DVJJ Polizei & Sozialarbeit 11.-13.06.2014 Sozialarbeit METHIS Methodik, Empirie und Therapie in Interventionssystemen Dr. Karin Nachbar, Dipl.-Psych. Michael Tentler, Dipl.-Soz.Päd. 03.07.14 Nachbar & Tentler 1 Meta-Methodisches-Modell des „Motivational Guiding“ (Nachbar & Tentler 2006; Modifizierung des TTM nach Prochaska, Norcross & DiClemente 1994) Phasenmodell bezogen auf Verhaltensänderung R Ü C K F A L L in eine vorherige Phase I. II. Ziellos ZielEntwicklung ZielPlanung ZielHandlung Ziel Erreicht Stabiles Verhaltensmuster InstabilesV erhalten Instabiles Verhalten Wird durch uns definiert Motivation wird gebildet Motivation zur Planung Motivation zur Umsetzung Stabiles Verhaltensmuster Keine Motivation zur Änderung 17.09.10 III. IV. V. ? 2 Kontaktaufbau Selektives Spiegeln II „Unstimmigkeiten“ Spiegeln I. Ziellos Vom Pb./Soz. abweichende Vorstellung Unstimmigkeit Zwischen Verhalten und Zielen 17.09.10 Selektives Spiegeln II Dilemma verdeutlichen und verstärken II. Handlungsstrategien entwickeln III. Handlungen fördern und Positive Rückmeldungen IV. ZielEntwicklung ZielPlanung ZielHandlung „Annäherung“ zum Pb./Soz. („Kognitive“) Übereinstimmung zwischen (geplantem) Verhalten und Zielen Übereinstimmug Zwischen KlientIn und Pb./Soz. Annäherung zwischen Verhalten und Zielen 3 Das Metamethodische Verlaufsmodell „Motivational Guiding“ (Modifizierung des TTM nach Prochaska, Norcross & DiClemente, 1994) IV. Aktive (Handlungs-)Phase, Ziel Erreichung: „ …….“ Erste Schritte „begleiten“ und „bestärken“ Zum Handeln auffordern III. Strategische (Planungs-)Phase Planung konkreter Verhaltensweisen und Strategien die zum Ziel führen Zielplanung Informieren, durch das Erfragen des Für und Wider Entscheidungshilfe geben Dilemma verdeutlichen und „gewichten“ II. Bewusste Blockade Abwägen zwischen dem Für und Wider einer Veränderung Zielentwicklung „Selektives spiegeln“, Kontaktaufbau I. Unbewusste Blockade Widersprüche zwischen Verhalten, Zielen, Wünschen etc. sind die Voraussetzung für eine Veränderung. Diese werden ausgeblendet: „Eigentlich“ soll alles soll bleiben wie es ist. Stillstand: „ …………“ Selektives Spiegeln • • • • • • • • S systematisches & systemisches Denken und Handeln P Persönlichkeitsstrukturen deuten I Integration von Blockierenden Gedanken & Verhalten E Empathie gegenüber Emotionen G Gemeinsames vor und zurückgehen E Embodiment L Loslassen!!! N Neurologie der Veränderung 03.07.14 Nachbar & Tentler 5 Directing Style Guiding style Following Style Verabreichen Ermächtigen Begleiten Erlaubnen Befehlen Erwecken Mtgehen Steuern Helfen Dabei bleiben Durchführen Aufwecken Begleiten Entlocken Annehmen Bestimmen Fördern Interesse aufnehmen Führen Erleuchten Verstehen Verwalten Inspirieren Wertschätzen Beauftragen Entfachen Erlauben Verschreiben Anregen Besuchen Regeln Beraten Beantworten Steuern Erklären Kooperieren Nehmen Motivieren Begreifen Kommandieren Anbieten Zusammen bleiben Übernehmen Zeigen Solidarisieren Erlauben Mitnehmen Verstehen Entscheiden Schicken Unterstützen Ändern Hören Beachten 03.07.14 Nachbar & Tentler 6 Grundprinzipien des Motivational Guiding (MG) (Iven, Nachbar und Tentler 2002) Ziel: Förderung von Motivation zur Verhaltensänderung • Selbstbehauptung (Widerstand, Abwehr) ist Zeichen einer nicht passenden Gesprächsinteraktion – für uns ist es ist ein Signal für die Änderung der Gesprächsstrategie • Erfahrung von Selbstwirksamkeit vermitteln (d.h. Vertrauen in die eigene Fähigkeit, spezifische Aufgaben lösen zu können) – Hoffnung & Glaube an Veränderungsmöglichkeit • Entscheidung pro/contra Veränderung liegt bei der Person selbst 03.07.14 Nachbar & Tentler 7 Bedürfnis-Pyramide nach Maslow (1958 & 1991) Selbstverwirklichung soziale Anerkennung soziale Beziehungen Schutz & Sicherheit physiologische Grundbedürfnisse 17.09.10 8 (pathologische) Motivationstypen Allgemeine Definition nach DSM-VI: Eine Persönlichkeitsstörung stellt ein überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten dar, dass merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht, tiefgreifend und unflexibel ist, in der Zeit stabil ist und zu Leid oder Beeinträchtigungen führt 17.09.10 9 Ps. Nach Prof. Sachse Persönlichkeitsstörungen sind Störungen der Interaktion, der Beziehung und / oder der Beziehungsgestaltung Das bedeutet: Überzeugungen über Beziehungen, interaktionelle Bedürfnisse, Arten der Beziehungsgestaltung sind dysfunktional (Kern der Störung) à daraus entwickeln sich komplexe Störungen, die Handeln, Denken, Fühlen und spezifische Formen der Informationsverarbeitung einschließen 17.09.10 10 (pathologische) Motivationstypen Persönlichkeitsstörungen sind Beziehungsstörungen! So wird angenommen, dass alle Betroffenen… • zentrale, in der Vergangenheit missachtete und in der Motivationspyramide kaum mehr nachvollziehbare Handlungsmotive aufweisen. • ein dysfunktionales Beziehungs- und SelbstkonzeptManagement zeigen. • damit ein Verhaltensdilemma aufweisen, in dem sich Motive und Verhalten widersprechen: Es wird etwas angestrebt, was das Selbstschema als unerreichbar definiert. 