V 15: Photoelektrischer Effekt 1 Vorbereitung und Eingangskolloqium Bereiten Sie folgende Themen, die die theoretischen Grundlagen zum Verständnis des photoelektrischen Effekts darstellen, vor: Schwarzkörperstrahlung, Einführung in die Quantenmechanik, Grundlagen zum photoelektrischen Effekt. Die Kolloquiumsfragen werden ähnlich zu den folgenden Fragen sein, bereiten Sie sich entsprechend vor: • Was versteht man unter einem schwarzen Körper? • Beschreiben Sie in wenigen Worten den photoelektrischen Effekt • Warum kann die klassische Lichttheorie die Ergebnisse der Experimente von Hallwachs nicht erklären? • Wie erklärte Einstein die experimentellen Ergebnisse? • Weshalb ist dieser Versuch richtungsweisend für die Entwicklung der Quantenmechanik? • Was versteht man unter dem Welle-Teilchen-Dualismus? • Was bezeichnet man als Austrittsarbeit? • Erklären Sie den experimentellen Aufbau zur Untersuchung des Photoeffekts. • Erklären Sie den Verlauf der U-I-Kennlinie (Abb. 3). Warum stellt sich bei einer positiven Spannung schließlich ein konstanter Strom ein? • Was bezeichnet man als Kondensatormethode, worin liegt der Unterschied zur Gegenfeldmethode? Welche Vor- und Nachteile ergeben sich daraus? • Mit Hilfe welcher Gleichung können Sie aus den Grenzspannungen für verschiedene Wellenlängen das Plancksche Wirkungsquantum und die Austrittsarbeit der PbS-Kathode bestimmen, wie gehen Sie vor? • Warum erlaubt eine solche Methode nur eine Abschätzung und keine exakte Bestimmung der Austrittsarbeit einer PbS-Oberfläche? Was bedeutet das für die Genauigkeit bei der Bestimmung des Planckschen Wirkungsquantums? • Was bezeichnet man als Ultraviolett-Katastrophe? • Was sagt der Gleichverteilungssatz aus? 2 Ziel des Versuchs Der Versuch zum photoelektrischen Effekt ist ein Schlüsselexperiment der Quantentheorie, für dessen Erklärung A. Einstein 1921 den Nobelpreis für Physik erhielt [1]. Licht wird dabei nicht als Welle, sondern als Menge an Energiequanten betrachtet. Mit Hilfe des Photoeffekts sollen in diesem Versuch das Plancksche Wirkungsquantum, sowie die Austrittsarbeit einer PbS-Photokathode nach der Kondensatormethode bestimmt werden. 1 3 Theorie Urspünge der Quantentheorie Die drei Newtonschen Axiome bilden die Grundlage für die klassische Mechanik. Für die Betrachtung bewegter Systeme, insbesondere mit hohen Relativgeschwindigkeiten, muss jedoch eine Korrektur erfolgen. Grundlage hierfür ist die Relativitätstheorie, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Einstein entwickelt wurde. Ohne die Relativitätstheorie wären viel Anwendungen, wie z. B. GPS (Global Positioning System) gar nicht möglich [2]. Um die Jahrhundertwende zeigte sich außerdem, dass beim Übergang von makroskopischen auf mikroskopische Systeme die klassischen Gesetze der Physik ihre Gültigkeit verlieren. Eine Beschreibung von Phänomenen in Atomen und ihren Kernen, wird erst durch das Einführen der Quantentheorie möglich. Dies hatte eine Neuordnung der bis dahin gültigen Vorstellungen zur Folge. Zur Erklärung der Spektralverteilung der Strahlung eines schwarzen Körpers, führte Planck die Quantisierung der Strahlungsenergie ein. Die Annahme, dass Strahlung nicht kontinuierlich, sondern in Form von kleinen Paketen, den Quanten, absorbiert und emittiert wird, wurde von Planck als Rechenhilfe angenommen. Einstein erkannte in der Quantisierung der Energie bei der Deutung des Photoeffekts eine generelle Eigenschaft von Strahlung. Schwarzkörperstrahlung Die Eigenschaften der Hohlraumstrahlung hängen nur von der Temperatur ab. Bei Temperaturen unterhalb von etwa 600 ◦ C liegt