Sabine Hurni über . . . . . . den Neubeginn im Frühling Fasten –­ für einige ein lieb gewonnenes Ritual, für andere eine abschreckende Vorstellung. Auch wer nicht aufs Essen verzichten möchte, könnte jetzt die Gunst der Stunde nutzen, um dem Körper Gutes zu tun und neue Energie zu schöpfen. Von Fasnacht bis Ostern, oder genauer gesagt von Aschermittwoch bis Ostersonntag dauert die vierzigtägige Fastenzeit in der christlichen Tradition. Eine Zeit des Innehaltens. Auf den Frühling warten. Freitags kein Fleisch essen. Eine Fastenkur machen. Bewusst setzt sich heute allerdings nur ein verschwindend kleiner Teil der Gesellschaft mit dieser Tradition auseinander. Eigentlich schade, denn man muss weder religiös noch spirituell ausgerichtet sein, um sich im angehenden Frühling dem Thema Fasten zu widmen. Aus naturheilkundlicher Sicht hat das Fasten in erster Linie mit Loslassen und Entgiften zu tun. Die Fastenzeit verbindet den Winter mit dem Frühling. Die Natur wechselt von der Winterstarre in den Aufbruch und auch der Mensch verlässt das Sofa und greift zu den Turnschuhen. Im Frühling tut es unwahrscheinlich gut, den Estrich zu räumen, den Kleiderschrank zu entrümpeln oder Staubfänger aus dem Wohnzimmer zu verbannen. Weg mit alten Zöpfen und Platz für Neues schaffen. 48 Der allmorgendliche Zwischenstopp beim Beck, die kleine Süssigkeit als Motivationsspritze, das Glas Wein am Abend aus schöner Gewohnheit; alles Dinge, die wir täglich tun, weil wir es schon seit ewig so machen. Es gibt keine bessere Zeit, alte Muster aufzugeben, als in den Wochen zwischen Aschermittwoch und Ostern. Die Energie des Aufbruchs wirkt unterstützend für Experimente aller Art. Nehmen Sie doch einmal einen neuen Weg, wenn Sie einkaufen gehen, oder ersetzen Sie den Teller Pasta am Abend mit einer Suppe. Fasten Sie einen Tag pro Woche. Lassen Sie Zwischenmahlzeiten weg. Verzichten Sie ein paar Wochen auf Alkohol. Essen Sie vermehrt ­vegetarisch. Auch solche Veränderungen sind eine Form des Fastens. Viele Leute denken beim Fasten immer ans Nichtessen. Doch der Schritt vom Essen zum Nichtessen überfordert viele. Zu gross ist der Spagat und zu schlecht ist die Disziplin, wenn rund um uns herum eine Fülle von Lebensmitteln ist, die Familie nach einer vollen Mahlzeit verlangt und bereits abgemachte Verabredungen zum ­Essen das Nichtessen verunmöglichen. Essen ist so stark Foto: Alex Spichale natürlich 03 | 2016 Gesundheit Fasten in unserem Alltag verankert, dass es schwierig ist, sich diesem Gesellschaftsritual zu entziehen. Das Essen ist das verbindende Element eines Familien- und Berufsalltags. Beim Essen wird gelacht, geschwiegen, über Wichtiges und Unwichtiges gesprochen. Begegnungen finden statt, man sitzt gemeinsam am Tisch. Menschen, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, jedes Jahr einige Tage am Stück mit Säften, Heilpflanzen oder Molke zu fasten, möchten dieses Ritual nicht mehr missen: Es verleiht neue Energie. Andere wissen, dass dies nichts für sie ist. Beides ist richtig. Doch auch jemand, der nichts von einer Fastenwoche wissen will, kann fasten. Das verbindende Element zwischen dem Essen und dem Nichtessen bleibt letztendlich das Essen. Aber vielleicht ist es ein bewussteres, achtsameres Essen, das Gewohnheiten durchbrechen kann und uns aus überholten Ernährungsmustern herausreisst. Es ist noch nicht zu spät, sich der Fastenzeit zuzuwenden. Zum Beispiel könnten Lebensmittel auf den Tisch kommen, die eine direkte Verbindung zur Natur haben. Dazu zählen Wildkräuter, saisonales Gemüse und Früchte, ganze Getreidekörner, Bohnen, Linsen. Jedes dieser Lebensmittel bringt einen Samen hervor, der