Das deutschsprachige Oratorienlibretto 1945-2000

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Cäcilie Kowald
Das deutschsprachige
Oratorienlibretto
1945-2000
Literaturwissenschaftliche Annäherung
an eine vernachlässigte Gattung
Das deutschsprachige Oratorienlibretto
1945-2000
vorgelegt von
Cäcilie Kowald
aus Wiesloch
von der Fakultät I – Geisteswissenschaften
der Technischen Universität Berlin
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktorin der Philosophie
- Dr. phil. -
genehmigte Dissertation
Promotionsausschuss:
Vorsitzender: Prof. Dr. Friedhelm Schütte
Berichter: Prof. Dr. Norbert Miller
Berichter: Prof. Dr. Hans-Dieter Zimmermann
Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 25. Januar 2007
Berlin 2007
D 83
2
3
D ANKSAGUNG
Mein Dank gilt allen, die diese Arbeit möglich gemacht und unterstützt haben:
Marion Schulz-Reese und Albertus Magoley, weil sie nicht nur gegen eine promovierende
Teilzeitkraft nichts einzuwenden hatten, sondern dies auch durch entsprechende organisatorische Mitwirkung und Entlastungsangebote förderten, sowie allen Kolleginnen und
Kollegen, die akzeptierten, dass ich nicht uneingeschränkt zur Verfügung stand,
meiner Familie und meinen Freunde, die verstanden, dass ich nicht zwei Tage die Woche
„frei“ hatte, sondern in dieser Zeit eine zwar unbezahlte, aber ebenso ernstzunehmende
Arbeit hatte wie den Broterwerb,
Herrn Prof. Norbert Miller für die spontane Bereitschaft, eine eigenwillige und eigensinnige Arbeit anzunehmen und ein zügiges Promotionsverfahren zu ermöglichen, Herrn
Prof. Hans-Dieter Zimmermann für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie Herrn
Friedhelm Schütte für einen überaus netten Prüfungsvorsitz,
allen Komponisten und Verlagen, die mir bereitwillig Texte, Noten und Aufnahmen zur
Verfügung stellten,
allen Korrekturleser/inne/n und Testprüfer/inne/n: Bruder Simeon OSB Alexander
Friedrich, Birgit Breunig, Christa Stoll, Christian Jung, Bettina Meltzer, Christian W.
Schaefer, Gabriele Biernath, Holger Schütt, Jens Breitschwerdt, Sabine Diederichs,
Viktoria Balensiefen, Volker Nebel,
und nicht zuletzt Holger für all seine Unterstützung und Anteilnahme.
4
E IDESSTATTLICHE E RKLÄRUNG
Hiermit versichere ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel DAS
DEUTSCHSPRACHIGE ORATORIENLIBRETTO 1945-2000 selbstständig, ohne fremde Hilfe und ohne
Benutzung anderer als der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt habe. Alle
Ausführungen, die wörtlich oder sinngemäß übernommen wurden, sind als solche
gekennzeichnet und mit Quellenangaben nach den fachüblichen Richtlinien versehen.
Diese Arbeit wurde bisher weder vollständig noch in Teilen veröffentlicht.
Diese Arbeit ist oder war nicht Gegenstand eines anderen Prüfungs- oder Promotionsverfahrens. Ich habe zuvor noch keinen Doktorgrad erlangt oder zu erlangen versucht.
5
A BSTRACT
Anders als das Opernlibretto hat das Oratorienlibretto bisher in der literaturwissenschaftlichen Forschung keine Beachtung gefunden. Dabei spielt der Text im Oratorium
oft eine wichtigere Rolle als in der Oper. Die vorliegende Arbeit unternimmt deshalb den
Versuch, das Oratorium als (auch) literarische Gattung anhand des Textes genauer zu
beschreiben. Da das Oratorium insgesamt eine recht offene Gattung ist, die zudem im
Laufe der Zeit und regional sehr unterschiedliche Ausprägungen erfahren hat, wurde die
Untersuchung auf zwischen 1945 und 2000 entstandene überwiegend deutschsprachige
Libretti beschränkt.
Zunächst werden die kulturgeschichtlichen Voraussetzungen der zeitgenössischen
Oratorienproduktion und die derzeitige Forschungslage beleuchtet. Im zweiten Teil folgt
die Untersuchung inhaltlicher Aspekte, wie die Wahl von Titeln und Sujets, sowie darauf
aufbauend der Bedeutung der Bibel bei der Texterstellung und -gestaltung.
Im dritten Teil wird schließlich die spezifische mehrlagige Erzählstruktur des Oratoriums
herausgearbeitet, die sich aus verschiedenen, in Zeit und Perspektive voneinander
unabhängigen Ebenen konstituiert.
In contrast to the opera libretto, which is an established topic of research on literature,
until now the oratorio has not yet been taken even into consideration. But in an oratorio,
the text often plays an even more vital role than in an opera. Therefore, this study aims
to describe oratorio as a literary genre by examining its text. As oratorio in general is a
rather indefinite genre that contains many different historical and regional occurrences,
the analysis has been restricted to librettos written between 1945 and 2000 in the
German language.
The study begins by investigating the cultural conditions of contemporary oratorio
production and the current state of research. The second part deals with the content of
the oratorio and its presentation, considering titles, subjects and the treatment of the
bible.
Finally, the third part works out the specific multi-layered structure of the oratorio
libretto. This structure is constituted by several independent narrative levels differing in
time and perspective.
6
INHALT
Danksagung
3
Eidesstattliche Erklärung
4
Abstract
5
EINLEITUNG
8
1
KULTURGESCHICHTLICHER KONTEXT
1.1
Das Oratorium zwischen Gattungskrise und Gattungstradition
13
1.1.1 Probleme der Begriffsbestimmung
1.1.2 Gattungen und Gattungskategorie im 20. Jahrhundert
1.1.3 Das Oratorium als literarische Gattung: Eine Annäherung über den Text
13
14
20
1.2
Musikalische und literarische Rahmenbedingungen
1.2.1
1.2.2
1.2.3
1.2.4
1.3
Musikgeschichtliche Voraussetzungen: Die Zeit vor 1945
Zwischen Neuer Musik und Tradition: Oratorium nach 1945
Einflüsse populärer Musik
Literaturgeschichtliche Voraussetzungen
Forschung zum Oratorienlibretto
1.3.1 Musikwissenschaftliche Forschung
1.3.2 Literaturwissenschaftliche Librettologie
1.3.3 Forschung zur literarischen Bibelrezeption
1.4
Der Materialbestand
12
24
24
26
30
33
36
36
38
40
41
1.4.1 Erscheinungsformen des Librettos
1.4.2 Untersuchte Oratorienlibretti 1945-2000
41
43
2
INHALTLICHE AUSGESTALTUNG
46
2.1
Elemente und Funktionen des Titels
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
2.1.5
2.2
Nennung der Hauptperson
Referenzen auf Bibelepisoden und Nennung des Aufführungsanlasses
Christliche Symbolik
Verwendung von Fremdsprachen
Fazit: christlich-biblische Bezüge im Titel
Variationen der Gattungsbezeichnung
2.2.1
2.2.2
2.2.3
2.2.4
2.2.5
Kammeroratorium
Rock-, Pop-, NGL-Oratorium
Szenisches Oratorium und Oratorische Szenen
Individuelle Bezeichnungen
Fazit: Untergattungen des zeitgenössischen Oratoriums
47
48
50
51
52
54
56
56
56
57
58
58
7
2.3
Sujets des Oratoriums früher und heute
2.3.1
2.3.2
2.3.3
2.3.4
2.4
Die Frage nach dem Warum oder: Sinnsuche als thematische Konstante
2.4.1
2.4.2
2.4.3
2.4.4
2.4.5
2.5
Stoffe des Neuen Testaments
Stoffe des Alten Testaments
Nicht-biblische Stoffe
Das „weltliche“ Oratorium: Zur Problematik eines Begriffs
„Schweig nicht, wenn ich nach dir frage“: Theodizee
„Ecce: homo homini lupus“: Das Leid des Menschen durch den Menschen
„Schöpfung hinter Gittern“: Entfremdung zwischen Gott, Welt und Mensch
„Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“: Mensch, Welt und Ewigkeit
„Geh und lege seine Spur von morgen“: Christliche Nachfolge heute
Bibelrezeption im Oratorium: Zwischen Spurensuche und Verkündigung
2.5.1 Funktionen des Oratoriums
2.5.2 Das Oratorium als spezielle Form der Bibelrezeption
2.5.3 Intertextuelle Verfahren im Oratorienlibretto
3
STRUKTUREN DES ORATORIENLIBRETTOS
3.1
Zeitbehandlung im Oratorium
3.1.1 Textlänge und Aufführungsdauer
3.1.2 Zeit- und Handlungsstruktur
3.2
Die Ebenenstruktur des Oratorienlibrettos
3.2.1 Vielschichtigkeit als Gattungsmerkmal
3.2.2 Die Ebene des Geschehens
3.2.3 Reflexions- und Kommentarebenen
3.3
Strukturformen des Oratoriums
3.3.1
3.3.2
3.3.3
3.3.4
3.3.5
3.4
Paradigmatische Strukturen
3.4.1
3.4.2
3.4.3
3.4.4
3.5
Erzählen und zeigen: der Bericht
Beschreiben und deuten: der Kommentierte Bericht
Ein Sonderfall: der Gerahmte Bericht
Von allen Seiten betrachtet: die Befragung
Gegenseitige Ergänzung: der Dialog
Antithetische Struktur
Kontrastierende Gegenüberstellung
Motivische und thematische Bezüge
Hinweise im Nebentext
60
63
68
70
74
76
77
79
81
84
90
93
93
94
98
102
103
103
104
110
110
111
113
119
119
120
123
124
126
130
130
133
135
137
Fazit: Die strukturelle Fortsetzung der Gattungstradition
140
ZUSAMMENFASSUNG: MERKMALE DES ORATORIUMS NACH 1945
143
ANHÄNGE
148
Verzeichnis der Oratorien 1945 - 2003
Alphabetisch nach Komponisten
Jahresverzeichnis
149
150
184
Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen
192
Literaturverzeichnis
193
Index der Komponisten und Librettisten
208
8
EINLEITUNG
„Deutschsprachige Oratorien nach 1945 – gibt es da überhaupt welche?“ Das war die
übliche Reaktion, wenn ich von meinem Promotionsvorhaben erzählte. Selbst an der
Gattung interessierte Kirchenmusiker wussten in der Regel nur einige wenige Beispiele
zu nennen – und alle waren überrascht, wenn ich die Zahl von nahezu 170 Werken in
meiner Datenbank nannte.
Dies spiegelt die Situation, in der sich das Oratorium heute befindet. Die quantitativ wie
qualitativ durchaus ernstzunehmende Produktion ist im kulturellen Leben und im
Bewusstsein der musikalischen Öffentlichkeit kaum präsent. Dabei ist es nicht einmal
so, dass das Oratorium ein Nischendasein im Umfeld der Kirchenmusik führt. Auch
„weltliche“ Komponisten sehen das Oratorium als Prüfstein ihres Könnens, nicht
unbedingt in musikalischer, umso mehr aber in konzeptioneller und weltanschaulicher
Hinsicht.
Für die geringe Bekanntheit zeitgenössischer Oratorien mögen andere Umstände
verantwortlich sein. Zum einen ist das in Konzerten gegenwärtige Oratorienrepertoire
mehr noch als bei anderen Gattungen von den Kassenschlagern aus Barock, Klassik und
Romantik geprägt. Auch die Zwitterstellung des Oratoriums als Gattung „zwischen
Kirche, Bühne und Konzertsaal“1 mag eine Rolle spielen: für die Kirche sind moderne
Oratorien oft zu weltlich, für die bürgerlichen Aufführungsinstitutionen wiederum zu
stark weltanschaulich-religiös geprägt. Zum anderen dürfte jedoch die überaus große
Vielfalt der Stile und Ausprägungen eine Wahrnehmung als einheitliche Gattungsgruppe
1
So der Untertitel einer Monographie zu großformatigen Vokalwerken des ausgehenden 18. und frühen
19. Jahrhunderts, vgl. Steiner 2001.
9
erschweren. Avantgardistische Werke, deren Aufführung selbst an Profis hohe Anforderungen stellt, sind ebenso vertreten wie Werke für Laienchöre, gemäßigt postserielle
Experimente ebenso wie neoromantische Klänge. Und nicht zuletzt bildet das von
populären geistlichen Musikbewegungen getragene Oratorium einen eigenen Bereich,
der, wie die Sacro-Pop- und NGL2-Bewegung insgesamt, von den Institutionen der so
genannten „ernsten“ Musik ohnehin nicht als gleichwertig angesehen und dementsprechend im bürgerlichen kulturellen Bewusstsein weitgehend ausgeblendet wird.
Wenn man alle Strömungen zusammenfasst, ergibt sich ein ungeheuer vielfältiges und
lebendiges Bild des zeitgenössischen Oratoriums. Bei den Komponisten finden sich
bekannte Namen wie César Bresgen, Hans Ulrich Engelmann, Bertold Hummel oder
Hans Werner Henze. Mit Oskar Gottlieb Blarr, Otfried Büsing, Heinz Martin Lonquich
sind praxiserfahrene Kirchenmusiker vertreten, außerdem Szene-Stars wie der Liedermacher Siegfried Fietz oder der vom christlichen Schlager kommende Klaus Heizmann.
Auch bei den Librettisten finden sich – neben zahlreichen Pfarrern und Theologen –
durchaus bedeutende Schriftsteller, wie Ernst Schnabel, Ingeborg Drewitz und Christa
Wolf. Für Komponisten wie Librettisten gilt jedoch, dass häufig entweder ihre Oratorien
als innerhalb des Gesamtwerks nebensächlich wahrgenommen oder aber ihr gesamtes
Schaffen als tendenziös und epigonal abgetan wird.
Natürlich gibt es unter den nachweisbaren Oratorien zahlreiche tendenziöse Werke,
Auftragskompositionen, deren Bedeutung über den ursprünglichen Kompositions- und
Aufführungsanlass nicht hinausweist. Doch finden sich auch Stücke, deren weltanschauliche, sprachliche und musikalische Ausarbeitung fasziniert und das künstlerische
Potenzial der Gattung verrät.
Die künstlerische Bewertung des zeitgenössischen Oratoriums steht jedoch in dieser
Arbeit im Hintergrund – nicht zuletzt aufgrund der stilistischen Heterogenität und der
daraus resultierenden mangelnden Vergleichbarkeit der Werke. Ziel ist vielmehr, die
Charakteristika des Oratoriums im 20. Jahrhundert, die zeitgenössische Ausprägung
dieser alten Gattung in ihren aktuellen spezifischen Merkmalen zu erfassen. Der Blickwinkel ist dabei ein literaturwissenschaftlicher. Denn einerseits gibt es von musikwissenschaftlicher Seite bereits zahlreiche Untersuchungen zum Oratorium, auch gattungstheoretischer Art; andererseits haben diese bisher keine befriedigende Antwort auf die
Frage nach den Besonderheiten der Gattung im 20. Jahrhundert geben können. Der
Versuch, bei einer vokalmusikalischen Gattung den Weg über den Text zu gehen, ist –
2
NGL steht für „Neues Geistliches Lied“. Mehr dazu in Abschnitt 1.2.3, S. 30ff.
10
gerade angesichts der sehr viel weiter fortgeschrittenen gattungstheoretischen Forschung
und Theoriebildung in der Literaturwissenschaft – zumindest vielversprechend.
Dass dabei in methodischer Hinsicht vielfach Neuland betreten werden muss, liegt auf
der Hand. Zwar gibt es eine inzwischen durchaus umfangreiche und fundierte
Forschungsliteratur zum Opernlibretto. Auf das Oratorienlibretto jedoch lassen sich
deren Methoden und Denkansätze nicht ohne weiteres übertragen. Zu sehr spielen
besondere Bedingungen, wie weltanschaulich-religiöse Fragen und die spezielle Stellung
im Spannungsfeld zwischen Kirchen- und Konzertmusik, eine Rolle. Insofern greift die
vorliegende Arbeit vielfach auf musikwissenschaftliche Arbeiten zurück; auch theologische Ansätze kommen zur Berücksichtigung. Literaturwissenschaftliche Ansätze und
Methoden helfen überwiegend bei grundsätzlichen Fragen wie der Gattungsbestimmung
und der Strukturanalyse weiter.
Der erste Teil der vorliegenden Arbeit dient dazu, zunächst den Rahmen der Untersuchung abzustecken. Dazu gehört ein Blick auf die kulturgeschichtlichen Voraussetzungen der zeitgenössischen Oratorienproduktion ebenso wie einige theoretische
Überlegungen und eine Zusammenschau der derzeitige Forschungslage. Eine wichtige
Aufgabe des ersten Teils ist darüber hinaus, die Frage zu klären, inwiefern die Kategorien
„Gattung“ und „Oratorium“ im 20. Jahrhundert überhaupt noch Anwendung finden
können.
Der zweite Teil untersucht die inhaltliche Ausgestaltung der zwischen 1945 und dem
Jahr 2000 entstandenen deutschsprachigen Oratorien. Bereits beim Überblick über die
Titelangaben wird deutlich, wie stark die Bindung des Oratoriums an die biblischchristliche Tradition immer noch ist. Dieser Befund wird durch die Auswertung der
verwendeten Stoffe bestätigt. Dass das zeitgenössische Oratorium eine ganz eigene
Rezeptionsform biblischer, literarischer oder mythologischer Quellen darstellt, zeigen
nicht nur die wichtigsten thematisch-motivischen Elemente, sondern auch die herausragende Bedeutung intertextueller Verfahren für die Textkonstitution.
Teil 3 wendet sich schließlich der Struktur des Oratoriums zu. Ausgehend von Erkenntnissen aus der Forschung zum Opernlibretto werden einige typische Merkmale der Zeitund Handlungsstruktur herausgearbeitet. Anhand dieser lässt sich ein allgemeines
Strukturmodell der Gattung entwickeln, das sich in wesentlichen Punkten auch mit
historische Ausprägungen des Oratoriums in Übereinstimmung bringen lässt.
Die Untersuchung umfasst die deutschsprachige Oratorienproduktion aus den Jahren
von 1945 bis 2000. Werke aus Österreich und der Schweiz wurden ebenso aufgenommen
wie solche aus den beiden deutschen Staaten, vorausgesetzt, der Text ist zumindest
11
überwiegend deutsch. Nicht berücksichtigt wurde das Oratorium sozialistischer Prägung
aus der DDR, da sich seine kulturellen und ästhetischen Voraussetzungen erheblich von
den übrigen unterscheiden. Diese angemessen zu berücksichtigen, hätte den Rahmen
dieser Arbeit gesprengt. Die sich daraus von vorneherein ergebende thematische Verengung ist insofern gerechtfertigt, als dass das Oratorium sozialistischer Prägung
zusammen mit den politischen Systemen, die sein Entstehen förderten, wieder
verschwunden ist. Innerhalb der Gattungsgeschichte darf damit das sozialistische
Oratorium als kleiner Seitenzweig angesehen werden, der wenig Spuren außerhalb
seines unmittelbaren Wirkungsbereichs hinterlassen hat.
Die Zäsur, die das Ende des Zweiten Weltkriegs in der Geschichte und Kulturgeschichte
Europas darstellt, markiert den Beginn des Untersuchungszeitraums. Das Ende ist mit
dem Jahr 2000 durchaus willkürlich gewählt und allein der verbreiteten Neigung
geschuldet, Kulturgeschichte in Jahrhunderten zu betrachten. Es wurde bewusst nicht
auf das Jahr 1989 gelegt, um die neueren Entwicklungen nach dem Ende des Ost-WestKonflikts und nach der deutschen Wiedervereinigung noch mit zu erfassen. Dass der
Untersuchungszeitraum nicht weiter ausgedehnt wurde, ist nur der pragmatischen
Notwendigkeit geschuldet, die Materialsammlung irgendwann abschließen zu können.
12
1 KULTURGESCHICHTLICHER KONTEXT
13
1.1
D AS O RATORIUM
1.1.1
ZWISCHEN
G ATTUNGSKRISE
UND
G ATTUNGSTRADITION
Probleme der Begriffsbestimmung
Auf den ersten Blick scheint klar zu sein, was ein Oratorium ist: ein abendfüllendes
Vokalwerk für Soli, Chor und Orchester zu einem geistlichen Thema. So versteht es das
Konzertpublikum, das Feuilleton, und so versteht es im Wesentlichen auch die musikwissenschaftliche Forschung. Und doch ist diese vorläufige Definition ungenügend:
ebenso wie auf das Oratorium trifft sie nämlich auch auf die Messe und das Requiem zu.
Im Gegensatz zum Oratorium aber vertonen Messe und Requiem traditionell einen
kanonischen liturgischen Text, nämlich das lateinische O RDINARIUM M ISSAE bzw. die
Totenmesse M ISSA
PRO
D EFUNCTIS . Die meisten stören sich an diesem Unterschied wenig
und fassen alles unter dem Begriff „Oratorium“ zusammen.
Tatsächlich fällt vor dem Hintergrund einer wechselhaften Gattungsgeschichte, in der
das Oratorium vielfache Veränderungen und Umdeutungen erfahren hat, eine Eingrenzung nicht leicht; eine Gattungseigenschaft des Oratoriums scheint gerade seine
Offenheit in Form und Inhalt zu sein.3 Um dieser Offenheit gerecht zu werden, wird in
der musikwissenschaftlichen Forschungsliteratur der Begriff „Oratorium“ in der Regel
sehr weit gefasst. Das erlaubt es den jeweiligen Autoren, alle Werke in Betracht zu
ziehen, die ihrer Einschätzung nach Oratorien sein könnten, ohne mit genauen Auswahlkriterien voreilige Grenzziehungen vorzunehmen. Einige Publikationen verzichten
deshalb sogar ausdrücklich auf eine genauere Gattungseingrenzung, so z. B. der
Oratorienführer von Silke Leopold und Ullrich Scheideler:
Wir haben versucht, dieses Problem pragmatisch anzugehen und allen Werken den
Weg in dieses Lexikon zu ebnen, die in den vierhundert Jahren Oratoriengeschichte
irgendwann einmal als Oratorium gegolten haben oder gelten – nicht nur im Sinne
der Gattungs-, sondern auch der Aufführungsgeschichte.4
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Howard Smither in seiner History of the Oratorio, der
neuesten und umfassendsten Publikation zur Geschichte des Oratoriums:
For the purpose of the present study, works called oratorios by their composers are
included, as are those not so called that are long concert pieces with narrative or
dramatic texts set to music for soloists, chorus, and orchestra. A religious subject is
not a criterion.5
3
Zum Gattungsbegriff „Oratorium“ und seinem Bedeutungswandel vgl. insbesondere Reimer 1972.
4
Leopold/Scheideler 2000, S. IX.
5
Smither 2000, S. 631.
14
Es lässt sich dabei jedoch beobachten, dass die Einordnung eines Werkes als Oratorium
und die Aufnahme in die eigene wissenschaftliche Betrachtung meist auch ein Werturteil
birgt. So stammt der größte Teil der in der musikwissenschaftlichen Forschungsliteratur
erwähnten Oratorien von anerkannten Komponisten, und umgekehrt werden Vokalwerke
anerkannter Komponisten in Rezensionen und Forschungsarbeiten in der Regel sehr
bereitwillig als Oratorien tituliert.6 Demgegenüber viel seltener erwähnt werden die
zahlreichen Oratorien, die aus der kirchenmusikalischen Praxis kommen und sich nicht
in erster Hinsicht an ein Konzertpublikum richten, die beispielsweise zu bestimmten
kirchlichen Anlässen, Jubiläen oder Feiertagen geschrieben wurden. Der Bereich des
Rock-, Pop- oder NGL-Oratoriums schließlich wird in allen mir bekannten musikwissenschaftlichen Publikationen vollständig ausgeblendet und allenfalls in religionspädagogischen Schriften unter dem Stichwort „Pop und Spiritualität“ erwähnt. Die
grundsätzliche Offenheit von Definitionen wie den oben zitierten wird also durch die
konkret vorgenommene Auswahl deutlich zurückgenommen. Ein großer Teil der
vorhandenen Literatur ist somit keine zuverlässige Grundlage für eine umfassende
gattungssystematische Untersuchung, da die tatsächlichen Selektionskriterien in der
Regel nicht offengelegt werden.
Für die hier vorliegende Untersuchung soll deshalb eine Definition anhand objektiver
Kriterien getroffen werden, die einerseits eine ausreichende Trennschärfe gegenüber
anderen großformatigen Vokalgattungen besitzt und sich andererseits offen gegenüber
möglicherweise voreiligen Selektionen der bisherigen Forschung zeigt. Dabei stellt sich
jedoch für den gewählten Untersuchungszeitraum, und hier vor allem für die 1960er und
70er Jahre, ein weiteres Problem: die Fragwürdigkeit der Kategorie Gattung insgesamt.
1.1.2
Gattungen und Gattungskategorie im 20. Jahrhundert
In der Blütezeit einer Gattung ist die Gattungsbestimmung einfach, vor allem, wenn die
Rezeption von theoretischen Reflexionen und gattungspoetischen Arbeiten begleitet wird.
Beispielsweise waren für die Entstehung des deutschen protestantischen Oratoriums die
poetologischen Regeln, die der römische Librettodichter Arcangelo Spagna im 17. Jahrhundert aufstellte, von so weit reichender Bedeutung, dass seine Forderungen nahezu
6
Beispielsweise werden in der Forschungsliteratur immer wieder Werke von Klaus Huber oder Wolfgang
Fortner als Oratorien eingestuft, obwohl sich diese Gattungsbezeichnung bei den Komponisten selbst nie
findet. Verschiedentlich werden sogar Werke als Oratorium bezeichnet, für die der Komponist selbst eine
andere Gattungsbezeichnung gewählt hat: Conrad Beck Der Tod zu Basel. Ein großes Miserere (vgl.
Massenkeil 1970), Paul Dessau Deutsches Miserere (vgl. Leopold/Scheideler 2000), Johann Nepomuk
David Requiem chorale (vgl. Leopold/Scheideler 2000), Johannes Driessler Ikarus. Eine Chorsymphonie
(vgl. Reischert 2001), Wilfried Hiller Ijob. Monodram (vgl. Pahlen 1985) und viele andere mehr.
15
vollständig mit der tatsächlichen Gattungsausprägung des frühen Oratoriums in
Deutschland übereinstimmen.7
Schwieriger ist die Gattungseingrenzung in Zeiten, in denen bestehende Gattungen und
Gattungssysteme stärker in Frage gestellt werden, in denen neue Gattungen entstehen
und ihren Platz neben den alten Gattungen suchen. Das 20. Jahrhundert ist eine Zeit, in
der nicht nur Gattungskonventionen und Regelpoetiken ihre Gültigkeit abgesprochen
wird, sondern sogar die Kategorie Gattung an sich in Frage gestellt wird. Die dieser
Arbeit zugrunde liegende Prämisse, dass es auch für den Zeitraum nach dem Zweiten
Weltkrieg tatsächlich sinnvoll ist, den Zugang zur Gattung Oratorium zu suchen, mehr
noch: zu einer literarischen Gattung Oratorium, bedarf also weiterer Rechtfertigung.
Dabei ist zunächst auf einen wichtigen Unterschied in der Geschichte literarischer und
musikalischer Gattungen hinzuweisen, der in der unterschiedlichen Medialität von
Musik und Literatur begründet ist:
In der Regel wird Musik gehört; um sie ‚lesen‘ zu können, sind besondere
Kenntnisse erforderlich, die im neuzeitlichen Europa stets nur eine kleine
Minderheit besessen hat, im übrigen ist die Lektüre meist Vorbereitung auf (und
nur selten Ersatz für) eine Aufführung. Mit Sprache, und speziell mit Literatur,
verhält es sich anders ... lediglich für die dramatischen Gattungen ist die
Aufführung auch heute noch der Regelfall.8
Während sich das literarische Werk in seiner schriftlichen Form vollständig realisiert, ist
das Notenbild eines musikalischen Werkes nur ein Behelf, eine Annäherung. Wenn
musikalische Kompositionsweisen und Stile veralten und durch Neues abgelöst werden,
schwindet mit ihrer Präsenz im Konzertleben auch das Wissen um ihre tatsächlichen
Erscheinungsformen (wie Gestaltung, Aufführungspraxis, institutionelle Rahmenbedingungen), weil sie anhand des Notentextes nicht bzw. nur unzureichend
rekonstruierbar sind.
In der Literaturgeschichte sind und waren Gattungen und Werke früherer Zeiten stets
präsent und stellen einen ebenso wichtigen Bezugsrahmen dar wie die zeitgenössische
Produktion. Vorbildlich empfundene Werke und die Auseinandersetzungen mit gattungspoetischen Abhandlungen früherer Epochen bis hin zu den Poetiken der Antike spielen
7
Vgl. Artikel „Oratorium“, in Dahlhaus/Eggebrecht 1989, S. 239-241.
8
Albert Gier: Musik in der Literatur. Einflüsse und Analogien, in Zima 1995, S. 11.
16
eine den aktuellen literarische Strömungen und die Diskussionen in den Feuilletons
keineswegs untergeordnete Rolle.9
Dagegen bildete in der Musikgeschichte stets das Gattungssystem der jeweiligen Zeit den
primären Bezugsrahmen. Zwar hat es auch in der Musikgeschichte während Gattungskrisen oder in Erneuerungs- oder Renaissancebewegungen immer wieder Rückgriffe auf
ältere historische Formen gegeben. Doch blieb der primäre Bezugsrahmen bis in das
20. Jahrhundert hinein das aktuell gültige Gattungssystem: weniger die Entwicklungsgeschichte einer Gattung bestimmte ihre jeweils aktuelle Ausprägung, sondern ihr
Entwicklungspotenzial und ihr Verhältnis zu anderen Gattungen.10
In der Geschichte der musikalischen Gattungen bahnt sich ein literarischen
Bedingungen vergleichbares Bezugssystem erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts an.
Durch die historisierenden Bewegungen der Romantik, insbesondere die Bach- und
Händel-Renaissance und die Alte-Musik-Bewegung, verlagert sich der Programmschwerpunkt des Konzertbetriebs von überwiegend zeitgenössischen Werken auf Altes
und Bewährtes. Zudem verändern sich im 20. Jahrhundert die Voraussetzungen für die
mediale Präsenz älterer Musik. Die Möglichkeiten der Tonaufzeichnung und -wiedergabe
ermöglichen eine breite Rezeption von Werken früherer Epochen auch außerhalb der
Institutionen des bürgerlichen Konzertwesens:
Für die Kompositionsgeschichte musikalischer Gattungen bedeutet dies, dass der
Gattungshorizont im 19. und vollends im 20. Jh. nicht allein durch die unmittelbare Vorgeschichte eines jeweiligen historischen Momentes (diachroner Aspekt) und
durch die Relation zu weiteren Gattungen innerhalb eines bestimmten Gattungssystems (synchroner Aspekt) charakterisiert ist, sondern dass er in wachsendem
Maße durch die Präsenz der jeweiligen Gattungsgeschichte insgesamt geprägt
scheint, so dass zumal im 20. Jh. die Geschichtlichkeit der Gattungen sich ebenso
sehr durch Rückgriffe auf frühere Phasen der Gattung als durch neue Entwürfe
darstellt.11
Diese nie da gewesene gleichzeitige Präsenz verschiedener musikalischer Gattungskonzepte und -ausprägungen bildet den Hintergrund, vor dem sich die so genannte Krise
der Gattungen überhaupt erst entwickeln konnte.
9
Nur vor diesem Hintergrund sind Aussagen wie die von Jörg-Ulrich Fechner überhaupt möglich:
„Literarische Werke werden produziert und existieren als Einzelwerke. Als solche gehören sie einer
Gattung an, die gegebenenfalls von ihnen selbst begründet wird. Mit der Geschichtlichkeit ist in jedem
literarischen Werk zugleich die Tradition der Literatur und das heißt auch die Tradition der bestehenden
Gattungen gegeben. ... Die literarische Entwicklung folgt dem Schema einer permanenten Mutation der
Tradition.“ vgl. Jörg-Ulrich Fechner: Permanente Mutation. Betrachtungen zu einer ‚offenen‘ Gattungspoetik,
in Rüdiger 1974, S. 11.
10
Wie viel stärker die Bedeutung des aktuellen Gattungssystems als die Gattungsgeschichte war, lässt sich
auch an den zahlreichen Kontroversen ablesen, die es in der Geschichte des Oratoriums um seine
Abgrenzung zur Oper gegeben hat, vgl. z. B. Kirsch 1986.
11
Herrmann Danuser: Artikel „Gattung“, in MGG(neu), Bd. 3 (1995), Sp. 1064.
17
Der Beginn des 20. Jahrhunderts war in allen Künsten geprägt von einer Krise der
traditionellen Formen und Ausdrucksweisen. In der Literatur äußert sie sich überwiegend als allgemeine Sprachkrise, der Hugo von Hofmannsthal in seinem Epoche
machenden Brief des Lord Chandos Ausdruck verlieh. Die tradierten Gattungen wurden
weniger genutzt und durch individuelle, freie Formen ergänzt; aber nicht grundsätzlich
in Frage gestellt:; „Nur noch prinzipieller wirkt sich in ihnen die Initiative oder Willkür
einzelner Individuen und Schriftstellergenerationen oder gesellschaftlicher Ordnungen
aus.“ 12 Statt des Endes der Gattungen wird eher das Ende der „Erzählbarkeit der Welt“
postuliert.
In der Musik wirkte sich die Traditionskrise umfassender aus. Schon seit der Jahrhundertwende löste sich das funktionsharmonischen System zunehmend auf. Diese
Entwicklung mündete unter anderem in die Erfindung der Zwölftonmusik und die
Schablonentechnik Stravinskijs. Dabei hielten die Komponisten vor dem Zweiten
Weltkrieg grundsätzlich noch am Konzept des autonomen Kunstwerks fest und
versuchten innerhalb der tradierten Formen Tonsprache und Kompositionsweise zu
erneuern. Erst die Neue Musik der Nachkriegszeit stellte das Kunstwerk an sich und das
Form- und Gattungssystem selbst in Frage. Avantgardistische Experimente, die sich der
so genannten „Entkunstung der Kunst“ verschrieben, und die Entwicklung serieller
Kompositionsverfahren machten Gattungen als „Typen musikalischer Komposition, die
an bestimmte Zwecke, an bestimmte Verwendungsweisen, bestimmte Texte oder
bestimmte Aufführungspraktiken geknüpft sind“, die „ihrem Gebrauchszweck, ihrer
Kategorie von literarischen Texten, ihrer typischen Besetzungsweise usw. verhaftet“
sind,13 zunehmend fragwürdig.
Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, dass „die Kategorie der musikalischen Gattung,
die einst die Komposition ebenso wie die Rezeption bestimmt hatte ... ihre konstitutive
Funktion in unserer Zeit [einbüßte]“14, wäre voreilig. Denn diese Sichtweise missachtet
vollständig die Tatsache, dass die avantgardistischen Werke in der musikalischen
Produktion des 20. Jahrhunderts letztlich die Minderheit bilden. Zum einen sind
populäre Formen wie Pop- und Filmmusik in Produktion und Rezeption schon lange
vorherrschend, zum anderen gibt es innerhalb der so genannten E-Musik einen großen
Bereich kompositorischen Schaffens, der eher traditionell geprägt ist – sei es nun in
12
Zoltan Kravar: Artikel „Gattung“, in Borchmeyer/Zmegac 1994, S. 175.
13
Friedrich Blume: Artikel „Form“, in MGG, Bd. 5 (1955), Sp. 525.
14
Danuser 1984, S. 3.
18
konservativer Fortführung des Alten oder durch bewusstes Wieder-Anknüpfen an eine
frühere Tradition.
Dazu kommt die stärkere mediale Präsenz von Musik früherer Epochen, die den Bezugsrahmen zeitgenössischer Produktion immer mehr überlagert. Die dadurch wachsende
Präsenz historischer Erscheinungsformen einer Gattung stärkt die Bedeutung der
Gattungskategorie für die Rezeption. Die Gattungsvorstellungen des Publikums, der
Kritik und der Verlage sind ohnehin tendenziell konservativer als die der Komponisten –
und sie üben einen erheblichen Einfluss auf die Produktions- und Rezeptionsbedingungen von Musik aus. Der Gattungszuweisung bei der Rezeption kann sich kein
Kunstwerk, sei es nun avantgardistisch oder traditionell, vollständig entziehen, denn
„der Rezeptionsvorgang verlangt danach, die textuellen Gegebenheiten in ihrer nicht
selten unübersichtlichen Fülle übergreifenden und damit den Akt des Lesens steuernden
Konzepten einzuordnen.“15 So birgt selbst die Gattungsverweigerung der Avantgarde
letztlich eine Affirmation der Gattung:
Wenn nämlich die Gattungskategorie strikt funktional-pragmatisch gedacht wird,
dann tritt sie als eine Prämisse künstlerischen Verstehens überall dort in Kraft, wo
Kunst nach intersubjektiv akzeptierten Kommunikationsmaßstäben existiert. Das
gilt nun aber für die Avantgarde nicht minder als für die Traditionen artifizieller
Kunstmusik. Auch in der Kultur der Avantgarde kann es ein einzelnes Werk oder
Anti-Werk, das völlig isoliert künstlerischen Sinn oder auch dunklen Gegen-Sinn
stiftete, nicht geben. Dort ganz besonders weist das einzelne Experiment über
seinen Kontext hinaus.16
Wenn man nun Gattungen nicht als Regelsysteme auffasst, sondern als Referenzsysteme, als „offene Systeme von Form- und Funktionsmerkmalen ..., an denen die
einzelnen Werke in unterschiedlichem Maße partizipieren“17, so erweist sich die „Krise
der Gattungen“ auch in der Musik als höchst relativ. Tatsächlich bahnt sich im Bereich
der Komposition etwa seit dem Ende der 1970er Jahre, nur kurz nach der vermeintlichen „fast völligen Abdankung ... der hergebrachten Gattungen“18 ein Wandel an.
Nachdem die Avantgarde die experimentelle Überschreitung der Gattungsgrenzen
ausgereizt hat und im Begriff ist, eine eigene Tradition zu begründen, greifen Komponisten wieder verstärkt auf überlieferte Formen und Besetzungen zurück. Gattung wird
15
Corbineau-Hoffmann 2000, S. 138.
16
Hermann Danuser: Artikel „Gattung“, in MGG(neu), Bd. 3 (1995), Sp. 1066.
17
Corbineau-Hoffmann 2000, S. 139.
18
Danuser, a. a. O., Sp. 1065.
19
dabei jedoch nicht als normativer Anspruch verstanden, sondern als Referenzsystem, in
dem das einzelne Werk seinen eigenen, neu geschaffenen Platz sucht.19
Für das Oratorium ist außerdem die Sonderstellung der Gattung zwischen Kirchenmusik
und bürgerlichem Konzertwesen zu beachten.20 Auch wenn das Oratorium im 19. Jahrhundert sich weitgehend zu „eine[r] Sache der Musikfeste des bürgerlichen Musiklebens“21 entwickelte, so hat es doch seine Wurzeln nie ganz hinter sich gelassen. Mit der
kirchenmusikalischen Erneuerungsbewegung und dem Interesse an der Wiederbelebung
alter Gattungen war das Bemühen verbunden, das Oratorium in die Kirche zurückzuholen – eine Entwicklung, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg noch verstärkte,
vermutlich auch begünstigt durch die immer weiter um sich greifende Säkularisierung
der Gesellschaft und des öffentlichen Lebens. Dabei war das Oratorium zunächst von der
Krise der Gattungen besonders betroffen: „Sein traditionelles Wesen als Kunstform
geistlichen Charakters wird von vielen Komponisten zum Teil radikal in Frage gestellt,
während ... das öffentliche Konzertleben fast nur von den Klassikern der Gattung
Kenntnis nimmt.“22 Gleichzeitig zeigen jedoch kirchenmusikalisch ambitionierte Komponisten eine größere Bereitschaft, traditionelle Gattungen weiterzuführen und mit neuem
Leben zu füllen. Dabei bedeutet der Rückgriff auf die Tradition des Oratoriums jedoch
zunehmend,
dass nun die Gattung nicht mehr generell das religions- und frömmigkeitsgeschichtliche Umfeld, sondern immer mehr die weltlich-geistige und politische
Situation und die persönliche Befindlichkeit jedes einzelnen Komponisten
reflektiert. 23
Insgesamt ergibt sich im 20. Jahrhundert nicht nur für das Oratorium, aber auch dort,
eine große Diversität von gattungstreuen Werken und solchen, die keine Gattungsstrategie befolgen oder sie bewusst unterlaufen. Im letzten Drittel des Jahrhunderts
schließlich lässt sich
eine bemerkenswerte Validität der Gattungskategorie beobachten, und zwar sowohl
aufgrund ihrer breiten Historizität, die im postmodernen Zugriff immer wieder neu
19
vgl. Danuser, a. a. O., Sp. 1066.
20
Dies mag der Grund sein, weshalb das Oratorium in Friedrich Blumes Geschichte der evangelischen
Kirchenmusik nur am Rande behandelt wird, vgl. Georg Feder, „Verfall und Restauration“, in Blume u. a.
1965. In den entsprechenden katholischen Darstellungen (vgl. Fellerer 1976) wird das Oratorium nicht
einmal erwähnt.
21
Georg Feder, „Verfall und Restauration“, in Blume u. a. 1965, S. 244.
22
Massenkeil 1999, S. 14.
23
Massenkeil 1999, S. 296.
20
als Referenzfundus benutzt wird, als auch aufgrund ihrer prinzipiellen Flexibilität
als Rahmenkategorie für künstlerisches Schaffen überhaupt.24
Insofern ist eine Untersuchung einzelner Gattungen im 20. Jahrhundert durchaus
gerechtfertigt. Sie muss jedoch berücksichtigen, dass die Ausgangslage sich von der
früherer Jahrhunderte unterscheidet. Literatur und Musik sind vielfältiger in ihren
Erscheinungen, sie sind stärker von verschiedenen poetologischen, ästhetischen oder
programmatischen Strömungen geprägt, die gleichzeitig nebeneinander existieren und
unterschiedliche Gattungsvorstellungen haben.
Wenn wir uns also wieder der eingangs formulierten Frage zuwenden: Was ist eigentlich
ein Oratorium?, so soll die Suche nach der Antwort einem produktionsästhetischen,
deskriptiven Ansatz folgen. Zuvor ist das Arbeitsfeld noch genauer einzugrenzen.
1.1.3
Das Oratorium als literarische Gattung: Eine Annäherung über den Text
Bei der Bestimmung musikalischer Gattungen spielen neben musikalischen Kriterien wie
Form und Besetzung stets auch außermusikalische Kriterien wie beispielsweise Entstehungs- und Aufführungsbedingungen oder die (gesellschaftliche, liturgische etc.)
Funktion eine Rolle. Vor allem aber ist der Text ein wichtiges Gattungskriterium: man
denke beispielsweise an die Messe, die sich seit ihrer Etablierung als musikalische
Gattung ausschlaggebend über den gleich bleibenden Text, das lateinische O RDINARIUM
M ISSAE , definiert. Während bei Vokalwerken mit feststehendem oder liturgischem Text –
neben Messe und Requiem gehören dazu viele andere geistliche Formen wie Te Deum,
Stabat Mater – der Text als Gegenstand einer literaturwissenschaftlichen Studie
allerdings wenig ergiebig ist (allenfalls unter theologisch-hermeneutischen Gesichtspunkten), verhält sich die Sache bei Werken anders, für die ein eigener Text erstellt wird.
Wenn wir nun die Definitionen des Oratoriums in der musikwissenschaftlichen Literatur
betrachten, können wir feststellen, dass sie alle auf den „geistlichen, seltener weltlichen“25, nicht-liturgischen, bisweilen sogar „eigens dafür geschaffenen“26 Text
hinweisen. Die aktuelle Ausgabe von MGG beispielsweise definiert:
24
Herrmann Danuser: Artikel „Gattung“, in MGG(neu), Bd. 3 (1995), Sp. 1066.
25
Carl Dahlhaus: Artikel „Oratorium“, in Dahlhaus/Eggebrecht, S. 240.
26
Vgl. Günther Massenkeil: „Zur Terminologie und Vorgeschichte“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7
(1997), Sp. 741.
21
Als Gattungsbegriff bezeichnet Oratorium allgemein die zu nichtszenischer
Aufführung bestimmte Vertonung eines eigens dafür geschaffenen, meist
umfangreichen und in der Regel nichtliturgischen Textes....27
Daneben wird angeführt, dass der Text in der Vertonung auf „mehrere Personen oder
Personengruppen verteilt ist“ und das Werk „abendfüllend“ ist.28 Somit sind fünf
Kriterien genannt, die sich auf den Text beziehen.
Das Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft liefert sogar eine ausschließlich
textbasierte Definition des Oratoriums:
Das Oratorium ist eine Mischgattung, die epische Textteile (biblischer oder
weltlicher Bericht in Rezitativform) sowie lyrische (betrachtende Arien) und
dialogische Textteile miteinander verbindet. Im Gegensatz zu der szenischen
Darstellung der Oper wählt das Oratorium zur Wiedergabe seiner Stoffe die
neutralere Form der Erzählvermittlung.29
Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass auch die Komponisten von Oratorien davon
ausgehen, dass der Text – beispielsweise als CD-Booklet oder Programmheft – zumindest
ergänzend oder sogar simultan zur musikalischen Aufführung mit rezipiert wird. Dies
zeigen z. B. die mehrsprachigen Texte Oskar Gottlieb Blarrs, deren hebräische und
aramäische Passagen ohne die Übersetzung im Programmheft sich vom Zuhörer wohl
kaum in einen Sinnzusammenhang zu den deutschsprachigen Teilen bringen ließen.
Viele Librettisten und Komponisten verwenden Zwischenüberschriften30 oder stellen
sogar ihrem Werk ein nicht vertontes Motto voran, das ausschließlich in der Textausgabe
rezipiert werden kann31.
In dieser Arbeit wird deshalb der Versuch unternommen, anhand des Textes gattungstypische Merkmale des Oratoriums herauszuarbeiten. Dabei geht es nicht darum, eine
präskriptive Poetik des Oratoriums für das 20. Jahrhundert zu entwickeln; vielmehr wird
ein deskriptiver Ansatz verfolgt, der die Merkmale der Gattung Oratorium in ihrer
historischen Ausprägung nach dem Zweiten Weltkrieg zu bestimmen versucht. Wenn
sich mit literaturwissenschaftlichen Methoden typische Formen und Strukturen des
Oratorienlibrettos erarbeiten lassen, kann dies ein fruchtbringender Beitrag zur
Eingrenzung der musiko-literarischen und damit auch der musikalischen Gattung
Oratorium sein.
27
Vgl. Massenkeil, a. a. O., Sp. 741ff.
28
Massenkeil, a. a. O., Sp. 741.
29
Christoph F. Lorenz: Artikel „Oratorium“, in RDLW, Bd. 2, S. 763.
30
So beispielsweise César Bresgen: De tempore, Karl Schiske: Vom Tode, Helmut Jost u.a.: Ewigkeit fällt in
die Zeit, vgl. auch Kapitel 3.1, S. 103ff.
