http://www.mediaculture-online.de Autorin: Pink, Ruth. Titel: 'Setz dich doch anständig hin...'. Körpersprache - (Ohn-) Macht der Worte. Quelle: Kommunikation ist mehr als nur reden. Ein Ratgeber nicht nur für Frauen. Stuttgart, 3. Auflage, 1997. S. 127-143, S. 161-168. Verlag: Deutscher Sparkassen Verlag. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Ruth Pink "Setz dich doch anständig hin..." Körpersprache – (Ohn-) Macht ohne Worte? Wie tief ist doch die Menschheit gesunken! Man hat den Körper zum Schweigen gebracht, nur der Mund redet noch. Aber was kann der Mund schon sagen? (aus Alexis Sorbas, Roman von Nikos Kazantzakis) 1. Nonverbale Signale erkennen und verstehen Nehmen wir an, Sie gehen heute abend auf eine Party, und Sie sehen einen Menschen zum ersten Male. Was geschieht, wenn Sie einem/einer Fremden begegnen? Nun, Sie bekommen erst mal viele Informationen, und dies bereits innerhalb weniger Sekunden. Auch wenn der/ die Unbekannte noch kein einziges Wort mit Ihnen gesprochen hat, so registrieren Sie sehr rasch Körperhaltung, Gestik, Mimik, Kleidung und entscheiden dann, 1 http://www.mediaculture-online.de ob Ihnen dieser Mensch sympathisch ist oder nicht. Der erste Eindruck hinterläßt also deutliche Spuren. Körpersprache ist neben der Lautsprache eine weitere Möglichkeit, um mit anderen zu kommunizieren. Im engeren Sinne verstehen wir unter nonverbaler Kommunikation Ausdrucksformen wie Körperhaltung, Blick, Mimik, Gestik sowie Motorik; im erweiterten Sinne gehören jedoch auch alle angeborenen und bedingten Reflexe sowie unsere Kleidersprache dazu.1 Körpersprache erscheint immer noch rätselhaft und geheimnisvoll, obwohl es mittlerweile zahlreiche Untersuchungen über dieses Phänomen gibt. Was kann uns die Wissenschaft über die Kunst der nonverbalen Kommunikation sagen? 1.1 Körpersprache ist gewichtiger als Lautsprache Eine häufig auftretende Schwierigkeit in Kommunikationsprozessen basiert auf der NichtÜbereinstimmung von Körper- und Lautsprache. Beispiel Sie treffen einen Bekannten, der auf Sie einen bekümmerten Eindruck macht. Die Mundwinkel sind nach unten gerichtet, sein Blick ist leer. Sie fragen, was los ist. Er antwortet, nahezu beleidigt: »Mir geht es doch ganz ausgezeichnet.« Hier handelt es sich um einen eindeutigen Fall von Inkongruenz, d. h., körperliche Ausdrucksweisen und Lautsprache sind widersprüchlich und nicht in Einklang miteinander. Die Folge: Sie sind mißtrauisch und glauben Ihrem Bekannten kein Wort, neigen also dazu, der Nonverbalität eine größere Glaubwürdigkeit zuzuschreiben als dem gesprochenen Wort. 1 Bei Reflexen unterscheiden wir zwischen a) angeborenen, natürlichen Reflexen unseres Körpers (z. B. den Kopf einziehen oder die Hände schützend vors Gesicht halten, wenn Gefahr droht) und b) bedingten Reflexen im Sinne angelernter Reaktionen (z. B. plötzliches Schweigen in einer beredsamen Runde, wenn eine Person den Raum betritt, über die man gerade »gelästert« hat). 2 http://www.mediaculture-online.de Warum ist das so? Nun, die Anfänge der Kommunikation sind nonverbal. Ein Baby, das ja noch nicht sprechen kann, reagiert weniger auf Worte als auf körperliche Signale von anderen. Das nonverbale Verhalten der Eltern hat so erheblichen Einfluß auf die Entwicklung des Kleinkindes und damit auf seine seelische und geistige Gesundheit. Auch als Erwachsene erleben wir, wie intensiv uns das nichtsprachliche Verhalten anderer berührt. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen deutlich, daß bei Beziehungsstörungen in einer Partnerschaft nonverbale Signale der Zustimmung stark zurückgehen bis hin zu einer körperlichen Erstarrung eines Partners. Solche Verhaltensmuster sind mehr als nur bloße Begleiterscheinungen eines Konflikts.2 Unsere nonverbalen Signale greifen mit enormer Wirkung in eine Auseinandersetzung ein und treffen den/die PartnerIn gewissermaßen direkt im Nerv, so der Berner Psychologe Dr. Siegfried Frey. Lange Zeit wurde angenommen, daß Gestik, Mimik und Körperhaltung die wahren Absichten eines Menschen verraten – eine Einstellung, die sich bis heute tapfer hält. Die Ausdruckspsychologie hat jedoch längst neuen Kenntnissen über Körpersprache Platz gemacht.3 Dr. Frey und sein Forschungsteam wiesen u. a. nach, daß unser Ausdrucksverhalten weniger emotional, vielmehr sozial bedingt ist. Versuchspersonen, die stark gefühlsbetonte Filme sahen (Liebes- oder Horrorfilme), zeigten ein unterschiedliches mimisches Ausdrucksverhalten, je nachdem, ob sie die Filme alleine (isolierte Bedingung) oder zusammen mit anderen sahen (soziale Bedingung). Freys Fazit lautet demnach: Das nonverbale Verhalten eines Menschen spiegelt weniger seine persönlichen Emotionen, sondern weckt und reguliert die Emotionen seines Gegenüber. Wer dennoch glaubt, Gespräche durch den gezielten Einsatz von Körpersprache im Sinne eigener Interessen massiv beeinflussen zu können, muß leider enttäuscht werden. Nach dem bisherigen Stand der Wissenschaft kommt dies einem Lotteriespiel gleich – mal kann es funktionieren, dann wiederum nicht. Denn es gibt kein Körpersignal, das in jeder Situation und für jeden Menschen eindeutig interpretierbar ist. 2 Frey, Siegfried, Die nonverbale Kommunikation, Stuttgart 1984 (SEL-Studie). 3 Die Ausdruckspsychologie betrachtet das sichtbare Erscheinungsbild eines Menschen (Gestik, Mimik, Gang, Haltung) als Ausdruck seelischer Vorgänge und entwickelt daraus die Grundlagen für die Charakterkunde. Seit den fünfziger Jahren ist dieser Zweig der Psychologie jedoch wissenschaftlich bedeutungslos geworden. 