem Text einen Satz oder Ausdruck heraus. Alle wandern sprechend durch den Raum und probieren wieder verschiedene Stimmungen aus. Danach werden – immer noch gehend – verschiedene Bewegungen und Gesten ausprobiert. Jeder Spieler sucht sich eine Bewegung aus, dann wird verfahren wie beim Statuenwald (s.o.). Haiku Um dem eigenen geschriebenen Text eine weitere Form zu geben, kann ein Haiku entwickelt werden. Ein Haiku besteht aus drei Zeilen. Die erste Zeile ist 5-sielbig, die zweite 7-silbig und die dritte ist 5-silbig. Die Gedichte können Ausgangsmaterial für kleine Collagen o.ä. sein. Reflexion - Assoziationen Die SchülerInnen stehen in einem Kreis, werfen sich einen Ball zu, den sie mit einer Äußerung zu dem Stück verbinden. Das können einzelne Wörter, aber auch Sätze sein. Die Äußerungen werden nicht bewertet, es gibt kein Richtig und kein Falsch! Raumlauf Die SchülerInnen laufen durch den Raum und umkreisen verschiedene ausgedruckte Begriffe, die auf dem Boden liegen. Die Begriffe stehen in Zusammenhang mit dem Stück: Krieg, Demütigung, Minderwertigkeit, Hilflosigkeit, Lust, Liebe, Gesetze, Rebellion, Schuld. Oder: traurig, interessant, bewegend, langweilig, dramatisch, unterhaltend, spannend, abstoßend, lustig... Die SchülerInnen markieren mit einem Stift, welche Begriffe ihrer Meinung nach für die Vorstellung kennzeichnend oder wichtig sind. Abschließend stellen sie sich zu dem Begriff, der ihnen am wichtigsten ist und begründen dies. Nachgespräch Das Nachgespräch in der Gruppe sollte nicht frontal stattfinden. Ein Stuhlkreis oder eine uförmige Bankanordnung sind geeignet. Fragen, die von SchülerInnen gestellt werden, sollten möglichst an die Gruppe weitergegeben werden. • „Was hat Dir gefallen?“ • „Was hat Dir weniger gefallen?“ • „Wie gefielen Dir die Kostüme?“ • „Wie hat Dir das Bühnenbild gefallen?“ • „Welche Szene ist Dir besonders in Erinnerung geblieben? Warum?“ • „Welches war der spannendste Moment?“ • „Wodurch unterscheidet sich die Inszenierung von anderen Theaterstücken, (die Du gesehen hast)?“ • „Hat etwas Dir gefehlt?“ • „Was nehmt Ihr von dem Stück mit?“ 17 Sätze für Statuen-Spiel Der junge Mann ist krank, so wahr ich lebe. Es ist nichts weiter, glaub mir auf mein Wort. Natalie! Mein Mädchen! Meine Braut! Was ist dies für ein Handschuh? Was weiß ich? Ich weiß nicht, liebster Heinrich, wo ich bin. Schelm, der du bist, mit deinen Visionen! Was befiehlt mein Marschall? Ich dank euch, edler Prinz. Noch vor der Sonn im Schlachtfeld will ich sein! Schießt! Schießt! Und macht den Schoß der Erde bersten! Ich nehms auf meine Kappe. Hat man denn schon die Leiche aufgefunden? Hast du die Reuterei geführt? Ich, ein Gefangener? Träum ich? Wach ich? Leb ich? Bin ich bei Sinnen? Die Order war, nicht von dem Platz zu weichen! Um das Schwert, das ihm den Sieg errang, schlingt sich vielleicht ein Schmuck der Gnade. Das Kriegsrecht musste auf den Tod erkennen. 18 Der im Leben tausendmal gesiegt, er wird auch noch im Tod zu siegen wissen! Darf ich den Spruch, den das Gericht gefällt, wohl unterdrücken? Kennst du nichts Höheres, Jungfrau, als nur mich? Es ist nicht möglich! Nein! Es ist ein Traum! Schuld ruht, bedeutende, auf meiner Brust. Herr, diese Bittschrift deines treuen Heers. Vergib, wenn ich am Tage der Entscheidung, mit übereiltem Eifer dir gedient. Nein, sagt! Ist es ein Traum? Ein Traum, was sonst? „Das Leben nennt der Derwisch eine Reise, Und eine kurze. Freilich! Von zwei Spannen Diesseits der Erde nach zwei Spannen drunter. Ich will auf halbem Weg mich niederlassen! Wer heut sein Haupt noch auf der Schulter trägt, Hängt es schon morgen zitternd auf dem Leib, Und übermorgen liegts bei seiner Ferse. Zwar, eine Sonne, sagt man, scheint dort auch, Und über buntre Felder noch, als hier: Ich glaubs; nur schade, dass das Auge modert, Das diese Herrlichkeit erblicken soll.“ (Prinz Friedrich von Homburg) 19 Literatur a) Kleist: In: Über die Aufklärung des Weibes. Für Wilhelmine von Zenge: In: http://tinyurl.com/67snvgy, gefunden am 07.01.2011. b) Kleist: In: Sämtliche Briefe: In: http://tinyurl.com/5tu6oyh, gefunden am 07.01.2011. Grindl: Die Behandlung von Kleists Prinz Friedrich von Homburg im Grundkurs 12 unter Einbeziehung neuer Arbeitsformen, 1999: In: http://tinyurl.com/6g4vudc, gefunden am 07.01.2011. Brecht: Über Kleists Stück Der Prinz von Homburg. In: Die neue Weltbühne, Paris, 22. Juni 1939. Zitiert nach Helmut Sembdner: Heinrich von Kleists Nachruhm. Frankfurt 1984. (Nr. 595), S. 491. Johnstone, Keith: Theaterspiele, 1998. Service. Theater & Schule Vor -und Nachbereitungen: Sollte Sie das Material neugierig gemacht haben, so unterstützen wir Sie gerne bei einer Vor- und Nachbereitung an Ihrer Schule. Pädagogenstammtisch: Beim Stammtisch haben Sie in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit, sich mit KollegInnen auszutauschen, Probleme zu diskutieren, Erfahrungen und Anekdoten preiszugeben und einfach zu „klönen“. Die TheaterpädagogInnen des WLT bereiten das Treffen vor. Bei besonderem Interesse an einem Thema veranstalten wir auch gerne einen Workshop. Spielplan: Unseren Spielplan entnehmen Sie dem großen Spielzeitheft und/oder unserem Leporello. Beides senden wir Ihnen auf Anfrage gerne zu! Alle Informationen können Sie auch auf unserer Homepage www.westfaelisches-landestheater.de abrufen. Buchung: Karten können Sie unter der Telefon-Nr.: 02305/ 97 80 20 (Frau Behlau) bestellen. Wenn Sie eine komplette Vorstellung buchen möchten, so können Sie sich an Frau Tymann unter der Rufnummer 02305/ 97 80 14 wenden. Fragen: Scheuen Sie sich nicht, bei weiteren Fragen oder Anregungen, mit uns in Kontakt zu treten. 20 Impressum Herausgeber Künstlerischer Direktor Kaufmännischer Direktor Anschrift Telefon Fax Internet Redaktion Herausgabedatum Westfälisches Landestheater Ralf Ebeling Günter Wohlfarth Europaplatz 10 44575 Castrop-Rauxel 02305/97800 02305/978010 www.westfaelisches-landestheater.de Franziska Rieckhoff Januar 2011 21