RundfunkSinfonieorchester Berlin So | 1. März 15 | 16.00 Philharmonie Berlin Abokonzert A/4 14.45 Uhr, Südfoyer Einführung von Steffen Georgi 2 Marek Janowski 1. März 2015 MAREK JANOWSKI Jacquelyn Wagner | Sopran Rundfunkchor Berlin Nicolas Fink | Choreinstudierung Alexander Skrjabin (1872 – 1915) „God, how fine it is! It is one of the greatest masterpieces of modern music.“ „Le Poème de l’extase“ – Sinfonie Nr. 4 op. 54 Igor Strawinsky an Florent Schmitt, 23. Februar 1912. Die Briefstelle betrifft Schmitts „La Tragédie de Salomé“. Maurice Ravel (1875 – 1937) „Shéhérazade“ – Drei Poeme für Gesang und Orchester über Gedichte von Tristan Klingsor „Igor Strawinsky ist, wie ich glaube, der Messias, auf den wir seit Wagner gewartet haben.“ › Asie › La Flûte enchantée › L’Indifférent Florent Schmitt, 1913, nach der Premiere von „Le Sacre du printemps“ Pause Florent Schmitt (1870 – 1958) Psaume XLVII (Psalm 47) für gemischten Chor, Sopransolo, Orgel und Orchester op. 38 (gesungen in französischer Sprache) HANDY AUS? DANKE! Wir bitten Sie, zwischen den Sätzen der einzelnen Werke nicht zu applaudieren. Kooperationspartner in der roc berlin Konzert mit Europaweit. In Berlin auf 89,6 MHz; Kabel 97,55 und Digitalradio. Übertragung am 3. März 2015, 20.03 Uhr 5 Steffen Georgi Verstörend großartig War er ein Wirrkopf oder ein Genie? Auf diese Frage keine eindeutige Antwort zu finden, ist häufig ein Indiz für große Kunst und ihren Hervorbringer. Für den Pianisten, Komponisten und Hobbyphilosophen Alexander Skrjabin ist sie mit Sicherheit zu stellen. Seine theosophischen Verschlingungen zwischen Indien und Schopenhauer, sein musikalisches Kokettieren zwischen Wagner und Debussy, sein turbulentes Leben zwischen Genfer See und Moskau, zwischen mondänem französischem Parfum und kräftigem russischem Machorka sind an überspannter Exaltiertheit, an morbider Fin-de-Siècle-Atmosphäre kaum zu überbieten. Der russische Komponist fand eine ganz eigene, von Wien und Paris sehr verschiedene Sprache, dem neuen Jahrhundert entgegenzukomponieren. Nicht weniger interessant als Schönbergs Mut zu neuen Ufern oder Debussys Experimente zur Klangverfeinerung, schöpfte Skrjabin aus anderen Quellen, kam zu anderen Lösungen, wurde im 20. Jahrhundert anders rezipiert. Skrjabins künstlerische Wurzeln liegen in Chopin und Tschaikowsky, Alexander Skrjabin 6 Alexander Skrjabin „Le Poème de l’extase“ – Sinfonie Nr. 4 op. 54 Besetzung Piccoloflöte, 3 Flöten, 3 Oboen, Englischhorn, 3 Klarinetten, Bassklarinette, 3 Fagotte, Kontrafagott, 8 Hörner, 5 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagzeug, 2 Harfen, Celesta, Orgel, Streicher Dauer ca. 20 Minuten Verlag Belaieff/ Peters, Frankfurt am Main Entstehung 1905 – Mai 1907 Uraufführung 10. Dezember 1908, New York Modest Altschuler, Dirigent die hörbaren Anklänge an Alexander Borodin und César Franck (und damit auch an Richard Wagner „à la française“) verschmelzen 7 | Skrjabin, „Le Poème de l’extase“ Traditionen, die andere russische Zeitgenossen, etwa Rachmaninow oder Strawinsky, so nicht weitergedacht haben. Götter und Götzen Viel mehr noch als die beiden letztgenannten Kollegen war Skrjabin ein intellektueller Kosmopolit. Er lebte in Russland, Paris und in der Schweiz. Sein Heimweh nach russischer Lebensart und Kultur äußerte sich nicht in Sehnsucht nach Volksmelodien und -tänzen. Seine Popularität in der späteren Sowjetunion fiel entsprechend gering aus. Aber dass ausgerechnet der erste Volkskommissar für Kultur der UdSSR, Anatoli Lunatscharski, bereits 1925 scharfsinnige Überlegungen zu Skrjabin angestellt hatte, um dessen fraglos epochale Bedeutung für die russische wie für die moderne internationale Musik dem jungen Arbeiter- und Bauernstaat dienstbar zu machen, hat den Skrjabin-Enthusiasmus im Westen für mehr als fünf Jahrzehnte entscheidend abgekühlt. Ein Fehler! Zumal damit der gewichtigste Ansatz verstoßen wurde, der neben Strawinsky in der Waagschale 8 der Moderne ein ernsthaftes Gegengewicht zu Schönberg hätte bilden können. So konnte Schönbergs Ästhetik bei allem tatsächlichen Gewicht gewaltig ins theoretische Kraut schießen und die musikalische Avantgarde fast ein halbes Jahrhundert lang allein dominieren. Dabei existieren verblüffende Parallelen zwischen Schönberg und Skrjabin. Nach dem gemeinsamen, schier göttlichen Sendungsbewusstsein wäre zuerst der verbal-ideologische Verhau zu nennen, welcher beider Musik umgibt wie die berühmte Dornenhecke Dornröschen. Ist die Barriere bei Schönberg ein unseliges Gemisch aus Intellekt, Verklemmtheit und Jähzorn, so verunklart Skrjabin seine genial erdachte Musik mit mystischer Hobbyphilosophie aus der theosophischen Ecke. Sein „Ich bin Gott“ ist gar nicht weit entfernt von Nietzsches Übermensch Zarathustra, dem Strauss musikalisch gehuldigt und den Debussy enthusiastisch begrüßt hat, nicht weit entfernt von Mahlers Vision der Auferstehung in der Sinfonie Nr. 2, und dennoch: Skrjabins herausfordernder Anspruch tönt für christli- Alexander Skrjabin, „Le Poème de l’extase“ Titelblatt der ersten Partiturausgabe che Ohren noch unverschämter nach Blasphemie und Selbstvergötzung als beispielsweise die deftigen heidnischen Feiern Strawinskys. Doch sogar hier findet sich eine verblüffende Brücke. Die pure Lust, an welcher die alten Priester sich während des „Frühlingsopfers“ ergötzen, sie findet ihr Pendant in Skrjabins explizit notierter Wolllust im „Divin poème“, desgleichen im „Poème de l’extase“, im „Poème du feu“ und im geplanten „Mysterium“. Extase „Ich bin Gott – ich bin nichts“, provozierte der zweimal verheiratete Vater von sechs Kindern die Geistes- welt anno 1906 mit einem 370-versigen Monstrum von Gedicht namens „Le Poème de l’extase“. Und der bisher fast ausschließlich für das Klavier komponiert hatte, setzte sich sogleich hin, um nach „Le Divin poème“ (Sinfonie Nr. 3, 1902 –1904) ein weiteres fulminantes Orchesterwerk folgen zu lassen: „Le Poème de l’extase“, Sinfonie Nr. 4. Später folgte noch „Prométhée – Le Poème du feu“ (1908 –1910). Hier ergänzte er die ohnehin riesige Orchesterbesetzung samt Chören noch um ein „Licht-Farben-Klavier“. In den letzten Jahren seines kurzen, von einer Sepsis 1915 jäh beendeten Lebens kreisten Skrjabins Ideen um ein kolossales „Mysterium“, das unter Beanspruchung aller Sinne die Religion und die Kunst vereinen sollte. Der Prophet selbst, also Skrjabin, sollte eines Tages, genauer: während eines siebentägigen Rituals, dieses Gesamtkunstwerk in einem indischen Tempel zelebrieren. Eine Symbiose aus Wort, Ton, Farbe, Duft, Berührungen, Tanz und Architektur hätte die Teilnehmer auf eine höhere, „kosmische“ Bewusstseinsstufe, geführt. Bayreuth war den Giganto- 9 | Skrjabin, „Le Poème de l’extase“ manen der Gründerzeit längst zu popelig geworden. Eine radikale Ich-Bezogenheit, die Anmaßung vom Menschen als Gott machte auch die Faszination von Nietzsches Zarathustra aus. Und ein Komponist wie Richard Strauss zögerte nicht, sich musikalisch wie philosophisch an dieser Stelle zu verorten. Arnold Schönberg hingegen bezog mit der Verhöhnung des Tanzes ums Goldene Kalb in seiner Oper „Moses und Aron“ auf der anderen Seite der Moral Stellung. Gustav Mahler, dessen Sinfonien als „Weltanschauungsdramen“ gelten, war philosophisch wesentlich vorsichtiger, weniger anmaßend, was den Alleingültigkeitsanspruch betraf. Wo aber ordnete sich der Gottsucher Alexander Skrjabin ein in diesem um die Wende zum 20. Jahrhundert sehr populären Streit? Ich rufe euch zum Leben auf, verborgene Bestrebungen! Seiner Gönnerin Margarita Morosowa berichtete Skrjabin in einem Brief vom Genfer See (28. Januar 1905) von einem kompositorischen Vorhaben, mit dem er auf den sogenann- 10 ten „Blutsonntag von Petersburg“ – der Zar hatte auf friedlich demonstrierende Arbeiter schießen lassen – Bezug nehmen wollte. „Welchen Eindruck macht auf Sie die Revolution in Russland: Sie freuen sich, nicht wahr? Endlich erwacht auch bei uns das Leben!