3 http://www.mediaculture-online.de Das sollte Sie jedoch nicht abhalten, aufmerksam das eigene körpersprachliche Verhalten sowie die nonverbalen Signale Ihrer GesprächspartnerInnen zu beobachten. Dazu ein persönliches Beispiel – ein Bewerbungsgespräch kurz nach meinem Studium: Beispiel Mein Ansprechpartner bietet mir einen bequemen Ledersessel an, auf dem ich Platz nehme. Schon bald bemerke ich, daß der Sessel seine Tücken hat. Ich sitze nahezu auf dem Boden, und Herr XYZ thront über mir, sieht auf mich herab und mustert mich von oben bis unten. Ich äußere Unbehagen und bitte ihn um eine neue Sitzgelegenheit. Mit einem lapidaren Satz (»Das spielt doch hier jetzt keine Rolle«) werde ich auf dem Ledersessel sitzengelassen. Nach einer Weile stehe ich auf und beantworte seine Fragen im Stehen vor seinem Schreibtisch und blicke auf ihn herab. Mir wurde damals sehr rasch klar: Den Job kriegst du nicht. Grund für dieses sichere Gespür waren überwiegend die nonverbalen Signale meines Gesprächspartners. Ich erdreistete mich, meine Körperhaltung zu verändern (vom Sitzen zum Stehen); er faßte mein Reden im Stehen vor seinem Schreibtisch höchstwahrscheinlich als Affront auf – darüber läßt sich im nachhinein nur spekulieren. Fest steht allerdings: Körpersprache sagt mehr als tausend Worte. 1.2 Körpersprache ist kultur- und geschichtsabhängig Hier mögen vielleicht manche LeserInnen stutzen. Gibt es denn keine universellen körpersprachlichen Signale, die überall verstanden werden? Natürlich – lächeln, Stirn in Falten legen, finsterer Blick oder Naserümpfen sind beispielsweise Zeichen, die weltweit verstanden werden. Es gibt jedoch große kulturelle Unterschiede. So weist Vera Birkenbihl darauf hin, wie unterschiedlich sich sogar Menschen ähnlicher Denkstrukturen verhalten, z. B. Deutsche und AmerikanerInnen.4 Eine Studie über deutsche und amerikanische Manager zeigte 4 Birkenbihl, Vera, Signale des Körpers, Landsberg a. Lech 1988. 4 http://www.mediaculture-online.de eindeutig: Schon das Öffnen der Bürotür bedeutet für eine deutsche Führungskraft das Betreten ihrer Intimzone, was nur mit ausdrücklicher Erlaubnis geschehen darf (z. B. indem »Herein« gesagt wird). Die Person hingegen, die einen amerikanischen Manager sprechen möchte, stört dessen Intimzone so lange nicht, wie er/ sie am Türrahmen der offenen Türe stehen bleibt – mit der Hand an den Türpfosten gelegt. Ein weiteres Beispiel für kulturelle Nichtübereinstimmungen: der starre Blick. Er wird in arabischen Ländern durchaus akzeptiert und als normal empfunden, wenn sich jemand in sich zurückziehen möchte. EuropäerInnen äußern sich jedoch einem starr Blickenden gegenüber eher so: » Hey, was ist denn mit dir los?« oder »Huhu, bist du noch da?«oder » Hey, aufwachen!« Während in Deutschland und in vielen europäischen Ländern die sprichwörtliche »Armlänge« als angenehme Distanz zwischen zwei GesprächspartnerInnen empfunden wird, hält man sich in Rußland und in einigen Balkanstaaten bei der Begrüßung gegenseitig die Arme fest. Symbolisch sind damit die Hände schachmatt gesetzt, also außer Gefecht. Die freundschaftliche Absicht wird noch durch den gegenseitigen Bruderkuß auf die Wangen bzw. auf den Mund unterstrichen. Machen wir nochmals einen Sprung in den Orient: Sollten Sie einmal in arabischen Ländern zu Gast sein, dann werden Sie nicht vor der Tür warten müssen, selbst wenn bereits BesucherInnen anwesend sind. Es gilt als Unhöflichkeit, den Gast vor der Tür warten zu lassen. Vermutlich hängt dieses Verhalten mit dem Wüstenklima zusammen: Einen Gast läßt man halt nicht in der Sonnenglut stehen, sondern bittet ihn/sie herein. Interessant ist auch festzustellen, wie unterschiedlich sogenannte Benimmregeln sind. Manier- oder Benimmkurse erfreuen sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Alle paar Jahre ändern sich die Gewohnheiten, oder es ist etwas anderes »in«. Mal dürfen die Kartoffeln auf dem Teller mit dem Messer zerschnitten werden, dann wieder nicht. Ein anderes Mal darf eine Banane aus der Hand gegessen werden, dann wiederum wirkt dies zu »affenähnlich«, und es wird empfohlen, dieses Obst mit einem Messer zu zerlegen. Gänzlich verpönt ist es, bestimmte allzumenschliche Körpersignale im Beisein anderer anzuwenden, z. B. rülpsen oder furzen. Wie peinlich ist es doch, wenn uns das passiert – vielleicht sogar beim Abendessen in bester Gesellschaft oder bei einem Arbeitsessen. Dann kann ganz schnell ein weiteres Signal dazukommen: die Gesichtsröte – und schon sind wir schachmatt. 5 http://www.mediaculture-online.de Unser Körper redet in seiner eigenen Sprache und setzt sie unabhängig von unserem Willen ein. Der beste Beweis dafür, daß wir nicht alles regeln und erzwingen können. In früheren Zeiten wurden übrigens Rülpsen und Furzen durchaus positiv bewertet. »Warum rülpset und furzet Ihr nicht, hat es Euch nicht geschmecket?« fragte schon der Reformator Martin Luther (1483-1546) nach einem guten Mahl. Wir sehen also, Körpersprache ist nicht nur kulturabhängig, sondern auch – wie alles – dem Wandel der Geschichte unterworfen. 1.3 Körpersprache ist individuell und situationsabhängig Menschen haben Marotten, auch körpersprachlicher Art. Es gibt welche, die fahren sich bei jeder Gelegenheit durch die Haare, andere reiben sich oft die Hände, kneifen ständig die Augen zusammen oder verschränken die Arme. Wenn wir öfter mit solchen Spleens konfrontiert werden, dann sind wir in der Lage, sie bestimmten Menschen zuzuordnen (»Der Müller reibt sich ja ständig die Hände«) und tolerieren sie als deren Eigenart. Schwieriger wird es, wenn wir zum erstenmal mit fremden GesprächspartnerInnen zusammensitzen und deren Körpersignale deuten müssen. Sind es ausländische Gäste, so ist es klug, sich vorab mit deren Kultur und Mentalität vertraut zu machen. Sind es deutsche GesprächspartnerInnen, dann gehen wir ja von gewissen Selbstverständnissen aus, z. B. dem Händedruck bei der Begrüßung oder dem offenen, aufmerksamen Blick. Was passiert nun, wenn ein Herr (oder eine Dame) zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird und während des Sprechens oft die Arme verschränkt? Der Gesprächsführer – nennen wir ihn Herr Schmitt – kann z. B. denken: »Jetzt macht er das schon zum dritten Male. Der Typ ist sehr unsicher.