Wege aus der Essstörung

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jugendservice.at
Wege aus der Essstörung
Zurück zum Genuss
GEHT!
WISSEN, WAS
Wege aus der Essstörung
Zurück zum Genuss
Inhalt:
Impressum:
Medieninhaber und Herausgeber:
Amt der Oö. Landesregierung,
Direktion Bildung und Gesellschaft, Gruppe Jugend,
JugendService, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz.
Tel.: +43 732 665544; Mail: [email protected]
www.jugendservice.at
Redaktion: Mag.a Katharina Pascher,
Mag.a Carola Taugwalder
Leitung: Mag. Christian Mülleder
Grafik: Fischer; Druck: BTS Druckkompetenz GmbH
Auflage: Juli 2016
Seite
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8
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Vorwort
Ein gewichtiges Problem
Checkliste – Bist du gefährdet?
Was zeigt die Waage? Fühl dich wohl!
Was heißt hier Essstörung?
Magersucht (Anorexie)
Ess-Brech-Sucht (Bulimie)
Ess-Attacken-Störung (Binge-Eating-Störung)
So kommst du wieder raus!
Therapiekosten
Gesunder Lebensstil
Tipps für Freunde und Freundinnen
Buchtipps, Infos im Internet
Für diese Broschüre wurden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
JugendService Informationen eingeholt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit
und Qualität des Angebotes kann von uns keine Gewähr übernommen
werden. Die Auflistung erfolgt ohne Wertung und Empfehlung. Alle angeführten Links wurden auf ihre Seriosität überprüft und waren zum Zeitpunkt
der Erstellung der Broschüre frei von illegalen Inhalten.
Liebe Jugendliche!
Etwa 34.000 Oberösterreicher und
Oberösterreicherinnen leiden zumindest einmal im Laufe ihres Lebens an
einer Essstörung und auch Burschen
sind zunehmend betroffen.
Essstörungen beeinträchtigen nicht
nur die Betroffenen, sondern auch
deren Familie und Freunde.
Das Land Oberösterreich will durch
Aufklärung etwas gegen diese stille
und im Verborgenen gehaltene
Krankheit tun, damit diese erst gar
nicht entsteht.
Neben dieser Broschüre findet man auch
unter www.jugendservice.at/essstoerung
jede Menge Informationen sowie
Adressen von Beratungs- und Therapieeinrichtungen.
Bei der Suche nach fachlicher Unterstützung bietet das JugendService des Landes
Oö. Information und Beratung an.
Durch gezielte Information kann Betroffenen und deren Angehörigen rechtzeitig geholfen werden. Je früher die
Krankheit erkannt und eine Therapie
begonnen wird, desto größer ist die
Heilungschance.
Dr. Josef Pühringer
Landeshauptmann
Mag. Thomas Stelzer
Landeshauptmann-Stv.
Ein gewichtiges Problem
Von Essstörungen sind großteils Mädchen
und Frauen betroffen, aber auch Burschen
und Männer erkranken daran.
➜ Wenn Wohlbefinden vom
Körpergewicht abhängt …
➜ Wenn das Selbstvertrauen und
Selbstwertgefühl fehlt …
➜ Wenn das Urteil der Außenwelt
die Selbstachtung bestimmt …
➜ Wenn Liebe durch Perfektion
„erkauft“ werden muss …
➜ Wenn der eigene Körper
ständig abgelehnt wird …
… dann kann dies zu einem gestörten Verhalten bei der Nahrungsaufnahme führen.
Das Essen bzw. Nicht-Essen bestimmt zum
größten Teil das Leben der Betroffenen.
Unbeschwertes Genießen, gesunder Appetit und Hunger sind nicht möglich. Essen
ist verbunden mit Scham- und Schuldgefühlen, der Angst zuzunehmen und dem
Empfinden, zu versagen.
4
Nicht-Essen dagegen bedeutet Kontrolle
und Macht und führt zu Gefühlen von
Stolz und Unabhängigkeit. Die Kontrolle
des Essverhaltens bestimmt das eigene
Wohlbefinden.
