IK: Einkommen, Beschäftigung und Finanzmärkte (Wintersemester 2011/12) Wichtige makroökonomische Variablen 1 Überblick Aggregierter Output Agg. Output – hist. Abriss Berechnung des BIP; reales vs. nominales BIP, BIP vs. BNE, verkettetes BIP in Mengeneinheiten; Wachstum – Expansion/Rezession BIP als Vergleichs‐ und Wohlfahrtsmaß Inflation Definition und Messung mittels BIP‐Deflator und Verbraucherpreisindex Arbeitslosigkeit/Arbeitslosenquote Definition und Messung von Arbeitslosigkeit 2 Aggregierter Output – historischer Abriss Bis ins 20. Jhdt. keine ganzheitliche Messung der Wirtschaft möglich! Betrachtung einzelner Sektoren/Aktivitäten um Rückschlüsse zu erhalten Eisenlieferungen, Ausbau des Schienennetzes, Verkaufsentwicklungen,…. Simon Kuznets (1937): „National Income 1929‐35“ Maß welches die gesamte Produktion von Unternehmen, Privatpersonen und dem Staat wiedergibt ‐ Grundstein des BIP Weltbank/IWF 1944: BIP wird Standardmaß der Wirtschaftskraft Vereinte Nationen 1953: System of National Accounts (SNA) Einheitliche Norm zur Erstellung einer volkwirtschaftlichen Gesamtrechnung 3 Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Maß für den aggregierten Output (sämtliche Güter und Dienstleistungen) einer Volkswirtschaft innerhalb einer bestimmten Periode Æ auch: Gross Domestic Product (GDP) Berechnungsmöglichkeiten des BIPs: I.Wert der Endprodukte und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft (Verwendungsrechnung) II.Summe aller Wertschöpfungen (Entstehungsrechnung) III.Summe aller Einkommen in einer Volkswirtschaft (Verteilungsrechnung) Einkommen aus Arbeit (Löhne) + Einkommen aus Kapital (+ indirekte Steuern) 4 Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Beispiel: I. Verwendungsrechnung: Brot = einziges Endprodukt Æ BIP = 1.200 € II. Entstehungsrechnung: 300 + 300 + 600 = 1.200 € III. Summe der Einkommen: 100 200 +4 300 100 +4 300 14+4 24 3 + 200 14+4 24 3 = 1.200 € Löhne Einkommen aus Kapital 5 Bruttoinlands‐ vs. Bruttonationaleinkommen Bruttoinlandsprodukt: Wert der Güter‐ und Dienstleistungen, welche mit Faktoren im Inland produziert wurden! (Inlandskonzept) Bruttonationaleinkommen: Wert der Güter‐ und Dienstleistungen, welche mit Produktionsfaktoren produziert wurden, welche sich im Besitz von Inländern befinden! (Inländerkonzept) BIP + Saldo der Primäreinkommen mit dem Rest der Welt = BNE! Æ Saldo der Primäreinkommen: Einkommen von Inländern von Produktionsfaktoren im Ausland abzüglich Zahlungen von Inländern an ausländische Produktionsfaktoren 6 nominales vs. reales BIP nominales BIP (€Y) = aggregierter Output einer Volkswirtschaft zu aktuellen Preisen Produktion, aber auch Preise, der meisten Güter steigen üblicherweise Wachstum des nominalen BIP wird durch Preisanstiege verzerrt! Berechnung: €Yt = nti * pti n...Menge ; p...Preis ∑ i reales BIP (Y) = aggregierter Output einer Volkswirtschaft zu konstanten Preisen Wachstum des realen BIP gibt nur mehr Produktionssteigerungen wieder Berechnung: i Yt = ∑ nti * pBasis i 7 Wachstum des BIP Wachstum des realen BIP im Jahr t: yt = (Yt − Yt −1 ) Yt = −1 Yt −1 Yt −1 positives Wachstum = Expansion negatives Wachstum = Rezession Keine einheitliche Definition einer Rezession, i.d.R. aber mind 2 aufeinanderfolgende Quartale negativen Wachstums! nominales BIP = BIP zu aktuellen