31
Z. B. Henning Frederichs: Petrus.
22
Wie bei jedem Versuch, sich einer Gattung deskriptiv zu nähern, entsteht zunächst ein
methodisches Dilemma: Wie soll man den Textkorpus auswählen, anhand dessen man
die Kriterien der Gattung herausarbeitet, wenn doch gerade diese Kriterien für die Auswahl relevant sind? Dieses Dilemma ist im Kern unauflösbar. Das übliche Vorgehen ist
ein hermeneutischer Zirkel, indem ein aufgrund vorausgesetzter Kriterien ausgewählter
Textkorpus zum Ausgangspunkt genommen und dann mit Hilfe der Untersuchungsergebnisse überprüft und gegebenenfalls revidiert wird.
Die naheliegende Möglichkeit, als Auswahlkriterium die musikwissenschaftliche
Zuordnung des vertonten Librettos zur musikalischen Gattung Oratorium zugrunde zu
legen, erweist sich dabei als wenig glücklich. Bezüglich der rein musikalischen Kriterien
Form oder Besetzung gleicht das Oratorium ohnehin den benachbarten Gattungen Oper
und Kantate. Auch die bereits genannten Kriterien, die sich auf den Text beziehen, sind
unscharf und treffen auch auf etliche andere Gattungen zu. Die Forderung nach einem
„in der Regel nichtliturgischen Text“ verbessert immerhin die Abgrenzung zu Messe und
Requiem; eine große Grauzone stellen jedoch all die Mess- und Requiemkompositionen
dar, die – angefangen mit Brahms’ D EUTSCHEM R EQUIEM und Schuberts D EUTSCHER M ESSE –
statt des herkömmlichen liturgischen einen eigens angefertigten Text vertonen.
Dass Howard Smither und Silke Leopold von einer nur vagen Definition ausgehen, wurde
bereits erwähnt.32 Angesichts der Tatsache, dass die von ihnen behandelten Werke aus
der ganzen, sich über mehrere Jahrhunderte erstreckenden Geschichte des Oratoriums
stammen, ist dies verständlich und durchaus im Sinne einer pragmatischen Herangehensweise. Günther Massenkeil äußert sich in seiner Monographie zu Passion und
Oratorium ähnlich unverbindlich:
Was das Oratorium angeht, dürfte die Definition ausreichen, dass es allgemein die
zu nichtszenischer Aufführung bestimmte Vertonung eines eigens dafür
geschaffenen, meist umfangreichen geistlichen, in der Regel nichtliturgischen
Textes ist, der einen den Inhalt bezeichnenden Titel trägt und auf mehrere Personen
oder Personengruppen verteilt ist. Im einzelnen gibt es jedoch einerseits Oratorien,
die nicht alle diese Merkmale aufweisen (szenische Oratorien, weltliche Oratorien);
andererseits zählt die Fachwelt auch die große Zahl solcher Werke zur Gattung, die
im Untertitel nicht die – eher seltene – Bezeichnung Oratorium tragen, sondern
bestimmte andere Begriffe mit einer dem Wortsinn entsprechenden typologischen
oder inhaltlichen Konnotation.33
Nun würde es den Rahmen dieser Arbeit sprengen, alle Vokalwerke des 20. Jahrhunderts mit nicht-kanonischem Text in einen hermeneutischen Zirkel aus Gattungs-
32
Siehe oben, S. 13.
33
Massenkeil 1998, S. 5.
23
bestimmung und -prüfung einzubeziehen. Um die Ausgangsmenge der Werke einzugrenzen, verfolgt diese Arbeit einen produktionsästhetischen Ansatz. Dem liegt der
Gedanke zugrunde, dass die Gattung Oratorium in verschiedenen historischen
Ausprägungen in der aktuellen Rezeption präsent ist.34 Wir können deshalb davon
ausgehen, dass ein Komponist oder Librettist, der sein Werk mit der Bezeichnung
„Oratorium“35 versieht, aus gutem Grund sein Werk in die Gattungstradition stellt, um
so die Rezeption des Werkes zu lenken:
Ein Gattungsname aber, ‚Kantate‘ oder ‚Symphonie‘, ist ein Zeichen, das den
Traditionszusammenhang andeutet, in den ein Werk gehört. Dass es als Exemplar
einer Gattung zu verstehen ist, bedeutet, dass es von dem Hintergrund einer
Gruppe von Werken abgehoben werden soll, deren Kenntnis der Komponist implizit
voraussetzt.36
Wie nun genau die Vorstellung des Librettisten oder Komponisten von der Gattung
Oratorium aussieht, ist an dieser Stelle unerheblich. Entscheidend ist – und davon gehe
ich aus – dass sich seine Gattungsvorstellung in der Textgestaltung niederschlägt. Dies
können bewusste Formkonzeptionen ebenso sein wie die unbewusste Nachahmung von
Vorbildern und Adaption verschiedener musikalischer und literarischer Einflüsse.
Meine Vorgehensweise war nicht empirisch in dem Sinne, dass ich Komponisten und
Librettisten zu ihren Vorstellungen befragt hätte, um die Antworten hinsichtlich einer
Gattungsdefinition auszuwerten – das liefe auf eine präskriptive poetologische
Beschreibung hinaus. Mein Ansinnen ist, anhand der Texte formale und strukturelle
Merkmale und daraus resultierend mögliche Gattungskriterien herauszuarbeiten.
Die so gefundenen Kriterien sind zunächst natürlich nicht distinktiv in dem Sinne, dass
sie ausschließlich auf Werke zutreffen, die den Titel „Oratorium“ tragen. In einem
weiteren Schritt wäre zu prüfen, welche anderen Werke diese Kriterien ebenfalls erfüllen,
und wie sich dies auf die Abgrenzung zu anderen Gattungen auswirkt. Dies würde den
Rahmen dieser Arbeit sprengen und kann deshalb nur angedeutet werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit können jedoch als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen zum
Oratorium und verwandten Gattungen im 20. Jahrhundert dienen.
34
Siehe oben, S. 18
35
Dazu zählen auch Untertitel und Varianten der Gattungsbezeichnung, die einen Bezug zum Oratorium
herstellen (wie „Oratorische Szene“, „Kammeroratorium“ u. ä.).
36
Carl Dahlhaus: Zur Problematik der musikalischen Gattungen im 19. Jahrhundert, in Arlt u. a. 1973, S. 842.
24
1.2
M USIKALISCHE
UND LITERARISCHE
R AHMENBEDINGUNGEN
Die Kulturgeschichte des 20. Jahrhundert zeichnet sich dadurch aus, dass (in der
Literatur ebenso wie in der Musik) nicht mehr von Epochen und Perioden gesprochen
werden kann, innerhalb derer sich das künstlerische Schaffen in seinen Voraussetzungen und Prinzipien weitgehend homogen zeigt. Vielmehr spaltet sich die künstlerische
Produktion in verschiedene Strömungen, die gleichzeitig nebeneinander existieren und
die jeweils eigene Programme, Ausdrucksweisen und Traditionen entwickeln.
Das Oratorium erlebt im 20. Jahrhundert alles andere als eine Blütezeit; es ist eher eine
Randerscheinung. Im Bewusstsein der Fachöffentlichkeit am präsentesten sind die
experimentellen Werke der Avantgarde, die sich in der Regel einer Gattungszuordnung
verweigern. Und während Musikliebhaber neuere Instrumentalwerke oder kleinformatige
Chormusik zumindest noch namentlich kennen, sind zeitgenössische Oratorien selbst
Interessierten nur vereinzelt bekannt.
Doch bei genauerem Hinsehen finden sich überraschend viele Komponisten, und bei
weitem nicht nur Kirchenmusiker, die sich mit der Gattung auseinandergesetzt haben.
Dabei sieht sich das Oratorium den unterschiedlichsten Einflüssen verschiedener
musikalischer Strömungen ausgesetzt: von der Erneuerungsbewegung der Kirchenmusik
und der Wiederentdeckung der Alten Musik durch die Jugendbewegung zu Beginn des
Jahrhunderts, über die durch die avantgardistischen Bewegungen der Neuen Musik
ausgelösten viel zitierten „Krise der Gattungen“, bis hin zum verstärkten Eindringen der
Popmusik in die Kirchenmusik im letzten Drittel des Jahrhunderts.
Literarische Entwicklungen haben demgegenüber nur schwachen Einfluss, wie überhaupt das Oratorienlibretto für die literarische Produktion eine nur geringe, selbst
gegenüber seiner Schwester, dem Opernlibretto, geradezu verschwindende Rolle spielt.
1.2.1
Musikgeschichtliche Voraussetzungen: Die Zeit vor 1945
Zu Beginn des Jahrhunderts schien das Oratorium seine kirchenmusikalische Relevanz
eingebüßt zu haben. Indem im Laufe der Romantik immer weniger christlich-geistliche,
und statt dessen mehr weltliche Sujets wie Märchen, literarische Vorlagen37, Biographien
oder Heldengeschichten38 behandelt wurden, entfernte es sich weiter aus dem kirchen-
37
z. B. Robert Schumann Das Paradies und die Peri, Andreas Romberg Das Lied von der Glocke, Max Bruch
Das Lied von der Glocke u. a.
38
z. B. Max Bruch Achilleus, Odysseus, Arminius u. a.
25
musikalischen Bezugsrahmen und etablierte sich endgültig als Gattung des bürgerlichen
Konzertwesens. Diese inhaltliche „Entgrenzung“39 ging einher mit einer Ausweitung der
Formen: Weltanschauliche und geistliche Texte wurden zunehmend in sinfonischen
Werken vertont (zu nennen sind beispielsweise etliche Sinfonien Gustav Mahlers oder
Arnold Schönbergs G URRELIEDER ); „an einer Handlung entlangkomponierte Werke gelten
zunehmend als altmodisch und kleinlich.“40
Die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung, die nach dem Ersten Weltkrieg
einsetzte, erfasste zunächst weniger das Oratorium als die Passion: zu weit hatte sich
das Oratorium bereits aus dem kirchlichen und gottesdienstlichen Rahmen entfernt. Im
Rückgriff auf vor- und frühbarocke Traditionen, insbesondere unter Berufung auf
Heinrich Schütz, entstanden eher an älteren Gattungen orientierte Werke, jedoch kaum
Oratorien. Durch die Beschäftigung mit der Tradition stieg aber die Sensibilität für die
Verwendung des Bibelworts und die Einbeziehung in den gottesdienstlichen und
kirchlichen Rahmen. Zwar sollten Werke wie die A-cappella-Oratorien von Kurt Thomas
oder Hugo Distlers Choralpassion, die nach dem Vorbild barocker responsorialer
Passionsvertonungen entstand, ohne unmittelbare Nachfolger bleiben. Nach dem Zweiten
Weltkrieg jedoch stellten sie für die junge Komponistengeneration, die auf der Suche
nach unbelasteten Vorbildern war, wichtige Anknüpfungspunkte dar.
Andere Komponisten schlossen sich der Erneuerungsbewegung nicht an; sie setzten die
Kompositionsweise der Romantik weitgehend fort und übernahmen Neuerungen nur
vorsichtig. So entstanden nach dem Ersten Weltkrieg eine Reihe von Oratorien eher
traditioneller Machart, z. B. von Conrad Beck und Joseph Haas.41
Zwar gab es in der Schweiz und in Frankreich in der Zwischenkriegszeit verschiedene
Ansätze, das Oratorium zu erneuern: Arthur Honegger beispielsweise führte unter dem
Einfluss von Brechts epischem Theater einen Sprecher in seine Oratorien ein, und Igor
Stravinskij versuchte mit seinem (von ihm so bezeichneten) Opéra-Oratorio O EDIPUS R EX
die Nähe zur Oper fruchtbar zu nutzen. Doch scheint sich das Oratorium offenbar
aufgrund seines weltanschaulichen Gehalts, seiner Textgebundenheit und seines
Verkündigungsanspruchs gegen weitergehende avantgardistische Experimente zu
sperren. So ist es nicht verwunderlich, dass diejenigen Komponisten, die sich von dem
Erbe der Romantik zu lösen versuchten, es schließlich weitgehend ignorierten und sich
39
Massenkeil 1999, S. 284.
40
vgl. Ulrich Leisinger, Martin Geck: „Das deutsche Oratorium“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7
(1997), Sp. 775
41
vgl. Massenkeil 1999, S. 261
26
statt dessen dem Musiktheater zuwandten, das ein geeigneteres Experimentierfeld zu
bieten schien. Ein Beispiel hierfür bietet Arnold Schönberg, der sich entschloss, sein
großes, unvollendet gebliebenes geistlich-weltanschauliches Werk M OSES
UND
A RON als
geistliche Oper und nicht, wie in ersten Versuchen, als Oratorium zu gestalten.
Zu neuer Blüte gelangte das Oratorium in Deutschland erst in den 1930er Jahren. Den
Grund dafür legte die „repräsentative Seite der Gattung“42 und ihre Eignung als Verkündigungsmedium ideologischer Propaganda. Nirgendwo sonst entstanden in den 1930er
Jahren so viele Oratorien wie im deutschen Sprachgebiet,43 viele davon traditionellvolkstümelnd, etliche deutlich von der faschistischen Ideologie geprägt.44 Avantgardistische Werke wie Ernst Kreneks S IMEON
DER
S TYLIT (1935/36, mit einem Libretto des
Dadaisten Hugo Ball) sind nur vereinzelt zu finden, zumal sich avantgardistische
Komponisten in Deutschland der Ächtung und Verfolgung ausgesetzt sahen.
Während des Zweiten Weltkriegs kam das kompositorische Schaffen und damit die
Oratorienproduktion in Deutschland weitgehend zum Erliegen. Im deutschen Sprachraum brachten nur Komponisten in der Schweiz, wie Arthur Honegger, Willi Burkhard
und Frank Martin, noch beachtenswerte Werke hervor, die jedoch in Deutschland und
Österreich erst verzögert, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, bekannt und rezipiert
wurden.45
1.2.2
Zwischen Neuer Musik und Tradition: Oratorium nach 1945
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war geprägt von einer zunehmenden Spaltung
der Musikkultur.46 Diese begann damit, dass sich die so genannte Neue Musik von der
etablierten bürgerlichen Musikkultur und ihren tradierten Formen und Institutionen
42
vgl. Lucinde Lauer, Christian Thorau: „Das Oratorium im 20. Jahrhundert“, in Artikel „Oratorium“,
MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 795
43
vgl. Massenkeil 1999, S. 267
44
Exemplarisch ist Das Lied von der Mutter von Joseph Haas aus dem Jahre 1939, das deutlich einer Blutund-Boden-Ideologie huldigt und das „Heldentum der Mutter“ und den „Opfertod“ ihres Sohnes im Krieg
verherrlicht. Volkstümlich-unverfänglich geben sich viele Oratorien, die den Jahreskreis behandeln, wie
z.B. Armin Knab, Das gesegnete Jahr (1935-43), oder Hermann Reutter, Der große Kalender (1933), die
jedoch, indem sie ein anachronistisch verklärtes Bild ländlichen Lebens zeichnen, sicherlich auch
ideologisch gewirkt haben dürften.
45
vgl. Massenkeil 1999, S. 274f.
46
vgl. dazu Danuser 1984, S. 350: „Als mit der Uraufführung von Igor Stravinskis The Rake’s Progress ... die
Epoche des Neoklassizismus zu einem glanzvollen Ende gekommen war, begann eine Zeit, die für die Oper
als musikalische Gattung so ungünstig war wie selten zuvor. Unter den Voraussetzungen einer
Musikkultur, die sich in zwei Bereiche – ‚Neue Musik‘ und ‚Tradition‘ – spaltete, blieb, wer Opern schrieb,
vom Kern der Neuen Musik ausgeschlossen. Umgekehrt mochte, wer zur Avantgarde gehören wollte, unter
den tradierten Gattungen sich am allerwenigsten auf die Oper einlassen.“
27
löste und sich mit den Darmstädter Ferienkursen und den Donaueschinger Festspielen
ihre eigenen Institutionen und ein eigenes Publikum schuf. Die dadurch ausgelöste
Auffächerung des musikalischen Spektrums wurde durch die Entwicklung der Rockund Popmusik noch verstärkt. Sich als Komponist zu etablieren war damit nicht mehr
an die althergebrachten Institutionen gebunden. Vielmehr entwickelten die verschiedenen Stile und Richtungen ihre Nischen, ein eigenes Publikum, eigene Aufführungsund Publikationsorte.
So entstand neben der Neuen Musik, die in der Öffentlichkeit einiges Aufsehen zu
erregen verstand, eine rege, aber außerhalb des christlich-engagierten Umfelds wenig
bekannte Kirchenmusik-Szene. Die Rockmusik folgt ohnehin ganz anderen kulturellen
und kommerziellen Bedingungen; eine eigene Nische hat sich die christliche Rockmusik
geschaffen. Doch auch im Konzertleben lässt sich eine immense Vielfalt beobachten:
Sinfonien, die den traditionellen Vorgaben in Form, Besetzung und Tonsprache weitgehend folgen, erleben ebenso ihre Uraufführung wie multimediale Konzeptkunst, die
den Rahmen des Musikalischen sprengt.
Daraus lassen sich im Wesentlichen vier Strömungen identifizieren, die für das Oratorium von Bedeutung sind: die Neue Musik, die mit avantgardistischem Anspruch
auftritt, die traditionsverhaftete geistliche Musik (die an die Romantik einerseits, an alte
kirchenmusikalische Traditionen andererseits anknüpft), kirchenmusikalische Erneuerungsbewegungen (man denke beispielsweise an das Neue Geistliche Lied) und
schließlich die christliche Popularmusik.
Der Einfluss der Neuen Musik auf das Oratorium war in der ersten Nachkriegszeit
gering; später machte er sich eher indirekt bemerkbar. Ideologisch war das Oratorium
belastet durch die Vereinnahmung im Nationalsozialismus, kompositorisch dem Erbe der
Romantik verhaftet – auf die junge, aufstrebende Komponistengeneration übte es
deshalb nach dem Krieg wenig Anziehungskraft aus. Diese begab sich statt dessen auf
eine „fieberhafte Suche nach neuen Klängen, die von der Vergangenheit unbelastet
waren, ... mit der Absicht, ganz von vorne ein neues Musikverständnis aufzubauen“47.
Dabei wurde nun – verspätet – die bis dato in Deutschland weitgehend unbekannten
zeitgenössischen Werke des Auslands rezipiert, wie die Musik Arthur Honeggers, Darius
Milhauds, Claude Debussys und Igor Stravinskijs. Zum anderen entsprangen der
Wiederanknüpfung an die Zweite Wiener Schule und insbesondere der (Wieder-)
Entdeckung der Musik Alban Bergs immer radikalere avantgardistische Ansätze. Der
experimentelle Umgang mit dem musikalischen Material, der in den folgenden Jahr-
47
vgl. Ludwig Finscher: „20. Jahrhundert“, in Artikel „Deutschland“, MGG(neu), Bd. 2 (1995), Sp. 1193
28
zehnten über serielle Konzeptionen bis zur „Entkunstung der Kunst“ führte, löste die
Suche nach einer individuellen Musiksprache und geeigneten Gattungsformen ab. Je
mehr jedoch nicht nur musikalische, sondern auch außermusikalische Elemente wie der
Text von seriellen Techniken erfasst wurden, desto stärker wirkte sich die „Unvereinbarkeit serieller Techniken mit der Ausdrucksgebundenheit der oratorischen
Gattung“48 aus.
Das bedeutet nicht, dass die Neue Musik nicht auch Traditionen des Oratoriums aufgegriffen und verarbeitet hätte. 49 Zahlreiche großformatige Vokalwerke der 1960er und
70er Jahre, z. B. von Karl-Heinz Stockhausen, Dieter Schnebel und Klaus Huber, setzen
sich produktiv mit der Divergenz von Tradition und neuen Techniken auseinander. Sie
stehen dem Oratorium durchaus nahe und werden in der musikwissenschaftlichen
Literatur gerne als Oratorien bezeichnet: Klaus Hubers H IOB 19 und B EATI
PAUPERES ,
Schnebels T OTENTANZ , Karl-Heinz Stockhausens D ER G ESANG
F EUEROFEN und
DER J ÜNGLINGE IM
Dieter
andere mehr. Doch findet sich in dieser Zeit kaum ein Werk eines avantgardistischen
Komponisten, das sich selbst eine traditionelle Gattungsbezeichnung gibt, schon gar
nicht die des Oratoriums.
Andererseits fanden Erfindungen der Neuen Musik, wie Lautkompositionen oder der
Einsatz von Elektronik und Tonbandeinspielungen, seit den 1970er Jahren ihren Weg
ins Repertoire auch der traditionelleren Komponisten. Auch am Oratorium gingen diese
Experimente nicht spurlos vorüber.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass bei allem Wirbel, den die Vertreter der Neuen
Musik in der musikalischen Öffentlichkeit verursachten, diese selbst in ihrer Blütezeit in
den 1960er und 1970er Jahren nur einen Teilbereich der musikalischen Produktion ausmachte. Die ältere Komponistengeneration – dazu sind beispielsweise Wolfgang Fortner,
Günter Bialas, Carl Orff und Johannes Driessler zu rechnen – stellte ihre bisherigen
Kompositionsweisen und stilistischen Mittel nicht grundsätzlich in Frage. Sie setzte die
musikalischen Traditionen, darunter auch die Gattungstradition des Oratoriums, weitgehend bruchlos fort. Die Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit und mit
den neuen musikalischen Strömungen erfolgte auf individuelle Weise und führte nur
vereinzelt zu eher gemäßigten Experimenten.50
48
vgl. Lucinde Lauer, Christian Thorau: „Das Oratorium im 20. Jahrhundert“, in Artikel „Oratorium“,
MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 798
49
vgl. auch Massenkeil 1999, S. 284
50
vgl. Lucinde Lauer, Christian Thorau: „Das Oratorium im 20. Jahrhundert“, in Artikel „Oratorium“,
MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 798
29
Zu dem Bereich traditionell geprägten musikalischen Schaffens sind auch große Teile der
Kirchenmusik zu rechnen, die sich im Laufe des 20. Jahrhunderts immer wieder um eine
Erneuerung innerhalb der von ihr begründeten Traditionen bemüht. Vor allem in der
protestantischen Kirchenmusik fand man ein Vorbild in der kirchenmusikalischen
Erneuerungsbewegung der Zwischenkriegszeit. Nach dem Beispiel der Werke Hugo
Distlers und Kurt Thomas’ entstanden in den ersten zwei Nachkriegsjahrzehnten über 60
Vokalwerke, die sich an ältere Gattungsformen und Vorläufer des Oratoriums (wie die
Historie oder die motettische Passion) anlehnten, z. B. von Rudolf Mauersberger, Ernst
Pepping, Hans Micheelsen, Kurt Fiebig, Eberhard Wenzel, Helmut Degen u. a.51 Die
Rückbesinnung auf alte Traditionsstränge und auf das A-cappella-Ideal ging einher mit
der Suche nach neuen textlichen Ausdrucksformen: Die Kirchenmusik sollte von der
Ausdrucksüberladenheit und dem Pathos der Romantik befreit, wieder stärker in den
Dienst des Bibelworts gestellt und aus sich heraus erneuert werden.52
Die traditionellen künstlerischen Ausdrucksformen bekamen mit der so genannten
„Krise der Moderne“ neuen Zulauf, als gegen Ende der 1970er Jahre „der Grundsatz,
Kunst müsse neu sein, um als authentisch gelten zu können, aufgelöst oder gar in sein
Gegenteil verkehrt wurde“53. Zwei Strömungen sind zu beobachten, die beide eine
Gegenbewegung zu der in die Sackgasse geratenen Neuen Musik darstellen: einerseits
die „neue Innerlichkeit“ als Entwurf einer Kunst mit elitärem Absolutheitsanspruch,
andererseits eine Popularisierung und Hinwendung zu einem breiteren, nicht-elitären
Publikum. Beide Bewegungen gingen einher mit einem verstärkten Rückgriff auf
traditionelle, dem Publikum vertraute und beliebte Gattungen. Dabei wird die Wahl der
Gattung nicht mehr als Erfüllung einer poetischen oder musikalischen Gattungsnorm,
sondern als Teil des individuellen Werkkonzepts begriffen, als Ausdruck des eigenen
weltanschaulichen und ästhetischen Standpunkts.54
Im Gegensatz zur Funktion der Gattungen im Neoklassizismus, einen Weg aus den
Aporien expressionistischer Freiheit zu weisen und die kompositorische Subjektivität zu ‚entlasten‘, handelt es sich hier nicht um die Restitution bestimmter
historischer Form- und Satzmodelle. Es geht vielmehr darum, unter Aufsprengung
des Kanons des Verbotenen zu jener allein von der kompositorischen Subjektivität
verantworteten Freiheit zu gelangen....55
51
vgl. hierzu und zum folgenden Massenkeil 1999, S. 276f.
52
vgl. hierzu auch Adam Adrio, „Erneuerung und Wiederbelebung“, in Blume u. a. 1965, S. 279f.
53
Danuser 1984, S. 400
54
vgl. Reimer 1972, S. 9 sowie Massenkeil 1999, S. 296
55
Danuser 1984, S. 400
30
Gleichzeitig mit der Konzertmusik bemühte sich auch die Kirchenmusik, breitere
Publikumsschichten zu erreichen. Dadurch wurde eine Öffnung gegenüber musikalischen Einflüssen außerhalb des europäischen Kanons in Gang gesetzt. In der weltlichen
Musik wurden vor allem der Jazz und andere außereuropäische Musikstile rezipiert (so
führte z. B. bei Philip Glass die Beschäftigung mit indischer Musik zur Entwicklung der
Minimal Music), während die Kirchenmusik, vor allem die protestantische, Rockmusik
und Schlager als Mittel der Verkündigung entdeckte.
1.2.3
Einflüsse populärer Musik
Der Einfluss populärer Musikrichtungen, der Rock- und Popmusik, des Jazz und des
Gospels nach dem Zweiten Weltkrieg ist nicht wirklich neu – schon 1930 komponierte
Erwin Schulhoff sein „Jazz-Oratorium“ H.M.S. R OYAL O AK . Neu ist jedoch, dass sich parallel
zur althergebrachten Kirchenmusik eine populäre Kirchenmusikkultur entwickelt: Jazzund Gospelchöre in den Gemeinden, christliche Bands und Musicals, eine breite kompositorische Tätigkeit von religiösen Liedermachern und Bandleadern. In der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts bildeten sich vielfältige Subkulturen und Szenen heraus, die –
ähnlich wie die avantgardistische Neue Musik – eigene Formen und Inhalte, eigene
Aufführungsorte, Verlage und Rezeptionsweisen vorweisen können. Das Oratorium als
inhaltlich wenig festgelegte, flexible Großform übt dabei offensichtlich eine nicht geringe
Anziehungskraft aus. Jedenfalls finden sich im 20. Jahrhundert zahlreiche Oratorien von
Komponisten populärer christlicher Musik. Doch sind auch hier die Grenzen fließend: zu
offenen Formen der Popmusik und zum christlichen Musical, auf der anderen Seite aber
auch zur „E-Musik“, die sich ihrerseits dem Einfluss populärer Musikstile ausgesetzt
sieht.
In der Rezeption des breiten Publikums spielen popularmusikalische oratorische Formen
sicherlich eine größere Rolle als avantgardistische Werke der Neuen Musik. Dennoch
werden sie in der musikwissenschaftlichen Literatur zum Oratorium nicht einmal
31
erwähnt, 56 obwohl sich etliche Werke selbst als „Pop-Oratorium“ oder „NGL-Oratorium“
bezeichnen und deutlich in die Gattungstradition stellen (und sicherlich hoffen, dadurch
eine gewisse Aufwertung zu erfahren, die ihnen von dem etablierten Feuilleton und der
traditionellen Kirchenmusik immer noch verwehrt bleibt).
Die christliche Popmusik, das populäre Oratorium gibt es nicht. Vielmehr weist die
christliche Musikszene eine Vielzahl von Strömungen auf, die in unterschiedlichem Maße
auf verschiedene Wurzeln zurückgehen. Peter Bubmann57 nennt als wichtigste Wurzeln
erstens die Jazz- und Rockmusik und den Gospel, zweitens den religiösen Schlager und
drittens das Neue Geistliche Lied (NGL).
Elemente des Jazz und Rock ’n’ Roll sowie des Spirituals finden sich seit der Mitte der
1950er Jahre in Gottesdienstmusik und Mess-Kompositionen. In Assisi fand 1957 ein
„Festival des neuen Gesangs“ statt; gleichzeitig verbreiteten sich in Deutschland
deutsche Fassungen amerikanischer religiöser Schlager. Ein Preisausschreiben der
Evangelischen Akademie Tutzing löste 1960 einen regelrechten Boom religiöser Schlager
aus; das Siegerlied „Danke“ des Kirchenmusikers Martin G. Schneider gelangte sogar in
die Hitparaden und wurde ein Evergreen der Gemeindemusik. Gleichzeitig verbreiteten
sich das christliche Musical (z. B. Helmut Barbe: H ALLELUJAH B ILLY , 1956) sowie Rock-,
Pop-, Beat- und Jazzmessen (z. B. Peter Janssens J AZZ -M ESSE von 1963).
In den 1960er und 1970er Jahren etablierte sich die christliche Pop- und Schlagerszene:
Sendeplätze im Hörfunk wurden eingerichtet, große Festivals veranstaltet, erste christliche Schallplattenlabels entstanden, und zahlreiche Bands und Gruppierungen konnten
sich einen festen Platz im christlichen Musikleben sichern. Auch die Kirchentage boten
ein immer wichtigeres Forum für populäre Formen musikalischer Verkündigung.
Im Gegensatz zu dem aus den Quellen des Rock und des Schlagers gespeisten „Sacropop“ entsprang das Neue Geistliche Lied dem bereits erwähnten Impuls, die Kirchenmusik aus sich heraus zu erneuern. Wichtige Vorbilder waren wieder einmal die Sing-
56
Nicht nur von musikwissenschaftlicher Seite, sondern insgesamt ist die Literatur zu populärer christlicher
Musik sehr spärlich. In MGG wird man gar nicht fündig: selbst der Artikel „Kirchenlied“ erwähnt das Neue
Geistliche Lied nur mit zwei Sätzen. Christliche Popmusik wird in der Forschung überwiegend im Rahmen
der praktischen Theologie unter dem Stichwort Jugendarbeit behandelt, wobei hier der Schwerpunkt
meist auf Fragen der theologisch motivierten Didaktik und Pädagogik liegt. Die wenigen mir bekannten
Publikationen, die sich systematisch mit christlicher Popularmusik beschäftigen (vgl. insbesondere
Bubmann 1990), stammen ebenfalls aus dem Umfeld der Theologie und nicht der Musikwissenschaft.
Diese vermutlich von Werturteilen geleitete Ignoranz der musikwissenschaftlichen Forschung nicht nur
gegenüber christlicher Popmusik, sondern gegenüber Rock- und Popmusik insgesamt verwundert
angesichts der Tatsache, dass diese inzwischen einen großen Teil der gesamten Musikproduktion
ausmacht.
57
vgl. hierzu und zum folgenden Bubmann o. J.
32
bewegung und die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung der Zwischenkriegszeit.58
Das Neue Geistliche Lied orientiert sich bewusst am reformatorischen Choral und dem
Volkslied, „verbunden mit einem Schuss Rhythmik“59. Dabei spielt auch der Einfluss der
einfachen liturgischen, meditativen Gesänge der Kommunität von Taizé eine Rolle. Seit
den 1970er Jahren fand das NGL – ebenfalls mit Hilfe der Kirchentage – seinen Weg in
weite Bereiche der Gemeindearbeit bis hin in den Gottesdienst. Ab Mitte der 1970er
Jahre wurden immer mehr Notenhefte und Liederbücher verlegt, und spätestens mit der
Einführung des neuen Evangelischen Gesangbuchs Anfang der 1990er Jahre erhielten
zahlreiche NGL einen Platz im offiziellen Standardrepertoire des Kirchengesangs und der
Gemeindemusik. Auf katholischer Seite bleibt noch abzuwarten, was die derzeitig
laufende Überarbeitung und Neuentwicklung des Gotteslobs ergeben wird.
Mit dem zunehmenden Erfolg und der Etablierung des Sacropop und des NGL wuchs bei
christlichen Komponisten populärer Musik das Interesse an musikalischen Großformen,
vor allem an Messe, Musical und Oratorium. Der Schlagersänger Siegfried Fietz
produzierte in den 1970er und 1980er Jahren zahlreiche Oratorien, angefangen mit
P AULUS von 1972. Peter Janssens und Ludger Edelkötter, führende Köpfe der Sacropop-
Szene, machten mit christlichen Musicals auf sich aufmerksam. Eine wichtige Rolle
spielten auch die großen Jugendchöre, wie der 1968 gegründete Schalom-Chor oder
Klaus Heizmanns Jugend-für-Christus-Chor, die Evangelisationsveranstaltungen
musikalisch gestalteten.
Diesem Umfeld entstammt das populäre christliche Oratorium. Es ist stärker missionarisch ausgerichtet als die herkömmlichen Oratorien, die eher eine individuelle Auseinandersetzung mit dem Glauben artikulieren, und zielt auf ein kollektives religiöses
Erlebnis. Deswegen wird üblicherweise eine bewusst einfache, eingängige textliche und
musikalische Sprache gewählt, die zum Mitsingen einlädt.
Auf der anderen Seite kamen durch das NGL und die Rückbesinnung auf kirchenmusikalische Traditionen im Sacropop- und NGL-Oratorium stärker als in anderen
Formen christlicher Popularmusik wieder überlieferte Formen und Ausdrucksweisen ins
Spiel. Zahlreiche Komponisten, vor allem die jüngere Generation von Kirchenmusikern
und Komponisten (Stefan Heucke, Stefan Jänke u. a.), lassen sich ohnehin nicht eindeutig der „populären“ oder der „ernsthaften“ Musik zuordnen; sie schöpfen in ihren
Werken aus der gesamten musikalischen Vielfalt, die sich ihnen bietet, von der alten
Musik bis zum modernen Schlager.
58
vgl. Abschnitt 1.2.1
59
Bubmann o. J.
33
1.2.4
Literaturgeschichtliche Voraussetzungen
Anders als das Opernlibretto hat das Oratorienlibretto im 20. Jahrhundert die Schriftsteller wenig herausgefordert. Das mag seinen Grund in der bisweilen bitter beklagten
allgemeinen „Kirchenfeindlichkeit neuzeitlicher Schriftsteller“ haben.60 Vielleicht liegt es
aber auch daran, dass experimentierfreudige und avantgardistische Autoren zwar nicht
so sehr den traditionellen Gattungen ablehnend gegenüber stehen, zumindest sehr viel
weniger als ihre komponierenden Kollegen, wohl aber den funktionalen Gattungen. In
der Oper des 20. Jahrhunderts macht sich dies weniger bemerkbar, weil ihr die kompositorischen Experimente des neuen Musiktheaters, aber auch der Einfluss des absurden
und des Brecht’schen epischen Theaters zugute kamen. Auch zeigt das Opernlibretto
eine gewisse Verwandtschaft zu literarischen Gattungen wie dem Drama oder dem
Hörspiel und übt vielleicht dadurch noch einen stärkeren Reiz aus als das Oratorium.
Wo jedoch die Auseinandersetzung mit Gott gesucht und betrieben wird, wählen zeitgenössische Autoren eher rein literarische Gattungen, die mehr intellektuelle Analysen,
Differenzierungen und Darstellung von Zwischentönen erlauben, als musiko-literarische
Gattungen, die zu einer Personenreduktion und einer kontrastierenden, tendenziell
schwarz-weiß-malenden Darstellung zwingen.
Anders als bei den Opernlibrettisten finden sich bei den Oratorienlibrettisten nur wenige
bekannte Schriftsteller. Andererseits werden Oratorienlibretti auch anerkannter Autoren
oft nicht als relevant innerhalb ihres Gesamtwerks angesehen. Wenn Albert Gier über
das Opernlibretto sagt: „Natürlich sind die Libretti namhafter Dichter und Schriftsteller
in den kritischen Ausgaben ihrer Werke enthalten“61, so trifft das für Oratorienlibretti
keineswegs zu!62 Mit dieser mangelnden Wertschätzung hängt wohl zusammen, dass sich
auf der Seite der Oratorienlibrettisten vor allem Autoren finden, für die das Oratorium
als Medium der Verkündigung eine Rolle spielt: Pfarrer, Kirchenmusiker, Verfasser
religiöser Gebrauchsliteratur.
Avantgardistische Experimente auf der Textebene fanden freilich statt: In den ersten
Nachkriegsjahrzehnten machte die Sprach- bzw. Lautkomposition, die sich im Musiktheater vor allem dort durchsetzte, wo ein „moderner Literatur entsprechende[r]
Kunstanspruch“ auch auf Textebene angestrebt ist,63 ihren Einfluss auch auf das
60
vgl. z. B. die heftige Polemik von Hans Bänzinger (Bänziger 1992, S. 112)
61
Gier 2000, S. 54
62
Beispielsweise fehlt in jeder Ausgabe der Werke von Stephan Hermlin sein Mansfelder Oratorium (vertont
von Ernst Herrmann Meyer). Vgl. Stefan Bodo Würfel: „Verkündigung als literarische Form“, in
Schmidinger 1999 Bd. 2, Fn. S. 219
63
Danuser 1984, S. 364
34
Oratorium geltend. Jedoch wurden diese Werke nur selten von den Autoren bzw.
Komponisten als Oratorium betitelt, sondern tragen meist gar keine oder eine eigens
geschaffene, oft hybride Gattungsbezeichnung (bekannte Beispiele sind die Werke von
Klaus Huber und Dieter Schnebel)64.
Als sich dann seit den 1980er Jahren die Versuche mehrten, innerhalb der Gattung
sprachliche Möglichkeiten und Grenzen auszuloten, zeigte das Oratorium eine gewisse
Anziehungskraft als Medium für eine individuelle Auseinandersetzung mit existenziellen
Sinnfragen ohne Einschränkungen durch literarische Gattungskonventionen. Sicherlich
spielte dabei auch die emotionale Verdichtung durch die Musik eine Rolle und die Aussicht, ein Publikum außerhalb der Leserschaft religiös motivierter Literatur zu erreichen.
Oratorienlibretti namhafter Schriftsteller blieben zwar selten, doch lassen sich viele
Librettisten zumindest als professionelle Autoren bezeichnen – etwa der Kölner Lyriker
Klaus Lüchtefeld (A UF
DEM
R AND DER M AUER für Heinz-Martin Lonquich) oder der publika-
tionsfreudige Pfarrer Gerhard Engelsberger (S CHÖPFUNG für Krzysztof Meyer).
Einen erheblichen Teil der Librettisten machen Geistliche aus: beispielsweise der bereits
erwähnte Pfarrer Gerhard Engelsberger, der Benediktiner-Mönch Martin Uhlenbrock65
und der Pfarrer und ehemalige sächsische Superintendent Dietrich Mendt66. Andere sind
Religionspädagogen oder in der Wissenschaft tätige Theologen, beispielsweise der Sozialarbeiter und Pfarrer Eugen Eckert67 oder Claus-Peter März68, Professor für Exegese und
Theologie des Neuen Testaments an der Universität Erfurt. Die Oratorien dieser Librettisten sind stark dem kirchlich-geistlichen Umfeld verhaftet, dem sie entstammen; die
Verkündigung hat in vielen Fällen Priorität vor dem literarisch-künstlerischen Anspruch.
Etliche Librettisten stammen aus Bewegungen im Umfeld christlicher Popularmusik und
haben sich im Bereich des Neuen Geistlichen Lieds einen Namen gemacht, wie die schon
erwähnten Autoren Claus-Peter März, Eugen Eckert, Klaus Lüchtefeld.
Zu einem erheblichen Teil erstellen die Komponisten selbst den Text, wobei sie dann
zumeist auf Werke anerkannter Dichter und Denker zurückgreifen.69 Bei etlichen
64
siehe auch oben, Abschnitt 1.2.1, S. 28f.
65
Oratorium Benedictum (Komposition: Matthias Bonitz)
66
Von den Mühen der Heimkehr, Weihnachtsoratorium (Komposition: Matthias Drude)
67
Hiob (Komposition: Jürgen Blume), Daniel (Komposition: Thomas Gabriel), Emmaus (Komposition: Thomas
Gabriel)
68
Aufstand der Worte (Komposition: Kurt Grahl)
69
Eine beliebte Begründung von Komponisten, den Text selbst zu erstellen, ist der nach wie vor oft gehörte
Vorwurf, es gäbe zu wenig qualitativ zufriedenstellende Libretti. Ob diesem Mangel tatsächlich abgeholfen
wird, wenn literarische Dilettanten – und darum handelt es sich bei den meisten Komponisten – zur Feder
greifen, darf bezweifelt werden.
35
Oratorien, die mehr themen- als handlungsorientiert vorgehen und deren Text aus
zahlreichen literarischen Quellen zusammengestellt ist, geht die Textauswahl und
-erstellung sicherlich mit der kompositorischen Konzeption Hand in Hand. Oft steht am
Anfang die Faszination für einen bestimmten Text, der zur Vertonung anregt, die Auseinandersetzung mit dem „Buch der Bücher“ bzw. die kompositorische Verarbeitung
einer individuellen Bibellektüre. Die drei Oratorien von Oskar Gottlieb Blarr (J ESUS P ASSION , J ESUS -G EBURT sowie W ENN DU AUFERSTEHST - WENN ICH AUFERSTEH ’ )70 beispielsweise sind
Resultat eines längeren Israel-Aufenthalts und der dadurch ausgelösten Auseinandersetzung mit den theologischen und geschichtlichen Wurzeln der christlichen Botschaft
und dem christlich-jüdischen Dialog.71 Viele Weihnachtsoratorien, z. B. von Giselher
Klebe oder Otfried Büsing (D AS L ICHT
DER
E NGEL ), entstehen aus der Beschäftigung mit der
Weihnachtsgeschichte oder mit älteren Vorbildern wie J. S. Bachs Weihnachtsoratorium
und stellen der Tradition eigene Lesarten und Konzepte gegenüber.
Insgesamt steht die Auseinandersetzung mit literarischen Traditionen im Oratorienlibretto deutlich hinter der mit kompositorischen Vorbildern und theologischen
Diskursen zurück. Sie ist eine Angelegenheit der individuellen Verarbeitung des Autors.
Zwar finden literarische Entwicklungen (mit Verzögerung) Eingang ins Oratorium, indem
beispielsweise moderne Texte zitiert oder vollständig übernommen werden. Jedoch
herrscht überwiegend ein Kanon vor, der nahezu ausnahmslos der etablierten Literatur
zugerechnet werden kann: Gedichte von Rainer Maria Rilke, Paul Celan, Nelly Sachs,
Peter Härtling und anderen. Beliebt sind auch Texte dichtender Theologen, allen voran
von Kurt Marti und Dietrich Bonhoeffer. Wenn Dieter Borchmeyer das Opernlibretto als
„die große Brücke, die über den Kontinuitätsbruch im 18. Jh., welcher die Moderne
einleitet, hinwegführt und manches an verdrängten Traditionen fortsetzt“72 bezeichnet,
so kann man das zweifellos auch auf das Oratorienlibretto übertragen. Insgesamt ist also
festhalten, dass das Oratorienlibretto eher textkonservativ ist und in der Regel die
Verkündigung, nicht das künstlerische Experiment, im Vordergrund steht.Forschung
zum Oratorienlibretto
70
Da Oskar Gottlieb Blarr Bibeltexte grundsätzlich hebräisch bzw. aramäisch wiedergibt, ist der Text von
allen drei Oratorien zu weiten Teilen nicht deutschsprachig. Jesus-Geburt und Jesus-Passion konnten
deshalb in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt werden. Einzig in Wenn du auferstehst - wenn ich
aufersteh’ wiegen die deutschen Textanteile die fremdsprachlichen in etwa auf.
71
vgl. Programmheft zur Uraufführung von Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh’ am 3.3.1996 in der
Christuskirche Mannheim
72
vgl. Dieter Borchmeyer: „Textform“, in Artikel „Libretto“, MGG(neu), Bd. 4 (1996), Sp. 1118
36
1.3
1.3.1
F ORSCHUNG
ZUM
O RATORIENLIBRETTO
Musikwissenschaftliche Forschung
Aus musikwissenschaftlicher Sicht scheint das Oratorium in jüngerer Zeit relativ gut
erforscht zu sein. Nachdem es über ein Jahrhundert lang keine aktuelle Monographie
gab, die mit Arnold Scherings Geschichte des Oratoriums von den Anfängen bis zur
Gegenwart (1882) vergleichbar gewesen wäre, liegen aus den letzten zehn Jahren gleich
zwei umfangreiche Neuveröffentlichungen vor: Günther Massenkeils zweibändiges Werk
Oratorium und Passion73 und Howard Smithers vierbändige History of the Oratorio, deren
erste Bände 1977 erschienen und die im Jahr 2000 mit einem Band über das 19. und
20. Jahrhundert abgeschlossen wurde.74
Beide Monographien bieten jedoch nur wenige Ansatzpunkte für die vorliegende Arbeit.
Zum einen umfasst ihre Darstellung die gesamte Geschichte der Gattung von den
Anfängen bis heute und ist natürlich nicht auf den deutschen Sprachraum beschränkt.
Massenkeil setzt zwar den Schwerpunkt seiner Darstellung der Zeit nach 1945 auf
Deutschland und die Schweiz; bei Smither hingegen liegt das Hauptaugenmerk auf dem
englischsprachigen Raum. Zum anderen spielen für beide Autoren die Libretti nur eine
untergeordnete Rolle. Massenkeil misst dem Libretto kaum eigenständige Bedeutung bei;
vielmehr sieht er die Entwicklung des Oratoriums im 20. Jahrhundert als „Umgang mit
dem oratorischen Erbe, den man wohl am besten als dessen textliche und inhaltliche
Entgrenzung bezeichnen kann“75, so dass die vertonten Texte „heute kaum jemand mehr
als Libretti bezeichnet“76.
Smither scheint den Libretti mehr Gewicht beizumessen; immerhin widmet er den
Libretti der Oratorien nach 1914 ein eigenes Kapitel, bevor er sich der Musik zuwendet.77
Doch beim näheren Hinsehen stellt man fest, dass sich die Untersuchung der Libretti
auf eine Übersicht der zugrundeliegenden Stoffe beschränkt.
Für diese Arbeit sind die beiden Publikationen allerdings schon deshalb wenig ergiebig,
weil sie keine eindeutigen Kriterien liefern, was sie als Oratorium klassifizieren und was
73
Massenkeil 1998 und 1999
74
Smither 1977a, 1977b, 1987 und 2000
75
Massenkeil 1999, S. 284
76
Massenkeil 1999, S. 296
77
Smither 2000, S. 632ff.