in der Erde wieder keimen kann: Eine neue Pflanze mit neuen Früchten wächst. Im Ayurveda gelten diese Lebensmittel als besonders wertvoll. Sie sind voller Energie und Kraft. Und genau das braucht der Körper im Frühling. Verarbeitete Lebensmittel wie Milchprodukte, Fertigprodukte, Teigwaren und Backwaren sind so verändert, dass sie nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Lebensmittel gemein haben. Sie machen den Körper im Frühling eher schwer. Die Frühlingsmüdigkeit zum Beispiel ist mitunter eine Reaktion auf zu schweres Essen. Die Verdauungsorgane sind mit der Fülle an Lebensmitteln oft überfordert. Der Körper kommt mit Überfüllung schlecht zurecht. Der Verzicht auf tierische Eiweisse, jeden Tag viel Gemüse, ab 16 Uhr keine Rohkost mehr und jeden Bissen sehr gut kauen, fördert die Gesundheit nachhaltig. Besonders bekömmlich sind jetzt herbe Gemüsesorten wie Kohlarten und Spinat, Wildkräuter und bittere Salate SABINE HURNI ist dipl. Drogistin HF und Naturheil­praktikerin, betreibt eine eigene Gesundheitspraxis, schreibt als freie Autorin für «natürlich», gibt Ayurveda-Kochkurse und setzt sich kritisch mit Alltagsthemen, Schulmedizin, Pharma­industrie und FunktionalFood auseinander. natürlich 03 | 2016 Foto: istockphoto.com Machen Sie einen Suppentag: Brennnesseln sind im Frühling besonders bekömmlich. und Pflanzentinkturen. Dazu gehören Löwenzahn, Brennnessel, Bärlauch, Tinkturen aus Artischocken oder Birkenblätter. Der herbe und bittere Geschmack dieser Heil- und Lebensmittel kurbeln den Stoffwechsel an und aktivieren die Verdauungssäfte. So können unverdaute Nahrungsresten oder Stoffwechselendprodukte über den Darm und die Nieren aus dem Körper ausgeschieden werden. Es ist besser, im Kleinen zu fasten, als vor lauter Überforderung in alten Gewohnheiten zu verharren. ◆ Rezept für die Gemüse-Fastensuppe nach Hildegard von Bingen Warum nicht ein Mal pro Woche das Zmittag und das Znacht durch eine Basensuppe ersetzen? Es gibt viele Rezepte für basische Gemüsesuppen. Eines davon stammt von Hildegard von Bingen. Die nahrhafte Suppe regt die Ausscheidungs- und Verdauungsorgane an und macht trotzdem satt. Pro Person und Mahlzeit: Eine Tasse Dinkelkörner in drei Tassen Wasser mit fein gewürfelten Karotten, Fenchelgemüse, Sellerie, Bohnen und Kräutern kochen. Nach 30 Minuten abseihen und mit Galgant und Gartenthymian würzen. Galgant regt sämtliche Verdauungsvorgänge an, ist im Reformhaus erhältlich und gehört zu den Ingwergewächsen. 49 Beratung Juckender Haarboden Meine Kopfhaut juckt enorm, ich habe aber keine Schuppen. Ich habe viele Shampoos ausprobiert, Olivenölpackungen über Nacht – nichts hilft. Auch direkt nach dem Waschen ist der Juckreiz nicht weg. Ich spüle sehr gründlich und verwende natürliche Produkte. Hätten Sie eine Anregung? G. N., Hombrechtikon Ungesunde Laugenbrötchen? Sind Laugenbrötchen ungesund? Woraus besteht der Belag auf Bretzeln und Laugenbroten? Ist er für ein Kind schädigend? R. M., Zürich Laugenbrötli können Sie ohne Bedenken essen. Auch Ihre Kinder. Die Natronlauge, welche für die Lebensmittelindustrie verwendet wird, hat höchstens eine Konzentration von vier Prozent. Zudem wird die Lauge während des Backvorgangs neutralisiert. Natronlauge wird auch für die Herstellung von Kernseife verwendet. Dazu wird Fett, zum Beispiel Kokosfett, erhitzt, die Natronlauge eingerührt und schon bildet sich die Seife. Verwendet man für die Verseifung des Fetts Kalilauge statt Natronlauge, erhält man eine flüssige bis halbfeste Schmierseife. Kernseife braucht man zur Fleckenentfernung und zum Verfilzen von Stoffen, Schmierseife dient als vielfältiges Reinigungsmittel im Haushalt. 