“ Die sozialistische Musikgeschichtsschreibung ab Lunatscharski vereinnahmte auf Grund dieser brieflichen Äußerung Skrjabins Musik des „Poème de l’extase“ als orchestrale Huldigung an die revolutionären Ereignisse in Russland. Das Werk (das in einer früheren Version „Poème orgiaque“ hieß) wurde mit kämpferischem Tatendrang gleichgesetzt und in die Reihe der musikalischen Vorboten der späteren Oktober-Revolution (1917) eingereiht. Man mag staunen, wie ein kluger Kopf wie Lunatscharski angesichts der extrem klangsinnlichen, üppig instrumentierten Musik auf eine solche Idee verfallen kann. Vielleicht wollte er Skrjabin einfach vor dem ideologischen Verdikt retten. Aparte Hinweise in der Partitur, die kaum als Spielanweisungen gelten können, wie „très parfumé“ und „presque en délire“, „avec une volupté de plus en plus extatique“ und „avec une ivresse toujours croissante“ passen zu den erotomanischen Klangvorstellungen eines exaltierten Ekstatikers wesentlich besser als zur sinfonischen Umsetzung des Kampfes der Arbeiterklasse. Die Sehnsucht nach Selbstbehauptung Das „Poème de l’extase“ ist eine einsätzige Komposition in der Nachfolge der Sinfonischen Dichtungen von Franz Liszt. Charakteristischerweise trägt es keine Tonartenbezeichnung mehr. Die harmonischen Kühnheiten Skrjabins stehen absolut auf der Höhe seiner Zeit. Klangzentren übernehmen die Funktion der ehemaligen harmonischen Ruhepunkte innerhalb des dicht geflochtenen und überreich orchestrierten Werkes. Themen im strengen Sinne gibt es nicht, wohl aber prägnante Motive – hier folgt Skrjabin Wagner. Die sehr leise beginnende Einleitung reiht fünf Motivgruppen auf: 1. Andante. Languido, 2. Lento. Soavamente, 3. Allegro volando, 4. Lento, 5. Allegro non troppo. Das Durchhören ist schwierig, weil Skrjabin die Trans- parenz zugunsten des voluminösen Orchesterklanges vernachlässigt. Die Flöte führt zuerst das „Thema der Sehnsucht“ ein. Mit ihm verwandt ist das von der Klarinette intonierte „Thema des Traums“. Zusammen mit dem „Thema der entstandenen Geschöpfe“ (Violine) symbolisieren diese lyrischen Motive zunächst die passive („weibliche“) Seite. Im stark rhythmisierten Allegro non troppo folgt in den Hörnern das „Thema der Unruhe“. Wichtige Rollen spielen danach das von den Trompeten geschmetterte „Thema des Willens“ und das von weiteren Blechbläsern vorgestellte „Thema des Protestes“; sie münden in das sieghafte „Thema der Selbstbehauptung“ – allesamt von Skrjabin als „männlich“ reklamiert. Innerhalb des hitzigen Gebrodels kommt es immer wieder zu dynamisch nuancierten Szenen. Einzelne Soli erhalten Gelegenheit zu zart versonnenen Seitengedanken. Dennoch überwiegt der Eindruck eines grandiosen Orchestercrescendos bis hin zum dröhnenden C-Dur-Schlussakkord. 11 Nun ergib dich vertrauensvoll mir! In ein Meer von Wonnen versenke ich dich, In ein liebendes, lockendes, kosendes, Das bald mit wuchtiger Woge drohend, Bald nur von Ferne umspielend Dich küsst Nur mit sprühenden Tropfen. Dennoch wirst du sehnlich verlangen Anderes, Neues! Dann werde ich auf dich fallen Als reicher Blütenregen, Wohlgeruch in reicher Fülle Spendend zu Lust und Qual, Im Spiele der Düfte, Bald zarter, bald schärfer, Im Spiel der Berührung, Bald leichter, bald stärker. Und ersterbend Wirst du dann flüstern Voll Glut: Mehr, Immer mehr! Dann stürz’ ich mich auf dich Als Schar von Ungeheuern, Wilder Qualen Schrecken bringend, Wie Schlangen wimmelnd krieche ich heran, Und werde beißen und würgen! Und stets wahnsinniger, Stets stärker wird dein Verlangen. Dann werde ich auf dich fallen Als Wunder-Sonnen-Flut. Blitze meiner Leidenschaft Werden euch entzünden, Heilige Flammen Der seligsten, Verbotensten, Geheimsten Wünsche. Und du wirst sein ein einziger Strom Von Freiheit und von Seligkeit. (aus dem „Poème de l’extase“ von Alexander Skrjabin, deutsch von Ernst Moritz Arndt) Das Konzert im Radio. Konzert Di bis Fr, So • 20:03 Oper Sa • 19:05 In Concert Mo • 20:03 bundesweit und werbefrei UKW, DAB +, Kabel, Satellit, Online, App deutschlandradiokultur.de 12 13 Von weit her Ravels Shéhérazade stammt aus seiner frühen Reifezeit und die üppige, doch subtile Harmonik sowie die raffinierte, wenn auch gelegentlich überwältigende Orchestrierung sind typisch für die Magie, die dieser feinfühlige Komponist mit seiner eindringlichen Kunst erzeugen konnte. Es sind Vertonungen eines Dichters, der eigentlich Léon Leclère hieß, aber einen Künstlernamen trug, der den Helden einer Wagneroper mit dem Bösewicht einer anderen verband –Tristan Klingsor. Der Zyklus wurde im Mai 1904 in Paris uraufgeführt. Das erste Lied zaubert eine Vision Asiens aus der Phantasiewelt von Bilderbüchern und Märchen hervor, voller Geheimnisse, Gewalt, Schönheit, Erotik, mit einer Vielzahl exotisch angehauchter Szenen aus Syrien, Persien, Indien und China, gleichsam von einem fliegenden Teppich aus gesehen. Das zweite Lied, „La Flûte enchantée“, beginnt mit den Klängen dieses Instruments. Die Sängerin lauscht aus dem Inneren eines Hauses, in dem ihr Gebieter schläft. Sie ist eine Dienerin, und ihr Geliebter spielt draußen auf der Flöte. Im letz- Maurice Ravel 14 Maurice Ravel „Shéhérazade“ Besetzung Singstimme, Piccoloflöte, 2 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagzeug, 2 Harfen, Celesta, Streicher Dauer ca. 15 Minuten Verlag Durand & Co. Paris Entstehung 1903 Uraufführung 17. Mai 1904, Paris ten Lied, „L’Indifférent“, flaniert ein junger Mann von ambivalenter Sexualität verlockend vor einem Haus, aus dem die Sängerin ihn beobachtet und hereinbittet. Doch er geht mit einer anmutigen Geste vorüber. 15 | Ravel, „Shéhérazade“ Scheherazade in drei Versionen In Ravels umfangreichem vokalen Schaffen stehen neben Einzelliedern auch zyklische Werke. Der Komponist konnte dabei subtile Bilder und Stimmungen in prägnante, ojektivierende Formen fassen, wobei ein beschreibendes Element das lyrische Moment eher zurückstellte. Oft ist man versucht, in Ravels kantablem Melos einen instrumentalen Charakter entdecken zu wollen. Scheherazade ist die legendäre Erzählerin der Geschichten aus „1001 Nacht“. Der Name kommt aus dem Persischen und bedeutet „von edlem Antlitz“. Ihre Erscheinung hat die Phantasie vieler Komponisten angeregt. Am bekanntesten wurde die Sinfonische Suite von Nikolai Rimski-Korsakow aus dem Jahr 1885. Auch Ravel beschäftigte sich in unterschiedlichen Gattungen mit dieser exotischen Frauengestalt. Zunächst arbeitete er Anfang der 1890er Jahre an einer Oper unter dem Titel „Olympia“, die er dann zugunsten von „Shéhérazade“ fallenließ, von der wiederum lediglich die Ouvertüre bekannt geworden ist. Die Uraufführung am 27. Mai 1899 in Paris leitete 16 der Komponist persönlich; es spielte das Orchestre de la Société Nationale. Das Werk und sein Autor ernteten Beifall und Pfiffe zu gleichen Teilen. 