37
nicht.78 Smither beschränkt sich auf die Minimalforderung „long concert pieces with
narrative or dramatic texts set to music for soloists, chorus, and orchestra“79, gleichgültig ob geistlich oder weltlich und gleichgültig, welche Gattungsbezeichnung sie selbst
tragen. Massenkeil konstatiert für das 20. Jahrhundert eine grundsätzliche „Infragestellung des Oratoriums im Kontext der gleichzeitigen Krise des musikalischen
Gattungsgefüges“80 und spricht fortan nur noch vom „oratorischen Erbe“, in das er auch
die meisten Passionsvertonungen mit einbezieht. Zudem räumt er ein, dass die
Darstellung für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg lückenhaft ist:
Hier muss es genügen, durch Listen von oratorischen Werken bedeutender
Komponisten einen chronologischen Aufriss zu skizzieren und einzelne
bemerkenswerte Werke beider Gattungen näher zu betrachten...81
Ähnlichen Einschränkungen unterliegt auch der Artikel Oratorium in der neuen Ausgabe
von MGG82; hier zwingt schon die Kürze zu starker Reduzierung des Stoffes. Der Artikel
Libretto wiederum bietet keinerlei Ansatzpunkte für die Beschäftigung mit dem Oratorium. Zwar führt er noch – ganz in Übereinstimmung mit der alten Ausgabe von MGG83 –
das Libretto als „Textvorlage einer Oper, eines Oratoriums und überhaupt eines größeren
Vokalwerkes in Dialogform“, beschränkt sich jedoch – ebenfalls wie sein Vorgänger – im
weiteren ganz auf das Opernlibretto.
Neben diesen fachwissenschaftlichen Übersichtspublikationen gibt es zahlreiche Handbücher, die sich an Wissenschaftler und mehr noch an Musikpraktiker richten. Die vier
wichtigsten sind Kurt Pahlens Oratorien der Welt 84, der unlängst überarbeitete Chormusik- und Oratorienführer aus dem Hause Reclam85, der Harenberg Chormusikführer86
aus dem selben Jahr sowie der 2000 erschienene Oratorienführer von Silke Leopold und
Ullrich Scheideler87. All diesen Handbüchern ist gemeinsam, dass sie den Begriff
ORATORIUM sehr weit fassen.88 Dies ist im Hinblick auf die Hauptzielgruppe und die
78
zur Gattungsproblematik vgl. auch Abschnitt 1.1.2, S. 14ff.
79
Smither 2000, S. 613
80
Massenkeil 1999, S. 259
81
Massenkeil 1999, S. 14
82
vgl. Lucinde Lauer, Christian Thorau: „Das Oratorium im 20. Jahrhundert“, in Artikel „Oratorium“,
MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 798ff.
83
vgl. Artikel „Oratorium“, in MGG, Bd. 10 (1962), Sp. 120
84
Pahlen 1985
85
Oehlmann/Wagner 1999
86
Gebhard 1999
87
Leopold/Scheideler 2000
88
siehe auch Abschnitt 1.1.1, S. 26
38
Zielsetzung dieser Handbücher vollkommen gerechtfertigt, wollen sie doch „nicht nur
rückwärtsgewandte Gattungsgeschichte, sondern auch Anregung für die musikalische
Praxis“89 sein und „Dirigenten, Sänger und Sängerinnen sowie die Freunde der Chormusik mit viel Anregung für Planung, Singen und Hören ins neue Jahrtausend
geleiten.“90 Für gattungsgeschichtliche Untersuchungen ist dieses Vorgehen jedoch zu
ungenau. Hinzu kommt, dass sich Werke des 20. Jahrhunderts eher vereinzelt finden;
selbst bei Leopold/Scheideler, die sich um eine größtmögliche „Ausgewogenheit ... der
Jahrhunderte“91 bemühen, sind sie schnell aufgezählt.
Insgesamt lässt sich also festhalten, dass die Geschichte des Oratoriums aus musikalischer bzw. musikwissenschaftlicher Sicht zwar durchaus gut erschlossen ist, für das
20. Jahrhundert jedoch deutliche Lücken und Unzulänglichkeiten aufweist. Erst recht
liefert die musikwissenschaftliche Forschung für eine systematische literaturwissenschaftliche Untersuchung der Oratorientexte allenfalls vage Hinweise.
1.3.2
Literaturwissenschaftliche Librettologie
So eifrig sich die Literaturwissenschaft die Zuständigkeit für das Libretto erstritten hat,
so merkwürdig ist es, dass sie unter „Libretto“ meistens nur das Opernlibretto versteht.
Dieter Borchmeyer spricht in seinem MGG-Artikel explizit aus, dass sich „die Bezeichnung seit dem Ende des 19. Jh. im deutschen Sprachraum vor allem für den Operntext
durchgesetzt“ habe92. Albert Gier, dessen Monographie93 zwar nicht Vollständigkeit, aber
exemplarischen Charakter beansprucht, betrachtet von der ersten Seite an ausschließlich „den Text als Bedeutungsträger innerhalb der Kunstform Oper“94 und zieht andere
Libretti gar nicht in Erwägung. Entsprechend definiert er Libretti schlicht als „Texte von
Opern, Operetten, Musicals“95.
Nun bietet die Oper, im Gegensatz zum Oratorium und anderen Gattungen der Vokalmusik, durch ihre offenkundige Nähe zum Drama viele Anknüpfungspunkte und einen
leichten methodischen Einstieg über den Vergleich der beiden Gattungen. Auch sonst
lassen sich in der Forschung zum Opernlibretto deutliche Schwerpunkte dort ausma-
89
Leopold/Scheideler 2000, S. IX
90
Gebhard 1999, S. 22
91
Leopold/Scheideler, S. IX
92
Dieter Borchmeyer: „Textform“, in Artikel „Libretto“, MGG(neu), Bd. 4 (1996), Sp. 1116
93
Gier 2000
94
Gier 2000, S. 9
95
Gier 2000, S. 5
39
chen, wo die Nähe zum traditionellen Gegenstandsbereich der Literaturwissenschaft
besonders groß ist: zum einen bei der Literaturoper, zum anderen beim librettistischen
Schaffen bereits anerkannter Dichter.96 Je weiter sich ein literarisch-musikalisches Werk
oder eine Gattung von diesem librettologischen Kernbereich entfernt, desto dünner wird
die Forschungslage. Wo das neue Musiktheater sich der Grenze zur Lautkomposition
nähert, wird die Forschung nahezu vollständig den Musikwissenschaftlern überlassen,
obwohl doch die experimentelle Lyrik sicherlich zahlreiche Anknüpfungspunkte böte.
Ohnehin finden sich literaturwissenschaftliche Untersuchungen von musikoliterarischen Gattungen jenseits der Oper nur sehr vereinzelt. Zu nennen wären hier
meines Wissens nur Hans-Joachim Kreutzer mit seinen Studien zu den Texten Bachscher Kantaten und der Übersetzung des Händelschen M ESSIAS 97 und A. Forcherts Arbeit
zu Mendelssohns E LIAS 98, Martin Albrecht-Hohmaiers Dissertation zu Mendelssohns
P AULUS 99 und Irmgard Scheitlers Monographie über deutschsprachige Oratorienlibretti bis
1730; wobei die beiden letzteren Werke erst kurz vor Fertigstellung dieser Arbeit
erschienen und deshalb nicht mehr angemessen berücksichtigt werden konnten.
Erstaunlicherweise wird es offensichtlich nicht einmal als Mangel angesehen, dass
weitergehende literaturwissenschaftliche Versuche fast vollständig fehlen. Einzig das
Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft grenzt im Artikel „Libretto“ andere
musikalische Gattungen als die Oper nicht aus – eine Neuerung gegenüber der alten
Ausgabe des Vorgängerwerkes, des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte, in
dem es unter dem Stichwort „Libretto“ lapidar heißt „s. Oper“100.
Jedoch hat die literaturwissenschaftliche Librettologie einige grundsätzliche Erkenntnisse hervorgebracht, wie sich die plurimediale Werkkonzeption der Oper und die
musikalische Bearbeitung auf den Text auswirken. Inwieweit diese Merkmale auf andere
musiko-literarische Gattungen, in diesem Fall das Oratorium, übertragen werden
können, wird im Verlauf dieser Arbeit noch manches Mal zur Sprache kommen.101
96
So gibt es beispielsweise zahlreiche Untersuchungen zum librettistischen Schaffen Ingeborg Bachmanns
(z. B. Grell 1995) und zur Literaturoper (z. B. Ullrich 1991, Wiesmann 1982, Achberger 1980).
97
vgl. Kreutzer 1994
98
Forchert 1974
99
vgl. Albrecht-Hohmeier o. J.
100
vgl. RDLG
101
vgl. insbesondere Kapitel 3.1 und 3.4
40
1.3.3
Forschung zur literarischen Bibelrezeption
Trotz der Tendenz zur „Verweltlichung“, die so viele Autoren konstatieren, nimmt die
Bibel für das Oratorium auch im 20. Jahrhundert eine zentrale Stellung ein. Bezüglich
der Verarbeitung biblischer Geschichten und Motive und ihrer Interpretation könnte
man deshalb Anstöße aus der theologischen Forschung erwarten. Doch es zeigt sich,
dass das interdisziplinäre Themenfeld „Bibel und Literatur“ noch stärker als das Feld
„Literatur und Musik“ ein Nischendasein führt, und nur wenige Veröffentlichungen von
einem relativ begrenzten Autorenkreis zugänglich sind. In der Literaturwissenschaft
spielt offensichtlich nur die Bewertung von Bibelzitaten und -referenzen im Kontext des
literarischen Werks eine Rolle, nicht aber die Formen des Transfers von Bibelstoffen in
andere Gattungen. Und in der Theologie gilt das wesentliche Augenmerk der Auslegung
der Bibel im Rahmen der theologischen Hermeneutik und der Homiletik.
Das Wenige, was an Arbeiten zu finden ist – zu erwähnen sind hier vor allem die
Publikationen von Heinrich Schmidinger und Magda Motté102 – handelt sehr viel von
modernen Texten, aber nahezu ausschließlich von nicht-funktionaler Literatur, und hier
vor allem von Lyrik und Roman. Von Stefan Bodo Würfel findet sich ein Aufsatz, in dem
auch das Oratorium eine Rolle spielt,103 jedoch beschäftigt er sich mit der Aneignung
sakraler Formen durch totalitäre Politik.
Ferner gibt es theologische Beiträge zu einzelnen Oratorien104 und Oratorienkomponisten, wie Johann Sebastian Bach105 und Willy Burkhard106. Sie untersuchen die
Libretti jedoch ausschließlich unter theologisch-hermeneutischen Gesichtspunkten.
Insofern bietet die theologische Forschung zum Oratorium und zur Bibelrezeption zwar
einige Anregungen, jedoch nur wenige direkte Anknüpfungspunkte. In Abschnitt 2.5.2107
wird darauf näher eingegangen werden.
102
vgl. Schmidinger 1999, Motté 1997
103
Stefan Bodo Würfel: „Verkündigung als literarische Form“, in Schmidinger 1999, Bd. 1, S. 205-226
104
z. B. Nohl 2001
105
z. B. Axmacher o. J.
106
Kohli 1952
107
siehe unten, S. 94ff.
41
1.4
1.4.1
D ER M ATERIALBESTAND
Erscheinungsformen des Librettos
Die scherzhafte Definition von Peter Hacks, das Opernlibretto sei „eine Menge von
Worten und geht gelegentlich bei Reclam zu kaufen“108, lässt sich auf das Oratorienlibretto leider nicht übertragen: letztere werden selten verlegt und vermutlich noch
seltener gekauft. Oratorientexte begegnen uns überwiegend in Partituren, Klavierauszügen und anderem Aufführungsmaterial oder auch in Programmheften. Die von
Albert Gier postulierte „Autonomie des Librettos als eines Bedeutungsträgers“, der der
Vertonung in der Regel vorausgeht,109 ist ein Konstrukt, das sicherlich die Beschäftigung
eines Literaturwissenschaftlers mit dieser Gattung rechtfertigen hilft, jedoch keinesfalls
der Praxis entspricht. Häufig wird das Libretto noch während der Komposition auf
Wunsch des Komponisten vom Librettisten umgearbeitet, gekürzt oder modifiziert, oder
sogar vom Komponisten selbst Hand in Hand mit der Komposition erstellt. Da das Oratorium weniger auf eine stringente Handlung angewiesen ist als die Oper und noch viel
mehr einzelne, nahezu unabhängige Episoden darstellen kann, gibt es sogar Fälle, in
denen ältere Kompositionen mit neuen zu einem Oratorium zusammengestellt werden –
ein bekanntes Beispiel aus der Romantik ist das Oratorium Christus von Franz Liszt, das
die schon zehn Jahre zuvor komponierten S ELIGPREISUNGEN und ein ebenfalls zuvor separat
publiziertes P ATER N OSTER enthält.110 Aufgrund der vielen Bearbeitungsstufen, die
zwischen dem ursprünglichen Libretto, das oftmals gar nicht bekannt ist, und der
letztendlich vertonten Fassung liegen, geht Albert Gier von einer Ko-Autorschaft des
Komponisten aus: Demzufolge ist der Werkstatus, also nicht die vom Librettisten
angebotene, sondern die in der Vertonung vorliegende Fassung als maßgeblich
anzusehen.111
In dieser Arbeit folge ich Giers Ansatz nur bedingt. Wie weiter oben ausgeführt112, ist die
Gattung Oratorium ein Referenzsystem, auf das sich sowohl der Komponist als auch
bereits der Librettist bei der Anlage des Werkes beziehen können. In denjenigen Fällen,
in denen der Komponist bereits vorhandene Texte, die nicht für diesen Zweck geschrieben wurden, zu einem Oratorium zusammenstellt, ist tatsächlich die vertonte Fassung
108
Peter Hacks: Versuch über das Libretto, in Hacks 1976, S. 209; zit. nach Gier 1986, S. 9
109
vgl. Gier 2000, S. 16
110
vgl. den entsprechenden Artikel von Matthias Schäfers in Leopold/Scheideler 2000, S. 419
111
Gier 2000, S. 16
112
vgl. Abschnitt 1.1.1, S. 13ff.
42
die einzig maßgebliche. In vielen Fällen schreibt jedoch schon der Librettist ein Libretto
für ein Oratorium (oft, aber nicht immer, als Auftragswerk), bezieht sich also selbst schon
auf die Gattung.113 Wenn der dem Komponisten vorgelegte Text starke Veränderungen
erfährt, haben wir es am Ende mit zwei gleichberechtigten Fassungen zu tun. Bekannt
wird jedoch üblicherweise nur die spätere, die vertonte Fassung; insofern ist Giers
Ansatz durchaus pragmatisch.
Selbst von der vertonten Librettofassung liegen nur in Ausnahmefällen edierte Ausgaben
vor. Deshalb muss man auf Aufführungsmaterialien und andere Quellen zurückgreifen,
die in textkritischer Hinsicht als relativ unzuverlässig gelten dürfen:
Bis heute machen Textbücher und Klavierauszüge oft keine Angaben zur Quellenbasis. Dabei können zwischen handschriftlicher und gedruckter Partitur, originalem Klavierauszug, Autograph des Librettisten und erstem Libretto-Druck
beträchtliche Differenzen bestehen – ganz abgesehen von jenen komplexen Fällen,
in denen außerdem noch der Zensurbehörde eingereichte Libretto-Manuskripte und
Ähnliches zu berücksichtigen sind.114
Gier nennt als zu bevorzugende Quellen 1. Partiturautograph, 2. Textbuch der Uraufführung, 3. ältester Klavierauszug – in dieser Rangfolge.115 Wo es möglich war, nutzte ich
Texthefte und vorangestellte Textauszüge in Partituren, die als relativ zuverlässig gelten
können, weil sie zumindest in Zusammenhang mit der gesamten Herausgabe des Werks
redigiert sein sollten. Jedoch wurden die wenigsten Oratorien des relevanten Zeitraums
überhaupt in einem Verlag publiziert. Häufig lag mir der Text einzig als Kopie des
Manuskripts oder in einer im Internet veröffentlichten Form vor. In diesem Fällen kann
man davon ausgehen, dass sie die ursprüngliche oder zumindest eine autorisierte
Fassung des Librettisten darstellen. Dies zweifelsfrei für jedes der ausgewerteten Libretti
zu klären, war angesichts des hohen Rechercheaufwands nicht möglich. Als unzuverlässige Quellen müssen hingegen Programmhefte gelten; es sei denn, es handelt sich um
Programmhefte von Uraufführungen, an denen in der Regel zumindest der Komponist
stärker beteiligt ist. Da vielfach die Libretti nur als Abdruck in Programmheften
erhältlich waren, wurden auch sie für die vorliegende Untersuchung hinzugezogen,
zumal es sich in der Mehrzahl tatsächlich um Programmhefte der Uraufführungen
handelt.
113
Ein Beispiel ist das von János Tamás vertonte Libretto Noahs Tochter, das als eigenständige
Buchveröffentlichung unter dem Namen der Librettistin Claudia Storz erschienen ist. Der Untertitel lautet
dort „Libretto zu einem Oratorium“. Vgl. die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2
114
Gier 2000, S. 56
115
vgl. Gier 2000, S. 57
43
1.4.2
Untersuchte Oratorienlibretti 1945-2000
Auf der Suche nach Oratorien des 20. Jahrhunderts wertete ich zunächst die verfügbare
Fachliteratur aus, angefangen von den einschlägigen Artikeln in MGG über die großen
Oratorienführer bis hin zu diversen Monographien zur geistlichen Musik, zum Oratorium
und zur Musik des 20. Jahrhunderts. Dem folgten ausführliche Recherchen in musikwissenschaftlichen Datenbanken (v. a. Music Search), überregionalen Bibliothekskatalogen und Buchhandelsverzeichnissen sowie die Auswertung von Katalogen größerer
oder auf geistliche Musik spezialisierter Musikverlage, z. B. Peters, Bärenreiter, Carus,
Strube. Des Weiteren zog ich Rezensionen und Ankündigungen von Uraufführungen in
den Zeitschriften M USIK
UND
K IRCHE und M USICA SACRA hinzu sowie Berichte von Kirchen-
tagen. Und schließlich lieferten mir Suchmaschinen im Internet weitere Hinweise,
besonders auf Internetseiten von oder über zeitgenössische Komponisten. Diese InternetRecherchen erwiesen sich besonders für die letzten zwanzig Jahre des Jahrhunderts als
sehr ergiebig. Zahlreiche Komponisten und Librettisten sind inzwischen mit eigenen
Homepages im Internet vertreten und bieten dort Werkverzeichnisse oder sogar Texte
ihrer Oratorien zum Herunterladen an (z. B. Hans Georg Bertram116, Stefan Heucke117).
Auch über verstorbene Komponisten wird zunehmend Material im Internet veröffentlicht,
beispielsweise wenn eine Stiftung die Betreuung des Nachlasses übernimmt (Bertold
Hummel118, Johann Nepomuk David119 u. a.). Im Internet finden sich Informationen auch
zu Werken, die das Nadelöhr Musikbetrieb (noch) nicht durchlaufen haben – anders als
bei Werken früherer Jahrzehnte, bei denen man auf Veröffentlichung oder Erwähnung in
Zeitschriften, Sekundärliteratur u. ä. angewiesen ist.
Aufgrund der sehr vagen und gegebenenfalls sogar abweichenden Verwendung des
Terminus „Oratorium“ bei vielen Autoren habe ich in dieser Arbeit jedoch nur solche
Werke berücksichtigt, für die sich nachweisen ließ, dass die Bezeichnung vom Komponisten und/oder Librettisten gewählt oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit
autorisiert ist. Dies sah ich als gegeben an, wenn vollständige bibliographische Angaben
anhand einer Originalpublikation erhoben oder Verlagsverzeichnissen und Katalogen
wissenschaftlicher Bibliotheken entnommen werden konnten. Auch Originalzitate des
Komponisten oder Librettisten, in denen das jeweilige Werk als Oratorium bezeichnet
wurde (z. B. in Aufsätzen, Pressetexten, auf persönlichen Internet-Seiten), und Werk-
116
www.hans-georg-bertram.de
117
www.heucke-stefan.de
118
www.bertoldhummel.de
119
www.johann-nepomuk-david.org
44
verzeichnisse sah ich als hinreichend zuverlässig an.
Nicht in die Untersuchung einbezogen werden konnten
jedoch zahlreiche in der musikwissenschaftlichen
Zeitraum
o. J.
nachgewi
esen
Libretto
lag vor
1
0
1945-1950
3
2
1951-1960
30
10
keil120 oder Smither121), für die Publikations- oder Auf-
1961-1970
16
5
führungshinweise fehlten und sich auch keine weiteren
1971-1980
32
16
1981-1990
32
16
1991-2000
51
25
165
74
Forschungsliteratur erwähnte Werke (z. B. bei Massen-
Quellen oder Nachweise finden ließen. Ebenfalls nicht
berücksichtigt wurden Bearbeitungen des Passionstextes, deren Titel zwar Nähe zum Passionsoratorium
gesamt
Tabelle 1: Oratorien nach 1945
suggeriert, die jedoch keine Gattungsbezeichnung
tragen, die explizit auf das Oratorium verweist. So wurde beispielsweise Waldemar
Blochs „Passio Domini. Oratorium für Soli, gemischten Chor und Orchester” einbezogen,
nicht jedoch Hans Georg Bertrams „Passio Domini. Passion für Solostimmen, Chor und
Orchester“.
Insgesamt erbrachte die Recherche 165 deutschsprachige (bzw. überwiegend deutschsprachige) Oratorien für die Zeit von 1945 bis 2000, sowie 17 weitere für die Jahre von
2001 bis 2003. Ein vollständiges Verzeichnis einschließlich bibliographischer Angaben
(sofern Ausgaben bekannt sind) findet sich im Anhang dieser Arbeit.
Daneben fand ich vier ausschließlich literarische Werke, die nie vertont wurden und
auch nicht für eine Vertonung konzipiert sind, jedoch das Wort „Oratorium“ im Titel oder
Untertitel tragen: Peter Weiss’ Drama Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen (1965),
Franz Fassbinds Roman Atom Bombe. Ein gesprochenes Oratorium (1945) sowie zwei
Hörspiele, die erst nach 2000 entstanden, nämlich Romuald Karmakars WarheadsOratorium und Martin Speichers Fragmente einer Eroberung. Ein halbdokumentarisches
Oratorium. Diese vier Werke werden im Folgenden nicht weiter untersucht, da es sich
nicht um funktionale, für die Vertonung bestimmte Texte handelt; sie sollen aber der
Vollständigkeit halber hier erwähnt werden.
120
v.a. Massenkeil 1999
121
Smither 2000
45
Von 74 Oratorien aus der Zeit von 1945 bis 2000 lagen mir die Texte vor. Nur in zehn
Fällen war dies eine separat edierte und publizierte Textausgabe des Oratoriums. Von 19
Oratorien standen mir Partitur oder Klavierauszug zur Verfügung, von 18 ein Programmheft. Acht Libretti erhielt ich als Kopie, Ausdruck oder Datei von den Komponisten oder
Librettisten, fünf konnte ich von Homepages zeitgenössischer Komponisten herunterladen. Sieben Texte wurden mir von Verlagen zugeschickt, jedoch meistens in einer
Form, der die ursprüngliche Quelle nicht mehr zu entnehmen war. Vermutlich handelt
es sich um Abschriften aus Partituren oder Klavierauszügen. Und schließlich lagen
sieben Texte in CD-Booklets vor.
Die Thesen und Ergebnisse dieser Arbeit beruhen
Klavierauszug/Partitur
19
Programmheft
18
Textausgabe
10
überwiegend auf der Untersuchung dieser 74
Libretti. Bei inhaltlichen Untersuchungen, z. B.
Datei/Ms. Komponisten
8
zur Stoffauswahl oder zu Textquellen, wurden
Verlagsinfos div.
7
auch Oratorien berücksichtigt, deren Libretto
CD-Booklets
7
zwar nicht vorlag, über die aber entsprechende
Text Internet
5
Informationen aus Rezensionen o.ä. zur
gesamt
74
Tabelle 2: Erscheinungsformen der
untersuchten Oratorienlibretti
Verfügung standen. Bei der Auswertung der Titel
wurden hingegen selbstverständlich alle
bekannten Oratorien hinzugezogen.
46
2 INHALTLICHE
AUSGESTALTUNG
47
2.1
E LEMENTE
UND
F UNKTIONEN
DES
T ITELS
Den ersten Eindruck von einem musikalischen Werk vermittelt sein Titel – er steht auf
Ankündigungsplakaten, Programmheften, auf der Hülle einer Aufnahme, in CD-Booklets
und im Aufführungsmaterial. Der Titel hat dadurch starken Einfluss auf die weitere
Rezeption des Werks.
Bei Instrumentalstücken früherer Jahrhunderte sind vor allem Kombinationen aus
Gattungs- und Besetzungsangaben titelgebend, beispielsweise „Streichquartett“, „Konzert
für Violine und Orchester“. Dazu tretende freie Titel haben bis zur Entstehung der
Programmmusik eher ausschmückenden Charakter und werden oft erst nachträglich
verliehen – man denke beispielsweise an die Streichquartette Joseph Haydns, die
Bezeichnungen wie „Sonnenquartette“, „Lerchenquartett“ tragen.
Ähnlich steht es bei Vokalwerken mit kanonischem Text. In der Regel galt die Gattungsangabe vollkommen ausreichend; manchmal werden Hinweise auf den Kompositionsanlass oder die Herkunft des verwendeten musikalischen Materials ergänzt. Zum
Beispiel ist die M ISSA P APAE M ARCELLI von Palestrina dem Papst Marcellus in memoriam
gewidmet; der M ISSA A SSUMPTA
EST
M ARIA von Monteverdi liegt die Melodie der gleichnamigen
Motette zugrunde.
Vokalwerke mit freiem Text, wie z. B. Psalmvertonungen oder Madrigale, werden häufig
mit einem Hinweis auf den vertonten Text betitelt und durch Gattungs- und/oder
Besetzungsangaben ergänzt.
Im Laufe der Romantik und der Entwicklung der Programmmusik gewinnen die freien
Titel nicht nur in der Vokal-, sondern auch in der Instrumentalmusik gegenüber den
Gattungsbezeichnungen an Gewicht. Die Titel moderner Kompositionen sind nicht
„willkürliche Benennung“ 122, sondern
als Chiffre für jene Impulse zu verstehen, die zur künstlerischen Auseinandersetzung mit bestimmten Ideen - etwa solchen aus Bildender Kunst oder Literatur führten, das musikalische Denken in bestimmte Kanäle lenkten und schließlich
durch verstandesmäßige Reflexion die Grundlage zur Hervorbringung
wahrnehmbarer Werkgestalten führten.123
Zusätzlich zu freien Titeln sind bis heute Ergänzungen oder Untertitel weit verbreitet, die
eine Gattungsbezeichnung enthalten. Dabei mag auch die editorische Praxis eine Rolle
122
Drees o. J.
123
a. a. O.
48
spielen, die spätestens bei der Publikation eine Gattungszuweisung vorzunehmen
wünscht, der aber vermutlich die Komponisten meist schon von sich aus nachkommen.
Heute enthalten Titel musikalischer Werke üblicherweise mindestens zwei der folgenden
drei Elemente: einen frei gewählten Text, der Hinweise auf Inhalt oder Machart des
Stücks gibt, eine Gattungsbezeichnung sowie Angaben zur Besetzung. Diese Elemente
lenken die Rezeption des Lesers/Hörers in unterschiedlicher Weise.
Die Gattungsbezeichnung „Oratorium“ bildet den „Horizont, der die Lektüre umspannt“124; sie weckt die Erwartung, einem Werk mit moralisch-weltanschaulichem
Anspruch zu begegnen. Besetzungsangaben spielen eine geringe Rolle für die Rezeptionserwartung. Von der Standardbesetzung (Soli, Orchester und Chor) abweichende
Besetzungen, seien es nun Erweiterungen (z. B. um einen Sprecher-Solisten) oder
Reduzierungen (Soli fehlen, Instrumentalensemble statt großem Orchester o. ä.) werden
nur als Varianten empfunden. Bei sehr reduzierten Besetzungen, wie bei Hans-Georg
Bertrams I CH
SAGE : JETZT !
für 2 Sprechstimmen und Orgel, weist bisweilen die Verwendung
der Orgel darauf hin, dass es sich um ein Stück zur Aufführung im Kirchenraum
handelt.
Starken Einfluss auf die Rezeptionserwartung hat hingegen der eigentliche, frei gewählte
Titel. Meistens gibt er einen Hinweis auf den Stoff oder das Thema des Oratoriums. Wie
sich im Folgenden herausstellen wird, enthält er in der Regel weitere, oft sehr starke
Signale dahingehend, dass es sich um ein Werk mit geistlichem bzw. biblischem
Hintergrund handelt.
Den folgenden Abschnitte liegt eine Auswertung der Titel aller 165 Oratorien, die für
diese Arbeit berücksichtigt wurden, zugrunde.
2.1.1
Nennung der Hauptperson
Über 40 % aller bekannten Titel, nämlich 68, nennen eine Person, in der Regel die
zentrale Figur des Werks. Meistens sind biblische Personen titelgebend, wie zum Beispiel
in H IOB (gleichnamige Oratorien von Jürgen Blume/Eugen Eckert, Henning Frederichs,
Hermann Haller, Hubert Stuppner, Wolfram Wagner), P AULUS (Siegfried Fietz/Johannes
Jourdan), D ANIEL (Thomas Gabriel/Eugen Eckert), P ETRUS (Henning Frederichs) sowie J EFTA
UND SEINE
T OCHTER und J ONA (beide von Wolfgang Stockmeier). Nicht immer stehen die
Namen alleine; oft sind sie durch geläufige Beinamen oder typische Attribute ergänzt:
124
Corbineau-Hoffmann 2000, S. 138; vgl. auch oben, S. 14ff.
49
J OHANNES DER T ÄUFER (Fritz Büchtger), E RZENGEL M ICHAEL (Robert Blum), T HOMAS DER Z WEIFLER
(Peter Bubmann/Wolfgang Töllner).
Fünf Oratorien tragen Gott, Christus oder den Heiligen Geist im Titel: M ARANATHA – U NSER
H ERR KOMMT (Heinz Wunderlich), S PIRITUS INTELLIGENTIAE , SANCTUS (Ernst Krenek), S APIENTIA IN
C HRISTO (Matthias Kern), H ERR , DA BIN ICH (Diether Noll/Michel Quoist), V ON DER W EISHEIT
G OTTES (Harald Heilmann/Wolfgang Lipp). Dazu kommt mit U NIO MYSTICA (Walter Gieseler)
ein Titel, der auf die Dreieinigkeit Gottes anspielt. Bisweilen, vor allem für Christus, wird
auf eine direkte Namensnennung verzichtet und statt dessen auf Epitheta und Ehrenbezeichnungen zurückgegriffen, z. B. D ER L EBENDIGE (Johannes Driessler), D ER G OTTESKNECHT
(Felicitas Kukuck), D ER S EHER
VON
P ATMOS (Rainer Kunad).
Außer biblischen Figuren werden im Titel auch Personen des geistlichen Lebens genannt:
Mönche, Nonnen, Heilige und ‚Märtyrer‘ der neueren Zeit. Beispiele sind hier S R . M ARIA
E UTHYMIA (Jutta Bitsch/Gisbert Wellerdiek), D IE V ISIONEN DES M ÜNCH VON S ALZBURG (César
Bresgen), L EGENDE
DER
H L . W ALBURGA (Hans Kraus-Hübner/Reinhard Knodt), V ERENA DIE
Q UELLE (Carl Rütti/Silja Walter). Zu den titelgebenden Figuren aus der christlichen
Legende gehört zudem A HASVER (Volker David Kirchner), der „ewige Jude“. Auch Walter
Hollenwegers M ARIA
VON
W EDEMEYER , das auf dem Briefwechsel Dietrich Bonhoeffers mit
seiner Verlobten beruht, lässt sich in diese Gruppe einordnen.
Daneben sind auch Kombinationen von Namen mit der Gattungsbezeichnung
„Oratorium“ geläufig, wie B ONHOEFFER O RATORIUM (Tom Johnson), C ARL - VON -O SSIETZKY O RATORIUM (Gustavo Becerra-Schmidt), P ETRUS -O RATORIUM und M ARTIN -L UTHER -O RATORIUM
(beide von Siegfried Fietz/Johannes Jourdan).
Zu den mit dem Namen einer Hauptperson betitelten Oratorium gehören auch diejenigen, in deren Mittelpunkt eine nicht namentlich genannte Person steht. Sie kann im Titel
durch ihre Funktion (Rainer Kunad: D ER S EHER
INQUISITOR )
VON
P ATMOS , Gerhard Schedl: D ER G ROß -
oder durch ihre Beziehung zu einer anderen Figur bezeichnet werden (János
Tamás/Claudia Storz: N OAHS T OCHTER ).
Nur wenige titelgebende Namen gehören nicht in den Kontext christlicher Lehre und
Überlieferung. Zum einen sind dies Oratorien zu historischen Personen wie S TELE
FÜR
G EORG B ÜCHNER (Hans Ulrich Engelmann) und F RANCOIS V ILLON (Anton Heiller). Zum anderen
handelt es sich um die Oratorien, die auf Überlieferungen anderer Religionen und
Kulturen, insbesondere der klassischen Mythologie, basieren. Zu nennen sind hier vor
allem D ER T OD
DES
A GAMEMNON (Robert Blum), V IRATA (Horst Ebenhöh), D AS F EUER DES
P ROMETHEUS (Alfred Koerppen), G ILGAMESCH (Alfred Uhl/ Andreas Liess) sowie M EDEA IN
K ORINTH (Georg Katzer/Christa Wolf).
50
2.1.2
Referenzen auf Bibelepisoden und Nennung des Aufführungsanlasses
Über die Hälfte der Oratorien enthalten im Titel einen direkten Verweis auf einen
Bibeltext. Häufig erfolgt dies durch die Nennung einer biblischen Figur, wie im vorigen
Abschnitt bereits ausgeführt. Wiederum in fast 40% der Fälle, nämlich 63 Mal, findet
sich ein Hinweis auf eine bestimmte Bibelgeschichte.
Auf Geschichten aus dem Alten Testament deuten Titel wie R EISE
Clemencic), D ER S ÜNDENFALL (Harald Heilmann), D ER T URMBAU
ZU
NACH
N INIVEH (René
B ABEL (Ernst Helmut
Flammer, Heinrich Gattermeyer), S CHÖPFUNG (Krzysztof Meier/Gerhard Engelsberger) oder
D IE F LUT (Rudolf Kelterborn) hin.
Fünf Oratorientitel spielen auf die Passionsgeschichte an, beispielsweise Waldemar
Blochs P ASSIO D OMINI und Anton Vögeles P ASSION . Andere gerne verwendete Episoden aus
dem Neuen Testament sind A UFERSTEHUNG (Marcel Rubin, Max Georg Baumann, Fritz
Büchtger), sowie V ERKLÄRUNG und H IMMELFAHRT (beide von Fritz Büchtger). Auch finden sich
Hinweise auf das Wirken Jesu (Hans Georg Bertram: D ER
REICHE
M ANN UND DER ARME L AZARUS )
und des Apostels Paulus (Rupert Gottfried Frieberger: D IE B EKEHRUNG
DES
H L . P AULUS ).
Der entscheidende Hinweis auf eine Bibelgeschichte kann durch die Nennung des
Schauplatzes erfolgen. Babel wird immer in Zusammenhang mit dem Turmbau genannt:
Oratorien mit dem Titel D ER T URMBAU
ZU
B ABEL komponierten Alfred Koerppen, Heinrich
Gattermeyer und Ernst Helmut Flammer. L ICHT
ÜBER
D AMASKUS von Marcel Rubin spielt auf
die Bekehrung des Saulus/Paulus an, der auf dem Weg nach Damaskus durch Gott
geblendet wurde. Hingegen hat Jerusalem in J ERUSALEM S CHALOM (Klaus Heizmann/
Johannes Jourdan) eher symbolische Bedeutung; bei Rainer Kunad (D AS
NEUE J ERUSALEM
)
steht es als eindeutiger Hinweis auf die Offenbarung des Johannes125.
Eine weitere Möglichkeit, im Titel auf eine Bibelepisode zu verweisen, sind Zitate biblischer Sentenzen oder die Verwendung typischer Motive. Auf die Schöpfungsgeschichte
spielen D IES
UNUS
von Rudolf Kelterborn und D IES
SEPTIMUS
von Frederik Schwenk an.126
Johannes Driesslers D E P ROFUNDIS zitiert den Beginn eines Klagepsalms;127 Thomas
125
Offenbarung 21, 2: „Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel
herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann.“ (Die deutschen Bibelzitate folgen
dem Wortlaut der revidierten Luther-Übersetzung von 1975, vgl. EKD 1978.)
126
vgl. den Text von 1. Mose 1, 5 in der Vulgata: „Factumque est vespere et mane, dies unus.“ – „Da ward
aus Abend und Morgen der erste Tag.“ (Die Zitate aus der Vulgata sind der „Volksbibel 2000.2“
entnommen, vgl. Wollek 2000.)
127
Psalm 130, 1: „De profundis clamavi ad te, Domine.“ – „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir.“
51
Krämers K INDER
DES
L ICHTS einen Brief des Apostel Paulus.128 D AS KOMMENDE R EICH (D IE
S ELIGPREISUNGEN ) von Felicitas Kukuck verweist auf die Bergpredigt, ebenso wie Joseph
Haas’ D IE S ELIGEN .129
Nur noch selten weist ein Oratorientitel auf einen Festtag im Kirchenjahr als Kompositions- oder Aufführungsanlass hin; die traditionellen Titel Weihnachtsoratorium,
Osteroratorium, Pfingstoratorium finden sich bei gerade einmal einem knappen Dutzend
Werke. Dies bedeutet nun keineswegs, dass es kaum noch solche Oratorien gibt:
vielmehr ist die Zahl der Passions-, Oster- und Weihnachtsoratorien gegenüber dem
19. Jahrhundert etwa konstant geblieben.130 Doch begnügen sich die Autoren und
Komponisten nicht mehr mit dem nahe liegenden Titel. Nur zwei Komponisten, nämlich
Helmut Barbe und Walter Schindler, nennen ein Werk O STERORATORIUM . Statt dessen wird
häufiger der Titel A UFERSTEHUNG verwendet, beispielsweise von Max Georg Baumann, Fritz
Büchtger und Marcel Rubin. Von Oskar Gottlieb Blarr findet sich ein Osteroratorium (so
immerhin der Untertitel) W ENN
DU AUFERSTEHST
– WENN ICH AUFERSTEH ’ , und Günter Becker gibt
seinem Oratorium M AGNUM M YSTERIUM den Untertitel „Zeugenaussagen zur Auferstehung“.
Bei den Weihnachtsoratorien gibt es immerhin fünf, die auch so heißen (Fritz Büchtger,
Matthias Drude/Dietrich Mendt, Giselher Klebe, Heinrich Gattermeyer, Walter
Schindler); dazu kommt Paul Eberhard Kreisels W EIHNACHTSGESCHICHTE . Oskar Gottlieb
Blarr verlagert die Nennung des Aufführungsanlasses wieder in den Untertitel: J ESUS
G EBURT . W EIHNACHTSORATORIUM IN 10 T EILEN ÜBER L UKAS I UND II nennt er sein Werk. Otfried
Büsing lässt D AS L ICHT
DER
E NGEL als Anspielung auf die Erscheinung der Engel bei den
Hirten nicht alleine stehen, sondern fügt mit dem Untertitel „Oratorische Weihnachtsszenen“ eine eigene Variante der Gattungsbezeichnung hinzu. Ingmar Zemzaris’ deutschlateinisches Liedoratorium O V IRGA
AC
D IADEMA ist hingegen, wie der Untertitel „Oratorium
in adventum redemptoris“ ausdrückt, eher ein Advents- als ein Weihnachtsoratorium.
2.1.3
Christliche Symbolik
Diejenigen Oratorien, die keinen direkten Verweis auf die Bibel im Titel tragen, signalisieren dennoch häufig ihre Nähe zur biblisch-christlichen Tradition, indem sie bestimmte
Schlüsselwörter, christliche Symbole oder geläufige Redewendungen verwenden. Das
Wort Licht wird gerne benutzt, beispielsweise im Titel von Otfried Büsings Weihnachts128
vgl. Epheser 5, 8: „Einst wart ihr Finsternis. Jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt nun als Kinder
des Lichtes.“
129
Matthäus 5
130
vgl. auch Abschnitt 2.3.1, S. 63ff.
52
oratorium D AS L ICHT
DER
E NGEL , Marcel Rubins L ICHT ÜBER D AMASKUS sowie K UGEL IM L ICHT von
Jutta Bitsch und Silja Walter, dessen Untertitel „Oratorium zu Ehren des Heiligen
Benedikt“ den christlichen Kontext ganz unmissverständlich herstellt. Auch der bereits
genannte Titel K INDER
DES
L ICHTS von Thomas Krämer131 evoziert Sinnhaftigkeit,
Erleuchtung und Gnade, wie in der Apostrophierung Christi als das „Licht der Welt“.
Starke Assoziationen zu christlich-biblischem Gedankengut wecken auch Titel, die
Wörter aus dem Begriffsfeld Zeit und Ewigkeit verwenden: Der endlichen menschlichen
Zeit wird die Ewigkeit als Zeit Gottes gegenübergestellt. Zu nennen wäre hier zunächst
das „Pop-Oratorium zur Christusgeschichte“ (so der Untertitel) E WIGKEIT
FÄLLT IN DIE
Z EIT
von Helmut Jost und Johannes Nitsch. Bei Heino Schuberts „Gryphius-Oratorium“ D ER
M ENSCH , DAS S PIEL DER Z EIT wiederum, dessen Libretto mir leider nicht vorlag, kann mit
gutem Grund vermutet werden, dass es Leben und Sterben im Spannungsfeld des
barocken „Carpe diem“ und „Memento mori“ thematisiert, ebenso bei Z EITENWENDEN von
bei Hans Kraus-Hübner und Reinhard Knodt.
Die Wege des Menschen und der Lauf der Welt klingen in etlichen Titeln an: zu nennen
sind U NTERWEGS ( Helmut Hoeft/Wolfgang Fietkau), ...
Ernst/Klaus Meyer-Bernitz) und D IE S PUR
VON MORGEN
NOCH SIND DIE
W EGE OFFEN (Siegrid
(Gregor Linßen). Andere betonen
weniger das Unterwegs-Sein als die einzelnen Stationen des menschlichen Lebens, zum
Beispiel V OR
LANGER
Z EIT . S TATIONEN EINER S TADT von Jens Josef und S TATIONEN (M EMENTO H OMO )
von Augustin Kubizek und Herbert Vogg.
Begriffe, die mit Heiligkeit oder (göttlicher) Weisheit konnotiert sind, verwenden Harald
Heilmann (V ON
DER
W EISHEIT G OTTES ) und Otto Jochum (C ANTICA SACRA ). Auch der Begriff
Frieden spielt, der christlichen Botschaft gemäß, eine Rolle: Jochen A. Modeß und
Wilhelm Biermann nennen ihr Oratorium schlicht und einfach F RIEDEN ; von Siegfried
Matthus gibt es ein fünfteiliges Werk L AUDATE P ACEM .
2.1.4
Verwendung von Fremdsprachen
24 Oratorientitel, d.h. 16 % der ausgewerteten Titel, sind in den alten Sprachen der Bibel
und der Kirche gehalten, auch wenn der eigentliche Text (zumindest überwiegend) auf
deutsch verfasst ist. Führend ist das Lateinische, das in 22 Titeln vorkommt. Zwei Titel
verwenden das Hebräische bzw. Aramäische, nämlich Klaus Heizmanns J ERUSALEM S CHALOM
131
siehe oben, S. 51
53
und Heinz Wunderlichs M ARANATHA – U NSER H ERR
KOMMT .
Andere Fremdsprachen kommen
nicht vor.
Ebenso wie bei den deutschen handelt es sich bei den lateinischen Titeln häufig um
Bibelzitate oder Anspielungen auf den Vulgatatext – beispielsweise die oben bereits
erwähnte Schöpfungsgeschichte D IES
Passionsoratorium E CCE
HOMO 132
UNUS
von Rudolf Kelterborn, Felicitas Kukucks
oder das den Heiligen Geist akklamierende Pfingst-
oratorium S PIRITUS I NTELLIGENTIAE , S ANCTUS von Ernst Krenek. Andere übernehmen Zeilen
aus mittelalterlichen Hymnen, Liedern oder Gebetstexten, wie Ingmars Zemzaris’ O V IRGA
AC
D IADEMA , das eine Zeile aus einem im Oratorium verwendeten Lied von Hildegard von
Bingen zitiert, oder Axel Ruoffs programmatischer Titel C REDO .
Oft sind die lateinischen Titel Zusammenstellungen mit den alten Gattungsbezeichnungen „Oratorium“ und „Passio“. Hierher gehören Matthias Bonitz’ O RATORIUM E VANGELIUM und
O RATORIUM B ENEDICTINUM , Kurt Rapfs P ASSIO A ETERNA , Waldemar Blochs P ASSIO D OMINI ; ferner
auch Otto Jochums C ANTICA
SACRA .
Ganz freie lateinische Titel tragen Walter Gieselers U NIO
MYSTICA ,
Günter Beckers M AGNUM M YSTERIUM sowie César Bresgens L UMEN (D ER B LINDE ) und D E
TEMPORE .
Bei diesen Titeln gilt auch, was oben zur Verwendung christlicher Symbolik
gesagt wurde: Gieseler und Becker gemahnen an das „Geheimnis des Glaubens“, das
„Mysterium Dei“ bzw. „Mysterium Christi“; César Bresgen greift auf die Lichtsymbolik
zurück bzw. spielt auf das „Omnia tempus habent“ des Prediger-Textes133 an.
Nur drei lateinische Oratorientitel verwenden keine christlichen Texte und Motive. Zwei
davon greifen auf klassische lateinische Autoren zurück: Daniel Glaus’ S UNT
RERUM
zitiert Vergils A ENEIS 134, Helmut Eder/Herbert Vogg verwenden in N ON
LACRIMAE
SUM QUALIS ERAM
eine Zeile aus den Oden des Horaz135. Johannes Driesslers G AUDIA M UNDANA ist, wie der
Titel nahe legt, eines der wenigen gänzlich unreligiösen, so genannten weltlichen136
Oratorien: es schildert eine mittelalterlich-bacchantisch anmutende Suche nach dem
Sinn des Lebens in Wein, Weib und Gesang.
Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Sprache des Titels und der des Oratorientextes besteht übrigens nicht. Ebenso wie die eben genannten Werke zwar einen latei-
132
vgl. Johannes 19, 5: „Exiit ergo Iesus foras, portans spineam coronam et purpureum vestimentum. Et
dicit eis: ‘Ecce homo!‘.“ – „Und Jesus kam heraus und trug die Dornenkrone und das Purpurgewand. Da
sagte Pilatus zu ihnen: Seht, welch ein Mensch!“
133
Prediger 3, 1: „Omnia tempus habent, et momentum suum cuique negotio sub caelo.“ – „Ein jegliches hat
seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“
134„Sunt
lacrimae rerum et mentem mortalia tangunt.“ – „Tränen rinnen dem Leid, ans Herz rührt sterbliches
Dasein“. Vergilius, Aeneas, I. 462; vgl. Vergil 1980
135
„Ich bin nicht, der ich einst war.“ Horaz, Carmina 4,1,3; vgl. Horaz 1981
136
zur Problematik des Begriffs vgl. Abschnitt 2.3.4, S. 74ff
54
nischen Titel, jedoch einen überwiegend deutschsprachigen Text haben, so gibt es auch
Oratorien mit deutschem Titel, aber lateinischem Text. Als Beispiel sei die „Oratorische
Szene nach dem Text der Vulgata“ I SAAKS O PFERUNG von Wolfgang Fortner genannt.