17.09.10 11 (pathologische) Motivationstypen „hybride“ PKS nur Teile der Störung als Interaktionsstörung aufzufassen weisen noch andere Störungsaspekte auf (z.B.: EmotionsRegulationsstörung) Ø Borderline-, Schizotypische-, Antisozialereine“ PKS enthalten keine anderen Störungsaspekte sind daher als Beziehungsstörungen zu begreifen Ø Narzisstische-, Paranoide-, Histrionische-, Dependente-, Schizoide-, Slebstunsichere-, Passiv-aggr.-, Zwanghafte17.09.10 12 (pathologische) Motivationstypen Nähe-Störung • Bedürfnis nach Nähe – stellen aktiv Nähe her Ø Narzisstische-, Histrionische-, Selbstunsichere-, Dependente- Distanz-Störung • gehen nur schwer Beziehungen ein – stellen aktiv Distanz her: Passiv-aggr., Schizoide-, Paranoide-, Zwanghafte17.09.10 13 Achtung!!! 1. In der Regel haben wir es nicht mit Personen zu tun, die an einer Persönlichkeitsstörung erkrankt! 2. Der Übergang von einer „durchschnittlichen“ Persönlichkeit, zu einer Persönlichkeitsakzentuierung oder gar einer Persönlichkeitsstörung ist fließend und schwer voneinander abzugrenzen 3. Deswegen geht es nicht darum entsprechendes Verhalten zu diagnostizieren – sondern, Interaktionsmuster zu erkennen 4. Deswegen ist es für uns nicht von Interesse, ob dass Verhalten der Zielperson aufgrund von / einer: • • • • • Drogenkonsum Persönlichkeitsstörung PTSD Stress.... Resultiert! 17.09.10 14 Die Ebene der manipulativen Handlungsregulation Die Lösung des Dilemmas durch Interaktionsspiele Die Person lernt, dass besondere Methoden von Handlungsstrategien in der Lage sind interaktionelle Ziele zu erreichen Die Person lernt in ihrer Biografie Strategien um wichtige interaktionelle Ziele zu erreichen, obwohl die Selbstschemata diese Ziele jedoch als eigentlich nicht erreichbar definieren Diese „Lösungen“ haben jedoch Kosten: - Das zentrale interaktionelle Motiv bleibt unbefriedigt - Das Handeln ist strategisch u. manipulativ à wertet den Effekt ab - Das Handeln ist nicht mehr adäquat à kann Interaktionspartner verärgern - man produziert negative Effekte die man als Bestätigung der Schemata auffasst und nicht auf das eigene strategische Handeln attribuiert à das System bleibt stabil 17.09.10 15 Motivationstypen - pathologische Varianten Motiv „Angst“ - pathologische Form: Suchen Schutz und Unterstützung – Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) – Dependente Persönlichkeitsstörung Motiv „Gewinn“ - pathologische Form: Suchen materiellen Gewinn (Geld, sicheren Aufenthaltsstatus) – Antisoziale Persönlichkeitsstörung – Schizoide Persönlichkeitsstörung – Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung 17.09.10 16 Motivationstypen - pathologische Varianten Motiv „Geltungssucht“ - pathologische Form: Suchen Anerkennung und „Selbsterhöhung“ – Narzisstische Persönlichkeitsstörung – Histrionische Persönlichkeitsstörung Motiv „Rache“ - pathologische Form: Fühlen sich gekränkt und wollen durch die Zusammenarbeit Rache nehmen und Genugtuung erreichen – Paranoide Persönlichkeitsstörung 17.09.10 17 Kontakt: (pathologische) Motivationstypen Zudem weisen Personen mit Persönlichkeitsstörungen oft folgende Verhaltensweisen auf: • Sie bedienen sich der „Sozialen Manipulation“. • Permanentes überprüfen/testen, ob sich das Gegenüber komplementär verhält: „Ich bin so einsam“ - „Ich bin doch für Dich da.“ 17.09.10 18 Inkongruente Bedürfnisse Als Ausgangspunkt für die Entstehung gelten die zentralen und funktionalen sozialen Bedürfnisse: – – – – – – Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung Bedürfnis nach Relevanz Bedürfnis nach sicheren Beziehungen Bedürfnis Solidarität Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Freiheit Bedürfnis nach Sicherheit und der Unverletzbarkeit des eigenen Raumes und der persönlichen Grenzen 17.09.10 19 Dependente Persönlichkeitsstörung Allgemeine Kriterien • • • • • • • • • Schwierigkeiten im Treffen von Alltagsentscheidungen Überträgt anderen Entscheidungen Probleme, anderen zu widersprechen Kaum Eigeninitiative Versichert sich der Versorgung und Unterstützung durch andere Fühlt sich allein unwohl, glaubt nicht klar zu kommen Benötigt dringend Beziehungen Unrealistische Angst, verlassen zu werden Die Gewissheit eigener Hilflosigkeit und die Überzeugung, von anderen Hilfe erhalten zu müssen 17.09.10 20 Dependente Persönlichkeitsstörung Soziale Manipulation In der Regel sind die Appelle sehr subtil: – – – – – Ich bin hilfebedürftig! Ich bin Schutzbedürftig! Ich stehe jederzeit zur Verfügung! Führe mich! Triff Entscheidungen für mich! Dem Gegenüber wird vermittelt: – – – – Etwas Gutes und Wichtiges zu tun. Stark und Weise zu sein. Die Kontrolle zu haben. Unersetzbar zu sein. 17.09.10 21 Dependente Persönlichkeitsstörung Gegenstrategie • Keinen Druck ausüben • Aktive Entscheidungsfindung betreiben • Bedürfnisse Erfragen und Widerspiegeln • Verhältnis frühzeitig klären 17.09.10 22 Schizoide Persönlichkeitsstörung Allgemeine Kriterien • • • • • • • • Beziehungen bringen nichts Kann sich nur auf sich verlassen Hält sich nicht an Regeln Ist gleichgültig gegenüber Lob und Tadel Kalt und unnahbar Mangel an sozialen Kompetenzen Probleme, eigene Intentionen und Präferenzen zu beschreiben Hohes Maß an Intellektualisierung 17.09.10 23 Schizoide Persönlichkeitsstörung Soziale Manipulation Eher geringes Maß an Manipulation: – – – – Lass mich in Ruhe! Ich kann das alleine! Ich brauche Dich nicht (Gefahr der Selbstüberschätzung)! Du kannst mein Handeln nicht verstehen! Dem Gegenüber wird vermittelt: – Unnütz zu sein. – Du nervst. – Mach dich vom Acker. 