Umzug in ein Pflegheim Geschichten, die uns betroffen machen: Aus ethischen Fragen in der Altenbetreuung lernen Themensession 1 Ethisches Handeln in der Palliativen Geriatrie Berlin, 15. Oktober 2010 Herr Veit ist 93 Jahre alt Erleidet bei einem Sturz einen Oberschenkelhalsbruch Kann nicht mehr unabhängig in seiner eigenen Wohnung leben Tochter und Schwiegersohn bringen ihn in ein Pflegeheim Er wird zunächst damit „getröstet“, dass er hier auf „Rehabilitation“ sei… Elisabeth Reitinger IFF – Interdisziplinäre Fakultät für Forschung und Fortbildung Abteilung für Palliative Care und OrganisationsEthik Alpen-Adria Universität Klagenfurt „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ (Ingeborg Bachmann) 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin Waschen Abschied, Tod und Trauer Frau Fröbe ist 88 Jahre alt, mittelgradig dement und hat noch einige andere Erkrankungen Starke Abnutzungserscheinungen von Wirbelsäule und Gelenken verursachen ihr Schmerzen Sie ist sehr freundlich und höflich, regelmäßig kommt es allerdings beim Waschen zu Auseinandersetzungen,… Grenzen zur Gewalt? Frau Traun ist 96 Jahre alt und wird als sehr schwierige Bewohnerin beschrieben Sie beklagt sich über vieles Sie hat keine Angehörigen Zeitweise ist sie sehr verwirrt Ein Pfleger hat einen guten Zugang zu ihr gefunden, ihn lässt Frau Traun gerne zu sich. Eines Nachts erbricht sie stark, der Notarzt stellt einen Herzinfarkt fest und sie wird ins Krankenhaus gebracht, wo sie in den nächsten Tagen verstirbt. Die Mitarbeitenden des Pflegeheims hatten keine Gelegenheit mehr, sie zu sehen. 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin Ethische Fragen formulieren „Darüber Reden tut gut“ Grenzen zu Fachfragen Prinzip Unsicherheit Prinzipiell unentscheidbar „Prinzip der geteilten Inkompetenz“ (Heller 2009) Trotz hohem Zeit- und Lösungsdruck 3 3 3 3 „Da kann man halt nichts machen?“ 3 3 Auf zu neuen Ufern Angela Sommerhoff Ethische Reflexion: Gespräche führen Strukturierte Moderation, in der Gefühle und Betroffenheiten Raum erhalten Widersprüche benennen Handlungsmöglichkeiten identifizieren Aushalten und Belastungen mittragen Begleiten und da sein „Je nachdem“ 3 3 In jeder Situation neu abwägen An gemeinsam definierten Werthaltungen arbeiten Brücken bauen Angela Sommerhoff 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin Katharina Heimerl 2007 Larissa Krainer 2007 Klaus Wegleitner 2007 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin 1 Spiritualität und Spiritual Care Geschlechtersensibel werden Frauen und Männer als Betroffene 3 3 „Das friedliche, versöhnte, integrierte Sterben kann zum Maßstab eines alle überfordernden Sinnfindungsterrorismus werden, einer Zwangsvorstellung von Spiritual Care, die alle beschädigt. Es muss Platz sein für menschliche Not und abgrundtiefe Verzweiflung, für die Widersprüche des Lebens, die nicht lösbar sind, für die laute Klage und die Trostlosigkeit der Tränen und all das, was unvollendet bleibt, das sich nicht sedieren lassen sollte, ohne dass Menschlichkeit verloren geht“ (Birgit Heller und Andreas Heller 2009, S. 11) Höherer Anteil an pflegenden und betreuenden Frauen 3 3 3 Als Angehörige In der professionellen Pflege Als Freiwillig Engagierte Bedürfnisse wahrnehmen und Strukturen ändern 3 3 3 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin Je höher das Alter, desto mehr Frauen Mehr Frauen mit Demenz Gleichgeschlechtliche Fülle – gegengeschlechtliche Angela Sommerhoff Betreuungsbeziehungen Organisationskulturen Gesellschaftliche Ressource Care: Anerkennung und angemessene Wertschätzung! 