2.1.5
Fazit: christlich-biblische Bezüge im Titel
Nicht einmal ein Viertel der Titel lässt keinerlei Bezüge auf biblische Überlieferung und
christliches Gedankengut erkennen. In den meisten von ihnen schwingt dennoch ein
hoher moralisch-philosophischer Anspruch mit. Einige spielen auf existenzielle Fragen
und Erfahrungen oder Grenzsituationen an (z. B. Rainer Kunad: S TIMMEN
Martin Lonquich/Klaus Lüchtefeld: A UF
Glaus: H ÜLLEN
DES
DEM
DER
V ÖLKER , Heinz
R AND DER M AUER , Roland Löbner: T ITANIC , Daniel
A BGRUNDS ). Nur wenige der betrachteten Oratorien (nicht einmal 10 %),
wie D IE K ITSCHPOSTILLE von Rainer Kunad oder D IE S TADT
HINTER DEM
S TROM von Hermann
Kasack, haben völlig neutrale beschreibende Titel, in denen sich keine weltanschaulichreligiöse Botschaft andeutet.
Durch die zahlreiche Anspielungen auf die Bibel und christliches Gedankengut oder den
Hinweis auf existenzielle Fragestellungen wird die durch die Gattungsbezeichnung
hergestellte Rezeptionserwartung, es mit einem geistlichen Werk mit hohem moralischen
Anspruch zu tun zu haben, noch verstärkt.
Umgekehrt aber bedeutet ein Titel mit starken
biblischen Bezügen nicht, dass es sich bei dem
Anzahl
Namensnennung
70
so bezeichneten Werk um ein Oratorium han-
Biblische Namen
44
delt. Literarische Werke, die bei Oratorien wie
Nicht-biblische Namen
aus religiösem Kontext
13
Gerhard Schedls D ER G ROßINQUISITOR (nach
Sonstige Namen
13
Bibelepisoden allgemein
74
Dostoevskij) oder Rainer Kunads S TIMMEN
DER
V ÖLKER (nach Herder) titelgebend sind, könnten
Direkte Nennung und
Aufführungsanlass
49
ebenso in einer Oper, einer Kantate oder einer
Motive, Zitate, Orte
25
anderen Vokalgattung adaptiert werden. Auch
können alttestamentliche Namen genauso gut
eine geistliche Oper betiteln wie ein Oratorium -
Christlich konnotierte
Symbolik
50
Fremdsprachen
24
Titel ohne christlichen Bezug
40
man denke beispielsweise an Arnold Schönbergs
gesamt
geistliche Oper M OSES
Tabelle 3: Titelgebung
UND
A RON . Zudem lassen
165
sich zahlreiche Werke anführen, hinter deren
Titel sich ohne weiteres ein Oratorium verbergen könnte, die jedoch anderen Gattungen
angehören. Die O STERGESCHICHTE von Helmut Barbe beispielsweise ist als Kantate veröffentlicht. Von Hans Georg Bertram liegt sogar eine Sinfonie mit dem Titel D IE S ELIGPREISUNGEN
55
vor. Richard Rudolf Klein bezeichnet seine Weihnachtsgeschichte D AS
ERFUHR ICH UNTER
M ENSCHEN als „Sinfonia sacra“. Von Kurt Hessenberg, Karl-Michael Komma und Ernst
Pepping gibt es jeweils eine W EIHNACHTSGESCHICHTE ohne Gattungsangabe, die auf Vorbilder
Hugo Distlers und Kurt Thomas’ zurückzuführen sind, die sich wiederum an alte
Vokalgattungen des 17. und 18. Jahrhunderts anlehnen.
Schließlich gibt es noch zahlreiche Werke, die dem Oratorium sicherlich nahe stehen,
deren Komponisten sich jedoch in ihrer Titelwahl bewusst einer traditionellen Gattungszuweisung verweigern. Wilfried Hiller bezeichnet seinen I JOB als „Monodram“, Helmut
Zapf seine L ILITH als „Kammermusik in Bildern“, und Gerhard Wimberger schreibt mit
M EMENTO V IVERE „Gesänge vom Tod“.
Dass solche Werke in der musikwissenschaftlichen Forschungsliteratur gerne auch als
Oratorien angesehen und behandelt werden, zeigt, dass ein entsprechend gewählter Titel
eine ähnliche Rezeptionshaltung erzeugt wie die Gattungsbezeichnung „Oratorium“,
auch wenn dies streng genommen für eine Gattungszuordnung nicht ausreicht. Im
Idealfall verstärken Titel und Gattungszuweisung gegenseitig die Rezeptionserwartung
des Hörers bzw. Lesers.
Es lässt sich also festhalten, dass ein christlich-biblisch konnotierter Titel allein keine
Gattungszuordnung ermöglicht. Die Bestandsaufnahme der Titel zeigt jedoch, dass das
Oratorium im 20. Jahrhundert als überwiegend geistliche Gattung begriffen wird, und
die Kombination aus Gattungszuweisung und Titel dementsprechend die Erwartung des
Rezipienten lenkt.
56
2.2
V ARIATIONEN
DER
G ATTUNGSBEZEICHNUNG
Dass die meisten untersuchten Oratorien einen Untertitel tragen, der in etwa „Oratorium
für Soli, Chor und Orchester“ lautet, oder aber die Bezeichnung „Oratorium“ bereits im
Titel verwenden, ist nicht verwunderlich; schließlich war genau das mein Auswahlkriterium. Häufig jedoch variieren die Komponisten die Gattungsbezeichnung und setzen
dadurch eigene, neue Akzente.
2.2.1
Kammeroratorium
Die häufigste Variante stellt die Gattungsbezeichnung „Kammeroratorium“ dar. Sie
kommt vierzehn Mal vor: z. B. Helmut Barbe 1648 , Augustinus Franz Kropfreiter
A LTDORFER -P ASSION , Wolfgang Nening E IN ANDERES H OHELIED , Horst Ebenhöh V ON DER H OFFNUNG ,
Heinz Kratochwil D IE E RSCHAFFUNG
DER
W ELT . Wenn man die fünf separat erschienen Teile
von Fritz Büchtgers W EIHNACHTSORATORIUM 137 einzeln zählt, werden sogar 18 Werke als
Kammeroratorium bezeichnet.
Diese Gattungsvariante weist in der Regel auf eine verkleinerte Besetzung hin. Statt
eines vollen Orchesters kommt stets nur ein Instrumentalensemble zum Einsatz. Dieses
kann sehr unterschiedlich aussehen: Es reicht von sieben solistisch besetzten Einzelinstrumenten bei Wolfgang Nening über 11 bzw. 12 Instrumente bei Augustinus Franz
Kropfreiter und Frederik Schwenk bis hin zu einem kleinen Orchester mit Streichern,
Oboen und Flöten bei Fritz Büchtger und der sicherlich lautstarken Besetzung mit Flöte,
Saxophon, Klarinette, Fagott, Streichern, Akkordeon, Pauken und Schlagwerk bei
Helmut Barbe.
Bei den Texten lassen sich jedoch keine nennenswerte Unterschiede zu den nicht als
Kammeroratorien bezeichneten Oratorien ausmachen.
2.2.2
Rock-, Pop-, NGL-Oratorium
Ebenfalls primär auf Unterschiede in der musikalischen Gestaltung verweisen Bezeichnungen wie Rock-, Pop- oder NGL-Oratorium. „Rockoratorium“ nennen sich D ANIEL und
E MMAUS von Thomas Gabriel und Eugen Eckert, G OLGATHA von Friedel Berlipp sowie C HRIST
UND
137
A NTICHRIST von Hans Posegga, Chrysostomus Giner und Walter Schneider. Zu den
Die Verkündigung, Maria und Elisabeth, Die Geburt, Drei Könige, Simeon
57
„Pop-Oratorien“ gehören T HOMAS
DER
Z WEIFLER von Peter Bubmann und Wolfgang Töllner,
U NTERWEGS von Helmut Hoeft und Wolfgang Fietkau sowie E WIGKEIT FÄLLT IN DIE Z EIT von
Helmut Jost und Johannes Nitsch. Die Bezeichnung „NGL-Oratorium“ findet sich bei
Gregor Linßens D IE S PUR
VON MORGEN .
Die Rock-, Pop- und NGL-Oratorien unterscheiden sich jedoch nicht nur durch die
verwendeten musikalischen Formen und die Besetzung (meist mit Band) von anderen
Oratorien. Auch die kulturellen, soziologischen und kommerziellen Rahmenbedingungen,
die in Abschnitt 1.2.3 ausgeführt wurden, kommen zum Tragen. Auf den Text wirkt sich
dabei vor allem die deutlichere missionarische Funktion aus, die auf ein kollektives
Glaubenserlebnis abzielt. Songs, die sich durch gereimte Strophen und eine leicht
verständliche, eingängige, zeitgemäße Sprache auszeichnen, laden zum Mit- und
Nachsingen ein. Oft gibt es einen Refrain, der nach jeder Strophe wiederholt wird.
Rezitative und Arien kommen nicht vor, sondern werden durch solistisch vorgetragene
Songs ersetzt, die sich mit gemeinsamen Liedern abwechseln. Bisweilen sind die Songs
in eine Bibelerzählung eingebettet oder werden durch biblische und andere Texte
verbunden, die von einem Sprecher vorgetragen werden.
2.2.3
Szenisches Oratorium und Oratorische Szenen
Die nach Kammeroratorium häufigsten Gattungsvarianten sind die Bezeichnungen
„Szenisches Oratorium“ (neun Werke) und „Oratorische Szenen“ (sieben Werke).
Die szenischen Oratorien, wie Heinz Wunderlichs M ARANATHA und Horst Ebenhöhs V IRATA ,
zeichnen sich erwartungsgemäß durch eine stark dramatisierte Handlung aus. Einige
enthalten auch Regieanweisungen für eine mögliche szenische Aufführung. Das Gleiche
trifft auf diejenigen Werke zu, deren Gattungsbezeichnungen auf die Oper oder das
Drama anspielen, wie z. B. Henning Frederichs „biblische Sensopera“ P ETRUS oder das
„Oratorisches Musikdrama“ G ILGAMESCH von Alfred Uhl und Andreas Liess, so dass diese
auch zum szenischen Oratorium gerechnet werden können.
Anders als bei diesen szenischen Oratorien ist bei den Oratorischen Szenen eine
szenische Inszenierung keineswegs vorgesehen und im Text nicht mit angelegt. Diese
Gattungsvariante – zu finden u. a. bei Günther Beckers M AGNUM M YSTERIUM , Wolfgang
Stockmeiers J EFTA
UND SEINE
T OCHTER sowie Georg Katzers und Christa Wolfs M EDEA IN
K ORINTH – betont vielmehr die Diskontinuität der meist nur noch fragmentarisch
vorhandenen Handlung. Bei Stockmeier ist die Handlung reduziert auf die wesentlichen
Schlüsselszenen; der Handlungszusammenhang erschließt sich dem Leser bzw. Hörer
jedoch problemlos, auch wenn er die zugrunde liegende alttestamentliche Geschichte
58
nicht kennt. Otfried Büsings L ICHT
DER
E NGEL und Günther Beckers M AGNUM M YSTERIUM
stellen dagegen Extremformen dar: Die Handlung bzw. das zugrunde liegende Ereignis –
Weihnachten bzw. Ostern – werden als bekannt vorausgesetzt und werden nur noch
indirekt referiert; sie dienen als Folie, vor der sich die Botschaft des Librettos entwickelt.
2.2.4
Individuelle Bezeichnungen
Neben den bereits genannten Gattungsbezeichnungen gibt es vereinzelt weitere Varianten, die nicht als Untergattung, sondern ausschließlich als Ausdruck eines individuellen
Werkkonzepts anzusehen sind. Zu nennen sind hier das „epische Oratorium“ D ER T OD
DES
A GAMEMNON von Robert Blum, das keineswegs Fragment gebliebene „fragmentarische
Oratorium“ D IES
UNUS
von Rudolf Kelterborn, das „Oratorium Rituale“ A UF
DEM
R AND DER
M AUER von Heinz Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld, und die ironisch-persiflierende
Gattungsbezeichnung „Oratorio vulgare e militare“ von Hans Werner Henze und Ernst
Schnabel für D AS F LOß
DER
M EDUSA .
Etliche Komponisten variieren die Gattungsbezeichnung durch Kombinationen mit
anderen musikalischen Gattungsbezeichnungen, wie „Sinfonisches Oratorium“ (Armin
Schibler: M EDIA
IN
V ITA ), „Oratorische Gesänge“ (Walter Gieseler: U NIO MYSTICA ) oder „Canto
sinfonico (Oratorium)“ (Hans Ulrich Engelmann: S TELE
FÜR
G EORG B ÜCHNER ). Solche hybriden
Gattungsbezeichnungen signalisieren, dass einerseits der Kontext der traditionellen
Gattung nicht vollständig verworfen wird, andererseits bestimmte Aspekte stärker als
üblich hervortreten oder neu hinzukommen, und so der Rahmen der Gattung Oratorium
erweitert oder gesprengt wird.
Nahezu ungebräuchlich ist die Gattungsbezeichnung „weltliches Oratorium“.
Zuverlässige Nachweise gibt es nur für Johannes Driesslers und Bettina Brix’ G AUDIA
M UNDANA , das als „weltlich-heiteres Oratorium“ untertitelt ist, Roland Löbners T ITANIC
sowie Hans Kraus-Hübners und Reinhard Knodts Z EITENWENDEN .
2.2.5
Fazit: Untergattungen des zeitgenössischen Oratoriums
Im kollektiven Sprachgebrauch der Komponisten finden sich folglich vier Bezeichnungen,
die als Untergattungen angesehen werden könnten: Kammeroratorium, Rock-/Pop-/
NGL-Oratorium, szenisches Oratorium und oratorische Szenen. Im Fall des Kammeroratoriums ist das einzige Unterscheidungsmerkmal ein musikalisches (Besetzung). Beim
NGL-/Rock-/Pop-Oratorium spielen musikalische und soziologische Kriterien eine Rolle,
59
die sich jedoch auch im Text niederschlagen. Das szenische Oratorium hat einen in
hohem Maße dramatischen Text, der – im
Unterschied zum ‚normalen‘ Oratorium –
Regieanweisungen etc. enthält. Hingegen
sind Oratorische Szenen keineswegs zur
Anzahl
%
114
69 %
14
8%
Oratorium ohne Zusatz
Kammeroratorium
NGL, Rock, Pop
6
4%
Aufführung bestimmt, sondern die Gat-
Szenisches Oratorium
8
5%
tungsvariante ist Ausdruck eines be-
Oratorische Szenen
7
4%
stimmten Form- und Gestaltungsideals.
Individuelle Bezeichnungen
13
8%
3
2%
Die meisten Komponisten verzichten jedoch auf eine weitere Spezifizierung und
weltliches Oratorium
Tabelle 4: Gattungsvarianten
geben sich mit der allgemeinen Gattungsbezeichnung „Oratorium“ zufrieden.
60
2.3
S UJETS
DES
O RATORIUMS
FRÜHER UND HEUTE
Traditionell stammt der überwiegende Teil der Stoffe für Oratorien aus der Bibel und den
Heiligenlegenden. Selbst als im 19. Jahrhundert die gottesdienstliche und konfessionelle
Prägung des Oratoriums immer mehr schwindet und sich das Oratorium vollständig als
Gattung des bürgerlichen Konzertwesens, als geistliches Gegenstück zur Sinfonie,
etabliert, bleibt die Vorherrschaft biblischer Stoffe erhalten.138 Jedoch ergeben sich in
dieser Zeit einige stoffliche Erweiterungen und Verschiebungen, die wiederum für die
Oratorienlibrettistik des 20. Jahrhunderts vielfach als wegbereitend anzusehen sind.
Die meisten Oratorien schöpfen im 19. Jahrhundert aus dem Stoffkreis der Bibel und
den Heiligenlegenden. Das Neue Testament spielt dabei eine größere Rolle als das Alte.
Eine erhebliche Anzahl neutestamentlicher Oratorien bezieht sich auf die wichtigen Feste
des Kirchenjahres: Weihnachten, Passionszeit, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten;139
auffällig ist jedoch die Abnahme von Oratorien zur Passion Jesu im 19. Jahrhundert
gegenüber früheren Jahrhunderten.
Als eigenständiger Typus entwickelt sich im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss von
Händels M ESSIAS und der gleichnamigen Dichtung Klopstocks das sogenannte „ChristusOratorium“140, das „die Person und das Wirken Christi unabhängig von einem kirchenzeitlichen Denken konzeptionell und dichterisch reflektiert“141. Oft verbinden ChristusOratorien die wichtigsten Lebensstationen Jesu und beziehen sich nicht mehr auf ein
einzelnes Kirchenfest. Die Wahl der Schwerpunkte und die Ausarbeitung ist jedoch im
Einzelfall sehr unterschiedlich.142
Die übrigen Stoffe aus dem Neuen Testament schöpfen aus einem kleinen Kreis von
Figuren: in erster Linie sind dies Johannes der Täufer, Judas, Maria, Paulus und
Petrus.143 Oratorien zur Apokalypse finden sich überwiegend aus den ersten Jahrzehnten
des 19. Jahrhunderts; einen erneuten Aufschwung erfährt dieses Sujet an der Schwelle
zum 20. Jahrhundert.144
138
vgl. Massenkeil 1999, S. 111
139
vgl. Smither 2000, S. 90, Massenkeil 1999, S. 123
140
vgl. Massenkeil 1999, S. 123f, Smither 2000, S. 94
141
Massenkeil 1999, S. 124
142
vgl. Massenkeil 1999, S. 124
143
vgl. die Aufstellung bei Smither 2000, S. 95f., sowie Massenkeil 1999, S. 124
144
vgl. Massenkeil 1999, S. 125; Smither 2000, S. 97
61
Größer ist im 19. Jahrhundert die Bandbreite der auf alttestamentlichen Stoffen
beruhenden Oratorien. Auffällig häufig steht die Figur des Moses im Mittelpunkt; auch
die Erzählungen von Saul und David, Abraham und Isaak sowie von Noah und der
Sintflut sind beliebte Stoffe.
Mit dem Schwinden der konfessionellen Prägung des Oratoriums verlieren im Laufe des
19. Jahrhunderts hagiographische Stoffe an Bedeutung. Dieser Rückgang wird jedoch
ausgeglichen durch die Entwicklung des so genannten „weltlichen“ Oratoriums145. Neben
Personen der Religionsgeschichte wie Martin Luther werden zunehmend historisch
wichtige Persönlichkeiten und nationale Helden in den Mittelpunkt gerückt.146 Diese
Entwicklung mündet im 20. Jahrhunderts vereinzelt in eine neue konfessionelle Akzentuierung, indem schließlich auch bedeutendere Persönlichkeiten aus der neueren Religionsgeschichte wie Dietrich Bonhoeffer zu Hauptpersonen eines Oratoriums gemacht
werden.147 Die Ausgestaltung des biographischen Stoffes und die musikalische und
textliche Behandlung der Hauptfigur unterscheiden sich bei diesen Oratorien nicht
prinzipiell von denjenigen, die Heilige in den Mittelpunkt rücken. Man kann also sagen,
dass das hagiographische Oratorium nicht schwindet, sondern eine stoffliche Verschiebung und Ausweitung erfährt von katholisch-christlichen Heiligen hin zu (in der Regel
ähnlich wie Heilige moralisch legitimierten) Vorbildern.
Bei Günter Massenkeil findet sich eine tabellarische Aufstellung der wichtigsten Oratoriensujets im18. und 19. Jahrhundert.148 Der direkte Vergleich mit dem 20. Jahrhundert
ist zwar nur bedingt möglich, weil Massenkeil keine klaren Kriterien für die Klassifizierung eines Werkes als Oratorium angibt.149 In erster Annäherung zeigt sich dennoch,
dass sich vom 19. zum 20. Jahrhundert nur geringfügige stoffliche Verschiebungen
ergeben; sie sind allemal weniger auffällig als vom 18. zum 19. Jahrhundert.
145
Zum Begriff des weltlichen Oratoriums und seiner Problematik siehe auch Abschnitt 2.3.4, S. 74ff.
146
z. B. Max Bruch Gutenberg, Achilleus, Odysseus, Arminius u. a.
147
vgl. Massenkeil 1999, S. 125f.; Smither 2000, S. 103ff.
148
Massenkeil 1999, S. 122
149
vgl. Kapitel 1, insbesondere S. 22
62
Dabei fällt vor allem die Zunahme religionsgeschichtlicher und hagiographischer Sujets
sowie die von Weihnachts-, Auferstehungs-, Himmelfahrts- und Pfingstoratorien im
20. Jahrhundert ins Auge. Die Zahl der Christusoratorien und derer zu anderen Stoffen
des Neuen Testaments bleibt weitgehend stabil. Einbußen finden sich bei den Passionsoratorien151, den alttestamentlichen Stoffen, bei den nicht näher einzuordnenden
religiösen Themen und bei den weltlichen Sujets. Der geringere Anteil weltlicher Oratorien ist allerdings sicherlich zumindest zum Teil auf die verschiedenen Auswahlkriterien
für die untersuchten Werke zurückzuführen.
Sujet-Anteil in %
1945-2000
19. Jh.
18. Jh.
Neues Testament
46,3 %
41,6 %
62,6 %
Christi Passion (ohne oratorische Passionen)
9,0 %
11,3 %
32,5 %
Christi Geburt
7,5 %
5,0 %
11,4 %
Christi Auferstehung, Himmelfahrt, Kommen des
Heiligen Geistes
8,2 %
4,5 %
8,9 %
Messianische u. a. Christusdarstellungen
7,5 %
7,4 %
1,6 %
Andere Sujets aus dem Neuen Testament, Endzeit
und Jüngstes Gericht
14,2 %
13,4 %
8,2 %
Altes Testament
19,4 %
23,2 %
20,4 %
Religionsgeschichte, Hagiographie
14,9 %
8,7 %
3,2 %
6,0 %
9,0 %
11,4 %
13,4 %
17,6 %
1,6 %
Andere religiöse Themen
Weltliche Sujets
150
Tabelle 5: Sujets des Oratoriums im Vergleich
Dieser Befund steht in deutlichem Widerspruch zu dem Smithers, der zwar auch
feststellt, dass wie im 19. Jahrhundert sich Stoffe aus dem Neuen Testament größerer
Beliebtheit erfreuen als aus dem Alten Testament und die Heiligenlegenden weiter
nachlassen, dann jedoch einschränkt:
Most oratorios of the twentieth century, however, have librettos on subjects of a
type rarely encountered earlier. These include non-religious political, patriotic, and
nationalistic themes, and subjects based on literary works, mythology or legend
(exclusive legends of saints), historical events, and texts expressing philosophical or
150
Die Zahlen für das 18. und 19. Jahrhundert sind der tabellarischen Aufstellung in Massenkeil 1999,
S. 125 entnommen. Für das 20. Jahrhundert wurden neben den 74 Oratorien, deren Libretti vorlagen, 46
weitere Werke berücksichtigt, für die Informationen über den Inhalt – z. B. aus Rezensionen oder
Verlagskatalogen – verfügbar waren.
151
Wenn man oratorische Passionen berücksichtigt, die die Bezeichnung „Passion“, nicht aber „Oratorium“
tragen, sieht das Bild natürlich ein wenig anders aus. Dazu zählen Stücke wie Wolfgang Rihms LukasPassion Deus Passus. Passions-Stücke für Soli, Chor und Orchester, Johannes Matthäus Michels
„Passionsszene“ Kreuzigung oder Volker David Kirchners „Passionsmusik“ Aus den 53 Tagen. Anders als in
den Publikationen Massenkeils wurden sie in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt. Dennoch ist der
direkte Vergleich mit Massenkeils Ergebnissen an dieser Stelle möglich, denn in seiner tabellarischen
Aufstellung nimmt er die oratorischen Passionen explizit aus.
63
religious ideas that are not exclusively Jewish or Christian but broadly
humanistic.152
Zu einer nicht ganz so extremen Einschätzung kommt Massenkeil. Er sieht nach dem
Zweiten Weltkrieg zunächst einen Rückgang, im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts
dann wieder einen Anstieg geistlicher Stoffe. Dies leuchtet ein, wenn man – wie
Massenkeil es explizit tut – nur die sehr wenigen Oratorien der „auch in anderen
Schaffensbereichen prominenten Komponisten berücksichtigt“153: Diese neigen tatsächlich dazu, sich stofflich-thematisch von der Tradition zu distanzieren und neue
Stoffe für das Oratorium nutzbar zu machen. Andererseits muss natürlich berücksichtigt
werden, dass zumindest Smither nicht nur den deutschsprachigen Raum im Blick hat
und insbesondere auch das Oratorium in sozialistischen Staaten in seine Untersuchungen einbezieht. Wenn man aber von den sozialistischen Oratorien der DDR absieht, die
in dieser Arbeit nicht berücksichtigt wurden, sind im deutschen Sprachraum nach 1945
rein weltliche Stoffe sogar eher seltener als im von starkem Nationalbewusstsein
geprägten 19. Jahrhundert.
2.3.1
Stoffe des Neuen Testaments
Nichts zeigt besser, wie sehr das Oratorium seiner Herkunft aus der geistlichen Musik
treu geblieben ist, als der überhaus hohe Anteil an Stoffen aus dem Neuen Testament: er
umfasst beinahe die Hälfte aller Oratorien.
PASSION
Das führende Einzelthema ist nach wie vor die Passionsgeschichte, wenn auch nicht
mehr so stark wie im 18. Jahrhundert: Insgesamt konnten für das 20. Jahrhundert zwölf
Oratorien nachgewiesen werden, die die Leidensgeschichte Jesu behandeln. Von acht
Werken lagen die Libretti vor. Der größte Teil von ihnen ist textlich überwiegend traditionell gestaltet. Waldemar Blochs P ASSIO D OMINI und Rupert Gottfried Friebergers M YSTERIUM
C RUCIS beispielsweise verbinden die synoptisch aus den Evangelien zusammengestellte
Passionserzählung mit Choralpassagen und Gedichten. Auch Henning Frederichs folgt in
seiner P ASSIONSERZÄHLUNG
DER
M ARIA M AGDALENA der traditionellen Abfolge von Rezitativ, Arie
und Choral, wobei er sich der Spiegelfigur Maria Magdalena für die Schilderung des
152
Smither 2000, S. 632f.
153
Massenkeil 1999, S. 287
64
Geschehens bedient. Eigenständigere Werkkonzeptionen lassen Matthias und Hartwig
Drudes S TATIONEN
DER
P ASSION J ESU und Anton Vögeles P ASSION erkennen.
Bemerkenswert ist die häufige Verknüpfung der Passionserzählung mit dem Holocaust.
Fünf Oratorien zur Passion begreifen die Leidensgeschichte Jesu als exemplarisch für
Leidensgeschichten ihres Jahrhunderts. Die Passion Jesu wird dazu bisweilen mit der
Leidensgeschichte einzelner Personen gleichgesetzt, die wiederum Stellvertreter der
Verfolgten und Unterdrückten des Nationalsozialismus sind. Margret Johannsen und
Felicitas Kukuck ziehen in E CCE
HOMO
eine Parallele zwischen der Passionsgeschichte und
der des polnischen Waisenhausarztes Janusz Korczak, der sich mit seinen jüdischen
Schützlingen nach Auschwitz deportieren ließ. Kurt Rapf montiert in P ASSIO A ETERNA die
Passionsgeschichte mit dem Leidensbericht des in Dachau inhaftierten luxemburgischen
Pfarrers Jean Bernard.
Andere stellen direkt den leidenden Juden Jesus in den Mittelpunkt und ziehen eine
Verbindung zum Leiden des jüdischen Volkes allgemein, wie Anton Vögele in seiner
P ASSION . Bei ihnen steht das Leiden und Sterben Jesu als Sinnbild dessen, was Menschen
anderen Menschen antun können.
WEIHNACHTEN
Das nach der Passionsgeschichte beliebteste Sujet ist die Weihnachtsgeschichte mit zehn
nachweisbaren Werken. Von der Hälfte lagen die Libretti vor.
Bei den Weihnachtsoratorien lässt sich eine Tendenz erkennen, die Beate Gritsch und
Heinrich Schmidinger auch für literarische Weihnachtserzählungen des 20. Jahrhunderts ausgemacht haben:
Die modernen Schriftsteller und Schriftstellerinnen empfinden die Notwendigkeit,
die Geschichten neu zu erzählen, damit sie unter dem Druck der Kommerzialisierung und Idyllisierung nicht in Vergessenheit geraten, wir können auch sagen:
damit das Kind nicht stirbt und damit der eigentliche Kern der biblischen
Geschichten wieder zu Realität wird.155
Giselher Klebe bewerkstelligt dies in seinem W EIHNACHTSORATORIUM , indem er nicht mehr
die Lukassche Weihnachtsgeschichte in den Mittelpunkt stellt, sondern eine Weihnachtserzählung von Heinrich Böll, D IE K UNDE
VON
B ETHLEHEM . Diese Erzählung wird
„spiralförmig ... umgeben mit den erregend aktuellen Prophezeiungen des Propheten
Jesaja und Gedichten unserer Zeitgenossen Rudolf Alexander Schröder, Peter Härtling
155
Beate Gritsch, Heinrich Schmidinger: „Geboren in Bethlehem“, in Schmidinger 1999 Bd. 1, S. 435f.
65
und Ernst Wiechert“156, die wiederum als „Interpretationen der Liebe“157 aufgefasst
werden.
Otfried Büsing entzaubert die Weihnachtsgeschichte auf seine Weise, indem er dem
Bibelbericht aus Lukas 2, 1-14 eine Schilderung menschlichen Elends folgen lässt, die
aus verschiedenen biblischen und volkstümlichen Quellen montiert ist. Dadurch tritt die
eigentliche Verheißung, die in Büsings Auffassung ja gerade den Armen und Erniedrigten
gilt,158 stärker hervor. Die Engelserscheinung wird vom Kitsch befreit, indem mit dem
eingeschobene Rilke-Zitat „Alle Engel sind schrecklich...“ auch ihre bedrohliche Seite
gezeigt wird.159
OSTERN
Bei den Osteroratorien konnten acht Werke nachgewiesen werden; auch hier lag von der
Hälfte das Libretto vor. Dabei fällt auf, dass nicht nur der traditionelle Titel „Osteroratorium“ selten geworden ist,160 sondern dass auch die dazugehörige Bibelgeschichte
nur noch ein einziges Mal erzählt wird (Marcel Rubin: A UFERSTEHUNG ). Bei zwei Osteroratorien, nämlich Günther Beckers M AGNUM M YSTERIUM und Oskar Gottlieb Blarrs W ENN
AUFERSTEHST
DU
– WENN ICH AUFERSTEH ’ , geht es weniger um den eigentlichen Bericht von der
Auferstehung Jesu als vielmehr um das damit verbundene christliche Heilsversprechen,
das in individueller Weise aufgearbeitet wird. Bei Rubin nimmt überdies die Entsendung
der Jünger161 einen fast gleichwertigen Stellenwert ein wie der Bericht von der Auferstehung, so dass auch hier eine thematische Erweiterung gegenüber dem Osteroratorium
früherer Jahrhunderte festzustellen ist.
HIMMELFAHRT UND PFINGSTEN
Gegenüber den Osteroratorien deutlich geringer vertreten sind Pfingst- und
Himmelfahrtsoratorien. Das einzige mir bekannte Himmelfahrtsoratorium stammt von
Fritz Büchtger (D IE H IMMELFAHRT C HRISTI ); das Libretto lag leider nicht vor. Pfingstoratorien
gibt es ebenfalls von Fritz Büchtger (P FINGSTEN ) sowie von Violeta Dinescu
(P FINGSTORATORIUM ). Der erste Teil von Ernst Kreneks „Pfingstoratorium“ S PIRITUS
156
157
158
Giselher Klebe: „Mein Weihnachtsoratorium“, im Booklet der CD-Veröffentlichung einer Aufnahme des
WDR vom 7.12.1989 (s. auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)
Klebe, a. a. O.
vgl. Otfried Büsing: „Das Licht der Engel – Zur Einführung”, im Programmheft zur Uraufführung, Freiburg
9.12.2000 (s. auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)
159
vgl. Büsing, a. a. O.
160
vgl. auch Abschnitt 2.1.2
161
vgl. z. B. Johannes 20, 19ff.
66
I NTELLIGENTIAE , S ANCTUS , der als einziger Teil des mehrteilig konzipierten Werks verwirklicht
wurde, behandelt nicht die Pfingstgeschichte, sondern den Turmbau zu Babel.162 Damit
folgt Krenek, wie auch Dinescu und viele andere Autoren des 20. Jahrhunderts, der
Auffassung, Babel und Pfingsten als einander sich komplementär ergänzende Ereignisse
anzusehen.163
CHRISTUS-ORATORIEN
Einige Oratorien, wie Wolfgang Stockmeiers J ESUS , schildern Stationen des Lebens Jesu,
die Schlüsselelemente des christlichen Glaubens enthalten. Solche Oratorien lassen sich
zurückführen auf die „messianischen Christusdarstellungen“164, in denen nicht das
Leben Jesu, sondern die christliche Heilslehre im Vordergrund steht. Sie gehen auf das
Vorbild von Händels M ESSIAS und des seit der Wende zum 19. Jahrhundert immer beliebteren kontemplativen Oratoriums zurück.
Zehn solcher Christus-Oratorien aus dem 20. Jahrhundert waren nachweisbar; von
sieben lagen die Libretti vor. Jedoch lässt sich auch hier eine inhaltliche Verschiebung
und Ausweitung feststellen. Mehr Oratorien als im 19. Jahrhundert lassen das Leben
Jesu vollständig in den Hintergrund treten und stellen die Kirchenfeste und die mit
ihnen verbundenen Aspekte des christlichen Glaubens in den Vordergrund, wie beispielsweise A UF
DEM
R AND DER M AUER von Heinz-Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld.
Immer häufiger wird auch eine einzelne Geschichte oder ein Gleichnis aus den Evangelien herausgegriffen, um die herum eine Deutung der christlichen Botschaft entwickelt
wird. Zu diesen Oratorien gehören z. B. die Oratorien zur Bergpredigt (Axel Ruoff:
B ERGPREDIGT , Joseph Haas: D IE S ELIGEN , Felicitas Kukuck: D AS KOMMENDE R EICH ) oder zu
einzelnen Gleichnissen (H.G. Bertram: D ER
REICHE
M ANN UND DER ARME L AZARUS ).
Andere stellen den messianischen Gedanken und die christliche Heilsbotschaft in einen
größeren Bezugsrahmen, der auch die Überlieferungen des Alten Testaments umfasst. So
beginnt E WIGKEIT
FÄLLT IN DIE
Z EIT von Helmut Jost, Johannes Nitsch u. a., das im Untertitel
als „Pop-Oratorium zur Christusgeschichte“ bezeichnet ist, mit der Schöpfung, berichtet
von Abraham, vom Auszug aus Ägypten und der babylonischen Gefangenschaft, bis „in
der Mitte der Zeit“165 Jesus erscheint. Der Schilderung von Jesu Geburt, Passion und
162
163
vgl. Leopold/Scheideler 2000, S. 397
Zur Verknüpfung von Babel und Pfingsten vgl. auch Georg Langenhorst: „Babel und Sodom allüberall“, in
Schmidinger 1999 Bd. 1, S. 265-292, insbesondere Punkt 6 „Verbindung von babylonischer
Sprachverwirrung und Pfingstsehnsucht“ (S. 285ff.). Im Pfingstgottesdienst der katholischen Kirche ist der
Bericht vom Turmbau zu Babel übrigens ein gängiger Text für die Lesung aus dem Alten Testament.
164
Massenkeil 1999, S. 122, vgl. auch oben, S. 66f.
165
So lautet eine Zwischenüberschrift, vgl. Jost/Nitsch, Ewigkeit fällt in die Zeit
67
Pfingstwunder folgt abschließend eine Reflexion über das Verhältnis von Mensch und
Gott in der heutigen Welt.
ANDERE PERSONEN UND STOFFE DES NEUEN TESTAMENTS
Es ist nicht verwunderlich, dass der weitaus größte Teil der auf neutestamentlichen
Stoffen beruhenden Oratorien sich um Leben und Lehren Jesu dreht. Doch spielen in
etlichen Oratorien auch andere Figuren des Neuen Testaments eine zentrale Rolle.
Henning Frederichs’ P ETRUS , das zunächst vom Komponisten als „Biblische Sensopera“
bezeichnet, später dann in einer Textbuchausgabe als Oratorium veröffentlicht wurde,166
befindet sich in einer Zwischenstellung zwischen einem Christus- und einem Aposteloratorium. Zwar stehen der Lebensweg des Petrus, seine Gedanken und Reflexionen im
Mittelpunkt; die Schilderung des Wirkens Jesu nimmt aber einen fast ebenso großen
Raum und Stellenwert ein.
Oratorien zu einzelnen Aposteln oder zu anderen Themen aus der Apostelgeschichte sind
vor allem bei den Autoren von NGL- und Pop-Oratorien sehr beliebt: Von den insgesamt
14 Oratorien, die diesem Themenkreis zuzuordnen sind, stammen sechs aus dem
Sacropop- und NGL-Umfeld. Führend ist die Geschichte von der Bekehrung des Paulus
und Rückgriffe auf die Briefe des Apostels (fünf Oratorien). Aber auch die Geschichte von
Thomas dem Zweifler wird gerne verwendet, um die Nachfolge Jesu zu thematisieren.
Die Offenbarung des Johannes spielt – anders als in der autonomen Literatur des
20. Jahrhunderts167 – kaum eine Rolle. Smither nennt zwei Oratorien von Fritz Büchtger,
die vermutlich auf der Apokalypse beruhen (D ER
WEIßE
R EITER und D AS GLÄSERNE M EER ). Da
jedoch keine Ausgaben ausfindig gemacht werden konnten, war auch die Gattungszuordnung nicht nachprüfbar. Insofern konnten diese beiden Werke im Rahmen der
vorliegenden Arbeit nicht weiter berücksichtigt werden. Über zwei weitere Oratorien, die
sich im Untertitel auf die Offenbarung des Johannes beziehen, Daniel Glaus’ H ÜLLEN
A BGRUNDS . O RATORIUM ÜBER DIE O FFENBARUNG DES J OHANNES und Rainer Kunads D AS NEUE
J ERUSALEM , können ebenfalls keine weiteren Aussagen getroffen werden, da weder die
Libretti noch andere weiterführende Informationen aufzufinden waren.
166
vgl. die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2
167
vgl. dazu Karl-Josef Kuschel: „Apokalypse“, in Schmidinger 1999 Bd. 1, S. 543-568
DES
68
2.3.2
Stoffe des Alten Testaments
Gegenüber den neutestamentlichen Stoffen sind Sujets aus dem Alten Testament
deutlich seltener vertreten. Am häufigsten kommt dabei noch die Schöpfungsgeschichte
(sechs Oratorien) sowie der Turmbau zu Babel und das Buch Hiob (jeweils fünf Oratorien) vor; andere Stoffe, wie die Sintflut oder das Buch Jona, werden nur vereinzelt
verwendet.
SCHÖPFUNG
Die deutliche Vorherrschaft der Schöpfungsgeschichte (wie auch der Hiob-Erzählung) ist
sicherlich darauf zurückzuführen, dass sie besonders geeignet ist, den Zustand des
heutigen Menschen in der Welt und sein Verhältnis zu Gott zu reflektieren. Dementsprechend halten sich nur zwei Oratorien zu Schöpfung und Südenfall wörtlich an den
Bibeltext, nämlich Rudolf Kelterborns D IES
UNUS
und Harald Heilmanns D ER S ÜNDENFALL . Die
anderen hingegen nähern sich der Schöpfungsgeschichte aus der Perspektive eines von
naturwissenschaftlich-technischem Fortschritt und von ökologischen Katastrophen
gebeutelten Zeitalters, untersuchen ihre symbolische Aussagekraft und fragen, was
heute aus dieser Schöpfung geworden ist und wie der Mensch seiner Verantwortung für
diese Schöpfung wieder gerecht werden kann.168
Das „Schöpfungs-Oratorium“ D IE E RSCHAFFUNG
DER
W ELT von Heinz Kratochwil und Sigrid
Schweiger fasst die Schöpfungsgeschichte dementsprechend nicht als „lächerliches
Ammenmärchen, längst von der Wissenschaft überholt“ auf, sondern als „genial-intuitive
Schau des Milliarden von Jahren beanspruchenden Schöpfungsvorgangs, zusammengedrängt auf wenige Tage – nach göttlicher Zeitrechnung – und gesehen aus dem Blickwinkel des irdischen Menschen“.169 So wird der Schilderung jedes Schöpfungstages eine
kurze Deutung aus heutiger Sicht mitgegeben.
Fredrik Schwenk hingegen erzählt in seinem – nur teilweise auf deutsch, zu weiten Teilen
in lateinischer Sprache abgefassten – D IES
SEPTIMUS
ausgehend vom siebten Tag des
Schöpfungsberichts eine Parabel, wie der Mensch die Schöpfung fortzusetzen versucht
und dabei scheitert.
S CHÖPFUNG von Krysztof Meyer und Gerhard Engelsberger nimmt ebenfalls nur für die
ersten beiden Abschnitte die biblische Schöpfungsgeschichte zur Grundlage. Davon
ausgehend beschäftigt es sich mit dem Schöpfungsgedanken in den verschiedenen
168
169
vgl. auch Abschnitt 2.4.3, S. 81ff.
Heinz Kratochwil: „Persönliche Gedanken zum Schöpfungs-Oratorium“, in Kratochwil/Schweiger, Die
Erschaffung der Welt (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)
69
Weltreligionen und dem Verhältnis zwischen Mensch und Schöpfung heute vor dem
Hintergrund dieser Religionen.
HIOB
Im Vergleich zu den sehr unterschiedlichen Schöpfungsoratorien sind die Oratorien zum
Buch Hiob einander ähnlicher. Eine augenfällige Gemeinsamkeit ist, dass alle schlicht
H IOB betitelt sind. Zwar verwenden Hermann Haller und Wolfram Wagner in ihren Orato-
rien ausschließlich Bibelzitate, wohingegen Henning Frederichs teilweise und Eugen
Eckert (Komponist: Jürgen Blume) nahezu vollständig paraphrasieren. Doch folgen sie
alle der biblischen Erzählung so weit, dass Hiobs Klage als auch die Reden seiner
Freunde zur Rechtfertigung Gottes im Mittelpunkt stehen. Der Kern des Disputs ist die
Frage, warum das Leid trotz Gottes Allmacht in der Welt ist, bzw. welchen Sinn es hat,
wenn es denn gottgewollt ist. Im 20. Jahrhundert erhält diese Frage neue Brisanz, und
darin liegt der Grund für die Beliebtheit des Hiob-Stoffs.170
BABEL
Drei Oratorien mit dem Titel D ER T URMBAU
ZU
B ABEL konnten nachgewiesen werden: von
Ernst H. Flammer, von Heinrich Gattermeyer und von Alfred Koerppen. Die Libretti
waren leider von keinem der drei aufzufinden. Der Turmbau zu Babel bildet auch die
Vorlage für Ernst Kreneks S PIRITUS I NTELLIGENTIAE , S ANCTUS und für Johannes Driesslers D E
P ROFUNDIS . Letzteres schildert die Abwendung eines Volkes von Gott hin zu sündigem und
überheblichem Lebenswandel und die sich nach der Katastrophe einstellende Reue und
Bekehrung.
SONSTIGE
Andere Stoffe des Alten Testaments kommen nur vereinzelt vor. Die Geschichte von der
Sendung und Flucht Jonas ist Grundlage für Wolfgang Stockmeiers J ONA und René
Clemencics R EISE
NACH
N INIVEH . Stoffe aus den Prophetenbüchern verwenden auch Thomas
Gabriel und Eugen Eckert in D ANIEL sowie Friedhelm Aufenanger und Peter Langen in
E LIAS , HOMO PSYCHOTICUS . Die Geschichte von Noah und der Sintflut schildern Rudolf
Kelterborn in D IE F LUT sowie János Tamás und Claudia Storz in N OAHS T OCHTER . Schließlich
sind bei den Stoffen des Alten Testaments noch zu nennen Wolfgang Stockmeiers J EFTA
UND SEINE
T OCHTER , das die gleichnamige Erzählung von Lion Feuchtwanger vertont, sowie
Teile der H ISTORIEN des selben Komponisten.
170
vgl. dazu auch Abschnitt 2.4.1, S. 77ff.
70
Eine interessante Verbindung eines alttestamentlichen Stoffes mit aktuellen Zeitbezügen
schaffen Matthias Drude und Dietrich Mendt in ihrem auf dem Buch Esra beruhenden
Oratorium V ON
DEN
M ÜHEN DER H EIMKEHR , das am Beispiel des aus der babylonischen
Gefangenschaft zurückkehrenden Volkes Israel gesellschaftliche und kulturelle Probleme
thematisiert, die sich auch angesichts der deutschen Wiedervereinigung stellten.
2.3.3
Nicht-biblische Stoffe
HEILIGENLEGENDEN
Es erstaunt zunächst, dass ausgerechnet im säkularisierten 20. Jahrhundert der Anteil
der Oratorien, die auf Heiligen- und andere christliche Legenden zurückgreifen, gegenüber früheren Jahrhunderten deutlich gestiegen ist. Dabei spielt sicherlich eine Rolle,
wie eng der Begriff der Legende gefasst ist, auf dem die Zuordnung der Oratorien beruht.
Doch selbst wenn man nur die im engeren Sinne hagiographischen Oratorien
berücksichtigt, also diejenigen, die tatsächlich auf einer Heiligenlegende beruhen, kommt
man auf mindestens sechs Werke, die zwischen 1945 und 2000 entstanden.
Die im engeren Sinne hagiographischen Oratorien entstehen häufig als Kompositionsauftrag anlässlich eines Jubiläums oder eines besonderen Kirchenfestes. Zu diesen
gehört von Jutta Bitsch K UGEL
IM
L ICHT (Text: Silja Walter) ebenso wie das nicht mehr in
den Untersuchungszeitraum fallende S R . M ARIA E UTHYMIA der selben Komponistin (Text:
Gisbert Wellerdiek). Ersteres entstand auf einen Kompositionsauftrag des rheinlandpfälzischen Kulturministeriums hin und beleuchtet verschiedene Stationen aus dem
Leben des Heiligen Benedikt.171 Das zweite wurde im Jahr 2002 anlässlich der Seligsprechung der Ordensschwester Euthymia in Münster uraufgeführt.172
Hagiographisch ist auch das Oratorium D ER S CHREIN
DER
M ÄRTYRER von Bertold Hummel und
Paul-Werner Scheele, das das Leben und Wirken des Heiligen Kilian beschreibt. Auch
V ERENA DIE Q UELLE von Carl Rütti und Silja Walter, J OVIAN DER S EHER von Rainer Kunad,
M ARTIN VON T OURS – T EILEN STATT TÖTEN von Wolfram Graf und Dieter Hülle sowie D AS
S CHWEIGEN DES J OHANN VON N EPOMUK von Heinz Martin Lonquich und Cordelia Spaemann
erzählen das Leben und Wirken von Heiligen nach.