der Hauptteil der Strahlung im infraroten Spektralbereich. Bei höheren Temperaturen steigt die abgestrahlte Energie und das Emissionsmaximum verschiebt sich gemäß dem Stefan-Boltzmann-Gesetz hin zu kleineren Wellenlängen: P = e · σ · A · T 4 . Dabei bezeichnet P die abgestrahlte Leistung, A die Oberfläche, e den Emissionsgrad und σ die Stefan-Boltzmann-Konstante. Das Emissionsmaximum kann durch das Wiensche Verschiebungsgesetz bestimmt werden. Im Rahmen der klassischen Thermodynamik lässt sich die Spetralverteilungsfunktion durch das Rayleigh-Jeans-Gesetz berechnen: 8πk B T P(λ, T ) = (1) λ4 Für große Wellenlängen zeigt sich eine gute Übereinstimmung des Gesetzes mit der experimentell bestimmten Spektralverteilung. Für kleine Wellenlängen hingegen, geht die Verteilungsfunktion gegen unendlich, vgl. Abbildung 1. Abbildung 1: Spektralverteilungsfunktion der Hohlraumstrahlung nach Rayleigh-Jeans und nach Planck [3]. Das Phänomen, dass nach der klassischen Thermodynamik schwarze Strahler unendlich viel Energie emittieren würden, bezeichnet man als Ultraviolettkatastrophe. Abhilfe schaffte Planck, der mit Hilfe des mathematischen Konstrukts der Energiequantisierung die Verteilungsfunktion so modifizierte, dass sie mit den experimentellen Ergebnissen übereinstimmte. Die Spektralverteilungsfunktion nach Planck [4]: ! 8πhc 1 (2) P(λ, T ) = hc λ5 e k B λT − 1 2 Versuch von Hallwachs Eine negativ geladene Zinkplatte verliert ihre Ladung, wenn sie mit ultraviolettem Licht bestrahlt wird. Diese Erscheinung wird als (äußerer) photoelektrischer Effekt bezeichnet. Genauere Untersuchungen durch W. Hallwachs Ende des 19. Jahrhunderts ergaben, dass der Photoeffekt auch bei anderen Materialien auftritt. Voraussetzung ist dabei die Verwendung von hinreichend kurzwelligem Licht. So gibt es zu jedem Metall eine bestimmte Grenzwellenlänge, ab der man den Photoeffekt beobachten kann. Eine interessante Beobachtung dabei war die Tatsache, dass die Intensität des auslösenden Lichts keinen Einfluss auf die Energie, sondern nur auf die Anzahl der austretenden Elektronen hatte. Das stand im Gegensatz zur klassischen elektromagnetischen Lichttheorie. Danach sollte gelten, dass je mehr Strahlungsleistung auf die Fläche fällt, die einem Elektron zugeordnet ist, desto mehr Energie das Elektron auf sich versammeln kann. Folglich müssten bei allen Lichtfrequenzen Elektronen emittiert werden, wenn die Lichtintensität ausreichend groß ist und die kinetische Energie der Elektronen müsste mit zunehmender Lichtintensität ansteigen. Deutung von Einstein Die Erklärung lieferte schließlich A. Einstein im Jahre 1905: Das elektromagnetische Feld ist gequantelt in Photonen, d. h. in Energiepakete, deren Energie proportional zu ihrer Frequenz ist: E = h · ν. Diese Gleichung stellt eine Abkehr von der klassischen Elektrodynamik dar, in der es keine Beziehung zwischen der Energie einer Lichtwelle und ihrer Frequenz gibt. Wegen des Grundsatzes der Energieerhaltung gilt zwischen der kinetischen Energie eines austretenden Elektrons und der Energie des absorbierten Photons die Beziehung: Ekin = hν − φ. Dabei bezeichnet φ die Austrittsarbeit der Elektronen aus dem Metall. Sie bezeichnet die Energie die nötig ist, um ein Elektron vom Ferminiveau EF des Metall ins Vakuumniveau zu befördern. Die Gleichung sagt aus, dass die kinetische Energie des aus dem Festkörper austretenden Photoelektrons niedriger ist, als die Energie des Photons. Die Differenz entspricht dabei der Energie, mit der das Elektron an den Festkörper gebunden ist, vgl. Abbildung 2. Abbildung 2: Leitungselektronen im