8. Werkstatt Theologie Bietigheim-Bissingen Islam - Zugänge zu einer Weltreligion Fakten, Fragen, Meinungen, Vorurteile Dezember 2015 - Januar 2016 im Gemeindehaus der Friedenskirche Bietigheim Veranstalter: Evangelische Gesamtkirchengemeinde Bietigheim, Evangelische Kirchengemeinde Bissingen/Enz und Evang. Kirchengemeinde Metterzimmern Thema der 8. Werkstatt Theologie ist der Islam. Mit diesem Thema verbinden viele Menschen bei uns das Vorurteil, der Islam sei insgesamt eine Religion, bei der Gewalt eine große Rolle spielt. Dabei wenden sich jedoch die meisten Muslime, die mit uns zusammen leben, gegen Gewalt und wollen sich in die Gesellschaft der Bundesrepublik integrieren, ohne jedoch auf ihr Glaubensleben zu verzichten. Die Reihe Werkstatt Theologie versucht diesmal an 6 + 1 Abenden, Wesentliches von der Religion unserer muslimischen Mitbürger kennen zu lernen und Vorurteile aufzubrechen. Dabei geht es uns darum, nicht nur über Muslime zu reden, sondern auch mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Dem tragen wir dadurch Rechnung, dass wir auch Muslime zu diesen Vorträgen einladen. Außerdem sind die Referenten teils muslimische teils christliche Theologen. Das Motto der Stiftung Weltethos lautet: „Kein Weltfriede ohne Religionsfriede“. Und man kann ergänzen: Kein Friede zwischen den Religionen ohne Kenntnis der anderen Religionen. Insofern kann unsere „Werkstatt Theologie“ ein kleiner Beitrag zum Frieden sein. Sie sind herzlich eingeladen! Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen und auf die Beiträge der Referenten. Ihre Kirchenrätin Elvira Feil-Götz, Pfarrerin Steffi Gauger, Schuldekan i.R. Dieter Petri, Pfarrer Axel Rickelt, Pfarrer Bernhard Ritter Themen und Referenten Erste Runde: Dezember 2015 1. Abend: Mittwoch, 2.12.2015 Entstehung des Islam Ursprung und Vielfalt der Buchreligionen Prof. Dr. Stefan Schreiner, Tübingen Das Christentum wird häufig als Tochterreligion des Judentums und der Islam als Tochterreligion von Judentum und Christentum dargestellt. Dem gegenüber betont der Referent, dass sich alle drei, seit sie nebeneinander bestehen, wechselseitig stark beeinflusst haben. Es drängt sich die Frage auf, ob sich die drei Religionen und ihre Theologien so entwickelt hätten, wie sie sich entwickelt haben, wenn es die jeweils anderen beiden nicht gegeben hätte. Bei allen Unterschieden gibt es zwischen diesen drei „Buchreligionen“ nach Aussagen von Prof. Schreiner viele bemerkenswerte Gemeinsamkeiten: Alle drei haben ihren Ursprung im selben geografischen Raum im Nahen Osten. Alle drei gründen in einem Offenbarungsgeschehen, dessen zentraler Ort ein Berg in der Wüste ist. Alle drei verstehen sich als monotheistische Religionen, wenngleich sie sich in ihrer jeweiligen Vorstellung von Gott deutlich voneinander unterscheiden. „Geschichtlich“ gesehen, steht für alle drei Religionen am Anfang der Stammvater Abraham, weshalb sie auch oft als abrahamitische Religionen bezeichnet werden. Allerdings haben sie ihre je eigene Vorstellung von Abraham. Die Beziehungen der drei Religionen zueinander bestanden über die Jahrhunderte hinweg bis heute. Dabei ist nicht zu übersehen, dass Judentum und Islam stets weitaus näher beieinander waren, als es Christentum und Judentum je gewesen sind. Erst die Geschichte des 20. Jahrhunderts hat dafür gesorgt, dass dies heute anders wahrgenommen wird. Professor Dr. Stefan Schreiner war von 1992 bis 2013 Professor für Religionswissenschaft (mit Schwerpunkt Islam) und Judaistik an der Universität Tübingen. Danach wurde er zum Seniorprofessor an der Universität Tübingen ernannt. Prof. Schreiner trug wesentlich zum Aufbau des Zentrums für islamische Theologie (ZITH) bei, das zum Wintersemester 2011/12 an der Tübinger Universität seine Arbeit aufgenommen hat. Als Seniorprofessor begleitet er die im Rahmen der Etablierung des ZITH eingerichtete Nachwuchsforschergruppe und steht der Universität als Berater im Bereich der Islamischen Theologie zur Verfügung. 