Am bekanntesten sind Magersucht und
Bulimie. Sie sind in allen gesellschaftlichen
Schichten anzutreffen und heute weiter
verbreitet, als man vielleicht glaubt.
Ursachen für Essstörungen sind vielfältig. Ein
wichtiger Faktor jedoch liegt in der starken
Betonung von Aussehen in unserer Gesellschaft und dem unrealistischen Schönheitsideal, das durch die Medien vermittelt wird.
Plakate und Werbung werden mit Grafikprogrammen nachbearbeitet und so setzt sich
ein Idealbild in den Köpfen der Menschen
fest, das realistisch so gut wie nicht erreicht
werden kann, ohne dem eigenen Körper und
der Gesundheit massiv zu schaden.
WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
Ein gewichtiges Problem
Dies führt dazu, dass vor allem Jugendliche
mangelndes Selbstwertgefühl einerseits
durch übertriebenen Schlankheitswahn
kompensieren wollen, andererseits Essanfälle zur Problemlösung und zum Ausfüllen
innerer Leere dienen.
Auf den eigenen Körper und seine Ernährung zu achten, ist eine gute Sache. Riskant
wird es, wenn deine Gedanken nur noch
um Essen und Körpergewicht kreisen, sodass dein Leben nur mehr von Essen oder
Nicht-Essen bestimmt wird.
Im Allgemeinen unterscheidet
man zwischen:
Magersucht
(Anorexia nervosa)
Ess-Brech-Sucht
(Bulimia nervosa)
Es gibt aber auch noch andere Formen:
Manchmal drehen sich die Gedanken vor
allem um gesundes Essen und auch das
kann zu Einschränkungen und Belastung
führen. Oder – oft bei Burschen der Fall –
man möchte besonders fit und muskulös
aussehen und das kann Stress und Einschränkungen verursachen.
Hier gibt es die „nicht näher bezeichnete
Essstörung“ für Mischformen bzw. Essstörungen, die nicht die Kriterien für eine
der anderen Kategorien erfüllen.
Egal, wie die Bezeichnung sein mag – wichtig ist es, sich Unterstützung und Hilfe zu
holen, wenn Essen, Aussehen, Körpergewicht und/oder Sport zur Belastung werden und man sich im eigenen Körper nicht
mehr wohlfühlt.
Esssucht
(Binge-Eating-Disorder)
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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Checkliste
Wenn du wissen willst, ob dein Essverhalten auffällig ist, kreuze ehrlich folgende
Fragen an, die auf dich zutreffen.
Ist Essen für dich gleichbedeutend mit
Kalorienzählen – der Beschäftigung damit, was du dir heute noch an Essbarem
„leisten“ darfst?
Ist die Waage schon beinahe deine beste
Freundin – die du mehrmals am Tag „besuchst“ und von deren Anzeige es ab-
hängt, ob du gut oder schlecht drauf bist?
Verschiebst du alle Vorhaben auf den Zeit-
punkt, an dem du endlich schlank bist und
mit dem Leben beginnen kannst?
Weißt du nicht mehr genau, wie es sich
anfühlt, wenn du hungrig bist?
Dreht sich der Großteil deiner Gedanken
um Aussehen, Figur und Gewicht?
Verbringst du deine Freizeit gegenüber
früher oft alleine und weniger mit
Freunden oder Freundinnen?
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Bin ich gefährdet?
Nimmst du Appetitzügler, Abführmittel,
Entwässerungspillen?
Du bist gefährdet …
Gehst du nach dem Essen regelmäßig
auf die Toilette, um zu erbrechen?
➜ wenn dir die Fragen unangenehm
sind oder dich nachdenklich stimmen.
Gibt es für dich „verbotene“ und „erlaubte“ Nahrungsmittel?
➜ oder wenn du einige davon mit JA
beantwortet hast.
Hast du Heißhungeranfälle, bei denen du
Essen wahllos und unkontrolliert in dich
hineinstopfst?