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin Leitung und Organisationskultur: Fragen der OrganisationsEthik Beziehungen leben “Aufrichtigkeit liegt mehr in der Beziehung als in dem, was gesagt wird.” Cicely Saunders, 1999, S. 70 Lebensstrom Angela Sommerhoff “Es sind die einfachen Gesten, es ist das tiefempfundene Mitgefühl, die anteilnehmende Mitleidenschaft, das bleibende Aushalten einer solchen Situation, das offensichtlich den Nicht-Professionellen…in einer Selbstverständlichkeit und tief anrührenden Menschlichkeit einfach möglich ist, ohne Aufmerksamkeit heischendes Pathos, absichtslos, als eine so eindeutig klare Geste der Mitmenschlickeit, als Ausdruck des Daseins und aus einer Haltung, die den anderen um seiner selbst willen akzeptiert. Er ist eben ein Mensch wie ich selber.” Leitung und Organisationskultur prägen Umgang mit ethischen Entscheidungen „Entscheiden meint zugleich einen Prozess und ein Resultat..... Prozess wie Resultat implizieren Handlungen: Entscheidungen im Sinne von Resultaten müssen gesetzt, verkündet, umgesetzt, ev. evaluiert werden. Das Entscheiden als Prozess muss demgegenüber gesteuert, moderiert und gestaltet werden“ (Larissa Krainer 2007, S. 176) Verantwortungsebenen identifizieren Hierarchie und Partizipation Versorgungsqualität ist Entscheidungsqualität (Rainer Wettreck) Reimer Gronemeyer und Andreas Heller, 2008, S. 123 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin Herzlichen Dank! Kontakt Elisabeth Reitinger [email protected] IFF – Palliative Care und OrganisationsEthik, Alpen-Adria Universität Klagenfurt Schottenfeldgasse 29/4 1070 Wien Künstlerin Angela Sommerhoff, Sonnleiten 10, D-83607 Holzkirchen http://web.me.com/sommerhoff/ Kunsterlebnis_-_Angela_Sommerhoff/ Herzlich_willkommen_bei_Angela_Sommerhoff.html 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin Freude Angela Sommerhoff Ausgewählte Quellen Backes Gertrud, Clemens Wolfgang (2008): Lebensphase Alter: Eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Alternsforschung. Juventa, Weinheim Gronemeyer Reimer, Heller Andreas (2008): Sterben und Tod in Europa. Momentaufnahmen eines kulturellen Wandels. In: Heller Andreas, Knop Matthias (Hrsg.): Die Kunst des Sterbens. Todesbilder im Film – Todesbilder heute. Filmmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf Heintel Peter (2006): Das “Klagenfurter prozessethische Beratungsmpodell”. In Heintel Peter, Krainer Larissa, Ukowitz Martina (Hg.): Beratung und Ethik. Praxis, Modelle, Dimensionen. Berlin: Ulrich Leutner, 196 - 243 Heimerl Katharina (2008): Orte zum Leben - Orte zum Sterben. Palliative Care in Organisationen umsetzen. Lambertus: Freiburg Heller Andreas (2008): Orientierungen für eine Ethik in der Altenhilfe. In: Praxis Palliative Care, 1, S. 4-7 Heller Birgit, Heller Andreas (2009): Spiritualität und Spiritual Care. In: Heller, Birgit, Heller, Andreas (2009): Praxis Palliative Care. Spiritualität und Spiritual Care. Das Jahresheft. S. 8-11 Koch-Straube Ursula (1997): Fremde Welt Pflegeheim. Eine ethnologische Studie. Bern: Huber Kojer Marina, Heimerl Katharina (2009): Palliative Care ist ein Zugang für hochbetagte Menschen – Ein erweiterter Blick auf die WHO-Definition von Palliative Care. In: Z Palliativmed, 10, 2009, S. 151-161 Krainer Larissa (2007): Nachhaltige Entscheidungen. Zur Organisation demokratisch-partizipativer Entscheidungsfindungsprozesse. In: Krainer, Larissa; Trattnigg, Rita (Hg.) (2007): Kulturelle Nachhaltigkeit. Konzepte, Perspektiven, Positionen. Oekom Verlag, München, S. 169-199. Loewy Erich (2002): Ethische Fragen am Lebensende. In: Pleschberger Sabine, Heimerl Katharina, Wild Monika (Hg.): Palliativpflege. Grundlagen für Praxis und Unterricht. Facultas Universitätsverlag, Wien. S. 131-132. Pleschberger Sabine (2006): Palliative Care in Pflegeheimen. Forschungsstand und Entwicklungsperspektiven. Zeitschrift für Geriatrie und Gerontologie 39, 5, 376-381 Reitinger Elisabeth, Heimerl Katharina, Heller Andreas (Hg.) (2007): Ethische Entscheidungen in der Altenbetreuung. Mit Betroffenen Wissen schaffen. Wien. Kursbuch Palliative Care 11/2007 Saunders Cicely (1999): Brücke in eine andere Welt. Was hinter der Hospizidee steht, Herder Verlag Freiburg im Breisgau Schnabl Christa (2005): Gerecht Sorgen. Grundlagen einer sozialethischen Theorie der Fürsorge. Herder, Freiburg, Wien Schwerdt Ruth (1998): Die Bedeutung der Ethik für die Altenhilfe. In: Blonski Harald (Hg.): Ethik in Gerontologie und Altenpflege. Hagen: Brigitte Kunz Verlag S. 105 - 122 5. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin 2