« Oder er kann sich sagen: »Den friert es wohl. Naja, ist wohl die Aufregung.« Denkbar ist natürlich auch, daß Herr Schmitt gar nicht darüber nachdenkt, weil er das Körpersignal überhaupt nicht registriert. Körpersprache ist ein »soziales Produkt«, wir erlernen sie von Kind auf, können sie bei anderen Menschen erkennen und sozusagen entschlüsseln (siehe »Grundregeln der Kommunikation« im 1. Kapitel). Unser Entschlüsselungsprozeß beruht dabei meist auf Erfahrungswerten, indem wir nonverbalen Signalen eine bestimmte Bedeutung beimessen. 6 http://www.mediaculture-online.de Körpersignale mögliche Bedeutung direkter Blickkontakt Selbstbewußtsein, Sicherheit, Interesse ausweichender Blick Abneigung, Unsicherheit vorgebeugter Oberkörper Interesse, Aufmerksamkeit zurückgelehnter Oberkörper Ablehnung, Distanzwunsch, Selbstzufriedenheit Arme vor der Brust Abwarten, Distanzwunsch offene Armbewegungen Sicherheit, Wohlgefühl, Selbstbewußtsein Hände geballt Wut, Zorn, Entschlossenheit Hände in der Hüfte Entrüstung, Arroganz, Selbstsicherheit Hände fest um einen Gegenstand Verkrampftheit, Nervosität erhobener Zeigefinger Drohung, Belehrung Fingertrommeln Nervosität, Gereiztheit häufige Beinbewegungen Unruhe, Nervosität, Unsicherheit übereinandergeschlagene Beine (zum/zur Hinwendung, Aufmerksamkeit GesprächspartnerIn hin) übereinandergeschlagene Beine (vom/von Abwendung, Desinteresse GesprächspartnerIn weg) aufrechte (jedoch nicht steife oder starre) Selbstbewußtsein, Sicherheit Körperhaltung erhobene, gerade Kopfhaltung Selbstsicherheit, aber auch Arroganz Die Signale, die wir aussenden (meist unbewußt), stoßen auf unterschiedliche Interpretationen – je nach Situation. Ein Mensch, der z. B. häufig die Arme verschränkt, kann natürlich in diesem Moment dem Gegenüber Abstand und Distanzwünsche signalisieren, er kann auch aufgeregt sein, es kann ihn aber auch frösteln (weil es kühl im Raum ist), oder es kann einfach eine Marotte sein, die er sich angewöhnt hat. Gibt es trotz dieser Vielzahl von Interpretationen dennoch Möglichkeiten, durch nonverbales Verhalten positiven Einfluß auf den/die GesprächspartnerIn und den Gesprächsverlauf zu nehmen, z. B. bei festgefahrenen Verhandlungen? 7 http://www.mediaculture-online.de Der bekannte Pantomime Samy Molcho bejaht dies und rät zu bewußter Bewegung in solchen Situationen. Bewußt aufstehen, bewußt dem Gegenüber etwas reichen (eine Tasse Kaffee, einen Prospekt).5 Dieser Vorgang »öffnet« den/die GesprächspartnerIn, er/ sie muß die Hände öffnen. Dadurch entsteht neue Bewegung, die festgefahrenen Fronten sind nicht mehr ganz so starr. Wenn auch dieser Tip alleine sicherlich nicht ausreicht, um schwierige Verhandlungen voranzutreiben, so ist doch der Hinweis hilfreich, Bewegung ins Spiel zu bringen. Das erfordert allerdings bewußtes Wahrnehmen sowohl der eigenen Körpersprache wie auch der der anderen. Die Mühe aber lobt, denn es hilft, mich selbst und andere besser zu verstehen und Gesräche positiv zu beeinflussen. 1.4 Körpersprache ist rollen- und geschlechtsspezifisch Wenn wir uns Zeitschriften oder Bücher um die Jahrhundertwende ansehen, so stellen wir fest: Der Unternehmer damals war stattlich, rund und wohlgenährt, oft mit dicker Zigarre im Mund. Der Unternehmer (der Manager) heute ist dynamisch, schlank und versucht, sich das Rauchen abzugewöhnen (sofern er es sich überhaupt angewöhnt hat). Frauen wurden früher mit Freude in ihrer »barocken Fülle« dargestellt, heute heißt das weibliche Schönheitsideal: schlank, schlank und nochmals schlank. Andere Zeiten, andere Sitten. Von jeher zeigte sich jedoch der unterschiedliche soziale Stand nicht nur in der Bildung, sondern auch im Auftreten, in der Kleidung, im Habitus. Wer etwas ist, wer etwas darstellt, sprich: wer Macht hat, hat auch Raum. Menschen, die »wer« sind, besitzen nicht nur die schönsten Häuser, Villen, Grundstücke; sie thronen auch in den höchsten Stockwerken.6 Diese ChefInnenbüros sind groß und hell; die Sekretärin sitzt im Vorzimmer, stets bereit, unerwünschte BesucherInnen abzuweisen. Ranghöhere Menschen dürfen sich auch körperliche Aktivitäten erlauben, die Personen auf niederen Hierarchieebenen kaum zugestanden werden. So kann z. B. der Chef seinen MitarbeiterInnen auf die Schulter klopfen – nicht jedoch umgekehrt. Plastisch läßt sich das »Oben« und »Unten« auch an Sitzordnungen festmachen. Höhergestellte Personen 5 Molcho, Samy, Körpersprache als Dialog, München 1988. 6 Siehe dazu Schwertfeger, Bärbel/Lewandowski, Norbert, Die Körpersprache der Bosse, Düsseldorf, Wien, New York 1990. 