Bekochst du gerne Familie und Bekanntenkreis, während du gar nichts zu dir
nimmst? Fühlst du dich dabei überlegen
und stark?
Hast du dir in letzter Zeit Süßes gegönnt
– mit Genuss und ohne Gedanken an
Kalorien – und dir anschließend Selbstvorwürfe gemacht?
Isst du mehr, wenn du wütend, traurig
oder frustriert bist?
➜ oder wenn dein BMI im Bereich
starken Untergewichts oder starken
Übergewichts liegt.
Es kann sein, dass mit deinem Essverhalten etwas nicht stimmt oder du
bereits an einer Essstörung leidest.
Mögliche Wege aus der Essstörung
findest du auf Seite 18.
Liegt dein BMI außerhalb der Grenzen
für Normalgewicht?
WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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Was zeigt die Waage?
Die Waage sollte nicht als alleiniges Mittel
zur Einschätzung von gesundem bzw. ungesundem Körpergewicht herangezogen werden – es gibt noch andere Möglichkeiten.
Der Body-Mass-Index (BMI) kann dir einen
Hinweis geben, wie es um dein Gewicht bestellt ist. Diese Berechnung orientiert sich an
deiner Körpergröße und dem derzeitigen Gewicht und gibt eine Orientierung für die Einordnung deines Gewichtes. Den BMI kannst
du unter www.jugendservice.at/ernaehrung
errechnen.
BMI =
Beispiel:
Körpergewicht in kg
Körpergröße x Körpergröße in m
70 kg
1,73 x 1,73
= BMI 23,4
Die Berechnung berücksichtigt aber zum Beispiel nicht, dass Muskelgewebe mehr wiegt
als Fettgewebe und ist daher kein absolutes
Maß zur Einordnung des Körpergewichts. Bei
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Fühl dich wohl!
Unsicherheiten wendest du dich am besten
an den Arzt oder die Ärztin deines Vertrauens, der bzw. die dein Gewicht individuell
für dich und deine Lebensgewohnheiten einschätzen kann.
Infos zu gesunder Ernährung, zum BMI
und zur WHR (Waist-Hip-Ratio) findest
du unter www.gesundheit.gv.at Zudem ist es nicht nur von Essen und Sport
abhängig, wie sich dein Gewicht verhält,
auch die Gene und die Veranlagung spielen
eine Rolle. Es gibt Menschen, die viel essen
können und trotzdem eher dünn bleiben
und damit auch kein Problem haben. Andere haben von Natur aus ein Gewicht, das im
oberen Bereich des Normalgewichts liegt
und sind fit und fühlen sich pudelwohl. Unabhängig vom Gewicht ist es wichtig, sich
mit dem eigenen Körper wohl zu fühlen
und dabei spielt mehr eine Rolle als eine bestimmte Zahl auf der Waage.
Ein anderes Maß zur Einschätzung deines
Körpergewichtes ist die Waist-to-Hip Ratio
(WHR). Hier werden der Taillenumfang und
der Hüftumfang zueinander ins Verhältnis
gesetzt.
WHR =
Umfang der Taille
Umfang der Hüfte
Da vor allem Bauchfett nachteilig für die Gesundheit ist, sollte dieses Verhältnis bei Männern kleiner als 1,0 und bei Frauen kleiner als
0,85 sein.
WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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Was heißt hier Essstörung?
Denkst du sehr viel ans Essen? Lass es dir
bloß nicht vermiesen! Gedanken ans Essen
sollten nicht zum Mittelpunkt deines Lebens werden.
Eine Essstörung ist am Umgang mit Essen
erkennbar und mit folgenden Fragen zu
überdenken: ➜ Ist Genießen möglich?
➜ Ist kontrollierter Umgang mit Essen
(nicht zu viel – nicht zu wenig) selbstverständlich?
➜ Ist Essen ein Thema, das Gedanken,
Gefühle und Tagesablauf beherrscht?