2. Abend: Mittwoch, 9.12.2015 Was glauben Muslime? Glaubensinhalte und Glaubenspraxis im Islam Pfarrer Heinrich Georg Rothe, Islambeauftragter der württembergischen Landeskirche Aus evangelischer Perspektive auf den Islam schauen – das ist spannend. Denn nicht nur das Judentum, auch der Islam ist mit dem Christentum historisch und inhaltlich eng verbunden. Geleitet von dem Versuch, Muslime und ihre Religion zu verstehen und zu respektieren, können wir Gemeinsamkeiten entdecken und Unterschiede benennen. Der Referent wird die Grundlagen des Islam darstelle n. Ausgangspunkt wird die Gottesbeziehung im Islam sein: In der Abgrenzung gegen das Heidentum suchten Mohammed und der frühe Islam die Nähe zu Judentum und Christentum. Bis heute bestimmt diese Nähe, aber auch die erfolgte Zurückweisung, die Beziehung zwischen unseren Religionen. Auch die religiöse Praxis von Muslimen wird im Vortrag und in der Diskussion angesprochen. Heinrich Georg Rothe, Pfarrer, Stuttgart (DIMOE), ist seit 2008 Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und als solcher ein profunder Kenner des Islam. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem die theologische Arbeit an Fragen des Verhältnisses von Christen und Muslimen, die Beratung der Kirchengemeinden in allen Fragen der Kontaktaufnahme und Kontaktpflege mit Muslimen und die Kommunikation mit islamischen Einrichtungen und Verbänden. 3. Abend: Mittwoch, 16.12.2015 Toleranz und Gewalt im Islam Herausforderungen des Zusammenlebens aus islamischer Sicht Dr. Mahmoud Abdallah, Tübingen Das Gewaltpotenzial in den derzeitigen religiös motivierten Auseinandersetzungen ist erschreckend: im Namen der Religion werden Andersdenkende diskriminiert, verfolgt, ermordet. In Deutschland und in anderen europäischen Staaten herrscht ein sehr negatives Bild vom Islam vor, wobei zwischen „dem Islam“ und islamistischem Terrorismus nicht hinreichend unterschieden wird. Der Theologe Dr. Mahmoud Abdallah vom Zentrum für Islamische Theologie der Uni Tübingen möchte in seinem Vortrag der Frage nachgehen, ob Gewaltbereitschaft im Islam selbst angelegt ist oder aber einen Irrweg verblendeter Extremisten darstellt. Der gebürtige Ägypter und Absolvent der weltberühmten al-Azhar Universität in Kairo, erläutert, wie der Islam zu Pluralität und Glaubensfreiheit steht und wie ein friedliches Zusammenleben der Kulturen und Religionen aus islamischer Sicht möglich sei. Unter Verweis auf zahlreiche Stellen aus dem Koran und den prophetischen Überlieferungen wird Herr Abdallah erörtern, ob gewaltloses Handeln eine islamische Handlungsmaxime ist. Dr. Mahmoud Abdallah, geboren 1976 in der ägyptischen Oase Fayium, hat Germanistik, Arabistik und Islamische Theologie an der al-Azhar Universität in Kairo studiert. Seit 2012 lehrt und forscht am Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen und ist Mitglied des interreligiösen Forschungsprojekts „Gottesbilder als Orientierungskraft“. Zu seinen Schwerpunkten gehören u.a. Theologie des Zusammenlebens, Glaubensfreiheit und Glaubensgemeinschaft im Islam und der politische Islam. Zweite Runde: Januar 2016 4. Abend: Mittwoch, 13.01.2016 Der Koran als Gottes Wort Dr. Abdelmalek Hibaoui, Tübingen Der Koran fungiert für die Muslime nicht nur als Gesetzbuch. Er