Auf einer nicht personenbezogenen christlichen Legende, nämlich der Legende vom
Kreuzesstamm, basiert D ER B AUM
DES
H EILS von Thomas Daniel Schlee und Reinhard
171
vgl. Krombach 2002
172
vgl. dazu http://www.bistum-muenster.de
71
Deutsch. Ebenfalls zu den auf einer christlichen Legende basierenden Oratorien zähle
ich Gerhard Schedls D ER G ROßINQUISITOR . Die Vorlage stammt aus Fёdor Dostoevskijs
Roman D IE B RÜDER K ARAMAZOV . Einer der drei Brüder, Ivan Karamazov, erzählt dort die
(fiktive) Legende vom Großinquisitor, in der Christus das Spanien der Inquisition aufsucht.173 Die Gegenüberstellung des hasserfüllten, verbohrten Großinquisitors mit einem
sanftmütigen, liebenden Christus ist also eigentlich keine echte Legende, sondern ein
Stück Weltliteratur des 19. Jahrhunderts. Sie hat jedoch unabhängig vom Roman weite
Bekanntheit erlangt und wird, aus dem Kontext gerissen, häufig als die Legende
rezipiert, die sie im Roman zu sein nur vorgibt.
Zu den genannten zehn Oratorien kommen zehn weitere, deren Hauptpersonen keine
Heiligen sind, sondern als vorbildlich angesehene historische und zeitgenössische
Persönlichkeiten. Damit wird die im 19. Jahrhundert beginnende Ausweitung des
hagiographischen Oratoriums fortgesetzt.174 Während im 19. Jahrhundert zahlreiche
weltliche „Helden“ in Oratorien verewigt wurden,175 handelt es sich im 20. Jahrhundert
in der Regel um Personen mit heiligenähnlichen oder märtyrerhaften Zügen, wie den
Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer (Tom Johnson: B ONHOEFFER
O RATORIUM ) oder den Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky (Gustavo Becerra-
Schmidt: C ARL - VON -O SSIETZKY -O RATORIUM ). Allein die Tatsache, dass sie nicht von der
katholischen Kirche heilig gesprochen sind (bzw. als Nicht-Katholiken gar nicht sein
können), schmälert nicht die Vorbildfunktion, die diese Personen haben.176 Selbst
Francois Villon bekommt in dem gleichnamigen Oratorium von Anton Heiller und Franz
Krieg verklärende Züge, indem er als der Prototyp eines Menschen, der „auf dunklen
Wegen ... das Licht“177 sucht, gezeichnet wird. In diesem Sinne geht das ursprünglich
hagiographische Oratorium im 20. Jahrhundert auf die Suche nach zeitgemäßen
Heiligen, wo die Vorbilder der katholischen Kirche nicht mehr genügen.
ANTIKE MYTHEN
Stoffe aus der antiken Mythologie verarbeiten D ER T OD
und D AS F EUER
DES
DES
A GAMEMNON von Robert Blum
P ROMETHEUS von Alfred Koerppen. Ebenso wie diese beiden stammt auch
Alfred Uhls G ILGAMESCH , das eine Übersetzung des sumerischen Epos von Franzis Jordan
173
vgl. Dostoevskij 1999, S. 401ff
174
vgl. Massenkeil 1999, S. 126
175
vgl. oben, S. 62f.
176
177
vgl. hierzu auch Tom Johnson : „Man kann Bonhoeffer als eine Art moderner Prophet sehen und auch als
eine Art Märtyrer…“, in Johnson, Bonhoeffer Oratorium, Programmheft der Uraufführung (siehe auch die
Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)
Heiller/Krieg: François Villon, I. Chor
72
verwendet, aus den 1950/60er Jahren. Danach gab es jahrzehntelang kein neues
Oratorium zu antiken Mythen, bis zu Georg Katzers M EDEA
IN
K ORINTH , dessen Libretto von
Christa und Gerhard Wolf in den Jahren 2000 und 2001 entstand. Im Jahr 2001 wurde
auch Stefan Heuckes D IE O RDNUNG
DER
E RDE uraufgeführt, das wie Alfred Uhls Oratorium
auf dem Gilgamesch-Epos beruht.
Ebenso wie den Oratorienlibretti zu Bibelstoffen häufig eine moderne literarische
Bearbeitung statt des originalen Bibeltextes zugrunde liegt, werden auch Legenden und
Mythen aus anderen Kulturkreisen meistens in einer modernen Form oder
Neuübersetzung rezipiert. So vertont beispielsweise Horst Ebenhöh in V IRATA , das Ende
der 1950er Jahre entstand, eine Erzählung von Stefan Zweig, die auf einer alten
indischen Legende beruht.
LITERARISCHE VORLAGEN
L EBEND ' GES L AND von Shih und Charles Chiu rezipiert einen literarischen Text auf seine
eigene Weise: Einzelne Zeilen aus Gedichten von Annette von Droste-Hülshoff werden
aus dem Zusammenhang gerissen und neu zusammengestellt. Zwar findet keine Handlung statt, ein literarisch vorgeformter Stoff ist also nicht gegeben, doch sind Thema und
Zusammenstellung durch das verwendete Gedicht vorgegeben: Depression, Todessehnsucht und die Hoffnung auf Erlösung.
Auch César Bresgens D E
TEMPORE
und Karl Schiskes V OM T ODE wählen einen literarischen
Text zum Zentrum ihres Werkes, nämlich Bresgen einen Text von Michelangelo („Alles
Entstandene muss vergehn/in der Zeit Flucht“178) und Schiske einen Rilke-Vers („O Herr,
gib jedem seinen eignen Tod“179). Doch kann man dabei kaum von einem „Stoff“
sprechen; die kurzen Textausschnitte dienen nur als Ausgangspunkt für ausgedehnte
Meditationen und Reflexionen zur Vergänglichkeit des Menschen. Bresgen stellt dazu
verschiedene Ausschnitte aus der Bibel und Zitate überwiegend christlicher Dichter, vor
allem von Augustinus, zusammen. Schiske verwendet keine Bibelzitate, sondern greift
auf Gedichte überwiegend aus dem 19. und 20. Jahrhundert zurück.
Ein ähnliches Verfahren wenden Joseph Haas und Ludwig Andersen in D AS J AHR
IM
L IED
an. Volkslieder aus verschiedenen Jahrhunderten, die den Jahresablauf beschreiben,
machen den größten Teil des Textes aus; ein Sprecher leitet mit kurzen Texten durch den
Zyklus.
178
179
Diese Textquelle ist vom Komponisten im Textbuch vermerkt. Genaue Quellenangaben konnten nicht
ermittelt werden.
vgl. Rilke 2000, S. 100
73
Ähnlich verfährt Helmut Barbe in 1648 . Er stellt Worten von Andreas Gryphius zusammen, um die Schrecknisse Krieges zu veranschaulichen. Dessen Gedichte werden dabei
teilweise als Arien vertont, teilweise Rezitative und dabei wie Prosa behandelt.
Hier zeigt sich, dass literarische Texte für Oratorienkomponisten seltener eine Quelle für
Stoffe als vielmehr ein umfangreicher Zitatfundus sind. Auch bei der Bearbeitung von
Bibelstoffen werden gerne durch die Ergänzung und Kontrastierung mit anderen
literarischen Zeugnissen einzelne Handlungsstränge oder Deutungen stärker hervorgehoben. Dass dies geradezu typisch für das Oratorienlibretto ist, wird weiter unten180
genauer ausgeführt werden.
SONSTIGE
Als weitere Quelle für Stoffe dient die Geschichte. Hier ist D AS F LOß
DER
M EDUSA von Hans
Werner Henze und Ernst Schnabel zu nennen, das durch die seine Uraufführung begleitenden (und verhindernden) Skandale berühmt wurde. Es greift einen Vorfall von 1816
auf, als der Schiffbruch der Fregatte „Medusa“ und das Schicksal der Schiffbrüchigen die
Welt bewegten.
Neben den bisher genannten Oratorien, die einen mehr oder weniger bekannten, schon
zuvor fest umrissenen Stoff zur Textgrundlage nehmen, gibt es solche, die in relativ
freier, individueller Form Aspekte des Verhältnisses zwischen Mensch, Gott und Welt
thematisieren.
In A LLEZEIT von Ernst Vogel und Herbert Vogg geht es um die Vergänglichkeit, die „Eitelkeit“ aller irdischen Macht und Statussymbole. Die Eitelkeit der Welt ist auch Ausgangspunkt in G AUDIA
MUNDANA
von Johannes Driessler und Bettina Brix, in dem sich der Prota-
gonist (ein sangesfreudiger Tenor) auf der Suche nach dem Sinn des Lebens erst in ein
Trinkgelage, dann in Liebschaften stürzt, um schließlich bei „Frau Musica“ fündig zu
werden.
Die Entfremdung des Menschen von Gott und die Suche nach ihm thematisieren zwei
Libretti von Herbert Vogg: N ON
SUM QUALIS ERAM
(vertont von Helmut Eder) und S TATIONEN
(vertont von Augustin Kubizek). So wie Karl Schiske und César Bresgen ihre Oratorien
um eine literarische Textzeile herum entwerfen, so entspinnt sich N ON
SUM QUALIS ERAM
aus
dem Nachdenken über die im Alten Testament aufgeworfene Frage von Gott: „Woher
kommst du, und wohin gehst du?“181. S TATIONEN dagegen stellt in freien Assoziationen das
180
Abschnitt 2.5.3, S. 98ff.
181
1. Mose 16, 8
74
moderne Leben und den Zustand der Welt dem Willen Gottes gegenüber. In beiden
Oratorien werden keine vorgegebenen Stoffe verarbeitet, sondern Grundfragen des
menschlichen Daseins in individueller Form reflektiert.
Andere Oratorien, denen kein bestimmter Stoff zugrunde liegt, führen eine Art Zwiegespräch zwischen Mensch und Gott vor. Das Libretto zu Thomas Christian Davids L IED
DES
M ENSCHEN beispielsweise ist eine Zusammenstellung von Bibeltexten – überwiegend
Psalmen –, in denen Gott angerufen oder gelobt wird. Der Lobpreis Gottes steht dabei im
Vordergrund.
2.3.4
Das „weltliche“ Oratorium: Zur Problematik eines Begriffs
Die wenigen Oratorien, denen weder ein biblischer Stoff noch ein christlicher
Grundgedanke zugrunde liegt, entsprechen denjenigen, die Massenkeil und Smither im
Einklang mit der Musikgeschichtsschreibung als „weltlich“ bezeichnen. Neben volkstümlich anmutenden Werken wie Johannes Driesslers G AUDIA
MUNDANA
und Joseph Haas’
D AS J AHR IM L IED wären dazu vor allem Werke zu zählen, die einen Vorfall aus der
klassischen Mythologie oder aus der Geschichte bzw. Zeitgeschichte aufgreifen.
Dass im Oratorium nicht nur biblische, sondern auch historische Ereignisse zum Ausgangspunkt einer weltanschaulich-moralischen Botschaft genommen werden, setzt eine
Entwicklung aus dem 19. Jahrhundert fort, die gemeinhin als die Entstehung und
Ausprägung des so genannten „weltlichen“ Oratoriums angesehen wird. Als weltlich
werden dabei alle Oratorien bezeichnet, die nicht biblisch oder hagiographisch sind.
Doch unabhängig davon, welchen Stoff die Oratorienlibretti als Vorlage wählen, ist ihnen
eines gemeinsam, das das Attribut „weltlich“ fragwürdig erscheinen lässt: Sie werfen
existenzielle Fragen nach dem Sinn des Daseins auf, nach dem – oft als problematisch
empfundenen – Verhältnis zwischen Gott, Mensch und (moderner) Welt, und versuchen
eine Antwort zu geben. Charakteristisch für alle Oratorien ist, dass diese Antwort zu
einer Botschaft wird, sie verkünden, wie Smither es ausdrückt, „a message of universal
significance“182.
Dazu kommt, dass auch bei Oratorien, die auf weltlichen Stoffen beruhen, Bezüge zur
Bibel oder zu sonstigem christlichen Gedankengut keineswegs fehlen. Dies reicht von
einem erhabenen Sprachstil, der an den Duktus der Bibel erinnert, über Bibelzitate bis
hin zu parodistischen Elementen. Als Beispiel sei Giselher Klebes zeitgeschichtliches
182
Smither 2000, S. 639
75
Oratorium W ARUM
HAT DIE
S ONNE EINEN A SCHENRAND genannt, das durch die Arbeit von
Amnesty International angeregt wurde. Den Hauptteil des Textes machen Gedichte von
Peter Härtling aus, die sich mit Diktatur und Folter beschäftigen; daneben verwendet der
Text Zitate aus den Sprüchen Salomos und den Psalmen. Dass dieses Vorgehen keineswegs singulär ist, wird in Abschnitt 2.5.3 ausführlich dargelegt.
Insofern erweist sich die Einteilung in „geistliche“ und „weltliche“ Oratorien als künstlich
und überflüssig. Zudem ist auffällig, dass sie sich in der Forschungsliteratur vor allem
bei denjenigen Autoren findet, die großformatige Werke für Chor, Soli und Orchester
gleich welchen Inhalts und Titels als Oratorien ansehen. Wenn Günther Massenkeil zu
dem Schluss kommt:
Das grundsätzlich Neue in der deutschen Oratoriengeschichte des 19. Jahrhunderts ist die Einbeziehung weltlicher Sujets, wie sie sich seit 1840 stark
durchzusetzen beginnt. Wenn hier wie meist in den einschlägigen Darstellungen
kurzerhand von dem weltlichen Oratorium die Rede ist, muss man allerdings in
Rechnung stellen, dass wir damit ein Gebiet betreten, das im Gesamt der
Vokalgattungen seitdem nicht immer eindeutig lokalisiert werden kann.183
so ist dies eine unmittelbare Folge dessen, dass er auf eine klare Eingrenzung des
Gattungsbegriffs verzichtet. Eine Begründung für die These, dass das weltliche
Oratorium eine eigene Entwicklung in der Geschichte des Oratoriums darstellt, liefert er
jedenfalls nicht.184
Die in dieser Arbeit untersuchten Werke legen eine Kategorisierung in „geistliche“ und
„weltliche“ Oratorien jedenfalls nicht nahe. Vielmehr haben nahezu alle einen beträchtlichen religiösen oder mythologischen Gehalt, der für das Gesamtkunstwerk ebenso eine
Rolle spielt wie der Bezug auf „weltliche“ Themen und Ereignisse. Exemplarisch wurde
dies bereits bei den hagiographischen Oratorien deutlich.185 In den nächsten Kapiteln
werden wir sehen, dass nicht die Auswahl des Stoffes, wohl aber der Umgang mit ihm ein
brauchbares Differenzierungsmerkmal darstellt.186
183
Massenkeil 1999, S. 126
184
vgl. dazu auch S. 22f. und Abschnitt 1.1.1, S. 13ff.
185
siehe oben, Abschnitt 2.3.3, insbesondere S. 70ff.
186
mehr dazu vgl. insbesondere Abschnitt 2.5.1, S. 93f.
76
2.4
D IE F RAGE
S INNSUCHE
W ARUM ODER :
THEMATISCHE K ONSTANTE
NACH DEM
ALS
Zweifel an Gott und neue Hoffnung im Glauben, Fragen nach gerechter und gottesfürchtiger Lebensführung, nach Sünde und Vergebung gehören zum traditionellen Themenrepertoire des Oratoriums. Das im 20. Jahrhundert zentrale Thema des Oratoriums ist
jedoch eine Frage, die durch Holocaust und Zweiten Weltkrieg eine besondere
Zuspitzung erfuhr: welchen Sinn das Leid in der Welt hat und warum Gott es zulässt.
Welche Antworten das Oratorium darauf gibt, variiert stark, abhängig von der weltanschaulichen Haltung der Autoren und Komponisten, aber auch von Kompositionsanlass und Aufführungsbedingungen. So weisen Oratorien, denen ein kirchlicher
Kompositionsauftrag zugrunde liegt – Jubiläen, Gedenktage oder auch Kirchentage –
einen in der Regel stärker verkündenden, ja missionarischen Charakter auf als solche,
die überwiegend aus einem inneren Impuls heraus entstehen und die persönliche
Auseinandersetzung der Autoren mit religiösen und anderen existenziellen Fragen
spiegeln.
Manche Autoren, für die der Aspekt der Verkündigung im Vordergrund steht –
stellvertretend sei hier Johannes Driessler genannt –, haben die Antwort schnell zur
Hand: Sie liegt in der Hinwendung zu Gott und zum christlichen Glauben. Solche
Oratorien sind in der Regel einfach aufgebaut, wenig vielschichtig und wirken stark
belehrend.
Andere versuchen, die alten Glaubensbotschaften neu zu lesen, von allen Seiten auszuleuchten und darin Antworten zu finden, die auch dem heutigen Menschen weiterhelfen.
Inwieweit diese Antworten dann als Wahrheiten verkündet werden oder nur als vage
Verheißungen im Raum stehen bleiben, ist Sache der jeweiligen Werkkonzeption.
Der Intention des Werkes entspricht in der Regel die Qualität des Librettos: die Texte von
missionarisch ambitionierten Oratorien bewegen sich meist auf dem Niveau erbaulichbelehrender Gebrauchsliteratur und benutzen literarische und biblische Traditionen vor
allem als „Steinbruch“. Literarisch ergiebigere Ansätze finden sich eher dort, wo die
Auseinandersetzung mit eben diesen Traditionen, nicht die reine Affirmation den Kern
des Werkes bildet.
77
2.4.1
„Schweig nicht, wenn ich nach dir frage“: Theodizee
Das zentrale Thema des Oratoriums im 20. Jahrhundert ist die Suche nach Zeichen
Gottes in der modernen Welt, in einer Welt, die zwei Weltkriege erlebt hat, die mit der
Schuld des Holocausts leben muss, mit zahlreichen Konflikten, Diktaturen und
Ungerechtigkeiten konfrontiert ist und unzählige unschuldige Opfer von Kriegen, Folter
und Armut kennt. Eugen Eckerts H IOB formuliert die Frage, die das 20. Jahrhundert
bewegt, folgendermaßen:
Angesichts des Leids auf Erden
frag ich mich: Was soll noch werden?
Und: Warum lässt du das zu?187
Herbert Vogg wiederum fragt schlicht: „Dies alles: Um Gottes Willen?“188
Die meisten Oratorien, die das Theodizee-Thema behandeln, wählen dafür die biblische
Geschichte von Hiob. Hier ist es zunächst das individuelle menschliche Leid, das den
Glaubenszweifel auslöst, doch steht es stellvertretend für das Leid in der Welt. In den
meisten Fällen wird der Zusammenhang zwischen den Klagen Hiobs und dem Gefühl der
Gottesferne in der modernen Welt explizit hergestellt. Bei Jürgen Blume und Eugen
Eckert189 benennt der Eingangschor die Varianten unschuldigen Leidens, von verfolgten
Gerechten bis zu hungernden Kindern, und fordert eine Antwort: „Schweig nicht, wenn
ich nach dir frage/und nach Glauben heutzutage“190. So ist gleich zu Beginn der Kontext
zum Heute hergestellt, in dem die biblische Geschichte neu erzählt wird. Die Aktualisierung schlägt sich jedoch vor allem in der Wortwahl nieder und wirkt bisweilen etwas
bemüht; die schlichten Verse, in denen der Großteil des Textes abgefasst ist, lassen
jegliches Konfliktpotenzial unter einer Decke religiöser Betulichkeit verschwinden.
Wolfram Wagner geht in seinem Hiob-Oratorium umgekehrt vor. In den ersten beiden
Teilen, „Hiobs Klage“ und „Elihureden“ bleibt er ganz bei der biblischen Geschichte, die
er in großen Ausschnitten wörtlich übernimmt. Erst in Teil 3, „Gesänge des Leids“, wird
ein vorsichtiger Bezug zur Gegenwart hergestellt, indem Ausschnitte aus dem
Klagepsalm 101 mit einem Gedicht von Karl Wolfskehl verwoben werden.
187
Blume/Eckert: Hiob, Nr. 2
188
Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 4
189
Blume/Eckert: Hiob, Nr. 2
190
Blume/Eckert: Hiob, Nr. 2
78
Der Teil setzt ein mit den Versen
Weh, Hiob, weh! noch bist du nicht am letzten, am einsamst letzten Fels,
noch grünt ein Rand von Heim und Gestern
Doch sie, die dich treten, jagen dich weiter an die schwarze Wand.191
Mit der Ankündigung, dass sich das Leid später noch fortsetzen und steigern wird, wird
Hiob zum Stellvertreter aller menschlichen Opfer auch des 20. Jahrhunderts. Dieser
Bezug in die neuere Zeit zielt jedoch nicht auf eine Aktualisierung der Hiobsgeschichte,
sondern nur auf eine Verstärkung ihrer Botschaft: die Erlösung von dem menschlichen
Leiden liegt in der Hinwendung zu Gott. Ähnliches findet sich bei Henning Frederichs,
der das Buch Hiob als einen „‚Steinbruch‘ für unüberbietbar formulierte Menschheitserfahrungen..., deren Tendenz aber ins Abendländische und Neuzeitliche umgeleitet
werden musste“,192 ansieht.
Eine weitere wichtige Gruppe von Oratorien, in denen das Theodizee-Motiv anklingt,
schildert den Zustand einer zerrissenen Welt, die sich von Gott entfremdet hat, und in
der Mensch und Schöpfung unter die Räder zu geraten drohen. Diese Oratorien sind
weiter unten in einem eigenen Abschnitt behandelt.193
Die dritte verbreitete Verarbeitungsweise des Theodizee-Motivs stellt Bibeltexte dem
Zeitgeschehen bzw. der Geschichte des 20. Jahrhunderts gegenüber. Als wichtigste
Vertreter sind hier Axel Ruoffs B ERGPREDIGT zu nennen, das den Bibeltext mit den
Ereignissen des Dritten Reichs und des Holocausts konfrontiert, und W ARUM
EINEN
HAT DIE
S ONNE
A SCHENRAND von Giselher Klebe und Peter Härtling. Der Librettist Härtling greift darin
den Prediger-Spruch „Tue deinen Mund auf für die Stummen“ auf und verwandelt ihn in
eine leidenschaftliche Anklage gegen Folter, politische Willkür und das kollektive
Wegsehen. Die Komponisten und Librettisten dieser Oratorien verwenden – wie viele
andere auch – die literarischen und biblischen Traditionen als „Steinbruch“. Die Neuzusammenstellung von Texten verschiedener Quellen dient jedoch nicht der einfachen
Verstärkung biblischer Botschaften; vielmehr soll in dem entstehenden Spannungsfeld
verschiedener Lesarten ein verborgener, tieferer Sinn zum Leuchten gebracht werden.
Wenn beispielsweise bei Axel Ruoff die Bergpredigt ergänzt wird durch die Zeilen aus
Matthäus 24: „Seht zu, dass euch niemand verwirrt, und lasst euch nicht täuschen!
Denn viele werden kommen und meinen Namen annehmen: ‚Ich bin der Messias‘ werden
sie sagen und die Menschen verführen. Seid wachsam, und habt keine Furcht, wenn ihr
191
Wagner: Hiob, Teil III: Gesänge des Leids
192
Frederichs 1996, S. 73
193
siehe Abschnitt 2.4.3, S. 81ff.
79
den Krieg kommen hört, mit seinem Lärm und seinen Gerüchten“, 194 im weiteren Verlauf
die NS-Diktatur und die durchaus unrühmliche Rolle der Kirche in dieser Zeit zur
Sprache kommen, so bekommt der Bibeltext eine ganz neue Schärfe und Brisanz für das
Handeln auch in heutiger Zeit.
2.4.2
„Ecce: homo homini lupus“: Das Leid des Menschen durch den Menschen
Eng an die Theodizee-Frage geknüpft ist die Schilderung menschlichen Leidens – vor
allem des Leids, das Menschen einander zufügen. Der Chor in Anton Vögeles P ASSION
drückt dies in einer Variation über ein Plautus-Zitats aus:
Ecce: homo homini lupus
Totus brutus lupus talis.
Homo malus homini palus.
Homo talis nulla salus“195
Besonders Passionsoratorien verknüpfen häufig die Leidensgeschichte Jesu mit dem
Holocaust und machen sie dadurch zu einer universellen Erzählung des durch den
Menschen erlittenen menschlichen, vor allem jüdischen Leids. Auch hier finden sich auf
der einen Seite Werke, die in relativ schlichter literarischer Verarbeitung vor allem auf
eine Verstärkung von Emotionen und Effekt zielen; und auf der anderen Seite
vielschichtige, auch literarisch komplexe Oratorien.
Bei den Werken der ersten Sorte ist Felicitas Kukucks und Margret Johannsens
Passionsoratorium E CCE
HOMO
zu nennen. Die Librettistin lässt auf die Passionsgeschichte
einen Epilog folgen, der den Abtransport des polnischen Waisenhausarztes Janusz
Korczak und seiner jüdischen Kinder in die Vernichtungslager schildert:
Der Epilog von ‚Ecce Homo‘ ... deutet die Liebe des Janusz Korczak zu den Kindern
des jüdischen Waisenhauses von Warschau als moderne Passionsgeschichte. Der
polnische Arzt und Erzieher geht mit seinen Kindern bis in die Gaskammern von
Treblinka. Doch der Platzkommandant im Warschauer Ghetto führte nur eine
Befehl aus: „Ich bin unschuldig an seinem Blut.“ War wieder niemand, ist denn nie
ein Mensch verantwortlich?196
194
Ruoff: Bergpredigt, 1. Die Seligpreisungen
195
„Seht: Zum Wolf wird dem Menschen der Mensch, bar jeder Vernunft, böse und den andern ein
Marterpfahl, ein heilloses Wesen. Seht: Zum Geier wird dem Menschen der Pöbel, gefräßig, unkultiviert,
entstellt das menschliche Antlitz zu einem eiternden Geschwür.“ vgl. Vögele: Passion, Bild 12 Unter den
Soldaten, nach Plautus: Epigrammata 3.23
196
Margret Johannsen: Vorwort zu ‚Ecce Homo‘, in Felicitas Kukuck: Ecce homo – Die letzten Tage des Jesus
aus Galiläa.
80
Kurt Rapfs P ASSIO A ETERNA folgt einem ähnlichen Muster, indem die einzelnen Stationen
der Passionsgeschichte mit Berichten eines KZ-Häftlings verschränkt werden. Jedoch ist
der Ich-Erzähler, die Parallelfigur zu Jesus, kein Jude, sondern ein katholischer Priester.
Ganz besonders stark ist der Bezug zum Holocaust in Axel Ruoffs B ERGPREDIGT , das ein
groß angelegter Versuch ist, „das Gebet zu Gott mit der deutschen Geschichte zu
verknüpfen“ zu einer „Predigt gegen das Vergessen“.197 Er kombiniert Bibelausschnitte
mit Texten aus dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus und mit literarischen
Verarbeitungen des Holocausts wie z. B. Gedichten von Nelly Sachs und Erich Fried.
Einen Vorfall aus dem 19. Jahrhundert legen Hans Werner Henze und Ernst Schnabel
dem F LOß
DER
M EDUSA zugrunde. Nach dem Schiffbruch der Fregatte „Medusa“ vor der
afrikanischen Küste wurden 1816 über 150 Menschen auf einem Floß ihrem Schicksal
überlassen, während die besser gestellten Passagiere sich in den Rettungsbooten davon
machten. Als das Floß nach zwei Wochen geborgen wurde, waren nur noch 15 Menschen
auf ihm am Leben; fünf von ihnen starben kurz nach der Bergung.
Der Vorfall erregte damals internationale Aufmerksamkeit. Henze und Schnabel greifen
ihn 150 Jahre später wieder auf und entwerfen daraus eine Parabel über menschlichen
Konkurrenzkampf und Spuren von Solidarität in einer lebensbedrohlichen Extremsituation. Als Mulatte steht die Hauptfigur des Jean Charles sinnbildlich für eine gering
geschätzte Unterschicht. Jean Charles tritt als solidarisch handelnde Lichtgestalt auf, im
Kontrast zu denen, die zugunsten des eigenen Vorteils andere dem sicheren Tod
überlassen. Die Verlockungen der allegorischen Figur La Mort, das Leiden der (noch)
Lebenden und die Gesänge der Toten, die Dantes G ÖTTLICHER K OMÖDIE entnommen sind,
werden zu einem literarisch und emotional dichten Sinngeflecht verwoben, das ebenso
sehr elegische Klage für die unbenannten Toten wie philosophische Reflexion über Leben
und Sterben ist. Anders als viele christliche Komponisten überlassen Henze und
Schnabel die Wendung der Welt zum Besseren und die Erlösung des Menschen nicht
Gott, sondern dem Engagement der Menschen: „Die Überlebenden aber kehrten in die
Welt zurück: belehrt von Wirklichkeit, fiebernd, sie umzustürzen.“198
197
198
Programmheftbeitrag von Anne Ressel, in Ruoff: Bergpredigt, Programmheft Christuskirche Mannheim,
10. März 2002 (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2); vgl. auch oben, S. 79
Henze/Schnabel: Das Floß der Medusa, 16. Finale
81
2.4.3
„Schöpfung hinter Gittern“: Entfremdung zwischen Gott, Welt und
Mensch
Eine weitere Gruppe von Oratorien beschäftigt sich weniger mit der Entfremdung der
Menschen untereinander als mit der allgemeinen, umfassenden Entfremdung des
Menschen von Gott und der Schöpfung. Der Mensch wird als orientierungslos geschildert; ihm ist der Kompass der inneren Werte abhanden gekommen. Oskar Gottlieb Blarr
verwendet in seinem Auferstehungsoratorium Verse des flämischen Dichters Lugo
Laagland, um dies auszudrücken:
Nun liegt meine letzte Flagge im Feuer,
die letzte Mauer meiner stolzen Burg fällt.
Zwischen dieser Glut und Gott
stehe ich, wartend auf neues Gebot.199
Schöpfungsoratorien wie das von Krysztof Meyer und Gerhard Engelsberger (S CHÖPFUNG )
beschreiben eine Schöpfung, die sich der Mensch so sehr untertan gemacht hat, dass sie
und er selbst mit ihr vom Untergang bedroht sind. Die Wissbegierde hat sich ins
Zerstörerische gewandelt:
Unter unserm Wissen weicht der Stein,
frisst sich Fragenflut durch jeden Rest von Scham.
Wüsten tragen schwarz und die Wolken leiden Pein,
Schöpfung hinter Gittern, stumm und lahm.200
Und doch steht hinter all dem Gott, er ist selbst in der geschundenen Schöpfung noch
präsent:
Wenn alles bricht, die Dämme bersten
die Stützen wanken und die Hilfen fliehn
du stößt uns nicht, und lasten auch die schwersten
Gewichte, die kaltfremd uns nach unten ziehn.
Die Welt ist aus dem Lot und bebt in ihren Graden
die Menschen säen Tod, sie ernten Krieg
du richtest auf, die wir zertreten haben
und weinst mit ihnen über unsern Sieg.201
199
Blarr: Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh’, Nr. II
200
Meyer/Engelsberger: Schöpfung, Nr. VIII
201
Meyer/Engelsberger: Schöpfung, Nr. X
82
Die Rettung liegt bei Engelberger und Meyer in der erneuten Einheit der Schöpfung und
des Menschen mit Gott. Der entscheidende Schritt dorthin ist die Selbst- und
Gotteserkenntnis des Menschen:
Welt ist
Wunder ist
stetig
ist arglos
ist licht
Mensch ist
Antwort ist
mächtig
ist wehrlos
ist frei
Gott ist
alles ist
heilig
ist offen
ist eins202
Pessimistischer ist Frederik Schwenks Schöpfungsgeschichte D IES
SEPTIMUS ,
die eine
Fortsetzung der Schöpfung durch den Menschen schildert. Die vom Menschen
verursachte Zerstörung der Erde mündet in seine eigene Vernichtung:
Am Abend des siebten Tages ruht Gott in der wärmenden Sonne. Eine Träne rollt
über seine Wange und tropft auf die Erde. Und eine Sintflut rafft alle Menschen
hinweg. Aber ein listiger Rabe, den der Mensch erschaffen hat, spiegelt sich in der
Träne. Sieben Tage und Nächte wacht der Rabe neben dem schlafenden Gott. Und
kehrt erst dann zu seinesgleichen zurück.203
Beide Oratorien sehen den eigentlichen Grund zur Klage in der Entfremdung zwischen
Mensch und Schöpfung und die Besinnung auf die Botschaften des Christentums als
möglichen Weg zur Besserung. Dafür verwenden sie eine Sprache, die zwar bei beiden, so
sehr sich doch die Prosa bei Schwenk von dem eher von lyrischen Formen geprägten
Libretto Engelsbergers unterscheidet, stark von eingängiger pastoraler Metaphorik lebt,
aber wirkungsvoll ist und an vielen Stellen aufhorchen lässt.
Deutlich simpler in ihrer textlichen Machart sind die Oratorien, in denen sich die
Entfremdung des Menschen von Gott als das eigentliche Kernübel darstellt, als Ursache
und nicht einfach nur Teilaspekt der Probleme der Welt. So reimen Helmut Jost und
Johannes Nitsch in ihrem „Oratorium zur Christusgeschichte“ E WIGKEIT
202
Meyer/Engelsberger: Schöpfung, Nr. XI
203
Schwenk: Dies septimus, VII. Corvus
FÄLLT IN DIE
Z EIT :
83
Wir haben nichts verstanden
die Gnade nicht erkannt.
Die Macht gewann unsre Herzen
und raubte uns den Verstand.
...
Und wir bauen große Tempel, zur Ehre unsrer Macht.
Denn wir haben Gottes Weltreich
durch eigne Hand vollbracht.204
Für Johannes Driessler zieht die Entfremdung der Menschen von Gott die Schrecknisse
der Welt erst nach sich. In gut alttestamentarischer Weise wettert beispielsweise in D EIN
R EICH KOMME der Prophet: „Das Land ist entheiligt von seinen Einwohnern, darum frisst
der Fluch das Land“205. Der Ausweg aus dieser Situation kann folglich nicht durch
Tätigkeit in der Welt gefunden werden, sondern ist rein geistlicher Natur. Er wird nur
wenige Zeilen später von demselben Propheten verkündet: „Es ist dir gesagt, Mensch,
was gut ist und was der Herr von dir fordert: nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben
und demütig sein vor deinem Gott.“206 Ähnlich klingt es auch in D E
PROFUNDIS ,
das die
Geschichte vom Turmbau zu Babel erzählt. Die Menschen erliegen den Einflüsterungen
der Dämonen und streben nach Ruhm und Macht, dessen Symbol der Turm werden soll.
Sie ernten jedoch Armut und Krieg, und setzen schließlich ihre Hoffnung doch nicht
mehr auf den weltlichen Herrscher, sondern auf Gott, der Erlösung verheißt.
Einen anderen Schöpfungsmythos, allerdings aus einem vorchristlichen Kulturkreis,
behandelt Alfred Koerppen in D AS F EUER
DES
P ROMETHEUS . Hier ist die Entfremdung der
Menschen von den Göttern – ganz im Einklang mit der antiken Vorlage – ein notwendiger
Schritt der Bewusstwerdung des Menschen und für die Herausbildung eines eigenen
Willen und Handelns. Gleichzeitig wendet Koerppen das Archetypische, Allgemeingültige
des Mythos ins Ironische:
Prometheus: Ja, ich, Prometheus,
geschlagener, geschundener Gott,
gefesselt einst am kaukasischen Fels,
gequält, gehöhnt,
hab ich gelitten unsagbar,
steh ich doch immer und warte.
Sopran, Alt,
Bass II:
Was bedeutet uns die Fessel des Prometheus?
Sagen wir: Poesie?
204
Jost u.a.: Ewigkeit fällt in die Zeit, Nr. 13 Liebe und Macht
205
Driessler: Dein Reich komme
206
Driessler: Dein Reich komme
84
Eine Metapher?
Eine archetypische Allegorie?
Prometheus:
Der Adler des Zeus,
grausam, furchtbar, täglich Geschick,
zernagt mir die Leber.
Unsterblich wie mein Wille ist meine Qual.
Sopran, Alt,
Bass II:
Sagen wir:
Primitiver Symbolismus?
Ein klinischer Befund?
Ein Leberleiden?207
Obwohl sich die thematischen Grundkonstellationen der genannten Oratorium gleichen –
Entfremdung von Mensch und Gott bzw. Mensch und Schöpfung –, fällt ihre Botschaft
doch höchst unterschiedlich aus. Während die einen Oratorien die Hinwendung zu Gott
mit einer Abkehr von der (verderbten) Welt verbinden, sehen die anderen gerade in der
Bewusstwerdung des Göttlichen die Grundlage für eine erneute Hinwendung zur
Schöpfung und einen respektvollen Umgang mit ihr, oder sogar – wie Koerppen – eine
notwendige Voraussetzung für zivilisatorische Leistungen des Menschen. Anders als bei
den in den vorherigen Abschnitten behandelten Oratorien, bei denen Konfrontation der
Glaubenslieferungen mit modernen Lebenswelten vor allem dazu dient, Antworten für
das Leben in der Welt zu geben, ist hier erstmals der alttestamentlich-orthodoxe Ansatz
ebenso stark vertreten wie der eher weltzugewandte.
2.4.4
„Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“: Mensch, Welt und Ewigkeit
Neben den eben behandelten Oratorien, die die Trennung der Welt von Gott beklagen,
gibt es solche, die dem Weltlich-Vergänglichen das Ewig-Göttliche nicht als Handlungsanweisung, sondern als Verheißung gegenüberstellen. Sie beschäftigen sich mit Tod und
Vergänglichkeit, dem Lauf der Welt und der Zeit, und auf der anderen Seite mit dem
„Danach“, das den Tod Überdauernde, und mit ewigen religiöse Wahrheiten. Zu den
Oratorien, die sich zentral mit diesen Themen beschäftigen, gehören V OM T ODE von Karl
Schiske, D E
TEMPORE
von César Bresgen sowie A LLEZEIT von Ernst Vogel und Herbert Vogg.
Schiske vermittelt dabei seine Erlösungsbotschaft eher indirekt und verlässt sich ganz
auf die ästhetische Wirkung der literarischen Quellen, aus denen er sein Libretto
zusammenstellt. Er enthält sich jeglichen Verweises auf die Bibel; dennoch hat sein Text
207
Koerppen: Prometheus, 2. Die Parusie des Prometheus
85
von Anfang an starke Anklänge an ein Gebet. Der Prolog setzt ein mit einer Akklamation
Gottes: „O Herr, gib jedem seinen eignen Tod“, eine Zeile aus Rainer Maria Rilkes
S TUNDENBUCH . Die Zeilen des Prologs werden nach jedem der insgesamt sechs Abschnitte
wiederholt, was den rituellen Gebetscharakter verstärkt. Zwar bleiben die verwendeten
Gedichte überwiegend in einer allgemeinen Symbolik von Jahreszeitenrhythmus, von
Leben und Vergehen, von irdischem Dasein und himmlischer Ewigkeit. Nur selten
kommt Gott so explizit zur Sprache wie im fünften Abschnitt, „Winter“. Diesem liegt ein
Gedicht von Friedrich Klopstock zugrunde, in dem das lyrische Ich die Erhabenheit
Gottes und die eigene Niedrigkeit preist:
Wie erhaben bist du, Gott Schöpfer!
Wie freut sich des Emporschauns zum Sternenheer,
wer empfindet, wie gering er, und wer Gott,
welch ein Staub er, und wer Gott, sein Gott ist!208
Im Schlusschor werden Zeilen aus Goethes Faust „Wer immer strebend sich bemüht,
den können wir erlösen“209 mit den Eingangszeilen verwoben. Dies verleiht Schiskes
Erlösungsbotschaft eine puritanische Note (werden etwa nur die Tüchtigen erlöst?).
Gleichzeitig verstärkt Schiske durch die Autorität des Dichters nochmals seinen hohen
moralischen, quasi-religiöse Anspruch.
Während Schiskes Werk an ein Requiem erinnert, das der Trauer, aber auch der
Hoffnung auf einen angemessenen, „eignen“ Tod Ausdruck verleiht, steht in A LLEZEIT
mehr der „Vanitas“-Gedanke im Vordergrund:
Es knüpft ein atemloser Reigen
Vergänglichkeiten an Vergänglichkeiten.
Armsel’ge Nacktheit einzig ist uns eigen.
Geliehn, das unsre Blöße deckt, das Kleid;
geliehn die Flicken bunter Eitelkeiten;
und allerorten so und alle Zeit.210
Die Verheißung, im Glauben an Jesus Christus, in seiner Nachfolge durch Liebe die Welt
ein wenig besser machen zu können, wird nur angedeutet:
Ermutigst endlich du zu besserm Denken,
dass besserm Glauben wir uns anvertrauen
und, Kindern gleich, in Liebe uns verschenken?211
208
Schiske: Vom Tode, Nr. 17
209
Johann Wolfgang v. Goethe: Faust, Der Tragödie 2. Teil, Vers 11936f
210
Vogel/Vogg: Allezeit, Eingangschor
211
Vogel/Vogg: Allezeit, Eingangschor
86
Einen ähnlichen Schwerpunkt legt César Bresgen in D E
TEMPORE :
In Analogie zu den
Tageszeiten beschreibt er die Lebensalter des Menschen und dessen Vergänglichkeit:
„Sehet den Menschen: Er hat e i n Ziel, den Tod“212. Das Werk beschließt mit einer
Aufforderung, sich bereit zu machen für Gott, unter der Überschrift „Gottes Zeit ist die
allerbeste Zeit“213. Wie Schiske verlässt sich auch Bresgen auf die Wirkung der literarischen Texte, derer er sich in seinem Libretto bedient.
Neben diesen drei Oratorien spielen die Themen Tod, Vergänglichkeit und Ewigkeit auch
in etlichen anderen Werken eine Rolle, deren eigentliches Hauptthema die Gottessuche
oder die Entfremdung des Menschen von der Schöpfung ist. Individuelle Versuche, alle
drei Themenbereiche zu verbinden, bieten Augustin Kubizek und Herbert Vogg in
S TATIONEN und Heinz Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld in A UF DEM R AND DER M AUER .
Wie die bereits behandelten Oratorien beginnt auch S TATIONEN mit einer Betrachtung über
die Vergänglichkeit des Menschen:
In jedes Menschen schwache Händ
legt Gott den Anfang und das End.
...
Es bleibt dir nur noch kurze Frist.
Nimm an, was dir beschieden ist.214
Dann verwandelt sich das Oratorium in eine große Klage über die Gleichgültigkeit, mit
der sich Menschen durchs Leben treiben lassen, über die Gedankenlosigkeit, das SichAbschotten und über die Verletzung und Zerstörung der Schöpfung. Ausgangspunkt ist
der Befund, dass Gleichgültigkeit die Welt beherrscht:
Gedankenlos denkst du:
Die Schönheit der Welt.
Gedankenlos bist du zufrieden215
Als Folge dieser Gedankenlosigkeit wird der Mensch seinem Schöpfungsauftrag nicht
gerecht; die Welt verfällt:
Im Rauch versunken,
im Staub zerfallen,
in Tränen erstickt
sind der Freude schöne Götterfunken.
212
213
Bresgen: De tempore, II. Von der Ordnung der Zeit/ Der Mittag
Bresgen: De tempore, Epilog, nach Augustinus. Textherkunft lt. Angabe des Komponisten; genaue
Quellenangaben konnten nicht ermittelt werden.
214
Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 1
215
Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 3
87
Dein Wille, o Gott?
Dies alles: um Gottes Willen?216
Doch anstatt der Vergänglichkeit des Menschen die Verheißungen der Ewigkeit gegenüberzustellen, oder eine Hinwendung zu Gott als Vorbereitung auf das Jenseits zu
fordern, rufen Kubizek und Vogg zur Tätigkeit in der Welt auf: „Geliehen wird dir ein
Pfund. Vergrab es nicht“217 heißt es in Anlehnung an das Gleichnis von den anvertrauten
Pfunden218. Gemessen wird man am Ende seines Lebens an dem, was man im Leben
gewirkt hat, und darin sehen die Autoren die Christenpflicht:
Du bist gerufen bei deinem Namen.
Sag nicht zu frühe ein sattes ‚Amen‘.
Leb nicht alleine dein kleines Leben.
Brauch’ deine Hände.
Leben ist: Nehmen und Geben.
Du bist gerufen mit deinen Händen.
Läst’re kein Schicksal! Du musst es wenden!
Schrei nicht zum Himmel! Was soll dein Fluchen?
Denk an dein Sterben.
Leben ist: Immer den Anfang versuchen.219
Während S TATIONEN die Stationen des menschlichen Lebens spiegelt und dieses
menschliche Leben auf die Präsenz christlichen Glaubens hinterfragt, gehen Heinz
Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld umgekehrt vor. Sie stellen nicht etwa den
Unzulänglichkeiten der Welt eine göttliche Verheißung gegenüber, sondern sie prüfen,
welche Bedeutung die christlichen Botschaften in der heutigen Welt noch haben und
welche sie – angesichts der sich ergebenden Spannungen aus Botschaft und Realität –
haben könnten und sollten. Anders als in Helmut Voggs Libretto zu S TATIONEN , in dem viel
Intention und Inhalt in die konventionelle Reimform gezwängt sind, gehen in Klaus
Lüchtefelds Libretto Inhalt und Form eine gelungene Verbindung ein. Atemlose
Kurzverse, stammelnde Wiederholungen von Satzteilen, elliptische Formulierungen, die
einander wie Gedankenfetzen in rascher Folge ablösen, teilen die Zerrissenheit und
Orientierungslosigkeit des Menschen sprachlich eindringlich mit. In sieben Abschnitten
‚Advent‘, ‚Weihnachten‘, ‚Passion‘, ‚Ostern, ‚Pfingsten‘, ‚Die Zeit danach‘, ‚Wie in einem
Spiegel‘ werden menschliche Grenzerfahrungen zwischen Glauben, Hoffen und
216
Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 4
217
Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 7
218
vgl. Lukas 19, 11-24 und Matthäus 25, 14-30
219
Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 8
88
Verzweifeln geschildert, „räumliche und zeitliche Situationen, in denen die Empfindung
endlicher Begrenztheit Fragen nach Begrenztheiten durch ein Absolutes veranlassen.“220
Entsprechend dem Ablauf des Kirchenjahres ist der erste der insgesamt sieben Teile des
Oratoriums mit „Advent“ überschrieben. Er beginnt mit einer Klage, die den Worten der
Klagepsalmen angelehnt ist:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Warum hörst du nicht, wie ich schreie,
warum bist du so fern?“221
Nach der Beschreibung eines Welt- und Seelenzustands der Gottesferne und Gottessehnsucht wird im zweiten Abschnitt, „Weihnachten“, erst der Verheißung Worte
gegeben, die schließlich in der Ankunft Gottes münden – nicht nur vor 2000 Jahren,
sondern immer wieder. „Ein Stern zum Glück kommt auf uns zu, der bleibt nicht
irgendwo,/er fällt in unsre Zeit herein, wird uns das A und O.“222 Im dritten Abschnitt
wird mit der Passion „das versprochene Wort ... auf die Probe gestellt“223, indem es mit
der Realität einerseits und mit sinnentleerten Floskeln andererseits konfrontiert wird.
fall
ins grab deiner eigenen wege
versenke
frucht und saat
und schlage ein kreuz darüber
auf224
Doch das Grab ist nicht die letzte Station. Der folgende vierte Abschnitt, „Ostern“, steht
ganz im Zeichen der traditionellen Osterbotschaft. Im Zentrum steht der alte Osterhymnus „Christ ist erstanden“, der durch Texte aus dem Neuen Testament und eine
Prophezeiung Jesajas ergänzt wird:
Sagt den Verzagten:
“Habt Mut, fürchtet euch nicht!
