Erscheinungsort: Wien; Verlagspostamt: A-8600 Bruck an der Mur GZ 05Z036253 M Jahrgang 6 / Ausgabe 4/08 Forum für klinische Ernährung, Infusionstherapie und Diätetik Österreichische Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung (AKE) Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM) Gesellschaft für klinische Ernährung der Schweiz (SSNC/GESKES) Nahrungsmittelallergien Viel häufiger sind Nahrungsmittelintoleranzen (NMI), wie Laktoseintoleranz oder Histaminintoleranz, die z. B. durch Enzymdefizienzen verursacht werden. NMA sind auf IgE-abhängige oder IgE-unabhängige immunologische Reaktionen zurückzuführen (Zuberbier T; Allergy 2004; 59:338). Nahrungsmittelallergien sind definiert als individuell auftretende, immunologisch vermittelte Unverträglichkeitsreaktionen auf bestimmte Nahrungsinhaltsstoffe. www.nutrition-news.cc Eier: © www.pixelio.de / wrw Nahrungsmittelunverträglichkeiten (NMU) beeinträchtigen mehr als 20% der Bevölkerung der Industrieländer. In 1/4 der betroffenen Kinder und 1/10 der betroffenen Erwachsenen basiert die Unverträglichkeit auf einer Nahrungsmittelallergie (NMA), die als immunologische Krankheit definiert ist und in ca. 50% mit gastrointestinalen Symptomen einhergeht. Obwohl die NMA damit deutlich seltener sind, als zunächst vermutet, sind sie immer noch häufiger als manche andere Erkrankung. Bei Kindern ist eine Prävalenz von 2-8%, bei Erwachsenen von 1-2% ermittelt worden. Im Vergleich dazu treten chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa deutlich seltener auf (Bischoff SC; Gastroenterology 2005; 128:1089). Nahrungsmittelallergien werden von Medizinern oft ignoriert Dennoch wird in Fachkreisen außerhalb der Allergologie wenig über Nahrungsmittelallergie gesprochen. Insbe- Archiv: www.medicom.cc Nahrungsmittelallergien • Enterale Ernährung und Motilitätsstörungen • Ernährung des Intensivpatienten • Hyperglykämie nach Stammzelltransplantation • Mangelernährung und Komplikationen • Ernährungsteams • Eikonsum schädlich? • Vitamin D • Kaiserschnitt und Typ-1-Diabetes • Zertifikatskurs Klinische Ernährung • Mitteilungen der AKE, DGEM und SSNC/GESKES • Kongresse ENTERALE ERNÄHRUNG NUTRITION ENTERALE Fresubin® – Im EasyDRINK Fresubin® – Dans sa bouteille EasyDRINK ® n i b u s e Fr RINK D ) e r b ergy (fi en ® Fresubin DRINK y g r e n e protein Frebini ® en (fibre) D ergy RINK Kennen Sie unsere verschiedenen Geschmacksrichtungen? Gerne senden wir Ihnen Muster zu, kontaktieren Sie uns Connaissez-vous nos différents aromes? 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Im Gegensatz zu diesen Erkrankungen kommen bei NMA gelegentlich lebensbedrohliche Reaktionen vor. Untersuchungen haben gezeigt, dass Nahrungsmittel unter den Allergien, die lebensbedrohliche Reaktionen auslösen, auf Platz eins stehen, gefolgt von Insektengiftallergien und Medikamentenallergien, während Pollenallergien, obwohl insgesamt die häufigste Allergiegruppe bei Erwachsenen, eher selten tödliche Reaktionen auslösen. Besonders häufig werden lebensbedrohliche Reaktionen bei Pfirsichallergie beobachtet, die auf einer sogenannten „Lipidtransferprotein-Allergie“ beruhen und das Verschreiben eines Notfallsets, bestehend aus einer Adrenalinspritze und Kortison sowie H1-Antihistaminikum, notwendig machen. Aus diesen Gründen sollte der Verdacht auf NMA ernst genommen und evidenzbasiert abgeklärt NUTRITION - NEWS werden (Sampson HA; N Engl J Med 1992; 327: 380). Das Geheimnis der Nahrungsmittelallergene Problem Diagnostik Meistens handelt es sich um Nahrungsproteine, die für die Auslösung der Erkrankung verantwortlich sind, wobei unklar ist, wie sich die wenigen Proteine, die typischerweise als Allergen wirken können, grundsätzlich von den tausenden von anderen Nahrungsproteinen unterscheiden. Nahrungsproteine werden zu einem großen Anteil (ca. 98%), aber bei weitem nicht vollständig, während der Magen-Darm-Passage degradiert. Dies ist notwendig, um eine normale mukosale Immunantwort auszulösen, welche, sofern die mukosale Barriere intakt ist, zu einer immunologischen Toleranz führt. Die wichtigsten Nahrungsmittelallergene, die für eine Krankheit verantwortlich sind, sind abhängig vom Alter des Patienten, von den Ernährungsgewohnheiten einer Bevölkerung und damit auch von der geographischen Region, aus der der Patient kommt. Bei kleinen Kindern spielen insbesondere Eier, Kuhmilch, Soja und Weizen eine wichtige Rolle als auslösende Nahrungsmittel. In einigen Ländern wie USA, GB und Frankreich, weniger in Deutschland, spielen auch Erdnüsse eine große Rolle als Auslöser für Nahrungsmittelallergien. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil für das Auslösen einer Erdnussallergie nur kleinste Mengen von Erdnussallergen benötigt werden (die bereits lebensbedrohliche Situationen auslösen können). Neben der Erdnuss spielen echte Nüsse (Haselnüsse, Walnüsse, etc.), Fisch, Meeresfrüchte, Milch und Eier eine Rolle bei der Auslösung von allergischen Reaktionen. Mit wachsendem Alter verändert sich das Spektrum der relevanten Nah- Die Diagnose basiert auf einer sorgfältigen Eigen- und Familienanamnese, einer symptomorientierten Ausschlussdiagnostik, speziellen Allergietests und, bei Problemfällen, einer kontrollierten Provokation. Die Kombination dieser Testverfahren bietet ein verlässliches Instrument zur Diagnosestellung. Schlüssel zum Verständnis der Pathogenese von Nahrungsmittelallergien: Die gastrointestinale Barriere Die Tatsache, dass die NMA vor allem eine Erkrankung des ersten Lebensabschnitts ist, steht im Zusammenhang mit unserem derzeitigen Verständnis von den zugrunde liegenden Mechanismen der NMA, deren Entstehung eng verknüpft ist mit der Integrität der gastrointestinalen Barriere (Macdonald TT; Science 2005; 307, 1920). Die gastrointestinale Mucosa ist der Ort der immunologischen Sensibilisierung und der Antigenexposition, aber nicht notwendigerweise das Schockorgan (Brandtzaeg PE. Ann N Y Acad Sci 2002; 964:13). Tatsächlich kann jedes Organ als Schockorgan involviert sein, in den meisten Fällen konzentrieren sich die Symptome jedoch auf die Haut, den Gastrointestinaltrakt oder den Respirationstrakt, oder eine Kombination hieraus. Die am besten charakterisierte Überempfindlichkeit gegenüber Nahrungsmitteln ist die sogenannte IgE-vermittelte Typ-I-Immunreaktion, bei der Mastzellen im Mittelpunkt stehen (Bischoff SC; Gastroenterology 2005; 128:1089). DEZEMBER 2008 3 Nahrungsmittelallergien rungsmittelallergene. Ei. Milch, Soja und Getreide werden weniger wichtig, stattdessen werden Nahrungsmittelallergene, die mit Pollenallergenen kreuzreagieren, zunehmend relevant. Dieser Wechsel ist vor allem bei Erwachsenen zu beobachten, bei denen die meisten Nahrungsmittelallergien durch pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien zustande kommen. Verwirrend: Die Symptome des Nahrungsmittelallergikers Allergische Symptome können von minimalen Beschwerden bis hin zu lebensbedrohlichen Schockzuständen variieren. Etwa ein Drittel der Patienten mit echter NMA leidet vorwiegend unter gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Krämpfen, Flatulenz und Diarrhö. Andere Patienten geben vorwiegend Hautprobleme an (Urticaria, QuinckeÖdem, atopische Dermatitis), beziehungsweise respiratorische Symp-tome (Rhinitis, Bronchialasthma), Schocksymptome oder weniger definierte systemische Beteiligungen wie Migräne, Fatique-Syndrom, Ödembildung, Hypotension und Arthritis. Während dermatologische, respiratorische und systemische Zeichen der Allergie bekannt und etabliert sind, trifft dies nicht notwendigerweise für die gastrointestinalen Manifestationen zu, die schwierig zu diagnostizieren und zu behandeln sind. Die Therapie von Nahrungsmittelallergien ist eine Domäne der Ernährungsberatung Die Grundlage für die Behandlung einer Nahrungsmittelallergie ist die Eliminationsdiät. Wenn eine Eliminati- onsdiät nicht vollständig durchgeführt werden kann oder wenn nicht alle auslösenden Nahrungsmittel klar identifiziert werden können, ist eine ergänzende medikamentöse Therapie z. B. mit Cromoglycinsäure, Antihistaminika oder lokal wirksamen Steroiden erforderlich (Lepp US; Allergo J 2002; 11:156). Hyposensibilisierung und Präventionsmaßnahmen sind nur ansatzweise etabliert. Neue Ansätze sind neben klassischer Immunotherapie auch der Einsatz von Anti-IgEAntikörpern in ausgewählten Fällen (z. B. schwere Erdnussallergie), die die Schwellendosis, welche Symptome induziert, passager erhöht (Leung DY; N Engl J Med 2003; 13, 348:986). Prof. Dr. Stephan C. Bischoff Institut für Ernährungsmedizin (180) Universität Hohenheim, Stuttgart [email protected] IMPRESSUM Herausgeber: Prof. Dr. Wilfred Druml, AKE; Prof. Dr. Arved Weimann, DGEM; Prof. Dr. Rémy Meier, SSNC/GESKES E-Mail: [email protected], www.ake-nutrition.at Erscheinungsort: Wien; Verbreitung: Deutschland, Österreich, Schweiz Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Wilfred Druml, Dr. Karin Schindler, AKH Wien, Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien Der Inhalt namentlich gekennzeichneter Beiträge spiegelt die Meinung der Verfasser wider und muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen. Beirat: Priv. Doz. Dr. Michael Adolph, Prof. Dr. Stephan C. Bischoff, Prim. Doz. Dr. Peter Fasching, Prof. Dr. Michael Hiesmayr, Dr. Klara Jadrna, Prof. Dr. Berthold Koletzko, Prof. Dr. K. Georg Kreymann, Prof. Dr. Herbert Lochs, Prof. Dr. Erich Roth, Dr. Luzia Valentini Ziele der NUTRITION-News: Interdisziplinäres Diskussionsforum und Informationen zu aktuellen Themen der klinischen Ernährung. Kommentare und Zuschriften erbeten an: AKE, E-Mail: [email protected]; DGEM, E-Mail: [email protected]; SSNC/GESKES, E-Mail: [email protected] Heftpreis: EUR 20,-, Jahresabonnement EUR 80,- (exkl. Versandkosten) Copyright & allgemeine Hinweise: Mit der Annahme eines Beitrags zur Veröffentlichung erwirbt der Verlag vom Autor alle Nutzungsrechte, insbesondere das Recht der weiteren Vervielfältigung und Verbreitung zu gewerblichen Zwecken mit Hilfe fotomechanischer oder anderer Verfahren. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 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Röhm KD, Schöllhorn T, Boldt J, et al. Eur J Anaesthesiol 2008; 25:58-66 Klinikum Ludwigshafen, Department of Anaesthesiology and Intensive Care Medicine, Bremserstrasse, Ludwigshafen, Germany. Background and objective: To evaluate the current clinical attitude in enteral nutrition support and motility disorders in adult critically ill patients on German intensive care units. Methods: A total of 1493 questionnaires, including 25 items on the medical environment, treatment of motility disorders and enteral nutrition, were sent to German intensive care units in September 2005. Responses were collected during a 2-month period. Results: A total of 593 questionnaires were returned (response rate 41%). The intensive care units were mainly led by anaesthesiologists (63%) or internists (17%). Standard nutrition protocols were used in 44%. Feeding was mainly started as a combined enteral-parenteral regimen (70%). Early enteral nutrition was performed in 58% using a volume of 250-500 mL (66%) and increased by 200-400 mL day-1 (55%). It was mainly delivered by gastric tube (76%) Die Bedeutung der frühen enteralen Ernährung (EN) ist weltweit unumstritten. Alleine die Empfehlungen zum Beginn der additiven Gabe einer parenteralen Ernährung (PN) unterscheiden sich zwischen dem amerikanisch/ kanadischen Raum und Europa. In Kanada wird der Beginn der PN erst angeraten, wenn alles versucht wurde, die EN zu maximieren (Heyland DK; JPEN 2003; 27:355-373). Die American Society of Parenteral and Enteral Nutrition (ASPEN) empfiehlt, mit dem Beginn der PN zuzuwarten, wenn anzunehmen ist, dass eine adäquate EN innerhalb von 7 Tagen appliziert werden kann (ASPEN Board Directors, JPEN 2002; 26: Suppl 1SA-138SA). Im Gegensatz dazu wird in den ESPEN-GuideNUTRITION - NEWS via continuous pump systems (72%) with short interruption intervals of <4 h (86%). Enteral nutrition solutions were mainly standard polymeric formulae (86%). Modified solutions for diabetics and those with renal or liver failure were uncommonly used; immunonutrition did not play a role. Prokinetic agents, especially metoclopramide, laxatives and neostigmine, were routinely used (39%). Further therapeutic options in motility dysfunction included purgative enemas (96%), gastrografin (72%) and colon massage (39%). Conclusions: The concept of early enteral nutrition has been well established and approved in German intensive care units, though the recommendations only meet level C criteria in the current ESPEN-guidelines. The current survey may serve for further updates on practical nutrition support in intensive care medicine. lines ein frühzeitiger Beginn der PN empfohlen, um die angestrebte Kalorienzufuhr zu gewährleisten (Kreymann, KG; Clin Nutr 2006; 25:210). Getreu dem amerikanischen Schauspieler Robert Frost (1874-1963) „Kenntnisse bloß zu sammeln ist genauso schlecht, wie Geld zu horten. Auch Wissen will umgesetzt sein“, haben sich nun Kerstin Röhm und Mitarbeiter die Aufgabe gestellt, die Umsetzung der Empfehlungen an deutschen Intensivstationen zu evaluieren. Ein mehrseitiger Fragebogen wurde an die Leiter von 1493 Intensivstationen in allen Teilen Deutschlands verschickt. Darin wurden demographische Daten, das Ernährungsmanagement, aber auch die Therapie von Motilitätsstörungen abgefragt. Die Ergebnisse der 593 retournierten Fragebögen (41%) wurden in dieser Publika- tion zusammengefasst. Demographische Daten der evaluierten Intensivstationen: • Der Großteil der evaluierten Intensivstationen war in kleineren (<250 Betten, 27%) bis mittleren Krankenhäusern (250-500 Betten, 40%) angesiedelt. • Die durchschnittliche Größe der Intensivstationen lag