17.09.10 24 Schizoide Persönlichkeitsstörung Gegenstrategie • • • • • • Zugewandt bleiben Grenzen respektieren Tempo bestimmen lassen Distanziert bleiben und wenig „Herzlichkeit“ zeigen Aktiv den Kontakt herstellen Angebote immer neu einbringen 17.09.10 25 Antisoziale Persönlichkeitsstörung Allgemeine Kriterien • • • • • • Herzloses Unbeteiligtsein gegenüber den Gefühlen anderer Deutliche und andauernde verantwortungslose Haltung sowie Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen Unfähigkeit zur Aufrechterhaltung dauerhafter Beziehungen obwohl keine Schwierigkeit besteht diese einzugehen Sehr geringe Frustrationstoleranz und niedrige Schwelle für aggressives und/oder gewalttätiges Verhalten Fehlendes Schuldbewusstsein oder Unfähigkeit aus negativer Erfahrung - insbesondere Bestrafung - zu lernen Deutliche Neigung andere zu beschuldigen oder plausible Rationalisierungen anzubieten für das Verhalten, durch welches die Betreffenden in einen Konflikt mit der Gesellschaft geraten sind 17.09.10 26 Antisoziale Persönlichkeitsstörung Allgemeine Kriterien • - Gewissenlos, keine Reue, Schuldbewusstsein • - Egozentrisch, grandios • -Keine Angst, stressfrei • - Gefühlsarm, gefühlskalt • - Unbeherrscht, reizbar • - Suche nach Stimulation, schnell gelangweilt • - Impulsiv, verantwortungslos, extrem gewalttätig, kriminelle Vorgeschichte • - Keine Anzeichen emotionaler Instabilität Antisoziale Persönlichkeitsstörung Soziale Manipulation Appell - dem Gegenüber wird vermittelt: – Mangelnde Empathie und Gefühlskälte gegenüber anderen: „Du bist mir gegenüber machtlos“. – Missachtung sozialer Normen: „Ich halte mich an keine Regel“. – Geringe Frustrationstoleranz und impulsiv-aggressives Verhalten. – Mangelndes Schulderleben und Unfähigkeit zu sozialem Lernen: „Du bist für mein Handeln verantwortlich“. – Vordergründige Erklärung für das eigene Verhalten und unberechtigte Beschuldigung anderer. 17.09.10 28 Antisoziale Persönlichkeitsstörung Gegenstrategie „to do“ • Verhalten Sie sich entsprechend seiner Projektionen! • Beziehen Sie ihn intensiv in den Verlauf ein. • Solidarisieren sie sich mit der betroffenen Person gegen Dritte • Überzeugen Sie ihn, dass der einfachste Weg, um seine Ziele zu erreichen, ein schneller, reibungsloser Ablauf ist. 17.09.10 29 Narzisstische Persönlichkeitsstörung Soziale Manipulation Hochgradig manipulativ: – Halte mir den Rücken für wirklich wichtige Dinge frei! – Verhalten dient als vorzeigbares Statussymbol! – Fragen dienen zur Selbstbestätigung! Dem Gegenüber wird vermittelt: – Wenn Sie mich Unterstützen, leisten Sie einen einzigartigen, besonderen, großartigen Beitrag. – Für gewisse Arbeiten leider nicht zur Verfügung stehen zu können und dass Sie doch am besten wissen, was zu tun ist (Blödmannspiel). „Ach tu mir doch den Gefallen, ich hab gerade meine Brille nicht dabei.“ 17.09.10 30 Narzisstische Persönlichkeitsstörung Allgemeine Kriterien • • • • • • • • Übertriebenes Selbstwertgefühl Phantasien grenzenlosen Erfolgs Ansicht der Einzigartigkeit Verlangen nach Bewunderung Anspruchsdenken Materielles ausnützen zwischenmenschlicher Beziehungen Neid und Arroganz Mangel an Sensibilität 17.09.10 31 Narzisstische Persönlichkeitsstörung Gegenstrategie „to do“ • Immer Füttern! • Sie halten sie/ihn für kompetent, für erfolgreich, klug und gebildet • Immer Verbindlichkeit herstellen • Die Einzigartigkeit an „tagesrelevante“ Ziele koppeln „Wenn Sie in der Lage sind, dies zu leisten, zeigen Sie nur einmal mehr wie toll ...“ • Behandeln Sie ihn als einen besonderen Fal / besondere Personl. 17.09.10 32 Narzisstische Persönlichkeitsstörung Gegenstrategie „to do“ • • • • • • • Achten Sie auf eine freundschaftliche Atmosphäre. Kommunizieren Sie mit ihm auf einer Ebene. Betonen Sie die Notwendigkeit ihres Handelns Zeigen Sie Interesse für seine Statussymbole Vermitteln Sie ihm Anerkennung Lösen Sie bei ihm entsprechende Projektionen aus Erst wenn Beziehungsaufbau geglückt ist bieten Sie ihm das „konkrete Angebot“ an 17.09.10 33 Ausführliche Beschreibung am Beispiel der / des HistrionnikerIn Die Histrionische Persönlichkeitsstörung • „histrionisch“ ist abgeleitet von „Histrione“ – einem antiken Schauspieler à nimmt Bezug auf das besonders Dramatische der Störung • ersetzt den Begriff der „hysterischen Persönlichkeit“ Merkmale: • im klinischen Bereich: häufiger bei Frauen diagnostiziert à bei Männern wird sie häufig übersehen • Prävalenz: Ø 2-3% in der Allgemeinbevölkerung Ø 10-15% der Patienten in psychiatrischen Kliniken 34 Kriterien nach DSM-VI Ein tiefgreifendes Muster übermäßiger Emotionalität oder Strebens nach Aufmerksamkeit. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und die Störung zeigt sich in verschiedenen Situationen. Mindestens 5 der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) fühlt sich unwohl in Situationen, in denen er/sie nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht, die Interaktion mit anderen ist oft durch ein unangemessen sexuell verführerisches oder provokantes Verhalten charakterisiert, zeigt rasch wechselnden und oberflächlichen Gefühlsausdruck, setzt durchweg die körperliche Erscheinung ein, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, hat einen übertrieben impressionistischen, wenig detaillierten Sprachstil, zeigt Selbstdramatisierung, Theatralik und übertriebenen Gefühlsausdruck, ist suggestibel, d.h. leicht beeinflussbar durch andere Personen oder Umstände fasst Beziehungen enger auf, als sie tatsächlich sind. 35 Kriterien nach ICD-10 F60.4 hitrionische Persönlichkeitsstörung 1. 2. 3. 4. 5. 6. Dramatisierung bezüglich der eigenen Person, theatralisches Verhalten, übertriebener Ausdruck von Gefühlen Suggestibilität, leichte Beeinflussbarkeit durch andere Personen oder Umstände Oberflächliche und labile Affektivität Andauerndes Verlangen nach Aufregung und Aktivitäten, bei denen die betreffende Person im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht Unangemessen verführerisch in Erscheinung und Verhalten Übermäßiges Interesse an körperlicher Attraktivität Egozentrik, Selbstbezogenheit, anhaltendes Verlangen nach Anerkennung, erhöhte Kränkbarkeit und andauernd manipulatives Verhalten zur Befriedigung eigener Bedürfnisse können zusätzliche Merkmale sein. 36 Weitere Merkmale der Störung • Schwierigkeiten in Beziehungen echte emotionale Tiefe zu erreichen • oft beeinträchtigte Beziehungen zu gleichgeschlechtlichen Freunden • ständig auf der Suche nach Neuigkeiten und Aufregung neigen dazu durch alltägliche Routine gelangweilt zu sein • erhöhtes Risiko für suizidale Handlungen und Suizidandrohungen • Borderline, Narzisstische, Antisoziale und Dependente PKS treten oft zusätzlich auf • Andere komorbide Störungen: Affektive, Somatoforme, Angststörungen 37 Histrionische PKS nach Sachse - Übersicht • Das „Besondere“ der Störung • Bindung • Zentrale Motive • Zentrale Schemata • Spielebene 38 „Besonderheiten“ der Störung Dramatik: • Histrioniker können sich mit verschiedenen Strategien in Szene setzen • sie können sich in alles hineinsteigern (Panik) • Darstellungen sind überemotionalisiert, aufgebauscht, wirken übertrieben und unecht Ich-Syntonie: • Überzeugungen und Verhaltensweisen als Teil der Person und daher nicht als störend empfunden à keine Änderungsmotivation à eher Stabilisierungsmotivation 39 „Besonderheiten“ der Störung“ Alienation (Entfremdung): • eigene Motive und Bedürfnisse sind ihnen nur schwer zugänglich und nur mangelhaft repräsentiert, d.h. sie wissen gar nicht was sie eigentlich wollen oder brauchen Das führt auch dazu: à dass manche Histrioniker eine leichte Identitätsschwäche aufweisen à dass manche Histrioniker nichts mit sich anzufangen wissen 40 Bindung • Histrioniker gehen meist keine ganz feste Bindung ein • Neben der festen Beziehung suchen Histrioniker ständig das Abenteuer – selten mit dem zufrieden, was sie haben • Aufgrund dessen haben viele Histrioniker Nebenbeziehungen, lassen sich auf erotische Abenteuer ein & reagieren stark auf potenzielle Partner • D.h. starkes Bedürfnis nach verlässlicher Beziehung – aber keine Bereitschaft die Beziehung verlässlich zu gestalten 41 Zentrale Motive (Motivebene) Wichtigkeit • Bedürfnis für andere Personen eine Bedeutung zu haben, ernst genommen zu werden, Aufmerksamkeit zu erhalten Verlässlichkeit • Bedürfnis das Beziehungen verlässlich sind, nicht kündbar, stabil Solidarität • das Bedürfnis, das jemand da ist, wenn man ihn braucht 42 Zentrale Schemata (Ebene der Annahmen) Selbstschema „ich bin nicht wichtig“ - ich spiele im Leben anderer keine wesentliche Rolle - ich werde nicht ernst genommen, erhalte keine Aufmerksamkeit • widerspricht stark dem zentralen Motiv – Lösung: Wichtigkeit aktiv herstellen à sich wichtig machen Beziehungsschemata „Beziehungen sind nicht verlässlich“ - Beziehungen können jederzeit gekündigt werden - nach einiger Zeit lösen sich Beziehungen eh auf • Schema trägt zu einer mangelnden Bindung bei „ Beziehungen sind nicht solide“ • Auf Partner kann man sich nicht verlassen • Wenn man Hilfe braucht, dann bekommt man keine • Kann bedeuten, dass Betroffene Schwierigkeiten haben sich in einer Beziehung fallen zu lassen 43 Strategien (Spielebene) Verschiedene interaktionelle Ziele verfolgt : Ø Wichtigkeit Ø Aufmerksamkeit Ø Beziehungen verlässlich machen Strategien zur Zielerreichung: Positiv: Strategien, durch die sich Interaktionspartner „gern manipulieren“ lassen à gut aussehen, attraktiv sein, auffällig sein, unterhaltsam sein, Geschichten erzählen, gut drauf sein, sexy sein, flirten Negativ: Strategien die Interaktionspartner belasten, in Anspruch nehmen, nerven à das produzieren von Symptomen: Migräne-Anfall 44 Interaktionsspiele (Spielebene) Armes Schwein • Man stellt sich dar: - als stark beeinträchtigt, leidend (z.B. unter Migräne) - als den Symptomen ausgeliefert und hilflos - als massiv hilfebedürftig Opfer anderer Personen oder Umstände • wenn z.B. eine Beziehung scheitert • sie attribuieren sie die gesamte Verantwortung auf den Partner, man selbst ist nur das Opfer Direkte Kontrolle • Die Zielperson beschwert sich über das Verhalten des VE à will ihn