8 http://www.mediaculture-online.de sitzen in der Regel am Kopfende. Sie haben auch oft einen besonderen Sitzplatz/Stuhl/Sessel. Viele »hohe Tiere« wahren auf diese Weise entsprechenden körperlichen Abstand, also eine gewisse Distanz zu ihren Untergebenen. Das kann der imposante, breite Mahagoni-Schreibtisch mit schwerem Ledersessel oder das können Papierberge sein, die sich vor den BesucherInnen auftürmen – eine beliebte Möglichkeit, um sich »Leute vom Hals zu halten«. Die meisten Menschen glauben auch, daß ihre verschiedenen Rollen, die sie im Laufe ihres Lebens einnehmen, ein bestimmtes Verhalten – verbaler wie nonverbaler Art – erfordern. Meist versuchen sie die Erwartungen anderer zu erfüllen – die Erwartungen, die an sie als Ehemann oder Ehefrau, Vater oder Mutter, Sohn oder Tochter, Arbeiter oder Arbeiterin, Angestellter oder Angestellte, Polizist, Nonne, Soldat, Ärztin oder Bankdirektor gestellt werden. Am richtigen Ort zur richtigen Zeit die jeweils angemessene Rolle auch nonverbal zu vermitteln, scheint das Bestreben vieler Menschen zu sein. Ein Soldat oder ein Polizist möchte in der Regel auch durch seine Körpersprache Mut, Tapferkeit oder Entschlossenheit vermitteln. Der Bankdirektor geht meist mit aufrechter Haltung und erhobenem Kopf durch die Gänge seines Geldinstituts; ebenso verhält sich die Ärztin in ihrer Praxis oder im Krankenhaus. Macht und Ohnmacht, Selbstbewußtsein und Unsicherheit drücken sich also auch in der Körpersprache aus. Sozial unterprivilegierte Menschen machen mehr und häufiger Unterwürfigkeitsgesten und -bewegungen gegenüber Autoritäten. Derartiges Verhalten ist erst mal geschlechtsunabhängig. Wenn wir uns allerdings verdeutlichen, daß das »starke« Geschlecht in unserer Gesellschaft meist einen höheren sozialen Status als Frauen innehat, und wenn sich soziale Rangunterschiede auf das nonverbale Verhalten von Menschen auswirken, ist es dann logisch, von unterschiedlicher Nonverbalität bei Frauen und Männern auszugehen? Körpersprache ist gleichsam rollen- und geschlechtsspezifisch, wobei meines Erachtens der Faktor Geschlecht die nonverbalen Ohnmachtssignale einer niederen sozialen Stellung zusätzlich verstärkt. Beide Elemente – soziale Stellung und Geschlecht – erfahren somit eine Verquickung in bezug auf nonverbale Kommunikation. Es gibt nie »nur« Rollen, sondern gleichzeitig auch einen geschlechtsspezifischen Eindruck, der 9 http://www.mediaculture-online.de Einfluß nimmt auf unsere verbale und nonverbale Kommunikation. In vielen Diskussionen und Forschungen findet allerdings dieser Aspekt leider immer noch zu wenig Beachtung. 2. Weibliche und männliche Körpersprache im Vergleich7 In Kommunikationsstudien kamen Forscher zu dem Schluß, daß Männer und Frauen eine entspanntere Körperhaltung einnehmen, wenn ihr Gegenüber weiblich ist.8 Die Künstlerin und Fotografin Marianne Wex hat dies in zahlreichen Dokumentationen bestätigt. Gerade Frauen machen ihre Körperhaltung davon abhängig, ob Männer anwesend sind oder nicht. Sind sie unter sich, machen sie einen wesentlich entspannteren Eindruck, taucht ein Mann auf, verändern sich meist die Haltung und der Gesichtsausdruck.9 Frauen versuchen oft erst gar nicht, selbstbewußt zu wirken. Selbstbewußtsein läßt sich bekanntlich an verschiedenen körpersprachlichen Signalen festmachen, z. B. an der Kopfhaltung. Hier gibt es ein interessantes Phänomen, das lange Zeit die nonverbale Forschung beschäftigt hat: der seitlich geneigte Kopf. WissenschaftlerInnen bestätigen nicht nur, daß diese Pose bei Frauen wesentlich häufiger vorkommt als bei Männern, sondern auch, daß eine Veränderung dieser Kopfhaltung von beiden Geschlechtern unterschiedlich bewertet wird. Als Untersuchungsobjekt diente u. a. ein Bild von Pablo Picasso. Das Gemälde zeigt ein Paar, das sich verliebt ansieht. Die Kopfhaltung des Mannes ist aufrecht; das Haupt der Frau dagegen etwas geneigt. Der seitlich geneigte Kopf fand bei männlichen und weiblichen Beurteilern durchgängig eine positive Resonanz. Die Frau auf dem Gemälde wirkte demütig, lieb, weich, zärtlich, freundlich u. a. m. In der anschließenden Montage wurde die Liebende mit aufrechtem Kopf dargestellt. Das Ergebnis: Weibliche Betrachter empfanden die Frau weiterhin als sympathisch, empfindsam und angenehm, wohingegen die männlichen Beurteiler der Frau Arroganz, Unfreundlichkeit, Härte und Distanziertheit bescheinigten.10 Es hat also den Anschein, daß unangemessene 7 Diese Fotos sind entnommen aus Wex, Marianne, »Weibliche« und »männliche« Körpersprache als Folge patriarchalischer Machtverhältnisse, Hamburg 1980. 8 Mehrabian, Albert, Nonverbal Communication, Chicago 1972. 9 Wex, Marianne, a. a. O. 10 Frey, Siegfried, a. a. O. 10 http://www.mediaculture-online.de Geschlechtsdarstellungen, welche als Abweichung von der Norm empfunden werden, entsprechend bestraft werden (dies betrifft übrigens nicht nur maskuline Frauen, sondern auch feminine Männer). Männer nehmen breiten Raum ein. Ihre häufigste Bein- und Fußhaltung im Sitzen sind Stellungen mit weit gespreizten Schenkeln und nach außen gerichteten Fußspitzen. Auch ihre Arme beanspruchen Platz: weit weg vom Körper, oft aufgestützt und die Ellbogen nach außen. Körpersprachliche Normvorstellungen sind jedoch nichts Statisches. Körpersprache hat sich historisch entwickelt. Im alten Griechenland und im alten Ägypten waren beispielsweise in den Körperhaltungen von Frauen und Männern kaum Unterschiede festzustellen. Raumgreifend, breitschultrig und kräftig wurde auch das weibliche Geschlecht in Skulpturen und Reliefs abgebildet. Die zunehmende Unterdrückung der Frauen in Europa, besonders in der Zeit der Hexenverfolgungen ab Mitte des 14. Jh., führte zu einem Umbruch in den bildlichen Charakterisierungen weiblicher Körperhaltungen. Die Beinhaltung im Sitzen und im Stehen wird enger; Frauen werden nicht mehr als »gestandene« Geschöpfe dargestellt, sondern in ein »Kindchenmuster« gepreßt. Lächelnd, mit gesenktem Blick, seitlich geneigtem Kopf, lieb und nett anzusehen. So läßt sich voll und ganz denjenigen Frauen zustimmen, die fragen: »... die heutige übliche weibliche Körperhaltung zu erzielen – dazu hat es vieler, vieler Jahrhunderte gebraucht. 11 http://www.mediaculture-online.de Ob es auch viele Jahrhunderte brauchen wird, bis sich der körpersprachliche Ausdruck von Machtverhältnissen wieder wandelt?