Seht, hier ist euer Gott! ...“225
220
Reiner Volp: „Grenzgänge: auf dem Rand der Mauer‘, im Programmheft zur Uraufführung, Köln 1993
(siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)
221
Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Nr. 1 Ex tempore, nach Psalm 22
222
Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Nr. 5 Canzone di Natale
223
Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Einleitung zu III Passion
224
Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Nr. 7 „Es ist genug“
225
Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Nr. 12, nach Jesaja 35,4-6
89
Im Pfingstwunder dann wird „die Erfahrung [von Ostern] noch einmal erinnert – und
übersteigert“226. Das Pfingstwunder wird zu einer Vision für das Ende der Zeit; ein
‚Danse macabre‘ veranschaulicht das Pfingstwunder in zahlreichen Wortspielen:
wir atmen auf
wir schauen aus
wir schauen aus dem grab das grüne
wir schauen aus
wir stehen auf
wir stehen auf dem rand der mauer
wir stehen auf
wir brechen aus
wir brechen aus dem stein die trauer227
Gleichzeitig markiert Pfingsten den Bruch, das Erwachen aus der österlichen
Hochstimmung:
wir fallen ein
wir fallen ein ins längst gewohnte
...
wir wachen auf
es fällt uns ein
wir leben auf dem rand der mauer228
Der nun folgenden vorletzten und längsten Abschnitt des Oratoriums überlegt, wie die
„Zeit danach“ aussehen kann, die Zeit nach den biblischen Wundern im Warten auf ein
neues Ostern und Pfingsten. Der Textverlauf oszilliert zwischen Hoffen und Verzweiflung,
zwischen „komm/wir gehen/rosigen zeiten entgegen“229 und Ohnmacht angesichts der
Welt und des eigenen Unvermögens,
ohnmächtig unerhört
sprachlos versuchen wir
schreiende hände vor
dir unserem Fragegott
...
warum hörst du
226
Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Einleitung zu V Pfingsten
227
Lonquich/Lüchtefeld, A UF DEM R AND DER M AUER , Nr. 13 „danse macabre“
228
Lonquich/Lüchtefeld, A UF DEM R AND DER M AUER , Nr. 13 „danse macabre“
229
Lonquich/Lüchtefeld, A UF DEM R AND DER M AUER , Nr. 16 „Duett“
90
warum erhörst du
uns nicht Warumgott230
Der Abschnitt mündet in einem gebetsartigen Kanon, in Bitten aus dem Vaterunser.
Der siebte und letzte Abschnitt ist als „Reflexion des gesamten Werkes“231 gedacht, lässt
sich aber auch als direkte Antwort und Resultat der vorherigen Bitten lesen: Zwei
Nummern sprechen die Tröstung durch das Abendmahl und die in ihm symbolisierte
Vergebung der Sünden und Einheit mit Gott aus und laden zur Teilnahme ein. Der
Schlusschoral zum Lobpreis Gottes, ‚Choral sine exitus‘, verwendet einzelne, aus dem
Choral ‚Allein Gott in der Höh sei Ehr’ herausgerissene Wörter, die zusammen trotz ihres
augenfälligen Fragmentarischen einen neuen Sinn ergeben – ein bewusst eingesetztes
Kunstmittel: „[Es gibt] keinen wirklichen Ausgang .... Das Leben, der Lobpreis Gottes, die
Hinwendung zu ihm, aber auch die Zweifel, das Klagen und Zerrissensein der Menschen
enden nicht.“232
2.4.5
„Geh und lege seine Spur von morgen“: Christliche Nachfolge heute
Ein weiteres wichtiges Thema im zeitgenössischen Oratorium ist die Frage nach dem
richtigen Leben: Wenn das Verhältnis zwischen Gott, Welt und Mensch aus den Fugen
ist, was kann man als einzelner noch tun, wie soll man sich verhalten, wie sein Leben
gestalten? Für die überwiegende Mehrheit der Oratorienkomponisten und -librettisten
liegt die Antwort im christlichen Glauben und in der Nachfolge Jesu Christi. Für sie
lautet die eigentliche Frage, wie diese Nachfolge heute aussehen kann, in einer Welt, die
sich von der Welt der Bibel und der Zeit Jesu doch erheblich unterscheidet.
Oratorienlibrettisten und -komponisten versuchen eine Antwort, indem sie Zeugen und
Beispiele einer geglückten Nachfolge antreten lassen: Figuren aus der Bibel oder
historische Persönlichkeiten. Die beliebtesten sind Paulus sowie die Apostel Petrus und
Thomas. Paulus wird wegen seines Bekehrungserlebnisses gerne ausgewählt. Petrus
stellt den Archetypus eines Menschen dar, der glauben und konsequent leben will, aber
in entscheidenden Augenblicken die nötige Zivilcourage nicht aufbringt. Thomas
schließlich ist das Beispiel eines Menschen, dem es – ganz wie den Menschen des
rationalistischen 20. Jahrhunderts – schwer fällt, etwas zu glauben, das nicht beweisbar
ist.
230
Lonquich/Lüchtefeld, A UF DEM R AND DER M AUER , Nr. 19 „Lamento“
231
Lonquich/Lüchtefeld, A UF DEM R AND DER M AUER , Einleitung zu Teil VII „Wie in einem Spiegel“
232
Heinz Martin Lonquich, im Programmheft zur Aufführung am ‚Aschermittwoch der Künstler‘, Köln 1994
91
Die Art und Weise, in der die Zeugen dargestellt werden, ist sehr unterschiedlich. In
Gregor Linßens D IE S PUR
VON MORGEN
tritt Paulus nach seinem Bekehrungserlebnis aus der
biblischen Apostelgeschichte heraus und ruft, in einer Mischung aus biblischen
Wendungen und zeitgenössischen Sprechweisen, andere zur Nachfolge Jesu auf: „Du
Mensch, steh auf und geh. Die Hoffnung hat nicht getrogen. Im Namen Jesu Christi: geh
und lege seine Spur von morgen.“ 233
Auch in den beiden P AULUS -Oratorien von Siegfried Fietz und Johannes Jourdan tritt ein
Paulus in modernem Gewand auf, der in der Sprache des zeitgenössischen Schlagers
sein Leben und seinen Glauben präsentiert. Die Funktion des Chores als Stellvertreter
der heutigen Gläubigen beschränkt sich darauf, besinnliche Bibelzitate beizusteuern und
religiöse Begeisterung zu verbreiten.
P ETRUS des selben Künstler-Duos ist – ähnlich wie das sechs Jahre später erschienene
M ARTIN -L UTHER -O RATORIUM – misst dem persönlichen Zweifel mehr Raum zu und erscheint
dadurch differenzierter. Petrus wird als ein zerrissener Mensch dargestellt, der wenig
Selbstvertrauen hat, jedoch durch das Vertrauen Jesu eine Chance zu wachsen
bekommt. Diesem Konzept entsprechend nehmen die Berufung am See Genezareth, das
„Du bist Petrus“, einen großen Raum ein. Die Verleugnungsszene hingegen ist stark
reduziert und wird in einer Arie als nur einmalige Verfehlung dargestellt, die Jesus
verzeiht.
Henning Frederichs gestaltet seinen P ETRUS konventioneller in der Charakterzeichnung,
aber in einer eindringlichen Textkonstruktion. Am Ende seines Lebens legt Petrus vor
sich seine Lebensbeichte ab. Seine innere Stimme „Memoria“ erinnert ihn an die
Schlüsselszenen seines Lebens, vor allem an diejenigen, in denen er sich nicht
mustergültig verhalten hat; Petrus versucht, sein Verhalten zu begründen und zu
rechtfertigen. Das Oratorium ist ein großer Dialog zwischen diesen beiden inneren
Stimmen Petrus’, dem Vorwurf und der Rechtfertigung, und lotet so die charakterliche
Vielschichtigkeit der Figur aus.
Der drittwichtigste biblische Zeuge schließlich, der Apostel Thomas, steht in Peter
Bubmanns T HOMAS
DER
Z WEIFLER im Mittelpunkt. Der Komponist schreibt selbst dazu:
Der Text des Oratoriums bezieht sich auf die Thomasgeschichte in Johannes 20.
Dort wird die produktive Qualität des Zweifelns wie sonst nirgends in den Evangelien aufgegriffen. Der zweifelnde Thomas gehört zu den Auferstehungserzählungen. Somit wird der Zweifel Teil einer Lebens-Geschichte mit Perspektiven.234
233
Linßen: Die Spur von morgen, Du Mensch steh auf
234
Bubmann: Thomas der Zweifler, S. 3
92
Der erste Teil des Oratoriums erzählt die biblische Geschichte in moderner Sprache
nach. Der zweite meditiert über die Motive der Einsamkeit und der Wundmale. Der dritte
Teil schließlich schlägt die Brücke von alten Zusagen Gottes in die heutige Welt getreu
der Schlagworte des ökumenischen Prozesses, „Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der
Schöpfung“.
Neben biblischen Zeugen können auch als vorbildhaft empfundene Personen Wege der
Nachfolge vorstellen. Das M ARTIN -L UTHER -O RATORIUM von Siegfried Fietz und Johannes
Jourdan wurde bereits erwähnt. Tom Johnsons B ONHOEFFER O RATORIUM stellt den deutschen
Theologen Dietrich Bonhoeffer, der 1944 im KZ Flossenbürg hingerichtet wurde, anhand
dessen eigener Schriften – überwiegend Predigten und Briefe – vor. Hier wird die Aktualisierung gewissermaßen von Bonhoeffer selbst vorgenommen, der in seinen Schriften vor
dem Hintergrund der Geschehnisse der Nazi-Zeit der Frage nachgeht, wie sich ein Christ
in einer solchen Situation verhalten kann und muss:
Die Grundfrage jedes Christen ist offenbar die Frage nach der Ewigkeit. Willst du
Unvergängliches, so halte dich an Vergängliches. Willst du Ewiges, so halte dich an
Zeitliches. Willst du Gott, so halte dich an die Welt. ...
Der Christ ist weder modern noch unmodern, sondern er dienet der Zeit. Er stellt
sich mitten in sie hinein, in ihre Aufgaben, in ihre Schwierigkeiten, in ihren Ernst,
und in ihre Not.235
Aus diesem Grundgedanken heraus zeichnet Johnson Bonhoeffers Stellungnahmen zum
Stand der Kirche, den Aufgaben des Christen und zur Nachfolge nach, die schließlich in
den aktiven Widerstand gegen das Nazi-Regime und schlussendlich in den Tod führten.
235
Dietrich Bonhoeffer: Predigt zu Römer 12:11, Barcelona 23.9.1928, zitiert nach Johnson, Bonhoeffer
Oratorium, Nr. 3 Dienet der Zeit
93
2.5
B IBELREZEPTION
IM
O RATORIUM : Z WISCHEN S PURENSUCHE
UND
V ERKÜNDIGUNG
2.5.1
Funktionen des Oratoriums
Seit seiner Entstehung diente das Oratorium nicht nur der religiösen Erbauung, sondern
auch der Belehrung und Verkündigung. Dadurch unterscheidet sich das Oratorium
deutlich von der Oper. Die Oper will primär unterhalten, im Sinne der Katharsis den
Zuschauer allenfalls durch ein ästhetisch aufbereitetes Beispiel erziehen. Das Oratorium
dagegen verlässt sich nicht auf die Vorbild- und Unterhaltungsfunktion, sondern es
argumentiert, belehrt und predigt:
Tendenziell stärker als in der Oper ist die Musik im Oratorium ... Vehikel der
Textvermittlung, an erster Stelle dort, wo sie als effizientes, doch aus kirchlicher
Sicht problematisches Mittel zum pastoralen Zweck der Weitergabe einer geistlichen
Botschaft eingesetzt ... wird.236
Dieser „missionarische Dienst der Verkündigung“237 in der Öffentlichkeit spielt auch
heute noch eine Rolle. Das zeigt sich an den Libretti selbst, von denen viele eine Botschaft zu vermitteln suchen – nicht nur die biblisch-christlich Libretti, sondern gerade
auch diejenigen, die auf nicht-christlichen Stoffen beruhen. Hans Werner Henzes Aufruf,
die Welt nicht hinzunehmen, sondern revolutionär zu verändern, steht christlichen
Mahnungen zur Nachfolge Jesu in nichts nach, ebenso wenig wie die Botschaften, die die
Sinnsucher Gilgamesch und Virata bei Alfred Uhl bzw. Horst Ebenhöh verkünden.
Wie wir in den vorherigen Abschnitten gesehen haben, nehmen die meisten Oratorien
dabei sowohl Diesseitiges als auch Jenseitiges in Blick. In diesem Spannungsfeld wählen
die Autoren individuell ihren Gestaltungsschwerpunkt. Auf der einen Seite stehen diejenigen Oratorien, die vornehmlich vom gewählten Stoff bzw. seiner Textgrundlage
ausgehen, und deren Hauptaugenmerk auf der Verkündigung seiner Botschaft liegt.
Auf der anderen Seite stehen die gerade in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts zunehmenden Oratorienlibretti, deren künstlerische Gestaltung des gewählten Stoffs sich
nicht auf die Affirmation seiner Aussage beschränkt. Vielmehr nähern sich diese Libretti
dem Stoff diskursiv in kritischer Auseinandersetzung; sie gehen in seinem Kontext auf
Spurensuche nach verwertbaren Erfahrungen und nach Antworten gehen. Hierzu zählen
viele Oratorien nach biblischen Stoffen: Altbekannte und vielfach missbrauchte oder
abgenutzte Texte werden neu gelesen und auf ihr Sinnpotenzial und ihre Aussagekraft in
236
Juliane Riepe: „Das italienische Oratorium“, im Artikel „Oratorium” in MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 748
237
Adam Adrio: „Erneuerung und Wiederbelebung“, in Blume u. a. 1965, S. 328
94
der heutigen Zeit überprüft. Auch die Werke, die primär allgemein menschliche oder
sogar aktuelle zeitgeschichtliche Probleme im Blick haben, verfolgen in der Regel einen
kritisch-diskursiven Ansatz.
Somit sind Verkündigung und Spurensuche als die beiden grundlegenden Gestaltungszüge des Oratoriums im 20. Jahrhundert anzusehen. Die Unterscheidung von affirmativmissionarischen Ansätzen einerseits und kritisch-diskursiven andererseits ergibt für die
Oratorienproduktion des vergangenen Jahrhunderts mehr Sinn als die viel bemühte
Dichotomie geistlich – weltlich.238 Nicht der gewählte Stoff dient als distinktives Merkmal,
sondern der Umgang mit ihm: die Intention und die Wahl der Perspektive, die das Oratorium in seiner Mittlerstellung zwischen Stoff bzw. Bibel, Mythos und Ideologie auf der
einen Seite und dem Rezipienten auf der anderen Seite einnimmt.
Dass diese Unterscheidung nur allzu häufig mit der literarischen Qualität des Librettos
korreliert, soll hier nur festgestellt werden. Die Gründe zu suchen und zu untersuchen,
würde eine ausgiebigere ästhetische Diskussion erfordern, als in dieser Arbeit, die sich ja
einer zunächst vorurteilsfreien Bestandsaufnahme verschrieben hat,239 möglich ist. Dass
bei vielen affirmativ-missionarischen Oratorien die künstlerische Qualität ins Hintertreffen gerät, mag zur Missachtung des Oratoriums als literarische Gattung seinen Teil
beigetragen haben. Dieses im Einzelfall durchaus zutreffende negative Qualitätsurteil
deshalb über die ganze Gattung in ihrer modernen Ausprägung zu sprechen, hieße
jedoch, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Denn gerade bei den kritisch-diskursiven
Oratorienlibretti finden sich Beispiele, wie Ernst Schnabels F LOß
Lüchtefelds A UF
DEM
DER
M EDUSA oder Klaus
R ANDE DER M AUER , die zeigen, dass das Oratorium nicht nur
weltanschauliches, sondern auch literarisches Potenzial bietet.
2.5.2
Das Oratorium als spezielle Form der Bibelrezeption
Nahezu jedes Oratorium setzt sich mit der Bibel und christlichem Gedankengut auseinander, gleichgültig, ob es einen kritisch-diskursiv oder einen affirmativ-missionarisch
Ansatz verfolgt. Tatsächlich finden sich in nahezu 90 % aller ausgewerteten Libretti Entlehnungen und Übernahmen aus der Bibel und anderen Texten christlicher Tradition;
238
zum Begriff „weltliches Oratorium“ siehe auch Abschnitt 2.3.4, S. 74ff.
239
vgl. oben, Abschnitt 1.1.1, S. 14
95
nur zehn Oratorien weisen keinerlei christliche Bezüge auf.240 Damit stellt das Oratorium
eine prominente Form literarischer Bibelrezeption und -verarbeitung dar.
In der theologischen Rezeptionsforschung werden gemeinhin vier Haupt-
Anzahl
%
formen der literarischen Bibelrezeption
Bibel
58
78 %
unterschieden.241 Zum ersten die Para-
Literarische Quellen
28
38 %
11
15 %
phrasierung als freie, nur sinngemäße
davon Lyrik des 20. Jh.
Übertragung eines Textes, die Erweite-
Choräle und Kirchenlieder
16
22 %
rungen und Erläuterungen enthalten
Liturgische Texte, Gebete
12
16 %
kann. Zum zweiten die Aktualisierung,
Religiöse Schriften und Predigten
9
12 %
„die Umsetzung der Vorlage in die Rea-
Tabelle 6: Textquellen im Oratorienlibretto
litätserfahrung der Autoren, die Übertragung des biblischen Zeugnisses in die Sprache und Vorstellungswelt unserer Zeit“242.
Sie hat zum Ziel, in konstruktiver sprachlicher Auseinandersetzung den alten Stoff neu
zu beleben und seine Relevanz für die heutige Zeit aufzudecken. Zum dritten die
Umdeutung, die eine Vorlage nicht einfach adaptiert, sondern mittels Verfremdung und
Textentstellungen kritisiert, oft parodiert. Und viertens die Transfiguration, die einer (oft
zeitgenössischen) Figur Züge einer biblischen Gestalt verleiht oder sogar eine Gegenfigur
entwirft. Was sich keinem dieser vier Verfahren zuordnen lässt, wird unter dem breiten
Begriff „freie dichterische Gestaltung zusammengefasst:
Viele Autoren deuten das biblische Wort in souveräner Freiheit, so dass die Vorlage
oft nichts anderes ist als die Initialzündung, die ihre dichterische Kraft auslöst.
Diese Dichter bleiben zwar häufig dem Text der Bibel nahe, aber die Schriftstelle
wird dann zum Sprungbrett eigener, die biblische Aussage mehr oder weniger
umdeutender Gedanken.243
Nun lässt sich der Umgang mit der Vorlage in den meisten Oratorien weder eindeutig als
Paraphrasierung noch als Aktualisierung einstufen: Zu einem wörtlichen oder paraphrasierten (Bibel-) Bericht treten häufig nicht nur Kommentare aus der zeitlichen Perspek-
240
Neben denjenigen, die auf mythologischen und literarischen Vorlagen beruhen (vgl. Abschnitt 2.3.3,
insbesondere S. 71ff.), sind dies zwei historisch motivierte Oratorien, nämlich Anton Heiller Francois Villon
und Hans Werner Henze/Ernst Schnabel Das Floß der Medusa.
241
Hierzu und zum folgenden vgl. v. a. Birgit Lermen: „‚Ich begann die Geschichten der Bibel zu lesen: Ein
Riss; und der Abgrund Mensch klaffte auf‘. Rezeptionsformen der Bibel.“ in Schmidinger 1999, Bd. 1, S. 4888
242
243
Lermen, a. a. O., S. 56
Lermen, a. a. O., S. 80f. Dass an gleicher Stelle die freie dichterische Gestaltung mit künstlerischer
Qualität gleichgesetzt wird („Voraussetzung dafür, dass poetische Texte zu einer intensiven
Auseinandersetzung mit der Schrift führen, ist sowohl die Ernsthaftigkeit, mit der sich der Autor den
Problemen stellt, als auch die künstlerische Qualität, das geistige und ästhetische Niveau.“), ist angesichts
der Dehnbarkeit des Begriffs und der verwendeten unscharfen Definitionen allerdings ziemlich fragwürdig.
96
tive des Geschilderten hinzu, sondern auch solche aus heutiger Perspektive, die einen
aktuellen Bezug herstellen.244 In anderen Oratorien wechseln sich größere paraphrasierende Abschnitte mit Aktualisierungen oder auch verfremdenden Passagen ab.245 In
Rupert Gottlieb Friebergers M YSTERIUM C RUCIS beispielsweise sind Ausschnitte aus den
Evangelien (Passionsgeschichte) und alte Hymnen mit Gedichten von Kurt Marti kombiniert. Eine Paraphrase ist dies nicht, denn der Bibeltext ist wörtlich anwesend. Martis
Texte lassen sich als Aktualisierung klassifizieren; aber reicht das aus, um das gesamte
Libretto, als Texteinheit begriffen, entsprechend einzuordnen? In jedem Fall ergäbe sich
ein verzerrtes Gesamtbild.
Natürlich gibt es Oratorien, die tatsächlich eine biblische Geschichte vollständig paraphrasieren und nur in einzelnen Formulierungen vorsichtige Aktualisierungen erkennen
lassen. Matthias Drude und Dietrich Mendt schildern in Von den Mühen der Heimkehr
die Heimkehr des Volkes Israel aus der babylonischen Gefangenschaft, die als Gleichnis
für die deutschen Wiedervereinigung dient.246 Dabei hält sich der Text bei der Schilderung des Geschehens ganz an die Bibelvorlage. Nur Formulierungen wie in eine Arie des
Mezzosopran lassen den Bezug zu den neuen Ereignissen anklingen: „Vierzig Jahre sind
eine lange Zeit, Herr. Vierzig Jahre Fremde schaffen Fremdheit, Herr. Sind wir hier und
die dort noch ein Volk, Herr, sind wir dein Volk, Herr?“247 Auch wenn der Chor singt
„Das wiedervereinigte Land ist kein einig Volk, noch nicht. Die Grenzen sind offen geworden, aber die Herzen noch nicht.“ 248, wird ein zeitgenössischer Leser bzw. Hörer der
1990er Jahre unweigerlich an die Situation im wiedervereinten Deutschland denken.
Eine weitgehende Paraphrase ist auch das NGL-Oratorium David von Siegfried Fietz und
Johannes Jourdan. Die Schilderung des Geschehens hält sich eng an die biblische
Vorlage. Der Figur des David werden Psalm- und andere Bibelworte in den Mund gelegt,
so dass er nahezu vollständig in der Sprache der Bibel spricht. Auch die Chöre der
Reflexionsebene, die den Kommentar einer gläubigen Gemeinde darstellen, lassen keine
aktualisierenden Züge erkennen, sondern verharren im Unverbindlich-Zeitlosen.
Eher als Aktualisierung einzustufen ist Johannes von den gleichen Autoren. Stärker als
bei David verwenden die dargestellten Figuren der Bibel ein zeitgenössisches Vokabular.
Die Figur des Johannes lässt kaum noch den biblischen Johannes erkennen; er ist
244
Zu diesem Oratorientyp mehr in Abschnitt 3.3.2, S. 120ff.
245
vgl. auch Abschnitt 3.3.4, S. 124ff.
246
vgl. die Werkeinführung von Matthias Drude, in Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr (siehe auch
die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)
247
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 13
248
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 17
97
vielmehr als Prototyp des gläubig Nachfolgenden gezeichnet. Er schlägt zudem einen
eindeutigen Bogen zum heute: „Du lädst mich ein. Ich komme, und habe teil an deinem
Tisch. Du wirkst auch heute Wunder...“249 Der Chor hingegen stellt zwar in moderner
Sprache Fragen der Gläubigen von heute, jedoch ohne konkrete Hinweise auf Ort und
Zeit, so dass er im Prinzip auch in der Zeit der Handlung angesiedelt sein könnte.
Bei diesen Beispielen funktioniert die Zuordnung zu einer der vier Adaptionsformen also
zumindest einigermaßen. In allen dreien steht jedoch nicht die kritische Auseinandersetzung mit dem gewählten Stoff im Mittelpunkt, sondern die Affirmation der biblischen
Botschaft. Matthias Drude und Dietrich Mendt ist in V ON
DEN
M ÄHEN DER H EIMKEHR zwar an
aktuellen Bezügen gelegen; sie jedoch lassen dabei die biblische Geschichte, in der sich
„erstaunliche Parallelen zu den Problemen der Gegenwart“250 finden, für sich sprechen.
In anderen Oratorien hingegen finden sich – ganz wie in dem eingangs erwähnten
Oratorium von Rupert Gottlieb Frieberger – paraphrasierende oder sogar zitierende
Abschnitte gleichberechtigt neben eindeutig aktualisierenden. In Jürgen Blumes und
Eugen Eckerts H IOB beispielsweise wird die Hiob-Geschichte strikt nacherzählt; die
Reflexionsebene des Chores jedoch zieht aus dem biblischen Geschehen Bezüge zum
Heute:
Wo bist du, Gott, gewesen
in jener schlimmen Zeit
als – ohne Federlesen –
die Juden quälte Leid,
als Gotteshäuser brannten,
der Mord kein Ende fand
und selbst, die ‚Christ‘ sich nannten,
erhoben ihre Hand?“251
In Henning Frederichs’ P ASSIONSERZÄHLUNG
DER
M ARIA M AGDALENA erzählt die Hauptfigur Maria
Magdalena die Passionsgeschichte aus ihrer Perspektive nach. Die Erzählzeit der Ebene
des Geschehens liegt dadurch in etwa in der Zeit der Bibelgeschichte. Der zweite, nicht
näher spezifizierte Erzähler dagegen, der sich von Zeit zu Zeit einschaltet, nimmt eine
vermittelnde Stellung zwischen dem geschilderten Geschehen und dem Zuhörer ein und
ist insofern eher im Heute anzusiedeln. Auch hier findet sich also eine Vermengung von
paraphrasierenden und aktualisierenden Bestandteilen.
249
250
251
Jourdan/Fietz: Johannes, Nr. 23 Ich bin das Brot des Lebens
vgl. Dietrich Mendt: „Zum Text“ in Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr (siehe auch die Angaben
zur Ausgabe in Anhang 2)
Blume/Eckert: Hiob
98
Dann gibt es themenorientierte Oratorien, die nicht auf einer einzelnen Bibelepisode
beruhen, so dass der Begriff Paraphrasierung gar nicht greifen kann. Sie entwickeln sich
um ein einzelnes Motiv und beleuchten es von verschiedenen Seiten. Ein Beispiel ist
Günther Beckers M AGNUM M YSTERIUM , das verschiedene Texte zur Auferstehung zusammenstellt, ohne die Bibelgeschichte selbst zu erzählen; diese wird vielmehr als bekannt
vorausgesetzt. Die Textzusammenstellung zielt darauf ab, die Vielschichtigkeit und die
Bedeutungstiefe des biblischen Auferstehungsereignisses auszuloten.
Die Unterscheidung Paraphrase vs. Aktualisierung ergibt zwar allein auf die Ebene des
Geschehens bezogen durchaus Sinn; für das Oratorienlibretto als Ganzes jedoch greift
sie in verschiedener Hinsicht zu kurz. Denn in zahlreichen Oratorien wechseln paraphrasierende Abschnitte mit aktualisierenden ab. Der gedankliche Ansatz von Peter
Bubmann und Wolfgang Töllner in T HOMAS
DER
Z WEIFLER darf als durchaus typisch
angesehen werden, auch wenn in der Regel die drei Bereiche nicht strikt voneinander
getrennt aufeinander folgen, sondern miteinander verwoben sind:
Der erste Hauptteil dient der Wiedergabe des Bibeltextes. ... Im Hauptteil II werden
Bilder, die im Bibeltext sichtbar sind oder von ihm abgeleitet werden, entfaltet und
meditiert. Dabei wird die Brücke zu den gegenwärtigen Erfahrungen zerrissener
und negativer Weltwirklichkeit geschlagen. ... Der dritte Hauptteil enthält Zusagen
Gottes und darauf bauende Zukunftsträume.252
Hier handelt es sich nicht um eine Aktualisierung, aber auch nicht um eine Umdeutung:
Anders als die Umdeutung zielt die Textvermittlung im Oratorium nicht auf Distanzierung vom Geschilderten, sondern auf Intensivierung und Vermittlung einer Botschaft,
die über die Einzelbegebenheit hinaus geht.
Es bleibt also festzuhalten, dass die übliche Klassifizierung der Bibelrezeption beim
Oratorium nur bedingt funktioniert. Charakteristisch ist vielmehr das Nebeneinander
und die Verflechtung verschiedener Rezeptionsformen innerhalb eines Werks.
2.5.3
Intertextuelle Verfahren im Oratorienlibretto
Wie bereits erwähnt, spielen Bibelzitate und -referenzen im Oratorium eine wichtige
Rolle253 – nicht nur für die Produktion, sondern auch bei der Rezeption. Die Gattungsbezeichnung ‚Oratorium‘ ruft nämlich bereits eine Erwartungshaltung hervor, es mit
einem christlich-religiös geprägten Werk zu tun zu haben. Dadurch erkennt selbst ein
252
Bubmann/Töllner: Thomas der Zweifler, S. 4
253
vgl. Tabelle 6: Textquellen im Oratorienlibretto, S. 95
99
nur mäßig christlich vorgebildetes Publikum Bibel- und Choraltexte sowie Anspielungen
auf die biblische und außerbiblische christliche Überlieferung problemlos. Auch werden
bestimmte Schlüsselwörter (wie z. B. „Licht“, „den Weg wiesen“) stärker symbolisch in
Anspielung auf christliche Erlösungsgedanken verstanden. Damit ist Intertextualität im
Oratorienlibretto nicht nur als intellektueller Chiffre des Autors vorhanden, sondern Teil
eines spezifischen Kommunikationsprozesses zwischen Autor und Rezipient,
bei der nicht nur Autor und Leser sich der Intertextualität eines Textes bewusst
sind, sondern bei dem jeder der beiden Partner des Kommunikationsvorgangs
darüber hinaus auch das Intertextualitätsbewusstsein seines Partners
miteinkalkuliert.254
Dies kann von einigen wenigen Anspielungen, die den allgemeinen kulturellen Hintergrund markieren, bis hin zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Bibeltext
reichen. Die Bibel bildet damit für Oratorien des 20. Jahrhunderts einen stets präsenten
Subtext, präsent allerdings in unterschiedlicher Intensität. In jedem Fall ergibt das
intertextuelle Verweisspiel einen semantischen Mehrwert: es fügt dem Sinngeflecht der
Handlungs- und Kommentarebenen weitere Bedeutungsebenen hinzu, die sich durch
den ursprünglichen Kontext der Zitate ergeben.
Tatsächlich finden sich in nahezu allen ausgewerteten Libretti wörtliche Textübernahmen aus der Bibel und anderen traditionellen christlichen Texten wie Liturgie und
Kirchenlied. Der Nachweis war nur bei zwei Oratorien schwierig: einerseits Alfred
Koerppens P ROMETHEUS und andererseits Georg Katzers und Christa Wolfs M EDEA
IN
K ORINTH .
Die Verwendung intertextueller Verfahren quantitativ zu fassen, ist an dieser Stelle
allerdings nicht möglich. Dazu müsste jeder einzelne Text eingehend untersucht und auf
mögliche Prätexte überprüft werden – ein selbst bei einer relativ überschaubaren Zahl
von 74 Libretti nahezu aussichtsloses Unterfangen. Eine kurze Zusammenschau zeigt
jedoch bereits, wie unterschiedlich die Menge und die Gestaltung der verwendeten
Prätexte ausfällt.
Einige Oratorien enthalten zwar zahlreiche Anspielungen auf die Bibel, echte Zitate
beschränken sich jedoch auf kleine, Allgemeingut gewordene Formulierungen. Zu diesen
Libretti zählen vor allem diejenigen, die die Bibelgeschichte in heutige Sprache übertragen, vor allem die Rock-, Pop- und NGL-Oratorien wie Peter Bubmanns T HOMAS
DER
Z WEIFLER oder Markus Wolfs L EBEN UND L EIDEN J ESU . In Horst Ebenhöhs Oratorium V ON DER
H OFFNUNG , das nicht auf einer biblischen Geschichte beruht, findet sich nur ein einziges
254
So die Definition von Intertextualität im pragmatischen Sinne, in Abgrenzung zur poststrukturalistischen
Auffassung. Siehe Ulrich Broich: „Formen der Markierung von Intertextualität“, in Broich/Pfister 1985,
S. 31
100
Bibelzitat, in einer Nummer, die gebetsartigen Charakter hat: „Herr, lass mich glauben,
das Du uns liebst“, singt der Mezzosopran, und verwendet dann die Formulierung des
Vaterunser: „Dein Wille geschehe“. Hier dienen die Zitate überwiegend dem stilistischen
Kolorit, um dem Text eine größere Authentizität oder ethisch-moralische Tiefe zu
verleihen. Aus einem ähnlichen Grund sind auch in Bibelparaphrasen wie den H IOB Oratorien von Jürgen Blume und Eugen Eckert sowie von Henning Frederichs der
zugrunde liegende Bibeltext nicht nur in der vertonten Paraphrase gegenwärtig, sondern
auch in zahlreichen wörtlich übernommenen Formulierungen.
Einen Extremfall eigener Art stellen die Oratorien Johannes Driesslers dar (D EIN R EICH
KOMME ,
D E P ROFUNDIS , D ER L EBENDIGE ). In der Manier der Mendelssohnschen Oratorien sind
hier alle Formulierungen der Bibel entnommen, jedoch ihrem ursprünglichen Zusammenhang entrissen und vollkommen neu zusammengestellt.255 Ziel ist vor allem, einen
hohen Stil, der dem Sprachduktus der Bibel möglichst ähnlich ist, zu erreichen. Ein
Mehrwert an Sinn durch den „mitgelesenen“ Prätext wird nicht angestrebt.
Weit verbreitet ist das Verfahren, einen fortlaufenden Bibeltext oder auch einen selbst
formulierten Text durch Einschübe aus anderen Quellen – häufig moderne Lyrik, andere
Bibelstellen, oder auch eigene Dichtungen – zu ergänzen. Die Länge der Zitate kann von
kurzen Satzfragmenten bis zu vollständigen Absätzen oder Gedichten reichen. Der Fall,
dass die Gewichtung eher umgekehrt ist, also Texte aus verschiedenen Primärquellen
durch eigene Worte nur verbunden werden, ist hingegen sehr selten und scheint eine
Spezialität Joseph Haas’ zu sein. Seine beiden volkstümlichen Oratorien D AS J AHR
IM
L IED
und das schon 1932 entstandene C HRISTNACHT sind die einzigen mir bekannten, die so
verfahren.
Des weiteren sind die Libretti zu nennen, die ausschließlich aus Zitaten verschiedenster
Textquellen zusammengestellt sind, ohne dass sich eine bevorzugte oder besonders
wichtige Quelle ausmachen ließe. Diese Oratorien haben in der Regel keine Handlung,
sondern ein Thema, zu dem sie verschiedene Prätexte zu Wort kommen lassen, teilweise
stellvertretend für die eigene Auffassung, teilweise diese kontrastierend. Die zitierten
Passagen sind häufig relativ lang; nicht selten wird der Prätext vollständig übernommen
– vor allem wenn es sich, wie in den meisten Fällen, um Lyrik handelt.
Nur fünf Oratorien sind wortwörtliche Übernahmen eines einzigen, schon vorhandenen
literarischen oder biblischen Textes, der durch keinerlei weitere Zitate ergänzt wird.256
255
256
vgl. auch Fußnote 295, S. 122
nämlich Haller Hiob, Stockmeier Jefta und seine Tochter, Schedl Der Großinquisitor, Ebenhöh Virata, Uhl
Gilgamesch
101
Diese könnte man also als „zitatfrei“ im intertextuellen Sinne werten. Die intertextuellen
Beziehungen dieser Libretti entsprechen denen des Ursprungstextes und sind an dieser
Stelle nicht weiter von Belang.
Die Verwendung von Zitaten hat verschiedene Funktionen. Zum einen dienen Zitate – vor
allem Bibelzitate – dazu, einen hohen, der Bedeutung des gewählten Themas bzw. Sujets
angemessenen Stil zu erzielen. Zum zweiten werden die Bibel bzw. die Autoren der Prätexte als Zeugen aufgerufen, die einen wichtigen Beitrag zum Thema zu leisten haben.
Damit soll dem Text insgesamt eine größere Autorität und größeres moralisches Gewicht
verliehen werden. Zum dritten dient die Gegenüberstellung verschiedener Prätexte der
Kontrastierung und assoziativen Ausarbeitung bestimmter Aspekte, die sonst im Hintergrund bleiben müssten. Oder umgekehrt, die Bibelstellen werden zum Ausgangspunkt
eigener Reflexionen über den christlichen Glauben (so zum Beispiel A UF
DEM
R AND DER
M AUER von Heinz Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld).
Neben diesen textinternen, poetischen Funktionen ist auch die kulturelle Funktion257
von Intertextualität im Oratorium nicht zu vernachlässigen: Der Bezug auf einen biblischen Prätext trägt dazu bei, ihn im kulturellen Gedächtnis der Gegenwart präsent zu
halten. Dabei spielt sicherlich auch die Hoffnung eine Rolle, dass über das Vehikel der
musikalischen Gattung auch Menschen angesprochen werden können, die sich der
Kirche entfremdet haben und nur noch eine blasse Vorstellung von den religiösen
Grundlagen der christlich-abendländischen Kultur haben.
257
zu den Funktionen von Intertextualität vgl. Stocker 1998, S. 76ff.
102
3 STRUKTUREN DES
ORATORIENLIBRETTOS
103
3.1
3.1.1
Z EITBEHANDLUNG
IM
O RATORIUM
Textlänge und Aufführungsdauer
Als plurimediale Gattung, in der sich Text und Musik verbinden, weist das Oratorium
ähnlich wie die Oper eine spezielle Zeitstruktur auf, die sich von der anderer literarischer
Formen unterscheidet. Dabei kommen zwei einander entgegengesetzte Prinzipien zum
Tragen, nämlich Zeitdehnung und Zeitraffung.
Das Prinzip der Zeitdehnung ist eine Folge der Vertonung: Singen braucht in der Regel
mehr Zeit als Sprechen, wenn auch in Arien und musikalisch geschlossenen Formen
mehr als in Vertonungsweisen, die eine große Textverständlichkeit und natürlichen
Sprachrhythmus anstreben (beispielsweise Rezitative). Zu weiteren Dehnungen führen
Textwiederholungen im Kleinen (Wiederholung von Phrasen) wie im Großen (Da-CapoStruktur von Arien).
Die Dehnung der erzählten Zeit ist kein originäres Merkmal des Librettos, sondern erst
des vertonten Werkes, und insofern an dieser Stelle von geringem Interesse – auch wenn
diesem Merkmal in der literaturwissenschaftlichen Forschung zum Opernlibretto viel
Aufmerksamkeit zukommt.258 Genauere Betrachtung verdient jedoch die Frage, wie sich
bereits die zu erwartende Zeitdehnung auf die Zeitstruktur des Librettos auswirkt.
Hier ist zunächst ein ganz augenfälliges Merkmal des Oratorienlibrettos festzuhalten: es
ist kurz. Für das Opernlibretto setzt Albert Gier - in Anlehnung an Ferruccio Busonis
Äußerung, vertonter Text brauche etwa dreimal so viel Zeit wie nicht vertonter – als
Faustmaß für den Umfang etwa ein Drittel der Länge eines Schauspieltextes an; für das
Opernlibretto des 18. und 19. Jahrhunderts sind das etwa 1.000 Verse.259 Das
Oratorienlibretto ist sogar noch kürzer; allerdings ist auch die Aufführungsdauer eines
Oratoriums in der Regel deutlich kürzer als die einer Oper. Während für eine Oper eine
Dauer von zwei bis drei Stunden als normal angesehen werden kann, liegt das Oratorium eher bei ein bis anderthalb Stunden; der Durchschnitt beträgt etwa 70 Minuten.260
Allerdings kann die Aufführungsdauer im Einzelnen sehr unterschiedlich ausfallen: Die
Extreme reichen von einer knappen Viertelstunde (Fritz Büchtger: D IE H IMMELFAHRT C HRISTI ,
Rudolf Kelterborn: D IES
258
vgl. z. B. Gier 2000
259
vgl. Gier 2000, S. 20
260
UNUS ,
René Clemencic: R EISE
NACH
N INIVEH , Rainer Kunad: D IE K ITSCH -
Von 135 der 165 berücksichtigten Oratorien lagen Informationen zur Aufführungsdauer vor, basierend
auf Angaben von Verlagen, Komponisten und der Repertoire-Datenbank der GEMA
(www.gema.de/repertoiresuche)
104
POSTILLE )
bis hin zu zweieinhalb Stunden (Oskar Gottlieb Blarr: J ESUS -G EBURT , Berthold
Hummel/Paul-Werner Scheele: D ER S CHREIN
DER
M ÄRTYRER , Stefan Heucke: D IE O RDNUNG DER
E RDE u. a.).
Ebenso stark schwankt die Textlänge der Oratorienlibretti; sie liegt zwischen 8.000 und
32.000 Zeichen.261 Der Großteil der Libretti hat einen Umfang von etwa 15.000 bis über
20.000 Zeichen. Wenn man von einer durchschnittlichen Verslänge von 30 bis 50 Zeichen ausgeht, bedeutet dies, dass die Länge eines Oratorienlibretto im Durchschnitt nur
etwa ein bis zwei Drittel der Länge eines Opernlibrettos beträgt. Selbst das umfangreichste Libretto, Alfred Koerppens F EUER
DES
P ROMETHEUS , erreicht die von Gier genannte Länge
nur gerade eben.
Eine direkte Korrelation zwischen der Länge des Librettos und der Aufführungsdauer
lässt sich jedoch nicht feststellen. Allein schon der Textumfang der beiden Oratorien mit
der längsten Aufführungsdauer, von denen die Libretti zur Auswertung vorlagen,
differiert erheblich. D AS F EUER
DES
P ROMETHEUS von Alfred Koerppen ist mit über 33.000
Zeichen bei einer Dauer von 140 Minuten in beiden Kriterien führend. D ER S CHREIN
DER
M ÄRTYRER vom Bertold Hummel und Paul-Werner Scheele hat eine um fünf Minuten
längere Aufführungsdauer, jedoch mit 20.000 Zeichen einen nur knapp überdurchschnittlich langen Text. Umgekehrt haben die beiden anderen Oratorien mit einer
extremen Textlänge von über 30.000 Zeichen eine nur durchschnittliche Aufführungsdauer: D IE S PUR
VON MORGEN
von Gregor Linßen dauert 90 Minuten, D AS F LOß
DER
M EDUSA von
Hans Werner Henze und Erich Schnabel sogar nur 75 Minuten. Dies bestätigt erneut,
dass die Aufführungsdauer in hohem Maße von der musikalischen Ausgestaltung des
Textes durch den Komponisten abhängt.
3.1.2
Zeit- und Handlungsstruktur
Der Zeitdehnung durch die Vertonung wirkt in der Oper die „diskontinuierliche Zeitstruktur“ 262 entgegen. Die Verkürzung der Handlung zu in sprunghafter Folge aneinandergereihten „statische[n] Einzelbilder[n]“ 263 ist bereits im Text angelegt. Allerdings ist
261
Eine Angabe in Versen, wie Albert Gier sie vornimmt, ist angesichts der oft hohen epischen Anteile des
Oratorientextes nicht sinnvoll. Zwar ist der Umfang des Librettos durchaus abhängig von der
Detailliertheit der Erfassung, beispielsweise wie Textwiederholungen oder –überschneidungen angezeigt
werden. Für die hier getroffenen Aussagen bietet der so ermittelte Umfang jedoch eine ausreichende Basis.
262
Gier 2000, S. 20
263
Gier 2000, S. 22
105
sie weniger der Notwendigkeit zur Vertonbarkeit geschuldet als dem „Primat des Wahrnehmbaren“264. Durch die eingeschränkte Textverständlichkeit entfällt nicht nur die „für
das Drama charakteristische Spannung zwischen sichtbarer und unsichtbarer Ereignisebene“265, sondern auch literarische Techniken wie eine analytische Exposition der Vorgeschichte, erzählerische Überleitungen oder ausführliche Argumentationen:
... was nicht zur sichtbaren Bühnenhandlung gehört, kommt in der Oper anders als
im Drama in der Regel nicht oder nur sehr bedingt über die Rampe. Das betrifft
erstens die Vorgeschichte, zweitens die verdeckte Handlung ... und drittens das
Geschehen hinter der Bühne, das durch Augenzeugen auf der Bühne geschildert
wird (die Technik der Teichoskopie).266
So kommt das „besonderes Verhältnis von Statik und Dynamik“267 in der Oper zustande,
indem sich die einzelnen Szenen, deren Erzählzeit gegenüber der erzählten Zeit stark
gedehnt ist, schlagartig abwechseln.
Die Situation stellt sich im Oratorium durchaus anders dar. Im Gegensatz zur Oper
enthält das Oratorium epische Abschnitte nicht nur in Ausnahmefällen; vielmehr wurde
ein epischer Textanteil in allen Epochen als gattungstypisch angesehen. Die epischen
Textabschnitte bilden das Gerüst für den Fortgang der Handlung oder den thematischen
Rahmen. Sie werden in der Regel rezitativisch oder homophon vertont, wodurch eine
große Textverständlichkeit erreicht wird. Häufig ist sogar ein Sprecher vorgesehen, der
die nicht auskomponierte Handlung erzählt.
Die Autoren des Oratoriums können also davon ausgehen, dass das Erzählte auch
tatsächlich beim Zuhörer ankommt, auch wenn es nur vorgetragen und nicht szenisch
vorgeführt wird. Auf diese Weise lassen sich Zusammenhänge und Handlungsabschnitte
in zusammenfassender Form darstellen, Handlungssprünge erzählerisch überbrücken
bzw. vermeiden. Die sprunghafte Zeitstruktur der Oper wird dadurch im Oratorium
aufgehoben.
So gibt es zahlreiche Oratorien, die eine in der Bibel geschilderte Begebenheit vollständig,
ohne Einschübe, aber auch ohne Kürzungen berichten: Wolfgang Stockmeier vertont in
den H ISTORIEN vier längere Bibelerzählungen, davon drei mit dem vollständigen originalen
Bibeltext (K AIN
264
UND
A BEL nach 1. Mose 4, D IE S ÖHNE nach dem Gleichnis vom verlorenen
Gier 2000, S. 33. Harald Fricke spricht in diesem Zusammenhang auch von „sinnfälliger Verdeutlichung“
(Fricke 1985, S. 96), Borchmeyer von „augen- und ohrenfällige[r] Unmittelbarkeit“ (Artikel „Libretto“, in
MGG(neu), Sp. 1121)
265
Borchmeyer: Artikel „Libretto“, in MGG(neu), Sp. 1121
266
Borchmeyer: Artikel „Libretto“, in MGG(neu), Sp. 1121
267
Gier 2000, S. 20
106
Sohn aus Lukas 15, J ONA nach dem Buch Jona), und eine, J EFTA
UND SEINE
T OCHTER , im
Wortlaut der literarischen Bibeladaption von Lion Feuchtwanger.
