Sommersemester 2017 Prof. Dr. R. Ketzmerick/Dr. R. Schumann Technische Universität Dresden Institut für Theoretische Physik Theoretische Mechanik 3. Übung Lösungen 3.1 Spezielle Kraftgesetze Lösen Sie die newtonsche Bewegungsgleichung für folgendes Kraftgesetz F~ = ae−γt~ex − by~ey − cż~ez , mit den Anfangsbedingungen ~r0 = ~0, ~v0 = v0y~ey + v0z~ez , wobei a, b, c und γ positive Konstanten seien. Aus dem newtonschen Grundgesetz erhält man drei nicht gekoppelte DGL, so daß die Bewegung in alle drei Raumrichtungen unabhängig voneinander betrachtet werden kann. x-Richtung: Hier liegt der Fall Fx = Fx (t) vor, der durch direkte Integration gelöst wird. mẍ = ae−γt mit den AB x(0) = 0 und ẋ(0) = 0 . Durch zweimalige Integration findet man zunächst a −γt x(t) = e + C1 t + C2 , mγ 2 was bei Berücksichtigung der AB zur Lösung a −γt a a x(t) = e + t − mγ 2 mγ mγ 2 führt. y-Richtung: Hier liegt der Fall Fy = Fy (y) vor, den man durch die “Energiemethode” löst. mÿ = −by mit den AB y(0) = 0 und ẏ(0) = v0y . Multiplikation mit ẏ führt zu mẏ ÿ = −by ẏ =⇒ d mẏ 2 d by 2 =− dt 2 dt 2 1 =⇒ mẏ 2 by 2 + = C3 . 2 2 Die Konstante C3 bestimmt sich aus den AB zu 2 mv0y . C3 = 2 Indem man nach ẏ auflöst q 2 − ω2y2 ẏ = ± v0y ω 2 := mit b m und die Variablen trennt dy p = ωdt y02 − y 2 y02 mit 2 2 v0y mv0y := 2 = . ω b Unbestimmte Integration, wobei es ausreicht, sich auf das positive Vorzeichen zu beschränken, liefert mit der Substitution y = y0 sin ϕ ϕ + C4 = ωt =⇒ y(t) = y0 sin (ωt − C4) . Die Integrationskonstante hat die Bedeutung des Phasenwinkels und wird aus den AB zu C4 = 0 bestimmt. z-Richtung: Hier liegt der Fall Fz = Fz (ż) vor, der durch Substitution u = ż auf eine DGL 1.Ordnung zurückgeführt wird, die durch TdV gelöst wird: mz̈ = −cż mu̇ = −cu mit den AB =⇒ z(0) = 0 und ż(0) = v0z . du c = − dt u m =⇒ ln u c = − t. C5 m Indem man die Anfangsbedingung für ż einsetzt, erhält man c ż = v0z e−Γt mit Γ= , m woraus sich nach nochmaliger Integration v0z z(t) = − e−Γt + C6 Γ ergibt. Indem man noch die AB für z(0) verwendet, erhält man v0z 1 − e−Γt . z(t) = Γ Für die Bahnkurve ergibt sich schließlich v0z a −γt −Γt ~ez e + γt − 1 ~ e + y sin (ωt) ~ e + 1 − e ~r(t) = x 0 y mγ 2 Γ 2 Wie sieht die Bewegung nach sehr langen Zeiten aus? Für große Zeiten sind die Exponentialfunktionen abgeklungen und es bleibt eine ebene Bewegung in der Fläche z = mvc0z übrig. Diese setzt sich aus einer gleichförmigen Bewegung in x-Richtung und einer Oszillation in y-Richtung zusammen. 1.0 0.5 y y0 0.0 -0.5 -1.0 4 z y0 2 0 2.0 1.5 1.0 x y0 0.5 0.0 Bahnkurve für geignet gewählte Parameter. 3 3.2 Bewegung im Phasenraum Ein Körper der Masse m bewegt sich eindimensional mit der Energie E im Potential V (x) = −a · x2 + b · x4 a, b > 0 a) Diskutieren Sie qualitativ den Bewegungsablauf für verschiedene Energien (Skizze!)