Nicht jeder oder jede Jugendliche, der oder
die Diäten ausprobiert und abgenommen
hat, ist magersüchtig und nur weil jemand
ab und zu einmal große Portionen ver-
drückt, leidet dieser Mensch nicht an Ess-
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Persönlichkeitsbezogene Faktoren
Familienbezogene Faktoren
Sozio-kulturelle Faktoren
Biologische Faktoren
sucht oder Bulimie. Aber für einige ist ein
derartiges Verhalten der Anfang einer
ernstzunehmenden Essstörung. Verhaltensweisen werden entwickelt, die sehr
stark von einer durchschnittlichen Norm
in suchtartiger, krankhafter Art abweichen
können.
Von Essstörungen betroffen sind in erster
Linie Mädchen und junge Frauen zwischen
12 und 25 Jahren. Zunehmend erkranken
auch Burschen und junge Männer. Jedes
zweite Mädchen hat bereits mit Diäten
experimentiert. Gerade dieses Experimentieren mit Hungerkuren kann dazu führen,
dass ein gesundes Essverhalten verlernt
wird. Hunger und Sättigung werden nicht
mehr normal empfunden, es wird mehr
oder weniger gegessen, als der Körper verlangt. Damit beginnt ein Teufelskreis rund
um eine eigentlich schöne Sache: das Essen.
WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
Fressanfall
Angst/Frust/Stress
wird abgebaut
Hungern
Essen + Erbrechen
Angst vor Dicksein
Verleugnen der Essprobleme
gestörter Selbstwert
Schuldgefühle
Körperliche
und seelische
Veränderungen
Heißhunger und
Fressattacken
Essensverweigerung
Persönliche Krise
Belastungen
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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Magersucht (Anorexie)
„
Je mehr sie auf mich einredeten, umso entschlossener
wurde ich, nichts zu essen. Ich wollte so gern mager sein.
Nichts konnte mich davon abhalten. Aussage einer Betroffenen
“
Magersucht (Anorexie)
So kann sich die Störung zeigen
Folgende körperliche und
seelische Probleme können auftreten
• Diäten wechseln mit Hungern
• erhöhte Kälteempfindlichkeit
• Verstopfung
Was meistens vorhanden ist
Was im Kopf abläuft
• nur kleine Kalorienmengen werden zu
sich genommen
• Beginn in der Zeit der Pubertät
• geringes Selbstwertgefühl
• exzessiv Sport betreiben
• nach innen gerichtete Persönlichkeit
• Angst, dick zu sein oder zu werden
• häufiges Wiegen
• angepasstes Verhalten
• verzerrte Körperwahrnehmung
• sehr fürsorgliche Familie
• gestörte Beziehung zum eigenen Körper (Körperschemastörung)
• selbstherbeigeführter Gewichts-
verlust unter BMI=17,5 in kurzer Zeit
• Angst vor Gewichtszunahme
• um mit Problemen fertig zu werden,
wird NICHT gegessen
• Ablehnung des Erwachsenwerdens und der Sexualität
• gerne für andere kochen, aber selbst
nicht essen
• fehlende Krankheitseinsicht
• Perfektionismus begleitet vom Gefühl
der Wertlosigkeit
• Selbstverletzungen
• Ausbleiben der Menstruation
• Wachsen von feiner Körperbehaarung
bei Untergewicht
• Kreislaufbeschwerden/Kollapsneigung
• Schlafstörungen
• Nervosität
• Persönlichkeitsveränderung
• sozialer Rückzug
• Blutbildveränderung
• Osteoporose
• zunehmender körperlicher Verfall bis zum Tod (Sterberate zwischen 5 % und 13 %)
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WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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Ess-Brechsucht (Bulimie)
„
Ich bin jemand, der zuviel isst, der zuwenig isst, der sich erbricht. Haltet mir
keine Vorträge. Ich bin krank. Versteckt kein Essen vor mir, es ist umsonst,