veranlassen, sich in einer bestimmten Weise zu verhalten • auch gern als Test genutzt 45 Tests (Spielebene) • Interaktionssituation mit einem VE: - Motive aktiviert à Wunsch sich auf die Beziehung einzulassen - Schemata aktiviert àTendenz sich nicht einzulassen Diskrepanz von Annäherungs- & Vermeidungstendenz Lösung - Test: Zielperson verhält sich unangemessen um zu sehen wie der VE reagiert („ist mein Gegenüber auf meiner Seite“, „ist er entgegenzukommen“) bereit mir 46 Histrionische Persönlichkeitsstörung Allgemeine Kriterien • • • • • • • Bedürfnis im Mittelpunkt zu stehen Theatralik Leicht beeinflussbar Verliert schnell Interesse, wenn Applaus ausbleibt Sexuell-verführerisches, provokatives Verhalten Hält Beziehungen für intimer als sie sind Geringe Gehemmtheit, hohe Kontaktfreudigkeit 17.09.10 47 Histrionische Persönlichkeitsstörung Soziale Manipulation Hochgradig manipulativ: – – – – Du bist sooo toll und ich auch! Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben! Deine Ansichten sind einzigartig! Mein Gott, trägst Du eine tolle Breitcordhose! Dem Gegenüber wird vermittelt: – – – – Ich bin total „cracy“. Alle sind so schlecht zu mir. Ich bin ein ganz toller Hecht. Du musst mich unterhaltsam und spannend finden. 17.09.10 48 Histrionische Persönlichkeitsstörung Gegenstrategie • • • • • • • • Klare Regeln Erzählungen immer überprüfen Genaue Absprachen treffen Vorteile nur gegen Leistung Intensiv kontrollieren Für Offenheit loben Einzigartige Resultate in Aussicht stellen Deutlich machen, dass es Ihnen wichtig ist mit ihr/ihm zu arbeiten, den deal zu machen • Interesse an der Person und den Geschichten zeigen • Wenn angemessen und er Sympathie zeigt, gemeinsamen Urlaub, etc. planen 17.09.10 49 Paranoide Persönlichkeitsstörung Allgemeine Kriterien • • • • • • • Vertraut nur zögernd anderen Menschen Stellt die Loyalität anderer in Frage Misst harmlosen Vorkommnissen bedrohliche Bedeutung bei Ist extrem nachtragend Erwartet Angriffe und startet schnell Gegenangriffe Bezweifelt fast alles, stellt z.B. die Treue des Partners in Frage Sie fühlen sich stark von „Mächten“ bedroht 17.09.10 50 Paranoide Persönlichkeitsstörung Soziale Manipulation • Die Strategien sind in der Regel deutlich und wenig verdeckt Appell - dem Gegenüber wird vermittelt: • Lass mich in Ruhe! • Leg Dich nicht mit mir an! 17.09.10 51 Paranoide Persönlichkeitsstörung Gegenstrategie • Sollten Sie Fragen haben, ich erkläre Ihnen alles und sofort • Permanent für Transparenz sorgen • Botschaften: – „Wenn Ihnen etwas nicht gefällt, melden Sie sich sofort, ich werde mich dann damit befassen!“ – „Mir ist es auch wichtig mit Ihnen klar zu – Wenn ich Sie vielleicht mal missverstehe, bitte ich Sie, mich darauf aufmerksam zu machen.“ - Gemeinsame Feindbilder suchen... 17.09.10 52 Bedürfnis-Pyramide: Pathologisch Selbstverwirklichung findet nicht statt: Wiederholung als Verhaltensmuster Statussymbole / sexuelle Ersatzbefriedigung / Macht durch Bindung Beziehungen werden für eigene Ziele manipuliert Bindung / Anerkennung / Freiheit / materieller Gewinn physiologische Grundbedürfnisse 17.09.10 53 Zentrale Ängste „Persönlichkeitsstörungen“ Grundangst: Unabhängigkeit – Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung – Dependente Persönlichkeitsstörung Grundangst: Abhängigkeit – Paranoide Persönlichkeitsstörung – Schizoide Persönlichkeitsstörung Grundangst: Bedeutungslosigkeit – Narzisstische Persönlichkeitsstörung – Histrionische Persönlichkeitsstörung Grundangst: Keine Angst (das ist ja das Problem!!!) – Antisoziale Persönlichkeitsstörung 17.09.10 54 Einordnung nach „Grundängsten“ Angst vor Einsamkeit Dependente Persönlichkeit Angst vor Bedeutungslosigkeit Narzisstische/ Histrionische Persönlichkeit Keine Angst Anti-/Dissoziale Persönlichkeit Angst vor Bindung Schizoide/Paranoide Persönlichkeit 17.09.10 55 Kommunikation • Auf welche verbalen oder nonverbalen Kommunikationsformen achten Sie? 17.09.10 56 Distanz / Nähe Intime Distanz: 15 – 45 cm Liebe, Trösten, Schützen / Fahrstuhl, etc. Persönliche Distanz: 45 – 75 cm, „Lebenspartner, Kinder, etc. 75 – 120 cm, bei der Erörterung von Themen mit persönlichem Interesse und Engagement Soziale Distanz: 120 – 220 cm, bei unpersönlichen „Angelegenheiten / Kontakten 17.09.10 57 Phase 1: Ziellosigkeit • • • • • • • • • Rapport herstellen Sinneskanäle nutzen Schlüsselreize nutzen Reziprozität nutzen paradoxe Verhandlungshaltung Halsstarrigkeit & Immunisierung offene Frage stellen Informationen vermitteln Diskrepanzen aufdecken 03.07.14 Nachbar & Tentler 58 Schlüsselreize nutzen • Im Alltag reagieren wir in Entscheidungssituationen häufig auf einzelne Merkmale oder Glaubenssätze - so genannte „Schlüsselreize“. • Gerade „schnelle“ Entscheidungen stehen dadurch oftmals im Widerspruch zur rationalen Realität. Wir entscheiden ohne vorher alle weiteren vorhandenen Informationen eingehend analysiert zu haben. • Beispiele: • Gutes ist teuer (bzw. Umkehrschluss). • Gutes ist rar. • An Gutes ist nur schwer heran zu kommen. 