Redoxreaktionen Charakteristika: - Elektronenübertragungsreaktionen (vgl: Protonen bei Säure/Base) -Reduktion und Oxidation sind stets miteinander gekoppelt -Reduzierte und oxidierte Form eines Stoffes bezeichnet man als korrespondierendes Redoxpaar - An jeder Redoxreaktion sind zwei korrespondierende Redoxpaare beteiligt Redoxreaktionen Reduktion ≡ Elektronenaufnahme ⇒ Erniedrigung der Oxidationszahl eines Elements Oxidation ≡ Elektronenabgabe ⇒ Erhöhung der Oxidationszahl eines Elements Reduktionsmittel - bewirken die Reduktion von Reaktionspartnern - haben vergleichsweise niedrige Oxidationszahlen - werden selbst oxidiert - geben also Elektronen ab; e--Donoren Oxidationsmittel - bewirken die Oxidation von Reaktionspartnern - haben vergleichsweise hohe Oxidationszahlen - werden selbst reduziert - nehmen also Elektronen auf; e--Akzeptoren Spannungsreihe Doppelschicht Modellvorstellung: Bringt man ein Metall M0 in eine Lösung seines Salzes Mn+, so hat es einerseits das Bestreben Metallkationen an die Lösung abzugeben, andererseits das Bestreben Metallkationen aus der Lösung in sein Metallgitter einzubauen⇒ es gibt je nach Metall einen bestimmten Gleichgewichtszustand! ⇒ der Metallstab lädt sich negativ (oben/unedle Metalle) oder positiv (unten/edle Metalle) auf Messung der Potentiale ⇨Nur Messung relativer nicht aber absoluter Werte möglich. a) Qualitativ: Abscheidung eines Metalles aus seiner Salzlösung durch ein “unedleres“ Metall. Bsp: Cu2+ + Fe → Cu + Fe2+ Fe2+ + Cu → Na+ + Zn → Durch Kombination aller möglichen Metalle und Metallsalzlösungen läßt sich eine relative Reihenfolge der Metalle nach edel oder unedel ermitteln. b) Quantitativ: Messung der Potentialdifferenz zwischen zwei Halbzellen; räumliche Trennung der beiden Halbreaktionen. Cu2+ + 2 e- → Cu und Fe → Fe2+ + 2 eVerbindung der beiden Halbzellen durch einen Stromschlüssel und Messung der Spannung mit einem Voltmeter. Spannung = EMK (elektromotorische Kraft) Galvanisches Element Anode: Oxidation; Auflösen Kathode: Reduktion; Abscheiden Im galvanischen Element fließen Elektronen von der Anode zur Kathode! Standardwasserstoffelektrode H2 p(H2)=1,013 bar T=25°C [H+(aq)]=1mol/l platinierte Pt-Elektrode Standardpotential = 0 V Standardpotentiale +0,34 0.34V - 0,76 – 0.76 V e– e– V V + Cu T=25°C H2 p(H2)=1.013 bar + H2 p(H2)=1.013 bar Zn T=25°C [H+(aq)]=1mol/l [H+(aq)]=1mol/l platinierte Pt-Elektrode platinierte Pt-Elektrode a[Cu2+(aq)]=1 a[Zn2+(aq)]=1 Vorzeichenkonvention 1953. Ein positives Vorzeichen des Standardpotentials bedeutet freiwillige Reduktion gegenüber der Normalwasserstoff-Elektrode. Ein negatives Vorzeichen des Standardpotentials bedeutet freiwillige Oxidation gegenüber der Normalwasserstoff-Elektrode. Reduktionskraft Red. Form Ox. Form saure Lösung (aH+ = 1) Li Li+ K K+ Ca Ca2+ Na Na+ Mg Mg2+ Al Al3+ Mn Mn2+ Zn Zn2+ Cr Cr3+ Fe Fe2+ Cd Cd2+ Co Co2+ Sn