Mit oder ohne Bürste? - kgk

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Mit oder ohne Bürste?
Ein Vergleich zwischen DC- und BLDC-Motor
und ihren Applikationen
Der Gleichstrommotor (DC-Motor) ist nach wie vor der am weitesten verbreitete Antrieb, sowohl in der industriellen Anwendung als auch in der Automobiltechnik. In Konkurrenz zu ihm
steht der elektronisch kommutierte Motor (BLDC, brushless
DC). Lesen Sie bitte, welche Vor- und Nachteile beide Bauarten
aufweisen und für welche Applikationen sie sich anbieten.
D
er mechanische Aufbau: Beim
DC-Motor liegen die Wicklungen auf dem drehenden Rotor, hingegen beim BLDC-Motor im Stator.
Als Vorteil bietet die außen liegende
Wicklung des BLDC beste Wärmeabfuhr über die gesamte Motoroberfläche. Beim DC Motor liegen die
Wicklungen dagegen im Inneren des
Motors. Direkter Kontakt zum Motorgehäuse besteht lediglich über
Motorwelle und Lager.
Neben der ungünstigen Wärmeableitung wird die Wärmeabfuhr per
Konvektion vom Rotor des DC-Motors zum Motorgehäuse zudem dadurch erschwert, dass die Magnete
aufgrund ihrer deutlich schlechteren
Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zu
Metall die Wärmeabfuhr beeinträchtigen. Der BLDC-Innenläufer kann
mithin die Verlustwärme deutlich
besser abführen. Ein Vorteil insbesondere bei völlig geschlossener
Bauform zur Erzielung hoher IPSchutzklassen.
Der BLDC-Motor bietet weitere
Vorteile bei Einsätzen in Antrieben
mit höherer Drehzahl, da ein Auswuchten des Rotors erst für sehr hohen Drehzahlen erforderlich ist.
Ein Vergleich der Abmessungen
zeigt, dass der Bürstenapparat des
DC-Motors etwa ein Drittel der
Motorlänge beansprucht. Der vergleichbare BLDC-Motor baut in etwa um dieses Verhältnis kürzer. Zudem zeigt sich der BLDC-Innenläufer bezüglich der Dynamik als überlegen.
Die Motorkennlinie: Keine Unterschiede bestehen zwischen DC- und
BLDC-Motor hinsichtlich der Motorcharakteristik: Ein linear mit steigender
Drehzahl
abfallendes
Drehmoment hat eine parabelförmige Leistungskurve mit dem Maximum bei halber Leerlaufdrehzahl
zur Folge. Der Wirkungsgrad steigt
mit der Drehzahl bis zu seinem Maximalwert an, um dann abzukippen.
Die Kippdrehzahl ist abhängig von
den Eisenverlusten des Motors und
kann bei etwa 75 Prozent der Leerlaufdrehzahl angenommen werden.
Das maximale Drehmoment steht
also bei Stillstand zur Verfügung und
wird als Anlaufmoment oder ,stall
torque’ bezeichnet. Für eine gegebene Leerlaufdrehzahl und eine gegebene Betriebsspannung ist die Höhe
dieses Moments nur vom Wicklungswiderstand abhängig.
Ein zweiter markanter Punkt der
Motorkennlinie ist die Leerlaufdrehzahl, die bei gegebener Betriebsspannung durch die Spannungskonstante oder auch Gegen-EMK festgelegt ist.
Windungsanzahl bestimmt
Leerlaufdrehzahl
BLDC-Motor (Bürstenloser Gleichstrommotor) mit 65 Watt Dauerleistung bei Abmessungen von 57 mm x 57 mm. Bilder: NMB-Mineba
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Eine Möglichkeit zur Verschiebung
dieses Punkts bietet die Windungszahl. Höhere Windungszahlen senken die Drehzahl, niedrigere heben
sie an. Die Drehmomentkennlinie
wird also entweder um den Punkt
des Anlaufmoments gedreht oder
parallel zur ursprünglichen verschoben.