denn ich finde immer wieder Wege, es zu bekommen. Aussage einer Betroffenen
Was meistens vorhanden ist
Was im Kopf abläuft
• nach außen gerichtete Persönlichkeit
• panische Angst vor Gewichtszunahme
• Beginn zwischen 15 und 20 Jahren
• Selbstwert wird von Figur bestimmt
• sozial unauffällig
• um mit Problemen fertig zu werden, wird gegessen
• erlebte möglicherweise sexuelle Übergriffe
• möglicherweise Verlust von naher
Bezugsperson
• wenig Selbstvertrauen
• Äußeres wichtiger als Persönlichkeit
• Ess-Brech-Kreislauf ist ein Ventil für
Frustrationsgefühle, Enttäuschungen,
Ärger, Wut, Einsamkeit, Langeweile
“
Ess-Brechsucht (Bulimie)
So kann sich die Störung zeigen
Folgende körperliche und
seelische Probleme können
auftreten
• unkontrollierte Essanfälle mindestens 2 x wöchentlich, 3 Monate lang
• Verätzung im Mund und Rachenbereich durch Magensäure bei Erbrechen
• Unmengen an Nahrungsmitteln
werden konsumiert; in der Folge
Versuch der Gewichtskontrolle durch
Erbrechen, Fasten, exzessiver Sport,
Missbrauch von Abführmitteln etc.
• Magen-Darmprobleme
• Haut, Haare, Zahnschmelz werden
angegriffen
• Neigung zu Osteoporose
• Stimmungsschwankungen
• Entgleisung des Elektrolythaushaltes
durch Erbrechen (Ungleichgewicht von gewissen Mineralstoffen im Körper
kann zu Herzproblemen, Organversagen,
Fehlfunktionen des Nervensystems
und sogar zum Tod führen)
• Schuld- und Schamgefühle
• Herzrhythmusstörungen
• großer Leidensdruck
• Ausbleiben der Menstruation
• ständige Gewichtskontrolle
• negatives Körperbild
• ständiges Denken ans Essen
• Gewicht durchaus normal
• Wissen um die Krankheit
• sozialer Rückzug
• depressive Verstimmung
• Selbstabwertung
• Müdigkeit, Konzentrationsprobleme
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WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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Ess-Attacken-Störung
Ess-Attacken-Störung
(binge eating disorder)
„
Ich hatte mir immer gewünscht beliebt zu sein, gemocht
zu werden. Aber ich war einsam. Ich füllte diese Leere
mit Essen und Süßigkeiten aus. Aussage einer Betroffenen
Die Störung lässt sich auf Grund des Erscheinungsbildes zu den seelisch begründbaren, körperlichen Erkrankungen zählen.
Im Verlauf ist sie mit der Bulimie vergleichbar; das häufige Erbrechen nach dem Essanfall findet jedoch nicht statt. Als Ausgleich
wird auch nicht exzessiv Sport betrieben
oder gefastet. Sie ist nicht gleichzusetzen
mit der „Fettsucht = Adipositas“, welche
sich durch Dynamik und ursächlich genetische Faktoren unterscheidet.
Von Ess-Attacken-Störung spricht man
dann, wenn mindestens einmal in der
Woche Essanfälle auftreten und das über
3 Monate hinweg.
Was meistens vorhanden ist
• Übergewicht (bereits im Kindesalter)
• depressive Neigung
• Störung der Körperwahrnehmung
• Erfahrung mit Diäten
• geringes Selbstwertgefühl
• Probleme im Umgang mit Konflikten
• negative Gefühle wie Ärger, Frust
Essattacken treten häufig in Zeiten von
seelischer und nervlicher Belastung auf.
16
“
WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
(binge eating disorder)
So kann sich die Störung zeigen
• Unkontrollierte Essanfälle mindestens
1x wöchentlich über einen Zeitraum
von 3 Monaten.
• Tritt häufig während oder nach einer
Diät auf.
• Kontrollverlust während des Essanfalls. Es werden große Mengen gegessen,
obwohl man nicht hungrig ist.