Sn2+ Pb Pb2+ Fe Fe3+ H2 2 H+ Sn Sn4+ Cu Cu2+ Cu Cu+ Fe2+ Fe3+ Ag Ag+ Hg Hg2+ Pd Pd2+ Pt Pt2+ Au Au3+ + z e– + 1 e– + 1 e– + 2 e– + 1 e– + 2 e– + 3 e– + 2 e– + 2 e– + 3 e– + 2 e– + 2 e– + 2 e– + 2 e– + 2 e– + 3 e– + 2 e– + 4 e– + 2 e– + 1 e– + 1 e– + 1 e– + 2 e– + 2 e– + 2 e– + 3 e– Standardpotiential E0 in V – 3.04 – 2.93 – 2.84 – 2.71 – 2.36 – 1.68 – 1.18 – 0.76 – 0.74 – 0.44 – 0.40 – 0.28 – 0.14 – 0.13 – 0.04 0.000 0.15 0.34 0.52 0.77 0.80 0.86 0.92 1.19 1.50 Oxidationskraft Spannungsreihe Reduktionskraft Reduzierte Form Oxidierte Form saure Lösung (aH+ = 1) S2– S H3PO3 + H2O H3PO4 + 2 H+ H2 + H2O O2 + 2 H3O+ SO2 + 6 H2O SO42– + 4 H3O+ 2 I– I2 H2O2 + H2O O 2 + 2 H3 O + NO + 6 H2O NO3– + 4 H3O+ 2 Br– Br2 6 H2O O 2 + 4 H 3O + 2 Cr3+ + 21 H2O Cr2O72– + 14 H3O+ 2 Cl– Cl2 Pb2+ + 6 H2O PbO2 + 4 H3O+ Mn2+ + 4 H2O MnO4– + 8 H+ 3 H2O + O2 O 3 + 2 H 3O + 2 F– F2 + z e– + 2 e– + 2 e– + 2 e– + 2 e– + 2 e– + 2 e– + 3 e– + 2 e– + 4 e– + 6 e– + 2 e– + 2 e– + 5 e– + 2 e– + 2 e– Standardpotential E0 in V – 0.48 – 0.28 0 0.17 0.54 0.68 0.96 1.07 1.23 1.33 1.36 1.46 1.51 2.07 2.87 Oxidationskraft Spannungsreihe komplizierterer Systeme Lokalelemente Lokalelemente liegen vor, wenn sich zwei verschiedene Metalle berühren und diese mit einer Elektrolyt-Lösung (z.B. schmutziges Wasser) an der Berührungsstelle benetzt sind. In einem Lokalelement erfolgt eine schnelle Oxidation des unedleren Metalls (Korrosion). schmutziges H2O Praktische Beispiele: - Lötstellen (unterschiedliche Legierungen) - Verschraubungen, Vernietungen - ungleichmäßige Zusammensetzung einer Legierung Beziehung zwischen ΔG (Thermodynamik) und EMK (Elektrochemie) Bei einer reversibel arbeitenden galvanischen Zelle kann die freie Enthalpie insgesamt als elektrische Arbeit gewonnen werden, so dass gilt: ΔG0 = - n·F·ΔE n = Zahl der verschobenen Elektronen F = Faraday-Konstante ΔE = elektrische Potentialdifferenz, Spannung, EMK (ist als immer positiv definiert ⇨drückt den Energiegewinn bei spontan ablaufenden Reaktionen aus) Nernstsche Gleichung in der Anwendung Für Metallelektroden gilt: Das Metall hat keine Konzentration in der Lsg. ⇨wird als 1 gerechnet bzw. aus der Gleichung weggelassen. ⇨E = E0 + 0,059/n·log[Men+] Für Nichtmetallelektroden gilt: Das Nichtmetall als Element hat keine Konzentration in der Lsg. ⇨wird als 1 gerechnet bzw. aus der Gleichung weggelassen. Hier jedoch ist die gelöste Form die reduzierte Form! ⇨E = E0 + 0,059/n·log1/[Nimen-] = E0 – 0,059/n·log[Nimen-] Für ein kompliziertes Redoxsystem gilt: Es müssen alle Redoxreaktionsteilnehmer berücksichtigt werden außer Elektronen (gehen über n in die Gleichung ein) und Wasser. z.B.: Mn2+ + 12 H2O MnO4- + 8 H3O+ + 5 e⇨E = E0 + 0,059/5·log([MnO4-]·[H3O+]8)/[Mn2+] Der Bleiakkumulator Öffnung zur Kontrolle und Regulierung des Elektrolytes (20 - 30%ige Schwefelsäure) + _ Anode: Bleigitter mit Pb-Schwamm gefüllt Kathode: Mit