! bei E3: Geschlossene Bewegung zwischen zwei Umkehrpunkten. bei E2: Geschlossene Bewegung auf der Separatrix . Die Schwingungsdauer divergiert. bei E1: Das System befindet sich entweder links, oder rechts und führt dort eine geschlossene Bewegung zwischen zwei Umkehrpunkten aus. bei E0 : Das System befindet sich im Grundzustand, wobei es entweder links oder rechts im Potentialminimum ruht. Π 1.0 0.5 -1.0 0.5 -0.5 Ξ 1.0 -0.5 -1.0 4 b) Bestimmen Sie den Impuls p (x) = mv̇(x) in Abhängigkeit vom Ort und stellen Sie p (x) in einem p − x - Diagramm grafisch dar. Gehen Sie dabei zu dimensionslosen Größen über, indem Sie den Impuls, den Ort und die Energie in Einheiten messen, die in geeigneter Weise aus den Konstanten a, b und m gebildet werden. Indem man b·x4 im Potential ausklammert, findet daß die Dimenpman, a 2 sion von a/b gerade m ist, so daß man mit x0 = b eine Längeneinheit gewinnt. 2 a x V (x) = b · x4 1 − 2 =: b · x4 1 − 20 bx x 4 2 2 4 x x x x 0 0 = bx40 4 1 − 2 := V0 4 1 − 2 x0 x x0 x 2 Mit V0 = ab wurde eine Energieeinheit eingeführt, aus der man durch Multiplikation mit der Masse eine Impulseinheit erhält: r p20 a2 2m := V0 = =⇒ p0 = a. 2m b b Für die Energie des Systems findet man damit ε = π2 − ξ 2 + ξ 4 mit ε := x x0 E , V0 ξ := m x0 dξ dξ =: p0 dt dτ und π := p p0 Schließlich führt man noch über p m dx m x0 d π = = = p0 p0 dt p0 dt x x0 = die dimensionslose Zeit t τ = t0 mit t0 = r m 2a ein. c) Bestimmen Sie x(t) für die Bewegung des Köpers für den Fall E = 0. Hinweis: R dx √ 1 x 1−x2 = ln 1+ √x 1−x2 Zunächst erhält man durch Trennung der Variablen π = p dξ = ± ξ2 − ξ4 dτ dξ =⇒ − 5 p ξ2 − ξ4 = dξ dξ p = p =d −|ξ| 1 − ξ 2 ξ 1 − ξ2 wobei man sich auf negative Orte beschränkt hat und der geeignete Zweig der Phasenraumkurve (der mit π > 0) ausgewählt wurde. Als nächstes wird diese Gleichung integriert Z ξ Z τ dξ ′ p − dτ ′ = ξu ξ ′ 1 − ξ ′2 τu Zξ ξu ′ dξ p = ξ ′ 1 − ξ ′2 Zτ dτ ′ , τu wobei ξu die Koordinate des Umkehrpunktes und τu der zugehörige Zeitpunkt ist. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit kann man τu = 0 wählen. ξu bestimmt sich aus der Bedingung π(τu ) = 0 zu ξu ∈ {−1, 0, +1}, wobei für den hier ausgewählten Zweig -1 zu nehmen ist. Zξ −1 dξ ′ −ξ p p = ln =τ ξ ′ 1 − ξ ′2 1 + 1 − ξ2 Nach Auflösung der Gleichung erhält man 1 x0 ξ = − =⇒ x(t) = − cosh τ cosh tt0 d) Leiten Sie aus dem Energiesatz eine Integralformel für die Zeit T (E), die der Körper für seine Bewegung zwischen den Umkehrpunkten benötigt, her! An den Umkehrpunkten ist der Impuls Null. Man erhält als reelle Lösungen der biquadratischen Gleichung im Bereich −1/4 < ε < 0 r r q q 1 1 1 ξu,1 = − 2 + 4 + ε ξu,2 = − 2 − 14 + ε r r q q 1 1 1 ξu,3 = 2 − 4 + ε ξu,4 = 2 + 14 + ε , und im Bereich ε > 0 die beiden Lösungen r r q ξu,1 = − 1 2 + 1 4 +ε ξu,2 = 1 2 + q Zτu,2 Zξu,2 p T = t0 dτ ′ = t0 (τu,2 − τu,1) = t0 τu,1 ξu,1 6 1 4 +ε. dξ ′ ε + ξ 2 − ξ ′4 e) Wie groß ist die Schwingungsdauer bei E0 = −a2 /(4b)? Bei E0 = −a2 /(4b), d.h. ε = −1/4 befindet sich das Teilchen in einem der beiden Potentialminima. Berechnen Sie T (E0 + δE) näherungsweise für Energien die nur wenig größer als E0 sind! Für geringe Auslenkungen aus der Ruhelage setzt man 1 ε = − + δE 4 und 1 ξ = √ + δx , 2 womit sich unter Weglassen von Termen, die in dritter Ordnung klein sind, näherungsweise δE = δ̇x2 + 2δx2 ergibt. Man sieht also, daß das System harmonische Schwingungen um die Ruhelage ausführt: r √ δE δx = 2τ + C . cos 2 q 1 √ Wählt man wieder ξ(t = 0) = ξu,1 = 2 − δ2E ergibt sich schließlich δx = − r √ δE cos 2τ 2 =⇒ 7 2π T = √ t0 . 