gilt als der Schlüssel für die gesamte Weltanschauung der Muslime. Auf den Koran gründet sich die gesamte islamische Zivilisation. Aufgrund der zentralen Rolle des Koran im muslimischen Leben und Handeln entstanden im Laufe der Zeit unzählige Korankommentare. Hierbei tauchen viele Fragen auf, vor allem die Frage nach dem Koran selbst und dessen Auslegungsmethoden: Was bedeutet „Koran“ eigentlich? - Mit welchen Themen befasst er sich? - Wie legt man ihn aus? - Wie kann der Koran im heutigen Kontext betrachtet werden? Dr. Abdelmalek Hibaoui wurde 1967 in Rissani (Marokko) geboren. Er hat Islamwissenschaft, islamische Theologie und Arabistik studiert. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen und Imam in Reutlingen. Er forscht zum Thema muslimische Seelsorge. Von 2010 - 2014 war er Mitglied der Deutschen Islamkonferenz und Beiratsmitglied der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Von 2008-2012 war er Lehrbeauftragter für islamische Theologie an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. 5. Abend: Mittwoch, 20.01.2016 Gottesbilder im Islam Ist Allah ein gütiger Gott? Prof. Dr. Maha El-Kaisy Friemuth, Uni Erlangen-Nürnberg Islam bedeutet Hingabe an den Willen Gottes: Doch wer ist dieser Gott, den Muslime verehren? Das ist das Thema des Vortrags von Frau Prof. Dr. Maha El-Kaisy Friemuth. Die Referentin wird zunächst die verschiedenen Vorstellungen von Gott erläutern, die sich im Koran finden. Dabei bietet Sure 1 des Korans hilfreiche Hinweise auf die Verehrung Allahs: „Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen. Lob sei Gott, dem Schöpfer der Welten, dem Gnädigen, dem Barmherzigen, dem Alleinherrscher am Tag des Jüngsten Gerichts! Dir allein dienen, und Dich allein bitten wir um Hilfe und Beistand. Führe uns den geraden Weg, den Weg derer, denen Du die Gnade (des wahren Glaubens) erwiesen hast und nicht derer, die sich Deinen Zorn zugezogen haben und in die Irre gegangen sind.“ Die Referentin wird aufzeigen, wie die verschiedenen Gottesvorstellungen des Koran von islamischen Theologen und Philosophen interpretiert werden. Dabei wird es interessant sein zu erfahren, auf welche Gotteserfahrung die Referentin setzt. Muslime sind sich darin einig, dass bei allen unterschiedlichen Gottesvorstellungen das Fundament des Islam die Einheit und Einzigartigkeit Gottes (Tauhid) ist und somit der Islam den Monotheismus in seiner reinsten Form verkörpert. Frau Prof. Dr. Maha El-Kaisy Friemuth ist seit 2012 Professorin für Islamisch-Religiöse Studien mit praktischem Schwerpunkt an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Aufgewachsen ist sie in Kairo und hat an der Kairoer Universität islamische und europäische Philosophie studiert. Anschließend unterrichtete sie Englisch und islamische Philosophie in Kairo und lehrte islamische Theologie in England und Belgien. 6. Abend: Mittwoch, 27.01.2016 Christen und Muslime im Gespräch Beweggründe - Erfahrungen - Perspektiven Prof. Dr. Christoph Schwöbel, Tübingen In einer religiös-pluralistischen Gesellschaft wie der Bundesrepublik ist der Dialog zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen eine Bedingung des Überlebens und des gemeinsam gestalteten guten Lebens. Für Christen ist Dialog keine zusätzliche, durch die aktuelle gesellschaftliche Situation gestellte Aufgabe, sondern gehört zum Wesen des Christentums. Gott offenbart sich in seinem Wort und stellt seine menschlichen Geschöpfe in die Verantwortung, im Gespräch mit Gott ihr Leben zu gestalten. Für Muslime redet Gott den Menschen in dem an den Propheten Muhammad geoffenbarten Qur‘an an und bietet ihm in der