Die Methode Planspiel Planung, Durchführung, Potenziale 4. Zwischenahner Gespräche: Die Eurokrise als Planspiel Christian Tischner, Lektor für Politikdidaktik an der Universität Bremen „Freiheit entsteht erst dort, wo mehrere Selbstständige im öffentlichen Raum um etwas ringen. Souverän sind sie dann gerade nicht, denn sie stehen dabei immer in Bezug zu anderen.“ Hannah Arendt (1906-1975) 17.06.2013 Das Handwerkszeug der Politikdidaktik (Auswahl) Institutionenkundlicher Ansatz Historischer Ansatz Symbolischer Ansatz Zugänge zur Politik Europabezogener Ansatz Personenbezogener Ansatz Wertorientierter Ansatz 17.06.2013 Das „große“ Handwerkszeug der Politischen Bildung (Auswahl) Lehrgang Fallanalyse Projekt Methoden Konfliktanalyse Planspiel Zukunftswerkstatt 17.06.2013 Das „kleine“ Handwerkszeug der Politischen Bildung (Auswahl) Lehrgang Befragungen Expertenbefragung Referate Textverstehen Verfahren (Mikromethoden) Exkursionen Karikaturanalyse Rollenspiele TalkShow 17.06.2013 17.06.2013 Teil 3 2. Planspiele in der politischen Bildungsarbeit 17.06.2013 Was sind Planspiele? Das Planspiel ist „ein Spielmodell, in dem Entscheidungsprozesse simuliert werden.“ (F.-J. Kaiser 1973, S. 76). Planspiele sind „Simulationen“ auf, wo „ein(e) vorgegebene(r) Lage/Fall auf eine Lösung hin (über mehrere Stunden / Tage) anhand komplexer (dennoch meist reduzierter) (Original)Materialien durchgespielt wird. So entsteht ein vereinfachtes Modell von Wirklichkeit, dessen pädagogischer Sinn für die Spieler/innen in der erfahrbaren Transparenz von Entscheidungsprozessen und -strukturen liegt.“ (W. Mickel 1996, S. 52). „Planspiele sind komplex gemachte Rollenspiele mit klaren Interessengegensätzen und hohem Entscheidungsdruck.“ (H. Meyer 1987, S. 366). Planspiel ≠ Rollenspiel !!! 17.06.2013 Wo liegen die Ursprünge des Planspiels? Militär 3000 v. Chr. für militärische Zwecke eingesetzt 1811 simulierte von Reisewitz das Kriegsspiel nicht mehr auf Karten, sondern in einem Sandkasten, der das Gelände des Kriegsschauplatzes abbildete Wirtschaft und Politik im 20. Jahrhundert besonders im Bereich der Wirtschaft genutzt Mitte der 70er Jahre Verbreitung in den Sozialwissenschaften, besonders der Politikwissenschaft Pädagogik seit 1950 englischsprachige Schulpädagogen entwickeln „Simulationsspiele“ für verschiedene Unterrichtsfächer In Deutschland hat die Planspielmethode bis heute so gut wie keine Tradition im schulischen/universitären Alltag! – Lediglich die politische Bildung versucht seit einigen Jahren verstärkt diese Methode in den schulischen Raum hinein zu transportieren. 17.06.2013 … Einsatz in der Bildungspraxis? Ursachen für geringen Einsatz (empirische Ergebnisse): mangelnde Erfahrung der Lehrerinnen und Lehrer, Dozentinnen und Dozenten mangelnde konzeptionelle Angebote Zeitaufwand (für Entwicklung UND Durchführung) 17.06.2013 Was wollen Planspiele erreichen? Zentrales Anliegen: Zentraler Gegenstand: die Entscheidung über den Konflikt, durch das Hineinversetzen in die Rollen der am Konflikt beteiligten Akteure Wie? Interaktion und Kommunikation in den Gruppen: in Gruppen werden zunächst Strategie / Standpunkt gesucht im Plenum wird eine Entscheidung getroffen (ergänzt/aufgehoben/revidiert) politischer Entscheidungsprozess, der aus einem tatsächlichen bzw. fiktiven vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftig möglichen Konflikt besteht 17.06.2013 Was wollen Planspiele leisten? weitere Ziele: Analysieren von