Potentialtopf, dargestellt für Metalle. Gegenfeldmethode Die kinetische Energie der austretenden Elektronen kann mittels einer aus einem Metall oder einem Halbleiter bestehenden Wand (Photokathode, hier aus PbS) und einer ihr gegenüber befindlichen Anode gemessen werden. Legt man zwischen Anode und Kathode eine äußere Spannung passenden Vorzeichens an, so werden die von der Photokathode K bei Bestrahlung mit Licht ausgesandten Elektronen von der Anode A eingefangen und erzeugen so im Außenkreis einen Photostrom I, vgl. Abbildung 4. Bei hinreichend hoher Spannung U werden alle erzeugten Elektronen eingefangen und der Photostrom ist proportional zur Lichtintensität. Misst man den Photostrom I in Abhängigkeit von der Anodenspannung U, so ergibt sich eine Kennlinie, wie sie in Abbildung 3 dargestellt ist. Selbst bei negativer Anodenspannung lässt sich noch ein sehr geringer Photostrom messen. Dieser wird erst dann Null, wenn die Anodenspannung den Wert UG erreicht. Jetzt können auch die schnellsten Elektronen nicht mehr gegen das elektrische Feld der Anode anlaufen und es gilt dann: Ekin = e · UG . Eine 3 Abbildung 3: Verhalten des Photostroms in Abhängigkeit von der externen Spannung für eine hohe und eine niedrige Intensität des einfallenden Lichtes [3]. Messung dieser Grenzspannung liefert somit die kinetische Energie der schnellsten Photoelektronen. Abbildung 4: Schematische Skizze des Messaufbaus zum Photoeffekt nach der Gegenfeldmethode. Kondensatormethode Eine einfachere Methode zur Bestimmung des Planckschen Wirkungsquantums bietet die Kondensatormethode. Hier laden die aus der Photokathode austretenden Elektronen einen Kondensator auf. Die negative Ladung auf der Anode erschwert die Ansammlung weiterer Elektronen, bis schließlich die Spannung am Kondensator genausogroß ist, wie die maximal mögliche kinetische Energie der ausgeschlagenen Elektronen. Durch die Messung der Spannung erhält man die Gegenspannung. Zur Bestimmung des Planckschen Wirkungsquantums und der Austrittsarbeit der Elektrode wird ebenso verfahren, wie bei der Gegenfeldmethode. 4 4.1 Versuchsdurchführung Vorversuch Zunächst werden die Erbegnisse von Hallwachs verifiziert. Dazu wird eine Metallplatte erst positiv und danach negativ geladen. Am Elektroskop kann die Aufladung direkt verfolgt werden. Anschließend wird die Metallplatte mit Licht geeigneter Wellenlänge bestrahlt. Was sehen Sie? Erklären Sie Ihre Beobachtungen und legen Sie dar, welche Schlüsse Sie daraus ziehen können. 4 4.2 Bestimmung des Planckschen Wirkungsquantums und der Austrittsarbeit Die Bestimmung des Planckschen Wirkungsquantums und der Austrittsarbeit erfolgt mit der Kondensatormethode. Die vom Licht aus dem Metall gelösten Elektronen laden den Kondensator auf. Die sich einstellende Spannung wird in diesem Versuch gemessen. Eine Quecksilberdampflampe sendet Licht in mehreren scharfen Wellenlängen aus. Damit jeweils nur Licht einer bestimmten Wellenlänge zur Photozelle gelangt, müssen zwischen Lampe und Photozelle geeignete Filter angeordnet werden. Für den Versuch stehen fünf entsprechende Filter zur Verfügung. Die Photozelle befindet sich in einem Rohr mit zwei Blendenöffnungen. Der Steg zwischen den Öffnungen verhindert die direkte Bestrahlung der zentralen Anode, wodurch Störungen durch Photoemission aus der Anode vermieden werden. Die Öffnung der Photozelle ist durch einen Schieber verschließbar, die Zustände „auf” und „zu” sind durch Bildzeichen markiert. Die Photozelle ist mit einem Messverstärker verbunden, dessen Eingangswiderstand größer als 1013 Ω ist. Dadurch wird das Entladen des Kondensators