PbO2 beschichtetes Bleigitter Pb + SO42– PbO2 + 4 H+ + SO42– + 2 e– PbSO4 + 2 e– PbSO4 + H2O Entladung Pb + PbO2 + 2 H2SO4 Ladung 2 PbSO4 + 2 H2O + 2.04 V Sauerstoff Sauerstoff (O2): - Bestandteil der Luft - unter Normalbedingungen ein farbloses Gas In der Lewis Schreibweise meist dargestellt als O O Stimmt überein mit Bindungsordnung 2, erklärt aber bestimmte Eigenschaften nicht. ⇨besser O .. O biradikalisch, paramagnetisch Sauerstoff Oxide: Oxid - O2- (-II), Peroxid - O22- (-I), Hyperoxid - O2- (-I,O) selten, 1 e- mehr als O2 Ozon: blaßblaues sehr giftiges Gas, mesomeriestabilisiert + O O O + - O O O Allotrop zu O2 Allotropie: Vorkommen eines Elements in verschiedenen Formen im gleichen Aggregatzustand. Sauerstoff Ozon: Ozon wird in der Atmosphäre ständig gebildet und zerfällt wieder, wobei kurzwellige UV-Strahlung absorbiert wird. a) in der Stratosphäre (20-25 km): nützlich, da UV abgeschirmt wird O2 + h·ν → 2 O (λ < 242 nm) O + O2 → O3 O3 + h·ν → O2 + O (λ < 310 nm) O + O3 → 2 O2 Zerstörung der Ozonschicht z.B. durch FCKW (stark vereinfacht): F3C-CF2Cl + h·ν → F3C-CF2· + Cl· Cl· + O3 → ClO + O2 ClO + O → Cl· + O2 Sauerstoff Ozon: b) in der Troposphäre, Sommersmog: schädlich, giftig Stickstoffmonoxid ist ein schädliches Nebenprodukt von Verbrennungsvorgängen. Seine Anwesenheit fördert die Bildung von Ozon. 2 NO + O2 → 2 NO2 2 NO2 + h·ν → 2 NO + 2 O O + O2 → O3 → Folgereaktionen (Wald/Atemwege) Reines Ozon ist gefärlich explosiv! Kohlenstoff - Hybridisierung Kohlenstoff - Hybridisierung Kohlenstoff-Hybridisierungstypen + s-Orbital p-Orbital + s-Orbital sp-Hybrid + sp2-Hybrid p-Orbitale + s-Orbital 3 p-Orbitale sp3-Hybrid Hybridisierungstypen H H H H H H Ethan 1 σ-Bindung H H H H H H Ethen 1 σ-, 1 π-Bindung Ethin 1 σ-, 2 π-Bindungen zwischen den beiden C-Atomen Graphit C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C sp2-hybridisierte Kohlenstoffatome Graphit- und Diamantgitterstrukturen Graphitgitter Diamantgitter Kohlenstoff - Vorkommen Vorkommen von Kohlenstoff in chemisch gebundener Form: a) CO2 und Salze der Kohlensäure; Atemluft, CaCO3 (Kalk), MgCa(CO3)2 (Dolomit), etc. b) organische Kohlenstoff-Verbindungen biologischer Herkunft; CH4 (Erdgas), flüssige Kohlenwasserstoffe (Erdöl), Kohle Oxidationsstufen: Kohlenstoff kommt in Verbindungen in den Oxidationsstufen von -IV bis + IV vor. O O O=C=O H-C H-C CH3-OH CH4 OH H CO2 Ameisensäure Formaldehyd Methanol (+IV) (+II) (0) (-II) Methan (-IV) Stickstoff Vorkommen von Stickstoff: - Atmosphäre (78% der Luft) - Biosphäre (Aminosäuren, Nukleotidbasen etc.) - Natriumnitrat (Chilesalpeter) - Kaliumnitrat (Salpeter) Bindungsordnung und Eigenschaften von N2: lN≡Nl 1 σ- und 2 π-Bindungen; Bindungsordnung = 3 N2 → 2 N ∆H = + 950 kJ/mol (extrem hohe Bindunsgenergie) ⇨N2 ist reaktionsträge, farb-, geruch-, geschmacklos, nicht brennend Oxidationsstufen: -III -II -I NH3 N2H4 N3H