Logik Sibylle Schwarz Fachgruppe Informatik Fachbereich Physikalische Technik / Informatik Westsächsische Hochschule Zwickau Dr.-Friedrichs-Ring 2a, RII 263 http://wwwstud.fh-zwickau.de/~sibsc/ email: [email protected] WS 2011/2012 1 Logik – Geschichte I Logik in Philosophie, Rhetorik (Syllogismen) Aristoteles (384 - 322 v.Chr.) I Grundlagen der Rechentechnik Aussagenlogik George Boole (1815 - 1864) I Mathematische Logik Formalisierung des Beweisens (Begriffe und Schlußregeln) Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716) Gottlob Frege (1848 - 1925) David Hilbert (1862 - 1943) Kurt Gödel (1906 - 1978) Unvollständigkeitssatz I formale Grundlagen der (theoretischen) Informatik Alonzo Church (1903 - 1995) Alan Turing (1912 - 1954) 2 Logik in der Informatik theoretische Informatik, Grundlagen: Beschreibung von formalen Sprachen und Berechnungsmodellen (klassische Prädikatenlogik) technische Informatik, z.B. Digitaltechnik: Logikgatter / Schaltnetze (klassische Aussagenlogik) praktische Informatik, z.B. Programmierung: Spezifikation: Definition der Anforderungen an Hard- und Software Verifikation: Korrektheit von Hard- und Software Datentypen: definiert durch Eigenschaften (statt Realisierung) (klassische Prädikatenlogik, modale und temporale Logiken) angewandte Informatik, z.B. Datenbanken, künstliche Intelligenz: Wissensrepräsentation / Expertensysteme Problemlösen / automatischen Beweisen (klassische und nichtklassische Logiken, Fuzzy-Logik) allgemein: Logik als Sprache zur Formulierung und Manipulation geeigneter formaler Modelle der Realität 3 Vorteile der formalen Darstellung Abstraktion von unwichtigen Details (Entwicklung und Verwendung von Modellen) Präzisierung der relevanten Aussagen (eindeutige Semantik) Systematisches Lösen von formal dargestellten Problemen möglich Struktureigenschaften formaler Beschreibungen Schlussweisen unabhängig von Bedeutung der Aussagen Beispiel: Aus (P oder Q) und (nicht P) folgt Q. 1. T besucht Kino oder Konzert. T nicht im Kino. Also √ besucht T das Konzert. √ oder irrational. 2 6∈ . 2. 2 ist rational √ Also ist 2 irrational. Q 4 Inhalt der Lehrveranstaltung I Aussagenlogik I I I I I I I I Algebraische Strukturen Prädikatenlogik I I I I I I Modellierungsbeispiele Syntax Semantik (Wahrheitswertfunktionen, Wahrheitswerttabellen) Schaltalgebra logisches Folgern, Beweisen logisches Schließen, Kalküle Modellierungsbeispiele Syntax Semantik logisches Folgern logisches Schließen, Kalküle Einblick in nichtklassische Logiken 5 Ziele I Grundverständnis der Logik als Sprache der Informatik I Fähigkeit zur Abstraktion I Grundkenntnisse in Modellbildung I Beweisverfahren I Zusammenhänge zu anderen Gebieten der Informatik und Mathematik 6 Literatur empfohlen: I Uwe Schöning: Logik für Informatiker, Spektrum, 1995 I Kreuzer, Kühling: Logik für Informatiker, Pearson Studium, 2006 I Jürgen Dassow: Logik für Informatiker, Teubner, 2005 ergänzend: I Wolfgang Thomas, Jörg Flum, Heinz-Dieter Ebbinghaus: Einführung in die mathematische Logik Spektrum, 1998 I Bernhard Heinemann, Klaus Weihrauch: Logik für Informatiker Teubner, 1992 7 Organisation der Lehrveranstaltung Informationen: Folien, Übungsserien, Termine, Änderungen, ... http://wwwstud.fh-zwickau.de/~sibsc/lehre/ ws11/logik Lehrveranstaltungen für jeden Studenten: I wöchentlich eine Vorlesung (30 SWS) Donnerstag 9:20 - 10:50 Uhr, HS 2 I 14tägig eine Übung (15 SWS) Jeder Student besucht eine der Übungsgruppen: I I für 102079/1: Z2 Dienstag 15:20 - 16:50 Uhr, R 311 für 102079/2: Z2 Mittwoch 9:20 - 10:50 Uhr, R 311 Vor- und Nachbereitung (60 SWS): schriftliche Aufgaben (ÜS) praktische Aufgaben (Autotool) Literaturstudium Selbststudium (15 SWS): Literaturstudium Prüfungsvorbereitung 8 Schriftliche Hausaufgaben – Seminar schriftliche Übungsserien: http: //wwwstud.fh-zwickau.de/~sibsc/lehre/ws11/logik I Nachbereitung der letzten Vorlesung I Vorbereitung der nächsten Vorlesung I Vorbereitung der Seminarvorträge zu jeder Aufgabe Seminar: I Besprechung der Lösungen der schriftlichen Hausaufgaben (Vorrechnen durch Studenten) I Fragen zum aktuellen Vorlesungsstoff und zu den schriftlichen und praktischen Hausaufgaben 9 Prüfung Klausur mit Aufgabentypen aus Übungsserien Zulassungsvoraussetzungen: regelmäßige erfolgreiche Lösung der Hausaufgaben I schriftliche Aufgaben: Nachweis durch mindestens dreimal „Vorrechnen“ in Seminaren I 50 % der praktischen Pflichtaufgaben (Autotool) 10 Aussagen Aussage = Behauptung Beispiele: I Es regnet. I Die Straße ist naß. I I 9 ist eine Primzahl. √ 2∈ I 3<5 I x < 5 (hängt von x ab, keine Aussage) I Ist x < 5? (keine Aussage) I Sei x < 5. (keine Aussage) I Morgen regnet es. I Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Q 11 Wahrheitswerte Prinzipien der klassischen Logik: Zweiwertigkeit Jede Aussage ist wahr oder falsch. ausgeschlossener Widerspruch Keine Aussage ist sowohl wahr als auch falsch. Wahrheitswerte 1 (wahr) oder 0 (falsch) Jede Aussage p hat genau einen Wahrheitswert W(p) ∈ {0, 1}. Beispiele: I W(Es regnet.) = ? I W(Die Straße ist naß.) = ? I I W(9 ist eine Primzahl.) = 0 √ W( 2 ∈ ) = 0 I W(3 < 5) = 1 I W(Morgen regnet es.) = ? I W(Es ist nicht alles Gold, was glänzt.)=1 Q 12 Zusammengesetzte Ausdrücke – Junktoren Junktor (mit zugeordneter Stelligkeit): Symbol (Syntax) für Verknüpfung von Aussagen z.B. „und“ (zweistellig), „nicht“ (einstellig) Gottlob Frege: Die Bedeutung des Ganzen ist eine Funktion der Bedeutung seiner Teile. Wahrheitswert eines zusammengesetzten Ausdruckes lässt sich aus dem Wahrheitswert seiner Teilausdrücke berechnen. Semantik (Bedeutung) eines n-stelligen Junktors ∗: [∗] : {0, 1}n −→ {0, 1} (n-stellige Funktion auf der Menge {0, 1}) Wahrheitswertkonstanten (nullstellige Junktoren): t mit [t] = 1 f mit [f] = 0 13 Konjunktion ∧ Es regnet und 9 ist eine Primzahl. I W(9 ist eine Primzahl.)= 0 I W(Es regnet)=? I W(Es regnet und 9 ist eine Primzahl.)=0 p ∧ q ist genau dann wahr, wenn beide Aussagen p und q wahr sind. W(p) W(q) W(p ∧ q) 0 0 0 0 1 0 1 0 0 1 1 1 W(p ∧ q) = min(W(p), W(q)) [∧] = min ist kommutativ, assoziativ n ^ pi = p1 ∧ p2 ∧ · · · ∧ pn i=1 14 Disjunktion ∨ (inklusiv) Es regnet oder 3 < 5. I W(3 < 5) = 1 I W(Es regnet)=? I W(Es regnet oder 3 < 5.)=1 p ∨ q ist genau dann wahr, wenn wenigstens eine der Aussagen p und q wahr ist. W(p) W(q) W(p ∨ q) 0 0 0 0 1 1 1 0 1 1 1 1 W(p ∨ q) = max(W(p), W(q)) [∨] = max ist kommutativ, assoziativ n _ pi = p1 ∨ p2 ∨ · · · ∨ pn i=1 15 Negation ¬ Q √ √ (meist 2 6∈ ¬( 2 ∈ ) √ I W( 2 ∈ )=0 √ I W(¬( 2 ∈ )) = 1 Q Q) Q ¬p ist genau dann wahr, wenn p falsch ist. W(p) W(¬p) 0 1 1 0 W(¬p) = 1 − W(p) 16 Implikation → Wenn es regnet, dann ist die Straße naß. I W(Es regnet.)=? I W(Die Straße ist naß.)=? I W(Wenn es regnet, dann ist die Straße naß.)=1 p → q ist genau dann wahr, wenn die Aussage p falsch oder die Aussage q wahr ist. W(p) W(q) W(p → q) 0 0 1 0 1 1 0 0 1 1 1 1 W(p → q) = 1 falls W(p) ≤ W(q) 0 sonst 17 Äquivalenz ↔ 3 < 5 gilt genau dann, wenn 0 < 5 − 3 gilt. I W(3 < 5) = 1 I W(0 < 5 − 3) = 1 I W(3 < 5 gilt genau dann, wenn 0 < 5 − 3 gilt.)=1 p ↔ q ist genau dann wahr, wenn entweder beide Aussagen p und q gelten oder beide nicht gelten. W(p) W(q) W(p ↔ q) 0 0 1 0 1 0 0 0 1 1 1 1 W(p ↔ q) = 1 falls W(p) = W(q) 0 sonst 18