«11 Egal welche Wandlungen Körpersprache noch erfahren wird, fest steht: Es gibt deutliche Unterschiede in der nonverbalen Kommunikation der Geschlechter.12 Männer nehmen im allgemeinen wesentlich raumgreifendere Haltungen als Frauen ein, stellen sich breitbeiniger hin, machen ausladendere Bewegungen. Frauen hingegen stellen sich selten breitbeinig hin (selbst wenn sie Hosen tragen) und nehmen wenig Raum für sich in Anspruch.13 Männer stehen gern in Paradehaltung: Ihr Gewicht auf beide Beine verteilt, die Fußspitzen nach außen und die Hacken nah beieinander – eine Grundhaltung auch bei breiter Beinstellung. Wenn sie Standbein-/Spielbeinhaltungen einnehmen, wird das Knie des Spielbeins betont nach außen gedrückt. Die Beine dicht zusammen, die Schenkel zusammengepreßt oder eine StandbeinSpielbein-Haltung einnehmend – dies ist ein gängiges Bild von Frauen im Stehen. Das 11 Schlüter-Kiske, Barbara, Rhetorik für Frauen, München 1987, S. 30. 12 Etwas schwierig zu lesen, doch mit zahlreichen Beispielen untermauert Mühlen Achs, Gitta, Wie Katz und Hund, Die Körpersprache der Geschlechter, München 1993. 13 Ich kann z. B. während eines Vortrags immer wieder beobachten, wie sich Zuhörerinnen eher in eine Ecke stellen als in die Mitte eines Raums. 12 http://www.mediaculture-online.de Spielbein wird meist so eingeknickt, daß sich beide Knie nahezu berühren. Eine Haltung, die eher verkleinert und die Person weniger bestimmt erscheinen läßt. Wenn Frauen – was selten vorkommt – beide Beine gleichmäßig belasten, so stellen sie ihre Füße eng nebeneinander; die Fußspitzen von Männern dagegen zeigen stärker nach außen. Stellen sich Frauen hin und wieder breitbeiniger hin, richten sie reflexartig ihre Fußspitzen nach innen, gerade so, als müßten sie ihre Haltung korrigieren, wenn diese über eine bestimmte Breite hinausgeht. Frauen nehmen auch im Stehen eine möglichst schmale Haltung ein: enganliegende Arme, die Ellbogen am Körper angewinkelt, selten beide Beine gleichmäßig belastend, Füße eng beieinander und die Fußspitzen gradeaus oder nach innen gerichtet. Sie bevorzugen eine Standbein-/Spielbeinhaltung und halten hierbei beide Knie nah beieinander. Beim Sitzen zeigen sich ähnliche Verhaltensmuster. Frauen halten häufig ihre Oberschenkel und Beine fest zusammen, kreuzen die Beine seitlich parallel und verlängern so optisch ihre Beinlänge. Auf den Betrachter wirkt dies häufig als erotisches Signal oder zumindest als ästhetisches Bild. Die seitlich weggestreckten Beine bieten der Körperbalance keinerlei Stütze, so daß der Oberkörper aufrecht gehalten werden muß, was einige weibliche Attribute (z. B. den Busen) hervorhebt. Zur engen Sitzhaltung kommt 13 http://www.mediaculture-online.de häufig noch hinzu, daß Frauen ihre Handtasche an den Körper pressen oder in Gesprächen den Stuhl nur halb einnehmen oder auf der Stuhlkante sitzen. Vor allem in den Medien wird das » schwache« Geschlecht gerne in dieser Schrägstellung zur Schau gestellt, suggeriert dies doch eine eindeutige Anbieterpose für den Mann. Frauen sitzen meist aufrecht, mit eng geschlossenen Beinen und Füßen, selten mit weitgeöffneten Knien. Auch mit schräggestellten oder übereinandergeschlagenen Beinen versuchen Frauen so eng wie möglich zu sitzen und halten ihre Arme und Ellbogen eng am Körper. Daß es sich lohnt, über das Sitz- und Stehverhalten nachzudenken, wird dann deutlich, wenn wir uns ihre Wirkung vor Augen führen. Die eher enge Körperhaltung von Frauen löst bei dem Betrachter bestimmte Assoziationen aus wie Unterwürfigkeit oder Hilflosigkeit. Die Frau wird so zum »kleinen Hascherl«, das wenig Selbstbewußtsein ausstrahlt. Sicherlich, wir alle sind solche Bilder gewöhnt, und es mag auch Damen geben, die sich in dieser hilflosen Rolle gefallen. Sicher und souverän wirkt jedoch eine enge, sich klein machende Körperhaltung nicht. Was können Frauen tun, um körperlich selbstsicherer zu erscheinen? Selbstbewußte Haltung, ob im Sitzen oder Stehen, hängt u. a. auch von der entsprechenden Kleidung ab. Durch Kleidung verkleiden oder bekleiden wir unser Erscheinungsbild, je nachdem, welche Wirkung wir erzielen wollen. Mittlerweile gibt es zahlreiche ExpertInnen, die entsprechende Typenberatungen vornehmen nach dem 14 http://www.mediaculture-online.de Motto: dezente und klassische Kleidung in Bank, Versicherung oder Verwaltung, leger und auffallend in der Werbebranche, sportlich in der Freizeit. Wie immer Sie sich entscheiden: Wählen Sie auf jeden Fall Kleidung, in der Sie sich primär wohl fühlen und die der Situation angemessen ist. Das ist stets ein dickes Plus. Es macht Ihren Kopf frei für das Gespräch mit anderen, weil Sie sich nicht permanent auf Ihr Äußeres konzentrieren müssen. Machen Sie sich öfter bewußt, daß die Wahl Ihrer Kleidung Einfluß nimmt auf Ihre Körperhaltung und Ihre Atmung. Sie bestimmen somit selbst, wieviel Bewegungsfreiheit Sie sich gönnen und wie sehr Sie sich einengen lassen. Des weiteren können Sie bewußter als bisher darauf achten, wie Sie sich hinstellen oder hinsetzen. Frauen haben oft ein gestörtes Verhältnis zu ihrem eigenen Körper. Viele seufzen über ihre Pfunde und versuchen den natürlichen Alterungsprozeß durch allerlei Cremes und Salben hinauszuzögern. Andere hungern sich fast zu Tode (nicht umsonst ist Magersucht eine Frauenkrankheit) oder schlucken Abführ- oder Beruhigungstabletten. Kaum eine Frau »mag« ihren Körper. Dabei sind wir unser Körper. Versuchen wir in Harmonie mit ihm zu leben, indem wir herausfinden, was er braucht und was uns entspannt: Spaziergänge, Sport, Gartenarbeit, Atemübungen – was auch immer. Und denken wir daran: Wir haben nur diesen einen Körper. Gehen wir also liebevoll mit ihm um. Tips und Anregungen Beim Sitzen • Zur Beruhigung des Körpers: Vor einem wichtigen Gesprächstermin tief und