4.12 Elektromotor und Generator Elektromotoren und Generatoren gehören neben der Erfindung der Dampfmaschine zu den wohl größten Erfindungen der Menschheitsgeschichte. Die heutige elektrifizierte Welt und der enorme technische Fortschritt im 19. und 20. Jahrhundert wäre ohne die Erfindung von Elektromotoren und Generatoren nicht vorstellbar gewesen. So findet man Elektromotoren in den meisten technischen Geräten wie in Küchenmixern, PC-Lüftern, elektrischen Fensterhebern, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch Generatoren findet man im Alltag sehr häufig. So basieren zum Beispiel ein Fahrraddynamo oder die Lichtmaschine am Auto auf dem Generatorprinzip. Elektromotoren und Generatoren wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts in Europa entwickelt und von berühmten Physikern wie zum Beispiel Werner von Siemens für technische Anwendungen weiterentwickelt. Der Sinn eines Elektromotors und eines Generators kann in zwei kurzen Sätzen zusammengefasst werden: Mit einem Elektromotor kann elektrische Energie in mechanische Energie (häufig Rotationsenergie) umgewandelt werden. Mit einem Generator kann umgekehrt mechanische in elektrische Energie umgewandelt werden. In diesem Kapitel sollen nun die Funktionsweisen eines einfachen Elektromotors und eines einfachen Generators erläutert werden. 4.12.1 Der Elektromotor Die folgende Abbildung zeigt einen stark vereinfachten Elektromotor. © M. Brennscheidt Da moderne Elektromotoren eine technische Entwicklung von ca. 150 Jahren hinter sich haben, ist es schwierig deren Funktionsweise nachzuvollziehen. Aus Anschauungsgründen wird hier nur auf die Erklärung eines vereinfachten Elektromotors eingegangen: Mit einem einfachen Elektromotor soll elektrische Energie in Rotationsenergie umgewandelt werden. Hierzu wird eine drehbar gelagerte rechteckige Leiterschleife (stellvertretend für eine Spule) im homogenen Magnetfeld eines Hufeisenmagneten montiert. Lässt man durch die Leiterschleife einen elektrischen Strom fließen, so wirkt auf diesen die magnetische Kraft . Diese ist senkrecht zur Stromrichtung und senkrecht zum Magnetfeld ausgerichtet und kann die Leiterschleife somit in Drehung versetzen. Dabei ist zu beachten, dass nur zwei der vier Seiten der Leiterschleife für die Drehung verantwortlich sind. Dies wird durch die schwarzen Kraftpfeile in der Zeichnung angedeutet. Auf die beiden übrigen Seiten wirken zwar auch Kräfte, die jedoch parallel zur Drehachse ausgerichtet sind und somit den Elektromotor nicht antreiben können. Um zu verhindern, dass die Drehung des Elektromotors nach einer Viertelumdrehung aufgrund der nur nach außen wirkenden magnetischen Kräfte aufhört, muss die Stromrichtung in der Leiterschleife periodisch umgepolt werden. Die Umpolung erfolgt stets in dem Moment, in dem die Leiterschleife senkrecht zum Magnetfeld steht. Hierdurch wird jeweils die Richtung der magnetischen Kraft umgekehrt und der Elektromotor kann sich weiter drehen. Die Umpolung der Stromrichtung erreicht man durch einen sog. Kommutator. Dieser besteht aus zwei leitenden Halbscheiben, die durch einen Isolator (schwarz) getrennt sind. Der Stromfluss erfolgt am Kommutator über Schleifkontakte. Die Polung ergibt sich je nach Lage des Kommutators (siehe Zeichnung). In der Technik wird die Leiterschleife in der Regel durch Spulen mit hoher Windungszahl ersetzt. Anstelle des Permanentmagneten werden oft Elektromagnete verwendet. Hierdurch wird eine höhere Effizienz der Motoren gewährleistet. 4.12.2 Der Generator Mit einem Generator kann mechanische Energie in elektrische Energie umgewandelt werden. Die Anordnung ähnelt in der Regel sehr einem Elektromotor. So können Generatoren auch als Elektromotoren und Elektromotoren umgekehrt auch als Generatoren verwendet werden. Im Gegensatz zu einem Elektromotor wird bei einem Generator jedoch die Leiterschleife von außen, zum Beispiel über eine Kurbel, in Drehung versetzt. Durch die Drehung der Leiterschleife im Magnetfeld wird an den Enden der Leiterschleife eine Spannung induziert, mit der nun ein elektrisches Bauteil wie zum Beispiel eine Fahrradlampe betrieben werden kann. So wird beim Fahrrad ein Teil der Rotationsenergie des Rades durch den Fahrradgenerator, besser bekannt als Dynamo, in elektrische Energie zum Betreiben der Fahrradbeleuchtung umgewandelt. Die Erzeugung der Induktionsspannung bei der Drehung der Leiterschleife im Magnetfeld soll nun etwas genauer untersucht werden: © M. Brennscheidt Wird die Leiterschleife in Drehung versetzt, so ändert sich während einer Umdrehung die vom Magnetfeld durchsetzte Fläche der Leiterschleife. Steht die Leiterschleife senkrecht zu den Feldlinien, so ist die vom Magnetfeld durchströmte Fläche maximal. Sind Leiterschleife und Magnetfeld parallel zueinander, so ist die vom Magnetfeld durchströmte Fläche gleich Null. Die vom Magnetfeld durchströmte Fläche ändert sich somit ständig während der gesamten Drehung. Durch diese Änderung wird nach dem Induktionsgesetz von Faraday eine Spannung induziert. Herleitung: Die effektiv vom Magnetfeld durchströmte Fläche der Leiterschleife kann zu einem beliebigen Zeitpunkt der Drehung mit Hilfe des Cosinus berechnet werden. In Abhängigkeit vom Drehwinkel ergibt sich damit die effektive Fläche: Der Drehwinkel ist dabei abhängig von der Zeit und kann durch eine einfache Verhältnisgleichung berechnet werden. Der Winkel verhält sich zur Zeit (in der überstrichen wird) wie der Winkel © M. Brennscheidt einer vollständigen Umdrehung Umlauf : Dabei entspricht (Achtung: Winkel im Bogenmaß) zur Zeit für einen gesamten gerade der Winkelgeschwindigkeit : Für die effektive Fläche erhält man somit: Die Induktionsspannung kann nun mit dem allgemeinen Induktionsgesetz nach Faraday berechnet werden: Da sich das Magnetfeld während der Drehung nicht ändert ist Durch Einsetzen von und es verbleibt lediglich: ergibt sich: Achtung: bei der Ableitung von „Innere mal äußere Ableitung“! muss unbedingt mit der Kettenregel gerechnet werden: Es ergibt sich eine zeitlich sinusförmige Spannung die mit Wechselspannung bezeichnet wird. Den Faktor bezeichnet man als Scheitelspannung . Die Scheitelspannung gibt die maximale am Generator auftretende Spannung an. Diese ist umso höher, je größer die Windungszahl, je größer die Fläche der Spule, je stärker das Magnetfelds und je schneller die Spule gedreht wird. © M. Brennscheidt Merksatz: Dreht sich eine Spule mit konstanter Winkelgeschwindigkeit in einem homogenen Magnetfeld, so wird eine zeitlich veränderliche Wechselspannung in der Spule induziert: © M. Brennscheidt