Hydrazin HAzid jede von -III bis +V möglich 0 +I +II +III +IV N2 N2O NO HNO2/N2O3 NO2/N2O4 Lachgas +V HNO3/N2O5 Der Stickstoffkreislauf Stickstoff Sauerstoffsäuren von Stickstoff: N H a) salpetrige Säure: HNO2 O O zerfällt beim Erwärmen oder in konzentrierter Lösung: 3 HNO2 → H3O+ + NO3- + 2 NO Salze heißen Nitrite; z.B. NaNO2 (Natriumnitrit) b) Salpetersäure: HNO3 O - N + H O O (mesomeriestabilisiert) zerfällt bei Lichteinwirkung: 2 HNO3 Licht 2 NO2 + H2O + ½ O2 ⇨Aufbewahrung in Braunglasflaschen Große industrielle Bedeutung; Nitrat als Düngemittel, Sprengstoff Die Entwicklung der technischen Darstellung (Verbrennung von NH3 zu NO2 und Einleiten in Wasser) verursachte den Zusammenbruch der südamerikanischen Wirtschaft. Schwefel Vorkommen: - elementar (vulkanischen Ursprungs/Sediment unter Schwemmsandschichten) - gebunden als Sulfide und Sulfate - als H2S (vulkanisch, im Erdgas, bei biologischen Zersetzungsreaktionen) Schwefel ist wichtiger Bestandteil von Proteinen. Darstellung: - aus Lagerstätten direkt gewonnen (⇨FraschVerfahren: mit überhitztem H2O und Drücken von 25 bar wird der S nach oben geschwemmt) - H2S → S ← SO2 (Oxidation von H2S mit O2 oder Reduktion von SO2 mit Kohlenstoff) Modifikationen des Schwefels (unterkühlt: plastischer Schwefel) rhombisch hellgelb monoklin hellgelb leicht flüssig zähflüssig gelb dunkelrotbraun fester Schwefel [S 95.6oC α Umwp. Sβ] ] flüssiger Schwefel 119.6oC [S S π α Smp. Sμ]] 444.6oC Sdp. temperaturabhängiges Gleichgewicht (445 - 2200oC) dunkelrotbraun gasförmiger Schwefel [S8 S7 S6 S5 S4 S3 S2 temperaturabhängiges Gleichgewicht S] Strukturen des Schwefels S7 S6 S S S S S S S S8 S S S S S S S S S S S Sµ S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S S10 S S S S S S S11 S S S S S S S S S S S S S S S S S S S12 S S Oxide und Säuren des Schwefels SO2: stechend riechendes, giftiges Gas; entsteht bei Verbrennung von fossilen Brennstoffen; wird als SO2 in Freiheit gesetzt und vermischt sich mit Regen zu schwefliger Säure: ⇨Oxidation durch Luftsauerstoff: ⇨Saurer Regen SO2 + H2O → H2SO3 H2SO3 + ½ O2 → H2SO4 Rauchgase können durch Druckwäsche mit Ca(OH)2 von SO2 befreit werden: Ca(OH)2 + SO2 → CaSO3 + H2O CaSO3 + ½ O2 → CaSO4 (Gips) Oxide und Säuren des Schwefels SO2 und SO32- besitzen wegen der mittleren Oxidationsstufe + IV sowohl reduzierende als auch oxidierende Eigenschaften; SO3 und SO42- nur oxidierende. SO3 reagiert nur langsam mit Wasser, obwohl die Reaktion stark exotherm ist. ⇨ H2SO4 wird nach dem Kontaktverfahren hergestellt: 1. S + O2 → SO2 2. SO2 + ½ O2 → SO3 (mit V2O5 als Kat.: V2O5 + SO2 → V2O4 + SO3; V2O4 + ½ O2 → V2O5) 3. SO3 + H2SO4 → H2S2O7 (Dischwefelsäure) 4. H2S2O7 + H2O → H2SO4 Definition von Komplexen Ein Komplex ist eine chemische Verbindung ZLn, in der ein Zentralteilchen Z (Zentralatom) an eine bestimmte Zahl n von Bindungspartnern L (Liganden) gebunden ist, wobei