1903 komponierte Ravel – ohne Zusammenhang mit dem vorangegangenen Opernprojekt und der aufgeführten Ouvertüre – einen Zyklus von drei Poemen auf Gedichte von Tristan Klingsor, der wiederum den Titel „Shéhérazade“ trägt. Ravel war seit der Jahrhundertwende mit Tristan Klingsor (Pseudonym für Léon Leclère, 1874–1966) befreundet. Er kannte ihn aus dem „Apachen-Club“, einem Treffpunkt von Pariser Künstlern. Klingsors Sammlung „Shéhérazade“ war 1903 erschienen. Die Gedichte kreisen um den Orient und seine vielfältigen Verlockungen. Ravel gefiel vor allem die Bildhaftigkeit der Sprache Klingsors. Er vertonte den Text nach Silben und folgte damit der Erkenntnis seines Poeten, dass der Rhythmus das wichtigste Mittel der Dichtung und der Musik sei. Nach dieser Methode entstand eine oft rezitativisch wirkende Vertonung, wobei die Melodik aus der rhythmisierten Prosa Klingsors heraus entwickelt Die Künstlergruppe „Les Apaches“. Ganz links Florent Schmitt, ganz rechts Maurice Ravel wird. Das Wort erhält durch die Musik eine Überhöhung, wozu nicht zuletzt Ravels raffinierte Instrumentierung ihren Beitrag leistet. Hatte man die Ouvertüre noch als „unbeholfenes Plagiat der russischen Schule“ beurteilt, so konnte sich Ravel mit dem Zyklus große Achtung und Anerkennung erwerben. In den drei Vertonungen Klingsors herrschen esoterische Distanziert- heit und ästhetische Geschliffenheit. „Asie“, das erste und längste der Gedichte, beschwört trotz einer Monotonie des Textes (14-maliges Auftreten der Formel „Je voudrais“) ein buntes Bild orientalischer Welt. Zwei Themen (Oboensolo auf dem flimmernden Tremolo der geteilten 1. Violinen sowie Klarinetten und tiefe Streicher) treten, jeweils abgewandelt, im Verlauf des Stückes 17 MAURICE RAVEL „SHÉHÉRAZADE“ – TROIS POÈMES TEXT VON TRISTAN KLINGSOR immer wieder auf. Ravel teilte den Text in verschiedene Abschnitte, die er mit kurzen Zwischenspielen voneinander abhob. Es herrscht eine rauschhafte Stimmung. „La Flûte enchantée“ (Die verzauberte Flöte) und „L’Indifférent“ (Der Gleichgültige) sind wesentlich kürzer im Umfang. Beide enden mit einem modifizierten Bezug zum jeweiligen Anfangsthema: hier Lyrismus, dort Sinnlichkeit. Ravel soll die heute übliche Reihenfolge bei der ersten Aufführung umgestellt haben: „La Flûte enchantée“, „L’Indifférent“ und „Asie“. Die Solistin der Uraufführung und Widmungsträgerin von „Asie“, Jane Bathori, berichtete später: „Ich war sozusagen bestimmt, Ravels Lieder uraufzuführen, sei es, weil er mich dafür auserwählte, sei es, weil im letzten Moment die Umstände ihn genötigt hatten, mich zu holen. Ich meine die Uraufführung von ‚Shéhérazade‘, die ich um 3 Uhr aus dem Manuskript ablas, um sie um 5 Uhr in einem … Konzert zu singen.“ 18 Asie Asie, Asie. Asie Vieux pays merveilleux des contes de nourrice Où dort la fantaisie comme une impératrice En sa forêt emplie de mystère. Asie, Je voudrais m’en aller avec la goëlette Qui se berce ce soir dans le port, Mystérieuse et solitaire, Et qui déploie enfin ses voiles violettes Comme un immense oiseau de nuit dans le ciel d’or. Je voudrais m’en aller vers des îles de fleurs En écoutant chanter la mer perverse Sur un vieux rythme ensorceleur. Je voudrais voir Damas et les villes de Perse Avec les minarets légers dans l’air. Je voudrais voir de beaux turbans de soie Sur des visages noirs aux dents claires; Je voudrais voir des yeux sombres d’amour Et des prunelles brillantes de joie Et des paux jaunes comme des oranges; Je voudrais voir des vêtements de velours Et des habits à longues franges. Je voudrais voir des calumets entre des bouches Tout entourées de barbe blanche; Je voudrais voir d’âpres marchands aux regards louches, Et des cadis, et des vizirs Asien Wunschtraum Asien – altes wunderbares Land der Märchen – Dort schlummert die Phantasie in Wäldern voll Mysterien. Ich möchte mit der Barke heute abend fortfahren, die im Hafen schaukelt – geheimnisvoll und einsam –, die dann ihre violetten Segel entfaltet wie ein großer Nachtvogel, der in den goldenen Himmel fliegt. Ich möchte zu den Blumeninseln ziehen und das wilde Meer rauschen hören, das in altem behexendem Rhythmus singt. Ich möchte Damaskus und die Perserstädte wiedersehen, deren Minarette zart emporragen. Ich möchte die schönen seidenen Turbane sehen über schwarzen Gesichtern, in denen die Zähne hell leuchten. Ich möchte ferner liebesdunkle Augen sehen und vor Freude blitzende Augäpfel in Gesichtern gelb wie Orangen. Ich möchte Kleider aus Samt sehen und Anzüge mit Fransen. Ich möchte die langen Pfeifen sehen zwischen Lippen von weißem Bart umgeben, Ich möchte die gierigen Händler sehen, mit ihren scheelen Blicken, auch Kadis und Großwesire, die mit einem Fingerneigen 19 | Gesungene Texte Qui du seul mouvement de leur doigt qui se penche Accordent vie ou mort au gré de leur désir. Je voudrais voir la Perse, et l’Inde, et puis la Chine, Les mandarins ventrus sous les ombrelles, Et les princesses aux mains fines, Et les lettrés qui se querrellent Sur la poésie et sur la beauté; Je voudrais m’attarder au palais enchanté Et comme un voyageur étranger Contemple à loisir des paysages peints Sur des étoffes en des cadres de sapin Avec un personnage au milieu d’un verger; Je voudrais voir des assassins souriants Du bourreau qui coupe un cou d’innocent Avec son grand sabre courbé d’Orient. Je voudrais voir des pauvres et des reines; Je voudrais voir des roses et du sang; Je voudrais voir mourir d’amour ou bien de haine. Et puis m’en revenir plus tard Narrer mon aventure aux curieux de rêves En élevant comme Sinbad ma vieille tasse arabe De temps en temps jusqu’à mes lèvres Pour interrompre le conte avec art … 20 bestimmen über Leben und Tod, nach ihrer Willkür. Ich möchte Persien, Indien und China sehen und ihre dickbäuchigen Mandarine unter Sonnenschirmen sitzend, und die Prinzen mit schlanken Händen, und die Gelehrten, die sich über Dichtung und Schönheit streiten. Ich möchte in dem bezaubernden Palast weilen und – wie ein fremder Reisender – in Muße die Landschaften betrachten – auf Stoffe gemalt und in Edelholz gerahmt – manchmal einen Gärtner in einem Obstgarten darstellend. Ich möchte Mörder sehen, die über den Henker lächeln, der den Hals eines Unschuldigen abschneidet mit seinem großen krummen orientalischen Säbel. Ich möchte Bettler sehen und Königinnen. Ich möchte Rosen sehen und Blut. Ich möchte Leute aus Liebe oder aus Haß sterben sehen. Und dann möchte ich später wiederkommen und meine Abenteuer den auf Träume Neugierigen erzählen. Indem