Hochbauamt KURZBERICHT PLANERWAHLVERFAHREN INSTANDSETZUNG BODMERHAUS, ZÜRICH ZÜRICH, 16. APRIL 2014 Hochbauamt EINLEITUNG Bodmerhaus Die Liegenschaft Schönberggasse 15 in Zürich, bekannt als Bodmerhaus, stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und ist ein denkmalpflegerisch wertvoller Bau. Das Gebäude samt dem umgebenden Garten befindet sich im Inventar der schützenswerten Bauten. Im Laufe der Zeit wurde das Gebäude mehrmals umgebaut, ergänzt und verändert, heute beherbergt es unter anderem Teile des Rektorats der Universität Zürich und das Thomas Mann Archiv der ETH Zürich. Der bevorstehende Auszug des Thomas Mann Archivs gibt Anlass, die Liegenschaft umzunutzen und umfassend zu sanieren. Auftrag Das über dreihundert Jahre alte Bodmerhaus muss instand gesetzt werden. Untersuchungen betreffend Tragwerk haben gezeigt, dass das Gebäude dem Brandschutz ungenügend Rechnung trägt und der Dachstuhl statisch saniert werden muss. Die Hülle erfüllt die wärmetechnischen Anforderungen bei weitem nicht und es besteht kein durchgehend geschlossenes Treppenhaus. Im Rahmen der Gesamtrenovation ist zudem zu prüfen, ob im bisher ungenutzten 3. Obergeschoss (Dachgeschoss) zusätzliche Nutzräume untergebracht werden können. VERFAHREN Gegenstand der Submission Die Baudirektion Kanton Zürich, vertreten durch das Hochbauamt, veranstaltete eine Submission für die Vergabe der Architektur- und Ingenieurleistungen (BKP 291 und 292 / Phasen Projektierung, Ausschreibung und Realisierung) für die anstehende Instandsetzung der Liegenschaft ‚Bodmerhaus, Schönberggasse 15, 8001 Zürich. Planerwahl im selektiven Verfahren Diese Submission erfolgte als Planerwahl im selektiven Verfahren gemäss Art. 12 lit. b. der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB). Teilnahmeberechtigung Um die Zulassung zur Planerauswahl bewerben konnten sich Arbeitsgemeinschaften mit Anbietenden von Planerleistungen in den Bereichen Architektur und Statik mit Wohn- oder Geschäftssitz in der Schweiz oder in einem Vertragsstaat des GATT/WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen, soweit dieser Staat Gegenrecht gewährt. 2 Hochbauamt Erste Phase Präqualifikation In einer nicht anonymen Präqualifikation hatte das Beurteilungsgremium fünf für diese Bauaufgabe geeignete Arbeitsgemeinschaften aus den Bereichen Architektur und Statik auszuwählen, welche anschliessend durch Verfügung des Hochbauamtes zur Planerauswahl einzuladen waren. Zweite Phase Planerwahl Die eingeladenen Arbeitsgemeinschaften hatten in der zweiten Phase ihre Herangehensweise an die Bauaufgabe darzustellen und zu erläutern. Neben einem Vorschlag zur Anordnung der erforderlichen Räume für das ‚Internationale Haus‘ der Universität Zürich hatten die Planenden aufzuzeigen, wie im Bodmerhaus die Vertikalerschliessung den heutigen Anforderungen sowie den denkmalpflegerischen Vorgaben entsprechend realisiert werden kann und wie der Dachstuhl statisch zu ertüchtigen ist. Darüber hinaus hatten die Architekturbüros ihr Angebot für mehrere Honorarparameter einzureichen und die Ingenieurbüros ein generelles Honorarangebot einzureichen. PRÄQUALIFIKATION Termine, Vorprüfung Nach der öffentlichen Ausschreibung des Planerwahlverfahrens am 31. Januar 2014 gingen rechtzeitig 39 Bewerbungen beim Hochbauamt ein, welche alle die formalen Bedingungen erfüllten und zur Bewertung zugelassen werden konnten. Auswahl der Teilnehmenden