• Es wird allein gegessen aus Verlegenheit über die Menge, die man isst.
Folgende körperliche und
seelische Probleme können
auftreten
• Überbelastung des Herzens und des Kreislaufs
• Überbelastung des Skeletts
• Schäden an der Leber, Niere
• Diabetes
• Gelenksleiden
• Verzweiflung
• Depression
• Ekelgefühle gegenüber sich selbst, Deprimiertheit oder große Schuld-
gefühle nach einem Essanfall.
• Keine Ersatzhandlungen wie Erbrechen,
Fasten, exzessiver Sport, Abführmittel.
• Ohne Hungergefühl wird sehr schnell
gegessen.
• Unangenehmes Völlegefühl während
des Essanfalls.
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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So kommst du wieder raus!
Die meisten betroffenen Jugendlichen sprechen
ungern über ihr Essproblem und wissen zu
wenig über Hilfsangebote Bescheid. Einerseits
leiden sie an ihrem Zustand, andererseits sind
sie unfähig, aus dem Teufelskreis auszubrechen. Es gibt erfolgversprechende Behandlungsprogramme, wenn du deine Essstörung
und die damit verbundenen Auslöser ernst
nimmst. Bei Betroffenen, die stark untergewichtig oder stark übergewichtig sind, können
medizinische Maßnahmen sinnvoll und im Extremfall lebenserhaltend sein.
Ein Krankenhausaufenthalt ist nur dann notwendig, wenn die Essstörung bereits lange
andauert, sodass:
➜ der Gewichtsverlust lebensbedrohlich ist
➜ die Stimmungsschwankungen entgleisen und Gedanken an Selbstmord auftreten
➜ die Folgen des häufigen Erbrechens lebens-
bedrohlich sind
➜ ambulante Behandlung keinen Erfolg zeigt
➜ durch Übergewicht bereits große Stoff-
wechselstörungen bestehen
18
Wir wollen dich zu einer psychologischen
Betreuung motivieren, indem wir dir zu
deiner Orientierung 3 Schritte aufzeigen.
1. Schritt: Ich gestehe mir ein, dass mein
Essverhalten gestört ist und will eine Veränderung.
2. Schritt: Ich möchte über mein Problem
reden.
➜ Mögliche Ansprechpersonen findest du
in Beratungseinrichtungen, bei Essstörungshotlines, bei Ärzten oder Ärztinnen.
3. Schritt: Ich entscheide mich, eine Therapeutin oder einen Therapeuten aufzusuchen und „dran“ zu bleiben. Ich möchte
einem professionellen Helfer oder einer professionellen Helferin vertrauen können, mein Essverhalten normalisieren
und die Fähigkeit, Probleme zu bewältigen und Beziehungen einzugehen, verbessern. Mein Selbstwert soll gestärkt
und meine Einstellung zum eigenen Körper verändert werden.
WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
Therapiekosten
Adressen von Therapie- und
Beratungseinrichtungen erhältst du
in den 14 JugendService-Regionalstellen und unter
www.jugendservice.at/essstoerung
Es gibt einige Stellen, die Beratung und
Therapie kostenlos anbieten.
Unter www.jugendservice.at/essstoerung
findest du eine Auflistung aller Beratungsund Therapieeinrichungen in OÖ.
Über die Clearingstelle der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse gibt es
ebenfalls die Möglichkeit zu einer kostenlosen Psychotherapie.
Therapeutin bzw. dem Therapeuten über
die Kosten – Erstgespräche sind manchmal
auch kostenlos möglich.
Es ist nicht einfach, durch den Dschungel
der Therapieangebote durchzublicken.
Welches für dich passt, kann in einem Erstgespräch mit einer Beraterin bzw. einem
Berater oder einem Therapeuten bzw. einer Therapeutin geklärt werden.
Mit viel Geduld, Konsequenz und
klaren Zielen kannst du den Weg aus
einer Essstörung finden. Die Jugendberater und Jugendberaterinnen in
den 14 JugendService-Regionalstellen
(siehe letzte Seite) unterstützen dich.
