Institut für Anorganische Chemie / Materialchemie der Universität Wien -18- Chemisches Grundpraktikum Beispiel 5 / 2010 Redoxreaktionen Aufgabenstellung Als Beispiele für Redoxreaktionen sollen a) die Abscheidung von Metallen aus ihren Lösungen durch andere Metalle, und b) Reaktionen, bei denen alle teilnehmenden Stoffe (Reaktanden und Reaktionsprodukte) in gelöster Form vorliegen, untersucht werden. Zum Nachweis reagierender bzw. gebildeter Stoffe in Lösung soll vor allem die Farbe der Stoffe oder eine weitere Reaktion unter Bildung farbiger Produkte herangezogen werden. Grundlagen Oxidation, Reduktion, Oxidationszahlen, Elektronegativität, Redoxreaktionen, elektrochemische Spannungsreihe, Metallabscheidung, Redoxpotentiale, Oxidationsmittel, Reduktionsmittel, Halbgleichungen, Aufstellung von Redoxgleichungen, Hinweis: Mortimer, 9. Aufl., Kap. 14.2, 14.3, 21.1 bis 21.8. Versuchsdurchführung In mehreren Vorversuchen soll zunächst a ) die Wirkungsweise von metallischem Kupfer und Zink als Reduktionsmittel bzw. b) die Reaktion verschiedener Oxidationsmittel in wässriger Lösung in Erfahrung gebracht werden. Anschließend c) werden zwei von den Assistenten ausgegebene Proben mit unbekanntem Inhalt untersucht. a) Abscheidung von Metallen und von Wasserstoff Es soll geprüft werden, ob die Metalle Cu und Zn (als Reduktionsmittel) mit den Kationen H+, Sn2+, Sb3+, Cu2+, Ag+, Zn2+, Hg2+ reagieren, d.h. ob die betreffenden Metalle bzw. elementarer Wasserstoff abgeschieden werden. Das ausgegebene Kupferblech ist zur Entfernung von Oxiden mit 2 M HCl zu ätzen und anschließend gut mit Wasser abzuspülen. Je ein Streifen ist in ca. 2 ml Probelösung einzutauchen. Das Zink muss vor der Verwendung nicht geätzt werden. Je ein Stück Zinkblech ist in ca. 2 ml Probelösung einzutauchen. Als Reaktionspartner sind folgende bereitgestellte Lösungen einzusetzen: 2,0 M HCl 0,50 M Cu(NO3)2 0,50 M SnCl2 0,50 M AgNO3 0,05 M SbCl3 (in 3,5 M HCl)2 0,50 M Zn(NO3)2 0,50M Hg(NO3)2 Es sind sowohl die sofort sichtbar werdenden Reaktionen wie auch die erst nach längerer Zeit auftretenden Veränderungen (Abscheidung von Kristallen der Metalle) zu beobachten, zu notieren und in Form eines übersichtlichen Schemas zu protokollieren (siehe Hinweise zur Protokollführung). Die abgeschiedenen Metalle lassen sich auf folgende Art unterscheiden: Ag-Metall ist je nach Korngröße silbrig oder schwarz, kann aber bei Abscheidung aus Lösung auch schöne Kristalle oder Nadeln bilden. Hg-Metall ist silbrig glänzend und bildet mit vielen Metallen Amalgame (d.h. eine feste oder flüssige Legierung eines Metalls mit Quecksilber). 