zwischen 5-10 Betten (54%) und 10-15 Betten (28%). • Geleitet wurden die Intensivstationen in 62,8% der Fälle von Anästhesisten und zu 16,6% von Internisten. DEZEMBER 2008 5 Kommentar: Enterale Ernährung und Motilitätsstörungen • Das betreute Patientengut war breit gestreut, allgemeinchirurgische Patienten und internistische Patienten (80% bzw 74%) waren dicht gefolgt von orthopädischen (66%), gynäkologischen (57%), gefäßchirurgischen (44%) und urologischen Patienten (34%). Andere Disziplinen wie die Neurologie, Neurochirurgie oder die Herzchirurgie machten unter 30% des Patientengutes aus. Management der Ernährung: Ernährungsprotokolle wurden von 44% der Befragten verwendet. Diese verbessern nach der bislang vorliegenden Studienlage nicht das Outcome der Patienten, wohl aber ist die Anzahl der Beatmungstage geringer und das Ziel der EN wird besser erreicht (Barr, J, Chest 2004; 125:1446; Mackenzie, SL, JPEN 2005; 29:74). Die zu verabreichende Kalorienzahl wurde vom Großteil der Befragten anhand des Körpergewichtes des Patienten (78,7%) berechnet. Nur ein geringer Prozentsatz verwendete die Harris-Benedict-Formel (15,7%) oder die indirekte Kaloriemetrie (2%). Durchführung der EN: • innerhalb von 12-24 h ––> 57,9% • Beginn innerhalb von 24-48 h ––> 24,8% • applizierte Menge bis 500 ml/24 h ––> 92,5% • kombinierter Beginn EN/PN ––> 70% Die Zufuhr der EN erfolgte in 76% über eine übliche Magensonde, Jejunalsonden oder PEG-Sonden wurden nur selten eingesetzt (19% vs. 5%). Die kontinuierliche Applikation der EN mittels Pumpsystem (72,2%) und ohne routinemäßigen Wechsel der Sonde war das übliche Vorgehen in den befragten Häusern. Positiv zu bewerten war die Tatsache, dass in 82,7% inner6 DEZEMBER 2008 halb von 48h mit der EN begonnen wurde, weiters hatte die Anzahl der Intensivstationen abgenommen, an denen mit dem Beginn der EN bis zum Auftreten von Darmgeräuschen (13%) oder dem ersten Stuhl (1,7%) gewartet wurde. Die häufigsten Gründe, die EN zu unterbrechen, waren Erbrechen (81,9%) oder ein Reflux aus der Magensonde. Dabei variierten die angegebenen Restmengen von 200-1000 ml, bzw. bis zur Hälfte der applizierten EN. Ob als erster Schritt bei Erbrechen oder Restmengen die Ernährung reduziert oder gleich gestoppt wurde, ist aus der Erhebung nicht zu entnehmen. Nährlösungen: In 85% der Fälle wurden Standardnährlösungen verwendet, semielementare Lösungen oder hyperkalorische Nährlösungen spielten keine relevante Rolle. Auffällig war eine deutliche Diskrepanz zwischen den Empfehlungen für den Einsatz von Immunonutrition und der extrem geringen, tatsächlichen Verwendung. Die Supplementierung mit Vitaminen (87,1%), Gabe von Vitamin-B-Komplexen (57,9%), Ascorbinsäure (43,5%) und Selen (43,7%) war dagegen weit verbreitet. Therapie der gastrointestinalen Motilitätsstörung: In 78,1% aller Intensivstationen war die routinemäßige Stressulkusprophylaxe Standard. Die PPI haben dabei mit 61,7%, wie zu erwarten, die H2Blocker auf Platz 2 verdrängt. In 40% wurden Therapeutika verwendet mit dem Ziel, die gastrointestinale Motilität zu verbessern. Aus der Evalution ist nicht erkennbar, ob „Stuhlsorge SOPs“ zum Einsatz kamen, bzw. ob die Prokinetika prophylaktisch oder erst nach Auftreten von Motilitätsstörungen verabreicht wurden. Bei den verabreichten Substanzen dominierten eindeutig Laxantien und Metoclopramid. Erythromycin wurde aus Sorge vor Antibiotikaresistenzen und aus Angst vor Rhythmusstörungen nur von 15% der Befragten regelmäßig eingesetzt. Leider verwendeten 2/3 der Befragten noch „Prokinetika-Mischinfusionen“, wobei sich die Kombination Metoclopramid plus Neostigmin besonderer Beliebtheit erfreute. Andere therapeutische Optionen unterscheiden sich klar nach der Leitung der Intensivstation. Anästhesisten bevorzugten die Epiduaralanästhesie, während Internisten und Chirurgen der Colonmassage den Vorzug gaben. Zusammenfassend handelt es sich bei dieser Untersuchung um eine sehr interessante Umfrage, die das „tägliche Leben“ an deutschen Intensivstationen widerspiegelt. Die Ernährungstherapie wird an vielen deutschen Intensivstationen leitlinienkonform vorgenommen. Viele Elemente der Ernährungstherapie wurden in den letzten Jahren deutlich verbessert. So ist im Vergleich zu einer Umfrage aus dem Jahr 1997 (Preiser JC et al. Intensive Care Med 1999; 25:95-101) der Beginn der EN innerhalb der ersten 24 Stunden von 45 auf 58% angestiegen. Wenig sinnvolle, obsolete Gewohnheiten, wie das Zuwarten mit der EN, bis Darmgeräusche nachgewiesen wurden oder gar der erste Stuhl abgesetzt wurde, sind deutlich zurückgegangen. Diese Umfrage erlaubt aber auch, Probleme aufzuzeigen, die noch nicht einer befriedigenden Lösung zugeführt wurden. Beispielsweise wäre wünschenswert, ein einheitlicheres Vorgehen bei erhöhtem gastralen Residualvolumen („Reflux“) zu definieren. Prof. Dr. Sonja Fruhwald Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Medizinische Universität Graz [email protected] NUTRITION - NEWS Kommentar: Ernährung des Intensivpatienten „Permissive Hypoalimentation“ oder ganz einfach „normokalorische“ Ernährung? The risk for bloodstream infections is associated with increased parenteral caloric intake in patients receiving parenteral nutrition. Dissanaike S, Shelton M, Warner K, et al. Crit Care 2007; 11:R114 Harborview Medical Center, 325 9th Ave, Seattle, WA 98104, USA. Objective: Patients receiving total parenteral nutrition (TPN) are at high risk for bloodstream infections (BSI). The notion that intravenous calories and glucose lead to hyperglycemia, which in turn contributes to BSI risk, is widely held but is unproven. We therefore sought to determine the role that hyperglycemia and parenteral calories play in the development of BSI in hospitalized patients receiving TPN. Methods: Two hundred consecutive patients initiated on TPN between June 2004 and August 2005 were prospectively studied. Information was collected on patient age, sex, admission diagnosis, baseline laboratory values, intensive care unit (ICU) status and indication for TPN. Patients in the ICU were managed with strict glycemic control, whereas control on the general ward was more liberal. The maximum blood glucose level over each 8hour period was recorded, as were parenteral daily intake, enteral daily intake and total daily caloric intake. The primary outcome measure was the incidence of BSI. Additional endpoints were ICU-length of stay, hospital length of stay and mortality. In den letzten Jahren ist in verschiedenen Publikationen eindrücklich belegt worden, dass eine quantitativ und qualitativ inadäquate oder eine zu spät begonnene Ernährung bei Intensivpatienten die Komplikationsrate erhöht, die Wundheilung und die Immunkompetenz beeinträchtigt, das Risiko von Infektionen steigert und schlussendlich die Prognose der Patienten verschlechtert (z.B. Rubinson L; Crit Care Med 2004; 32:350; Artinian V; Chest 2006; 129:960). Wir müssen leider jedoch auch nach Jahrzehnten Forschung in klinischer Ernährung zugeben, dass wir nicht nur so kompleNUTRITION - NEWS Results: A total of 78 patients (39%) developed at least one BSI, which were more common in ICU-patients than in other hospitalized patients (60/122 patients versus 18/78 patients; P < 0.001). Maximum daily blood glucose concentrations were similar in patients with BSI and in patients without BSI (197 mg/dl versus 196 mg/dl, respectively). Patients with BSI received more calories parenterally than patients without BSI (36 kcal/kg/day versus 31 kcal/kg/day, P = 0.003). Increased maximum parenteral calories, increased average parenteral calories and treatment in the ICU were strong risk factors for developing BSI. There was no difference in mortality between patients with and without BSI. Conclusions: Increased parenteral caloric intake is an independent risk factor for BSI in patients receiving TPN. This association appears unrelated to hyperglycemia. Based upon our observations, we suggest that parenteral caloric intake be prescribed and adjusted judiciously with care taken to account for all intravenous caloric sources and to avoid even short periods of increased intake. xe Probleme, wie jene nach der optimalen Zusammensetzung einer Ernährung für Intensivpatienten, kaum beantworten können, sondern auch für so naheliegende, grundsätzliche und „einfache“ Fragen, wie jene nach der optimalen Art und Menge der Energie- bzw. Stickstoffzufuhr für verschiedene Patientengruppen in unterschiedlichen Krankheitsphasen keine wirklich exakten Aussagen machen können. Was allerdings in den letzten Jahrzehnten bezüglich der Energiezufuhr ganz klar geworden ist, ist die Tatsache, dass beim akut-kranken Patien- ten jede Form der überhöhten Energiezufuhr, der „Hyperalimentation“, zu schwerwiegenden, auch letalen Folgen führen kann. Dazu gehören etwa eine Leberverfettung, eine Hyperkapnie, eine Hyperglykämie, vor allem aber eine Beeinträchtigung der Immunkompetenz. Dieses Faktum wird durch diese, nach heutigem europäischem Standard wohl als obsolet oder gar als grotesk anzusehende Studie neuerlich belegt. Die Autoren zeigen, dass unter einer parenteralen (und enteralen) Ernährung die Rate an Bakteriämien mit der Höhe der „maximalen parenteralen DEZEMBER 2008 7 Energiezufuhr“ korreliert (wie viele Kalorien dabei enteral verabreicht wurden, ist nicht nachvollziehbar). Mit 39% der Patienten hatte ein extrem hoher Anteil Bakteriämien entwickelt. Der unterste Energiebereich betrug < 25 kcal, der höchste > 40 kcal/kgKG/Tag, damit eine exzessive, jede heutige Empfehlung bei weitem übersteigende Zufuhrrate (siehe Abbildung). Die maximale Energiezufuhr hatte sogar 70 kcal/kgKG/Tag betragen! Wegen dieser umfangreichen und schwerwiegenden Komplikationen einer überhöhten Energiezufuhr besteht einer der „Megatrends“ der klinischen Ernährung der letzten Jahrzehnte darin, die Empfehlungen für die Energiezufuhr zu reduzieren. Waren Anfang der 80er Jahre in den USA noch Zufuhrraten von bis 50 kcal/kgKG/ Tag empfohlen worden, so wurde dies in den folgenden Jahren kontinuierlich zurückgenommen. Wir sind heute bei einer Empfehlung von 20 (bei älteren) bis 25 (bei jüngeren Patienten) kcal/kgKG/Tag angelangt (siehe DGEM bzw. AKE-Empfehlungen). Nur in wenigen klinischen Situationen, wie etwa bei Verbrennungen, wird mehr verabreicht; aber auch hier wurden die Empfehlungen in mehreren Schritten reduziert. Heute wird wohl bei wenigen Patienten eine Zufuhr von mehr als 30 kcal/kgKG/Tag vorgenommen. Von den Fachgesellschaften wird heute also eine „hyperkalorische“ Ernährung abgelehnt und eine „normokalorische“ Ernährung empfohlen. Darunter wird eine Energiezufuhr verstanden, die dem tatsächlichen Energieumsatz des Patienten entspricht. Der Patient sollte also nur das erhalten, was er verbrauchen kann, da jede darüber hinausgehende Zufuhr zur Umwandlung, Ablagerung, Speicherung von Energiesubstraten, vorwie8 DEZEMBER 2008 Patientenanzahl Kommentar: Ernährung des Intensivpatienten < = 25 kcal/kgKG 26-34 kcal/kgKG 34-39 kcal/kgKG > = 40 kcal/kgKG Maximale parenterale Kalorien/Tag Keine Infektion Infektion der Blutbahn Abb. 1: Auftreten von positiven Blutkulturen in Abhängigkeit der maximalen täglichen parenteralen Energiezufuhr. Kontinuierliche Zunahme des Anteiles an Patienten mit Infektionen mit höherer Kalorienzufuhr (modifiziert nach Dissanaike S; Crit Care 2007; 11:R114) gend als Fett führt und eben zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann. Wir müssen leider zugeben, dass auch diese Empfehlung auf recht tönernen Beinen steht. Einerseits kennen wir „bettseitig“ den exakten Energieumsatz der individuellen Patienten nicht und wissen andererseits auch nicht, wie tief wir mit der Energiezufuhr tatsächlich gehen können, ob nicht auch eine „hypokalorische“ Ernährung ausreichend wäre. In den USA, dem Geburtsland der „Hyperalimentation“ und Mutterland der extremen Energiezufuhr, hat nun das Pendel zurückgeschlagen. In letzter Zeit wurde dort zunehmend das Konzept des „permissive underfeeding“ vertreten und bei Intensivpatienten eine hypokalorische Energiezufuhr empfohlen (in Europa hatte Kreymann schon vor Jahren den Terminus „permissive Hypoalimentation“ gemünzt). Diese Diskussion muss allerdings im Kontext der Entwicklung der klinischen Ernährung und der kontinuierlichen Rücknahme der Empfehlungen für die Energiezufuhr betrachtet werden. Tatsächlich haben von den spärlich zu diesem Thema vorliegenden Studien nur vereinzelte eine Energiezufuhr unter 20 kcal/ kgKG/Tag vorgenommen (z. B. McCowen KC; Crit Care Med 2000; 28:3606). Viele Studien entsprechen ganz einfach den heutigen Empfehlungen, müssen eher als normokalorische Ernährungskonzepte betrachtet werden. Andere dieser Studien wiederum wurden bei adipösen Patienten durchgeführt (Dickerson RN; Nutrition 2002; 18:241). Auch hier muss festgestellt werden, dass bei dieser Patientengruppe etwa die DGEM- bzw. die AKERichtlinien als Referenzgewicht für die Ermittlung der Energiezufuhr (aber nicht für die Protein- und Mikronährstoffzufuhr!) nicht das tatsächliche Körpergewicht (Ist-Gewicht), sondern das Ideal-Gewicht vorsehen, so dass in Europa auch bei übergewichtigen Patienten schon seit vielen Jahren eine niedrigere Energiezufuhr empfohlen wird. Was mancherorts als „hypokalorisch“ bezeichnet wird, entspricht also dem normokalorischen Konzept heutiger Empfehlungen. Ob die Empfehlungen für Energiezufuhr in den nächsten Jahren noch NUTRITION - NEWS Kommentar: Ernährung des Intensivpatienten weiter sinken werden, können wir noch nicht sagen, ist aber kaum anzunehmen. Tatsache ist, dass es vor allem in der Akutphase einer Erkrankung, nach schweren Operationen, bei Pankreatitis etc. Patienten gibt, bei denen wegen einer massiven Insulinresistenz, einer massiven Hyperglykämie, Hypertriglyceridämie und Beeinträchtigung der gastrointestinalen Motilität auch diese normokalorischen Nahrungsmengen nicht zugeführt werden können. Bei diesen „nicht-ernährbaren“ Patienten sollte die bei einem vorsichtigen, langsamen Ernährungsaufbau gerade noch tolerierte Menge, eine Minimalernährung möglichst gastrointestinal verabreicht werden. Bei solchen Patienten ist eine forcierte Vollernährung komplikationsgeladen, unter diesen Bedingungen kann „weniger mehr“ sein. Die zitierte US-Studie ist auch ein Lehrbeispiel dafür, wie klinische Ernährung bei Intensivpatienten nicht organisiert werden darf, wie es zu krassen Fehlern in der Nährstoffzufuhr kommen kann. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der exzessiven Kalorien wurde durch die schlechte bzw. fehlende Abstimmung zwischen parenteraler und enteraler Ernährung verursacht (Details sind leider aus der Publikation nicht mitgeteilt). Wie beispielsweise im Hamburger Modell vorgesehen, muss bei einer gemeinsamen enteralen und parenteralen Ernährung eine gegenseitige Abstimmung vorgenommen werden: Jede Änderung in der Zufuhr einer dieser Ernährungsformen muss von einer Adaptierung auch der anderen begleitet werden, um eine konstante Nährstoffzufuhr zu gewährleisten (und überhöhte Nährstoffzufuhr zu vermeiden) (Kreymann KG; Internist 2007; 48:1084). Daneben wurden in dieser US-Studie Energiesubstrate, die nicht nur mit NUTRITION - NEWS der Ernährung, sondern auch mit der Sedierung (Propofol) und der sonstigen Infusionstherapie verbunden waren, in der Energiebilanz nicht entsprechend berücksichtigt. Gerade die Fett-Zufuhr im Rahmen einer Propofol-Sedierung kann beträchtliche Mengen ausmachen und muss daher in die Energie- und Fettzufuhr eingerechnet werden. Auch die mit der sonstigen Infusionstherapie verbundene Energiezufuhr (Glukose als Trägerlösung für Medikamente, Glukose-hältige Infusionslösungen) hat in dieser Studie zu beträchtlichen Fehlern geführt (siehe auch Hise ME; J Am Diet Assoc 2007; 107: 458). Um dies zu vermeiden, wird in den meisten Empfehlungen eine vollständige Trennung der Ernährung von der sonstigen Infusionstherapie befürwortet, d. h. Nährstoffe und insbesondere Glukose sollten nur mit der Ernährung, nicht aber mit der sonstigen Infusionstherapie verabreicht werden. Die Autoren der US-Studie betonen mehrmals als Schlussfolgerung, dass „parenterale Kalorien“ zu Komplikationen führen. Ich denke, dass diese zu erwartenden Ergebnisse nichts mit dem Zufuhrweg, mit parenteral oder enteral zu tun haben, sondern eben mit der exzessiv überhöhten Zufuhr an sich. Enteral hätte man diese absurden Mengen nicht verabreichen können. Mit einer enteralen Ernährung wird dagegen häufig eher eine „unintended“ Hypoalimentation vorgenommen. In der Medizin kommt vieles vergessen Geglaubte wieder. Die Älteren von uns werden sich erinnern, dass gerade in den deutschsprachigen Ländern in den 80er Jahren für die postoperative Ernährung eine „hypokalorische“ Ernährungsform empfohlen worden ist (siehe beispielsweise Löhlein D. Principles and indications of hypocaloric parenteral nutrition. World J Surg 1986; 10:64). Ob wir eine tatsächliche Hypoalimentation (< 20 kcal/kgKG/ Tag) wirklich anstreben sollten, bleibt dahingestellt; jedenfalls sollten die unseligen Zeiten der Hyperalimentation, durch die zahllose Patienten zu Schaden gekommen sind, endgültig der Vergangenheit angehören. Prof. Dr. Michael Hiesmayr Abteilung für Herz-ThoraxGefäßchirurgische Anästhesie und Intensivmedizin Medizinische Universität Wien [email protected] DEZEMBER 2008 9 Kommentar: Hyperglykämie nach Stammzelltransplantation Auswirkungen einer Hyperglykämie nach Stammzelltransplantation Hyperglycemia during the neutropenic period is associated with a poor outcome in patients undergoing myeloablative allogeneic hematopoietic stem cell transplantation Fuji S, Kim SW, Mori S, et al. Transplantation 2007; 84:814-20 Department of Hematology and Stem Cell Transplantation, National Cancer Center Hospital, Tokyo, Japan. Background: Recipients of allogeneic hematopoietic stem cell transplantation (HSCT) frequently require support with parenteral nutrition and immunosuppressive drugs, which introduce the risk of hyperglycemia. Van den Berghe et al. showed that the strict glucose control improved the outcome of patients treated in the intensive care unit, and this point was evaluated in this study in a HSCT-setting. Methods: A cohort of 112 consecutive adult patients treated by myeloablative allogeneic HSCT between January 2002 and June 2006 was reviewed retrospectively. Twenty-one patients were excluded due to graft failure, preexisting infectious diseases, preexisting neutropenia or previous allogeneic HSCT. The remaining 91 patients were categorized according to mean fasting blood glucose (BG) level in the neutropenic period after conditioning: Normoglycemia (BG <110 mg/dL, n=28), mild hyperglycemia (110 Bei der Knochenmark- bzw. peripheren Blutstammzelltransplantation (KMT bzw. PBSZT) handelt es sich um ein ursprünglich nur für hämatologische Krebserkrankungen, inzwischen aber auch bei anderen schweren Krankheiten (z. B. Autoimmunerkrankungen) eingesetztes Therapieverfahren. Nach einer hoch dosierten Chemo-, evtl. in Verbindung mit einer Ganzkörperstrahlentherapie, welche besonders effektiv Tumorzellen zerstört, aber gleichzeitig aufgrund der hohen Dosierung die blutbildenden Stammzellen im Knochenmark des Behandelten zerstört, kann anschließend mittels einer Knochenmark- bzw. Blutstammzelltransplantation die lebensnotwen10 DEZEMBER 2008 to 150 mg/dL, n=49) and moderate/severe (>150 mg/dL, n=14). The primary endpoint was the occurrence of febrile neutropenia (FN) and documented infection during neutropenia, and the secondary endpoints included organ dysfunction according to the definition used by van den Berghe, acute graft-versus-host disease (GVHD), overall survival and nonrelapse mortality (NRM). Results: Although the incidence of FN or documented infections was similar between the three groups, hyperglycemia was significantly associated with an increased risk of organ dysfunction, grade II-IV acute GVHD and NRM. Conclusions: While the results suggested an association between the degree of hyperglycemia during neutropenia and an increased risk of posttransplant complications and NRM, the possibility that intensive glucose control improves the outcome after HSCT can only be confirmed in a prospective randomized trial. dige Blutbildung wieder ermöglicht werden. Das entscheidende Grundprinzip dieses Therapieverfahrens ist also die Übertragung gesunder blutund abwehrzellbildender Stammzellen auf einen auf unterschiedliche Weise intensiv vorbehandelten Patienten. Neben der Transplantation vom verwandten Spender, welcher eine Übereinstimmung in den HLA-Merkmalen mit dem Patienten aufweist, werden zunehmend auch solche vom unverwandten Stammzellspender und auch von Spendern durchgeführt, die sich in mehreren HLA-Merkmalen vom Empfänger unterscheiden. Durch Verbesserungen im Bereich der Bestimmungen der HLA-Merkmale, der GVHD-Prophylaxe (Graft Versus HostDisease), der antiinfektiösen Prophylaxe und Therapie, sowie der dosisreduzierten Konditionierungstherapie für Patienten, die aufgrund von Komorbiditäten keiner Hochdosistherapie zugeführt werden können, sind die Ergebnisse dieser Form der Transplantation in den letzten Jahren deutlich besser geworden (Giralt S;. Biol Blood Marrow Transplant 2007; 13:844). Die Morbidität und Mortalität scheint neben den bekannten und gut beforschten Prognosefaktoren (Krankheitsstadium, Alter, Anzahl der Vortherapien, Graft Versus Host-Erkrankung, Infektionen, Art der Konditionierungstherapie) zu einem beträchtlichen Teil NUTRITION - NEWS auch von ernährungsassoziierten Faktoren in der Betreuung der Patienten vor und während der Transplantation abhängig zu sein (da Gama Torres HO; Bone Marrow Transplant. 2008; 41:10211027). In letzter Zeit mehren sich die Publikationen, die sich mit den Auswirkungen einer Mangelernährung während der allogenen Stammzelltransplantation beschäftigen (MartinSalces M; Nutrition 2008; 24:769). Bei einigen dieser Arbeiten konnte gezeigt werden, dass eine Mangelernährung im direkten Zusammenhang mit einer Verlängerung der Spitalsaufenthaltsdauer, dem vermehrten Bedarf an Antibiotikatherapie infolge erhöhter Infektanfälligkeit, einer erhöhten Inzidenz an GVHD und somit zu einer deutlich erhöhten Morbidität steht. Aufgrund der zunehmenden Wertigkeit des Ernährungszustandes während der Stammzelltransplantation sollte bereits vor der geplanten Therapie ein Ernährungsscreening zur Identifikation von Risikopatienten für eine Mangelernährung durchgeführt werden. Sollte ein erhöhtes Risiko für eine Mangelernährung bestehen, sollte frühzeitig mit einer speziellen Ernährungsintervention (orale Zufuhr mit Trinknahrung und Supplementen; Nahrungszufuhr über gastrale Sonde; zentralvenöse parenterale Ernährung) begonnen werden. Wann immer möglich, sollte der enteralen Ernährung gegenüber der parenteralen Ernährung der Vorrang gegeben werden. Ist die enterale Ernährung jedoch nicht ausreichend, sollte eine Kombination aus enteraler und parenteraler Ernährung durchgeführt werden. Bei all diesen gut gemeinten und auch notwendigen Ernährungstherapien sollte man der Blutglukose, die in der Intensivmedizin in den letzten Jahren kaum wie ein anderer Laborparameter den Tagesablauf an der Intensivstation bestimmt hat, auch im Bereich der Stammzelltransplantation die notwendige Bedeutung schenken. NUTRITION - NEWS © wikimedia commons Kommentar: Hyperglykämie nach Stammzelltransplantation Die hier vorgestellte Studie von Shigei Fuji und Mitarbeitern untersuchte die möglichen Auswirkungen einer Hyperglykämie während der neutropenischen Phase der Stammzelltransplantation. Das primäre Ziel galt der Häufigkeit des neutropenischen Fiebers und der Häufigkeit von gesicherten Infektionen während der Neutropenie in Abhängigkeit von den Blutglukosewerten. Die sekundären Ziele waren der Einfluss der Hyperglykämie auf Organtoxizität, auf akute Graft-Versus Host-Erkrankung, Mortalität und transplantassoziierte Mortalität. In einer retrospektiven Analyse wurden 91 Patienten, die einer allogenen myeloablativen Stammzelltransplantation oder Knochenmarktransplantation aufgrund von verschiedenen hämatologischen Erkrankungen unterzogen wurden, analysiert. Die Patienten wurden alle mit einer myeloablativen Chemotherapie (n=45) oder kombinierten Chemotherapie und Strahlentherapie (n=46) mit anschließender verwandter (n=46) oder unverwandter (n=45) Transplantation unterzogen. Bei 69 Patienten wurde ein HLAidenter Spender als Stammzellspender verwendet, hingegen wurde bei 22 Pa- tienten eine nicht HLA-idente Transplantation durchgeführt. Die GVHDProphylaxe bestand bei 62 Patienten aus Cyclosporin A und bei 29 aus Tacrolimus. Die Patienten wurden aufgrund ihrer Blutglukosewerte in 3 Gruppen eingeteilt. In der Gruppe 1 waren 28 Patienten mit Blutglukosewerten von < 110mg/dl: In der Gruppe 2 waren 49 Patienten mit Blutglukosewerten zwischen 110 und 150 mg/dl und in der Gruppe 3 waren 14 Patienten mit Blutglukosewerten höher als 150 mg/dl. Die Blutzuckerwerte wurden bei jedem Patienten zumindest 3-mal in der Woche bei der morgendlichen Routineblutkontrolle durchgeführt. Der primäre Endpunkt der Autoren, eine Analyse hinsichtlich der Häufigkeit der febrilen Neutropenie und hinsichtlich dokumentierter gesicherter Infektionen, ergab bei der statistischen Analyse kein signifikantes Ergebnis. In allen 3 Gruppen kam es in etwa zu gleichen Teilen zum Auftreten einer febrilen Neutropenie sowie zum Auftreten von nachgewiesenen Infektionen. Bei der Analyse der weiteren Endpunkte konnten die Autoren zeigen, DEZEMBER 2008 11 Kommentar: Hyperglykämie nach Stammzelltransplantation dass in der Gruppe 3, also der Gruppe mit einer moderaten bis schweren Hyperglykämie, ein gehäuftes Auftreten von Organtoxizität zu beobachten war. Es war sowohl eine statistisch signifikante Erhöhung des Serumkreatinins, der Bilirubinwerte als auch der Entzündungsparameter zu beobachten. Bei genauerer Betrachtung waren in der Gruppe 3 im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen jedoch die älteren Patienten, und vor allem erhielten diese Patienten zu 79% eine Fremdspendertransplantation. Sowohl das Alter des Patienten als auch die Notwendigkeit, einen Fremdspender für die geplante Transplantation nehmen zu müssen, sind bekannte Risikofaktoren für eine erhöhte Inzidenz von Organtoxizität. Die weiteren Ergebnisse der Analyse ergaben eine Erhöhung der Inzidenz für das Auftreten einer Grad II-IV GVHD, einer Erhöhung der transplant- 12 DEZEMBER 2008 assoziierten Mortalität sowie einem reduzierten Gesamtüberleben. Auch bei diesen Ergebnissen ist anzumerken, dass das Auftreten einer schweren akuten GVHD und die erhöhte transplantassoziierte Mortalität mit höherem Lebensalter und Verwendung eines Fremdspenders deutlich gegenüber jüngeren Patienten unter Verwendung eines Geschwisterspenders erhöht ist. Die Studie zeigte weiterhin, dass diejenigen Patienten, die Tacrolimus anstatt Cylosporine A als immunsuppressive Therapie erhielten, einen erhöhten Blutglukosespiegel hatten. Diese Beobachtung ist insofern interessant, als Tacrolimus bei sehr vielen Zentren als bevorzugte Immunsuppression verwendet wird. Unter Tacrolimus zeigte sich in dieser Studie weiters eine Erhöhung des Kreatinins und Bilirubins. Diese Laborveränderungen hatte man bisher eher bei Patienten mit Cyclosporine A beobachtet. Zusammenfassend hat die Studie von Shigei Fuji et al. versucht, einen direkten Zusammenhang der erhöhten Blutglukosewerte auf die Infektionshäufigkeit, Organtoxizität, Graft Versus HostErkrankung, die transplantassoziierte Mortalität und das Gesamtüberleben herzustellen. Auch wenn es den Autoren nur in einigen