ruhig durchatmen. • Stuhllehnen sind dazu da, um sich anzulehnen, sie geben HALT. Versuchen Sie, diesen Halt bewußt anzunehmen. • Nehmen Sie den Stuhl ganz ein, und sitzen Sie nicht wie zum Sprung auf der Stuhlkante. • Arme und Hände sind verräterisch. Legen Sie hin und wieder die Arme locker auf die Armlehnen des Stuhls (wenn diese vorhanden sind), damit Ihre natürliche Gestik zum 15 http://www.mediaculture-online.de Tragen kommen kann. Achten Sie darauf, daß Sie Ihre Hände nicht schüchtern im Schoß vergraben. • Testen Sie immer wieder: Wie fühle ich mich wohler? Was dient eher meiner Sicherheit: locker übereinandergeschlagene Beine oder beide Füße fest auf dem Boden? Beim Stehen • Entspannend, gerade bei längerem Stehen, ist die leicht gegrätschte Beinhaltung. Das geht auch im Rock, meine Damen, keine Angst. Hin und wieder ist auch der Wechsel von Stand- und Spielbein erlaubt. Doch nicht zu häufig, sonst wirkt es als unruhiges Tänzeln. • Machen Sie sich nicht ständig körperlich kleiner, als Sie sind. Achten Sie daher auf eine gerade, aufrechte Haltung. Das muß nicht stocksteif oder starr wirken. • Wohin mit den Händen? Vermeiden Sie, die Hände hinter Ihrem Rücken zu verstecken oder permanent in Ihren Hosen- oder Jackentaschen zu vergraben. Das schließt nicht aus, daß Sie hin und wieder eine Hand locker in die Hosen- oder Jackentasche stecken können. Mit der anderen Hand unterstreichen Sie Ihre Worte durch Ihre natürliche Gestik. • »Kopf hoch, Brust raus«, heißt es schon im Volksmund. Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Königin, die mit leicht erhobenem Haupt dahinschreitet. Gerade dann, wenn Sie sich von der Welt unverstanden fühlen und am liebsten mit einer Decke überm Kopf zu Hause in ihrem Bett liegen möchten, gerade dann sollten Sie den Kopf etwas höher tragen und zu sich sagen: »Ich bin doch wer.« Probieren Sie es aus. Das Geheimnis dabei: Eine veränderte positive Körperhaltung beeinflußt positiv unser Denken und Fühlen. Sonstiges • Denken Sie daran, daß es zwar notwendig ist, gepflegt und sauber bei der Arbeit aufzutreten, daß es aber genauso wichtig ist, eine Bekleidung auszuwählen, in der Sie sich wohl fühlen. • Körpersprache ist so komplex, kultur- und situationsabhängig, daß allgemeingültige Aussagen darüber schwerlich zu treffen sind. Körpersprache läßt sich jedoch ständig in allen Bereichen des Lebens überprüfen. Wenn Sie mit anderen sprechen, können Sie sich hin und wieder bewußt machen, wie Ihre Körperhaltung, Ihr Blick, Ihre Gestik und Mimik in diesem Moment ist. Das schärft Ihre Wahrnehmung für Ihre eigene Körpersprache und die der anderen. Denn wer die Körpersprache anderer besser verstehen will, sollte sich der eigenen bewußt werden. 16 http://www.mediaculture-online.de Kleines Glossar gewöhnlicher und ungewöhnlicher Kommunikationsbegriffe Abenteuer Jedes Gespräch ist ein Abenteuer. Wenn wir aufmerksam zuhören, wenn wir eigene Meinungen und Auffassungen einbringen, lassen wir uns meist auf etwas Neues ein. Dazu brauchen wir einen gewissen Abenteuer- und Entdeckungsgeist. Wir erforschen uns und andere im Gespräch und begeben uns – zumindest mit fremden GesprächspartnerInnen – auf unbekanntes Terrain. Angst Jeder Mensch kennt sie in einer mehr oder weniger ausgeprägten Form. Redeangst läßt sich nach und nach abbauen, indem wir uns Herausforderungen stellen und sie zu bewältigen suchen (siehe »Exkurs: Umgang mit Redeangst« im 2. Kapitel). Aufmerksamkeit Da oft in Gesprächen die eigentliche Botschaft zwischen den Zeilen steckt, ist Aufmerksamkeit eine Eigenschaft, deren Aneignung wichtig ist. Damit ist nicht »auf der Lauer liegen« gemeint, um sich wie ein Raubtier auf sein Opfer zu stürzen. Aufmerksamkeit umfaßt Wachsamkeit und aktives Zuhören – zwei wichtige Elemente in Gesprächssituationen. Autosuggestionen Dies sind positive Selbstbeeinflussungen in Form von Sätzen, die wir zu uns selbst sprechen, um uns Mut und Zuversicht zu geben (siehe dazu »Exkurs: Umgang mit Redeangst« im 2. Kapitel). Bemühung Kein/keine MeisterIn fällt vom Himmel, d. h., wir werden immer Fehler machen, auch wenn wir KommunikationsexpertInnen geworden sind. Was wir jedoch trotz aller Rückschläge tun können ist, uns immer wieder bemühen, die eigene Redekunst zu verbessern und zu verfeinern. Durchsetzungsvermögen Sich durchsetzen sagt, eigene Interessen zu vertreten und eigene Ziele zu kennen. Durchsetzungsvermögen meint nicht, sich um jeden Preis immer und überall zu behaupten oder sich durchzukämpfen. Es bedeutet, das Vermögen zu besitzen, dies zu tun, wenn es angebracht ist. Ehrlichkeit Wem soll man heute noch glauben? Viele von uns mogeln sich mit Notlügen durchs Leben. Ehrlichkeit in der Kommunikation – gibt es so was überhaupt? Werfen Sie 17 http://www.mediaculture-online.de einen Blick in den Spiegel, und betrachten Sie sich eingehend. Was sehen Sie? Wer sind Sie? Üben Sie erst Aufrichtigkeit und Offenheit zu sich selbst, dann zu anderen. Entspannen Reden und zuhören ist anstrengend. Wir sollten daher darauf achten, daß wir unserem Kopf und unserem Körper bewußt Pausen gönnen, um die leeren Batterien wieder aufzutanken. Gute Entspannung kann für jeden/jede anders aussehen: schlafen, Sport treiben, einen Roman lesen, Musik hören oder einfach nur faulenzen. Fairneß Schläge unterhalb der Gürtellinie sind zwar leider gang und gäbe, doch haben sie in einer fairen Gesprächskultur keinen Platz. Behandeln Sie Ihre GesprächspartnerInnen mit dem notwendigen Respekt, auch wenn's hin und wieder schwerfällt. Feedback Die deutsche Übersetzung lautet: Rückmeldung an jemanden – in Gesprächen ein wichtiger Teil des Kommunikationsprozesses. Feedback geben heißt, bestimmte Regeln beachten (siehe »Feedback