2 Die verhältnismäßig hohe Säurekonzentration ist hier erforderlich, um Ausfallen von Sb(OH)3 bzw. von basischen Salzen zu verhindern. Chemisches Grundpraktikum - 19 - Beispiel 5 / 2010 Cu-Metall ist rötlich, bildet aber auf Zn einen dunklen Überzug. Verwendet man Fe zur Reduktion, so ist die rote Farbe des Cu besser zu sehen. Sb-Metall wird in schwarzer Form abgeschieden. Da meist mit Lösungen gearbeitet wird, die stark sauer sind, kommt es bei Einsatz unedler Metalle wie Zn zusätzlich auch zur Freisetzung von H2. Sn-Metall ist bei Abscheidung auf Zn zuerst schwarz, bildet aber dann meistens schöne Kristalle. b) Reaktionen in Lösung Neben anderen Oxidations- bzw. Reduktionsvorgängen soll vorwiegend die auffällige Wirkung von H2O2 und KMnO4 (in saurer wässriger Lösung) als Oxidationsmittel untersucht werden. Als Reaktionspartner stehen folgende Lösungen zur Verfügung: H2O2 (1,0 M, ca. 3%ig) FeSO4 (0,10 M) KI (0,10 M bzw. 0,50 M) Na2SO3 (0,10 M) H2O2 als Oxidationsmittel: Es soll die Reaktion mit FeSO4- und KI-Lösung (0,10 M) untersucht werden. Dazu werden je ca. 2 ml dieser Lösungen vor Verwendung mit einigen Tropfen 1 M H2SO4 angesäuert. Dann gibt man tropfenweise 3 %iges H2O2 zu und beobachtet, ob eine Oxidation stattfindet. MnO4- als Oxidationsmittel: Als MnO4--Reagens ist eine Lösung 0,01 M KMnO4 in 0,5 M H2SO4 einzusetzen. Sie ist durch Vermischen gleicher Volumina 0,02 M KMnO4 und 1 M H2SO4 von den Studierenden selbst herzustellen. Zu je ca. 2 ml dieser KMnO4-Lösung sind alle oben genannten Lösungen (KI als 0,50 M Lösung!) zuzugeben - gegebenenfalls bis zur vollständigen Entfärbung des Permanganats. Falls dunkel-braune Niederschläge auftreten (MnO2, MnO(OH)2) war die Lösung nicht sauer genug. Bemerkung zu FeSO4-Lösung als Reagens: Da Fe2+ auch durch Luftsauerstoff leicht zu Fe3+ oxidiert wird, muss der Fe2+-Lösung ein Reduktionsmittel zugesetzt werden, das gebildetes Fe3+ wieder zu Fe2+ reduziert, die folgenden Reaktionen aber nicht stört. Dafür ist metallisches Fe gut geeignet. Den mit einigen Tropfen 1 M H2SO4 (10 Vol%) angesäuerten FeSO4-Lösungen wird ein Büschel dünnen Eisendrahtes zugefügt und die Oxidation dadurch weitgehend verhindert. Trotzdem wird empfohlen, die Lösung vor Beginn der Versuche auf Fe3+ zu prüfen. Nachweisreaktionen: Als Oxidationsprodukte von H2O2, FeSO4, KI, Na2SO3 sind bei gleicher Reihenfolge O2 (nur in Reaktion mit MnO4-, in Reaktion mit FeSO4 und KI wirkt H2O2 als Oxidationsmittel unter Bildung von H2O als Reaktionsprodukt), Fe3+, I2 und SO42- zu erwarten. O2 lässt sich als Gasentwicklung erkennen. Fe3+ als mögliches Oxidationsprodukt kann mit KSCN durch Bildung einer roten Komplexverbindung [Fe(SCN)3] nachgewiesen werden. I2 kann durch seine braune Farbe in wässriger Lösung erkannt und durch Ausschütteln mit einem organischen Lösungsmittel, z.B. mit ca. 1 ml Chloroform (CHCl3), nachgewiesen werden (I2 in CHCl3 gelöst ist violett). Zusatzversuche: Die Nachweisreaktionen für Fe3+ und I2 können durch Zugabe eines geeigneten Reduktionsmittels, wie etwa SO32- , wieder rückgängig gemacht werden. In diesem