ich wie Sindbad meine alte arabische Tasse von Zeit zu Zeit an meine Lippen hebe, um die Erzählung kunstvoll zu unterbrechen. La Flûte enchantée L’ombre est douce et mon maître dort, Coiffé d’un bonnet conique de soie Et son long nez jaune en sa barbe blanche. Mais moi, je suis éveillée encore Et j’écoute au dehors Une chanson de flûte où s’épanche Tour à tour la tristesse ou la joie. Un air tour à tour langoureux ou frivole Que mon amoureux chéri joue, Et quand je m’approche de la croisée Il me semble que chaque note s’envole De la flûte vers ma joue Comme un mystérieux baiser. L’Indifférent Tes yeux sont doux comme ceux d’une fille, Jeune étranger, Et la courbe fine De ton beau visage de duvet ombragé Est plus séduisante encore de ligne. Ta lèvre chante sur le pas de ma porte Une langue inconnue et charmante Comme une musique fausse … Entre! Et que mon vin te réconforte … Mais non, tu passes Et de mon seuil je te vois t’éloigner Me faisant un dernier geste avec grâce Et la hanche légèrement ployée Par ta démarche féminine et lasse … Die verzauberte Flöte Die Schatten sind weich, und mein Gebieter schläft, eine kegelförmige seidene Mütze auf dem Kopfe, und seine lange gelbe Nase ragt in seinen weißen Bart. Aber ich – ich bin noch wach und höre draußen ein Flötenlied erklingen, in dem sich Traurigkeit und Freude, Schwermut und Leichtfertigkeit abwechseln. Mein Geliebter spielt es, und wenn ich mich dem Fenster nähere, scheint es mir, als ob jeder Ton, der aus seiner Flöte kommt, an meine Wange fliegt wie ein geheimnisvoller Kuß. Der Gleichgültige Deine Augen sind wie die eines Mädchens, junger Fremder, Die feine Rundung Deines schönen Gesichts ist beschattet von Flaum, und dieses ist noch verführerischer als die Linie. Deine Lippen singen eine unbekannte und charmante Sprache auf der Schwelle meiner Tür – gleich wie eine ungewohnte Musik … Tritt ein! Möge mein Wein Dich stärken! Aber nein! Du gehst an meiner Schwelle vorbei. Ich sehe, daß Du Dich entfernst, indem Du mir noch einmal mit Grazie zuwinkst und die Hüfte leicht beugst durch Deinen lässigen und weiblichen Gang … 21 Schlagen und schmettern „Haltet euer Maul, Ihr Huren des 16. Arrondissements.“ Der französische Komponist Florent Schmitt schrie diesen Satz den entrüsteten Damen der vornehmen Gesellschaft am 29. Mai 1913 im Pariser Théâtre des Champs-Élysées entgegen. Das war der Tag der Uraufführung von Igor Strawinskys „Le Sacre du printemps“. Schmitt steckte mittendrin in der spektakulären Prügelei, die an diesem Tag das Theater in eine Boxarena verwandelte. Im Gegensatz zu vielen anderen Anwesenden hatte er aber einen gewichtigen Anteil am Gewordensein von Strawinskys unerhörtem Werk. Denn Strawinsky verdankte Schmitt entscheidende musikalische Impulse, namentlich dessen Ballett „La Tragédie de Salome“ aus dem Jahre 1907 – womit Schmitt wiederum das explosive Vorbild von Richard Strauss’ Oper „Salome“ (1905) aufgenommen hatte. Schmitt brannte derart für Strawinsky, dass er nach der Uraufführung von dessen Ballett „Der Feuervogel“ (1910) sein Haus in „Villa Oiseau de Feu“ benannt hat. Strawinsky erklärte im Gegenzug gegenüber der Londoner Zeitung „Daily Mail“, dass „Frank- Florent Schmitt 22 Florent Schmitt Psalm 47 für gemischten Chor, Sopransolo, Orgel und Orchester op. 38 Besetzung 3 Flöten (3. auch Piccoloflöte), 3 Oboen (3. auch Englischhorn), 3 Klarinetten (3. auch Bassklarinette), 3 Fagotte (3. auch Kontrafagott), 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagzeug, 2 Harfen, Orgel, Sopran solo, achtstimmiger gemischter Chor, Streicher Dauer ca. 30 Minuten Verlag Editions Salabert, Paris Entstehung 1904 Uraufführung 27. Dezember 1906, Paris Désiré-Émile Inghelbrecht, Dirigent 23 | Schmitt, Psalm 47 reich in Debussy, Ravel und Florent Schmitt die hervorragendsten Musiker der Zeit“ besäße. Davon wiederum ließ sich ein Engländer beeindrucken. Der Komponist Ralph Vaughan Williams suchte den Kontakt zu Florent Schmitt. Die beiden ungleichen Künstler waren über 50 Jahre befreundet. Das Verhältnis zwischen Schmitt und Strawinsky kühlte dagegen später ab. Hintergrund war möglicherweise, dass Schmitt, nicht Strawinsky, 1936 in das Institut de France und in die Académie des Beaux-Arts gewählt wurde, um den Platz des verstorbenen Paul Dukas einzunehmen. Das kam in Frankreich einem Ritterschlag gleich. Strawinskys Einstellung zu Schmitt habe sich in späteren Jahren derart gewandelt, dass sie (laut Robert Craft in seiner Ausgabe von Strawinskys Briefen) „nicht abdruckbar“ sei. Zwischen Orient und Militär Florent Schmitt wurde 1870 in Blâmont (Blankenberg) bei Meurthe et Moselle in der Provinz Lothringen geboren. Sein Vater besaß dort eine kleine Tuchfabrik. Infolge des 24 deutsch-französischen Krieges wurde 1871 die Grenze neu gezogen, Elsass und Lothringen fielen weitgehend an Deutschland. Schmitts Geburtsort rückte bis auf wenige Kilometer an Deutschland heran. Die deutsch- und die französischsprachige Bevölkerung in der jahrhundertelangen Zankapfelregion einte ein starkes Heimatgefühl und ein konservativer Nationalstolz. Der Franzose Florent Schmitt mit dem deutsch klingenden Nachnamen erhielt seine erste musikalische Ausbildung in Nancy. 1889 kam er nach Paris, wo er am Conservatoire bei Dubois, Lavignac, Massenet und Fauré studierte. Besonders letzterer hatte Einfluss auf seine Klavierpräludien „Soirs“ (1890), die er später als Suite für kleines Orchester instrumentierte. Bereits hier zeigte sich, dass sich ein bestimmter Zweig der französischen Musik von der deutschen nicht weit entfernt entwickelte. Fauré und seine Schüler knüpften hörbar bei Robert Schumann an. Im Jahre 1900 gewann Florent Schmitt den berühmten Rompreis mit einer Kantate „Sémiramis“. In der Villa Medici, dem Sitz des fran- zösischen Kulturinstitutes in Rom, hielt er sich allerdings nur selten auf. Vielmehr reiste er wie die meisten seiner Vorgänger durch Italien und durch Europa, um sich mit Kultur und Kunst, vor allem mit dem zeitgenössischen Musikleben vertraut zu machen. Dabei stieß er in Südeuropa und in der Türkei auf orientalische Musik, die ihn nicht weniger beeindruckte, als sie dies bei seinen Kollegen Rimski-Korsakow, Saint-Saëns, Debussy, Ravel und vielen anderen schon zuvor getan hatte. In jenem Werk, dass Schmitt 1904 als „Envoi de Rome“ (Sendung von Rom) nach Paris schickte, fanden sich zahlreiche Spuren dieser Faszination. Es handelte sich um den heute Abend erklingenden Psalm 47 für Solosopran, gemischten Chor, Orgel und großes Orchester. Daneben hat ihn das Militär stets hörbar fasziniert, allerdings ganz anders als ungefähr zur gleichen Zeit Gustav Mahler. Der Patriot Schmitt diente als Flötist in einer Militärkapelle. Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 wurde er erneut einberufen und ließ sich auf eigenen Wunsch sofort an die Front versetzen. Ein unbequemer Zeitgenosse Florent Schmitt komponierte insgesamt 138 Werke mit Opuszahlen und zahlreiche weitere nahezu aller Gattungen für die Bühne und den Konzertsaal. Damit erarbeitete er sich einen geachteten Platz im französischen Musikleben. Zunächst gehörte er neben Ravel, Delage, Fargue, dem Dichter Tristan Klingsor, dem Dirigenten Désiré-Émile Inghelbrecht, dem Pianisten Ricardo Viñes dem elitären Künstlerzirkel an, der sich „Les Apaches“ nannte, später war er Präsident der Société nationale de musique und Mitglied der Société musicale indépendante. Von 1921 bis 1924 leitete er das Konservatorium in Lyon. Ab 1929 arbeitete er als gefürchteter und einflussreicher Musikkritiker für die führende Pariser Zeitung „Le Temps“. Von seinem Sitz im Saal aus beleidigte er neue Werke oder deren Interpreten. Wenn das Publikum ein seiner Ansicht nach gutes neues Werk nicht genügend würdigte, wandte er sich gegen das Publikum. Allmählich avancierte sein Urteil über Musik zur höchsten Instanz für den französischen Nationalgeschmack. Geradezu verheerend 25 | Schmitt, Psalm 47 nimmt sich vor diesem Hintergrund sein Zwischenruf am 26. November 1933 aus. Während einer Aufführung mit Ausschnitten aus Weills „Silbersee“ in Paris schrie Schmitt „Vive Hitler“, und man habe schon genug schlechte Komponisten im eigenen Land, so dass man die ganzen deutschen Juden nicht auch noch gebrauchen könne. 1936 wählten ihn, wie oben erwähnt, das Institut de France und die Académie des Beaux-Arts zu ihrem Mitglied. 1952 wurde ihm der Orden der Ehrenlegion verliehen, und 1957 erhielt er den Grand Prix de la Ville de Paris. Nach seinem Tod 1958 wurden Straßen und Schulen in Frankreich nach ihm benannt. Er gilt bis heute als einer der wichtigsten französischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Das bleibt er auch wegen der Qualität seiner Werke, solange man die kritischen Punkte in seiner Biografie und seiner Geisteshaltung klar benennt. Nicht anders als Hans Pfitzner in Deutschland oder Ildebrando Pizzetti in Italien gelang ihm eine wichtige Facette der neuen Musik. 26 Dionysischer Rausch Französische Musik, das klingt nach klassizistischer Eleganz, nonchalanter Detailgenauigkeit, feiner Ironie und lakonischem Witz. Satie, Ravel, Fauré, Saint-Saëns, Poulenc, Français, Dutilleux und andere stehen für diese Ästhetik. Doch auch dies ist französisch: monumental, dionysisch, exotisch, bisweilen barbarisch. Musik von Hector Berlioz, Félicien David, Albert Roussel, André Jolivet, manches von Olivier Messiaen, vieles des gebürtigen Franzosen Edgard Varèse und eben das meiste von Florent Schmitt vertreten die dionysische Seite. Wer also heute Nachmittag angesichts des vorwiegend deutschen Klischees von der französischen Musik in Florent Schmitts Psalmvertonung Parfum und Esprit vermutet hat, wird verblüfft sein. Schier erdrückend, aber auch raffiniert und komplex rauscht der Psalm über uns hinweg. Psalmodierend provozieren Hysterische Begeisterung und wütende Verachtung, diese Extrempole schienen Schmitts Wesen auszumachen und sie scheinen auch seine Musik geprägt zu haben. Der Gestus des Gigantomanischen, des Überwältigenwollens durchströmt die Vertonung des 47. Psalms, die Florent Schmitt 1904 in die Waagschale der musikalischen Moderne geworfen hat. Den Text entnahm er der französischen Übersetzung der Vulgata. Dort firmiert der Psalm unter der Nummer 46. Er ist einer der kraftvollsten und einschüchterndsten des gesamten Psalters. Schmitt wird ihn nicht zufällig gewählt haben. In seiner Autobiographie erwähnte er, dass er die zeremoniellen Akklamationen des ottomanischen Sultans, die er 1903 in der Türkei beobachtet hatte, in einen biblischen Kontext zu übertragen versuchte. Da mochte er nicht weniger unkirchlich gedacht haben als Richard Wagner im „Parsifal“. Denn Schmitts Behandlung des Textes ist geradezu unverschämt unchristlich. Ein stellenweise infernalisches Gebrüll bar aller Demut ersetzt das hohe Lob Gottes. Schmitt macht keinen Hehl daraus, dass er den Psalm als ein heidnisches Triumphlied eines ganz und gar menschlichen, orientalischen Herrschers verstanden wissen will. Jauchzet dem Herrn! Aber schnell! Ein heftig punktierter Marsch mit schmetternden Trompeten und massivem Einsatz von Triangel, großer Trommel und Pauken macht aus dem derart militärisch besungenen Gott ohne Umschweife einen mächtigen Heerführer. „Von den bewusst dissonanten Fanfaren des Anfangs an ist das Resultat vollblütig, macht extravaganten, aufregenden Gebrauch von den umfangreichen Kräften, die Schmitt zur Verfügung stehen, und besitzt ein ausgesprochen exotisches, östliches Aroma. Sein Orientalismus ist tatsächlich das Einzige, was sich dieses Werk mit den zeitgenössischen Kompositionen von Debussy und Ravel teilen könnte: die großen rhetorischen, reibenden Steigerungen haben jedoch mehr mit den sinfonischen Dichtungen von Richard Strauss gemein, den Schmitt sehr bewunderte, und die scharfen Dissonanzen von Schmitts Harmonik (die auf Strauss’ noch nicht komponierte Opern „Salome“ und „Elektra“ vorausweisen) schlagen einen neuen Ton in der französischen Musik an – wie auch Schmitts insistierende, stechend punktierte 27 | Schmitt, Psalm 47 Rhythmen, die der Musik eine Art barbarischen Elans verleihen.“ (Calum MacDonald) Die Textpassage, wo der Herr, unser Gott, als großer König dargestellt wird, verkünden der Chor und die volltönende Orgel in schier unumstößlicher, altherbrachter Choralmanier. Er ist hoch erhaben und sehr schrecklich Die Begründung für die erhabene Größe des Herrn imponiert dem Komponisten besonders, fordert ihn zur leidenschaftlichen Identifikation heraus. Hoch erhaben und sehr erschrecklich sei Gott, weil er zuerst die Völker zwingt und danach die (noch) Ungläubigen unter die Füße der Gläubigen zwingt. Ein Meisterwerk von einer Fuge mit strengem Kontrapunkt in überbordender Vielstimmigkeit verkündet diese nicht zu hinterfragenden Tatsachen. Wenn dann zum krönenden Höhepunkt die „Jauchzet“-Rufe des Anfangs wieder aufgenommen werden, sehen sich die Chorsoprane und -tenöre vor die Herausforderung des hohen „c“ gestellt. 28 Ein längeres instrumentales Zwischenspiel zieht sich ganz kammermusikalisch zurück. Eine zarte Solovioline korrespondiert mit Fagott, Bassklarinette und in der Folge weiteren Holzbläsern. Beeindruckt vernimmt man, wie Schmitt diese Facette der Musik offenbar auch glänzend beherrscht. Harfen und Flöten übernehmen den lyrischen Duktus und bereiten den Boden für den Einsatz einer Solosopranstimme. Er hat erwählt uns zu seinem Erbteil Jetzt, da von der Liebe Gottes die Rede ist, von seiner beschützenden Art, darf auch die Musik weich, lyrisch und zart, ja süß klingen. Die gut 10-minütige Passage ist nach dem etwa eben so lange andauernden (aber gefühlt viel längeren), betäubenden Gejauchze und Gedrohe von größtem dramaturgischem Effekt. Unsinnlich ist diese Beruhigung jedoch nicht. Im Gegenteil vermag die Sopranstimme im Verein mit dem zuerst mitstammelnden, dann zunehmend erregten Chor eine neue Welle der Extase aufzuschaukeln, diesmal lasziv. Ein extrem leises, akkordisch kompaktes Orgelsolo (es könnte von Duruflé stammen) wirkt als Scharnier zum letzten Teil. Gott fährt auf Aus der Tiefe des musikalischen Urgrundes steigt ein Hymnus herauf, der die wilde Feier des Herrn noch einmal steigern möchte. Mehrere Harfenraketen schießen in den Tonhimmel, die Bässe röhren, die Posaunen dröhnen. Dann entfesselt Schmitt einen orgiastischen Lobpreis dessen, der da hoch erhaben und sehr erschrecklich ist und dem zu frohlocken alle Völker aufgerufen sind. Sie sollen sich gefälligst ebenfalls erheben und die Hände (alias den Hintern) bewegen. Der allgemeine Jubel nach der Uraufführung 1906 war groß. „Schmitts Dichterfreund, der Bohemien LéonPaul Fargue, schrieb Dithyramben in (unübersetzbarer) Begeisterung für die neuen Klänge, die von ‚cet orchestre de triphtongues, de saxotartes, de trimbalets, de tromboches, de pangibles et de fusils …‘ produziert wurden.