das Zentralteilchen mehr Bindungspartner bindet, als dies nach seiner Ladung oder Stellung im Periodensystem zu erwarten wäre. (lat.: complexus = Umarmung) Definition von Komplexen Die Bindungspartner werden als Liganden bezeichnet. Die Zahl der Liganden wird durch die Koordinationszahl angegeben. Die Anordnung der Liganden um das Zentralteilchen erfolgt in Form von Koordinationspolyedern. [ZLn]m (Z = Zentralatom (Komplexzentrum), L = Ligand, n = Koordinationszahl, m = Ladung des Komplexes) sind alle Liganden gleichartig ⇒ homoleptischer Komplex sind die Liganden verschiedenartig ⇒ heteroleptischer Komplex Nomenklatur von Komplexen - Bei Salzen erst wie üblich Nennung des Kations dann des Anions - Für das komplexe Teilchen selbst: 1. Nennung der Zahl der jeweiligen Liganden 2. Art des/der Liganden, jeweils streng alphabetisch geordnet {in der Formelschreibweise werden oft die anionischen Liganden zuerst aufgeführt, dann die neutralen} 3. Anionische Liganden erhalten die Endung "o", neutrale Liganden haben individuelle Endungen (z.B. aquo, ammin, carbonyl, nitrosyl) 4. Schließlich Nennung des Zentralatoms meist mit angehängter Oxidationszahl in (), {in der Formelschreibweise wird das Zentralatom an die erste Stelle des Komplexes gesetzt}, bei anionischen Komplexen bekommt das Metall noch die Endung "at" an den meist lateinischen Namen des Metalls (z.B. -cuprat, -ferrat, stibiat) -Die Teile des Komplexes werden in der Formelschreibweise in [ ] gesetzt. -Die Gesamtladung des Komplexes ergibt sich aus der Summe der Einzelladungen Beispiele für die Nomenklatur von Komplexen Formel Name [Ni(NH3)4]SO4 Tetraamminnickel(II)sulfat [Ni(CO)4] Tetracarbonylnickel(0) K2[Ni(CN)4] Kaliumtetracyanoniccolat(II) [Ni(CN)2(H2O)2] Diaquodicyanonickel(II) Chelatliganden Chelatliganden ≡ mehrzähnige Liganden ("Zähne" meist O oder N) z.B. Ethylendiamintetraessigsäure H2C N H2C N CH2 COOH CH2 COOH CH2 COOH CH2 COOH EDTA Z O N C Chelatliganden Die Ligandenmoleküle sind meist organischer Natur, die Zähne meist N- oder O-Atome. Der Chelatligand bildet zusammen mit dem Zentralatom 1 oder mehr Ringe (meist 5-7-gliedrig). kleiner ⇨zu große Spannung größer ⇨schwierigere Koordination an 1 Zentralatom Chelatkomplexe zeigen durch den sogenannten Chelateffekt erhöhte Stabilität. Chelateffekt Erklärung: a) Bei Chelatisierung eines vorher hydratisierten Zentralatoms mit einem Chelatliganden tritt eine Erhöhung der Teilchenzahl in der Lösung auf. ⇨Entropiezunahme ⇨Verkleinerung von ∆G (je negativer ∆G desto bevorzugter die Reaktion) Bsp: Ca(H2O)62+ + EDTA4- → CaEDTA2- + 6 H2O 2 Teilchen → 7 Teilchen b) Wenn von einem „normalen“ Komplex im dynamischen Gleichgewicht ein Ligand abgeht, muß der Komplexrest erst einen neuen Liganden einfangen. Bei einem Chelatkomplex befindet sich der losgelöste Ligandenzahn immer in räumlicher Nähe und kann leicht wieder angebunden