Forschungsschwerpunkte – Jun.-Prof. Dr. Ute Scholl

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Forschungsschwerpunkte – Jun.-Prof. Dr. Ute Scholl
Weltweit leiden mehr als 1 Milliarde Menschen an Bluthochdruck. Als wichtiger Risikofaktor
für Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und Herzversagen trägt Bluthochdruck weltweit
zu mehr als 9 Milliarden Todesfällen jährlich bei.
Neben Faktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel, Salzkonsum und Alkoholkonsum
spielen genetische Faktoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Bluthochdruck. Ein
Ansatzpunkt zur Entschlüsselung solcher Mechanismen ist die Untersuchung von Familien
mit seltenen erblichen Formen von Bluthochdruck. Einen weiteren Ansatzpunkt stellt die Untersuchung von gutartigen Tumoren, die Bluthochdruck auslösen, dar. Wir verwenden moderne Sequenzierverfahren, um Gene und Signalwege zu identifizieren, die für die Blutdruckregulation wichtig sind.
Der häufigste nachweisbare Faktor, der Bluthochdruck auslöst, ist eine zu hohe Produktion
des an der Blutdruckregulation beteiligten Nebennierenhormons Aldosteron beim sogenannten primären Hyperaldosteronismus. Aldosteron bewirkt, dass die Niere vermehrt Salz und
Wasser zurückhält, sodass der Blutdruck ansteigt. Etwa ein Drittel der betroffenen Patientinnen und Patienten hat einen aldosteronbildenden, gutartigen Tumor in einer Nebenniere;
durch eine Operation können diese Patienten geheilt werden. Bei etwa zwei Dritteln der Patientinnen und Patienten bilden aus bisher ungeklärten Gründen beide Nebennieren zu viel
Aldosteron.
Als Postdoc und nun gemeinsam mit meiner Arbeitsgruppe konnte ich zu Studien beitragen,
in deren Rahmen wir Mutationen in Ionenkanalgenen als Auslöser des primären Hyperaldosteronismus identifiziert und charakterisiert haben. So tragen etwa 40 Prozent der aldosteronbildenden Tumore der Nebenniere Mutationen im Gen KCNJ5, das die Information für die
Bildung eines Kaliumkanals enthält. Solche Kanäle bilden in der Membran der Zelle Poren,
durch die Kaliumionen strömen können. Bedingt durch diese Mutationen durchströmen den
Kanal nun Natriumionen statt Kaliumionen, was dazu führt, dass sich die Spannung, die über
der Zellmembran anliegt, ändert und sich Calciumkanäle öffnen. Durch Calciumkanäle strömen Calciumionen in die Zelle, was für die Zelle das Signal ist, Aldosteron (bei den betroffenen Patientinnen und Patienten zu viel Aldosteron) zu bilden. Bei weiteren Tumoren konnten
wir Mutationen in einem Calciumkanalgen (CACNA1D) nachweisen. Diese Mutationen füh-
Forschungsschwerpunkte – Heinz Maier-Leibnitz-Preis 2017
Jun.-Prof. Dr. Ute Scholl
Stand: April 2017
DFG
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ren dazu, dass der Calciumkanal unmittelbar zu viele Calciumionen in die Zelle einströmen
lässt und ebenfalls zu viel Aldosteron gebildet wird.
Wenn solche Mutationen nicht nur in den Tumorzellen, sondern in allen Zellen des menschlichen Körpers auftreten, entstehen erbliche Bluthochdrucksyndrome. Wir konnten zeigen,
dass etwa Mutationen in den Genen KCNJ5 und CACNA1D und auch in einem weiteren
Calciumkanalgen, CACNA1H, solche Syndrome auslösen können. Die meisten Betroffenen
entwickeln bereits im Kindesalter einen schweren Bluthochdruck. Da CACNA1D auch wichtige Funktionen bei der Steuerung der Erregbarkeit von Nervenzellen hat, führen Mutationen
in diesem Gen zu einem von uns neu beschriebenen Syndrom, das unter anderem schon im
Kindesalter eine Epilepsie auslöst.
Derzeit untersuchen und entwickeln wir Substanzen, die direkt an den mutierten Proteinen
ansetzen, um möglicherweise künftig zu einer besseren Diagnostik und Behandlung von
Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck beitragen zu können. Auf der Ebene von Zelle
und Nebenniere möchten wir die Bedeutung der von uns identifizierten Gene noch besser
verstehen. Auch versuchen wir, bei weiteren Familien mit Bluthochdruck und in weiteren
Tumoren krankheitsauslösende Mutationen zu identifizieren.
Forschungsschwerpunkte – Heinz Maier-Leibnitz-Preis 2017
Jun.-Prof. Dr. Ute Scholl
Stand: April 2017
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