An seiner Sitzung vom 11. März 2014 wählte das Beurteilungsgremium auf der Grundlage der im Programm festgehaltenen Eignungskriterien aus den 39 zugelassenen Bewerbungen die fünf nachfolgend aufgeführten Arbeitsgemeinschaften zur Teilnahme an der 2. Phase des Planerwahlverfahrens aus: Landolf Architekten GmbH, Zürich / Timbatec Holzbauingenieure, Zürich Ernst Niklaus Fausch Architekten GmbH, Zürich / Conzett Bronzini Gartmann AG, Chur Holzer Roth Architektinnen GmbH, Zürich / Tragwerkstatt GmbH, Zürich Galli Rudolf Architekten AG, Zürich / Flückiger Bosshard AG, Zürich Pfister Schiess Tropeano & Partner AG, Zürich / Walter Bieler AG, Bonaduz 3 Hochbauamt PLANERWAHL Termine Die Zustellung der Arbeitsunterlagen an die Teilnehmenden erfolgte am 14. März 2014. Am 25. März fand für die eingeladenen Teams eine geführte Besichtigung des Bodmerhauses statt. Der Eingang der Arbeiten im Hochbauamt war auf den 11. April 2014 festgesetzt. Vorprüfung Die vom Hochbauamt durchgeführte Vorprüfung beschränkte sich auf formale Kriterien. Es konnte festgestellt werden, dass die Eingaben aller fünf eingeladenen Arbeitsgemeinschaften rechtzeitig beim Hochbauamt eingegangen waren. Sowohl die Plandarstellungen als auch die Honorarofferten waren bei allen Arbeiten vollständig und beurteilbar. Präsentationen Das Beurteilungsgremium trat am 16. April 2014 in einem Sitzungszimmer der Universität Zürich vollzählig und beschlussfähig zu den Präsentationen und zur Beurteilung der Arbeiten zusammen. Zunächst präsentierten die fünf Arbeitsgemeinschaften nacheinander ihre Arbeit und stellten sich dann den Verständnisfragen des Beurteilungsgremiums. Beurteilung Das Beurteilungsgremium stellte fest, dass sämtliche eingeladenen Büros ihre Arbeit termingerecht und vollständig eingereicht und präsentiert haben. Die vereinbarte Entschädigung von Fr. 3‘000 inkl. MWSt. kann somit allen Teilnehmenden ausgezahlt werden. Anschliessend wurden die fünf Eingaben und Präsentationen gemäss den im Programm festgehaltenen Kriterien beurteilt und dabei zusammenfassend wie folgt beschrieben: Landolf Architekten / Timbatec Holzbauingenieure analysieren das Bodmerhaus sehr sorgfältig und schlagen nur sanfte Eingriffe vor, um die historische Bausubstanz möglichst wenig zu beeinträchtigen. Das geforderte Raumprogramm wird zweckmässig in die bestehende Raumstruktur integriert. Ansprechend ist der Vorschlag, das Dachgeschoss von Einbauten freizuräumen und als zusätzlichen Veranstaltungsraum zu nutzen. Die Idee, die bestehende Treppe leicht zu versetzen und mit einem zusätzlichen Ausgang ins Freie die Brandschutzanforderungen zu erfüllen, diskutiert das Beurteilungsgremium kontrovers. Es ist auch nicht ganz überzeugt davon, dass sich ein bis ins Dachgeschoss führender Lift ohne sichtbare Überfahrt einbauen lässt. Die Vorschläge zur statischen Ertüchtigung des Gebäudes sind pragmatisch und gut auf das architektonische Konzept abgestimmt; die angedachte Auswechslung des Unterzugs im Erdgeschoss wäre aus denkmalpflegerischer Sicht allerdings unerwünscht. Das Beurteilungsgremium wertet die gesamtheitliche Betrachtungsweise sehr positiv. Es ortet aber bei den dargestellten Lösungsvorschlägen im Detail doch gewisse Unsicherheiten und vermisst einen sichtbaren eigenen Gestaltungswillen. Die Offerte für die Honorarparameter liegt im Mittel der Angebote. 