Punkten gelungen ist, einen direkten Zusammenhang herzustellen und die Frage, was Ursache und was Folge ist, nicht klar zu beantworten ist, so glaube ich, dass die Arbeit doch eine gute Anregung für künftige Untersuchungen gibt, um die Bedeutung der Hyperglykämie bei Patienten während und nach einer Stammzelltransplantation besser zu definieren. Prof. Dr. Werner Rabitsch Universitätsklinik für Innere Medizin I Klinische Abteilung für Onkologie [email protected] NUTRITION - NEWS Kommentar: Mangelernährung und Komplikationen Präoperativer Gewichtsverlust und ein BMI von ≤21 kg/m2 sind Prädiktoren für Komplikationen und verlängerte Krankenhausverweildauer Preoperative unintended weight loss and low body mass index in relation to complications and length of stay after cardiac surgery. van Venrooij LM, de Vos R, Borgmeijer-Hoelen MM, et al. Am J Clin Nutr 2008; 87:1656-61 Divisions of Dietetics, Academic Medical Center, University of Amsterdam, Amsterdam, the Netherlands. Background: Several studies reported increased adverse outcomes after cardiac surgery in patients with low body mass index (BMI; in kg/m(2)). Little is known yet, however, about the effect of preoperative unintended weight loss (UWL) in cardiac surgery patients. Objective: We explored the prevalence and effect of UWL in view of low BMI and vice versa adjusted for a validated set of preoperative risks, inflammatory activity and duration of extracorporeal circulation on postoperative adverse outcome. Design: A prospective cohort study was performed. Nutritional data of cardiac surgery patients were collected within 24 h of admission and linked to the standard postoperative complication registration database. Results: The cohort consisted of 331 cases. Multivariate logistic regression analyses showed that preoperative UWL of >or=10% in the past 6 mo (>or=10%UWLin6m) was associated with a prolonged length of stay in the hosDiese prospektive Kohorten-Studie von Venrooij und Mitarbeitern aus der Abteilung für Herz-/Thoraxchirurgie Amsterdam zeigt aufs Neue eindrücklich die Korrelation verschiedener Mangelernährungszustände mit dem klinischem Outcome. In die Studie wurden insgesamt 331 Patienten eingeschlossen, die aufgrund ihrer Grunderkrankung einen aortokoronaren Bypass oder einen Klappenersatz bzw. ein kombiniertes operatives Vorgehen (Klappenersatz und aortokoronarer Bypass) benötigen. Aufgrund der immer noch unscharfen DeNUTRITION - NEWS pital independent from low BMI [odds ratio (OR): 7.06; 95% CI: 1.78, 28.04]. Preoperative BMI <or= 21.0 was associated with an increased incidence of postoperative infections and prolonged stay in the intensive care unit independent from >or=10%UWLin6m (OR: 4.62; 95% CI: 1.20, 17.82; and OR: 5.27; 95% CI: 1.28, 21.76, respectively). Preoperative undernutrition in cardiac surgery patients (>or=10%UWLin6m or BMI <or= 21.0 or both) was present in 9.1% of the study population (4.3% and 4.8%, respectively). Conclusions: From this study, we recommend special attention for cardiac surgery patients with preoperative >or=10%UWLin6m or BMI <or= 21.0 because both variables are independently related to adverse outcomes. Preoperative referral to a dietitian for further diagnostic assessment and nutritional treatment is strongly recommended. finition von Mangelernährungszuständen wurden die eingeschlossenen Patienten nach zwei verschiedenen Parametern mit unterschiedlichen Unterteilungen untersucht. Zum einen erfolgte die Differenzierung nach unbeabsichtigtem Gewichtsverlust, wobei zwischen einem Gewichtsverlust von ≥ 5% innerhalb eines Monats bzw. ≥ 10% innerhalb von 6 Monaten differenziert wurde. Darüber hinaus wurde zusätzlich das Patientenkollektiv anhand des aktuellen Body Mass Index (BMI) klassifiziert, wobei hier drei Parameter-Grenzen eingeführt wurden, zum einen ≤ 18,5 kg/m2 und des Weiteren ≤ 21 kg/m2 und schließlich ≤ 23,5 kg/m2. Neben diesen Parametern zur Detektion einer Mangelernährungsproblematik, welche laut Angaben der Autoren in weniger als 5 Minuten zu erheben waren, wurden noch weitere Risikofaktoren im Rahmen der stationären Aufnahme der Patienten erfasst. Zu diesen Risikofaktoren zählten zum einen das Serum-Albumin sowie inflammatorische Laborparameter wie CRP und Leukozyten. Darüber hinaus erfolgte eine weitere Klassifizierung anhand des EuDEZEMBER 2008 13 Kommentar: Mangelernährung und Komplikationen ropean System for Cardiac Opera-tion Risk Evaluation (Euro-SCORE). Abschließend erfolgte eine Zuordnung anhand des operativen Verfahrens, begleitend mit der Erfassung der kardiopulmonalen Bypass-Zeit als auch der Dauer des Aorten-Clampings. Als zu untersuchende Zielkriterien wurden zum einen medizinische Komplikationen wie Blutungen, Infektionen und Organversagen, sowie klinische Prozesse wie Re-Intubation, Liegedauer im Bereich der Intensivstation (≥ 48 h), Krankenhaus-Verweildauer (≥ 7 Tage) und Wiederaufnahme der Patienten definiert. Im Rahmen der allgemeinen Datenerhebung zeigte sich schon beim Patientengut mit einem unbeabsichtigten Gewichtverlust von ≥ 5% innerhalb eines Monats ein signifikant verringerter Serum-Albumin-Gehalt sowie eine deutlich gesteigerte Entzündungsreaktion (CRP ≥ 5 mg/l, Leukozyten ≥ 11.109). Von den 3,3% der Patienten, die einen derartigen Gewichtsverlust innerhalb eines Monats aufwiesen, waren der Großteil bereits präoperativ hospitalisiert, wohingegen die Patienten, die direkt von zu Hause in die Klinik aufgenommen wurden, signifikant weniger unerwarteten Gewichtsverlust aufzeigten. Im Folgenden wurde anhand der erhobenen Mangelernährungsparameter differenziert, inwieweit diese unabhängig zu bestehenden Komorbiditäten oder anderen Risikokonstellationen einen prädiktiven Faktor für das Outcome der Patienten haben. Durch die Verwendung einer multivariaten logistischen RegressionsAnalyse konnten einige der zuvor genannten Parameter als signifikante Prädiktoren für den postoperativen Verlauf von herzchirurgischen Patienten klassifiziert werden. So zeigte sich, 14 DEZEMBER 2008 dass ein unerwarteter Gewichtsverlust von ≥ 10 % innerhalb der letzten 6 Monate mit einem verlängerten Krankenhausaufenthalt verbunden war. Erstaunlicherweise war dieser Gewichtsverlust als Einzelfaktor unabhängig von einem erniedrigten BMI [OR: 7.06]. Neben diesem unabhängigen Mangelernährungsparameter kristallisierte sich des Weiteren ein BMI von ≤ 21,0 kg/m2 als relevanter Grenzwert zur Klassifizierung von mangelernährten Patienten heraus. Patienten, die ausschließlich einen BMI von ≤ 21 und keinen unbeabsichtigten Gewichtsverlust oder andere Komorbiditäten aufwiesen, zeigten eine signifikant erhöhte Inzidenz an postoperativen Infektionen und einen deutlich verlängerten Aufenthalt auf der Intensivstation. Die in dieser Studie gefundene Inzidenz von 9,1% Patienten mit Mangelernährungsproblematik erscheint im Vergleich zu anderen Studien aus den operativen Fachgebieten (Chirurgie: 15%, Pirlich M; Clinical Nutrition 2006; 25:563) relativ niedrig. Diese niedrige Inzidenz ist am ehesten dem sehr eingeschränkten Screening-Tool (lediglich BMI und unbeabsichtigter Gewichtsverlust) anzurechnen. So geben die Autoren bereits Hinweise und Anregungen zur Einführung adäquater Mangelernährungstests, wie sie z. B. von der ESPEN empfohlen werden, um die Sensitivität zu erhöhen. Wie bei vielen Studien, die auf der einen Seite harte technische Messdaten und andererseits anamnestische Angaben verwenden, muss kritisch angemerkt werden, dass Patienten mit einem Gewichtsverlust oder einem Untergewicht eher zur Überbewertung ihres Gewichtsverlaufes neigen, wohingegen normalgewichtige bzw. übergewichtige Patienten ein solches Problem eher nicht wahrnehmen bzw. häufig dieses unterschätzen. Des Weiteren muss die Aussage der Autoren bezüglich einer reduzierten Rate an postoperativen Infektionen und reduzierten Liegezeit im Bereich der Intensivstation bei adipösen Patienten kritisch gesehen und anhand der erhobenen Parameter relativiert werden. Die Autoren erfassten lediglich bis zu einem BMI von 36 das Patientengut systematisch. In dieser Gruppe (BMI 21 bis 36) zeigten sich durchaus die von den Autoren geschilderten Effekte mit geringerer postoperativer Infektionsrate als auch verringerter Intensivstationsverweildauer. Inwieweit sich aber dieses Geschehen bei ausgeprägter Adipositas (> 36 BMI) verhält, wurde nicht untersucht bzw. dargestellt. Zusammenfassend konnte diese Studie mittels eines sehr geringen Gesprächsaufwandes (weniger als 5 Minuten) und ohne Zuhilfenahme ausgefeilter technischer Hilfsmittel eindrucksvoll zeigen, dass ein Gewichtsverlust von ≥ 10% in 6 Monaten und ein BMI ≤ 21 kg/m2 entscheidende negative Prädiktoren für den postoperativen klinischen Outcome sind. Wie bereits anhand von Studien aus dem Bereich onkologischer Patienten mit operativen Eingriffen belegt, so muss auch für dieses Patientengut in weiteren Studien der positive Effekt einer präoperativ eingeleiteten, ernährungsmedizinischen Konditionierung zur Verbesserung des postoperativen Krankheitsverlaufes untersucht werden. Dr. med. Peter Rittler Facharzt für Chirurgie Chirurgische Klinik und Poliklinik Ludwig-Maximillians-Universität München – Klinikum Großhadern München [email protected] NUTRITION - NEWS Ernährungsteams Das erste Ernährungsteam in Österreich: Landeskrankenhaus Salzburg Universitätsklinik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Im Jahre 1991 begannen wir als erstes Krankenhaus eine Infrastruktur bezüglich ernährungsmedizinischer Versorgung in unserem Haus aufzubauen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit punkto Ernährungsmedizin gehörte damals noch nicht zum Klinikalltag. Nach dem Modell „Nutrition Supports Team“ (USA 1970) versuchten wir dieses in unserem Haus zu etablieren. Ein steiniger Weg, denn zuerst mussten wir engagierte Personen aus allen medizinischen Bereichen zur Mitarbeit gewinnen. Danach galt es, unseren Vorstand von unserem Vorhaben zu überzeugen. Unser Ziel war es, den Ernährungszustand eines Patienten aus medizinischer Sicht zu hinterfragen und rechtzeitig eine angemessene Ernährungstherapie zu starten. Die ersten gemeinsamen Sitzungen widmeten wir ganz der Erarbeitung von hausbezogenen Standards. Durch diese intensive Auseinandersetzung mit dem Thema „Klinische Ernährung“ stieg die Motivation; ein ausgezeichneter Teamgeist entwickelte sich. Unsere praktischen Erfahrungen und die Veröffentlichung der beiden Leitfäden wurden Basis für die späteren Empfehlungen für klinische Ernährung der Arbeitsgemeinschaft klinischer Ernährung. 1999 durften wir von der Arbeitsgemeinschaft für Klinische Ernährung den ersten Praxispreis dafür entgegennehmen. Unsere derzeitige Tätigkeit: Heute unterliegen unsere internen Standards einer regelmäßigen Kontrolle bzw. einer ständigen Überarbeitung. Neueste wissenschaftliche Ergebnisse müssen ständig aufgenommen werden. Im Auftrag der Salzburger Landesregierung wurde 2006 an den Salzburger Landeskliniken eine Ernährungskommission installiert. Diese tagt 4 x pro Jahr und entwickelt die strategischen Vorgaben, angelehnt an die Resolution des Europarates ResAP (2003)3 über die Verpflegung und Ernährungsversor- NUTRITION - NEWS von links: Sabine Moosleitner, Andreas Heuberger, Sabine Neumann, Michaela Mandl, Manfred Pfeiffenberger, Renate Karlbauer, Thomas Haas, Maria Benedikt gung in den Krankenhäusern. Die Umsetzung erfolgt im Ernährungsteam bzw. in kleinen Subteams. Dieses Modell hat sich äußert bewährt. Auf einigen Stationen gibt es wöchentliche Ernährungsvisiten, damit kann auf die Bedürfnisse spezieller Patientengruppen (Lungeabteilung, chirurgische und interdisziplinäre Intensivstationen, Kardiologische Intensiv- und Wachstation, Kieferabteilung) besser eingegangen werden. Auf der Anästhesie-Intensivstation wurde ein Patientendaten-Managementsystem – PDMS installiert. Dieses System ist flexibel in der Konfiguration und erlaubt eine regelmäßige Anpassung an die Erfordernisse der Intensivstation. Eine „Ernährungsseite“ wurde in dieses Qualitätssicherungssystem mit aufgenommen. Diese ermöglicht eine Beurteilung des aktuellen Standes im Bereich Ernährung und liefert auch eine Trendinformation, da die letzten Tage jeweils sehr gut dargestellt sind. Die Ernährungstherapie verläuft standardisiert; die allgemeinen Richtlinien können ständig überprüft werden. Durch unsere jahrelange gemeinsame Tätigkeit im Ernährungsteam hat sich ein Expertenteam für chronisch entzündliche Darmerkrankungen gefunden. Mittlerweile haben wir einen gemeinnützigen Verband gegründet, der als „inter- disziplinäres Zentrum für chronisch entzündliche Darmerkrankungen Salzburg - iCED“ bekannt ist. Ein regelmäßiges Treffen der Mitglieder bewirkt einen interdisziplinären Austausch zwischen den einzelnen betreuenden Berufsgruppen und dadurch wird die Kommunikation patientenorientiert geführt. Dieses Jahr wurde in unserem Haus das Ernährungsscreening (NRS 2002-Vorscreening) eingeführt. Dieses erhebt derzeit die Pflege beim Erstgespräch mit dem Patienten an Hand des Pflegeanamnesebogens. Zukunftsvisionen: Ziel ist, das Screening-Verfahren bei Mangelernährung EDV-unterstützt im Haus zu installieren. Dies bedarf einer intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Medizin, Pflege und Ernährungsmedizin. Ein Qualitätszirkel sollte eingeführt werden, um die praktische Umsetzung der ernährungstherapeutischen Intervention sicherzustellen. Maria Anna Benedikt, MSc Leiterin Ernährungsmedizinische Beratung Landeskrankenhaus Salzburg Universitätsklinikum der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg, Österreich [email protected] DEZEMBER 2008 15 Mitteilungen der AKE, DGEM und SSNC/GESKES ESPEN führt Kampf gegen Mangelernährung Im September 2007 hat die ESPEN die Prager Deklaration verabschiedet, die dazu aufruft, die Mangelernährung bei kranken Menschen in Europa zu bekämpfen. Olle Ljungqvist, der Präsident der Europäischen Gesellschaft für Klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN) stellte am 15. September 2008 auf dem 30. ESPEN-Kongress in Florenz die weiteren Initiativen der Gesellschaft zum Kampf gegen Mangelernährung vor. Auswertungen des NutritionDay zeigen, dass • 57% der Krankenhauspatienten nicht ausreichend essen, • aber weniger als 10% eine Ernährungstherapie bekommen, • zu geringe oder keine Nahrungszufuhr viel zu häufig vorkommen, • Mangelernährung anscheinend akzeptiert ist. Die ESPEN sieht es als ihre Aufgabe, die ernährungsmedizinische Forschung voranzutreiben und zu unterstützen sowie die Ausbildung und Zusammenarbeit in diesem Bereich zu verbessern. Sie stellt die Fachkompetenz, um das Bewusstsein auf die Mangelernährung zu lenken und Lösungsansätze einzuleiten. Für diesen Ansatz steht das Projekt nutritionDay, an dem bis jetzt 50.000 Patienten und die dazugehörigen Klinikmitarbeiter in 30 Ländern teilgenommen haben. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit zu sterben bei den Patienten, die nichts essen, am höchsten ist, bei jenen, die die angebotenen Mahlzeiten essen, dagegen am niedrigsten ist. Zusammen mit der europäischen Vereinigung The European Nutrition for Health Alliance (ENHA) konnte nun auf politischer Ebene ein weiterer Erfolg verbucht werden: Im Gesundheitsplan der EU für die nächsten 5 Jahre wird Mangelernährung als ein Hauptfeld der politischen Entwicklung und Arbeit aufgeführt. Damit steht sie in gleicher Gewichtung wie Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, psychische Erkrankungen und Adipositas. Neues von ESPEN: Der 30th ESPEN-Congress in Florenz war mit mehr als 3600 Teilnehmern der bisher erfolgreichste. Die Kurzversion des Vi- deos „Malnutrition – another weight problem“, das auf dem Kongress präsentiert wurde, steht nun auf der ESPEN-Homepage unter „Quick Links“ zur Verfügung. Präsentationen und Dias des Fortbildungsprogramms sind ebenfalls auf der Homepage bis 1. Januar 2009 für alle Interessierten frei zugänglich. (www.espen.org) Nächster nutritionDay: 29.1.2009 Das Projekt „nutritionDay“ wird auch 2009 weitergeführt. Mit dem Projekt soll die Bedeutung des Ernährungszustandes und einer adäquaten Ernährungsversorgung für Krankheitsverlauf und Prognose von Patienten aufgezeigt werden. Der nächste Stichtag für die Erhebung in Krankenhäusern, Pflegeheimen und auf Intensivstationen ist der 29. Jänner 2009. Die Datenerhebung wurde bereits von der Ethik-Kommission der Medizinischen Universität Wien genehmigt. Alle interessierten Stationen sind eingeladen, sich kostenfrei zu beteiligen. Durch eine wiederholte Beteiligung lässt sich der Umgang mit dem Problem Mangelernährung an der eigenen Station im Verlauf beobachten. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.nutritionday.org oder schreiben Sie an [email protected]. 8. Dreiländertagung (Ernährung 2009) 4.-6. Juni in Zürich Die nächste gemeinsame Tagung der AKE, DGEM und GESKES findet von 4.-6. Juni 2009 in Zürich statt. Deadline für das Einreichen von Zusammenfassungen (Abstracts) ist der 28. Februar 2009. Die beste Arbeit wird mit einem Preis von CHF 3.000.- ausgezeichnet (gestiftet von Fresenius Kabi (Schweiz) AG). Weitere Informationen inkl. Vorprogramm finden Sie über die Homepage www.nutrition2009.ch. Kommen Sie zum 31st ESPEN-Congress nach Wien Vom 29. August bis 1. September 2009 findet zum dritten Mal der ESPEN-Congress in Wien statt. Unter dem Kongressmotto „Nutrition Networking – From the Cell to Europe” wird ein umfassender Blick auf den Metabolismus geworfen, vom Betrachten isolierter zellulärer Ereignisse bis hin zum Patienten, von der einzelnen metabolischen Intervention zur gesamten Therapie, vom Individuum zur Gesellschaft. „Networking“ bedeutet auch interprofessionelle und interdisziplinäre Kooperation von Ärzten, Ernährungswissenschaftern, Diätassistenten/Diätologen, Pharmazeuten und Pflegepersonen. Gemeinsame Förderung von Basiswissenschaft, klinischer Medizin und Ausbildung ist Ziel solcher Netzwerke und auch dieses Kongresses, nicht zuletzt auch internationaler Austausch und Kooperationen. „Networking“ heißt auch alte und neue Freunde zu treffen. Wir laden Sie zum 31st ESPEN-Congress ein und würden uns freuen, Sie 2009 in Wien begrüßen zu dürfen! Ende der Online-Abstract-Einreichung: 3. April 2009 Ende der Frühbucher-Registrierung: 7. Juni 2009 16 DEZEMBER 2008 Michael HIESMAYR, President ESPEN 2009 Erich ROTH, Local Scientific Committee Wilfred DRUML, Local Educational Committee NUTRITION - NEWS Mitteilungen der Gesellschaft für klinische Ernährung der Schweiz (SSNC/GESKES) Gesellschaft für klinische Ernährung der Schweiz Die GESKES kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Unsere Fortbildungen im Rahmen des Zertifikatskurses und der Patronatsveranstaltungen wurden sehr gut besucht. Die Jahresversammlung in Lugano zusammen mit den Anästhesisten und den Intensivmedizinern war ebenfalls ein grosser Erfolg. An dieser Stelle möchte ich dem ganzen Vorstand und allen Organisatoren und Referenten der Kurse ganz herzlich für die grosse und ausgezeichnete Arbeit danken. An der Generalversammlung vom 5. September 2008 wurde der Vorstand für weitere zwei Jahre bestätigt. Die jetzige Zusammensetzung sieht wie folgt aus: • Präsident, Rémy Meier, Liestal • Past-Präsident, Mette Berger, Lausanne • Sekretär, Andreas Luginbühl, Liestal • Kassier, Stefan Breitenstein, Zürich • Leiter Arbeitsgruppe Heimernährung, Peter Ballmer, Winterthur • Ausbildungskoordinator, Zeno Stanga, Bern • Vertreterin SVDE, Maja Rühlin, Winterthur • Vertreterin Pflege, Ludivine Soguel Alexander, Lausanne Die GESKES hat sich auch für das nächste Jahr viel vorgenommen. Das Hauptereignis wird sicher die 8. Dreiländertagung (Ernährung 2009) vom 4.-6. Juni in Zürich sein. Ich möchte heute schon alle motivieren, sich für dieses Ereignis anzumelden. Im Weiteren möchte ich viele ermuntern, ihre wissenschaftlichen Arbeiten einzureichen. Die beste Arbeit wird mit einem Preis von CHF 3'000,- ausgezeichnet. Dieser Preis wird von der Firma Fresenius Kabi Schweiz gestiftet. • Frühester Termin für das Einreichen der Zusammenfassungen: 1. November 2008 • Letzter Termin für die Abgabe der Zusammenfassungen: 28. Februar 2009 Abgabe der Zusammenfassungen und weitere Informationen über die Homepage www.nutrition2009.ch. Neben dem Kongress werden wir alle unsere Zertifikatsund Patronatskurse durchführen. Weitere Auskünfte finden Sie unter www.geskes.ch. Zum zweiten Mal wird nächstes Jahr das erfolgreichste Ernährungsmanagement in einem Spital ausgezeichnet. Die Preisausschreibung läuft bereits. Die Einreich- NUTRITION - NEWS frist ist am 28. Februar 2009. Die Preisverleihung und die Übergabe des Schecks von CHF 2'500,- finden im Rahmen der Ernährung 2009 in Zürich statt. Dieser Preis wird von der Firma Nestlé Nutrition Schweiz gestiftet. Weitere Auskünfte erhalten Sie bei anna.barbara. [email protected]. Bitte vergessen Sie auch nicht, am nutritionDay 2009 mitzumachen. Es lohnt sich, da Sie Ihre eigene Abteilung mit den anderen Abteilungen im In- und Ausland vergleichen können. Weiterhin sind wir bestrebt, im nächsten Jahre die Mitgliederzahl erneut zu erhöhen. Es wäre schön, wenn jedes Mitglied ein neues Mitglied anwerben könnte. Allen möchte ich eine recht erholsame Weihnachtszeit und ein erfolgreiches neues Jahr wünschen. Prof. R. Meier, Präsident GESKES Ernährung 2009 Kongressorganisation: Remy Meier Kongresspräsident Med. Universitätsklinik Abt. Gastroenterologie Rheinstrasse 26 CH-4410 Liestal Beatrice Conrad Co-Kongresspräsidentin Stadthof Bahnhofstr. 7b CH-6210 Sursee Peter Ballmer Co-Kongresspräsident Medizinische Klinik Kantonsspital Winterthur CH-8401 Winterthur • Schweizerische Gesellschaft für klinische Ernährung (GESKES) • Schweizerischer Verband dipl. ErnährungsberaterInnen (SVDE ASDD) • Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) • Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) • Österreichische Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung (AKE) Kongress-Sekretariat: NUTRITION 2009 C/O, MCI SUISSE SA, 75, rue de Lyon, CH-1211 Geneva 13, T: +41 22 33 99 589, F: +41 22 33 99 621 E-Mail: [email protected] Besuchen Sie die offizielle Internetseite: www.ernahrung2009.ch / www.nutrition2009.ch DEZEMBER 2008 17 Kommentar: Gewichtsverlust durch Sorbitol Schwerer Gewichtsverlust: Der Kaugummi wars! Severe weight loss caused by chewing gum. J. Bauditz, K. Norman, H. Biering, et al. BMJ 2008; 336:96-97 Department of Gastroenterology, Hepatology and Endocrinology, Charité Berlin, Germany. Functional bowel complaints and diarrhoea of unknown origin are among the most frequent disturbances in gastroenterological patients. We report on two patients with chronic diarrhoea and substantial unintended weight loss of 19 and 22 %, respectively. Although extensive investigations were performed, final diagnosis was only established after precise evaluation of nutrition habits. In both patients detailed questioning revealed extensive intake of sorbitol, a widely used non-caloric sweetener in food proFunktionelle Darmbeschwerden verursachen erhebliche Kosten im Gesundheitssystem. Schätzungen zufolge leiden etwa 10-20% aller Jugendlichen und Erwachsenen an unspezifischen, funktionellen, gastrointestinalen Beschwerden. Teilweise liegen derartigen Beschwerden Ernährungsgewohnheiten zugrunde, die jedoch erst nach gründlicher Ernährungsanamnese erhoben werden. Die folgenden Fälle zeigen, dass die gewohnheitsmäßige Einnahme von Sorbitol, einem weit verbreiteten Süßstoff mit laxierenden Eigenschaften, zu schwerwiegenden Symptomen wie chronischer Diarrhoe und erheblichem Gewichtsverlust führen kann. Eine 21-jährige Frau litt seit 8 Monaten unter Diarrhoe (4–12 wässrige Stühle täglich) und diffusen Bauchschmerzen. Während dieser Zeit war es zu einem Gewichtsverlust von 11 kg mit einem aktuellen Körpergewicht von 40,8 kg (BMI 16,6) gekommen. Laborchemisch zeigte sich eine Hypoalbuminämie (Albumin 30,7, Normbereich 33–50 g/l; Gesamteiweiß 64,3, Normbereich 66–87 g/l). Die Diagnos18 DEZEMBER 2008 ducts with laxative properties. Osmotic diarrhoea caused by sorbitol or other sweeteners is readily missed by standard diagnostic procedures. Due to the unabsorbed solute, a large osmotic gap is found in these patients, confirming osmotic diarrhoea. In conclusion, assessment of functional bowel complaints and chronic diarrhoea should not only include standard prescribed laxatives but also use of sorbitol-containing standard nutrients or chewing gum, which in some cases may even cause severe weight loss. tik einschließlich Anti-Gastrin-, AntiGliadin- und Endomysium-Antikörper, Pankreaselastase im Stuhl sowie Stuhlkulturen zeigten unauffällige Befunde. Das Kolon zeigte sich endoskopisch und histologisch unauffällig. Gastroskopie mit tiefer Dünndarmbiopsie, Ultraschall und Computertomographie zeigten ebenfalls unauffällige Befunde. Eine Stuhlsammlung über 24 Stunden zeigte, dass die Patientin große Mengen von bis zu 1900 g Stuhl pro Tag produzierte (normal <250 g). Die Stuhlelektrolyte waren Natrium 71 mmol/l, Kalium 34 mmol/l. Unter Verwendung der Formel osmotische Lücke = 290–2 ([Na]+[K]) (x2 zur Anionenkorrektur) ergab sich der Befund einer osmotischen Lücke von 80 mmol/l (Normalbereich <50 mmol/l), was den Verdacht auf einen zusätzlichen osmotischen Stuhlbestandteil entstehen ließ. Nach gezielter Befragung gab die Patientin an, große Mengen zuckerfreien Kaugummis zu kauen, was zu einer täglichen Einnahme von 18–20 g Sorbitol führte (ca. 1,25 g Sorbitol pro Kaugummistreifen). Nach Beginn ei- ner Sorbitol-freien Diät kam es zu einem schnellen Sistieren der Diarrhoe, bei Entlassung aus dem Krankenhaus bestand eine Stuhlfrequenz von einem geformten Stuhl täglich. Ein Jahr später wies die Patientin unverändert eine normale Stuhlfrequenz (1-2/d) auf und hatte 7 kg an Gewicht zugenommen (BMI 19,5 kg/m²). Ein 46-jähriger Mann wurde aufgrund einer seit einem Jahr bestehenden Diarrhoe und einem Gewichtsverlust von 22 kg stationär aufgenommen. Die vorangegangene Diagnostik einschließlich laborchemischer Blut- und Stuhluntersuchungen, endoskopischer und radiologischer Untersuchungen hatte sämtlich unauffällige Befunde erbracht. Bei Aufnahme wog der Patient 79,9 kg (BMI 25,8 kg/m²) und berichtete über Völlegefühl, Blähungen und 7–10 wässrige Stuhlgänge täglich. Die gezielte Ernährungsanamnese ergab den Verdacht auf eine Sorbitol-induzierte Diarrhoe, da der Patient berichtete, täglich ca. 20 Streifen zuckerfreien Kaugummi und bis zu 200 g Kaubonbons zu sich zu nehmen (einer Sorbitolmenge von ca. 30 g entspreNUTRITION - NEWS Kommentar: Gewichtsverlust durch Sorbitol chend). Die Untersuchung der Stuhlelektrolyte zeigte bei einem Natrium von 54 mmol/l und Kalium 33 mmol/l eine osmotische Lücke von 116 mmol/l. Ein Fastenversuch zeigte das Vorliegen einer osmotischen Diarrhoe an, da es innerhalb eines Tages zu einem Sistieren der Diarrhoe kam. Als der Patient seine bisherigen Ernährungsgewohnheiten wieder aufnahm, kam es innerhalb eines Tages zum erneuten Auftreten wässriger Diarrhoen. Nach Beginn einer Sorbitol-freien Diät kam es zu einer Normalisierung der Stuhlfrequenz (1/d). 