Bei privaten Therapeuten und Therapeutinnen erhältst du nach ärztlicher Verordnung (z.B. vom Haus-arzt) einen geringen
Kostenanteil pro Therapieeinheit von der
Krankenkasse retour. Am besten erkundigst du dich vorher bei der jeweiligen
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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Tipps für
Freundinnen und Freunde
Gesunder Lebensstil
Eine gesunde Lebensweise beruht auf mehreren Säulen: Ernährung, Bewegung (Sport), seelischem Gleichgewicht, Verzicht auf Alkohol
und Nikotin oder andere Suchtmittel.
mäßig
sparsam
Ernährungsempfehlungen wandeln sich ständig. Als zeitgemäß und grundlegend kann die
Ernährungspyramide herangezogen werden.
Vereinfacht dargestellt sieht sie so aus:
Zucker,
Streichfett,
Süßigkeiten
Eier,
rotes Fleisch, Wurst,
Milchprodukte, Käse
Pflanzliche Öle, Nüsse,
Hülsenfrüchte, Fisch, Geflügel
täglich
Vollkornprodukte, Reis, Nudeln
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Obst, Salate, Gemüse
1,5 bis 2 l Flüssigkeit/Suppen täglich,
Bewegung, Sport, Ausdauertraining
Tipps für eine gesunde Ernährung:
➜ 5x täglich Obst und Gemüse (1 Portion = eine Handvoll)
➜ mehr Vollkornbrot als Weißbrot
➜ 2-3x in der Woche Fleisch und Eier
➜ öfter Fisch als Eiweißquelle verwenden
➜ sparsam mit Fetten umgehen
➜ viel trinken (1,5 - 2l /Tag), am besten Wasser, Tee und
stark verdünnte Fruchtsäfte, weniger gezuckerte
Limonaden
➜ täglich Milchprodukte
➜ regelmäßig Bewegung
Wenn Energiezufuhr (Kalorienzufuhr) und Energie-
verbrauch (Kalorienverbrauch) ausgewogen sind,
wird dein Gewicht gleich bleiben. Wer mehr isst,
als er durch Arbeit und Sport abbaut, wird zwangsläufig zunehmen und übergewichtig werden. Die
beste Art, Kalorien zu verbrennen und Kondition
aufzubauen, sind Ausdauersportarten wie z.B.
Joggen, Inline-Skating, Schilanglauf, Schwimmen,
Nordic-Walking.
Wo du in Oberösterreich aktiv Sport betreiben
kannst, erfährst du am besten bei den beiden Landes-
verbänden SPORTUNION www.sportunionooe.at
(Vereinsdatenbank) und ASKÖ www.askoe-ooe.at
WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
Was kannst du tun, wenn du vermutest
oder weißt, dass eine Freundin/ein Freund
von einer Essstörung betroffen ist?
➜ Gib ihr/ihm nicht das Gefühl, dass du
sie/ihn kontrollierst, beobachtest oder
bemitleidest;
➜ Sprich deine Freundin oder deinen
Freund an, wie es ihr/ihm geht und
was du beobachtest. Das ist wichtiger,
als über Essen, Gewicht oder Figur zu
reden. Führe dieses Gespräch in einer
ungestörten Umgebung, zu einem
Zeitpunkt, wo du selbst unbelastet und
ausgeglichen bist;
➜ Schau ganz bewusst auf die Stärken,
Fähigkeiten und Liebenswürdigkeiten
von ihr/ihm und sprich diese auch an;
➜ Vermeide Vorwürfe, Anklagen oder herabsetzende Äußerungen – sprich aus,
dass du dir Sorgen machst und biete
Hilfestellung an (z.B. Literatur besorgen,
zu Beratungen begleiten, zuhören);
➜ Hol dir in Beratungsstellen selbst Unter-
stützung, Informationen und Literaturlisten;
➜ Die Essstörung ist nur ein Teil von der
Persönlichkeit deiner Freundin/deines
Freundes – es wirkt sich negativ aus,
wenn du nur mehr diesen einen Teil
siehst und besprichst;
➜ Nur wenn die oder der Betroffene selbst
gesund werden will, ist eine Therapie
sinnvoll. Viel Eigeninitiative ist notwendig, um aus einer Essstörung heraus zu
kommen;
➜ Pass gut auf dich selbst auf und überprüfe, ob du dich nicht ausgenutzt oder
überfordert fühlst;
➜ Überlege dir, wer sonst noch Ansprechperson für die Probleme deiner Freundin/deines Freundes sein kann (Vertrauenslehrer oder -lehrerin, Schularzt oder
Schulärztin, ältere Geschwister, Eltern ...);
➜ Ziehe diese Person auch ins Vertrauen,
wenn du dir große Sorgen machst und
allein nicht mehr weiter weißt;
JUGENDSERVICE – Wissen, was geht!