50 Der juckende Haarboden ist oft ein Durchblutungs- und Trockenheitsproblem. Zum Teil können aber auch Irritationen den Juckreiz auslösen. Zum Beispiel Reaktionen auf Haarfärbemittel, Silikonverbindungen oder Duftstoffe in Shampoos oder Pflegeprodukten. Wenn Sie auf all diese Zusatzstoffe verzichten möchten, müssten Sie die Haare mit einem silikonfreien Shampoo, zum Beispiel von Farfalla, oder mit Lavaerde waschen. Lavaerde ist ein sehr feines Gesteinspulver, das man sich zu einem Brei anrühren kann. Sie erhalten die Lavaerde in Reformhäusern oder Drogerien. Als wichtigste Massnahme finde ich die Anwendung von Öl vor der Haarwäsche. Massieren Sie vor der Haarwäsche den Kopfboden mit Oliven- oder Sesamöl ein. Am einfachsten ist es, wenn Sie das Öl mit den Fingerspitzen direkt auf den Haarboden auftragen, sonst wird das Haar viel zu ölig. Das Öl schützt den Haarboden vor einem zu starken Entfetten durch das Shampoo. Wenn Sie möchten, können Sie das Öl auch ab und zu mit etwas Salz mischen und vor der Haarwäsche die Kopfhaut sanft damit abrubbeln. Das fördert die Durchblutung. Für die tägliche Pflege können sie das Öl mit einem feuchten Wattestäbchen direkt auf den Haarboden auftragen. Wichtig ist auch, dass Sie die Haare nicht zu oft waschen, damit die Kopfhaut genügend Fett produzieren kann. Nur so kann sich die Kopfhaut regenerieren. Wenn Sie trockenes Haar haben, sollte eigentlich eine Haarwäsche pro Woche ausreichen. Auch die Schüssler-Salze Nr. 11 und Nr. 3 helfen bei HaarbodenProblemen. Die Mineralsalze beruhigen die Kopfhaut und regulieren Verhornungsstörungen. Sie können die Schüssler Salze entweder in Wasser lösen und als Spülung verwenden und / oder drei Mal täglich zwei Tabletten einnehmen. Zu viel Cholesterin Ich, 74, lebe sehr gesund und habe viel Bewegung. Nun war bei der letzten Kontrolle mein Cholesterinwert zu hoch. Mein Hausarzt möchte mir Medikamente geben. Gibt es Alternativen? H. M., Wangen Cholesterin wird in gewissen Mengen vom Körper selber gebildet. Deshalb hat die Ernährung nur bedingt einen Einfluss auf den Cholesterinspiegel. Bevor Sie zu den chemischen Medikamenten greifen, sollten Sie eine Kur machen mit Artischockentinktur. Die Artischocke ist eine der besten cholesterinsenkenden Pflanzen. Essen Sie zudem jeden Tag eine Handvoll Walnüsse. Diese enthalten Omega3-Fettsäuren, welche das Cholesterin einkapseln und so ausscheiden. Omega-3-Fettsäuren gibt es zudem in Form von Leinöl- oder Fischölkapseln im Fachhandel. Rohe Karotten, Äpfel, frischer Ingwer (als Tee oder zum Kochen) wie auch Knoblauch sind sehr gute Cholesterinsenker und sollten jeden Tag in irgendeiner Form gegessen werden. Da Ihr Cholesterinspiegel in den letzten Jahren immer konstant war, sehe ich keinen Grund für eine Medikamenteneinnahme. Dazu kommt: Die Werte können stark schwanken. Offenbar ist der Choleste- Fotos: istockphoto.com | fotolia.com natürlich 03 | 2016 Beratung Sabine Hurni d Gesun rinspiegel im Winter höher als im Sommer. Vielleicht, weil der Körper im Winter mehr Fett braucht, um der Kälte zu trotzen. Lassen Sie Ihre Cholesterinwerte doch im Sommer nochmals messen. Waschen mit Kristallsoda Ist Waschsoda und Kristallsoda dasselbe? Ich möchte mein Waschmittel selber herstellen, um weniger Abfall zu produzieren. M. M., Mörschwil Ja, Kristallsoda und Waschsoda ist dasselbe. Beides ist reines Natriumcarbonat. Weil Soda eigentlich einen sehr breiten Einsatzbereich hat, ist der Produktename Kristallsoda neutraler als Waschsoda. Für die Herstellung eines Waschmittels nimmt man vier Esslöffel Kristallsoda, 30 Gramm Kernseife, einige Tropfen ätherisches Öl, zwei Liter