werden. weitere besondere Komplexe - Sandwich: Komplexe, bei denen zwei aromatische Moleküle das Zentralatom von oben und von unten komplexieren, z.B.Dibenzolchrom C r - Kronenether: Komplexe mit makrozyklischen Liganden; die Donor-O-Atome können das Zentralatom in unterschiedlicher Geometrie umgeben, auch oktaedrisch; hiermit werden sogar Alkalimetallkationen komplexiert O O O O O O Geometrie von Komplexen Koordinationszahl 2 linear Koordinationszahl 3 trigonal planar Geometrie von Komplexen Koordinationszahl 4 tetraedrisch quadratisch planar (seltener, da sterisch ungünstiger) bevorzugte Zentralatome: Cu+, Co2+, Cd2+, Zn2+ etc. Cu2+, Ni2+, Pt2+, Pd2+, Au3+ Geometrie von Komplexen Koordinationszahl 5 trigonal-bipyramidal quadratisch-pyramidal Geometrie von Komplexen Koordinationszahl 6 oktaedrisch Höhere Koordinationszahlen: 7, 8 (kubisch),9, 10, 12 (insgesamt selten) Isomerien von Komplexen - Dissoziationsisomerie (Ionisationsisomerie): Bsp.: [Co(NH3)5(SO4)]Br ↔ [Co(NH3)5Br]SO4 rot; Fällung mit Ag+ violett; Fällung mit Ba2+ Spezialfall: Hydratisomerie [Cr(H2O)6]Cl3 ↔ [Cr(H2O)5Cl]Cl2·H2O ↔ [Cr(H2O)4Cl2]Cl·2H2O - Koordinationsisomerie: [Co(NH3)6][Cr(CN)6] ↔ [Cr(NH3)6][Co(CN)6] [Cr(NH3)6][Cr(SCN)6] ↔ [Cr(NH3)4(SCN)2][Cr(NH3)2(SCN)4] - Bindungsisomerie: [Co(NH3)5(NO2)]Cl2 ↔ [Co(NH3)5(ONO)]Cl2 Nitro (Bindung über N) Nitrito (Bindung über O) Isomerien von Komplexen - cis-trans-Isomerie: Y X M Y X Y M X Y X X X Y X M Y Y Y Y Y M Y Y X - optische Isomerie: Bild-Spiegelbild-Isomerie = Enantiomerie ⇨chiral optische Isomere haben identische X X physikalische Eigenschaften mit X Cl Cl X Ausnahme von ihrem Verhalten M M gegenüber polarisiertem Licht; X Cl Cl X tritt nur bei mehrzähnigen X X Liganden auf durch Drehung nicht zur Deckung zu bringen 18-Elektronenregel Viele Komplexe erfüllen die 18-e--Regel, wenn ihr Zentralatom ein Übergangsmetall ist. Diese Regel besagt, dass thermodynamisch stabile ÜMKomplexe dann vorliegen, wenn die Summe der Metall-dElektronen und der von den Liganden zur Bindung beigesteuerten Elektronen 18 beträgt. Hierdurch erreicht das Zentralatom formal die Elektronenkonfiguration des im Periodensystems folgenden Edelgases. z.B.: Co3+ [Ar]3d6 6 Valenzelektronen plus 6 Liganden á 2 Elektronen ⇨6 + 2· 6 = 18 ≙ [Kr] ⇨Co3+ wird bevorzugt Komplexe mit der Koordinationszahl 6 ausbilden! Die Kristallfeldtheorie ⇨basiert auf der Betrachtung der d-Orbitale der zentralen Metallionen Grundsätze: - Liganden ordnen sich symmetrisch um das Zentralatom an (entsprechend ihrem Raumbedarf) - Stabilisierungsenergie durch Bindungsenergie als Summe aller Anziehungs- u. Abstoßungskräfte - Stabilisierungsenergie durch bestimmte Besetzung der d- Orbitale des Zentralatoms Die Kristallfeldtheorie Einfluß des durch die Liganden hervorgerufenen elektrischen Feldes auf die Besetzung der d-Orbitale: - Im freien Metallzentralatom befinden sich die fünf