verhindert. Spannungen und Stromstärken können mit einem angeschlossenen Multimeter gemessen werden. Abbildung 5: Messanordnung zum Versuch des photoelektrischen Effekts. Lesen Sie sich die Anleitung durch und machen Sie sich mit dem Versuchsaufbau vertraut, bevor Sie mit dem Versuch beginnen. Die an eine Drossel angeschlossene Quecksilberdampflampe sollte etwa 15 Minuten vor der ersten Messung eingeschaltet werden. Stellen Sie den Messverstärker auf die Betriebsart „Electrometer“ (Amplification „100 ”, time constant „0”). Zum Entladen der Eingangskapazität wird vor jeder Messung die Entladetaste betätigt. Zur Variation der eingestrahlten Wellenlänge stehen fünf Interferenzfilter, jeweils durchlässig für die Wellenlängen der Hg-Linien 366 nm, 405 nm, 436 nm, 546 nm und 578 nm zur Verfügung. Diese werden nacheinander auf den Tubus der seitlichen Lichteintrittsöffnung der Photozelle aufgesteckt. Achten Sie darauf, dass die Blende beim Wechseln der Filter stets geschlossen ist. Um die Grenzspannungen für die verschiedenen Wellenlängen des eingestrahlten Lichts zu messen, gehen Sie folgendermaßen vor: 5 Auswertung Beschreiben Sie die Durchführung des Vorversuchs und interpretieren Sie die Ergebnisse. Bestimmen Sie danach mit Hilfe der Grenzspannungen, die Sie für die verschiedenen Wellenlängen erhalten haben, das Plancksche Wirkungsquantum und die Austrittsarbeit der PbS-Kathode. Vergleichen Sie den Wert des experimentell bestimmten Wirkungsquantums mit dem entsprechenden Literaturwert. Verfahren Sie mit der Austrittsarbeit ebenso. Kommentieren Sie ihre Ergebnisse. Welchen Einfluss hat ein großer Fehler bei der Bestimmung der Austrittsarbeit auf die Genauigkeit des Wirkungsquantums? 5 Die Kolloquiumsfragen sind nicht im Protokoll zu beantworten, die Rechenaufgaben hingegen sollen im Protokoll beantwortet werden. Legen Sie weiterhin das Blatt mit den Messwerten bei. 6 Rechenaufgaben • Bestimmen Sie die Grenzwerte für große und kleine Wellenlängen des Rayleigh-Jeans-Gesetzes und der Verteilungsfunktion nach Planck (Gleichungen 1 und 2). • Berechnen Sie die Energie von Photonen der Wellenlängen 400 nm (violett) und 700 nm (rot) in Elektronenvolt. Diese beiden Wellenlängen stellen etwa die beiden Enden des sichtbaren Spektrums dar. • Ein Photodetektor wird in 3,8 ms von 8 · 107 Photonen einer monochromatischen Strahlung getroffen und empfängt dabei eine Leistung von 0, 72 µW. Welche Frequenz hat die Strahlung? • Eine Natrium-Lampe emittiert gelbes Licht der Wellenlänge 550 nm. Wie viele Photonen emittiert sie pro Sekunde bei einer Leistung von a) 1,0 W b) 100 W ? • Eine Kalium-Photozelle (Austrittsarbeit 2,3 eV) wird mit Licht der Wellenlänge λ = 644 nm bestrahlt. Die Bestrahlungsintensität beträgt 10−5 Wcm−2 . Es wird eine Fläche von 1 cm2 bestrahlt (die Anzahl der Atome einer ein-atomigen Lage der Fläche 1 cm2 soll abgeschätzt werden). Es wird angenommen, dass die gesamte Strahlung in den ersten zehn Atomlagen absorbiert wird. Berechnen Sie die Zeit, bis ein Photostrom gemessen werden kann, wenn die gesamte Strahlung zur optischen Anregung der Elektronen verwendet wird. Führen Sie die Berechnungen für den klassischen Fall durch. Was ist unter quantenmechanischen Gesichtspunkten zu erwarten? Literatur [1] Nobel Lectures, Physics 1901-1921, Elsevier Publishing Company, Amsterdam, 1967 [2] E. Wassermann, Navigieren mit Satellit: Wie funktioniert das GPS-System?, Welt der Technik, 2007 [3] P. Tipler, Physik, Spektrum, 2000 [4] M. Planck, Max Planck, Ueber das Gesetz der Energieverteilung im Normalspectrum, Annalen der Physik 4, 553, 1901 6