Problemen, Abwägen von Alternativen, Entwickeln von Strategien und Taktiken, Entscheidungsreflexion Planspiele eignen sich also besonders dort, „wo politische Prozesse deutlich gemacht, wo Abhängigkeiten einzelner Gruppen von vorgegebenen Strukturen und Systemen veranschaulicht und Interessenlagen, Machtstrukturen und Entscheidungszwänge verdeutlicht werden sollen“. (Massing 2004) 17.06.2013 Was kennzeichnet Planspiele? Repräsentation Realität wird konstruiert, d. h. ein wirklichkeitsbezogenes Modell einer Situation präsentiert Ziele fokussieren Ebene des politischen Lernens (Rollenspiele: Ebene des sozialen Lernens) Rollenhandeln im Planspiel übernehmen ALLE Beteiligten, Rollen der gesellschaftlichen bzw. politischen Realität, Rollenverhalten im Planspiel weitgehend vorgegeben, politische Prozesse stehen im Mittelpunkt, ABER das soziale Lernen findet z. B. durch die Interaktionen in und unter den Gruppen statt Auswertung und Reflexion unverzichtbar Reduktion Es werden „die komplexen politischgesellschaftlichen Relevanzbezüge, die Hintergründe, die Rahmen und Gegenstand des Planspiels sind, auf einzelne typische Daten, Strukturen, Bedingungen, Intensionen und Handlungsabläufe reduziert“. (Massing 1998) ein vereinfachtes Modell der Realität komplexe politische bzw. gesellschaftliche Wirklichkeit überschaubar repräsentiert erleichtert Verstehens- und Lernprozess weitere Merkmale: Freiheit, fiktive Betätigung, Spannung des Spiels, Motivation, Spontaneität, Phantasie, selbstständige Urteilsbildung, Spielregeln, aber auch das große Zeitbudget 17.06.2013 Wie entwickle ich ein Planspiel? oder Wie läuft es ab? Phasen: Vorbereitungsphase Konfrontation und Problematisierung Spieleinführung Informationsphase Rollenübernahme Spielphase Meinungs- und Willensbildungsphase(n) Interaktionsphase(n) Konferenzphase Reflexionsphase Distanzierung „Wie habe ich mich gefühlt?“ Theoretisierung „Welche politischen Kenntnisse, Erkenntnisse und Einsichten wurden gewonnen?“ Generalisierung „Wofür steht der Konflikt exemplarisch?“ Materialien: Fallmaterial Rollenkarten Arbeitskarten Informationsmaterial Hilfs- und Orginalmaterial (nach: Massing 2004 & Tischner 2009) 17.06.2013 Literaturauswahl Massing, Peter (Hrsg).: Handlungsorientierter Politikunterricht, Schwalbach/Ts., 1998. Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden II: Praxisband, Frankfurt/M. 1987. Ungerer, Lothar A.: Planspiel, in: Mickel, Wolfgang W. (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung, Bonn 1999, S. 361ff. Massing, Peter: Planspiele und Entscheidungsspiele, in: Bundeszentrale für politische Bildung: Methodentraining für den Politikunterricht, Bonn 2004, S. 163ff. 17.06.2013 Theoretisierung Planspiel REFLEXIONSPHASE Entscheidungswege und –träger in der Kommunalpolitik 17.06.2013 Was sind die Stärken von Planspielen? … ?? Selbsttätigkeit erhöht Lernerfolg Einsichten in Strukturen, Prozesse und Inhalte der Politik Abbau von Politikdistanz und –überforderung hohe Lernmotivation (extrinische und intrinsiche Motivation) Förderung von (politischen) Schlüsselqualifikationen (Konflikte austragen, Interessen erkennen, Probleme definieren, Ziele formulieren, Entscheidungen treffen, Verhandeln, Diskutieren, Analysieren, Recherchieren etc.) 17.06.2013 Was sind die Gefahren von Planspielen? … ?? unreflektierte Übertragung auf Wirklichkeit Anwendung und Verstärkung von Vorurteilen unkritisches Dominanz- und Machtverhalten überkomplexe Zusammenhänge 17.06.2013