6 Monate später hatte der Patient 5 kg Gewicht zugenommen (BMI 27,4 kg/m²). Wenngleich valide Daten zur Prävalenz des Laxantienabusus fehlen, ist davon auszugehen, dass die Einnahme laxierender Substanzen die wichtigste Ursache unklarer chronischer Diarrhoen darstellt. In beiden dargestellten Fällen konsumierten die Patienten große Mengen Sorbitol, das wie Manitol und Xylitol zur Gruppe der Polyalkoholzucker gehört, die teilweise auch als Laxantien eingesetzt werden. Sorbitol wird in zunehmendem Maß als Süßstoff in zuckerfreien bzw. -reduzierten Ernährungsprodukten und Medikamentenzubereitungen verwendet. Auch in zahlreichen Ernährungsprodukten für Diabetiker wird Sorbitol zugesetzt. Daneben wird Sorbitol in zahlreichen Lifestyle-Produkten verwendet, um den Kaloriengehalt bzw. das Kariogenitätsrisiko von Ernährungsbestandteilen zu verringern. Da die Nebenwirkungen von Sorbitol jedoch üblicherweise nur kleingedruckt auf den Lebensmittelverpackungen vermerkt sind, bleiben dem Konsumenten die laxierenden Eigenschaften dieser Produkte häufig unbekannt und ein Zusammenhang mit möglichen gastrointestinalen Beschwerden wird als solcher nicht erkannt. NUTRITION - NEWS Da Sorbitol nur in sehr geringem Maße vom Dünndarm resorbiert wird, wirkt es als osmotisches Agens und führt bereits bei Einnahme kleiner Mengen von 5–20 g zu gastrointestinalen Beschwerden wie Blähungen, Völlegefühl und Bauchkrämpfen. Mengen von 20–50 g können eine osmotische Diarrhoe wie in den zuvor geschilderten Fällen verursachen. Diese zeigen zudem, dass es bei längerfristigem Konsum zu erheblichem Gewichtsverlust sowie einer Hypolbuminämie aufgrund einer Malabsorption kommen kann. Diese Symptome erfüllen bereits die Kriterien des severe nutritional risk der kürzlich publizierten Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für klinische Ernährung und Metabolismus (ESPEN). Studien zeigen, dass die Einnahme von lediglich 20 g in 50% der Fälle zur Ausbildung einer Diarrhoe führt. Neben osmotischen Effekten stellen eine Steigerung der Speichel- und Magensaftsekretion sowie der intestinalen Motilität weitere Mechanismen dar, durch die regelmäßiges Kaugummikauen die Stuhlfrequenz verändern kann. Daneben kann die regelmäßige Einnahme von Sorbitol die Ausprägung eines chronischen Reizdarmsyndroms verstärken bzw. ein solches manifest werden lassen. Die Analyse der Stuhlzusammensetzung stellt eine einfache und verlässliche Methode zur Differentialdiagnose unklarer Diarrhoe dar. Im Gegensatz zur sekretorischen Diarrhoe weist der Stuhl bei osmotischer Diarrhoe aufgrund des nicht resorbierbaren Agens eine osmotische Lücke von mehr als 50 mmol/l auf. Zudem spricht eine osmotische Diarrhoe im Gegensatz zur sekretorischen Diarrhoe auf einen Fastenversuch an. In beiden dargestellten Fällen führten trotz intensiver vorangegangener Diagnostik letztlich erst die präzise Ernährungsanamnese und der Befund einer abnorm hohen osmotischen Lücke zur Diagnose. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Einnahme von Sorbitol nicht nur funktionelle Darmprobleme und eine chronische Diarrhoe, sondern in Einzelfällen ebenso einen erheblichen Gewichtsverlust verursachen kann. Bei der diagnostischen Abklärung eines unklaren Gewichtsverlustes sollte daher auch die Ernährungsanamnese in Bezug auf Sorbitol-hältige Nahrungsmittelprodukte einbezogen werden. Dr. Jürgen Bauditz Department of Gastroenterology Hepatology and Endocrinology Campus Charité Mitte, Berlin [email protected] DEZEMBER 2008 19 Kommentar: Eikonsum schädlich? Eikonsum ist schädlich - oder? Egg consumption in relation to cardiovascular disease and mortality: The Physicians' Health Study. Djoussé L, Gaziano JM, et al. Am J Clin Nutr 2008; 87:964-9 Division of Aging, Brigham and Women's Hospital and Harvard Medical School, 1620 Tremont Street, 3rd floor, Boston MA 02120, USA. Background: A reduction in dietary cholesterol is recommended to prevent cardiovascular disease (CVD). Although eggs are important sources of cholesterol and other nutrients, limited and inconsistent data are available on the effects of egg consumption on the risk of CVD and mortality. Objective: We aimed to examine the association between egg consumption and the risk of CVD and mortality. Design: In a prospective cohort study of 21,327 participants from Physicians' Health Study I, egg consumption was assessed with an abbreviated food questionnaire. Cox regression was used to estimate relative risks. Results: In an average follow-up of 20 y, 1550 new myocardial infarctions (MIs), 1342 incident strokes and 5169 deaths occurred. Egg consumption was not associated Dass Eier reichlich Cholesterin beinhalten, weiß mittlerweile jedes Kind. Und auch die Verbindung zwischen Cholesterin und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist, Dank jahrelanger ärztlicher und medialer Aufklärung, Teil des öffentlichen Wissens geworden. Aber ist nun der Konsum von Hühnereiern wirklich gefährlich? Bewirkt übermäßiger Ei-Konsum Herzinfarkte, Schlaganfälle und dergleichen? Diesen Fragen gingen Luc Djoussé und J. Michael Gaziano nach und haben die Daten der Physicians’ Health Study hinsichtlich Eikonsum analysiert. Mehr als 21.000 Ärzte der Physician’s Health Study (Männer im Alter um 54 Jahre) wurden alle 2 Jahre hinsichtlich ihres Eikonsums mittels eines Fragebogens evaluiert und über NUTRITION - NEWS with incident MI or stroke in a multivariate Cox regression. In contrast, adjusted hazard ratios (95% CI) for mortality were 1.0 (reference), 0.94 (0.87, 1.02), 1.03 (0.95, 1.11), 1.05 (0.93, 1.19), and 1.23 (1.11, 1.36) for the consumption of <1, 1, 2-4, 5-6, and > or = 7 eggs/wk, respectively (P for trend < 0.0001). This association was stronger among diabetic subjects, in whom the risk of death in a comparison of the highest with the lowest category of egg consumption was twofold (hazard ratio: 2.01; 95% CI: 1.26, 3.20; P for interaction = 0.09). Conclusions: Infrequent egg consumption does not seem to influence the risk of CVD in male physicians. In addition, egg consumption was positively related to mortality, more strongly so in diabetic subjects, in the study population. 10 Jahre nachverfolgt. Darüber hinaus wurden Daten zu anderen Nahrungsmitteln wie Früchte, Gemüse und Frühstücks-“Cereals“ erhoben. Dazu kamen Informationen zu Komorbidität (incl. Diabetes und Hypertonie) und natürlich zu den klinischen Ereignissen Herzinfarkt, Schlaganfall und Gesamtmortalität. Die Studienteilnehmer wurden hinsichtlich ihres Eikonsums pro Woche in 5 Kategorien eingeteilt: < 1 Ei/Woche, 1 Ei/Woche, 2-4 Eier/Woche, 56 Eier/Woche und ≥7 Eier pro Woche. In der höchsten Gruppe, also mit einem Konsum von wenigstens einem Ei pro Tag fanden sich nur 8% der Studienteilnehmer. Studienteilnehmer mit hohem Eikonsum waren etwas älter, hatten einen höheren BMI, rauchten häufiger, machten weniger Bewe- gung und hatten mehr Diabetes und Hypertonie bei Studienbeginn, aßen aber auch mehr Gemüse und nahmen öfter Multivitaminpräparate ein. In multivariaten Regressionsmodellen, die für alle erhobenen bekannten Einflussgrößen korrigiert waren, zeigte sich ein signifikanter Einfluss des Eikonsums auf die Gesamtmortalität. Interessanterweise war die Inzidenz von Herzinfarkten oder Schlaganfällen mit dem Eikonsum nicht erhöht. Der Effekt des Eikonsums auf die Gesamtmortalität war signifikant ausgeprägter bei Patienten, die zum Zeitpunkt des Studienbeginns einen Diabetes mellitus hatten, im Vergleich zu den Studienteilnehmern ohne Diabetes. Dazu kam noch, dass der Effekt auf die Gesamtmortalität in der Gesamtpopulation auf die Gruppe mit DEZEMBER 2008 21 mehr als einem Ei pro Tag beschränkt war, während sich bei den Diabetikern ein Dosiseffekt schon bei geringerem Eikonsum abzeichnete. Also, ist nun Eikonsum gefährlich? Zumindest wenn man Arzt, männlich und Mitte 50 ist? Oder doch nur für Diabetiker? Täglicher Eikonsum hatte in der gesamten Population negative Auswirkungen auf die Mortalität, ähnlich wie in zwei früheren Studien (Burke, V, Pre Med 2007; 44:135; Mann, JI, Heart 1997; 78:450). Aber woran starben die Studienteilnehmer mit dem täglichen Eikonsum? Da die Rate an Herzinfarkten und Schlaganfällen nicht signifikant beeinflusst war, muss diese Frage offen bleiben. Interessanterweise war auch in der Framingham-Studie kein Einfluss des Eikonsums auf die Inzidenz der koronaren Herzkrankheit festzustellen (Dawber, TR, Am J Clin Nutr 1982; 36: 617). Hingegen zeigten Daten aus der Health Professionals Follow-up-Study und der Nurses' Health-Study eine erhöhte Inzidenz der koronaren Herzkrankheit bei DiabetikerInnen (Hu, FB, JAMA 1999; 281:1387). Von pathophysiologischer Seite ist kaum eine andere als eine kardiovaskuläre Todesursache durch Eikonsum vorstellbar. Eine Möglichkeit könnte die Auslösung von lebensgefährlichen Arrhythmien sein, diese Vermutung muss aber Spekulation bleiben. Leider gibt es in dieser Studie keine Angaben zu den Serumlipiden. Die 200 mg Cholesterin, die sich in einem Ei befinden, würden das SerumLDL-Cholesterin nur geringfügig erhöhen (Hegsted, DM, Am J Clin Nutr 1993; 57:875). Noch dazu ist der Einfluss von Nahrungs-Cholesterin auf die Serumlipide individuell sehr heterogen. Andere Faktoren wie gesättigte oder „trans“-Fettsäuren haben deutlich mehr Auswirkungen, wurden 22 DEZEMBER 2008 © www.pixelio.de / Birgit H. Kommentar: Eikonsum schädlich? aber in dieser Studie nicht erfasst. Jedenfalls kann die naheliegende Annahme, dass vermehrte Cholesterinzufuhr durch Eikonsum über die Erhöhung des LDL-Cholesterins ungünstige Wirkungen auf das Überleben ausübt, hier nicht untermauert werden. Wenn nicht das Cholesterin, was ist dann der schädliche Faktor, der mit dem vermehrten Eikonsum assoziiert ist? Diese Frage muss offen bleiben. Der schädliche Faktor muss nicht einmal im Ei zu finden sein, sondern könnte auf anderen Faktoren beruhen, z. B. andere Ernährungs- und Lebensgewohnheiten, die mit vermehrtem Eikonsum vergesellschaftet sind. Nur eine randomisierte kontrollierte Studie könnte feststellen, ob die Eier selbst negative Auswirkungen auf das Überleben haben. Ebenso bedarf es weiterer Untersuchungen, um festzustellen, warum gerade Diabetiker schon durch geringeren Eikonsum besonders gefährdet sind. Was folgern wir für die Praxis? Sollen wir unseren PatientInnen abraten, ein Ei oder mehr pro Tag zu essen? Sollen wir PatientInnen mit Diabetes raten, den Eikonsum drastisch zu reduzieren? Auch wenn die Datenlage insgesamt nicht ganz eindeutig ist, so sprechen doch wesentliche großangelegte Beobachtungsstudien für einen schädlichen Einfluss vermehrten Eikonsums auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität. Außerdem zeigt nicht nur diese Studie, dass Patienten mit Diabetes mellitus mit besonders negativen Auswirkungen des übermäßigen Eikonsums zu rechnen haben. Randomisierte kontrollierte Studien mit klinischen Endpunkten fehlen aber bis dato wie für viele andere wesentliche Nahrungsbestandteile. Wie für jede diätetische Maßnahme gilt daher auch hinsichtlich des Eikonsums, eine für den Patienten machbare, insgesamt gesunde Diät zu empfehlen, ohne sich auf Einzelbestandteile zu fixieren. Univ.-Prof. Dr. Thomas Stulnig Klinische Abt. für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ. Klinik f. Innere Medizin III Wien, Österreich [email protected] NUTRITION - NEWS Kommentar: Vitamin D Sollte Vitamin D standardmäßig bei allen Personengruppen supplementiert werden? Independent association of low serum 25-hydroxyvitamin d and 1,25dihydroxyvitamin d levels with all-cause and cardiovascular mortality. Dobnig H, Pilz S, Scharnagl H, et al. Arch Intern Med 2008; 168:1340-9 Division of Endocrinology and Nuclear Medicine, Department of Internal Medicine, Medical University of Graz, Austria. Background: In cross-sectional studies, low serum levels of 25-hydroxyvitamin D are associated with higher prevalence of cardiovascular risk factors and disease. This study aimed to determine whether endogenous 25-hydroxyvitamin D and 1,25-dihydroxyvitamin D levels are related to all-cause and cardiovascular mortality. Methods: Prospective cohort study of 3258 consecutive male and female patients (mean [SD] age, 62 [10] years) scheduled for coronary angiography at a single tertiary center. We formed quartiles according to 25-hydroxyvitamin D and 1,25-dihydroxyvitamin D levels within each month of blood drawings. The main outcome measures were all-cause and cardiovascular deaths. Results: During a median follow-up period of 7.7 years, 737 patients (22.6%) died, including 463 deaths from cardiovascular causes. Multivariate-adjusted hazard ratios (HRs) for patients in the lower two 25-hydroxyvitamin D quartiles (median, 7.6 and 13.3 ng/mL [to convert 25hydroxyvitamin D levels to nanomoles per liter, multiply by 2.496]) were higher for all-cause mortality (HR, 2.08; 95% confidence interval [CI], 1.60-2.70; and HR, 1.53; In dieser prospektiven Studie, die in Ludwigshafen durchgeführt wurde, konnte erstmals in einem großen Patientenkollektiv mit normaler bzw. nur leicht eingeschränkter Nierenfunktion ein Zusammenhang zwischen Vitamin D-Mangel und erhöhter Sterblichkeit hergestellt werden. In der nephrologischen Literatur ist bereits über einen solchen Zusammenhang berichtet worden. Dort zeigten Dialysepatienten, die mit einem aktiven Vitamin D-Präparat behandelt wurden, einen Überlebensvorteil gegenNUTRITION - NEWS 95% CI, 1.17-2.01; respectively) and for cardiovascular mortality (HR, 2.22; 95% CI, 1.57-3.13; and HR, 1.82; 95% CI, 1.29-2.58; respectively) compared with patients in the highest 25-hydroxyvitamin D quartile (median, 28.4 ng/mL). Similar results were obtained for patients in the lowest 1,25-dihydroxyvitamin D quartile. These effects were independent of coronary artery disease, physical activity level, Charlson Comorbidity Index, variables of mineral metabolism and New York Heart Association functional class. Low 25-hydroxyvitamin D levels were significantly correlated with variables of inflammation (C-reactive protein and interleukin 6 levels), oxidative burden (serum phospholipid and glutathione levels) and cell adhesion (vascular cell adhesion molecule 1 and intercellular adhesion molecule 1 levels). Conclusions: Low 25-hydroxyvitamin D and 1,25-dihydroxyvitamin D levels are