03.07.14 Nachbar & Tentler 59 Kontaktstrategie Reziprozitätsregel [ Reziprozitätsregel - Den „Köder“ auswerfen. Beispiel: Eine Hand wäscht die andere. Diese Regel besagt, dass Menschen versuchen, sich für das, was sie von anderen bekommen, zu revanchieren. Das durch die Regel vermittelte Gefühl, etwas schuldig zu bleiben, wenn man etwas bekommen hat, ist die Grundlage für viele Überzeugungsprofis, ihre eigentliche Absicht zu verschleiern. 03.07.14 Nachbar & Tentler 60 Beispiel Reziprozitätsregel Jonas (15 Jahre) ist zum ersten mal wegen Kaufhausdiebstahl (Adidas Schuhe) erwischt worden. Ihre Aufgabe ist ihm zu signalisieren, dass Sie sich um ihn besonders „bemühen“. z.B.: „Wenn ich dir einen Tipp geben darf…“ „In der Regel verhält sich der Richter so…“ „An deiner Stelle…“ 03.07.14 Nachbar & Tentler 61 Kontaktstrategie [ „Neuverhandlung-nach-Zurückweisung-Strategie“ Mit einer Extremforderung, die sehr wahrscheinlich abgelehnt wird, schaffen wir die Voraussetzung für eine zweite erfolgreiche Forderung. Geeignet für Personen, die erst über den Umweg des „Neins“ zum „Ja“ gelangen. „Nein“ vermittelt diesen Personen ein Gefühl der Kontrolle, sozusagen alle Fäden in der Hand zu haben. 03.07.14 Nachbar & Tentler 62 Halsstarrigkeit nutzen als Immunisierung [ Commitment und Konsistenz – „Halsstarrigkeit“ Einmal getroffene Entscheidungen (sogar falsche!) tendieren dazu sich selbst aufrechtzuerhalten, da sie in der Lage sind „Wurzeln zu schlagen“. Damit ist gemeint, dass Leute oft neue Gründe und Rechtfertigungen für ihre getroffenen Entscheidungen suchen und finden. 03.07.14 Nachbar & Tentler 63 Halsstarrigkeit nutzen als Immunisierung • Regen Sie zur Bildung einer „Immunisierung durch Halsstarrigkeit“ an: • „Ich denke nicht, dass Sie es schaffen werden…“ • „Kann mir kaum vorstellen, dass Sie den Anforderungen gewachsen sind…“ • „Wenn XY zu Ihnen sagt …(realistisches Beispiel wählen), dann kippen Sie bestimmt.“ • Durch das provozieren einer „Gegenwehrstrategie“ wird mein/e Gesprächspartner/in zur „Halsstarrigkeit“ gegenüber destabilisierenden Einflüssen - z.B. aus Familie, Freundeskreis usw. - angehalten. (Wirkt nicht nur bei Kindern!!!) 03.07.14 Nachbar & Tentler 64 Thesen zur Glaubwürdigkeit (Hermanutz, Litzcke & Kroll 2005) Verhältnis von Illustratoren und Adaptoren. Illustratoren unterstreichen oder ergänzen das Gesagte. Sie sind eher vom Körper weg gerichtet, sie stehen in direktem Verhältnis zur Sprache. Adaptoren sind unbewusste, kleine Gesten die nicht mit dem gesagten im Zusammenhang stehen. Sie sind eher zum Körper hin gerichtet. Wenn der Stress zunimmt, verändert sich ihre Relation zueinander: Illustratoren nehmen ab, Adaptoren nehmen zu. 03.07.14 65 Umgang mit Diskrepanzen • Diskrepanzen sind nicht bewusste Widersprüche oder Reibungspunkte im Lebenskonzept, im Selbstbild, im Gedankengebäude oder in den Verhaltensweisen des/der Betroffenen bzw. dessen/deren Lebensgestaltung. • Diskrepanzen können generell in allen Lebensbereichen sichtbar werden: Gesundheit, Arbeitsplatz, Freizeit, Familie, Partnerschaft, Freunde, Selbstachtung, persönliche Ziele usw. – sie wirken blockierend in Bezug auf Entscheidungen zur Veränderung • Diese verborgenen Widersprüche im eigenen Denken und Verhalten gilt es äußerst vorsichtig zu identifizieren, ohne Selbstschutz beim Gegenüber zu provozieren und anschließend in das gemeinsame Gespräch zu integrieren. Die Betroffenen sollen die unterschiedlichen Positionen differenzieren können und sich kognitiv mit den zuvor nicht bewussten Widersprüchlichkeiten auseinandersetzen. • Dabei sollte einfühlsam, geduldig und nicht zu schnell konfrontierend vorgegangen werden, da die Widersprüche nicht bewusst gesehen werden und die Person nicht soweit ist, diese Festschreibung akzeptieren zu können. • Ziel: unbewusste Diskrepanz zur bewussten Ambivalenz entwickeln – die „Entscheidungs-Blokade“ wird damit „kommunizierbar“ 03.07.14 Nachbar & Tentler 66 Diskrepanzen in Ambivalenzen „Verwandeln“ Diskrepanz Ø nicht bewusste Widersprüche Ø „Blockade“ zwischen Denken, Fühlen und Handeln Ø Reagieren 03.07.14 Ambivalenz Nachbar & Tentler Ø bewusstes Abwägen wahrgenommener Diskrepanzen Ø „Blockade“ wird „kommunizierbar“ Ø Handeln 67 Umgang mit Diskrepanzen „Übung“ • Wählen Sie einen Fall aus Ihrer Berufspraxis. • Auf welche Lebensbereiche - Partnerschaft, Freundschaft, Familie, Elternschaft, Beruf, Sexualität, Religion, Drogenkonsum... – wirkt sich ein legales Leben aus? Was würde sich aus der Sicht des Gefährders verändern? • Was spricht - aus der Sicht des Gefährders - für eine Veränderung der Lebensführung? • Was spricht - aus der Sicht des Gefährders - gegen eine Veränderung der Lebensführung? 03.07.14 Nachbar & Tentler 68 Beispiele für diskrepante Aussagen „Übung“ 1. „Ich will keinen Stress mit der Polizei, aber von der Stütze kann ich auch nicht leben!“ 2. „Frauen schlagen ist asozial, aber sie muss mich ja nicht provozieren, wenn sie keine rein will….“ 3. „Natürlich war das sein Handy, aber er muss damit ja nicht so angeben.“ 4. „Ich bin normal total cool, aber ich lass mir von den Zecken nicht auf der Nase rumtanzen.