Wasser und Flaschen für die Aufbewahrung. Die Kernseife wird mit der Küchenreibe geraffelt und zusammen mit dem Soda in sieben Deziliter kochendem Wasser aufgelöst. Dazu eignen sich ein hoher Topf und ein Schwingbesen. Dann lässt man das Ganze eine Stunde stehen, giesst weitere sieben Deziliter Wasser dazu, nochmals aufkochen und einige Tropfen ätherisches Öl beigeben. Nach sechs bis 24 Stunden wird die Mischung zähflüssig. Man gibt die restlichen sechs Deziliter kochendes Wasser dazu, verrührt das Ganze und füllt es dann in die vorbereiteten Flaschen. Dieses Waschmittel eignet sich für alle Gewebe ausser Wolle und Seide. Kinderwunsch Wir wünschen uns ein zweites Kind, aber es klappt leider nicht. Eine Kinesiologin riet uns, den Sex zu geniessen. Seit der Geburt habe ich wegen Narben weniger Gefühl in der Scheide. Es gelingt mir nicht so recht, den Sex zu geniessen. Was könnte ich tun? heits- Ti p p März S. E., Luzern Den Rat der Kinesiologin, Nähe und Zärtlichkeit zu geniessen, anstatt unter Druck ein Kind zu zeugen, kann ich nur unterstreichen. Aber das ist leicht gesagt, wenn der Wunsch stark ist. Um die Narbe zu entstören und die Nerven in der Scheide wieder anzuregen, können Sie die Scheide und das Schambein jeden Abend mit Johanniskrautöl massieren. Johanniskraut ist ein wirksames Öl, um Nervenbahnen wieder anzuregen. Um die Durchblutung des Beckens und der Unterleibsorgane anzuregen, könnten Sie ein bis zwei Mal die Woche ein Sitzbad nehmen. Als Badezusatz eignen sich Melissen-, Thymian- oder Johanniskrauttee. Besonders wichtig für die Fortpflanzungsorgane sind Vitamin E, Zink und Vitamin C. Vitamin E ist zum Beispiel im Mandelmus, Mandeln, in Weizenkeimen und in Blattgemüse gut vertreten. Zink in den Sonnenblumenkernen und Vitamin C in grünem Blattgemüse wie Petersilie oder Broccoli. Lassen Sie sich in der Drogerie eine Spagyrikmischung zusammenstellen mit Cheledonium (Schöllkraut), Carduus Marianum (Mariendistel) und Agnus Castus (Mönchspfeffer) zu gleichen Teilen. Diese Mischung regt die Hormonproduktion an und sollte den Eisprung fördern. ◆ Haben Sie Fragen? Sabine Hurni, Drogistin, Naturheilpraktikerin und Ayurveda-Expertin, beantwortet Ihre Fragen zu Gesundheits- und Ernährungs­ themen persönlich und ganzheitlich. [email protected] oder «natürlich», Leserberatung, Neumattstr. 1, 5001 Aarau. www.natuerlich-online.ch Haarausfall Im Frühling und im Herbst fallen mehr Haare aus als im Sommer oder im Winter. Auch beim Menschen findet eine Art Wechsel vom Winter- zum Sommerpelz statt. Hirse stärkt das Haar. So hilft Hirse: Hirse ist ein glutenfreies Getreide sowie ein guter Lieferant für Eisen, Magnesium und Silizium (Kieselsäure). Diese Mineralstoffe sind essenziell für die Gesundheit der Haare, Nägel und des Bindegewebes. Hirse ist deshalb ein ideales Frühlingsgetreide, das wertvolle Nährstoffe in den Körper bringt, ohne ihn zu belasten. Wie anwenden: Die Hirse vor dem Kochen mit kaltem Wasser waschen, mit der dreifachen Menge Wasser aufkochen und anschliessend quellen lassen. Erst salzen, wenn die Hirse gar ist. Hirse schmeckt zu Gemüse, als salziger Auflauf oder als Getreidebratling. Gekocht in Milch kann man aus Hirse einen Frühstücksbrei oder einen süssen Auflauf zubereiten. Weitere Tipps • Silizium und Eisen sind auch in der Brennnessel enthalten. Bereits zwei Tassen Brennnesseltee täglich stärken das Haar. • Das Haar bürstet man am besten mit Naturhaarbürsten von hinten nach vorne. So wird die Kopfhaut optimal durchblutet. • Kopfmassagen mit Sesamöl befeuchten die Kopfhaut und pflegen die Haarwurzel. • Kieselerde oder Heilerde liefern dem Haar wertvolle Nährstoffe. 51