Während die Kennlinienbeeinflussung durch Änderung der Windungszahl – sowohl beim DC- als
auch beim BLDC-Motor – ohne
Änderung des mechanischen Aufbaus möglich ist, bietet der BLDCMotor eine weitere einfache Möglichkeit, nämlich die Wahl der Polfluid, April 2004
zahl. Eine höhere Polzahl senkt die
Drehzahl, eine niedrigere Polzahl
erhöht sie.
Werden Ringmagnete verwendet, besteht keinerlei mechanischer
Unterschied bei verschiedenen Polzahlen.
Beim DC-Motor findet man überwiegend zwei- und in Ausnahmen
vierpolige Konstruktionen. Eine
höhere Polzahl bedingt jedoch einen
geänderten mechanischen Aufbau der
Wicklung oder des Bürstenapparats.
Der BLDC-Motor bietet dabei eindeutig die größere Flexibilität. Etwa
kann für einen neunnutigen Motor
lediglich durch ein geändertes
Wickelschema jede Polzahl zwischen
eins und acht verwendet werden.
Die Lage des Wirkungsgradmaximums weist aus, dass diese Motoren im ,oberen Drehzahlbereich’
Höhere Flexibilität spricht
für BLDC-Motoren
arbeiten sollten. Die Motorauslegung wird daher üblicherweise so
gewählt, dass die Motoren dort mit
100 Prozent Einschaltdauer arbeiten können. Bei geringeren Drehzahlen mit höherer Abgabeleistung
muss die Einschaltdauer allerdings
reduziert werden.
Die Steuerung: Statt mit verschleißanfälligen Bürsten arbeitet
der BLDC-Motor mit elektronischen Leistungsschaltern. Der für industrielle Zwecke am häufigsten eingesetzte dreiphasige Motor benötigt
sechs solcher Schalter einschließlich
deren Ansteuerungslogik.
Die Ansteuerung des BLDC Motors benötigt eine Information über
die Rotorlage. Für einfache Anforderungen genügt eine Rotorlageerkennung über drei Hall-Elemente.
Für gehobene Ansprüche werden
Encoder oder Resolver eingesetzt,
um einerseits zu erkennen welche
Wicklungen jeweils bestromt werden müssen oder um andererseits
eine positionsabhängige Stromeinprägung vornehmen zu können.
Durch diese ständig verfügbare
Rückmeldung arbeitet der BLDCfluid, April 2004
Motor typischerweise im ,closed
loop’-Betrieb und kann präzise drehzahlgeregelt sowie abhängig von der
Auflösung des Lagegebers auch in
der Position geregelt werden.
Für Anwendungen, die keinen
hochdynamischen Anlauf verlangen
und die nur geringe Lastschwankungen beim Anlauf verkraften
müssen, kann der dreiphasige
BLDC-Motor auch ,sensorless’ betrieben werden. Im Motor sind dann
keinerlei elektronische Komponenten mehr erforderlich, die eine Temperaturgrenze vorgeben könnten.
Da die induzierte Spannung stets
an einer Phase gemessen wird, läuft
der Motor dennoch oberhalb einer
Mindestdrehzahl im closed loop
Betrieb. ,Sensorless’ kann jedoch
nur eine Geschwindigkeits- und
Momentenregelung erfolgen. Ideale industrielle Anwendungen für
solch
,sensorless’
betriebene
Außenläufermotoren sind beispielsweise Gebläse- und Pumpenantriebe.
Soll der DC-Motor in beiden
Drehrichtungen drehzahlgesteuert
werden, ist eine Elektronik erforderlich, die den Motor in einer HBrücke betreibt. Die vier Leistungsschalter der H-Brücke des
DC-Motors entsprechen dann den
sechs zum Betrieb des dreiphasigen
BLDC-Motors
erforderlichen
Schaltern. Wird der DC-Motor jedoch drehzahlgeregelt betrieben,
ist der Anbau einer Sensorik zur
Drehzahlerkennung notwendig.