Preisen reales BIP = BIP in Mengeneinheiten; BIP in konstanten Preisen; inflationsbereinigtes BIP; 8 Wachstumsraten ausgewählter Eurostaaten 2000 ‐ 2011 Jährliche Wachstumsraten des verketteten BIP in Volumen (2011 geschätzt): 9 nominales vs. reales BIP Beispiel: Autoproduktion in einer Ein‐Gut Wirtschaft (Basisjahr: 2009) Jahr (t) Menge (n) Preis (p) nom. BIP (€Y) reales BIP (Y) 2008 10 20.000 € 200.000 € 220.000 € 2009 12 22.000 € 264.000 € 264.000 € 2010 14 25.000 € 350.000 € 308.000 € nominales und inflationsbereinigtes Wachstum: Jahr (t) nom. Wachstum reales Wachstum 2009 32% 20% 2010 32,6% 16,7% 10 Das reale BIP mittels Kettenindex‐Verfahren Volume‐chained GDP: Aggregierter Output einer Volkswirtschaft zu Durchschnittspreisen! ÆVerwendung „tatsächlicher“ Preise ÆWechsel des Basisjahres alle paar Jahre entfällt Konstruktion: 1.Wachstumsrate des realen BIPs von t auf t+1, jeweils einmal mit der Basis t und einmal mit der Basis t+1, berechnen 2. Durchschnitt dieser beiden realen Wachstumsraten berechnen 3.Erstellung eines Index für das Level des realen BIP (Index = 1 für das „Basisjahr“) durch „verkettung“ der durchschnittlichen Wachstumsraten 4.Das nominale BIP des Basisjahres wird mit den jeweiligen Indexwerten für die betrachteten Jahre multipliziert. Ergebnis: Verkettetes BIP in Mengeneinheiten! 11 Das reale BIP mittels Kettenindex‐Verfahren Beispiel: Volkswirtschaft mit drei Gütern: Gut A Gut B Gut C Menge Preis Menge Preis Menge Preis 2007 200 10 175 7 240 8 2008 210 11 180 9 244 9 2009 214 13 185 10 251 11 2010 223 15 193 12 255 13 Verkettetes BIP in Mengeneinheiten („Basis“: 2007): 2007 Average Growth Kettenindex verkettetes BIP ‐‐‐ 1 5145 2008 0,032320 1,03232033 5311,28812 2009 0,024813 1,05793485 5438,94879 2010 0,032577 1,09239885 5606,55574 12 Nominelles und reales BIP Österreich 1970 ‐ 2009 in Mio. EUR (Quelle: OECD): nominelles Wachstum 1970 – 2009: ca. 950 % reales Wachstum 1970 – 2009: ca. 260 % 13 Nominales und verkettetes BIP U.S. und Euro‐Raum 1995 ‐ 2010 Euroraum (in Mill. EUR): U.S. (in Mill. USD): Quelle: Eurostat 14 Das BIP als Vergleichsmaß BIP als absolute Größe wenig aussagekräftig! Æ Länder weisen unterschiedliche Währungen, Bevölkerungszahlen und Preisniveaus auf! Möglichkeiten das BIP unterschiedlicher Länder besser zu vergleichen: Æ Umrechnung in eine einheitliche Währung Æ In Relation zur Bevölkerung setzen (BIP pro Kopf) Æ Unterschiedliche Preisniveaus müssen ebenfalls berücksichtigt werden! Æ Ergebnis: BIP zu Kaufkraftparitäten 15 BIP nominal und kaufkraftbereinigt Quelle: Marrewijk van, Charles (2007): International Economics – Theory, 16 Application, and Policy, Oxford University Press. Das BIP als Wohlstandsmaß Das BIP gibt lediglich die Gesamtproduktion einer Volkswirtschaft wieder Æ auch hier: als absolute Größe somit wenig aussagekräftig! BIP/Kopf als Maß für durchschnittlichen Lebensstandard („Wohlfahrt“) problematisch Verteilung des Wohlstands wird nicht berücksichtigt… …ebenso soziale und politische Zustände (Kriminalitätsrate; Gesundheitssystem, Bildungssystem,…) Umweltschäden fließen nicht ins BIP ein… Subsistenzwirtschaft nicht erfasst (betrifft vor allem ärmere Länder) 17 Das BIP als Wohlstandsmaß Nicht alle Produktionsleistungen werden erfasst (Arbeit im Haushalt, Schwarzarbeit, Kindererziehung!