Falle sind Fe3+ und I2 gegnüber SO32- als Oxidationsmittel zu verstehen. Diese Versuche sind mit den Reaktionsgemischen durchzuführen, in denen Fe3+ bzw. I2 durch Oxidation mit KMnO4 gebildet und anschließend nachgewiesen wurden. Man setzt zu den entsprechenden Lösungen 0,1 M Na2SO3 zu. Ein Redoxprozess bewirkt das Verschwinden der charakteristischen Färbungen, durch die Fe3+ bzw. I2 nachgewiesen wurden. Chemisches Grundpraktikum - 20 - Beispiel 5 / 2010 c) Untersuchung unbekannter Proben Es ist eine Probe mit den in Abschnitt a) beschriebenen Abscheidungsreaktionen zu untersuchen. Folgende Ionen können vorliegen: H+, Sn2+, Sb3+, Cu2+ Ag+, Zn2+, Hg2+. Eine zweite Probe ist mit den in Abschnitt b) beschriebenen Reaktionen in Lösung zu untersuchen. Es können folgende Substanzen bzw. Ionen vorliegen: H2O2, Fe2+, I-, SO32-. Protokoll Die in den Abschnitten a) und b) beobachteten Reaktionen (Verfärbungen, Abscheidungen, Niederschlagsbildungen, Gasentwicklungen usw.) sind in Form eines übersichtlichen Schemas (eventuell in Tabellenform) zu dokumentieren. Durch Vergleich mit den aus a) und b) bekannten Reaktionen soll auf den Inhalt der ausgegebenen Probe geschlossen werden (siehe Musterprotokoll). Für die zu identifizierenden Proben sind sämtliche Reaktionsgleichungen (gegeenenfalls auch die Beteiligung an Nachweisreaktionen und Zusatzversuchen) anzuschreiben. Zu diesem Zweck sind in Tabelle 1 neben den Standardpotentialen die zugehörigen Teilgleichungen (Halbgleichungen) in Reduktionsschreibweise angegeben, die dann durch geeignete Kombination zur Aufstellung von Summengleichungen für die beobachteten Redoxreaktionen herangezogen werden können Hinweise zur Formulierung der stattfindenden Reaktionen: Beim Aufstellen der Reaktionsgleichungen von Redoxprozessen muss man - so wie bei der Behandlung anderer Arten von Reaktionen - die Ausgangsstoffe und die Produkte der Reaktion, d.h. die chemischen Formeln dieser Stoffe kennen. Aus diesen Formeln kann man die Oxidationszahlen der Elemente ableiten, bei denen durch den Redoxprozess eine Änderung der Oxidationszahl eintritt. Die Änderung der Oxidationszahl ergibt bei jedem der beiden an der Reaktion beteiligten Redoxpaare die Anzahl der übertragenen Elektronen. Man stellt dann am besten für jedes der beiden Redoxpaare getrennt eine Halbgleichung auf, d.h. eine Gleichung, in der die Zahl der abgegebenen oder aufgenommenen Elektronen angeführt ist (vgl. Teilgleichungen in Tabelle 1). Dabei wird (zur richtigen Wiedergabe der Reaktionsrichtung) die Halbreaktion des Redoxpaares mit dem höheren Potential als Reduktion angeschrieben, jene des Redoxpaares mit niedrigerem Potential als Oxidation. Die Zahl der übertragenen Elektronen in der zu ermittelnden Reaktionsgleichung ist dann das kleinste gemeinsame Vielfache dieser beiden Elektronenzahlen. Durch Multiplizieren