d-Orbitale auf gleichem Energieniveau; sie sind energetisch entartet. - Durch das Ligandenfeld wird die Besetzung derjenigen Orbitale erschwert, die direkt in Richtung auf die Liganden zeigen (die Elektronen dieser d-Orbitale und die der Liganden stoßen einander stärker ab, als dies bei den übrigen d-Orbitalen der Fall ist). Die d-Orbitale = Liganden Die Kristallfeldtheorie Energetische Aufspaltung der 5 d-Orbitale im oktaedrischen Ligandenfeld: E d (e ) γ g 6 Dq 10 Dq oder ∆0 dε (t2g) 4 Dq 5 d-Orbitale im 5 d-Orbitale im Ligandenkugelfeld gerichteten Ligandenfeld Die Durchschnittsenergie der d-Orbitale wird nicht verändert. Die Energiedifferenz der Aufspaltung wird mit 10 Dq bezeichnet. Die Größe der Aufspaltung, also die Größe von 10 Dq hängt von der Stärke des Ligandenfeldes ab; je stärker das Feld desto größer die Aufspaltung und damit 10 Dq. Kristallfeldstabilisierungsenergie (KFSE) ≡ Energiedifferenz zwischen einem System mit gleichmäßiger Verteilung der Elektronen auf die eg- und t2g-Niveaus und einem System in dem zuerst die energetisch niedriger liegenden Niveaus besetzt werden. Bsp: - Sc3+ (d0) - Ti3+ (d1) - V3+ (d2) - Cr3+ (d3) ⇨keine KFSE; Stabilisierung nur durch elektrostratische Anziehung (Z-L) und Abstoßung (L-L) ⇨KFSE für 1 e-; Energiegewinn = 4 Dq ⇨KFSE für 2 e-; Energiegewinn = 8 Dq ⇨KFSE für 3 e-; Energiegewinn = 12 Dq usw. KFSE ist maximal, wenn alle drei abgesenkten Orbitale im oktaedrischen Ligandenfeld voll gefüllt sind (d6). Ist die Aufspaltung (10 Dq) sehr klein, wird das 4. Elektron eher in das eg- als ins t2gNiveau gepackt ⇨verschiedene Besetzungsmöglichkeiten! Die spektrochemische Reihe der Liganden Größe der Aufspaltung ΔO ≡ 10 Dq ≈ 100 - 500 kJ Ligandenfeldaufspaltung abhängig von Größe und Ladung der Liganden: hohe negative Ladung, kleiner Radius ⇒ starke Aufspaltung (große Nähe ⇒ stärkere Anziehung) Spektrochemische Reihe der Liganden: I– < Br– < S2– < SCN– < Cl– < NO3– < NCO– < OH– < ONO– < ox2– < H2O <NCS– < NC– < py < NH3 < NO2– < CNO– < CN– < CO schwaches Feld starkes Feld Die spektrochemische Reihe der Metalle Ligandenfeldaufspaltung abhängig von Größe und Ladung des Zentralatoms: hohe Ladung, kleiner Radius ⇒ starke Aufspaltung Spektrochemische Reihe der Metallionen: Mn2+ < Ni2+ < Co2+ < Fe2+ < V2+ < Fe3+< Cr3+ < V3+ < Co3+ < Ti3+ < Ru2+ < Mn4+ < Mo3+ < Ru3+ < Pd4+ < Ir3+ < Re4+ < Pt4+ schwaches Feld starkes Feld Die Größe der Spinpaarungsenergie ist eine Eigenschaft des Metallatoms selbst ⇒ Für jedes Metallion gibt es eine bestimmte Stelle in der spektrochemischen Reihe der Liganden an dem seine Komplexe von high-spin zu low-spin wechseln! Kristallfeldaufspaltung ⇔ Eigenschaften von Komplexen 1) magnetische Eigenschaften: entsprechen der Anzahl der ungepaarten Elektronen ⇒ - Paramagnetismus (ungepaarte Elektronen) vs. - Diamagnetismus (keine ungepaarten Elektronen) - ESR-Spektroskopie (ungepaarte Elektronen) - Wechselwirkung mit einem Magnetfeld (ungepaarte Elektronen) 2) Lichtabsorption: - Durch Lichtenergie können Elektronen von den abgesenkten Niveaus auf die angehobenen Niveaus angeregt werden. - Energie des absorbierten Lichts ≙10 Dq - starke Komplexe ⇒ große Aufspaltung ⇒ kurzwelliger (höher energetischer) Bereich (Richtung UV) - schwache Komplexe ⇒ kleine Aufspaltung ⇒ langwelliger (niedriger energetischer) Bereich (Richtung IR) Umrechnung von Wellenlänge in Energie pro Übergang von einem Elektron gilt: ∆E = h·ν = h·c/λ und 1/λ = ν ⇨∆E = h·c·ν h = Plancksches Wirkungsquantum ν = Frequenz des Lichts c = Lichtgeschwindigkeit λ = Wellenlänge ν = Wellenzahl handlichere Größe: ∆E/mol ⇨∆E/mol = h·c·ν·NA ∆E/mol = 6,626076·10-34 J·s·2,99792458·108 m/s·6,02214·1023 1/mol·ν = 119,6·10-3 (J·m/mol)·ν = 11,96·(J·cm/mol)·ν ⇨1 cm-1 ≙ 11,96 J/mol Eine Wellenzahl entspricht also einer Energie von 11,96 J/mol. Kristallfeldaufspaltung in anderen Feldern Andere Modellvorstellungen für Koordinationsverbindungen Die Ligandenfeldtheorie entspricht der Kristallfeldtheorie berücksichtigt jedoch neben den rein elektrostatischen Wechselwirkungen auch kovalente Bindungsanteile. Die Molekülorbitaltheorie beschreibt darüber hinaus die Bildung gemeinsamer "neuer" Molekülorbitale von Zentralatom und Liganden. Beide Theorien haben gegenüber der Kristallfeldtheorie den Vorteil, daß sie die Plätze von ungeladenen Liganden ( H2O, CO, NH3 etc.) in der spektrochemischen Reihe besser erklären können. Hämoglobin und Myoglobin Hämoglobin und Myoglobin Hämoglobin ist der rote Blutfarbstoff, Myoglobin ist der blassrote Farbstoff im Muskelgewebe von Wirbeltieren. In beiden Fällen ist die O2-tragende Gruppe Fe2+-Protoporphyrin IX (= Häm). In der O2-freien Form (Desoxy-Hb; Desoxy-Mb) ist das FeII fünffach koordiniert. Vierfach durch den äquatorialen Porphyrinring; die fünfte Koordinationsstelle wird durch den Imidazol-Stickstoff eines Histidylrestes besetzt. Dieses proximale (nahe) Histidin stellt die Verknüpfung zum Protein her. Das distale (ferne) His ist nicht direkt gebunden und schirmt die Koordinationsstelle des O2 ab, zu dem es im gebundenen Zustand eine HBrücke ausbildet. Hämoglobin und Myoglobin Das Eisen wird bei der O2-Koordination in die Ebene des Porphyrinringes hineingezogen. Hämoglobin und Myoglobin Myoglobin: Enzym mit 1 UE; Protein besteht aus 153 AS; hoher α-Helixanteil Hämoglobin und Myoglobin Hämoglobin: Enzym mit 4 Untereinheiten jede Untereinheit besitzt eine sehr große Ähnlichkeit zu dem Myoglobin Hämoglobin und Myoglobin Die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin und Myoglobin Die Sättigung Y ist definiert als der Grad der Belegung der sauerstoffbindenden Zentren. 0 = alle Zentren frei; 1 = alle Zentren besetzt Trägt man Y gegen pO2, den Sauerstoffpartialdruck auf, erhält man eine Sauerstoffdissoziationskurve.