“ (Calum MacDonald) Beklemmende Assoziationen tun sich auf, wenn man diese Komposition von 1904 auf eine Zeit ungefähr 30 Jahre später und auf die bestimmt nicht plötzlich entstandenen politischen Sympathien Florent Schmitts hochrechnet. 29 | Gesungene Texte FLORENT SCHMITT TEXTVERSION DES PSALMS 47 (AUSZUG) Psaume XLVII Gloire au Seigneur! Nations, frappez des mains toutes ensemble, chantez la gloire de Dieu! Mêlez vos voix! Parce que le Seigneur est très élevé et très redoutable, et qu’il est le roi suprême qui a l’empire en toute la terre. Chantez la gloire de Dieu par des cris d’une sainte allégresse! Chantez, chantez: gloire au Seigneur! Frappez des mains toutes ensemble! Exaltez-vous à sa gloire! Il nous a assujetti les peuples, il a mis les nations sous nos pieds! Gloire au Seigneur! Gloire au Dieu suprême! Il a choisi dans son héritage la beauté de Jacob qu’il a aimée avec tendresse. Dieu est monté au milieu des chants de joie, et le Seigneur est monté à la voix de la trompette éclatante! Nations, frappez des mains toutes ensemble! Chantez, mêlez vos voix! Parce que le Seigneur est très élevé et très redoutable, et qu’il est le roi suprême qui a l’empire en toute la terre. Chantez la gloire de Dieu par des cris d’une sainte allégresse! Chantez, chantez: gloire au Seigneur! 30 Psalm 47 Jauchzet dem Herrn! Frohlocket mit Händen alle Völker, singt Gott mit fröhlichem Schall! Denn der Herr, unser Gott, er ist hoch erhaben und sehr erschrecklich und ein großer König in aller Welt, auf dem gesamten Erdboden. Frohlocket mit Händen alle Völker, singt Gott mit fröhlichem Schall! Denn er zwinget unter uns die Völker und die Leute unter unsere Füße. Jauchzet dem Herrn, Gott, dem Allerhöchsten! Er hat erwählt uns zu seinem Erbteil, die Herrlichkeit Jakobs, den er geliebt. Ah. Gott fähret auf mit Jauchzen und der Herr mit heller Posaune. Frohlockt, jauchzet dem Herrn mit Händen! Frohlockt mit fröhlichem Schall! Alle Völker, singt Gott mit fröhlichem Schall! Denn der Herr, unser Gott, er ist hoch erhaben und sehr erschrecklich und ein großer König auf der ganzen Erde. Jauchzet Gott! „Gott fähret auf mit Jauchzen und der Herr mit heller Posaune“ – La Place Stanislas in Nancy 31 Biografie Marek Janowski Seit 2002 ist Marek Janowski Künstlerischer Leiter des RundfunkSinfonieorchesters Berlin. Zwischen 1984 und 2000 hatte er das Orchestre Philharmonique de Radio France zum Spitzenorchester Frankreichs entwickelt. Außerdem war er jeweils für mehrere Jahre maßgeblich am Pult des Gürzenich-Orchesters in Köln (1986 –1990), der Dresdner Philharmonie (2001–2003), des Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo (2000 –2005) und des Orchestre de la Suisse Romande (2005–2012) tätig. 1939 geboren in Warschau, aufgewachsen und ausgebildet in Deutschland, führte Marek Janowskis künstlerischer Weg über Aachen, Köln, Düsseldorf und Hamburg als GMD nach Freiburg i. Br. und Dortmund. Es gibt zwischen Metropolitan Opera New York und Bayerischer Staatsoper München, 32 zwischen San Francisco, Hamburg, Wien und Paris kein Opernhaus von Weltruf, wo er seit den späten 1970er Jahren nicht regelmäßig zu Gast war. Im Konzertbetrieb, auf den er sich seit den späten 1990er Jahren ausschließlich konzentriert, führt er die große deutsche Dirigententradition fort, gilt weltweit als herausragender Beethoven-, Schumann-, Brahms-, Bruckner- und Strauss-Dirigent, aber auch als Fachmann für das französische Repertoire. Sein Abschied von der Oper war indes nur ein institutioneller, kein musikalischer. Deswegen zählt Marek Janowski heute mehr denn je zu den Kundigsten etwa für die Musik von Richard Wagner. Mit dem RSB, dem Rundfunkchor Berlin und einer Phalanx von internationalen Solisten realisierte er zwischen 2010 und 2013 die zehn Opern und Musikdramen des Bayreuther Kanons in konzertanten Aufführungen in der Berliner Philharmonie. Sämtliche Konzerte wurden in Kooperation mit Deutschlandradio von Pentatone mitgeschnitten und sind inzwischen alle auf SA-CD erschienen. Mehr als 50 zumeist mit internationalen Preisen ausgezeichnete Schallplatten – darunter mehrere Operngesamtaufnahmen und komplette sinfonische Zyklen – tragen seit 35 Jahren dazu bei, die besonderen Fähigkeiten Marek Janowskis als Dirigent international bekannt zu machen. Biografie Jacquelyn Wagner Gegenwärtig begeistert die amerikanische Sopranistin Jacquelyn Wagner ihr Publikum in Wien als Contessa und als Violetta, in Frankfurt als Violetta, in Minneapolis und in Düsseldorf als Arabella, in Köln als Suor Angelica, in einer Serie der „Walküre” als Ortlinde unter Leitung von Zubin Mehta in Florenz, auf Konzertpodien in New York, Madrid, Liverpool und Oslo. Ein Gastspiel der Oper Basel führte die Künstlerin als Contessa zu ihrem Japan-Debüt. Beim RSB war sie am 15. März 2013 erstmals zu hören als 3. Norn in der „Götterdämmerung“. Silvester 2015 wird sie die Sopranpartie in Beethovens Neunter Sinfonie singen. Jacquelyn Wagner wird demnächst als Vitellia („La Clemenza di Tito“), Tatjana („Eugen Onegin“), Marguerite („Faust“), Desdemona („Otello”) und Elsa („Lohengrin”) debütieren. Zunächst im Festengagement der Deutschen Oper Berlin verbunden, gastierte die Künstlerin u. a. als Fiordiligi am Grand Théâtre de Genève, am Staatstheater Stuttgart, an der Vlaamse Opera Antwerpen und der Opéra de Marseille. 2011 debütierte sie zur Saisoneröffnung in Oslo mit Beethovens Sinfonie Nr. 9, in Minnesota als Fiordiligi, in Strasbourg als Rosalinde und in Bordeaux als Donna Anna, ein Jahr zuvor war sie erstmals Agathe in Toulon, Contessa in Basel, Donna Anna an der Miami Opera sowie Micaela an der Semperoper Dresden. Jacquelyn Wagner studierte an der Manhattan School of Music und an der Oakland University of Michigan und ist Gewinnerin zahlreicher internationaler Wettbewerbe, u. a. des Internationalen Gesangswettbewerbes „Francisco Viñas“, des Gesangswettbewerbes „Renata Tebaldi“, der Queen Sonja International Music Competition und des Panasonic Voice Wettbewerbes in New York. Sie war Finalistin in Plácido Domingos „Operalia“ 2008 und erhielt zwei Auszeichnungen beim Palm Beach Opera Jugend-Wettbewerb. Die Jenny Lind Society und das Fulbright Study Grant förderten ihre Ausbildung mit Stipendien. 