der beiden Halbgleichungen mit den entsprechenden Koeffizienten wird die Zahl der übertragenen Elektronen auf das kleinste gemeinsame Vielfache gebracht. Durch Addition der beiden Halbgleichungen erhält man dann die gesuchte Reaktionsgleichung. Beispiel: Auflösen von Aluminium in Salzsäure unter Entwicklung von (elementarem) Wasserstoffgas. (Diese Reaktion läuft in der Wärme leicht ab.) Reduktionspotentiale: 0V Redoxpaare: H+ / H2, -1,66 V Al3+ / Al Die zugehörigen Halbgleichungen: Reduktion: Oxidation: 2 H+ + 2 e- → H2 Al → Al3+ + 3 e- Chemisches Grundpraktikum - 21 - Beispiel 5 / 2010 Kleinstes gemeinsames Vielfaches für 2 e- und 3 e- ist 6 e-, d.h. die Reduktionshalbgleichung ist mit 3 zu multiplizieren, die Oxidationshalbgleichung mit 2. Die Addition ergibt dann als vollständige Redoxgleichung: 2 Al + 6 H+ ô2 Al3+ + 3 H2 Anmerkung: Schwierigkeiten treten auf wenn in einem Reagens mehrere verschiedene Oxidationsstufen auftreten, wie etwa im Fall H2O2. Je nach Reaktionspartner kann dabei entweder H2O (Oxidationszahl von Sauerstoff II) oder O2 (Oxidationszahl von Sauerstoff 0) gebildet werden. H2O2 als Oxidationsmittel: (-I) H2O2 als Reduktionsmittel: (-II) (-I) H2O2 + 2 H+ + 2 e- ô2 H2O (0) H2O2 ôO 2 + 2 H+ + 2 e- Dementsprechend sind die beiden Redoxpotentiale H2O2 / H2O und O2 / H2O2 auch an zwei verschiedenen Stellen in der elektrochemischen Spannungsreihe zu finden. Beispiele für die Berichterstattung: a) Abscheidung von Metallen Cu-Blech HCl (2,0 M) SnCl2 (0,5 M) SbCl3 (0,05 M) Cu(NO3)2 (0,5 M) AgNO3 (0,5 M) Zn(NO3)2 (0,5 M) Hg(NO3)2 (0,5 M) Zn-Blech Probe: b) Reaktionen in Lösung H2O2 als Oxidationsmittel H2O2 FeSO4 (0,1 M) KI (0,1 M) Probe: Nachweis mit KSCN Ausschütteln mit CHCl3 Chemisches Grundpraktikum - 22 - Beispiel 5 / 2010 MnO4 als Oxidationsmittel KMnO4 in 0,5 M H2SO4 Nachweis mit a)KSCN b)CHCl3 H2O2 (3 %ig) FeSO4 (0,1 M) a) KI (0,5 M) b) Na2SO3 (0,1 M) Reaktion mit Na2SO3 Probe: Tabelle 1 Standardpotentiale (Normalpotentiale), E° einiger Redoxpaare bei 25°C (Elektrochemische Spannungsreihe) oxidierte Form / reduzierte Form Eo(V) Halbgleichung 2,87 - / F- / H 2O 1,77 F2 + 2 e- ô 2 F H2O2 + 2 H+ + 2 e- ô2H2O / Mn 2+ 1,51 MnO4- + 8 H+ + 5 e- ô Mn2+ + 4 H2O Au3+ / Au 1,42 Au3+ + 3 e- ô Au Cl2 / Cl- 1,36 Cl2 + 2 e- ô 2 Cl- O2 / H 2O 1,23 O2 + 4 H+ + 4 e- ô 2 H2O Br2 / Br- 1,07 Br2 + 2 e- ô 2 Br- Hg2+ / Hg 0,85 Hg2+ + 2 e- ô Hg Ag+ / Ag 0,80 Ag+ + e- ô Ag Fe3+ / Fe2+ 0,77 Fe3+ + e- ô Fe2+ O2 / H2O2 0,68 O2 + 2 H+ +2 e- 0,54 - F2 H2O2 MnO4 - I2 Cu / 2+ - I I2 + 2 e 2+ ô H2O2 - ô 2I + 2 e- ô Cu / Cu 0,34 Cu SbO+ (Sb3+) / Sb 0,21 Sb3+ + 3 e- ô Sb SO42- / H2SO3 (SO32-) 0,20 SO42- + 4 H+ + 2 e- ô H 2SO3 + H2O H+ / H2 0,00 2 H+ + 2e- ô H2 Sn2+ / Sn -0,14 Sn2+ + 2 e- ô Sn Fe2+ / Fe -0,44 Fe2+ + 2 e- ô Fe Zn2+ / Zn -0,76 Zn2+ + 2 e- ô Zn Al3+ / Al -1,66 Al3+ + 3 e- ô Al Na+ / Na -2,71 Na+ + e- ô Na