geben und annehmen« im 3. Kapitel). Diejenigen, die Feedback bekommen, sollten sich den positiven Effekt von Rückmeldungen vor Augen führen: Feedback ist Nahrung für den Erfolgsmenschen. Flexibilität Trotz vorheriger Planung und Strategieüberlegung kann ein Gespräch vollkommen anders ablaufen als erwartet. Seien Sie flexibel, d. h., bereiten Sie sich vor, doch kleben Sie nicht an Ihren Vorstellungen fest. Planen und trotzdem flexibel sein, so lautet das Geheimnis, denn in der Kommunikation gibt es keine Patentlösungen. Frau und Mann Ist die Geschlechterdifferenz biologisch bestimmt oder gesellschaftlich geprägt? Die Mehrzahl wissenschaftlicher Untersuchungen weist zwar auf den bedeutenden Einfluß von Elternhaus und Schule hin (primäre Sozialisation), doch nimmt uns dies nicht die Verantwortung für unser Denken und Handeln als Erwachsene. Wir können traditionelle weibliche und männliche Rollenbilder unreflektiert übernehmen oder uns kritisch mit ihnen auseinandersetzen. Jeder und jede hat es selbst in der Hand, ob er/ sie das jeweils andere Geschlecht als gleichberechtigt akzeptiert. Freiheit Diese im Gespräch zu berücksichtigen, bedeutet, einen Rahmen zu ermöglichen, in dem Menschen offen und unbehindert ihre Meinung sagen können (Meinungsfreiheit) und gemeinsam um eine »verbindende Wahrheit« ringen. 18 http://www.mediaculture-online.de Freude Mit anderen zu reden kann viel Freude und großen Spaß machen. Gott sei Dank geht es ja nicht bei jedem Gespräch um wichtige, sachliche Entscheidungen. Kommunikation besteht nicht nur aus ernsten Gesprächen; Kommunikation ist das Zungenfleisch des menschlichen Zusammenlebens und auch dazu da, daß wir unsere Lebensfreude nicht verlieren (siehe »Kommunikation ist ... Drei Geschichten zum Nachdenken« im 1. Kapitel). Gesprächsführung Gesprächsführung hat zwei Intentionen: ein Gespräch durchführen und im Gespräch führen (siehe dazu »Die Strategie der Gesprächsführung« im 2. Kapitel). Wer ein Gespräch führt, hat immer auch Verantwortung. Natürlich sind, strenggenommen, alle Beteiligten verantwortlich für das Gelingen des Gesprächsverlaufs, doch der Gesprächsführung kommt dabei besondere Gewichtung zu. Gleichberechtigung Die formale Gleichberechtigung von Frau und Mann ist auf dem Papier festgeschrieben, in der Praxis jedoch längst nicht Realität. Frauen verdienen heute immer noch für die gleiche Arbeit weniger Geld, Frauen bekommen trotz gleicher Qualifikation immer noch weniger Aufstiegsmöglichkeiten. Weibliches Durchsetzungsvermögen und »neue« Männer sind gefragt, die bereit sind, ihr Revierverhalten zu ändern. Es gibt noch viel zu tun. Wann packen wir es endlich an? Humor Lachen ist die beste Art, anderen Menschen die Zähne zu zeigen. Nur wer sich selbst nicht so tierisch ernst nimmt, kann das Leben genießen und sich amüsieren über die eigenen Schwächen. Intuition Dieser Begriff wird oft mit Gefühl verwechselt, meint aber das unmittelbare Erfassen und Erkennen komplexer, komplizierter Vorgänge ohne analytische Reflexion. Etwas, mit dem sich Männer sichtlich schwerer tun als Frauen. Kinesik Es ist der wissenschaftliche Ausdruck für Körpersprache oder nonverbale Kommunikation. Klarheit Dieser Begriff bedeutet, daß Sachverhalte nicht vereinfacht, nicht simplifiziert werden. Dinge werden so angesprochen, wie sie sind, d. h. deutlich, konsequent und ohne viele Wenn und Aber. Indem wir Dinge ansprechen und damit aussprechen, geben wir ihnen Raum, Wertigkeit, Gewicht. 19 http://www.mediaculture-online.de Kommunikation Dieser Terminus zeigt die Gesamtheit des Austauschs von Informationen, Eindrücken und Gefühlen zwischen Lebewesen (lat. communicare = mitteilen, sich verständigen) auf. Kommunizieren ist ein komplexer, vielschichtiger Prozeß. Es gibt viele Formen der Kommunikation, die oft parallel ablaufen, z. B. Laut- und Körpersprache, sowie zahlreiche Varianten, z. B. Selbstkommunikation und MetaKommunikation. Kritik Hierunter verstehen die meisten Menschen etwas Negatives. Sie übersehen dabei, daß die zweite Seite der Kritik – das Lob – positiv ist. Wir können lernen, unseren Ärger und Frust so an den Mann/die Frau zu bringen, daß sie ein konstruktives Element für andere ist (siehe »Umgang mit Lob und Kritik« im 3. Kapitel). Macht Männer sind mächtig, Frauen sind mächtig ohnmächtig. Wenn wir uns umsehen, so ist dies sicherlich unsere gesellschaftliche Realität. Kommunikation ist eines von vielen Machtmitteln. Schön wäre es, wenn Männer und Frauen lernen, Macht verantwortungsbewußt zu teilen und nach einer gewissen Zeit ganz selbstverständlich abzugeben. Denn Macht sollte auch Herr-Schaft bzw. Frau-Schaft auf Zeit darstellen. Wir reichen das Zepter und die Krone weiter – an wen nur? Vielleicht zur Abwechslung an die Kinder. Wie singt doch Herbert Grönemeyer: »Kinder an die Macht.« Meta-Kommunikation »Kommunikation über Kommunikation« bietet die Möglichkeit, Inhalt und Ablauf eines Gesprächs selbst zum Gegenstand des Gesprächs zu machen (siehe » Meta-Kommunikation und Sinnestraining« im 5. Kapitel). Mitgefühl Wer mit-fühlen kann, kann andere Menschen besser verstehen. Daher ist es wichtig, das Fühlen nicht zu verlernen, gerade auch in schwierigen Gesprächssituationen (siehe dazu »Sinnestraining« im 5. Kapitel). Motivation » Movere« (lat.) heißt bewegen, jemanden zu etwas bewegen. Bevor dies geschehen kann, müssen wir selbst von etwas angetan sein. Denn nur wenn wir selbst von etwas überzeugt sind, können wir andere anregen, anstoßen, begeistern, stimulieren, entflammen, mitreißen, aktivieren, in Schwung bringen usw. Mut Wer Neues ausprobiert, geht fast immer ein Risiko ein. Nur im Rückblick kann er/sie feststellen, ob sich der Mut gelohnt hat. 20 http://www.mediaculture-online.de