independently associated with all-cause and cardiovascular mortality. A causal relationship has yet to be proved by intervention trials using vitamin D. über nicht-behandelten Patienten. Die vorliegende Studie wurde als Querschnittsuntersuchung bei Patienten durchgeführt, die für eine Koronarangiographie vorgesehen waren. Zwei Drittel bzw. ein Drittel dieser Patienten hatten eine oder keine signifikante koronare Herzerkrankung. Nach dieser Ausgangsuntersuchung, die eine Vitamin D-Bestimmung beinhaltete, wurden die Patienten für über 7 Jahre hinsichtlich ihres Vitalitätsstatus beobachtet. Ein bei Vitamin DStudien in der Literatur verschieden gehandhabtes Problem ist die Normalisierung für den Zeitpunkt der Blutabnahme. Dies ist ein kritischer Punkt, da die 25-Hydroxyvitamin D (25OHD)-Spiegel zwischen z. B. den Monaten September und März aufgrund der unterschiedlichen Ultraviolett-B-Licht-Exposition um das Doppelte differieren können. Häufig findet man lediglich eine Normalisierung für die „Jahreszeit“ des Blutabnahmedatums. Die vorliegende LURICStudienpopulation war zahlenmäßig so groß, dass man ein neues Konzept, DEZEMBER 2008 23 eine monatsbezogene Einteilung nach 25OHD-Quartilen anwenden konnte. So wurden beispielsweise für die Analyse alle Patienten, die im Monat März in die Studie rekrutiert wurden, in 25OHD-Quartilen eingeteilt. Dieses Prinzip wurde für jeden Monat angewendet und letztlich alle Patienten der „Quartile 1“ (niedrigste 25OHDWerte), „2“ und „3“ den Patienten der höchsten 25OHD-„Quartile 4“ hinsichtlich Gesamtüberleben gegenübergestellt. Auch nach Einbeziehung von wichtigen Kovariaten zeigte sich ein relativ klares Ergebnis, da Patienten der beiden niedrigsten 25OHD-Quartilen eine 1.5 bis 2-fach erhöhte Sterblichkeit aufwiesen. Ein statistisch etwas schwächeres, jedoch noch immer signifikantes Ergebnis konnte auch für Patienten mit niedrigem 1,25-Dihydroxyvitamin D [1,25(OH)2D]Werten gezeigt werden. Bemerkenswert für die Autoren war, dass die Korrelation zwischen 25OHD und 1,25(OH)2D mit einem R-Wert von 0.32 (P<0.001) relativ schlecht war und Patienten in der höchsten 25OHD-Quartile durchaus auch 1,25(OH)2D-Werte in der niedrigsten Quartile aufweisen konnten. Und doch war es so, dass trotz dieser relativ schlechten Korrelation der beiden Vitamin D-Fraktionen untereinander, jedes Vitamin D für sich und bei gleichzeitiger Berücksichtigung beider Vitamine D sogar in verstärktem Maße eine Assoziation mit der Gesamtsterblichkeit gegeben war. Die Daten wurden auch verschiedenen Subgruppenanalysen unterzogen: Es änderte an der Gesamtaussage nichts, ob Patienten entsprechend ihrer körperlichen Belastbarkeit (NYHA-Klassifikation), dem Ausmaß durchschnittlicher körperlicher Aktivität oder der Anzahl vorhandener Komorbiditäten (Charlson Index) in verschiedene Gruppen kategorisiert wurden: Immer zeigten Patienten mit niedrigen 24 DEZEMBER 2008 © www.pixelio.de / Erich Keppler Kommentar: Vitamin D 25OHD-Spiegeln gegenüber solchen mit höchsten 25OHD-Werten eine überhöhte Gesamtsterblichkeit. Interessant war auch die Auswertung basierend auf den Ergebnissen der Herzkatheteruntersuchung. Patienten mit signifikanter koronarer Herzerkrankung (über 50%ige Stenosierung zumindest eines definierten Gefäßabschnittes) zeigten zwar auch den Zusammenhang zwischen Vitamin DMangel und Sterblichkeit, aber bei „Gefäßgesünderen“ war dieser Effekt doch deutlich ausgeprägter. Dies konnte neuerlich sowohl für niedrige 25OHD - wie auch niedrige 1,25(OH)2D-Spiegel gezeigt werden. Wollte man diese Daten interpretieren, müsste man wohl zu dem Schluss kommen, dass Vitamin D möglicherweise vaskuläre Früheffekte hat, die mit zunehmend schlechter werdendem Gefäßstatus durch andere Effekte überlagert werden könnten. Ein gefäßgesunder Mensch mit Vitamin D-Mangel könnte daher aus Sicht des relativen Risikos theoretisch am meisten von einer Vitamin D-Gabe profitieren. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch eine kürzlich erschienene Publikation, die anhand einer Metaanalyse gezeigt hat, dass unter Berücksichtigung von acht Vitamin D-Interventionsstudien (z. T. mit begleitender Kalziumgabe) Patienten im Vitamin D-Behandlungsarm eine signifikante Reduktion der Gesamtsterblichkeit von 8% aufwiesen (Autier, P; Arch Intern Med 2008; 167:1730). Dies waren jedoch hauptsächlich Studien mit osteologischen Fragestelllungen und bei keiner dieser Studien war Mortalität ein vordefinierter Studien-Outcome. Dennoch ist interessant, dass diese Daten in die gleiche Richtung zeigen wie die aktuell vorgestellte Studie. Zudem mehren sich Ergebnisse anderer großer, prospektiver, epidemiologischer Untersuchungen, die ebenfalls über eine positive Beeinflussung von kardiovaskulären Risikofaktoren durch Vitamin D berichten. Was bedeuten diese Ergebnisse nun für die Praxis? Bis zum Vorliegen von Daten aus randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studien werden noch einige Jahre vergehen und bis dahin muss basierend auf gegenwärtigen Daten eine „Bridging-Lösung“ gefunden werden. So sollten zumindest Menschen mit offensichtlichem Vitamin D-Mangel wie Patienten in Alters- und Pflegeheimen, mit wenig Sonnenexposition, Gehbehinderung bzw. Immobilisation mit Vitamin D Supplementen versorgt werden. Für diese Risikogruppen bieten sich 2000 IE Vitamin D3 pro Tag an. Aber auch mit einer solchen Dosierung wird es nicht gelingen, Patienten mit schwerem Vitamin D-Mangel in einen Zielbereich von 30 ng/ml und darüber zu bringen. Auch der gesunde Erwachsene könnte bis zum Vorliegen konklusiver Daten zumindest über die Monate Oktober bis März 1000 IE Vitamin D3 pro Tag ohne Befürchtung einer Nebenwirkung zu sich nehmen. Prof. Dr. Harald Dobnig Klinische Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin Medizinische Universität Graz Graz, Österreich [email protected] NUTRITION - NEWS Kommentar: Kaiserschnitt und Typ-1-Diabetes Erhöht eine Kaiserschnittgeburt das Risiko des Kindes, einen Typ-1-Diabetes zu entwickeln? Caesarean section is associated with an increased risk of childhood-onset type 1 diabetes mellitus: A meta-analysis of observational studies. Cardwell CR, Stene LC, Joner G, et al. Diabetologia 2008; 51:726-35 Department of Epidemiology and Public Health, School of Medicine and Dentistry, Queen's University Belfast, Grosvenor Road, Belfast, BT12 6BJ, UK. Aims/Hypothesis: The aim of this study was to investigate the evidence of an increased risk of childhood-onset type 1 diabetes in children born by Caesarean section by systematically reviewing the published literature and performing a meta-analysis with adjustment for recognised confounders. Methods: After MEDLINE, Web of Science and EMBASE searches, crude ORs and 95% CIs for type 1 diabetes in children born by Caesarean section were calculated from the data reported in each study. Authors were contacted to facilitate adjustments for potential confounders, either by supplying raw data or calculating adjusted estimates. Meta-analysis techniques were then used to derive combined ORs and to investigate heterogeneity between studies. Results: Twenty studies were identified. Overall, there was a significant increase in the risk of type 1 diabetes in Diese kürzlich in Diabetologia publizierte Meta-Analyse, die 16 Observationsstudien mit insgesamt 9.938 Patienten umfasste, berichtete, dass die Entbindung mittels Sectio caesarea mit einer um 20% erhöhten Wahrscheinlichkeit einer späteren Manifestation eines Typ-1-Diabetes des Kindes assoziiert ist. Unterschiede im kindlichen Geburtsgewicht oder Gestationsalter, das mütterliche Alter, die Geburtenfolge, das Vorliegen eines mütterlichen Diabetes oder Stillen konnten das erhöhte Risiko nicht erklären. Kausale Faktoren für diese Beobachtung sind derzeit nicht bekannt. Nach der Hypothese der Autoren könnten UnterNUTRITION - NEWS children born by Caesarean section (OR 1.23, 95% CI 1.15-1.32, p < 0.001). There was little evidence of heterogeneity between studies (p = 0.54). Seventeen authors provided raw data or adjusted estimates to facilitate adjustments for potential confounders. In these studies, there was evidence of an increase in diabetes risk with greater birthweight, shorter gestation and greater maternal age. The increased risk of type 1 diabetes after Caesarean section was little altered after adjustment for gestational age, birth weight, maternal age, birth order, breast-feeding and maternal diabetes (adjusted OR 1.19, 95% CI 1.04-1.36, p = 0.01). Conclusions/Interpretation: This analysis demonstrates a 20% increase in the risk of childhood-onset type 1 diabetes after Caesarean section delivery that cannot be explained by known confounders. schiede in der mikrobiellen Zusammensetzung der Darmflora die Entwicklung des Immunsystems wesentlich beeinflussen (Guarner, F, Lancet 2003; 361:512) und an dieser erhöhten Typ-1-Diabetes-Prävalenz nach einer operativen Entbindung beteiligt sein. Nach dieser Annahme unterscheidet sich beim Primärkontakt die Art der Keimexposition in Abhängigkeit vom Entbindungsmodus. Während vaginal entbundene Kinder intra- bzw. unmittelbar postpartal einer Vielzahl mütterlicher Bakterien ausgesetzt sind, erfolgt der erste Kontakt bei Entbindung mittels Sectio mit Keimen der Krankenhaushygiene (Penders, J, Pediatrics 2006; 118:511). Die Keime, denen das Kind erstmals ausgesetzt ist, sollen die Zusammensetzung der Darmflora sowie in weiterer Folge die Entwicklung des Immunsystems und somit die Prädisposition zu Typ-1Diabetes beeinflussen. Alternativ wurde postuliert, dass die operative Entbindung einen unspezifischen perinatalen Stress verursacht, der die Entwicklung eines Typ-1-Diabetes begünstigt (Dahlquist, G, Diabetologia 1992; 35:671). Als Nebenfragestellung wurde der Einfluss weiterer Variablen auf das Typ-1-Diabetes-Risiko evaluiert. Die Berechnungen zeigten, dass ein höheres Geburtsgewicht, höheres mütterliches Alter sowie ein mütterlicher DEZEMBER 2008 25 Diabetes die Wahrscheinlichkeit einer späteren Typ-1-Diabetes-Manifestation als unabhängige Faktoren erhöhten, während eine späte Schwangerschaftswoche (≥ 42.) und mindestens dreimonatiges Stillen das Risiko reduzierten. Seitens der Autoren wird jedoch hingewiesen, dass bezüglich dieser Fragestellungen die untersuchten Studienkollektive eine deutliche Heterogenität aufwiesen. Diese Meta-Analyse von Beobachtungsstudien weist auf einen Zusammenhang zwischen Entbindungsmodus und Entwicklung eines Typ-1Diabetes bei den Kindern. Die Theorie, dass der unterschiedliche primäre Keimkontakt zwischen vaginaler Geburt und operativer Entbindung durch Sectio die Entwicklung der Mikroflora des Darms und dadurch des Immunsystems des Kindes nachhaltig beeinflussen und die Entstehung des Typ-1-Diabetes begünstigen könnte, ist interessant, muss aber erst bestätigt werden. Gesichert ist, dass der Typ-1-Diabetes weltweit ansteigt und immer häufiger im frühen Kindesalter auftritt. Dabei fällt weiterhin die unterschiedliche geografische Verteilung mit einem starken Nord-Süd-Gefälle auf. Der Trend zur Entbindung durch Sectio ist ebenso in vielen Ländern zu beobachten, wobei dieser weniger auf einen Anstieg von Komplikationen oder Notfällen, sondern eher auf einen Anstieg an elektiven Operationen resultiert, teils aus Sicherheitsgründen, zum Teil auch aufgrund des Wunsches der Frauen. Wenn sich dieser beobachtete Zusammenhang tatsächlich als kausal bestätigt, dann sollte hier ein allgemeines Umdenken erfolgen und die Indikation für einen Kaiserschnitt in Zukunft restriktiver gestellt werden. Außerdem unterstreicht die Analyse den protektiven Effekt von Stillen. 26 DEZEMBER 2008 © www.pixelio.de / Erich Kasten Kommentar: Kaiserschnitt und Typ-1-Diabetes Bekannt ist, dass das Risiko für die Entwicklung des Typ-1-Diabetes, allerdings ebenso für die eines Typ-2Diabetes, bei Diabetes der Mutter in der Schwangerschaft erhöht ist. Dies dürfte neben einer genetischen Prädisposition auch durch Transgenerationseffekte, fetale Programmierung und epigenetische Faktoren bedingt sein. Interessant wäre auch, ob Unterschiede in Abhängigkeit vom kindlichen Geschlecht bestehen. Weiters könnte der Zusammenhang auch durch den mütterlichen BMI beeinflusst sein, da adipöse Frauen sowohl ein höheres Risiko für Gestationsdiabetes und Diabetes Typ 2, aber auch für andere Geburtskomplikationen haben und Kinder adipöser Mütter wiederum ein höheres Risiko für die Entwicklung eines Diabetes aufweisen. Diese Parameter wurden in der Meta-Analyse nicht berücksichtigt. Ebensowenig der Einfluss des kindlichen Wachstums in den ersten Lebensjahren, der in der EUROIAB-Studie ebenfalls eine Assoziation mit kindlichem Typ-1Diabetes aufwies. Weiters sind ein Zusammenhang zwischen höherem mütterlichen Alter, Geburtsgewicht, aber auch Kaiserschnitt-Entbindungen bereits früher in einzelnen Studi- en beschrieben worden. Allerdings wurde dies auch für Präeklampsie, Blutgruppenunverträglichkeit und Geburtsfolge gezeigt (Soltesz G, Pediatric Diabetes 2007; 8:Suppl. 6:6), was in der Meta-Analyse nicht berücksichtigt oder nicht bestätigt wurde. Saisonale Unterschiede, und somit kaltes Klima und Infektionen, beeinflussen die Erstmanifestation. Insbesondere wird vor allem in Finnland ein Zusammenhang mit Enterovirus-Infektionen gesehen. Es wurde auch beschrieben, dass Kinder von Müttern mit erhöhten Enterovirus-Antikörpern während der Gravidität häufiger Diabetes entwickeln. Dass virale perinatale Infektionen das Risiko erhöhen, wird ebenso postuliert. So liegt insgesamt die Hypothese nahe, dass Umweltfaktoren in der frühen Lebensphase einen großen Einfluss auf die Entwicklung eines Typ 1 Diabetes haben könnten. Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer Dr. Ammon Handisurya Klinik für Innere Medizin III Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Allgemeines Krankenhaus Wien alexandra.kautzky-willer@ meduniwien.ac.at NUTRITION - NEWS Buchbesprechungen „Künstliche Ernährung und Ethik“ Neue Veröffentlichung gibt Orientierungshilfe Die Diskussion über die ethische Komponente in der künstlichen Ernährung wird nicht zuletzt seit dem Fall der US-amerikanischen Wachkomapatientin, Terri Schiavo, kontrovers diskutiert. Im klinischen Alltag stehen Ärzte häufig vor einer Entscheidung für oder gegen eine Sondenernährung von Patienten und/oder alten Menschen. Diese Entscheidung wird oft dadurch kompliziert, dass die notwendige Zustimmung der Patienten nicht mehr eingeholt werden kann, z. B. bei komatösen oder schwer dementen Patienten. Wie also kann eine Entscheidung gefunden werden? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin hat im November 2007 in Zusammenarbeit mit der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen GmbH Bad Neuenahr-Ahrweiler in Schloss Machern bei Leipzig ein Symposium zum Thema „Künstliche Ernährung und Ethik“ veranstaltet. Aus den Beiträgen dieses Symposiums ist nun ein Buch mit dem Titel „Künstliche Ernährung und Ethik“geworden. Das Buch bietet eine Zusammenfassung der Vorträge und der Falldiskussionen, ergänzt durch die aktuellen Leitlinienempfehlungen der DGEM. Die Gesellschaft will damit eine Orientierungshilfe für Entschei- dungen in klinischen Problemsituationen geben. Das Buch wurde herausgegeben vom DGEM-Präsidenten, Prof. Dr. Arved Weimann, Prof. Dr. Uwe Körner, CharitéUniversitätsmedizin Berlin, und Dr. Felix Thiele, Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH. Die Beiträge behandeln unter anderem die ethischen Grundsätze zur künstlichen Ernährung, künstliche Ernährung bei geriatrischen und onkologischen Patienten sowie bei Intensivpatienten. Ebenso stehen im Mittelpunkt die aktive Sterbehilfe und juristische Probleme, die bei einer artifiziellen Ernährung und einem Behandlungsabbruch auftreten können. Das Buch ist im Pabst Science Publishers Verlag in Lengerich erschienen (ISBN 978-389967-507-8) und kostet 20 Euro. Ein Rezensionsexemplar ist über die DGEM-Geschäftsstelle erhältlich. Ansprechpartner: Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. Info- und Geschäftsstelle Olivaer Platz 7, 10707 Berlin E-Mail: [email protected] Tel. 0049-(0)30-31 98 31 5006 Der Philosoph im Topf. Denkende Esser – Essende Denker Klaus Ebenhöh, Wolfgang Popp ISBN: 9783701730995 Residenz Verlag 2008 , EUR 19,90 „Die erste Bedingung, dass Du etwas in Dein Herz und Deinen Kopf bringst, ist, dass Du etwas in Deinen Magen bringst“, schrieb Ludwig Feuerbach und gibt damit das Thema dieses Buches vor. Pythagoras, Diogenes, Montaigne, Rousseau, Kant, Lichtenberg, Brillat-Savarin, Rumohr, Schopenhauer, Feuerbach, Kierkegaard, Nietzsche, Marinetti, Wittgenstein und Sartre: Abseits deren Lehren schauen die Autoren diesen großen Philosophen im Alltag zu, insbesondere dort, wo er am geschmackvollsten ist - beim Essen. Sie rekonstruieren die häufig obskuren Ernährungsgewohnheiten der großen Denker und legen auf „leicht verdauliche“ Weise dar, wie deren Ernährung und Philosophie einander beeinflussten. Rezepte der jeweiligen Lieblingsspeisen runden jeden Beitrag ab. NUTRITION - NEWS DEZEMBER 2008 27 Zertifikatskurs Klinische Ernährung Zertifikatskurs Klinische Ernährung Certificate of Advanced Studies in Clinical Nutrition Einleitung Jedem Patient eine ernährungsmedizinische Versorgung nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft zu geben, ist eine moralische Verpflichtung. Dies ist ein wichtiger Anspruch des Abschlussberichts der Kommission, die im Auftrag des Europarats Richtlinien für die ernährungsmedizinische Versorgung im ambulanten und stationären Bereich erarbeitet hat (Council of Europe Publishing, 2002). Über lange Zeit fehlte ein allgemein akzeptiertes Konzept, mit welchem Kenntnisse vermittelt werden sollten, um die ernährungsmedizinische Patientenversorgung in Klinik und Praxis sicherzustellen. Damit entstand ein Bedarf an ernährungsmedizinisch qualifizierten Fachpersonen, die in der Lage sind, diese Empfehlungen umzusetzen. In der Schweiz gab es bisher sehr beschränkte Möglichkeiten, ein universitäres Zertifikat im Bereich Klinischer Ernährung zu erlangen. Um diese Lücke zu füllen, hat die Gesellschaft für Klinische Ernährung der Schweiz (GESKES) zusammen mit der Medizinischen Fakultät der Universität Bern ein akademisches Fortbildungsprogramm in Klinischer Ernährung entwickelt (Bologna Reform → Mittel zur Steigerung der Qualität in Ausbildung und Nachwuchsförderung). Somit sind die guten Voraussetzungen für die ernährungsmedizinische Weiter- und Fortbildung geschaffen. Zielpublikum Der Zertifikatskurs richtet sich an ÄrztInnen, ErnährungsberaterInnen, 28 DEZEMBER 2008 • Handeln nach den Prinzipien der Deontologie und der Bioethik basierend auf den moralischen Regeln der Gesellschaft Pflegefachpersonen, ApothekerInnen, LebensmitteltechnologInnen und ErnährungswissenschaftlerInnen. Kurzbeschreibung des Inhalts Das Programm verbindet theoretische, empirische und praxisbezogene Elemente der klinischen Ernährung. Die Hauptziele sind die Förderung von Kompetenzen in Klinischer Ernährung sowie die Förderung der wissenschaftlichen, theoretischen und praktischen Bedeutung der Klinischen Ernährung. Die mit dem Zertifikat diplomierte Person beherrscht die Grundlagen der ambulanten und stationären Klinischen Ernährung bezogen auf ihr eigenes Berufsfeld wie folgt: • Motivation und Unterstützung der Patienten in einer gesunden Ernährung oder Diät • Grundlegende diagnostische und therapeutische Kompetenzen • Nutzen von Kollaborationsmöglichkeiten mit Spezialisten • Effizienter Einsatz von Personalund Materialressourcen • Indikationsstellung und Durchführung einer Ernährungstherapie • Kenntnis des aktuellen Forschungsstandes • Einsatz von prozessbegleitenden Qualitätskontrollen Zulassungsvoraussetzungen • Abschluss einer Fachhochschule, Universität oder Äquivalent • Arbeitsplatz mit Praxis in der Klinischen Ernährung • Mitgliedschaft GESKES Ausnahmen bezüglich Vorbildung oder Arbeitsplatz (z. B. Abschlüsse einer höheren Fachschule) können „sur Dossier“ genehmigt werden. Die Kriterien dazu finden Sie unter der GESKES-Webseite. Studienform Die Studienleistungen werden nach dem European Credit Transfer System (ECTS) bemessen. ECTS-Punkte beschreiben das Arbeitspensum, das die Studierenden erbringen müssen, um die jeweiligen Lernziele zu erreichen (1 ECTS = 20-30 Arbeitsstd.). Der Kurs umfasst drei Module: • Grundmodul • Vertiefungsmodul • Spezielle Probleme Ein Modul besteht aus 6 Kurstagen inkl. Selbststudium und aus einem Fallbericht, insgesamt 4 ECTS-Punkte. Interprofessionelle Sitzungen von Praxisgemeinschaften, in denen besondere Aspekte der Klinischen Ernährung diskutiert und protokolliert werden (drei Sitzungen, je 1 ECTS-Punkt); wovon eine Sitzung durch einen aktiven Beitrag an einem einschlägigen NUTRITION - NEWS Zertifikatskurs Klinische Ernährung Kongress (1 ECTS-Punkt), der von der Begleitperson beurteilt wird, ersetzt werden kann. Für die Module stehen von der GESKES organisierte oder anerkannte Kurse zur Auswahl, die in beliebiger Reihenfolge besucht werden. Eine gezielte und individuelle Anerkennung von bereits vorhandenem Wissen und Fähigkeiten (Diplome, Publikationen, Kongressbestätigungen, Zertifikate, Kursbestätigungen, Präsentationen usw.) ist möglich. Maximal können sechs Kurstage und ein Kongressbeitrag angerechnet werden. Abschluss Die Medizinische Fakultät der Universität Bern stellt das universitäre Zertifikat „Certificate of Advanced Studies in Clinical Nutrition“ über die erfolgreiche Absolvierung des Kurses aus, wenn alle Voraussetzungen wie folgt erfüllt sind: • Kontrollierte Leistungen im Umfang von mindestens 15 ECTSPunkten und • Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen Die Zertifikat-Übergabe findet einmal jährlich bei der GESKES-Jahrestagung statt. Die TeilnehmerInnen werden an diesem Tag je einen Vortrag von 20 Minuten Dauer über ein vorgegebenes Thema halten. Umfang und Anmeldung Universitäres Weiterbildungszertifikat: 3 Jahre; 15 ECTS. Eine Anmeldung ist jederzeit möglich. Trägerschaft und Organisation Gesellschaft für Klinische Ernährung der Schweiz und die Universität Bern (Med. Fakultät). Für die Organisation siehe Struktur-Landkarte. NUTRITION - NEWS Leitung und Co-Leitung • Dr. med. Zeno Stanga, GESKESVorstand, Universität Bern. • Dr. med. Reinhard Imoberdorf, GESKES, Kantonsspital Winterthur. Ort und Durchführungsdaten Verschiedene Kursorte in der Schweiz. Laufender Einstieg möglich. Kosten Das Kursgeld für den gesamten Zertifikatskurs beträgt 3.000.- CHF. Kursgelder sind semesterweise im Voraus zu bezahlen (500.- CHF pro Semester). Information und Detailprogramm Frau Patricia Imoberdorf Koordination Zertifikatskurs Klinische Ernährung C/o Klinik für Innere Medizin Kantonsspital, Brauerstrasse 15 CH-8401 Winterthur E-Mail: [email protected] oder Webseite: www.GESKES.ch Dr. Zeno Stanga Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin Inselspital Bern, Schweiz [email protected] DEZEMBER 2008 29 Kongresse • Bochumer Fortbildungsveranstaltung Ernährung zwischen „Ebbe und Flut“ Substratzufuhr zwischen zuwenig und zuviel 26. Jänner 2009 BOCHUM, Deutschland Information: DGEM, www.dgem.de • Konsensustreffen der AKE und Österr. Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie (ÖGGG): Ernährung in der Langzeitpflege 26. Jänner 2009 WIEN, Österreich Information: AKE, www.ake-nutrition.at • nutritionDay in Europe 29. Jänner 2009 KRANKENHÄUSER und PFLEGEHEIME, International Information: www.nutritionday.org • edi 2009 - Ernährung, Diätetik, Infusionstherapie Verbesserung des Outcomes durch Ernährung 27. - 28. Februar 2009 BERLIN, Deutschland Information: DGEM, www.dgem.de • Diabetes 2009 „informieren-denken-handeln“ 6. - 8. März 2009 MÜNSTER, Deutschland Information: www.diabetes-messe.com • Funktionelle Lebensmittel Symposium der Deutschen LandwirtschaftsGesellschaft (DLG), der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie der Gesellschaft Deutscher Lebensmitteltechnologen (GDL). 23. - 24. April 2009 KIEL, Deutschland Information: www.dlg.org/functionalfood • VEÖ-Tagung 2009 Wenn der Bauch beim Essen denkt... Ernährung aus psychologischer Perspektive 14.-15. Mai 2009 WIEN, Österreich Information: Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs (VEÖ) [email protected] • Ernährung 2009 - 8. Dreiländertagung der GESKES, AKE und DGEM 4. - 6. Juni 2009 ZÜRICH, Schweiz Information: GESKES, www.geskes.ch • 31st ESPEN Congress 2009: „Nutrition Networking From the Cell to Europe“ 29. August - 1. September 2009 WIEN, Österreich Information: European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) www.espen.com • 46. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. 12. - 13. März 2009 GIESSEN, Deutschland Information: www.dge.de • ESMO Symposium on Cancer and Nutrition 20. - 21. März 2009 ZÜRICH, Schweiz Information: www.esmo.org/events/nutrition-2009.html • 26. Ernährungskongress des Verbandes der Diätologen Österreichs INFLAMMATION - Ernährung in Prävention & Therapie 26. - 27. März 2009 WIEN, Österreich Information: www.diaetologen.at 30 DEZEMBER 2008 ⇒ WEITERE VERANSTALTUNGSHINWEISE: Arbeitsgemeinschaft für Klinische Ernährung (AKE), E-Mail: [email protected] Tel. +43-1-96 90 487, www.ake-nutrition.at Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), E-Mail: [email protected] Tel. +49-30 -31 98 31 5007, www.dgem.de Gesellschaft für Klinische Ernährung der Schweiz (GESKES), www.geskes.ch NUTRITION - NEWS © Bruno Stevens / Cosmos Erste Hilfe für Menschen mit letzter Hoffnung. Postfach, 8032 Zürich Tel. 044 385 94 44, Fax 044 385 94 45 www.msf.ch, [email protected] PK 12-100-2 Ja, ich möchte mehr über die Arbeit von Médecins Sans Frontières erfahren. Bitte senden Sie mir: Jahresbericht Spendeunterlagen Name/Vorname Strasse PLZ/Ort E-Mail NuTRIflex® Lipid Optimaler Schutz für wertvolle Inhalte 1,2 NuTRIflex® Lipid Beutel für die parenterale Ernährung schützen wertvolle Inhalte wie Ascorbinsäure (Vitamin C) bis zu 8 x besser vor Oxidation als Dreikammerbeutel aus Excel®-Folie. 1,2 NuTRIflex® Lipid von B. Braun Dreikammerbeutel aus Excel®-Folie HC844 12.08 70% der zugespritzten Ascorbinsäure (Vitamin C) ist nach 24 h bei 21°C noch nachweisbar.1,2 B. Braun Medical AG · Hospital Care · Seesatz · 6204 Sempach · Tél. 0848 830044 · Fax 0800 830043 · [email protected] · www.bbraun.ch NuTRIflex® Lipid Zusammensetzung: Glucose, Aminosäuren, MCT / LCT-Lipide, Elektrolyte Indikationen: Periphervenöse (NF Lipid peri) und zentralvenöse (NF Lipid peri, plus, special) parenterale Ernährung Dosierung: Max. 40 ml / kg KG / Tag. (NF Lipid special 35 ml / kg KG / Tag) Max. Inf. Geschw.: 2.5 ml / kg KG / Std. (NF Lipid special 1.7 ml / kg KG / Std.) Kontraindikationen: Schwere Nieren- und /oder Leberinsuffizienz, Fett-Stoffwechselstörungen, Neugeborene, Säuglinge, Kinder bis 2 Jahre Vorsichtsmassnahmen: Kontrolle der Serumglucose und –triglyceride; Zufügen von Additiven nur wenn deren Kompatibilität geprüft wurde. Schwangerschaft: Nur anwenden, wenn klare Notwendigkeit besteht. Unerwünschte Wirkungen: Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen, Hitzegefühle, Kopfschmerzen, Übersättigungssyndrom. Weitere Informationen: Packungsbeilage / Arzneimittelkompendium der Schweiz oder B. Braun Medical AG, CH- 6204 Sempach Literatur: 1. Dupertuis et al. Physical Characteristics of Total Parenteral Nutrition Bags Significantly Affect the Stability of Vitamins C and B1: A Controlled Prospective Study. JPEN 2002; 26(5):310-316 2. Dupertuis et al. Assessment of Ascorbic Acid Stability in Different Multilayered Parenteral Nutrition Bags: Critical Influence of the Bag Wall Material. JPEN 2005; 29(2):125-130