Auch das W EIHNACHTSORATORIUM von Matthias Drude und Hartwig Drude weist keine
Handlungslücken auf: es enthält die vollständige Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2,120, einschließlich Herbergssuche, Geburt und der Begegnung der Hirten auf dem Feld
mit den Engeln, dazu die Geschichte der drei Weisen aus dem Morgenland aus Matthäus
2,1-12. Die im biblischen Wortlaut vorgetragene Geschichte wird zwar, typisch für das
Oratorium, durch Arien und Choräle unterbrochen, aber stets zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen, ohne dass eine Handlungslücke entsteht.
Die Weihnachtsgeschichte beginnt nach einer längeren Einleitung mit den bekannten
Worten des Lukasevangeliums, vorgetragen von einem Sprecher: „Es begab sich aber zu
der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, ...“268 Dieser erste Evangeliumsabschnitt endet nach den Worten „Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte
ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der
Herberge.“ An dieser Stelle wird die Handlung für längere Zeit angehalten; das Oratorium
und mit ihm die Zuhörer verharren in der Betrachtung der Krippenszene. Diese beginnt
mit einem Wiegenlied Marias, in dem das Kindlich-Menschliche gegenüber dem Göttlichen in der Person Jesu herausgestellt wird. Darauf folgt ein Choral auf die Melodie von
„Es ist ein Ros entsprungen“, der dem Heilsversprechen der Weihnachtsgeschichte
Ausdruck verleiht, dann ein „Monodram“ (Sprecher-Solo), das das Weihnachtsgeschehen
aus heutiger Sicht interpretiert; schließlich ein Solo für Sopran mit Streichquartett, das
einen direkten Appell an den heutigen Menschen enthält. Damit ist der erste Teil des
Oratoriums, überschrieben „Die Geburt“, zu Ende. Teil 2, „Die Hirten“, wird von einer
instrumentalen Sinfonia eingeleitet. Erst jetzt, nachdem fünf Nummern lang die Zeit
angehalten wurde, fährt die Handlung der Weihnachtsgeschichte fort. Dabei nimmt der
Sprecher den Erzählfaden genau dort wieder auf, wo er zuvor geendet hatte: bei
Lukas 2, 8.
In dieser Weise verfährt das ganze Oratorium. Dabei zeigt sich, dass zwar ständig Zeitsprünge vorkommen – von der Zeit der biblischen Erzählung ins Heute und zurück –,
jede Zeitschicht in sich aber weitgehend kontinuierlich abläuft. Das Oratorium spielt
sich also auf mehreren in sich geschlossenen Zeitebenen gleichzeitig ab. Anders als in
der Oper ist der Zeitverlauf ist nicht linear, sondern springt zwischen den Zeitebenen hin
und her.
268
Drude/Drude: Weihnachtsoratorium, Nr. 7, vgl. Lukas 2, 1-7
107
Ein derartiger Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven findet sich
schon in den Oratorien früherer Jahrhunderte. So stellt Emil Platen für die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach, die auch für unsere Zeit aufgrund ihrer starken
Präsenz und ihres Vorbildcharakters durchaus als paradigmatisch gelten darf, fest:
Setzt man die einzelnen Textformen des Gesamtlibrettos in Beziehung zum Passionsgeschehen, so scheinen sie verschiedenen Zeitebenen anzugehören. Das aktualisierende Element des Bibeltextes, die direkte Rede, bildet durch die Verteilung
auf verschiedene Darsteller ... die dramatische Textschicht. ... Auf dieser Ebene
wird das seinerzeit ‚Geschehene‘ zum ‚Geschehen‘, hier vollzieht sich die aktuelle
Handlung, in die sich der Hörer, wie bei einem Drama, miterlebend hineinversetzt.
Dieser fiktiven Gegenwart, die Historisches erzählend aktualisiert, steht die reale
Gegenwart des Betrachtenden gegenüber. Sie erscheint im Textgefüge in den
Gedichtformen und Liedstrophen, in denen das vergegenwärtigte Geschehen der
Passion aus unmittelbarer Einfühlung heraus erwogen, bedacht und in der Sprache
des Dichters und seiner Zeit ausgelegt wird.269
Bei der Untersuchung der Oratorienlibretti des 20. Jahrhunderts zeigt sich, dass nahezu
alle Oratorien, in denen sich eine Handlung findet, eine solche „mehrlagige“ Zeitstruktur
aufweisen.270 Die Handlung wird dabei fortlaufend erzählt, aber von anderen, zeitlich in
sich abgeschlossenen Erzählebenen durchkreuzt.
Dazu tritt in zahlreichen Oratorien eine Exposition des Themas, die ein rezitativischer
Erzähler oder Sprecher vornimmt. Diese Exposition kann sehr kurz und in die Handlungserzählung eingebettet sein, wie etwa in H IOB von Jürgen Blume und Eugen Eckert,
das mit den Worten „Es war ein Mensch im Lande Uz“ beginnt und dann die biblische
Hiob-Geschichte nacherzählt. Sie kann aber auch eine umfassendere thematische Einführung beinhalten, Ausführungen zur künstlerischen oder theologischen Konzeption
des Oratoriums, und damit eine eigene Perspektive einnehmen, die außerhalb der
eigentlichen Handlung steht.
Ein Beispiel für eine solche Expositionstechnik ist das Passionsoratorium F ÜR
HABE ICH GEKÄMPFT , GELITTEN
DEINE
E HRE
von Matthias Drude und Hartwig Drude, das mit den Worten
eines Sprechers beginnt:
Dieser Passionsmusik liegen Berichte und Gebete der Bibel zugrunde.
Sie folgt aber den Darstellungen der Evangelisten nicht vorbehaltlos.
Die ersten Erzähler berichten ja nicht nur, was geschah.
Sie wollen auch erklären.
Im Blick auf den Tod Jesu
wollen sie die römische Macht entlasten.
So stellen sie Pontius Pilatus
269
Platen 1991, S. 45
270
siehe dazu weiter unten Kapitel 3.2, S. 110ff.
108
als bloß ausführendes Organ hin, als Zweifler
oder gar als feinsinnigen Philosophen.
Er war alles andere als das.
Dennoch lassen christliche Erzähler „die Juden“
oder gar „das ganze jüdische Volk“
als eigentlich treibende Kraft erscheinen,
Jesus umzubringen gegen alle Wahrheit und Wahrscheinlichkeit.271
Auch in Hans Werner Henzes und Ernst Schnabels F LOß
DER
M EDUSA tritt zu Beginn als
auktorialer Erzähler, Charon272, vor und erläutert Thema und Quellen des Folgenden:
Sie erfahren jetzt einen Bericht von der Fregatte „Medusa“, die Schiffbruch litt auf
einer Reise nach Afrika, und hören die wahre Beschreibung der Schicksale, die den
Gescheiterten widerfahren sind. Unsere Erzählung folgt den Mitteilungen, welche
die Herren Alexandre Corréard, Wundarzt im Seedienst, und der Landvermesser
Henri Savigny, beide Teilnehmer der Expedition und Zeugen ihres Endes, an die
Öffentlichkeit gegeben haben, und der Vorstellung von diesen Ereignissen, die
Théodore Géricault festhielt in einem Gemälde „Le Radeau de la Méduse“.273
Danach stellt Charon die wichtigsten Personen vor, den Augenzeugen Jean-Charles und
Madame La Mort, und erläutert seine eigene Funktion als Fährmann zwischen dem
„Chor der Lebenden“ und dem „Chor der Toten“. Damit hat er nicht nur in die Handlung
eingeführt, sondern auch die verschiedenen Perspektiven und Handlungsebenen, die
dem Zuschauer/Zuhörer im Lauf des Stücks begegnen, identifiziert und vorgestellt.
Natürlich gibt es auch im 20. Jahrhundert Oratorien, die überwiegend dramatisch,
nahezu opernhaft gestaltet sind – dazu gehören beispielsweise die Oratorien Johannes
Driesslers. Diese Oratorien weisen stärker als Oratorien mit hohen epischen Anteilen
eine Dramaturgie auf, die der Oper ähnelt: sie bestehen aus abgeschlossenen Einzelepisoden, die ohne Überleitung, sprunghaft, aufeinander folgen. Doch auch in diesen
Oratorien finden sich Abschnitte außerhalb der Zeitebene des Geschehens, wie beispielsweise Eingangs- und Schlusschöre.
In der Oper gar nicht denkbar ist ein Gestaltungstypus, der durch den völligen Verzicht
auf sichtbare Handlung überhaupt erst möglich wird: das themenorientierte Oratorium,
in dem die Handlung auf ihren thematischen Kern reduziert oder gar nicht mehr vorhanden ist. In der Oper würden Themenoppositionen in Handlungskonflikte umgesetzt;
im Oratorium kann tatsächlich das Gute gegen das Böse antreten anstatt stellvertretend
Held gegen Bösewicht. Ein Beispiel hierfür ist Joseph Haas’ D IE S ELIGEN , das anhand der
271
Drude/Drude: Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten. Stationen der Passion Jesu. Nr. 1b
272
zur Rolle des Charon vgl. auch Abschnitt 3.2.2, S. 111ff.
273
Henze/Schnabel: Das Floß der Medusa., Prolog des Charon
109
Kernaussagen der Bergpredigt zweifelnde und gläubige Stimmen einander gegenüberstellt.274 Ohne Handlung kommt auch das Adventsoratorium O V IRGA
AC
D IADEMA von
Ingmars Zemzaris aus, das Bibeltexte, Choräle, Volkslieder, Hymnen von Hildegard von
Bingen und Gedichte aus verschiedenen Epochen (vor allem aus der Romantik sowie
moderne Neufassungen) kombiniert, die sich mit der Ankunft Christi in der Welt und der
Rolle der Gottesmutter befassen.
Ebenso wie in den handlungsorientierten Oratorien finden sich in themenorientierten
Oratorien mehrere synchrone Zeitebenen und gleichberechtigte Perspektiven. Die
Zäsuren im Ablauf des Textes sind demnach nicht als Kontinuitätssprünge anzusehen,
sondern als Wechsel zwischen den verschiedenen Ebenen. Durch das Fehlen des durch
die Handlung erzeugten diachronen Zusammenhangs bestimmen mehr noch als im
Opernlibretto paradigmatische Sinnbezüge275 die Struktur des Textes.
In allen Fällen unterscheidet sich die Zeitstruktur von der der Oper, in der sich die
Handlung vollständig vor den Augen des Zuschauers abspielt, also einer einzigen,
gegenwärtigen Zeitebene zuzuordnen ist. In dieser spezifischen Zeitstruktur, in der
mehrere Ebenen parallel nebeneinander herlaufen und sich durchkreuzen, liegt der
Schlüssel zur Beschreibung des Oratoriums als eigenständige Gattung.
274
275
siehe dazu auch weiter unten, Abschnitt 3.3.5, S. 127f
thematische Bezüge, Begriffsähnlichkeiten und -oppositionen, zentrale Grundkonflikte etc. Vgl. Gier
2000, S. 22f.
110
3.2
3.2.1
D IE E BENENSTRUKTUR
DES
O RATORIENLIBRETTOS
Vielschichtigkeit als Gattungsmerkmal
In allen musikwissenschaftlichen Definitionen des Oratoriums spielt eine Eigenschaft
eine wichtige Rolle, die gemeinhin „Dialogizität“ genannt wird. Dabei handelt es sich – im
Sinne der vor allem im 18. Jahrhundert als gattungsverbindlich angesehenen „dramatischen Grundhaltung“ 276 – um die Aufteilung des Textes auf „mehrere Personen oder
Personengruppen“277.
In diesem Sinne muss ein musikoliterarisches Werk bereits als dialogisch gelten, wenn
es Passagen für verschiedene Besetzungen, beispielsweise Chor, Soli oder Ensembles
unterschiedlicher Zusammensetzung aufweist. Dieses Verständnis von Dialogizität
beruht allein auf dem Eindruck der Vertonung; aus librettologischer Sicht ist es unzureichend. Besetzungswechsel müssen keinesfalls mit einem Wechsel zwischen verschiedenen Personen oder Perspektiven zusammenfallen: In Rudolf Kelterborns D IE F LUT (1964)
oder auch Wolfgang Wagners H IOB (1989) enthalten lange, zusammenhängende Reden
Gottes mehrere Besetzungswechsel, um musikalische Monotonie zu vermeiden. Andererseits werden Besetzungswechsel durchaus dazu eingesetzt, einen Perspektivenwechsel
deutlich zu machen. Somit ist der oberflächliche Eindruck – Aufteilung des Textes auf
verschiedene Besetzungen – zwar für sich nicht aussagekräftig, aber häufig Ausdruck
der speziellen Zeit- und Ebenenstruktur des Oratoriums, wie sie im vorherigen Abschnitt
skizziert wurde.
Dialogizität im Oratorienlibretto hängt vielmehr eng mit der im vorherigen Abschnitt
erläuterten spezifische Zeitstruktur zusammen. Folglich ist sie primär eine Eigenschaft
des Textes, die eine – unterschiedlich stark ausgeprägte – Entsprechung in der musikalischen Gestaltung findet. Dialogizität bedeutet demnach, dass mehrere parallele, in sich
abgeschlossene Ebenen, die sich in ihrer Erzählhaltung, in ihrer zeitlichen Positionierung und in ihrer Perspektive unterscheiden, parallel ablaufen und sich gegebenenfalls
durchkreuzen. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird sich zeigen, dass Dialogizität in
diesem Sinne tatsächlich in nahezu allen Oratorienlibretti des betrachteten Zeitraums
vorhanden ist und somit als gattungsrelevant angesehen werden kann.
276
Ulrich Leisinger, Martin Geck: „Das deutsche Oratorium“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997),
Sp. 761
277
vgl. Artikel „Oratorium“ in Dahlhaus/Eggebrecht 1989, S. 239, ähnlich Günther Massenkeil: „Zur
Terminologie und Vorgeschichte“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 741 und in
Massenkeil 1998, S. 5
111
Im Folgenden sollen zum einen die gemeinsame Grundstruktur der Oratorienlibretti
herausgearbeitet werden, zum anderen Differenzierungsmerkmale zwischen den
verschiedenen Ausprägungen, die sich letzten Endes als unterschiedliche Gestaltungstypen von handlungs- und themenorientierten Oratorien interpretieren lassen.
3.2.2
Die Ebene des Geschehens
In handlungsorientierten Oratorien enthält die EBENE DES GESCHEHENS die Fabel des Textes.
Sie bildet das Stoff- und Handlungsgerüst. Wenn die Handlung nicht vollständig dramatisch umgesetzt ist – was nur bei den wenigen szenischen Oratorien der Fall ist –, ist ein
wesentlicher Bestandteil der Ebene des Geschehens der ERZÄHLERBERICHT. Im Erzählerbericht wird ein Geschehen von einer aus der Handlung heraustretenden, zu ihr in
zeitlicher oder emotionaler Distanz stehenden Erzählerfigur vorgetragen. Diese wird in
der Regel durch einen Solisten (Sänger oder Sprecher) realisiert, der häufig eindeutig im
Text explizit als Erzähler oder Evangelist bezeichnet ist.
So tritt in Marcel Rubins L ICHT
ÜBER
D AMASKUS ein „Evangelist“ auf, der die Geschichte der
Bekehrung des Saulus zum Paulus278 erzählt. Jürgen Blume und Eugen Eckert H IOB
setzen einen als „Erzähler“ betitelten Solisten ein, der die Hiobsgeschichte in freier
Nacherzählung vorträgt. In Frederik Schwenks D IES S EPTIMUS stellt der „Historicus“ die
Erzählerfigur dar. In anderen Oratorien ist ein nicht näher gekennzeichneter Sprecher
der Erzähler: in N OAHS T OCHTER von János Tamás und Claudia Storz, G ILGAMESCH von Alfred
Uhl und Andreas Liess, V ON
Mendt, D AS L ICHT
DER
DEN
M ÜHEN DER H EIMKEHR von Matthias Drude und Dietrich
E NGEL von Otfried Büsing und andere mehr. In Marcel Rubins
A UFERSTEHUNG sowie Matthias Drudes und Dietrich Mendts W EIHNACHTSORATORIUM sind die
Passagen des Solisten bzw. Sprechers zusätzlich mit „Evangelium“ gekennzeichnet und
lassen sich dadurch eindeutig als Erzählerbericht identifizieren.
Bisweilen wird der Erzählerbericht in der Vertonung nicht einem einzigen Erzähler,
sondern wechselnden Solisten zugeordnet, z. B. in Wolfgang Stockmeiers J ESUS , Henning
Frederichs’ H IOB und Helmut Eders und Herbert Voggs N ON
SUM QUALIS ERAM .
Der Erzähler-
bericht kann auch von einem Chor oder Kammerchor vorgetragen werden: in Ernst
Kreneks O PUS
SINE NOMINE
beispielsweise tritt ein „Erzählerchor“ auf. In solchen Fällen ist
die Ebene des Geschehens anhand der neutralen Erzählhaltung, der auktorialen
Perspektive und der fortlaufenden Handlung zu erkennen.
278
Apostelgeschichte 6-9
112
Ebenso wie der Erzähler ein unbeteiligter Dritter, ein außerhalb der Handlung stehender
Berichterstatter sein kann, wie in den genannten Beispielen, kann er auch ein Augenzeuge sein. Dieser ist nicht auktorial gestaltet, nimmt aber eine zeitliche und emotionale
Distanz zum Geschehen ein. Beispiele hierfür sind Prometheus in dem gleichnamigen
Oratorium von Alfred Koerppen sowie Maria Magdalena in Henning Frederichs’ P ASSIONS ERZÄHLUNG DER
M ARIA M AGDALENA . Beide erzählen im Rückblick ihre Geschichte, wobei sie
sich direkt an den Zuhörer richten. Sie nehmen eine vermittelnde Stellung zwischen dem
Zuhörer/Leser und der Handlung ein; die Erzählzeit lässt sich nicht eindeutig zwischen
dem „heute“ des Verfassens bzw. Zuhörens/Lesens und dem „damals“ des Berichteten
lokalisieren.
In dramatisch angelegten Oratorien setzt sich die Ebene des Geschehens zu großen
Teilen aus den Handlungen und Äußerungen der beteiligten Personen zusammen. Solche
überwiegend dramatischen Oratorien, die in früheren Zeiten weit verbreitet waren279,
sind im 20. Jahrhundert selten. Zu nennen sind hier nur die wenigen szenischen
Oratorien280 sowie die Oratorien Johannes Driesslers.
Häufiger als die rein dramatische Gestaltung der Ebene des Geschehens ist eine
Mischform, in der der Erzählerbericht durch szenisch-dramatische Passagen ergänzt
wird: Einzelne Szenen werden aus dem Bericht herausgelöst und dramatisch gestaltet,
indem die beteiligten Personen selbst zu Wort kommen. Häufig gilt in der musikwissenschaftlichen Literatur dies bereits als ‚Dialogizität‘. In der Regel handelt es sich nur um
einen Besetzungswechsel (wenn z. B. wörtliche Rede Jesu von einem Solisten übernommen wird), wohingegen der zugrunde liegende Textabschnitt vollständig der Ebene des
Geschehens zuzuordnen wäre.
In Oratorien, in denen die Reden und Ansichten der handelnden Personen viel Raum
einnehmen, ist die Frage, ob es sich noch um einen Teil des Geschehens oder um Kommentare dazu handelt, nicht immer eindeutig und nur im Rahmen einer Interpretation
zu beantworten. Beispielsweise nimmt in D AS F LOß
DER
M EDUSA von Hans Werner Henze und
Ernst Schnabel der persönliche Bericht des Mulatten Jean-Charles breiten Raum ein.
Gleichzeitig tritt in der Figur des Charon ein auktorialer Erzähler auf. Während Charon
über Vergangenheit und Zukunft blickt, von menschlichen Regungen unberührt, befindet sich Jean-Charles unmittelbar im Geschehen, das er schildert. Zwar ist er ein
Außenseiter, weniger durch seine symbolisch zu verstehende Hautfarbe als vielmehr
279
man denke beispielsweise an die alttestamentlichen Oratorien Georg Friedrich Händels und die Werke
seiner Zeitgenossen
280
nämlich Horst Ebenhöhs Virata, Henning Frederichs’ Petrus, Alfred Uhls Gilgamesch sowie Heinz
Wunderlichs Maranatha. Vgl. auch Abschnitt 2.2.3, S. 57f
113
durch seine selbst in Todesgefahr nicht zu zerstörende Mitmenschlichkeit. Er kann
dadurch einiges reflektieren, wirklich lösen kann er sich jedoch aus der Situation nicht.
Insofern nehmen Jean-Charles’ Schilderungen eine Zwischenstellung zwischen Erzählerbericht und Kommentar ein.
Selbstverständlich kann es eine Ebene des Geschehens nur dort geben, wo überhaupt
eine Handlung zumindest in Ansätzen vorhanden ist; in themenorientierten Oratorien
fehlt sie meist ganz.
3.2.3
Reflexions- und Kommentarebenen
Zu dem Geschehen treten weitere Erzählebenen: Kommentare zum Geschehen, Meditationen, Choräle und Ähnliches, die ich im Folgenden REFLEXIONS- oder KOMMENTAREBENEN
nennen werde. Die verschiedenen Reflexionsebenen unterscheiden sich untereinander,
aber auch von der Ebene des Geschehens durch Erzählhaltung und -perspektive,
Erzählzeit, häufig auch durch Stil und Versmaß. Oft markiert auch ein Sprachwechsel
den Übergang zwischen zwei Ebenen.
ERZÄHLHALTUNG, -PERSPEKTIVE UND -ZEIT
Entscheidend für die Zugehörigkeit zu einer Ebene ist die Erzählperspektive, die
Erzählhaltung sowie die Erzählzeit des jeweiligen Textabschnitts. Zum auktorialen
Erzählerbericht treten typischerweise verschiedene Reflexionsebenen: einerseits
kollektive Glaubensäußerungen wie Gemeindechoräle und Gebete, andererseits persönlich-subjektive Stellungnahmen, die aus der Sicht der heutigen Zeit das Geschehen
kommentieren und aus denen sich häufig ein Dialog zwischen gläubigen und zweifelnden
Stimmen entwickelt.
Folglich zeichnen sich die Reflexionsebenen primär dadurch aus, dass neben dem
auktorialen Erzählerberichts ein „ich“ oder „wir“ auftritt, das exemplarisch seine
Anschauungen, Gedanken und Gefühlen Ausdruck artikuliert.
Beispielsweise wird in der A LTDORFER -P ASSION von Augustinus Franz Kropfreiter der synoptische Passionsbericht von „Lamentationen“ unterbrochen, deren Text – den Klageliedern
Jesajas entnommen – der Hoffnung im Glauben Ausdruck verleiht: „Meinen Rücken bot
ich den Schlägen dar und meine Wangen den Raufern. Hab mein Angesicht von denen
nit abgewendet, die mich schmäheten und bespeieten. Gott der Herr ist mein Helfer,
114
darum bin ich nit zuschanden worden.“281 Diese personale Sprechweise hebt sich
deutlich ab von dem überwiegend auktorial gehaltenen Passionsbericht.
Der Sprecher im P ASSIONSBERICHT
DER
M ARIA M AGDALENA von Henning Frederichs, der von
Maria Magdalena den Augenzeugenbericht fordert, steht ebenfalls eindeutig außerhalb
der biblischen Handlung. Durch die direkte Anrede Marias und seine Aufforderung „Rede
Du Maria, Maria aus Magdala, erzähle, was Du gehört und gesehen; sag’ uns, was
geschah – an dem Tage da unser Herr – Jesus Christus – gekreuzigt und gestorben“282
gibt er sich als Stellvertreter der heutigen Glaubensgemeinschaft oder auch des
Publikums/ Lesers zu erkennen.
Als typisch kann der Fall angesehen werden, wenn Choräle den Erzählerbericht
unterbrechen: der auktorialen Erzählhaltung der Ebene des Geschehens werden
kollektive Glaubensäußerungen gegenübergestellt. Statt der neutralen Erzählweise
kennen die Choraltexte ein personales Subjekt, ein „ich“ oder „wir“. Der Choral vertritt
damit die Gemeinde oder die Gemeinschaft aller Christen und nimmt eine grundsätzlich
kollektiv-subjektive Perspektive ein, die durch den Choraltext sprachlich überhöht wird.
Die Erzählzeit der Choräle ist nicht eindeutig auszumachen; sie liegt jedoch eher in der
Zeit des Zuhörers/Lesers als in der Zeit des berichteten Geschehens. Unter anderem
weisen die Oratorien Marcel Rubins (A UFERSTEHUNG , L ICHT
ÜBER
D AMASKUS ) eine solche
Gegenüberstellung von Bibelbericht und kollektiv-subjektivem Glaubensreflex auf.
Ebenso können einzelne Personen aus der Handlung heraustreten und dem auktorialen
Bericht ausführliche Reflexionen aus einer eigenen Perspektive hinzufügen. Dies ist
besonders bei den Hiob-Oratorien (Jürgen Blume/Eugen Eckert, Henning Frederichs,
Hermann Haller, Wolfram Wagner) der Fall, in denen die Klagen Hiobs und die „Trostreden“ der Freunde einen breiten Raum einnehmen und stellvertretend für den
menschlichen Zweifel an Gott und neue Hoffnung im Glauben stehen.
EXPLIZITE BENENNUNG
Bei einigen Oratorien sind Personen oder Personengruppen, deren Textpassagen eine
eigene Reflexionsebene bilden, explizit benannt – besonders bei themenorientierten
Werken, in denen eine Handlung nur eine untergeordnete Rolle spielt. So treten in
Joseph Haas’ D IE S ELIGEN die „Gottsuchenden“, die „Betrachtenden“, die „Kinder der Welt“,
der „Rufer in der Wüste“, die „Seligen“ und die „Geläuterten“ auf. In János Tamás’ und
281
282
Jesaja 50, 6f; vgl. Kropfreiter, Altdorfer-Passion, Nr. 14 Meditation (Lamentation I)
Frederichs: Passionserzählung der Maria Magdalena, S. 50. Der zitierte Textabschnitt ist der
Ostersequenz entnommen (das so genannte „Dic nobis“).
115
Claudia Storz’ N OAHS T OCHTER beispielsweise werden – neben dem Sprecher, der den
Erzählerbericht vorträgt – ein „Spottchor“, der „Chor der Söhne“, der „Chor der
Angehörigen Noahs“ und der „Chor der Tochter“ eingeführt.
Nicht immer jedoch bedeutet eine explizite Benennung, dass es sich um eine eigene
Ebene handelt. Mehrere „handelnde“ Personen können beispielsweise zu einer Ebene
zusammengefasst werden (meistens gehören sie zur Ebene des Geschehens). Wo die
Benennung überwiegend auf Besetzungsangaben basiert, kann ein und dieselbe Besetzung durchaus verschiedene Funktionen und Perspektiven einnehmen, so dass sich
die Ebenengrenzen nicht anhand der Benennung bestimmen lassen. Üblicherweise
betrifft dies vor allem den Chor, der einerseits in der Handlung als Vertreter größerer
Menschenmengen auftritt, andererseits als menschliches Kollektiv der heutigen Zeit,
oder aber überzeitlichen Glaubensäußerungen – beispielsweise in Chorälen – Ausdruck
verleiht.
SPRACHE
Ein deutlicher Hinweis auf einen Ebenenwechsel ist ein Sprachwechsel. Zwar kann es
mehrere Ebenen in ein und derselben Sprache geben; Textpassagen verschiedener
Sprachen lassen sich jedoch immer verschiedenen Ebenen zuordnen.
In überwiegend deutschsprachigen Oratorien – andere wurden ja in dieser Arbeit nicht
berücksichtigt – wird besonders häufig das Lateinische verwendet. In der Regel handelt
es sich dabei um Ausschnitte aus der Vulgata oder um liturgische Texte. In D ER S CHREIN
DER
M ÄRTYRER von Bertold Hummel und Paul-Werner Scheele ist es der Erzählerbericht, die
vom Evangelisten vorgetragene Passionsgeschichte, die im lateinischen Original steht. In
anderen Oratorien, wie der P ASSION von Anton Vögele, bilden Texte aus der lateinischen
Liturgie eine eigene Reflexionsebene.
Ähnlich verhält es sich bei überwiegend hebräisch-aramäischen Oratorien Oskar Gottlieb
Blarrs (J ESUS -G EBURT , J ESUS -P ASSION ), die aufgrund der geringen deutschen Textanteile in
dieser Arbeit nicht berücksichtigt wurden: hier fallen die deutschen Passagen durch die
Sprachwahl deutlich aus der (aramäischen) Ebene des Geschehens heraus und bilden
eigene Kommentarebenen.
In D AS F LOß
DER
M EDUSA von Hans Werner Henze und Ernst Schnabel schließlich singt der
„Chor der Toten“ ausschließlich italienisch. Dadurch unterscheiden sich die Toten
eindeutig von den deutsch singenden Lebenden.
284
Blume/Eckert: Hiob, Nr. 2 Chor
116
VERSMAß UND STIL
Das Versmaß gibt weitere Hinweise für die Zuordnung einzelner Textabschnitte zu einer
bestimmten Kommentarebene. Ein hinreichendes Kriterium für einen Ebenenwechsel ist
es allerdings nicht: Passagen in Prosa oder im gleichen Versmaß können durchaus
verschiedenen Ebenen angehören, wenn sie eine unterschiedliche Erzählhaltung
einnehmen.
Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass gebundene Rede innerhalb
eines überwiegend epischen Textes mindestens eine weitere Ebene konstituiert. Auch
Choräle bilden üblicherweise eine eigene Reflexionsebene. Sie sind ebenfalls anhand
ihrer Textform leicht zu erkennen: In der Regel bestehen sie aus kurzen Strophen mit
paar- oder kreuzweisem Endreim. Dies gilt nicht nur für alte Choraltexte, sondern auch
für choralartige Neudichtungen, wie sie sich beispielsweise in H IOB von Jürgen Blume
und Eugen Eckert finden:
Gott, mit Zittern und mit Zagen
stelle ich dir meine Fragen,
sag dir, was mich zweifeln lässt nicht allein am Sinn des Lebens,
auch an dir! Frag ich vergebens:
Hältst du noch die Erde fest?284
Daneben finden sich im Oratorienlibretto auch ungereimte lyrische Formen, die separate
Reflexionsebenen konstituieren. Rupert Gottlieb Friebergers M YSTERIUM C RUCIS beispielsweise enthält mehrere Gedichte von Kurt Marti. Zwei davon (Nr. 1 und Nr. 13) sind in
einem neutralen, fast lakonischen Tonfall gehalten; ein lyrisches Ich kommt nicht vor.
Die Zeilen sind bei beiden Gedichten extrem kurz; sie bestehen aus maximal drei
Wörtern. Diese beiden Gedichte lassen sich zu einer Reflexionsebene zusammenfassen,
die versucht, das Geschehen (die Kreuzigung Jesu) in neuem Licht zu sehen. Zwei
wesentliche Botschaften formuliert Marti: „welcher mut“ doch diesem „messias/aber
ohne/ macht“ eigen ist,285 und das Paradox, das die Sprengkraft der Passionsgeschichte
ausmacht:
der
für liebe
stritt
stirbt
von hass
durchbohrt286
285
Frieberger: Mysterium Crucis, Nr. 1: Introductio
286
Frieberger: Mysterium Crucis, Nr. 13
117
Ein anderes Gedicht von Marti bildet eine eigene Reflexionsebene. Anders als in den
beiden anderen Gedichten tritt ein subjektives, lyrisches Ich auf, das in eindringlicher,
bildhafter Sprache den Verrat des Judas kommentiert:
schöner judas
da schwerblütig nun
und masslos
die sonne
ihren untergang feiert
berührst du mein herz
und ich denke dir nach287
An diesem Beispiel ist zu sehen, dass Versmaß und Form ein Aspekt für die Bestimmung
einer Reflexionsebene sein können; den Ausschlag geben jedoch die Perspektive und die
Erzählhaltung.
TEXTQUELLEN
Wie sich in den vorherigen Abschnitten schon andeutete, spielt auch die Herkunft des
Textes eine Rolle für die Zuordnung zu einer Reflexionsebene. Wie wir weiter oben bereits
gesehen haben,288 liegt die eigentliche Funktion solcher intertextueller Verfahren in der
Erzeugung eines bestimmten Sub- oder Kontextes. Dieser kann bei der Bestimmung
einzelner Ebenen durchaus eine Rolle spielen.
Choräle beispielsweise sind häufig den alten Gesangbuchtexten entnommen oder
zumindest entlehnt. Sie sind natürlich auch an den oben genannten Kriterien (Erzählperspektive, Versmaß etc.) zu erkennen. Zudem sind Choräle mit Gemeindegesang
konnotiert, also einem kollektiven Subjekt zugeschrieben. Mehrere Choräle in einem
Oratorium werden vom Rezipienten dadurch bereitwillig zueinander in Bezug gesetzt und
als Einheit empfunden.
Ähnlich ist auch der oben bereits erwähnte „Chor der Toten“ in D AS F LOß
DER
M EDUSA von
Hans-Werner Henze und Ernst Schnabel nicht nur durch den italienischen Text eindeutig gekennzeichnet, sondern zusätzlich durch die Tatsache, dass dieser vollständig
aus Zitaten aus Dantes G ÖTTLICHER K OMÖDIE besteht.
BEZÜGE
Textinterne Bezüge spielen ebenfalls eine Rolle bei der Distinktion der verschiedenen
Ebenen des Oratoriums. Einzig in der Ebene des Geschehens sind syntagmatische
287
Frieberger: Mysterium Crucis, Nr. 5
288
vgl. Abschnitt 2.5.3, S. 98ff
118
Bezüge, nämlich die zeitliche Progression des Handlungsverlaufs, vorherrschend. Bezüge
zu anderen Ebenen weist die Ebene des Geschehens jedoch nicht auf; sie ist vollständig
in sich abgeschlossen.
Die Reflexionsebenen unterscheiden sich von der Ebene des Geschehens dadurch, dass
Bezüge innerhalb der einzelnen Ebenen hinter denen zu anderen Ebenen – vor allem zur
Ebene des Geschehens – deutlich zurücktreten. Ein Abschnitt einer Reflexionsebene
bezieht sich in der Regel auf das unmittelbar zuvor Geschilderte: er unterbricht das
Geschehen und kommentiert oder interpretiert den gerade erreichten Handlungspunkt.
Im Gegensatz zur Ebene des Geschehens, in der der Faden immer wieder aufgenommen
wird, sind jedoch in den Reflexionsebenen Bezugnahmen auf frühere Einschübe, die der
gleichen Reflexionsebene zuzurechnen sind, eher selten.
In themenorientierten Oratorien, in denen die Ebene des Geschehens fehlt, verändert
sich die Art der Bezüge zwischen den Ebenen: Anstelle der Bezüge auf die Ebene des
Geschehens entsteht ein Geflecht aus gegenseitigen Bezügen der Kommentarebenen
untereinander. Auf diese für die Struktur des Oratoriums entscheidenden paradigmatischen Bezügen werden wir in Abschnitt 3.4 ausführlich zu sprechen kommen.
119
3.3
S TRUKTURFORMEN
DES
O RATORIUMS
Für die weitere Untersuchung können wir die Oratorienlibretti nun einerseits quantitativ
anhand der Zahl der vorhandenen Ebenen klassifizieren, andererseits qualitativ. Die
qualitative Klassifikation berücksichtigt, wie die verschiedenen Ebenen zueinander
stehen, ob und in welchen Maße sie aufeinander Bezug nehmen, wie sie angeordnet sind
bzw. wie stark sie ineinander verschränkt sind, und wie dominant ihre jeweilige Stellung
innerhalb des Gesamttextes ist.
Die Ebenenstruktur eines Oratorienlibrettos kann man sich auf einer doppelten Skala
angeordnet vorstellen: Die quantitative Skala reicht vom eindimensionalen Oratorientext
bis zum vielstimmigen Gewebe, in dem sich kaum noch zusammengehörige Ebenen
ausmachen lassen. Die qualitative Skala reicht von einer starken Abgegrenztheit und
geringen Interaktion der verschiedenen Ebenen bis hin zu einer hohen Durchdringung
und einem dichten Geflecht von Bezügen und Bezugnahmen.
Im Folgenden ist erstes Unterscheidungskriterium, ob sich eine Ebene des Geschehens
nachweisen lässt. Ist dies der Fall, so wird überprüft, ob sich Kommentarebenen finden
und ob diese mit der Ebene des Geschehens eingewoben sind, indem sie den Handlungsverlauf unterbrechen, oder nicht. Die sich daraus ergebenden Strukturformen nenne ich
zusammengefasst
BERICHTENDE FORMEN.
Die Strukturformen ohne Ebene des Geschehens sind die
DIALOGISCHEN
FORMEN. Hier ist die
Interaktion der vorhandenen Kommentarebenen entscheidend; die bloße Anzahl der
Ebenen wirkt sich in der Regel nicht strukturell aus.
3.3.1
Erzählen und zeigen: der Bericht
Der REINE BERICHT stellt die eindimensionale Form des Oratorientextes dar. In dramatisch
angelegten Texten kommen zwar möglicherweise mehrere Personen und somit mehrere
„Stimmen“ vor, das Geschehen spielt sich jedoch auf einer einzigen Ebene ab, die nicht
von Kommentaren oder anderen Einschüben durchbrochen wird. Liegt dem Bericht ein
epischer Text zugrunde, wird dieser in der Regel mit wechselnden Besetzungen
vorgetragen.
Ein Beispiel für einen episch angelegten Bericht ist Wolfgang Stockmeiers J EFTA
UND SEINE
T OCHTER . Textgrundlage ist eine Erzählung von Lion Feuchtwanger, die wörtlich (wenn
auch gekürzt) im Wechsel von Chor und Solisten vorgetragen wird.
120
Dramatisch angelegte Oratorien, in denen die auftretenden Personen keine kommentierende Funktion außerhalb der Handlung erkennen lassen, zählen ebenfalls zu den
Reinen Berichten. Ein Beispiel ist Johannes Driesslers Oratorium G AUDIA
MUNDANA .
Das Kriterium der Dialogizität ist bei diesem Strukturtypus vom Text her nicht gegeben.
Ein entsprechender oberflächlicher Eindruck ergibt sich nur aufgrund der wechselnden
Besetzungen in der Vertonung. Reine Berichte sind allerdings sehr selten; außer den
genannten beiden sind mir keine bekannt. Insofern darf das Fehlen dialogischer Strukturen im Oratorienlibretto als Ausnahme angesehen werden, bei der sich Einflüsse
benachbarter Gattungen wie der Oper oder älterer, im Zuge der kirchenmusikalischen
Erneuerungsbewegung wiederbelebter Vokalgattungen (z. B. der Historie) bemerkbar
machen.
3.3.2
Beschreiben und deuten: der Kommentierte Bericht
Im KOMMENTIERTEN BERICHT treten zur Ebene des Geschehens eine oder mehrere Kommentarebenen. Dies ist die typische Struktur eines handlungsorientierten Oratoriums: 38
Oratorientexte, also gut die Hälfte der untersuchten Libretti, lassen sich ihm zuordnen.
Der Vorläufer dieses Strukturtypus findet sich in der Drei-Ebenen-Dramaturgie, die im
frühen 19. Jahrhundert als vorbildhaft für das Oratorium galt.289 Ihr zufolge vereint das
ideale Oratorium einen episch-dramatischen Bericht mit lyrischen Gefühlsäußerungen in
den Arien und kommentierenden Reflexionen in den Chören.290 Dieser Auffassung folgt
im übrigen auch die oben zitierte Interpretation der Matthäus-Passion von Emil Platen,
die am Anfang unserer Überlegungen zur Ebenenstruktur stand.291
Im Gegensatz zur herkömmlichen Einteilung Rezitativ – Arie – Choral variiert die Anzahl
und die Ausgestaltung der Reflexionsebenen im zeitgenössischen Oratorium stark. Die
althergebrachte Form mit zwei Reflexionsebenen (Arien als Kommentare eines subjektiven, gläubigen Ichs sowie Choräle als Reflexion der Gemeinde) ist eher selten. Auch
Umfang und Stellenwert der Reflexionsebenen gegenüber der Ebene des Geschehens
variieren.
Dem Reinen Bericht sehr nahe steht Rudolf Kelterborns D IE F LUT . Dieses Oratorium weist
nur eine einzige, stark reduzierte Kommentarebene auf. Sie beschränkt sich auf wenige
289
vgl. Kirsch 1986, S. 224f.
290
Kirsch 1986, S. 226
291
vgl. Abschnitt 3.1.2, S. 107f.
121
„Meditationen“, die an drei Stellen in den Genesis-Bericht der Sintflut eingestreut sind.
Ähnlich verfährt auch die A LTDORFER -P ASSION von Augustinus Franz Kropfreiter und HansHubert Schönzeler. Sie unterbricht den synoptischen Passionsbericht nur dreimal für
eine längere Meditation, die aus Bibelworten zusammengestellt ist.
In vielen Oratorien mit einer einzigen Reflexionsebene tritt der Chor in Chorälen oder
choralartig gereimten Passagen als Stellvertreter der gläubigen oder auch zweifelnden,
verunsicherten Gemeinde dem Geschehen gegenüber. In Waldemar Blochs P ASSIO D OMINI
beispielsweise wird der synoptische Passionsbericht von traditionellen Choraltexten
unterbrochen, die Gläubigkeit und Verehrung ausdrücken. In Jürgen Blumes und Eugen
Eckerts H IOB hingegen artikulieren die Choräle den Zweifel und die Sehnsüchte moderner
Gläubiger, für die sich das überlieferte Gottesbild nur schwer mit der Wirklichkeit
vereinbaren lässt.
Dem traditionellen Drei-Ebenen-Typus entsprechen V ON
Matthias Drude und Dietrich Mendt sowie D AS F EUER
DES
DEN
M ÜHEN DER H EIMKEHR von
P ROMETHEUS von Alfred Koerppen.
Die Erzählerberichte – das biblische Buch Esra bzw. eine Paraphrasierung des antiken
Prometheus-Mythos – werden einerseits von kollektiven, andererseits von individuellsubjektiven Kommentaren durchkreuzt. Während in beiden Oratorien der Chor eine
übergeordnete Perspektive einnimmt, sind die Soli sehr unterschiedlich gestaltet: bei
Koerppen vertreten sie das moderne Publikum, bei Drude sprechen sie aus der Zeit des
Geschehens heraus.
An den Drei-Ebenen-Typus eng angelehnt sind auch die NGL-Oratorien von Siegfried
Fietz und Johannes Jourdan (P ETRUS , P AULUS , S IEHE
ICH BIN DES
H ERRN M AGD u. a.) zu. Jedoch
verschwimmt bei ihnen streckenweise der Unterschied zwischen der individuellen
Reflexionsebene (Arien) und dem Gemeindekommentar (Chöre).
Ein modifiziertes Drei-Ebenen-Modell bietet N ON
SUM QUALIS ERAM
von Helmut Eder und
Herbert Vogg, bei dem die Ebene des Chors den „unschuldig[en], von keiner Reflexion
gebrochenen Glauben“ darstellt und die andere (solistisch besetzte) Reflexionsebene die
„Brechung der Unschuld des ursprünglichen Glaubens“.292
Demgegenüber legt Marcel Rubin zwar in seinen beiden Oratorien (A UFERSTEHUNG , L ICHT
ÜBER
D AMASKUS ) von der Besetzung her einen klassischen Drei-Ebenen-Typus an, im Text
jedoch zeigen die Arien und die Chöre keine signifikanten Unterschiede und müssen
deshalb einer einzigen Kommentarebene zugerechnet werden.
292
vgl. Matejka 1977
122
Eine differenzierte Struktur der Kommentarebenen hat Anton Vögele in P ASSION
geschaffen. Der in Sprechsoli artikulierte persönlich-individuelle Kommentar zum
Geschehen entspricht weitgehend den Arien des traditionellen Drei-Ebenen-Modells.
Dazu treten zwei weitere Ebenen: Der Sprechchor ist dem Chor der griechischen Tragödie
verwandt und begleitet „nach Art der alten griechischen Tragödie das Geschehen
warnend und klagend“293. Der Gesangschor ist dem Geschehen fast vollständig entrückt
und hat eine Funktion, die man am ehesten als liturgisch bezeichnen könnte.
In N OAHS T OCHTER von János Tamás und Claudia Storz findet sich eine ähnliche
Konstellation. Das vom Sprecher vorgetragene Geschehen wird von verschiedenen
Chorgruppen kommentiert. Der „Spottchor“ steht Noahs Tun mit vollkommenen
Unverständnis gegenüber; der „Chor der Söhne Noahs“ verteidigt es. In „lyrischen
Zwischengesängen“ formulieren die Angehörigen Noahs ihre Angst angesichts des
Bevorstehenden. Mit der Figur der Tochter schließlich, die sich am Ende der Arche
widersetzt, artikuliert sich die Stimme eines von modernen Erfahrungen geleiteten
Gewissens.
Eines der interessantesten – und dank der Umstände seiner (verhinderten) Uraufführung
vermutlich auch bekanntesten – Oratorien dieses Strukturtypus ist D AS F LOß
DER
M EDUSA
von Hans Werner Henze und Ernst Schnabel. Als Berichterstatter tritt Charon auf.
Zusammen mit den zu Wort kommenden, weitgehend anonym bleibenden Floßinsassen
und Kindern („Chor der Lebenden“ und Kinderchor) bildet sein Bericht die Ebene des
Geschehens. Dazu tritt als erste, nicht vollständig von der Ebene des Geschehens zu
separierende Reflexionsebene der Augenzeugenbericht des Jean-Charles. Den Floßinsassen, die dem Zuhörer als mal verzweifelte, mal grausame, mal hoffnungslose, immer
jedoch gesichtslose Masse gegenübertreten, setzt er den Willen zum Überleben, zum
Mitleid und zur Solidarität entgegen. Er reflektiert die Situation, anstatt sich ihr
auszuliefern.
Einen Kontrast zu dieser Haltung, aber auch einen Kontrapunkt zum Geschehen liefert
die zweite Reflexionsebene, die der „Chor der Toten“ einnimmt. In Worten aus Dantes
G ÖTTLICHER K OMÖDIE entwerfen sie die – für die Sterbenden und Hoffnungslosen immer
verlockendere – Vision eines von irdischen Qualen erlösenden Jenseits, dem aber auch
das menschliche Mitfühlen verloren gegangen ist. Diese Reflexionsebene ist sprachlich
293
295
vgl. Vögele 2002
Schon an diesem kurzen Zitat zeigt sich das von Driessler verwendete Verfahren, den Text vollständig aus
Bibelzitaten zusammenzustellen, die teilweise bis zur Unkenntlichkeit fragmentiert und aus dem
Zusammenhang gerissen werden. „Es ist in keinem anderen Heil“ stammt aus Apostelgeschichte 4, 12,
„Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ aus Hebräer 13, 8, „Von ihm und
durch ihn und zu ihm sind alle Dinge“ aus Römer 11, 36.