33 Biografie Rundfunkchor Berlin Biografie Nicolas Fink Der Schweizer Dirigent Nicolas Fink arbeitet mit den führenden Chören Europas. Seit 2012 ist er Künstlerischer Leiter beim Edward-Grieg-Kor in Bergen, Norwegen, und hat 2014 mit großem Erfolg als Chordirektor die Leitung des neugegründeten Schleswig-Holstein Festival-Chores übernommen. Sein besonderes Interesse gilt neuen Aufführungsformen: 2014 war Nicolas Fink in einer Co-Produktion des Rundfunkchores Berlin mit den Tänzern und Perkussionisten des Taiwanesischen U-Theatre in der Weltpremiere von Christian Josts „Lover“ zu erleben. In Bergen hat er die norwegische Erstaufführung von Martins „Le Vin Herbé“ in einer visuellen Umsetzung des Fotografen Magnus Skrede angeregt und aufgeführt. Beim WDRRundfunkchor stieß er mit der Leitung 34 einer choreographierten Fassung von Rachmaninows Vesper auf begeisterte Resonanz. Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Marek Janowski und Thomas Hengelbrock schätzen seine musikalische Vorbereitungsarbeit. Eine besonders enge Beziehung verbindet ihn mit dem Rundfunkchor Berlin. Dieses Ensemble wird er in der Spielzeit 2014/15 gleich mehrfach dirigieren, darunter in Poulencs „Figure Humaine“ und als Leiter des Jugendprojektes „Liederbörse“ im Kammermusiksaal der Philharmonie. Weitere Höhepunkte bilden die Aufführung von Rachmaninows Vesper mit dem Chœur de Radio France in Paris sowie die musikalische Vorbereitung zweier Uraufführungen mit Werken von Sofia Gubaidulina mit dem MDR-Rundfunkchor und von Wilfried Maria Danner mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks. Nicolas Fink hat an der Musikhochschule Luzern Chorleitung mit Auszeichnung abgeschlossen und das Konzertdiplom als Bariton erlangt. Weitere Studien führten ihn zu Meisterkursen in der ganzen Welt und 2006 als Conducting Fellow an das Tanglewood Music Center. Ausgezeichnet mit je einem Grammy Award 2008, 2009 und 2011, drei Echo Klassik-Preisen seit 2009 und Gastauftritten bei allen großen Festivals, ist der Rundfunkchor Berlin Partner von international herausragenden Orchestern und Dirigenten. Stilsicherheit, Präzision, Textverständlichkeit gehen einher mit einem unverwechselbaren, warmen, reich schattierten Klang und machen ihn zu einem der herausragenden Chöre der Welt. In Berlin tritt er regelmäßig mit den Philharmonikern, dem Rundfunk-Sinfonieorchester und dem Deutschen Symphonie-Orchester auf. Seit 2000 vergeht kein Jahr, ohne dass Marek Janowski gemeinsam mit dem Rundfunkchor Berlin für musikalische Sternstunden gesorgt hätte, seit 2010 u. a. mit den sechs Opern Wagners, die neben dem „Ring“ zum Bayreuther Kanon gehören. „Broadening the Scope of Choral Music“ – den Wirkungskreis der Chormusik erweitern – heißt die experimentelle Reihe des Rundfunkchores Berlin seit 2005, die international auf großes Interesse stößt. So war die Aufführung von Rodion Shchedrins „Der versiegelte Engel“ mit fünf Tänzern mittlerweile in vielen Ländern zu Gast. 2010 kam Gustav Holsts „Sāvitri“ im Berliner TechnoClub Berghain mit Kontorsionistinnen zur Aufführung. 2011 präsentierte der Chor ein Richard-Strauss-Programm im Neuen Museum, 2012 Brahms’ Requiem als „human requiem“ im Radialsystem V. Fest etabliert in Berlin haben sich das jährliche große „Mitsingkonzert“, der „LeaderChor“ für Führungskräfte, die „Liederbörse“ für Kinder und Jugendliche. Die Initiative SING! möchte das Singen als Teil des Schulalltags fördern. 1925 in Berlin gegründet und von Dirigenten wie Helmut Koch, Dietrich Knothe und Robin Gritton geprägt, wird der Rundfunkchor Berlin seit 2001 von Simon Halsey und ab Sommer 2015 von Gijs Leenaars geleitet. 35 Nachrichten Rundfunkchor Berlin „human requiem“ in Berlin, Paris und Granada Nach durchgehend ausverkauften Aufführungen und Wiederaufnahmen kehrt das „human requiem“ Ende März nach Berlin zurück. Zwei Jahre nachdem Jochen Sandigs ‚Verkörperlichung‘ von Johannes Brahms’ „Ein deutsches Requiem“ im Radialsystem V zur Uraufführung kam, ist die ebenso ungewöhnliche wie faszinierende Produktion wieder an ihrem Entstehungsort zu erleben. Im Juni folgen Gastspiele in Paris und Granada. „Human requiem“ bedeutet, Vertrautes neu zu entdecken: In der szenischen Umsetzung des BrahmsRequiems ist die Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum aufgehoben. Text, Körper, Raum und Klang werden in ihrer Verbindung neu erfahrbar – und das Publikum steht mittendrin. Brahms’ Requiem ist keine herkömmliche Totenmesse, weshalb der Text auch nicht der katholischen Liturgie folgt. Es will den Lebenden Trost spenden. In einem viel zitierten Brief an den Dirigenten der Uraufführung Carl Reinthaler schrieb Johannes Brahms 1867: „Was den Text betrifft, will ich bekennen, dass ich recht gern das ‚Deutsch‘ fortließe und einfach den RundfunkSinfonieorchester Berlin ‚Menschen‘ setzte.“ In der Gemeinschaft aus Singenden und Hörenden wird diese Botschaft zu einem sehr persönlichen Erlebnis – zum „human requiem“. LeaderChor Berlin im Neuen Museum Bereits zum neunten Mal lädt der Rundfunkchor Berlin Führungspersönlichkeiten aus den unterschiedlichsten Bereichen ein, um gemeinsam mit Mitgliedern des Ensembles unter der Leitung von Simon Halsey ein anspruchsvolles Chorprogramm zu erarbeiten. Am 29. März 2015 präsentiert der diesjährige LeaderChor Berlin im Neuen Museum die Ergebnisse seines viertägigen Workshops. Das Programm ist dem Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor einhundert und an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor siebzig Jahren gewidmet und spannt den Bogen vom altfranzösischen Chanson „La Guerre“ über Auszüge aus Haydns „Nelson-Messe“ und Regers „Nachtlied“ bis hin zu Werken von John Tavener, Karl Jenkins und einer neuen Komposition des für seine Filmmusik „Emmy“-preisgekrönten Briten Howard Goodall. Z I WE OP KO ER E NZ N N RTA MAREK JANOWSKI DI | 5. MAI 2015 | 20.00 | PHILHARMONIE BERLIN RICHARD S TR AUSS | DAPHNE MIT REGINE HANGLER (DAPHNE) | DANIEL BEHLE (LEUKIPPOS) STEFAN VINKE (APOLLO) | HERREN DES RUNDFUNKCHORES BERLIN U. A. DO | 7. MAI 2015 | 20.00 | PHILHARMONIE BERLIN RICHARD S TR AUSS | ELEK TR A MIT CATHERINE FOSTER (ELEKTRA) | CAMILLA NYLUND (CHRYSOTHEMIS) WALTRAUD MEIER (KLYTÄMNESTRA) | STEPHEN GOULD (AEGISTH) RUNDFUNKCHOR BERLIN U. A. RundfunkSinfonieorchester Berlin Telefon +49 (0)30 - 20 29 87 15 | www.rsb-online.de 36 37 T Biografie RundfunkSinfonieorchester Berlin Seit 2002, dem Beginn der Ära von Marek Janowski als Künstlerischem Leiter und Chefdirigent, wird dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin eine herausragende Position zwischen den Berliner Spitzenorchestern und deutschen Rundfunkorchestern zuerkannt. Das unter Marek Janowski erreichte Leistungsniveau macht das RSB attraktiv für Dirigenten der internationalen Spitzenklasse. Nach Andris Nelsons, Yannick Nézet-Séguin, Vasily Petrenko, Alain Altinoglu und Jakub Hrůsa in den vergangenen Jahren debütieren in der Saison 2014/2015 u.a. Tomáš Netopil, Ivan Repušic und Dima Slobodeniouk beim RundfunkSinfonieorchester Berlin. Das älteste deutsche rundfunkeigene Sinfonieorchester geht auf die erste musikalische Funkstunde im Oktober 1923 zurück. Die Chefdirigenten, u.a. Sergiu Celibidache, Eugen Jochum, Hermann Abendroth, Rolf Kleinert, Heinz Rögner, Rafael Frühbeck de Burgos, formten