“ 5. Eigene Beispiele 03.07.14 Nachbar & Tentler 69 Phase 2: Zielbildung • Anbindung herstellen • Ambivalenzen verdeutlichen und verstärken 03.07.14 Nachbar & Tentler 70 Ein Dilemma verdeutlichen und verstärken • 2er Gruppen bilden • Instruktion Person 1 - Wählen Sie bitte ein für Sie selbst ambivalentes Thema. Bitte vor der Tür warten. • Instruktion Person 2 - Interviewen Sie Person 1 zum gewählten Thema nach folgenden zwei Strategien: • Strategie 1 für die erste Interviewhälfte: Präferieren Sie eine Lösung und versuchen Sie diese Person 1 „aufzudrängen“. • Strategie 2 für die zweite Interviewhälfte: Fragen Sie neugierig, interessiert und wertschätzend nach beiden möglichen Lösungen. • Dauer 20 Minuten 03.07.14 71 Ambivalenzen verdeutlichen und verstärken • Zur Entscheidungsfindung werden die (bewussten) Ambivalenzen durch Nachfragen gewichtet und auf die Waagschalen verteilt. • Was passiert, wenn der Gesprächspartner... • ... nur eine Seite der Waage fokussiert? • ... beide Seiten der Waage hinterfragt? 03.07.14 Nachbar & Tentler 72 Unstimmigkeiten in Dilemmata „verwandeln“ Unstimmigkeit Ø Ø Ø nicht bewusste Widersprüche „Blockade“ zwischen Denken, Fühlen und Handeln Reagieren 03.07.14 Dilemma Ø bewusstes Abwägen wahrgenommener Unstimmigkeiten Ø „Blockade“ wird „kommunizierbar“ Ø Handeln 73 Übung: Entscheidung herbeiführen • 1. Zweier Gruppen bilden: Aufteilung in einen Interviewer und eine Person, die Gründe für und gegen eine Veränderungen (auf ein persönliches Thema bezogen) aufzählen kann. • 2. Der Interviewer macht eine Zusammenfassung der Gründe, die gegen eine Veränderung sprechen - wobei Aversionen durch Einbeziehung der Sinneskanäle provoziert werden. • 3. Der Interviewer macht eine Zusammenfassung und Wiederholung der Gründe, die für eine Veränderung sprechen wobei Attraktoren durch die Betonung der Sinneskanäle verstärkt werden. 03.07.14 74 Phase 3: Ziel-Planung • Commitment und Konsistenz erzeugen • Umgang mit Selbstschutz • Gute Ziele? • Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit stärken 03.07.14 Nachbar & Tentler 75 Umgang mit Selbstschutz • Heikle Phase - Beispiel: Wut der Person richtet sich gegen uns • Wichtig: Aggressionen werden meist dann geäußert, wenn unsere Fragen nicht an den „Standort“ der Zielperson angepasst sind • Aggressionen können eine stabilisierende Funktion für die Person haben – beziehe sie nicht auf Dich selbst! • Um den Gesprächspartner aus der blockierenden Phase des Selbstschutzes heraus zubegleiten, ist es wichtig, das Gespräch in Gang zu halten und selbst eine „geschmeidige“ Haltung anzunehmen • Aikido – nicht Karate – ist die geeignete Haltung auf „vermeintliche“ Angriffe zu reagieren 03.07.14 Nachbar & Tentler 76 Umgang mit Selbstschutz – Beispiele für provokante Statements 1. Ist mir egal. 2. Ich sag nichts mehr. 3. Nützt doch alles nichts. Wofür soll ich mich anstrengen? 4. Sie haben doch keine Ahnung was in mir vorgeht! 5. Als Mann/Frau können Sie da ja wohl nicht mitreden! 6. Mit Ihnen kann ich ja wohl nicht offen darüber reden! 7. Und wer beschützt mich dann...? 8. Das kenn ich, mich hat ja noch nie jemand verstanden! 9. Eigene Beispiele 03.07.14 Nachbar & Tentler 77 Umgang mit Selbstschutz – Provokanten Statements begegnen (1) • Jemand aus der Gruppe nimmt die provokante Position der Zielperson ein – sie/er wählt eines der Statements bzw. formulierte eine eigene provokante Aussage. • Gruppe sucht gemeinsam nach Antwort-Strategien • Der „Rollenspieler“ (Zielperson) entscheidet: Wo hat er sich am besten „angesprochen“ gefühlt? Wodurch? 03.07.14 78 Fragetechniken bei Selbstschutz • • • • • • • • • Differenzierendes Fragen: • Was verstehen Sie genau darunter? Worin bestehen denn genau die Unterschiede? • Na mal angenommen 49% zu 51%... • Was davon ist Ihnen am wichtigsten, was kommt an zweiter Stelle, was an dritter? Wunderfrage: • Mal angenommen Sie könnten wieder ruhig schlafen, wie würden Sie die wiedererlangte Energie genau nutzen? • Wenn zu Ihnen die berühmte Fee käme, welche Wünsche hätten Sie bezogen auf Ihre Problematik? Fiktive Fragen: • Woran würden Sie erkennen, dass Ihr Problem geringer geworden ist? • Haben Sie eine gute Freundin? Wenn ja: Welchen Tipp würde sie Ihnen an dieser Stelle wohl geben? • Wenn Ihr/e Partner/in eine Therapie machen würde, welches Ihrer Kinder würde wohl am stärksten davon profitieren? Zirkuläre Fragen: • Wenn ich Ihre/n Partnerin/Partner die Frage (z.B. wie es Ihnen geht) stellen würde, was würde sie/er wohl antworten? „Kompetenz Frage“: • Mal angenommen Sie wären in meiner Rolle was würden Sie dann statt meiner antworten? Zukunftsorientierte Frage: • Wenn Sie alles hinter sich gebracht haben, was werden Sie anschließend anders machen? Ressourcen orientierte Fragen: • Wie Sie vorhin erzählten, waren Sie bereits mit einem anderen Problem in einer ähnlichen Situation - wie haben Sie diese damals gelöst? Konfrontative Fragen: • O.k., o.k., Sie scheinen ja nun wirklich gar nichts tun zu können, ja und jetzt? • Wenn Ihre Kinder sich später einmal an ihre Mutter/ihren Vater zurück erinnern, was möchten Sie, woran sie sich erinnern? Frage nach der Wahrnehmung: • Hölle, Hölle, Sie machen auf mich einen ganz schön wütenden Eindruck, bin ich Ihnen vielleicht zu nahe getreten mit einer meiner Fragen? 