Nonverbale Kommunikation Körpersprache ist ein wesentlicher Aspekt der Kommunikation und oft für einen Gesprächsverlauf entscheidender als die Lautsprache (siehe »Nonverbale Signale erkennen und verstehen« im 4. Kapitel). Offenheit Dies heißt nicht nur offen sein im Geiste. Offene Menschen gucken anders, gehen anders, nehmen eine offene Körperhaltung ein – schön zu sehen, daß es immer wieder Menschen gibt, die offen sind für andere. Reflexion Dieser Ausdruck umfaßt das tiefe, prüfende Nachdenken über sich selbst, über andere, über bestimmte Situationen und Verhaltensweisen. Wer öfter sein/ ihr Tun und seine/ihre Sprache reflektiert, wird wacher für seine/ ihre Bedürfnisse und die der anderen. Rhetorik Es ist die Kunst des Redens in der Form, daß eine Person einen Monolog vor anderen hält (Vortrag, Rede). Rhetorik wurde in der Antike bis ins Detail geschult (siehe »Ein kurzer Streifzug durch die Geschichte der Redekunst« im 1. Kapitel). Unser Schulsystem bringt leider selten begnadete RednerInnen hervor. Daher möchten viele Erwachsene diese Kunstfertigkeit in Rhetorikkursen erlernen. Selbstbild Jeder Mensch hat von sich ein bestimmtes Bild. So wie wir uns selbst sehen, so verhalten wir uns meist auch nach außen. Überprüfen wir öfter dieses Bild, indem wir Feedback von anderen annehmen und somit unser Selbst- und Fremdbild vergleichen. Selbstgespräche Innere und äußere Sprache bedingen sich wechselseitig. Beide Kommunikationsformen sind geprägt durch unsere primäre Sozialisation (Elternhaus, Schule) und somit Produkt unserer Erziehung. Häufige destruktive Selbstmonologe vergiften unsere Gedanken und nehmen uns Selbstvertrauen. Daher ist es wichtig, respekt- und liebevoll mit sich selbst reden zu lernen (siehe »Die innere Sprache« im 1. Kapitel). Sinnestraining Wer besser kommunizieren will, tut gut daran, alle Wahrnehmungskanäle zu schärfen, nicht nur die primären Kommunikationssinne wie Mund und Ohren. Dadurch kann er/ sie in Gesprächssituationen mehr Dinge wahrnehmen (siehe »Meta-Kommunikation und Sinnestraining« im 5. Kapitel). 21 http://www.mediaculture-online.de Sozialisation Hiermit wird die Einordnung des/der einzelnen in die Gesellschaft bzw. der Wachstums- und Entwicklungsprozeß eines Menschen in der Wechselwirkung mit sich selbst und seinem sozialen Umfeld bezeichnet. Spontanität Ohne Überlegung agieren – im Augenblick, unmittelbar, aus eigenem (plötzlichen) Antrieb. Dazu braucht es Beweglichkeit, Lebendigkeit, Flexibilität, um Impulse von außen spontan aufnehmen zu können. Wann haben wir das letzte Mal spontan bei FreundInnen vorbeigeschaut, sind spontan ins Kino gegangen, haben spontan andere in den Arm genommen? Sprache Viele Menschen möchten besser reden lernen, ansonsten aber »so bleiben wie sie sind«. Das ist schwierig, weil sich Sprache nur modifziert, wenn das eigene Bewußtsein wächst und sich umformt. Wie können wir also glauben, unsere Sprache zu variieren und revidieren, ohne unser Denken zu verändern? Strategie Dieses »Vorgehen nach Plan, Taktik, Kalkül, Kriegskunst« klingt sehr kämpferisch. Gerade in wichtigen Gesprächssituationen ist es sinnvoll, strategisch, also planvoll, vorzugehen (siehe »Die Strategie der Gesprächsführung« im 2. Kapitel). Umgang mit sich selbst und mit anderen Der Volksmund sagt: »Was du nicht willst, das man dir tu, das füg' auch keinem anderen zu.« Dieser Spruch läßt sich erweitern oder abändern in: »Was du nicht willst, was man dir tu, das füge dir auch selbst nicht zu.« Seien Sie sich selbst ein guter Freund, eine gute Freundin, damit Sie auch anderen ein guter Freund, eine gute Freundin sein können. Verständigung Sie hat immer auch mit dem Willen des/der Gesprächspartnerln zu tun. Beide Seiten müssen wollen – nur so ist Verständigung im Gespräch möglich. Vertrauen Es ist ein Geschenk. Es gibt Menschen, die verschenken es nahezu blind, einfach so. Doch das gibt es selten. Meistens haben wir es uns erarbeitet, z. B. in einer Freundschaft, die auf Vertrauen beruht. Es ist die Basis und eine wunderschöne, fließende Balance zwischen Geben und Nehmen. Vorbereitung Dies ist ein wichtiger Bestandteil der Gesprächsstrategie, vor allem dann, wenn es um die Realisierung eigener Zielvorstellungen geht. Eine gute Planung 22 http://www.mediaculture-online.de verringert die Nervosität vor einem wichtigen Gespräch und macht uns selbst vorab klar, was wir eigentlich wollen (siehe »Die Strategie der Gesprächsführung« im 2. Kapitel). Wahrheit Sie findet sich nur im Gespräch, im Miteinander. Picasso hat es schön ausgedrückt: Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder zum selben Thema malen. Wissen Tun wir alles dazu, mehr zu wissen, denn Wissen ist Macht. Damit ist primär nicht unsere Schulbildung oder unser geistiges Know-how gemeint, sondern unser Bewußtseinsgrad gegenüber uns selbst und unserem sozialen Umfeld. Wissen bedeutet auch die Wahrnehmung, daß Geist und Körper eine Einheit bilden und daß nur der Einklang von Körper und Geist Harmonie, Ausstrahlung und damit Erfolg schafft. Zivilcourage Es ist ein aus der Mode gekommener Begriff und trotzdem wichtig, gerade in schwierigen Gesprächssituationen. Denn er bedeutet, den Mut zu haben, (überall) unerschrocken seine eigene Meinung zu vertreten. Dies klingt sehr »männlich«. Ich wünsche mir, daß immer mehr Frauen couragiert ihre Meinung vertreten, privat wie beruflich. Zuhören Diese Fertigkeit sollten wir immer wieder üben, denn es ist mindestens so wichtig wie reden lernen. Die Natur hat uns auch entsprechend ausgestattet, indem sie uns zwei Ohren gab, doch nur eine Zunge. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Rechteinhabers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 23