einen flexiblen sinfonischen 38 Klangkörper, bei dem große Komponisten des 20. Jahrhunderts immer wieder selbst ans Pult traten, darunter Paul Hindemith, Richard Strauss, Arnold Schönberg. Die Zusammenarbeit mit Deutschlandradio, dem Hauptgesellschafter der ROC GmbH Berlin, der das RSB angehört, trägt reiche Früchte auf CD. Ab 2010 konzentrierten sich viele Anstrengungen zusammen mit dem niederländischen Label Pentatone auf die mediale Auswertung des Wagnerzyklus. Alle zehn Live-Mitschnitte sind mittlerweile erschienen und haben sogleich ein weltweites Echo ausgelöst. Die Gesamteinspielung aller Sinfonien von Hans Werner Henze mit WERGO ist ebenfalls abgeschlossen. Künstlerischer Leiter und Chefdirigent Marek Janowski 1. Violinen Erez Ofer, Konzertmeister Rainer Wolters, Konzertmeister N.N., Konzertmeister Susanne Herzog, stellv. Konzertmeisterin Andreas Neufeld, Dimitrii Stambulski, Vorspieler Philipp Beckert, Susanne Behrens, Marina Bondas, Franziska Drechsel, Anne Feltz, Karin Kynast, Anna Morgunowa, Maria Pflüger, Prof. Joachim Scholz, Bettina Sitte, Deniz Tahberer, Steffen Tast, Misa Yamada, Michiko Feuerlein*, Isabella Bania*, Juliane Färber* 2. Violinen Nadine Contini, Stimmführerin N. N., Stimmführer N. N., stellv. Stimmführer David Drop, Vorspieler Sylvia Petzold, Vorspielerin Rodrigo Bauza, Maciej Buczkowski, Neela Hetzel de Fonseka, Brigitte Draganov, Martin Eßmann, Eren Kustan, Juliane Manyak, Enrico Palascino, Christiane Richter, Anne-Kathrin Weiche, Nicola Bruzzo*, Clara Plößner*, Richard Polle* Bratschen Prof. Wilfried Strehle, Solobratschist N. N., Solobratschist Gernot Adrion, stellv. Solobratschist Prof. Ditte Leser, Vorspielerin Christiane Silber, Vorspielerin Claudia Beyer, Alexey Doubovikov, Jana Drop, Ulrich Kiefer, Emilia Markowski, Carolina Alejandra Montes, Ulrich Quandt, Luzía Ortiz Saúco*, Öykü Canpolat*, Julia Lindner* Violoncelli Prof. Hans-Jakob Eschenburg, Solocellist Konstanze von Gutzeit, Solocellistin Ringela Riemke, stellv. Solocellistin Jörg Breuninger, Vorspieler Volkmar Weiche, Vorspieler Peter Albrecht, Christian Bard, Georg Boge, Andreas Kipp, Andreas Weigle, Jee Hee Kim*, Raúl Mirás López*, Guido Scharmer*, Kontrabässe Hermann F. Stützer, Solokontrabassist N.N., Solokontrabassist Stefanie Rau, stellv. Solokontrabassistin Eduardo Rodriguez, Vorspieler Iris Ahrens, Axel Buschmann, Nhassim Gazale, Georg Schwärsky, Philipp Dose*, Callum Hay Jennings* Flöten Prof. Ulf-Dieter Schaaff, Soloflötist Silke Uhlig, Soloflötistin Franziska Dallmann, Rudolf Döbler Markus Schreiter, Piccoloflöte Oboen Gabriele Bastian, Solooboistin Prof. Clara Dent, Solooboistin Florian Grube, Gudrun Vogler Thomas Herzog, Englischhorn Klarinetten Michael Kern, Soloklarinettist Oliver Link, Soloklarinettist Peter Pfeifer, Es-Klarinette N. N. Christoph Korn, Bassklarinette Fagotte Pieter Nuytten, Solofagottist Sung Kwon You, Solofagottist Leni Mäckle, Alexander Voigt Clemens Königstedt, Kontrafagott Hörner Dániel Ember, Solohornist Martin Kühner, Solohornist Felix Hetzel de Fonseka, Uwe Holjewilken, Ingo Klinkhammer, Anne Mentzen, Frank Stephan Trompeten Florian Dörpholz, Solotrompeter Lars Ranch, Solotrompeter Simone Gruppe, Jörg Niemand, N.N. Posaunen Hannes Hölzl, Soloposaunist Prof. Edgar Manyak, Soloposaunist Hartmut Grupe, József Vörös Jörg Lehmann, Bassposaune Tuba Georg Schwark Pauken/Schlagzeug Jakob Eschenburg, Solopaukist Arndt Wahlich, Solopaukist Tobias Schweda, stellv. Solopaukist Frank Tackmann Harfe Renate Erxleben * Orchesterakademie 39 Nachrichten RundfunkSinfonieorchester Berlin Asientournee Am 7. März 2015 brechen Marek Janowski und das RSB zu einer längeren Tournee durch Taiwan, Südkorea und Japan auf. Die Musiker erwartet ein straffes Programm mit elf Konzerten innerhalb von 15 Tagen, bei denen Werke von Beethoven, Sibelius, Weber, Bruckner und Brahms gespielt werden. Dazwischen gilt es, logistische Meisterleistungen zu vollbringen und dem Jetlag zu trotzen, um in jedem neuen Saal wieder höchste künstlerische Leistungen erbringen zu können. Als Solisten sind der Geiger Frank Peter Zimmermann (10., 13., 16.3.) und der Pianist Seong-Jin Cho (12.3.) dabei. Marek Janowski und das RSB reisen regelmäßig nach Asien, wo sie immer wieder enthusiastisch gefeiert werden in den verschiedenen Spielstätten, die zueist die Dimensionen deutscher Konzertsäle um ein Mehrfaches übertreffen. Kammerkonzert im Rahmen der Asien-Tournee Ulf-Dieter Schaaff, Soloflötist des RSB, unterrichtet und konzertiert seit vielen Jahren regelmäßig in Fernost. Im Rahmen der aktuellen Asien-Tournee seines Orchesters wurde er vom Seoul Flute Trio ein- 40 geladen, ein gemeinsames Kammerkonzert zu geben. Zusammen mit Gabriele Bastian, Oboe, und Michael Kern, Klarinette, musiziert er am 11. März 2015 in der Youngsan Art Hall in Seoul. Vorschau Di | 31. März 15 | 20.00 So | 19. Apr. 15 | 20.00 Philharmonie Berlin Konzerthaus Berlin Abokonzert D/6 Abokonzert B/5 SEBASTIAN WEIGLE Di | 21. Apr. 15 | 20.00 Johannes Brahms Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 Johannes Brahms Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 Konzerthaus Berlin Konzert mit NEU auf CD: Schnittkes Dritte Am 9. Februar 2015 erschien die neueste Aufnahme des RundfunkSinfonieorchesters Berlin aus dem Hause Pentatone. Unter der Leitung von Vladimir Jurowski spielte das RSB im Sommer 2014 die opulente Sinfonie Nr. 3 von Alfred Schnittke ein, die der russische Dirigent wie seine Westentasche kennt. 300 Jahre Musikgeschichte spiegeln sich in dem großbesetzten Werk wider, von Schnittke anlässlich der Wiedereröffnung des Leipziger Gewandhauses 1981 eindrucksvoll in Szene gesetzt und dicht ineinander verwoben. Abokonzert C/6 MAREK JANOWSKI Kristóf Baráti | Violine Max Bruch Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-Moll op. 26 Anton Bruckner Sinfonie Nr. 6 A-Dur WAB 106 Konzert mit 41 Vorschau Impressum Sa | 23. Mai 15 | 20.00 Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Philharmonie Berlin Künstlerischer Leiter und Chefdirigent: Marek Janowski Orchesterdirektor: Tilman Kuttenkeuler Abokonzert A/5 MAREK JANOWSKI Alexandra Reinprecht | Sopran Peter Sonn | Tenor „Freunde, das Leben ist lebenswert“ Franz Lehár Auschnitte aus den Operetten „Die lustige Witwe“, „Paganini“, „Land des Lächelns“, „Giuditta“ und „Der Zarewitsch“ Franz Lehár „Gold und Silber“ – Walzer op. 79 Johann Strauß (Sohn) Ouvertüren zu den Operetten „Waldmeister“, „Der Zigeunerbaron“ und „Nacht in Venedig“ Konzert mit Ein Ensemble der Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH Berlin Geschäftsführer: Thomas Kipp Kuratoriumsvorsitzender: Rudi Sölch Gesellschafter: Deutschlandradio, Bundesrepublik Deutschland, Land Berlin, Rundfunk Berlin-Brandenburg Text und Redaktion Steffen Georgi Gestaltung und Realisierung schöne kommunikation A. Spengler & D. Schenk GbR Druck H. Heenemann GmbH & Co, Berlin Buch- und Offsetdruckerei Redaktionsschluss: 20. Februar 2015 Ton- und Filmaufnahmen sind nicht gestattet. Änderungen vorbehalten! © Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Steffen Georgi 42