Orientierung an seinem Wort Rechtleitung für sein Leben. Es stellen sich folgende Fragen: Wie gestaltet sich der Dialog zwischen Menschen zweier Religionen, für die der Dialog mit Gott zum Wesen der Religion gehört? Wie erfahren sie das jeweils Eigene der eigenen Religion und das Andere der Religion des Anderen? Wie können sie das Eigene der anderen Glaubenden als Unterschied respektieren und zugleich Verbindendes entdecken? Welchen Beitrag leistet das Gespräch zur Aufklärung über Zerrbilder der jeweils anderen Religion und zur Selbstkritik an der eigenen? Beziehen sich Christen und Muslime im Gottesdienst auf den selben Gott, auch wenn sie die Wege seiner Offenbarung unterschiedlich verstehen? Fragen der vorangegangenen Vorträge sollen an diesem Abend noch einmal im Zusammenhang des christlich-muslimischen Dialogs erörtert werden. Prof. Dr. Schwöbel lehrt nach Lehrtätigkeiten in London, Kiel und Heidelberg seit 2004 Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen. Er leitet das Institut für Hermeneutik und Dialog der Kulturen. Auf der Basis einer christlichen Theologie des Gesprächs (vgl.“ Gott im Gespräch“, Tübingen 2011) ist er im Dialog mit muslimischen Theologen und Theologinnen engagiert (vgl. das gemeinsam mit Susanne Heine, Ömer Özsoy und Abdullah Takim herausgegebene Buch „Christen und Muslime im Gespräch“, Gütersloh 2014). Die Abende finden jeweils mittwochs von 19.00 bis 21.30 Uhr statt. Veranstaltungsort: Ev. Gemeindehaus der Friedenskirche Bietigheim-Sand, Bolzstraße 14 Verbindliche Anmeldung bis spätestens 23. Nov. 2015 - Pfarramt 1 der Stadtkirche Bietigheim: Tel.: 07142 / 4 20 38 E-Mail: [email protected] - oder: - Pfarramt der Martin Luther Kirche Bissingen, Tel.: 07142 / 55358 E-Mail: [email protected] - oder: - Dieter Petri, Tel.: 07142 / 44158 - E-Mail: [email protected] Anmeldungen sind möglich für die gesamte Reihe oder getrennt für Runde 1 und Runde 2. Seminarbeitrag: - Teilnahme an Runde 1 oder 2: 18 € - Teilnahme an beiden Runden: 30 € Bezahlung des Seminarbeitrags jeweils am 1. Abend der Runde in bar Teilnahme an Einzelabenden auf Nachfrage möglich. Zusätzliche Veranstaltung im Kronenzentrum Bietigheim Freitag, 19. Februar 2016, 18.00 Uhr - Anmeldung nicht erforderlich - Zum Töten bereit Erfahrungen mit radikalisierten islamistischen Jugendlichen Lamya Kaddor, Duisburg „Zum Töten bereit“ – In ihrem Buch schildert die bekannte islamische Religionslehrerin Lamya Kaddor ihre Erfahrungen, über die sie auch bei ihrem Vortrag in Bietigheim-Bissingen berichten wird. Darüber hinaus wird sie ihre Überlegungen zur Diskussion stellen, wie die Gesellschaft radikalen Tendenzen bei gefährdeten Jugendlichen begegnen kann. Dabei wird die Referentin auch auf die Bedeutung des Islamischen Religionsunterrichts als präventiven Ansatz eingehen. Lamya Kaddor nimmt eine vermittelnde Position zwischen säkularen und traditionalistischen Muslimen ein. Sie ist Pionierin der islamischen Religionspädagogik in Deutschland und wurde zu einer der zehn einflussreichsten muslimischen Frauen Europas gewählt. Sie ist Gründungs-Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes e.V. und lebt in Duisburg. Die Religionslehrerin, Islamwissenschaftlerin und Autorin wurde 1978 als Tochter syrischer Einwanderer in Ahlen/Westfalen geboren. Eintritt: 10 € - Für Teilnehmer der Reihe Werkstatt Theologie gilt ein ermäßigter Eintrittspreis Eine gemeinsame Veranstaltung der Werkstatt Theologie und DITIB Türkisch Islamische Gemeinde zu Bietigheim-Bissingen e.V. Schirmherr dieser Veranstaltung ist der Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen Jürgen Kessing.