4 Hochbauamt Die Arbeitsgemeinschaft Holzer Roth Architektinnen / Tragwerkstatt GmbH kommt auf Grund ihrer Gebäudeanalyse zum Schluss, dass die Hallen als Dreh- und Angelpunkt aller Geschosse in ihrer Funktion gestärkt werden müssen, während die Raumeinteilung ansonsten bestehen bleiben soll. Im Erdgeschoss entsteht durch die Elimination einer Zwischenwand eine grosszügige Eingangshalle, das Dachgeschoss soll als variabel bespielbarer Mehrzweckraum gestaltet werden. Die Vertikalerschliessung erfolgt durch ein neues Treppenhaus im Anbau und einen alle Geschosse bedienenden Lift. Allerdings hält das Beurteilungsgremium die Platzierung dieses Lifts aus denkmalpflegerischen Überlegungen für unmöglich. Auch nicht überzeugt ist es von der Einschätzung des Ingenieurs, wonach die Tragstruktur des Gebäudes im Grunde unproblematisch sei und der gute Zustand des Dachstuhls nur partielle Eingriffe erfordere. Obwohl die fundierte Gebäudeanalyse und auch die vorgeschlagenen Raumzuordnungen das Beurteilungsgremium überzeugen, zweifelt es an einigen Grundsatzentscheidungen wie beispielsweise der Platzierung des Lifts oder der Einschätzung der Statik. Die Offerten für die Honorarparameter liegen im Mittelfeld der eingereichten Angebote. Galli Rudolf Architekten mit Flückiger Bosshard Ingenieuren wagen mit dem Vorschlag eines angebauten neuen Treppenhauses einen Befreiungsschlag, der das Innere des Bodmerhauses von Erschliessungs- und Entfluchtungsaufgaben entbindet und so die Möglichkeit für einen maximalen Erhalt der Substanz bietet. Allerdings überzeugt der Anbau in der vorgeschlagenen Form nicht, da er eine zu hohe Präsenz beansprucht und ungünstige Restflächen im Aussenraum entstehen lässt. Die vorgeschlagene Raumzuordnung im Innern ist zweckmässig und der Vorschlag zur Einrichtung eines Veranstaltungsraums im Dachgeschoss folgerichtig, da dieser Raum durch das externe Treppenhaus direkt erschlossen werden kann. Wenig konkret sind die Aussagen zu den notwendigen statischen Eingriffen. Insgesamt handelt es sich um einen eigenständigen und erfrischenden Lösungsvorschlag, der einen wertvollen Beitrag zur Grundsatzdiskussion über das Anfügen zusätzlicher Baukörper an das Bodmerhaus bildet. Das Beurteilungsgremium hält den vorgeschlagenen Anbau jedoch für zu stark inszeniert. Es zweifelt bei dieser Arbeitsgemeinschaft auch etwas an der gleichwertigen Zusammenarbeit zwischen Architekt und Ingenieur. Die Offerte für die Honorarparameter ist die höchste im Quervergleich aller Angebote. Beim Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft Pfister Schiess Tropeano & Partner / Walter Bieler AG sind die Analyse des bestehenden Gebäudes wie auch die Ausformulierung der vorzusehenden Eingriffe sorgfältig und angemessen. Die Planenden verstehen und nutzen den Anbau quasi als ‚Serviceteil‘ mit Treppe, Lift und Toiletten und bringen im Hauptkör5 Hochbauamt per des Bodmerhauses die erforderlichen Räume für die neue Nutzung geschickt unter. Allerdings hat dieses Konzept die Konsequenz, dass die an sich grosszügige neue Eingangshalle als Bestandteil des Fluchtwegs nicht frei möbliert werden kann und dass die notwendigen Treppenhausabschlüsse die Vorhallen auf den Obergeschossen räumlich beeinträchtigen. Sorgfältig und detailliert sind auch die dargestellten Überlegungen zur statischen und brandschutztechnischen Ertüchtigung des Gebäudes; allerdings könnte der vorgeschlagene neue Bodenaufbau wegen seiner Mehrhöhe gegenüber