2 3.3 Fall mit Reibung Der freie Fall eines Körpers, der als Massepunkt betrachtet werde, erfolgt unter dem Einfluss der Gewichtskraft F~G und der Luftreibungskraft, die über F~L = −~v · (β + γ · |~v |) , β, γ > 0, konst. von der Geschwindigkeit ~v des Körpers abhängt. a) Formulieren Sie die newtonsche Bewegungsgleichung in koordinatenfreier Darstellung. m~v˙ = −β~v − γv~v + m~g Welche Differentialgleichungen müssen demnach die Geschwindigkeitskomponenten vj in kartesischen Koordinaten erfüllen (Annahme: Fallbeschleunigung ~g = −g · ~ez ) ? β γ vx + v vx = 0 m m γ β v̇y + vy + v vy = 0 m m γ β v̇z + vz + v vz = −g m m v̇x + b) Überlegen Sie sich qualitativ, wie die Bewegung abläuft. Wie verhalten sich vx , vy und vz insbesondere für sehr große Zeiten t? Während die Bewegung in x- bzw. y-Richtung schnell abklingt, nimmt, falls die Anfangsgeschwindigkeit kleiner als die Endgeschwindigkeit ist, die Geschwindigkeit in -z-Richtung zu, bei abnehmender Beschleunigung. Das geht solange bis die Gesamtkraft Null wird. Danach bewegt sich der Körper mit nahezu konstanter Geschwindigkeit v∞ senkrecht nach unten. c) Gewinnen Sie aus den Bewegungsgleichungen für vx und vy eine Differentialgleichung für die Größe η 2 ≡ vx2 + vy2 und untersuchen Sie den Grenzfall vz2 ≫ η 2 . Indem man die erste Gleichung mit vx und die zweite Gleichung mit vy multipliziert und beide Gleichungen addiert, findet man β γ β γp 2 1d 2 2 2 2 (vx + vy ) + + v (vx + vy ) = η η̇ + + vz + η 2 η 2 = 0 2 dt m m m m Hier ist η per definitionem positiv semidefinit. Deshalb kann bis auf den Fall der trivialen Lösung, die nur für Anfangsbedingungen vx (0) = 8 vy (0) = 0 auftreten kann, durch η geteilt werden. Für η 2 ≪ vz2 erhält man für v näherungsweise s s 2 p ❆η 2✁ η v = vz2 + η 2 = |vz | 1 + 2 = −vz 1 + ✁❆✁2 ≈ −vz , ❆ vz ✁vz❆ wobei das negative Vorzeichen mit Blick auf die AB gewählt wurde. γ β − vz η = 0 η̇ + m m γ β v̇z + vz − vz2 = −g m m d) Für die Anfangsbedingungen vx (0) = vy (0) = 0 ist η(t) = 0 eine mögliche Lösung. Lösen Sie die dann noch verbleibende Differentialgleichung für vz (t) durch Trennen der Variablen mit der Anfangsbedingung vz (0) = 0. dvz vz2 − βγ vz − mg γ = γ dt m Mit den Nullstellen des Nenners s mg β β2 + v1,2 = ± 2γ 4γ 2 γ gewinnt man die Partialbruchzerlegung 1 1 1 1 − , = v − v v − v v − v vz2 − βγ vz − mg 1 2 z 1 z 2 γ die nach Integration zu vz − v1 = Γ t + C̃ ln vz − v2 mit Γ = führt. Exponentieren, ergibt dann vz − v1 = C eΓ t , vz − v2 γ (v1 − v2) > 0 m wobei das Vorzeichen, welches beim Auflösen des Betrages ins Spiel kommt, in die ohnehin noch unbekannte Integrationskonstante C gesteckt wurde. Diese bestimmt sich aus der Anfangsbedingung vz (0) = 0 zu: v1 C = . v2 9 Indem man nach vz auflöst, findet man schließlich vz 1 − eΓ t = v1 . 1 − vv12 eΓ t Man überzeugt sich, daß im Grenzfall großer Zeiten die Geschwindigkeit gegen v2 < 0 geht: ✟ −Γ t Γ✚t ✟ e 1 − e ✟ ✚ = v2 . lim vz (t) = ✚ v✚1 ✟ ✟ v✚ t→∞ v2 ✟ ✚t 1 Γ −Γ t ✚ e 1 − v1✟e v2 ✚ ✟ 10