03.07.14 Nachbar & Tentler 79 Umgang mit Selbstschutz – Provokanten Statements begegnen (2) • 3er Gruppen bilden • Bitte reihum ein provokantes Statement wählen. • Gruppe sucht nach Antwort-Strategien und benutzt dazu die „neuen“ Fragen. • Der „Rollenspieler“ (Zielperson) entscheidet: Wo hat er sich am besten „abgeholt“ gefühlt? Wodurch? 03.07.14 80 Gute Ziele? Das erreichen von Zielen wirkt motivierend und stärkt den Glauben an die eigene Handlungskompetenz. Wie formuliert man sinnvolle Ziele? • Ziele sollten persönlich bedeutsam sein - eine persönliche Erlebensqualität besitzen. • Ziele sind ein Anfang. • Sie sollten realistisch und erreichbar sein. • Sie sollten positiv formuliert sein. • Ziele sollten klein und konkret sein: Womit fängt man an, was tut man als erstes? • Sie sollten klar definiert sein. Man sollte wissen, wann ein Ziel erreicht ist und woran man das merkt. Begleitend: • Behindern Diskrepanzen/Ambivalenzen den Umsetzungsprozess? • Verbindlichkeit und Anbindung herstellen: Termine, Verträge... 03.07.14 Nachbar & Tentler 81 Der innere Boykotteur • Fragestellung an die / den KlientIn : Wie ist es Ihnen in der Vergangenheit „gelungen“ , eigene Ziele, nicht zu erreichen? • Welche ihrer eigenen Gewohnheiten könnte Ihnen diesmal in die Quere kommen? 03.07.14 Nachbar & Tentler 82 Zielpapier 1. Klare und konkrete Definition des Ziels: 2. Vorteil / Nachteil Liste in Bezug auf das definierte Ziel Vorteil Nachteil 1. 1. 2. 2. 3. 3. 4. 4. 5. 5. 6. 6. 7. 7. 8. 8. 3. Festlegung des 1. Schrittes: Womit wird begonnen? Wann? Wie? 4. Herstellung von Verbindlichkeit: Wie kann die Beraterin/der Berater den 1. Schritt stützen? (z.B. Kontakt zu anderen Hilfeeinrichtung herstellen, zum Termin begleiten, Angehörige einbinden, sich berichten lassen, den 1. Schritt auswerten etc.) 03.07.14 Nachbar & Tentler 83 Abschluss • Was nehmen Sie mit? • Im Hinblick auf die eigene Praxis: • Was werden Sie in Ihrer Berufspraxis nutzen? • Wo haben sich Ihre Perspektiven erweitert oder verändert? • Was halten Sie persönlich in Ihrer Praxis für unbrauchbar? 03.07.14 Nachbar & Tentler 84 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 03.07.14 Nachbar & Tentler 85 Kontaktadressen Dr. Karin Nachbar, Dipl.-Psych. Michael Tentler, Dipl.-Soz.Päd. Leiterin der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern im Caritasverband Bocholt e.V. INTOB e.V. / METHIS Postfach: 100851 46008 Oberhausen Nordwall 44-46 46399 Bocholt Mobil: +49 (0)170 – 5402662 Email: [email protected] Sekretariat: +49 (0)2871 - 25 13 13 01 Büro: +49 (0)2871 -25 13 13 08 Email: [email protected] Internet: http://www.caritas-bocholt.de 03.07.14 Nachbar & Tentler 86 Literatur zum TTM • Keller, S. (Hrsg.) (1999). Motivation zur Verhaltensänderung. Das Transtheoretische Modell in Forschung und Praxis. Freiburg: Lambertus. • Prochaska, J.O. & DiClemente, C.C. (1985). Towards a comprehensive model of change. In W.R. Miller & N. Heather (eds.), Treating addictive behaviors. New York: Plenum, pp. 3-27. • Prochaska, J.O., Norcross, J.C. & DiClemente, C.C. (1994). Changing for Good. New York: William Morrow. • Prochaska, J.O., Norcross, J.C. & DiClemente, C.C. (1997). Jetzt fange ich neu an. Das revolutionäre Sechs-Schritte-Programm für ein dauerhaft suchtfreies Leben. München: Quintessenz/Juventa. 03.07.14 87 Literatur zur Motivierenden Gesprächsführung • Demmel, R. (2004). Motivational Interview. Ein Leitfaden für die Praxis. Göttingen: Hogrefe.. • Miller, W.R. & Rollnick, S. (1999). Motivierende Gesprächsführung. Ein Konzept zur Beratung von Menschen mit Suchtproblemen. Freiburg: Lambertus. • Miller, W.R. & Rollnick, S. (2002). Motivational Interviewing. Preparing People for Change. New York: Guilford. • Miller, W.R. & Rollnick, S. (2005). Motivierende Gesprächsführung. Freiburg: Lambertus. 03.07.14 88 Literatur: Motivation, Glaubhaftigkeit, Persönlichkeitsstörungen etc. • Biller, C., Heubrock, D., Magdeburg, A.-K., Palkies, P. Rossmanek, M. & Witt, O. (2009). Manual für den polizeilichen Umgang mit psychisch auffälligen Geiselnehmern und anderen Personen in kritischen Einsatzlagen. Reihe: Polizeipsychologische Praxis, Band 1. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft. • Cialdini, R.B. (2004). Die Psychologie des Überzeugens. Ein Lehrbuch für alle, die ihren Mitmenschen und sich selbst auf die Schliche kommen wollen. Bern: Huber. • Ekman, P. (2003). Gefühle lesen. Wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren. Heidelberg: Spektrum-verlag. • Hermanutz, M., Litzcke, S.M. & Kroll, O. (2005). Polizeiliche Vernehmung und Glaubhaftigkeit. Stuttgart: Boorberg. • Maslow, A.H. (1991). Motivation und Persönlichkeit. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. • Sachse, R. (2004). Persönlichkeitsstörungen. Göttingen: Hogrefe. • Sachse, R. (2006). Persönlichkeitsstörungen verstehen. Bonn: Psychiatrie-Verlag. 03.07.14 89 Bild-Quellen • Gleichgewicht_Mechanik.png • • 03.07.14 http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Gleichgewicht_Mechanik.png#filelinks Dieses Bild wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht. Es ist erlaubt, das Bild unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren. Es gibt keine unveränderlichen Abschnitte, keinen vorderen Umschlagtext und keinen hinteren Umschlagtext. Nachbar & Tentler 90