dem Bestand zu Anschlussproblemen führen. Der sorgfältig erarbeitete Vorschlag stellt eine pragmatische Herangehensweise für die Instandsetzung des Bodmerhauses dar. Er zeigt aber auch gewisse Unsicherheiten vor allem in der Gestaltung der Hallen und beim etwas unentschlossenen Nutzungsvorschlag für das Dachgeschoss, welches teilweise ausgebaut werden soll. Dank dem tiefen Ansatz für die Baukategorie ist die Offerte für die Honorarparameter insgesamt die günstigste aller Angebote. Ernst Niklaus Fausch Architekten / Conzett Bronzini Gartmann AG leiten ihre Herangehensweise aus der Auffassung ab, dass das Bodmerhaus als über die Zeit gewachsene Einheit aus Zimmern mit unterschiedlicher Geschichte und Ausstrahlung erhalten werden soll. Dank einer neuen Fluchttreppe in einem unaufdringlichen Anbau wird die Problematik der Entfluchtung gelöst, ohne dass die bestehende Treppe räumlich oder konstruktiv angepasst werden muss. Mit dem Bestand kann so äusserst sorgfältig verfahren werden. Konsequent in der Logik des sorgfältigen Erhaltens ist auch der Vorschlag, das Dachgeschoss unausgebaut und unbeheitzt zu belassen. Einziger räumlich relevanter Eingriff bleibt die Entfernung von Einbauten in den Vorhallen aller Geschosse, welche dadurch grosszügig und gut nutzbar werden. Interessant ist zudem der Ansatz zur statischen Ertüchtigung des Bodmerhauses, welcher davon ausgeht, das Gebäude von im Laufe der Zeit eingebrachtem Material zu entlasten anstatt die Tragkonstruktionen zu verstärken. Bezüglich der angebotenen Honorarparameter liegt das Angebot im Mittelfeld der abgegebenen Offerten. Das Beurteilungsgremium sieht in diesem stringenten und konsequenten Vorschlag eine adäquate Strategie für die Instandsetzung des Bodmerhauses und ist zudem überzeugt, dass bei dieser Arbeitsgemeinschaft die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Planenden verschiedener Fachgebiete sehr gut funktionieren wird. Abschliessende Wertung Nach eingehender Diskussion kam das Beurteilungsgremium zum Schluss, dass die Eingabe und die Präsentation der Arbeitsgemeinschaft Ernst Niklaus Fausch Architekten / Conzett Bronzini Gartmann AG den im Programm formulierten Kriterien insgesamt am besten zu entsprechen vermag. Auf eine Rangierung unter den übrigen Eingaben wurde verzichtet. 6 Hochbauamt WÜRDIGUNG Auf der Grundlage seiner Wertung der fünf Eingaben stellt das Beurteilungsgremium einstimmig fest, dass die Arbeitsgemeinschaft Ernst Niklaus Fausch Architekten GmbH, Zürich / Conzett Bronzini Gartmann AG, Chur mit der Planung und Realisierung der anstehenden Instandsetzung des Bodmerhauses zu beauftragen sei. Es ist erfreut über die durchwegs hohe Qualität der Eingaben und der Präsentationen und dankt allen teilnehmenden Büros für ihr Engagement im Rahmen dieses Planerwahlverfahrens. Dieser Bericht wurde im Korrespondenzverfahren von allen Mitgliedern des Beurteilungsgremiums genehmigt. Zürich, den 25. April 2014 Stefan Hein Ressortleiter, Baubereich 2 Vorsitzender des Beurteilungsgremiums Die Mitglieder des Beuteilungsgremiums Stefan Hein, Ressortleiter HBA, (Vorsitz) Sophie Jaillard, Architektin, Zürich Anke Köth, Denkmalpflege Stadt Zürich Felix Landolt, Projektleiter HBA Thomas Trüb, Leiter Bauten und Infrastruktur, UZH Die Experten Jonathan Frey, Stadtarchäologie Zürich Theo Weber, Bauingenieur ETH SIA, Zürich Johannes Wunderlin, Fachprojektleiter Wettbewerbe, HBA 7