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Buchtipps,
Infos im Internet
Hilfe zur Selbsthilfe:
Umfassende Information und Hilfe zur
Selbsthilfe bieten viele Bücher an. Unter
folgenden Links findest du Bücherlisten: www.essstoerungshotline.at/literatur
www.bulimie.at/buecherliste.html
Bücher zur Selbsthilfe können ein erster
Schritt auf dem Weg sein, die Essstörung zu bekämpfen. Du bekommst Infos
und kannst über die Erfahrungen anderer lesen. Vielleicht hilft dir das auch
beim Schritt in eine psychologische Beratung oder Therapie. Im Kontakt mit
einem Therapeuten oder einer Therapeutin ist es möglich, kontinuierlich an
sich zu arbeiten und Schritte zur Veränderung zu setzen.
Gute Links zu Ernährung
und Gesundheit:
www.forum-ernaehrung.at
www.gesundheit.gv.at
www.aid.de
www.gesundheit.de/ernaehrung
22
nd erlaubt!
Alle Fragen si
rum, dass
Uns geht´s da
lichkeiten
du deine Mög
kennst!
Im Internet findest du Infos zum
Thema auf folgenden Seiten:
Jobsuche?
hilft
her JobCoach
Dein persönlic
e nach dem
dir bei der Such
ildungsplatz.
sb
Au
passenden
www.jugendservice.at/essstoerung
www.essstoerungen.ooe.gv.at
www.ess-stoerungen.at
www.netzwerk-essstoerungen.at
www.karwautz.at
www.bulimie.at
www.essstoerungshotline.at
Information, anonyme und
kostenlose Hilfe und Beratung
für Betroffene bieten auch
Essstörungshotlines an:
cht?
Nachhilfe gesu
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unserer Lernbö
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WORLD
REGIONAL
BERATUNG
Tel. 0800-201120 Mo - Do 12.00 - 17.00 E-Mail: [email protected]
Tel. 0512-576026 Mo - Do 13.00 - 18.00
E-Mail: [email protected]
WEGE AUS DER ESSSTÖRUNG – Zurück zum Genuss
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Essstörungen
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Zentrum Linz
4021 Linz | Bahnhofplatz 1
0732.665544 | [email protected]
Regionalstellen
Braunau 07722.22233 | Eferding 07272.75823
Freistadt 07942.72572 | Gmunden 07612.64455
Grieskirchen 07248.64464 | Kirchdorf 07582.60416
Perg 07262.58186 | Ried 07752.71515 | Rohrbach 07289.22444
Schärding 07712.35707 | Steyr 07252.54040
Vöcklabruck 07672.75700 | Wels 07242.211411
jugendservice.at
Diese Broschüre informiert über: BMI, Ursachen und Folgen von Essstörungen, Hilfsmöglichkeiten, und Umgang mit Betroffenen.
Wenn von Essstörungen gesprochen wird, darf der Blick auf einen gesunden Lebensstil nicht fehlen. Auch dazu gibt es in dieser Broschüre Denkanstöße und Tipps.
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