Die im BLDC-Motor ohnehin
eingebaute Sensorik für die Rotorlageerkennung verursacht keine
Mehrkosten. Die Kostendifferenz
reduziert sich also weiter zugunsten des BLDC- Motors.
Rastmoment und Drehmomentschwankung: Bei jedem eisenbehafteten permanentmagnetisch erregten Motor treten Rastmomente
auf, fühlbar beim Versuch die Welle des nicht bestromten Motors zu
drehen. Dieses in der Regel unerwünschte Verhalten kann durch eine Schrägung des magnetischen
Rastmomente lassen sich
eliminieren
oder des elektrischen Pols unterdrückt werden. Der BLDC-Motor
mit Ringmagnet bietet dabei die
einfachere Möglichkeit dieses
Rastmoment durch eine entsprechende Magnetisierung zu eliminieren: ein wesentlicher Unterschied zwischen DC- und BLDCMotor.
Ein ,glatter Drehmomentverlauf’
wird beim BLDC-Motor durch eine Kombination von mechanischen
und elektronischen Maßnahmen
erreicht. Man gestaltet den Motor
so, dass er eine sinusförmige induzierte Spannung erzeugt und man
bestromt die Phasen sinusförmig
und synchron zum Verlauf der in-
Charakteristik des im Anlaufbild abgebildeten 65-Watt-Motors.
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duzierten Spannung. Die passende
sinusförmige Bestromung indes erfordert eine feinere Auflösung der
Rotorposition. Der Mehraufwand
dafür (Encoder oder Resolver)
bringt jedoch einen Vorteil:
Störungen aufgrund plötzlichen
Ein- und Ausschaltens der Phasenströme entfallen.
Anwendungsgebiete für BLDC
Motoren: Geht man davon aus,
dass DC- und BLDC-Motor bei
gleicher Leistung und gleichem
Durchmesser zu gleichen Kosten
hergestellt werden können, dann
entstehen Mehrkosten für den
BLDC-Antrieb lediglich durch die
Elektronik. Diese können – leistungsabhängig – durchaus die Motorkosten übersteigen.
Die Kostendifferenz ist also am
größten bei Anwendungen, in denen ein DC-Motor lediglich über
einen mechanischen Schalter an eine Spannungsquelle angeschlossen
wird. Geringer wird die Kostendifferenz in Anwendungen, bei denen
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14-poliger, geräuschoptimierter BLDC-Motor
mit einem Durchmesser von 43 Millimetern.
auch der DC-Motor elektronisch
gesteuert wird.
,Sensorless’ betriebene BLDCMotoren verdrängen in vielen Anwendungen mehr und mehr den
Bürstenmotor, da die Anwender
erkannt haben, dass es sich allein
im Hinblick auf die lange Lebensdauer lohnt, bei der Anschaffung
etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Für den Einsatz in explosionsgeschützten Anwendungen ist der
BLDC-Motor zudem geradezu prädestiniert.
Bei Pumpenantrieben muss der
BLDC-Motor nicht zum Flüssigkeitskreislauf hin abgedichtet werden. Rotor und Lager können
durchaus im flüssigen Medium laufen.
Ein großes Marktpotenzial bietet
sich für den BLDC-Motor in der Automobiltechnik. Der Ersatz der hydraulischen durch die elektromechanische Servolenkung etwa ist ohne
BLDC- Motor nicht denkbar. Gleiches gilt beispielsweise für die elektromechanische Bremse, das elektromechanische Schaltgetriebe oder
auch die aktive Fahrwerkskontrolle.
Auch die geplante Umstellung auf 42
Volt bereitet beim BLDC-Motor
keinerlei Probleme.
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Kennziffer 218
fluid, April 2004
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