…) Defensivkosten (etwa Reparaturen) sind ebenfalls enthalten (dienen zur Wiederherstellung des „alten“ Zustands, tragen jedoch nichts zur Wohlfahrt bei…) Simon Kuznets: „...the welfare of a nation can, therefore, scarcely be inferred from a measure of national income...” (1934, in "National Income, 1929‐1932“ , p. 7) 18 Alternativen zum BIP? …” it measures everything, in short, except that which makes life worthwhile.” (Robert F. Kennedy zum BIP, 1968) Alternativen zum BIP? (Auswahl): Green GDP or Green National Accounting (Volksrepublik China) Æ Versuch Umweltschäden aus dem BIP rauszurechnen Human Development Index (HDI) Æ Entwicklung an Bildung, Lebenserwartung und BIP/Kopf (PPP) gemessen Probleme: Kriterien?, Gewichtung?, Messbarkeit? 19 Inflation Inflation: anhaltender Anstieg des Preisniveaus! Deflation: ein anhaltendes Sinken des Preisniveaus! Rate mit der das Preisniveau steigt = Inflationsrate (πt) Zwei Möglichkeiten das Preisniveau zu berechnen: Æ BIP – Deflator Æ Verbraucherpreisindizes 20 Inflation: BIP–Deflator Berechnung der Preisniveaus mittels BIP‐Deflator: BIP – Deflator: Pt = nominales BIPt €Y * 100 = t *100 reales BIPt Yt Intuition: steigt das nominale BIP stärker als das reale BIP liegt dies an der Preissteigerung Der BIP‐Deflator ist ein Index, daher nur dessen Änderungen sinnvoll interpretierbar Pt −1 Inflationsrate (πt) mittels BIP Deflator: π t = Pt −1 21 Inflation: Verbraucherpreisindex (VPI) Ein VPI berechnet die Inflation anhand eines Bündels repräsentativer Konsumgüter! Der VPI gibt die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten wieder (Der BIP‐ Deflator berücksichtigt die gesamte Produktion einer Ökonomie) Consumer Price Index in den USA (seit 1917) EU: Harmonisierter Verbraucherpreisindex (Grundlage der Geldpolitik der EZB und zur Überprüfung der Maastricht‐Kriterien) Anpassung des Warenkorbs üblicherweise alle 5 Jahre Im Basisjahr wird der VPI auf 100 gesetzt, die Inflationsrate ergibt sich aus den Wachstumsraten des VPI 22 Gängige Verbraucherpreisindizes n Paasche – Index: Pt = i i p q * ∑ t t i =1 n ∑p i =1 *100 i 0 i t *q pti ...Preis des Guts i zum Zeitpunkt t p0i ...Preis des Guts i zur Basisperiode qti ...Menge des Guts i zum Zeitpunkt t q0i ...Menge des Guts i zur Basisperiode n Pt = Laspeyres – Index: i i p q * ∑ t 0 i =1 n i i p q * ∑ 0 0 * 100 i =1 23 Inflationsrate Österreich 1995 – 2010 Quelle: OENB 24 Arbeitslosigkeit Arbeitskräftepotential: Summe von Beschäftigten und Arbeitslosen Arbeitskräftepotential (L) = Beschäftigte (N) + Arbeitslose (U) Labor Force (L) = Employment (N) + Unemployment (U) Die Arbeitslosenquote (u) ergibt sich aus: U u= L Wann zählt eine Person als arbeitslos? Æ Personen ohne Beschäftigung , die aber einen Arbeitsplatz aktiv suchen! 25 Arbeitslosigkeit Definition von Arbeitslosigkeit: Österreich: Beim AMS registrierte Personen Selbstständige sind nicht im Arbeitskräftepotential L! EU: Labour Force Survey (basierend auf dem Mikrozensus) Auch Selbstständige Teil des Arbeitskräftepotentials Nur Personen, welche angeben Arbeit zu suchen, gelten als arbeitslos USA: Current Population Survey Personen, die nicht aktiv nach Arbeit suchen („Discouraged Workers“) sind nicht mehr im „Arbeitskräftepotential“ enthalten! 26 Arbeitslosigkeit in Österreich 1995 ‐ 2009 Quelle: OENB; Eurostat 27