15/08/2015 Kleine Zeitung Steiermark Seite 48 Auflage: 204.854 Erscheinung: Täglich Artikelwerbewert 31487.61 GESUNDES "Schweben" im Sandbett Es hätten routinemäßige Wartungsarbeiten sein sollen, doch der Einsatz endete in einer Katastrophe: Zwei Elektriker wurden bei einem Arbeitsunfall in Kärnten Anfang August schwer verletzt, als es zu einem Kurzschlusskam. Ein explosionsartiger Knall gefolgt von einem Lichtbogen: Dadurch erlitten die beiden Arbeiter schwerste Verbrennungen am ganzen Körper. Einer der Arbeiter wurde daraufhin ins LKH-Uniklinikum Graz geflogen und liegt dort in einem Spezialbett auf 700 Kilo Sand. Die weiße Decke, unter der das Brandopfer liegt, flattert, als würde durch das Zimmer der Intensivstation eine Windschneise verlaufen. Tatsächlich ist es der Luftstrom des Spezialbettes, der die Laken wehen lässt. "Das Bett ist gefüllt mit Mikroglaskugeln, die durch den starken Luftstrom verwirbelt werden", sagt LarsPeter Kamolz. Der Vorstand der Abteilung für plastische Chirurgie erklärt, dass der Patient in diesem Bett quasi "schwebend" - Menschen mit schwersten Brandverletzungen werden auf eine Tonne Sand gebettet: ein Besuch auf der Intensivstation. nicht der einzigeVorteil, den dieses Bett für Brandopfer bietet: Die schweren Verbrennungen an Rücken und Gesäß haben riesige Wunden zurückgelassen. In einem herkömmlichen Bett würden sich diese Wunden schnell infizieren, da Keime dort perfekte Bedingungen vorfinden: Es ist warm und feucht. "Durch die Oberfläche des Bettes kann die Wundflüssigkeit abfließen und wird von den Kügelchen aufgeTonne. saugt", erklärt Kamolz. Die verDie Druckentlastung ist aber klumpten Kugeln sinken ab und gelagert wird: Man versinkt in den Mikroglaskugeln und der Auflagedruck ist damit minimal. Maximal waren aber die Sicherheitsbestimmungen dafür, dass das Bett überhaupt ins Grazer Klinikum transportiert werden konnte: Die Herstellerfirma verlangte ein statisches Gutachten über die Tragfähigkeit der Böden, bevor das Bett verliehen wurde. Denn: Das eigentlich unscheinbare Bett wiegt mehr als eine INFO Das Spezialbett kommt nur bei großflächigen Verbrennungen an Rücken und Gesäß zum Einsatz, In Österreich gibt es acht solcher Betten, die an Kliniken vermietet ; v werden, Ein Bett wiegt eine Tonne und ist mit Glaskügelchen gefüllt, die durch einen Luftstrom aufgewirbelt werden. Wundflüssigkeit wird abgeleitet und aufgesaugt. können durch eine Klappe entsorgt werden. So werden die großen Wundflächen 40 Prozent der Haut sind verbrannt trocken gehalten. - - Zeit gewinnen Durch das Bett kann die Zeit überbrückt werden, bis dem Patienten wieder eigeneHaut transplantiert werden kann.Diese Zeit ist eine große Herausforderung für die Intensivmedizinund Pflege. "Über eine solch große Wundfläche verliert man nicht nur Wärme und Flüssigkeit", sagt Philipp Metnitz, Leiter der Abteilung fürAnästhesiologie, Notfallund Intensivmedizin. "Der Patient muss vor Infektionen geschützt und schmerzfreigehalten werden." Der Betroffene wird außerdem in einen "Dämmerzustand" versetzt: Er ist ansprechbar und kann selbst atmen, aber ist nicht bei vollem Bewusstsein. Das ist auch deshalb notwendig, weil der Schwebezustandim Bett leicht zur Seekrankheit führt. SONJA SAURUGGER "nö Das unscheinbare Bett wiegt eine Tonne: Spezialbett für Brandopfer HOFFMANN