123
von den anderen Ebenen deutlich abgesetzt: sie verwendet ausschließlich den italienischen Originaltext Dantes.
Die allegorische Figur La Mort nimmt eine interessante Zwischenstellung ein. Ihre
Verlockungen und ihr Eingreifen sind entscheidender Bestandteil des Geschehens.
Gleichzeitig spricht sie jedoch aus einer Perspektive, die dem „Chor der Toten“ nahe
steht.
D AS F LOß DER M EDUSA ist ein Beispiel, wie trotz einer sehr überschaubaren Anzahl von
Reflexionsebenen ein vielschichtiger Text mit einem hochkomplexen Geflecht von
Sinnbezügen und einer hohen Durchdringung der Reflexionsebenen entstehen kann –
ohne die durch einen Erzählerbericht vorgegebene Grundstruktur völlig aufzugeben.
3.3.3
Ein Sonderfall: der Gerahmte Bericht
Aufgrund seines geringen Durchdringungsgrades von Kommentar und Bericht nimmt der
EINGERAHMTE BERICHT eine Sonderstellung ein. Hier ist die Kommentarebene auf ein
Minimum reduziert und besteht nur noch aus einer kurzen Einleitung und/oder einer
Schluss-Sentenz. Solche Kommentare bilden den Rahmen, in dem das geschilderte
Geschehen zu deuten ist.
In Wolfgang Stockmeiers J ONA beispielsweise wird der wörtlich aus dem Buch Jona
übernommene epische Bericht umrahmt von Psalm 139 und einem Abschnitt aus dem
Buch Jesaja. Die einleitenden Psalmworte entwerfen den theologischen Hintergrund, vor
dem die Jona-Geschichte verstanden werden soll: „Erforsche mich, Gott, und erkenne
mein Herz; prüfe mich... Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf
ewigem Wege.“ Das Finale deutet die Geschichte nachträglich: „Meine Gedanken sind
nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr“. Als
Resümee zieht es Schlussfolgerungen für das eigene Handeln: „Suchet den Herrn,
solange er zu finden ist“.
Ähnlich verfahren die überwiegend dramatisch gestalteten Oratorien D E
PROFUNDIS
von
Johannes Driessler und V IRATA von Horst Ebenhöh. Bei Ebenhöh wird der Rahmen durch
den Chor mit Vorsänger gestaltet. Im Eingangschor formuliert der Chor die zentrale
Problemstellung, die im Verlauf des Oratoriums anhand des Lebens von Virata veranschaulicht wird: Dass niemand frei von den Folgen seines Handelns ist, und auch
Nichtstun Handeln bedeutet. Während zu Beginn die Beschreibung des Grundproblems
im Vordergrund steht, erhält der weitgehend übereinstimmende Schlusschor durch die
124
abschließenden Worte „Was ist denn Tat? Was ist Nichtstun? Der Tat Wesen ist
abgrundtief“ einen resümierenden und belehrenden Charakter.
Driessler verfährt in D E P ROFUNDIS ähnlich wie Stockmeier: Das „Präludium“ umreißt die
Ausgangssituation. Der Chor als Stellvertreter der Gläubigen bittet um Rettung und
Schutz vor Frevel und Sünde. Der Schlusschor enthält – nach der Schilderung babylonischer Zustände, dem Abfall von Gott und anschließender reuiger Rückkehr – ein
demütiges Schuldbekenntnis und die Bitte um Erlösung.
Ein anderes Oratorium Johannes Driesslers, D ER L EBENDIGE , stellt eine Variation dieses
Strukturtypus dar. Nicht das Oratorium als ganzes, sondern jeder der vier Teile hat
einen Einleitungschor. Zusätzlich gibt es einen Schlusschor. Dieser enthält – wie bei den
schon genannten Oratorien – in zusammengefasster Form die eigentliche Botschaft: „Es
ist in keinem andern Heil: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in
Ewigkeit. Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.“295 Auch Harald Heilmanns D ER S ÜNDENFALL , der keine Eingangs-, sondern nur eine Abschlussbetrachtung hat,
lässt sich hier einordnen.
3.3.4
Von allen Seiten betrachtet: die Befragung
Was aber, wenn das Bezugsgeflecht nicht mehr durch eine Handlung vorgegeben ist,
sondern durch eine übergeordnetes Thema? Wenn es zwar mehr als eine Kommentarebene gibt, sich die verschiedenen Ebenen jedoch nicht durchdringen? D ER B AUM
DES
H EILS
von Thomas Daniel Schlee und Reinhard Deutsch ist solch ein Oratorium. Die Handlung,
nämlich die Legende vom Kreuzesstamm, ist der zweite von insgesamt vier Abschnitten
des Oratoriums. Der „Baum des Heils“, wie das Thema im Titel schon benannt wird,
stand der Legende nach schon im Paradies; Noah fertigte aus ihm die Arche, das Volk
Israel die Bundeslade, und schließlich wurde aus ihm auch das Kreuz Christi gefertigt.
Der in einem neutralen Erzähltonfall gehaltene epische Bericht wird ergänzt durch die
Abschnitte „Pietà“, der eine Klage Marias am Kreuz darstellt, „Offertium“, der distanziertüberhöht die christliche Erlösungsbotschaft formuliert, und das abschließende „Laudes
Crucis“ des Chors als Anbetung der gläubigen Gemeinde. Anders als bei einem Kommentierten Bericht unterbrechen die Kommentarebenen nicht den Bericht, um auf einen
Punkt der Handlung Bezug zu nehmen. Vielmehr kreisen sie um den Gedanken der
Schrifterfüllung und der schicksalhaften Verquickung verschiedener zentraler Ereignisse
der biblischen Heilsgeschichte. Es handelt sich also, obwohl auf ein Geschehen referiert
wird, eher um ein themen- als ein handlungsorientiertes Oratorium.
125
Solche Oratorien, in denen der Text in einzelne, deutlich voneinander getrennte Abschnitte gegliedert ist (oft in der Komposition durch Besetzungswechsel bzw. musikalische „Nummern“ ausdrücklich unterstützt), die das gewählte Thema aus verschiedenen
Perspektiven betrachten, nenne ich BEFRAGUNG. Die Befragung ist der am zweithäufigsten
verwendete Strukturtypus. Mit elf nachweisbaren Werken ist sie jedoch zahlenmäßig
schon erheblich seltener als der Kommentierte Bericht und macht nur etwa 15 % des
Bestandes aus.
In der Befragung setzen sich die einzelnen Abschnitte nach und nach zu einem komplexen, mehrschichtigen Bild zusammen. Die verschiedenen Ebenen sind dabei in Blöcken
angeordnet; der Durchdringungsgrad ist gering. Das Thema wird in der Regel im Titel
genannt und/oder im ersten Textblock vorgestellt. Die innere Dynamik des Textes folgt
bei Befragungen nur noch dort einer Handlung, wo sie als so bekannt vorausgesetzt
werden kann, dass wenige Hinweise im Text genügen, dass sie implizit mitgelesen bzw.
mitgehört wird.
Letzteres ist bei vielen Weihnachts- oder Passionsoratorien der Fall. So positioniert
Giselher Klebe im Zentrum seines W EIHNACHTSORATORIUMS eine Erzählung von Heinrich Böll,
die er mit Gedichten von Rudolf Alexander Schröder, Peter Härtling, Texten der Bibel und
anderen Texten ergänzt.296 Die Anordnung der Teile folgt der Handlung der biblischen
Weihnachtsgeschichte, die jedoch selbst im Text nicht anwesend ist (das einzige Zitat
aus dem Evangelium des Lukas ist der Friedensgruß der Engel: „Ehre sei Gott in der
Höhe“). Doch durch den Titel W EIHNACHTSORATORIUM ist der Kontext klar genannt, so dass
der Leser/Zuhörer das Oratorium vor dem Hintergrund der wichtigsten Stationen der
Weihnachtsgeschichte aufnimmt: von der Herbergssuche, der Verkündung der Hirten bis
hin zur Aufwartung der drei Könige. So wird die Einleitung „Lass schauen uns dein
Angesicht“ (ein Gedicht von Rudolf Alexander Schröder) leicht mit der Adventszeit
assoziiert, wie auch die Arie „Mache dich auf, werde Licht“ mit Zeilen aus Jesaja 59/60
die Ankunft des Herrn ankündigt, wobei das Lichtmotiv, das sich durch das ganze
Oratorium zieht, weiter ausgebaut wird. Das Duett „Flügel“ bringt die Engel ins Spiel,
und spätestens bei dem folgenden Choral „Vom Himmel hoch“ ist auch der
Leser/Zuhörer bei den Hirten auf dem Felde angekommen.
Doch wie in D ER B AUM
DES
H EILS steht auch bei Klebe weniger die Handlung, die überlieferte
Bibelgeschichte oder Legende, als vielmehr die ihr innewohnende Botschaft im Mittelpunkt. Insofern unterscheiden sich diese beiden Oratorien nicht grundsätzlich von
296
vgl. Maria Elisabeth Brockhoff: Giselher Klebes Weihnachtsoratorium op. 101 (1989), in Beer/Lüteken
1995, S. 581-595
126
solchen, die sich überhaupt nicht mehr auf eine Handlung beziehen. Allerdings wird hier
der Verlauf des Textes noch durch die verborgene Handlung bestimmt. Oratorien, die
weder eine Handlung enthalten noch auf eine fortlaufende Geschichte referieren, verwenden häufig Leitmotive oder ganze LEITTEXTE, um eine innere Geschlossenheit zu
erreichen und Spannungsbögen aufzubauen.
Ein typisches Beispiel ist V OM T ODE von Karl Schiske, das Meditationen über den Kreislauf
von Leben und Sterben lose aneinander reiht. Den Zusammenhang und inhaltlichen
Fluchtpunkt stellt eine Gedichtstrophe von Rainer Maria Rilke dar, die leitmotivisch
immer wieder auftaucht und dadurch nicht nur die einzelnen Textteile verbindet,
sondern auch das Oratorium in größere Abschnitte gliedert:
O Herr, gib jedem seinen eignen Tod,
das Sterben, das aus jenem Leben geht,
darin er Liebe hatte, Sinn und Not.297
Dieser Leittext zum Beginn des Oratoriums stellt das Thema vor. In sechs Abschnitten
(Prolog, Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Epilog) folgen Texte von Dichtern verschiedener Epochen, die sich mit Leben, Vergänglichkeit und Tod befassen, wobei die Jahreszeiten für die Lebensalter des Menschen stehen. Jeder Abschnitt schließt mit einer
Wiederholung des Leittextes, der dadurch eine besondere Eindringlichkeit erhält und
gleichzeitig eine inhaltliche und formale Klammer um die anderen Abschnitte des
Oratoriums bildet.
Eine einmalige Mischform zwischen Bericht und Befragung stellt Kurt Rapfs P ASSIO
A ETERNA dar. Rapf stellt zwei gleichwertige Ebenen, nämlich den Passionsbericht der Bibel
und einen Leidensbericht eines KZ-inhaftierten Pfarrers, in großen Blöcken einander
gegenüber. Keiner der beiden Berichte hat Priorität vor dem andern. Damit lässt sich
nicht eine Berichtsebene gegenüber einer Kommentarebene abgrenzen; vielmehr sind
beide Ebenen Bericht und Kommentar gleichzeitig. Dazu kommt ein Rahmen: Zum
Beginn und zum Ende des Oratoriums singt der Chor das Lob Gottes.
3.3.5
Gegenseitige Ergänzung: der Dialog
In handlungsarmen, themenorientierten Oratorien müssen die Ebenen nicht in Blöcken
aufeinander folgen, wie in der Befragung. Die Ebenen können auch einen sehr hohen
Durchdringungsgrad aufweisen. Dieser Strukturtyp soll im Folgenden DIALOG heißen. Mit
elf Werken ist er genauso häufig wie der Strukturtyp Befragung.
297
Aus dem Stundenbuch, vgl. Rilke 2000, S. 100
127
Im Dialog kommen mehrere kommentierende Stimmen, die unterschiedliche Perspektiven einnehmen, zu Wort. Es lässt sich keine Ebene des Geschehens mehr bestimmen;
vielmehr nehmen alle Ebenen wechselseitig aufeinander Bezug. In der unmittelbaren
Bezugnahme, die sich auch in Unterbrechungen, kurzen Abschnitten und auch Gleichzeitigkeiten (in Ensembles) spiegelt, liegt der wesentliche Unterschied zur Befragung. In
ihrer Vielstimmigkeit, in der sich Perspektiven abwechseln, verändern und gegenseitig
durchkreuzen, spiegeln diese Libretti die Vielfalt der Assoziationen und Auslegungen, die
eine Auseinandersetzung mit der christlichen Botschaft und ihren Traditionen mit sich
bringen kann. Die Abgrenzung zu Oratorien mit dramatisch angelegter Berichtsebene ist
nicht immer eindeutig zu treffen. Denn oft sind die vorkommenden Stimmen auch direkt
an der Handlung Beteiligte. Entscheidend ist dabei, ob die Mehrzahl der Stimmen in der
Zeit und Perspektive der Handlung verharren – in diesem Fall wäre das Oratorium eher
als Kommentierter Bericht zu werten. Wenn die „handelnden“ Stimmen jedoch gleichzeitig reflektierend aus der Handlung heraustreten, ist von einem Dialog auszugehen.
Ebenfalls handelt sich um einen Dialog, wenn eine Handlung fehlt oder auf ein Minimum
reduziert ist.
D IE S ELIGEN von Joseph Haas und Ludwig Schuster ist ein Beispiel für einen typischen
handlungslosen Dialog. Die am Dialog Beteiligten werden im Libretto explizit benannt
und auch in der Besetzungsliste aufgeführt: „das Gewissen“, „der Rufer in der Wüste“,
„die Betrachtenden“, „die Seligen“, „die Kinder der Welt“, „die Gottsuchenden“ und „die
Geläuterten“.
Die Textpassagen der Betrachtenden bilden das neutrale Grundgerüst des Dialogs. Sie
geben distanzierte, kurze Beschreibungen vom Zustand des Menschen und der Welt und
leiten so thematisch zu den nächsten Abschnitten über. Die Kinder der Welt sind die
Hauptakteure. Sie repräsentieren die Menschen, die mal schwankend im Glauben, mal
zweifelnd, zornig oder übermütig ihre irdischen Ziele verfolgen, jedoch immer wieder auf
Gott zurückkommen. Mit ihnen gleichzusetzen sind die Gottsuchenden und die Geläuterten, die nur jeweils einmal – nämlich im Prolog bzw. Epilog – auftreten. Im Laufe des
Oratoriums machen nämlich die Kinder der Welt einen Prozess der Läuterung hin zur
Erlösung durch: Sie werden von Gottsuchenden zu Geläuterten. Der Rufer in der Wüste
ist eine Prophetenfigur, die in Anlehnung an Johannes den Täufer gestaltet ist. Er mahnt
und droht, erinnert aber auch an die Verheißungen Gottes. Das Gewissen steuert
passende Sinnsprüche bei, die den Texten des Angelus Silesius, den Lehrbüchern des
Alten Testaments und anderen literarischen Quellen entnommen sind; es vertritt eine
allgemeine moralische Instanz. Die Seligen schließlich formulieren als Vertreter des
Wortes Gottes Aspekte der christlichen Erlösungsbotschaft.
128
Diese fünf treten miteinander in einen intensiven Dialog, der beinahe schon dramatisch
genannt werden kann, wenn man davon absieht, dass so gut wie keine Handlung stattfindet. Der Text kreist um verschiedene Aspekte der Bergpredigt. Der erste Abschnitt,
„Die Armen im Geiste“, beginnt mit einem Ausruf der Betrachtenden: „Seht die Toren!
Wie sie toben gegen Gott in wildem Wahn! Sie rotten sich zusammen zum Kampfe gegen
Gott.“298 Darauf hin treten die Kinder der Welt auf, voll rebellischem Hochmut: „Stürzen
wir doch alles Alte .../Es gibt keinen Gott!“. Das Gewissen schaltet sich ein, mahnt zur
Demut: „Mensch, dünke dich nur nicht vor Gott mit Werken viel,/denn aller Heilg’en Tun
ist gegen Gott ein Spiel“, kann aber noch nicht viel ausrichten. Auch der Rufer in der
Wüste erntet auf seinen Prophezeiungen und Drohungen nur neuen Spott der Kinder der
Welt: „Gott zu dienen ist Unsinn!“. Schließlich kommen die Seligen zu Wort, mit den
Worten der Bergpredigt: „Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.“ Diese Stelle markiert dien Wendepunkt. Die Kinder der Welt horchen auf: „Ist
Gnade das,/was aus den Himmeln bricht?“ Die Einwände des Gewissens finden nun
einen Widerhall. Der Rat „Besser ist, gering zu sein, als des Stolzen Beute zu teilen“ wird
von den Seligen bekräftigt mit den Worten „Was die Welt wertlos schilt,/was keinen Deut
ihr gilt,/was sie nicht schätzt und zahlt,/das hat Gott auserwählt.“. Die Kinder der Welt
nehmen die Botschaft auf: „Gott allein setzt die Werte;/es rühme sich kein Mensch vor
ihm.“ Und so können die Betrachtenden schließlich befriedigt feststellen: „Seht die Toren
haben sich gewandelt; ihre Ohnmacht haben sie erkannt, Toren sind sie nimmer. Heil
geht ihnen auf, es übermannt sie Ehrfurcht vor dem Herrn.“
Ähnlich sind auch die folgenden Abschnitte aufgebaut. Prolog und Epilog heben sich ein
wenig ab; in ihnen tritt nur das Gewissen mit den Gottsuchenden bzw. den Geläuterten
in Dialog, und es bleibt bei allgemeinen, sentenzhaften Aussagen. Der Prolog formuliert
die Aufgabenstellung an den Zuhörer, das „Lernziel“: „Mensch, werde wesentlich“. Den
Schlüssel dazu nennt der Epilog: Besinnung auf Gott und den christlichen Glauben.
D IE S ELIGEN bietet ein Beispiel, wie Leittexte, die sonst vor allem in Oratorien des Struktur-
typs Befragung vorkommen, auch in anderen Formen Verwendung finden. In diesem Fall
ist der Leittext die Bergpredigt Jesu299. Der Oratorientext folgt der inhaltlichen Gliederung der Bergpredigt, und behandelt in größeren Abschnitten nacheinander „Die Armen
im Geiste“, „Die Trauernden“, „Die Sanftmütigen“, „Die Hungernden und Dürstenden“,
„Die Barmherzigen“, „Die Reinen“, „Die Friedfertigen“ und „Die Verfolgten“. Fragmente
des Bibeltextes sind den sogenannten „Seligen“ in den Mund gelegt. Diese Fragmente
298
Diese und die folgenden Zitate aus Joseph Haas, Die Seligen, I. Die Armen im Geiste.
299
Matthäus 5
129
lassen sich jedoch nicht zum vollständigen Prätext zusammensetzen, noch lässt sich eine
refrainartige Regelmäßigkeit erkennen, wie sie in Befragungen häufig vorkommt.
Bei Henning Frederichs’ P ETRUS , zunächst als „Biblische Sensopera“ veröffentlicht, ist die
Ausgangskonstellation übersichtlicher. Dem Oratorium liegt – wie der Titel schon sagt –
die Geschichte des Petrus zugrunde, genauer: entscheidende Lebensstationen aus der
Passions- und Apostelgeschichte. Der Bericht der Handlung wird aus einem inneren
Zwiegespräch zwischen dem am Ende seines Lebens stehenden Petrus als zweifelnden,
sich rechtfertigenden Menschen einerseits und „Memoria“ andererseits, die Erinnerung
und Gewissen des Petrus darstellt, entwickelt. In den Partien Memorias findet sich die
Berichtsebene in transformierter Form wieder. Sie wird also nicht ausschließlich von
einem neutralen Standpunkt aus erzählt, sondern ergibt sich erst aus der Kombination
dieser beiden subjektiven, teilweise widerstreitenden Stimmen.
Neben Petrus und Memoria tritt der Chor auf, der größtenteils der kompositorischmusikalischen Ausschmückung des Textes dient und vor allem in der – von Memoria
oder Petrus zitierten – wörtlichen Rede Jesu oder größerer Menschenmengen zum
Einsatz kommt. Einleitungs- und Schlusschor bilden eine eigene, rahmengebende
Ebene, die durch einen Sprachwechsel zum Lateinischen gekennzeichnet ist. Zu dieser
Ebene, die wie bei den meisten Oratorien mit einem solchen Rahmen der thematischen
Einbettung des Oratoriums dient, lässt sich auch der Sprecher rechnen, der nur zu
Beginn des Oratoriums auftritt und mit der Schilderung der Ausgangssituation in das
Geschehen einführt.
Ein weiteres Beispiel für einen Dialog, in dem eine Kommentarebene einen Rahmen
bildet, bietet Horst Ebenhöh mit V ON
DER
H OFFNUNG . Eingangs- und Schlusschor haben
dabei identische Texte. Während zu Beginn die Exposition der Grundsituation (die
Geburt eines Kindes wird erwartet) im Vordergrund steht, erhält bei der Wiederholung
am Ende des Oratoriums die Abschlusszeile besonderes Gewicht und liefert zusammengefasst die eigentliche Botschaft des Oratoriums: „Hoffnung kommt in die Welt mit jedem
Kind“300. Gegenüber diesem Rahmen bilden den Hauptteil des Oratoriums die Betrachtungen der werdenden Eltern, abwechselnd Vater, Mutter und beide kollektiv im Duett
oder als Chor. Beide reden voneinander mit „ich“ und „du“; der Perspektivwechsel wird
nur durch die Besetzung durch unterschiedliche Solisten (Sopran und Bariton) eindeutig
kenntlich. Insofern könnte man dieses Oratorium auch als Eingerahmten Bericht auffassen; es ist jedoch zu vermuten, dass der Besetzungswechsel schon bei der Textniederschrift als Perspektivwechsel zwischen Mann und Frau angelegt wurde.
300
Ebenhöh: Von der Hoffnung, Nr. 10
130
3.4
P ARADIGMATISCHE S TRUKTUREN
Die Erzählstruktur der Oper ist laut Albert Gier geprägt durch den „Vorrang des
Zuständlichen gegenüber dem Prozesshaften“301:
Als „Drama der absoluten Gegenwart“ besteht die Oper aus weitgehend statischen
Einzelbildern, die zwar syntagmatisch zu einer Geschichte mit Ausgangs- und
Zielpunkt verknüpft sind; als distinkte Einheiten sind sie aber zugleich
eingebunden in ein System von paradigmatischen, d.h. den linearen Zeitverlauf
transzendierenden bzw. von ihm abstrahierenden Bezügen; sinntragend sind
überwiegend oder ausschließlich die paradigmatischen Strukturen.302
Die paradigmatischen Strukturen der Oper sind dabei weniger dem Zeitverlauf als
assoziativen Sinnbezügen geschuldet: „Das Libretto ... spiegelt die Wirklichkeit des
inneren Erlebens“303, nicht die Wirklichkeit einer Handlung. Wie in Gedanken oder
Träumen kann die Handlung Sprünge machen, verschiedene Erinnerungsfragmente und
gegensätzliche Empfindungen können gleichzeitig präsent sein. „Kausalzusammenhängen kommt dabei geringere Bedeutung zu als Oppositionen und Äquivalenzen.“304
Dies lässt sich für das Oratorium weitgehend bestätigen. Handlungsorientierte Oratorien
nutzen zwar primär die durch die Handlung vorgegebenen syntagmatischen Sinnbezüge.
Weitere Bezüge – kontrastive Oppositionen, Abschnittsüberschriften o.ä. – erweitern in
ihnen den Kontext und verdichten das Sinngefüge. Für die Reflexionsebenen spielen
syntagmatische Bezüge kaum eine Rolle. Wichtiger sind hier die paradigmatischen
Bezüge innerhalb der Ebene bzw. zwischen den Ebenen. Bei den themenorientierten
Oratorien schließlich sind mangels Handlung die paradigmatischen Bezüge vorherrschend. Im Folgenden sehen wir, wie diese paradigmatischen Bezüge funktionieren
und wie sie im Einzelnen aussehen können.
3.4.1
Antithetische Struktur
Ähnlich wie in der Oper begegnet uns im Oratorium häufig eine antithetische Grundkonstellation. Dabei treffen nicht, wie in der Oper, einzelne Personen aufeinander,
sondern es werden verschiedene Sichtweisen in den Kommentarebenen einander
gegenüber gestellt. Die wichtigsten Grundoppositionen im Oratorium lassen sich durch
301
Gier 2000, S. 32
302
Gier 2000, S. 22f.
303
Gier 2000, S. 23
304
Gier 2000, S. 23
131
die Begriffspaare gut/böse, Glaube/Zweifel, Gott/Welt, Seelenheil/weltlicher Erfolg
charakterisieren. Anders als in der Oper zielt die Textstrategie jedoch nicht auf „die
Aufhebung des Gegensatzes in einer Synthese“305, sondern auf die Bestätigung des
göttlichen Prinzips bzw. der darin verborgenen Botschaft der Wahrheit.
In den Hiob-Oratorien (Jürgen Blume und Eugen Eckert, Henning Frederichs, Hermann
Haller, Wolfram Wagner) liegt die zentrale Opposition auf der Hand: Zweifel an Gott und
neue Zuversicht im Glauben. Wolfgang Wagner gestaltet die Ebenen, die in seinem
Oratorium in Blöcken aufeinander folgen, entsprechend des Fortgangs der HiobErzählung: Der erste Block enthält Hiobs Klage und Zweifel an Gott, der zweite – in den
Worten von Hiobs Freund Elihu – Gottes Antwort auf Hiob. Der dritte Block spricht
neues Bangen aus, aus der Perspektive eines distanzierten Betrachters (vielleicht sogar
der heutigen Zeit): „Weh, Hiob, weh, noch bist du nicht am letzten, am einsamst letzten
Fels“306. Darauf antwortet Gott nicht; als Erwiderung bleibt (im vierten Block) einzig die
Bitte um die Nähe und den Beistand Gottes, in den Worten des 102. Psalm: „Verbirg
Dein Antlitz nicht vor mir! Neig her zu mir dein Ohr an meinem Trübsalstage! Erhöre
schnell mich, wenn ich rufe!“307. Der Bezug zwischen diesen vier Ebenen wird durch den
Kontext des Prätextes (Buch Hiob) hergestellt. Da die Hiobsgeschichte im Oratorium
nicht nacherzählt wird und somit keine Ebene des Geschehens existiert, ersetzen
intertextuelle Bezüge den syntagmatischen Handlungsbezug. Darüber hinaus ergibt sich
der Bezug zwischen den Ebenen aus dem ständigen Wechsel zwischen Klage und
Zuversicht, der die Dynamik des Textes bestimmt. Während der erste Bezug nur funktioniert, wenn dem Hörer/Leser der biblische Hiob bekannt ist, erschließt sich der zweite
auch einem Publikum ohne Vorkenntnisse.
Um die Opposition gut/gläubig – schlecht/gottlos ist D IE S ELIGEN von Joseph Haas aufgebaut. Die „Kinder der Welt“, deren Passagen eine der zahlreichen Reflexionsebenen des
Werks bilden, nehmen nacheinander unterschiedliche Haltungen ein, die jeweils eine Art
der Gottesferne spiegeln: Aggressivität und Zerstörungswut, Hoffnungslosigkeit, Trauer,
Rachsucht, Verantwortungslosigkeit. Ihnen treten „das Gewissen“ und „der Rufer in der
Wüste“ entgegen, die jeweils als weitere Kommentarebenen anzusehen sind.308 Daneben
treten als weitere Vertreter der „guten“ Seite die Gottsuchenden sowie die Seligen auf, die
Vertreter des Wortes Gottes sind. Der Bezug zwischen den Ebenen wird wiederum durch
305
306
Gier 2000, S. 25
Wagner: Hiob, Teil III Gesang des Leids. Der Text dieses Abschnitts ist einem Gedicht von Karl Wolfskehl
entlehnt
307
Wagner: Hiob, Teil III Gesang des Leids; vgl. Psalm 102, 2-3
308
zur Ebenenstruktur von Die Seligen vgl. auch Abschnitt 3.3.5, S. 126f.
132
die Konfrontation dieser Prinzipien und den Dialog der Positionen hergestellt. Unnötig zu
erwähnen, dass sich im Lauf des Oratorium die Position der „Kinder der Welt“ immer
mehr an die der Seligen annähert. Dahingegen zeigen die anderen Ebenen keine
Entwicklung; sie sind statische Vertreter eines Prinzips.309
Eine ähnliche Grundkonstellation liegt in Johannes Driessler D ER L EBENDIGE vor. Der Chor
vertritt eine verzagte, an der Nähe Gottes zweifelnde Gemeinschaft, aus der sich der SoloTenor als Individuum herauslöst. Christus tritt als Vertreter der göttlichen Botschaft auf.
Eine vermittelnde Stellung nimmt die Ebene der Sopran-Soli ein: der Sopran greift die
Botschaft Christi stets als erste auf, formuliert neu gewonnene Hoffnung und Bekehrungserlebnisse, von denen sich Tenor und Chor schließlich überzeugen lassen. Auch
hier findet eine Entwicklung vom (schlechten) Zweifel zum (guten) Glauben statt.
Solche dem Text zugrunde liegenden thematischen Oppositionen entsprechen dem, was
Gier als „Kontraststruktur“ bezeichnet. In der Oper werden die Oppositionspaare durch
die handelnden Personen vertreten; diese sind weniger komplexe Charaktere als Verkörperungen eines Prinzips.
Im Oratorium können ebenfalls einzelne Figuren Vertreter eines Prinzips sein. Häufig
treten Repräsentanten der Botschaft Gottes (Jesus, Propheten u. a.) in Opposition zu den
Unzulänglichkeiten der Welt und des Menschen. Anders als in der Oper werden im Oratorium jedoch nicht unbedingt Entscheidungssituationen herbeigeführt, in denen sich
die Opposition zuspitzt und schließlich auflöst. Der Grundkonflikt bleibt vielmehr innerhalb der erzählten Geschichte bestehen, während dem Leser/Hörer eine außerhalb der
Geschichte liegende Erlösung in Aussicht gestellt wird, die in den meisten Fällen in der
christlichen Botschaft begründet liegt.
So wird in V ON
DEN
M ÜHEN DER H EIMKEHR von Matthias Drude und Dietrich Mendt der im
biblischen Buch Esra geschilderte Konflikt zwischen heimkehrenden Israeliten und den
zwischenzeitlich in Israel wohnhaft Gewordenen nicht gelöst und offen gelassen, ob er in
absehbarer Zeit gelöst werden kann. Immerhin besteht die Möglichkeit auf Besserung:
Die Menschen in Israel sind nicht besser geworden,
noch nicht.
Die Israeliten haben sich keinen Frieden gebracht,
noch nicht.
Das wiedervereinigte Land ist kein einig Volk,
noch nicht.
Die Grenzen sind offen geworden, aber die Herzen
noch nicht.
309
siehe auch oben, Abschnitt 3.3.5, S. 127f.
133
Die Sehnsucht findet Erfüllung auf dieser Erde
noch nicht.310
Das Recht der Heimkehrenden, sich niederzulassen, wird schließlich per Gesetz
erzwungen:
Befehl des Königs Darius:
Wenn irgendjemand diesen Erlass übertritt,
der den Juden erlaubt,
ihren Tempel zu bauen,
so soll ihm ein Balken aus seinem Hause herausgerissen
und er daran aufrecht angeschlagen werden. 311
Die Erwähnung des Todes am Balken wird an dieser Stelle genutzt, um einen Sprung in
eine ganz andere Ebene zu machen. Der Balken wird mit dem Kreuz gleichgesetzt, und
eine Verheißung formuliert, die erst aus der Perspektive christlichen Glaubens möglich
ist, der Hunderte von Jahren nach der zugrunde liegenden Bibelerzählung entstand:
Eines Tages wird Gott an den Balken geschlagen.
Er stirbt am Kreuz, damit Menschen leben.
Eines Tages wird Gott von dem Balken rufen:
„Es ist vollbracht. Nun kann Friede werden.“ 312
3.4.2
Kontrastierende Gegenüberstellung
Eine zweite gern genutzte Opposition im Oratorium ist die Gegenüberstellung der
biblisch-christlichen Tradition mit anderen Überlieferungen und Denkweisen. Hier zielt
die Gegenüberstellung weniger auf eine Kontrastierung ab als auf das Aufspüren von
Parallelen und Ähnlichkeiten.
Oskar Gottlieb Blarr stellt in seinen Passions- und Osteroratorien der biblischen
Passionsgeschichte jüdische Überlieferungen gegenüber. Für ihn sind seine Werke ein
„klingender Beitrag zu dem, ... was hierzulande christlich-jüdischer Dialog genannt
wurde und ein Umdenken in Theologie und Kirche nach sich gezogen hat.“313 Die verwendeten Bibeltexte stehen bei Blarr deswegen ausschließlich im hebräischen Original
bzw. in einer hebräisch-aramäischen Rekonstruktion, die er mit zahlreichen weiteren
310
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 17
311
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 18
312
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 19
313
Oskar Gottlieb Blarr: „Wenn du auferstehst – wenn ich aufersteh’. Osteroratorium.“ Einführung im
Programmheft der Uraufführung, Mannheim 3.3.1996 (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)
134
Texten der jüdischen Überlieferung (wie beispielsweise das „Lied vom Lämmchen“ aus
der aschkenasischen Passah-Liturgie314) verbindet.
Das Konzept von Matthias und Hartwig Drude in den S TATIONEN
DER
P ASSION J ESU ist
ähnlich. Der traditionellen biblischen Überlieferung, die – wie ein Sprecher zu Beginn
des Werkes erklärt315 – die römische Macht entlasten wollte und deshalb den Juden die
Schuld am Tod Jesu zuschrieb, stellen sie eine kritische Lesart entgegen, die die Ergebnisse jüdischer Forschungen stärker berücksichtigt. Matthias Drude schreibt dazu:
Bei der Feier anlässlich der Weihe der Dresdner Synagoge sagte der Vorsitzende
des Zentralrats der Juden in Deutschland Paul Spiegel, dass der politische und
rassistische Antisemitismus 1933-45 ohne den jahrhundertealten christlich motivierten Antisemitismus nicht möglich gewesen wäre.... Heute liegt der christlichen
Gemeinde jeder Antisemitismus fern. Dennoch werden die Passionsberichte der
Evangelien weiterhin unreflektiert gelesen und – in Motetten oder Oratorien –
musiziert. Damit wird unbewusst und unabsichtlich ihre antisemitische Tendenz
immer wieder erneuert.
Das Passionsoratorium ... basiert vor allem auf den Erkenntnissen des israelischen
Verfassungsrichters Chaim Cohn. ... Wesentliche Prämissen der Arbeit von Cohn
sind nach dem heutigen Kenntnisstand nicht anfechtbar.316
Auch in Wolfgang Klebers T EFILLA ist die Gegenüberstellung von Christen- und Judentum
von zentraler Bedeutung. Der Darmstädter Kantor und Organist wurde durch das
Stelen-Paar „Bindung und Kreuzigung“, das der israelische Künstler Igael Tumarkin
1993 für den Platz vor der Darmstädter Pauluskirche geschaffen hatte, zur Komposition
angeregt.
Die beiden Stelen symbolisieren Judentum und Christentum. Dicht nebeneinander
stehend blicken sie nach der für beide Religionen heiligen Stadt Jerusalem und
entsprechen in dieser Ausrichtung der für den jüdischen Gottesdienst
vorgeschriebenen Gebetshaltung.
Dazu stellt Kleber Texte der christlichen und jüdischen Tradition einander gegenüber:
Biblische Szenen, deutende Passagen von Lessing, Goethe, Lasker-Schüler, Martin
Buber, Elie Wiesel, Fritz Deppert, Gedichte aus Auschwitz und weitere Quellen sind
zu einem breiten Gedankenstrom um die wechselvolle Geschichte und Gegenwart
der Religionen zusammengeflossen. ... An zentraler Stelle wird über das Schicksal
314
vgl. Blarr: Wenn du auferstehst – wenn ich aufersteh’, Nr. 5 Das Lied vom Lämmchen – Chad gadja
315
siehe auch oben, S. 105
316
Drude: Gedanken zur Konzeption des Passionsoratoriums „Für deine Ehre habe ich mich abgemüht“,
in Drude/Drude: Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in
Anhang 2)
135
von Isaak und Jesus simultan berichtet, ein kühner Versuch, die Gemeinsamkeiten
sinnfällig zu machen.317
Die kontrastierende Gegenüberstellung von christlichen und jüdischen Traditionen dient
also zwei Zielen. Zum einen soll die biblische Überlieferung in kritischem Licht gesehen
und so ein neuer, geschärfter Blick auf altbekannte Geschichten geworfen werden. Zum
anderen betont sie die gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen und stellt somit
einen Beitrag zur Versöhnung nach den schrecklichen Ereignissen der Nazizeit dar.
3.4.3
Motivische und thematische Bezüge
Paradigmatische Bezüge werden vor allem beim Wechsel zwischen den verschiedenen
Zeitebenen wichtig. In V ON
DEN
M ÜHEN DER H EIMKEHR von Matthias Drude und Dietrich Mendt
beispielsweise kreisen die Chöre, Choräle und Arien, die zu der Handlung hinzutreten,
um die Themen Heimat und Fremdheit, Vergangenheit und Zukunft. Fragen, ob eine
fremd gewordene Heimat noch oder wieder Heimat sein kann, und die Konflikte mit
denen, die zwischenzeitlich in der ehemaligen Heimat heimisch geworden sind, durchziehen den Text wie ein roter Faden. Die verschiedenen Zeitebenen werden verknüpft,
indem bestimmte Schlagworte und Formulierungen aufgegriffen und in einen anderen
Kontext gestellt werden. Die vierte Nummer des Oratoriums beginnt mit einem Rezitativ:
Befehl des Königs Kyros:
Israel soll heimkehren.
Nach vierzig Jahren soll Israel heimkehren
und seinen alten Tempel neu errichten
und neu leben im alten Land.318
Die Zeitangabe „nach vierzig Jahren“, die in der Bibel häufig sinnbildlich für eine lange
Zeitdauer von mehr als einer Generation steht, bildet den Ausgangspunkt für den
folgenden Chor. Dieser ist in die Handlung eingebettet, befindet sich also in der Ebene
des Geschehens:
Wir möchten, dass alles wieder so wird,
wie einst es war.
Unsre Vergangenheit
soll unsre Zukunft sein.319
317
Trapp 2001, S. 394
318
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 4
319
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 4
136
Damit ist klar: der Wunsch heimzukehren ist eng verbunden mit dem Wunsch nach der
Wiederherstellung gewesener Verhältnisse. In der daran anschließenden Arie einer
Mutter, die sich ebenfalls noch in der Zeitebene der Handlung befindet, wird das Problematische dieser Position artikuliert. Dabei wird die Formulierung der vierzig Jahre
wieder aufgegriffen, und das zentrale Begriffspaar Heimat – Fremde problematisiert:
Ich habe Angst, Herr.
Ich lebte mein Leben hier, Herr.
Ich lebte hier vierzig Jahre.
Die Fremde ist Heimat geworden,
die Heimat ist Fremde.320
Später, nach der Ankunft der Israeliten in ihrer alten Heimat, als die ersten Konflikte
auftreten, kommt die Mutter wieder zu Wort. Ihre Arie schlägt den Bogen von der Zeit der
Handlung in die heutige Zeit, indem sie Worte wählt, die in der jüngsten deutschen
Geschichte eine feste Bedeutung erlangt haben:
Vierzig Jahre sind eine lange Zeit, Herr.
Vierzig Jahre Fremde schaffen Fremdheit, Herr.
Sind wir hier und die dort noch ein Volk, Herr,
sind wir dein Volk, Herr?321
Spätestens hier zeigt sich, dass auch die vierzig Jahre kein beliebig gewählter Zeitraum
sind, sondern die Autoren des Oratoriums die biblische Geschichte aus dem Buch Esra
wegen ihrer zahlreichen Parallelen zur Situation im gerade wiedervereinten Deutschland
ausgewählt haben. „Sind wir hier und dort noch ein Volk“ greift die 1989 populäre
Losung „Wir sind ein Volk“, mit der die deutsche Wiedervereinigung gefordert wurde, auf
und misst sie an der Realität. Das Sinnparadigma, das V ON
DEN
M ÜHEN DER H EIMKEHR
zugrunde liegt, ist also die deutsche Befindlichkeit nach der Wiedervereinigung, die
anhand der bereits genannten Begriffpaare Fremdheit/ Heimat, Vergangenheit/Zukunft
gespiegelt wird.
Durch die Variation zentraler Motive lassen sich ganze Bezugsketten herstellen. Dies
lässt sich gut an Marcel Rubins A UFERSTEHUNG demonstrieren, das dem klassischen DreiEbenen-Typus nachempfunden ist.322 Der Bericht aus Matthäus 28 wird in regelmäßigen
Abständen von einer Arie unterbrochen, die ein Motiv des Bibeltextes aufgreift und eine
subjektive Reflexion darauf gibt. In den meisten Fällen folgt auf die Arie ein Chor, der
wiederum die Aussage der Arie weiterspinnt. Beispielsweise fordert eine Arie auf die
320
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 5
321
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 13
322
Die Anlehnung an den Drei-Ebenen-Typus erfolgt vor allem über die Abfolge von Rezitativ, Arie und
Choral, weniger anhand der Textgestaltung. Siehe hierzu auch Abschnitt 3.3.2, S. 121
137
Nachricht des Engels am Grabe mit Worten des Angelus Silesius dazu auf, Christus
zuerst in sich selbst zu suchen, und schließt: „Gott wohnt in einem Licht, zu dem die
Bahn gebricht; wer es nicht selber wird, der sieht ihn ewig nicht.“323 An das Motiv des
Lichts knüpft der darauf folgende Chor an. Erst spricht er von der Klarheit des Wassers –
als Symbol für die Lehre Gottes –, und schließt dann direkt an die Formulierung der Arie
an mit „Dass dir im Sonnenschein vergehet das Gesicht,/sind deine Augen schuld und
nicht das große Licht.“324
Die nächste Unterbrechung der Handlung läuft ähnlich ab. Die Worte Jesu „Gehet hin
und verkündiget es meinen Brüdern, dass sie gehen in Galiläa, daselbst werden sie mich
sehen“325 empfindet das lyrische Ich der Arie als Angebot, sogar Geschenk: „Gott ist so
gut auf uns, dass ich's nicht sagen kann; begehr'n wir ihn gleich nicht, er biet't sich
selber an“.326 Mit der Aufforderung, ganz in Gott aufzugehen, fährt die Arie fort: „Wer
Gott recht finden will, muss sich zuvor verlier'n und bis in Ewigkeit nicht wieder sehn
noch spür'n. Wenn du nicht Mensch mehr bist und dich verleugnet hast, so ist Gott
selber Mensch und träget deine Last.“327 Der Chor wiederum greift diesen Gedanken des
In-Gott-Aufgehens mit den Worten „Das Reich Gottes ist in uns“ 328 auf.
Solche paradigmatischen Bezüge zwischen den einzelnen Ebenen sind wichtig für den
inneren Zusammenhalt des Textes. Sie bauen dem Leser/Zuhörer die Brücken für den
Wechsel von einer Ebene zur anderen und bewirken, dass auch Oratorien mit stark
voneinander abgehobenen Ebenen nicht als lose Sammlung von Texten, sondern als in
sich geschlossenes Werk rezipiert werden. Wo das Libretto aus Texten verschiedener
Quellen montiert ist, bewirkt die geschickte Kombination unter Ausnutzung des
motivischen Materials gar die Einheit des Textes.
3.4.4
Hinweise im Nebentext
Vielfach nutzt das Oratorium den Nebentext, um thematische Bezüge deutlich zu
machen. Während im Opernlibretto der Nebentext vor allem der Inszenierung dient,
bildet er im Oratorium einen Subtext, der sich nur dem Leser des Librettos, nicht aber
323
Rubin: Auferstehung, Nr. 7
324
Rubin: Auferstehung, Nr. 8
325
Rubin: Auferstehung, Nr. 9, nach Matthäus 28, 10
326
Rubin: Auferstehung, Nr. 10
327
Rubin: Auferstehung, Nr. 10
328
Rubin: Auferstehung, Nr. 11
138
dem Hörer erschließt. Offensichtlich gehen Oratorienlibrettisten davon aus, dass der
Oratorientext zumindest ergänzend auch in seiner schriftlichen Form rezipiert, also zum
Beispiel im Programmheft oder CD-Booklet abgedruckt wird.
In Kapitel 2 hatten wir bereits etliche Werke behandelt, in denen eine Gliederung mit
Hilfe von Zwischenüberschriften vorgenommen wurde. In Karl Schiskes V OM T ODE sind die
verschiedenen Nummern unter den vier Jahreszeiten gruppiert; Anton Vögele teilt seine
P ASSION in verschiedene „Bilder“ wie Stationen eines Kreuzwegs ein; César Bresgen
gliedert D E
TEMPORE
in „Prolog“, „Von der Unruhe des Menschen“, „Von der Ordnung der
Zeit“, „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ und „Epilog“.
Eine Durchsicht der vorliegenden Libretti zeigt, dass etwa die Hälfte eine solche explizit
im Text vorgenommene Gliederung aufweist. Diese macht sich dem Leser in der Regel
direkt durch textliche und typografische Mittel wie die Verwendung von Überschriftsformaten, Abständen und Trennzeichen kenntlich. Die im Text verborgenen paradigmatischen Bezüge werden durch solche Gliederungen offen gelegt und verstärkt.
In berichtenden Oratorien dienen Zwischenüberschriften in der Regel dazu, den Beginn
einer neuen Episode zu markieren und dadurch den Text in Abschnitte zu unterteilen.
Dagegen haben Zwischenüberschriften in Oratorien der dialogischen Strukturtypen eher
die Funktion einer inhaltlichen Klammer, die den Zusammenhalt einzelner Abschnitte
bewirkt. Gleichzeitig entsteht durch die Zwischenüberschriften häufig eine innere
Systematik und Dynamik, die den Mangel an Handlung kompensiert.
Dieses Verfahren wendet beispielsweise Karl Schiske in V OM T ODE an, das er nach den
Jahreszeiten, die mit den Lebensaltern gleichgesetzt werden, in die Abschnitte „Frühling“, „Sommer“, „Herbst“ und „Winter“ gliedert sowie mit einem „Prolog“ und einem
„Epilog“ versieht. Als Oratorium des Strukturtyps Befragung weist es keinerlei Handlung
auf; das Voranschreiten im Leben bzw. im Jahr wird weitgehend durch diese Zwischenüberschriften vermittelt. Zu diesem dynamischen Element bildet der Schlüsseltext,
Rilkes „O Herr, gib jedem seinen eignen Tod“, das am Ende jedes Abschnitts wiederholt
wird, ein statisches Gegenstück, eine Art Ostinato.
Auf ähnliche Weise bringt Joseph Haas Dynamik in sein Oratorium D IE S ELIGEN , das sich
mit der Bergpredigt beschäftigt. Hier folgt die Handlung in den einzelnen Abschnitten
stets dem selben Muster. „Die Kinder der Welt“ beklagen den Zustand der Welt und
zweifeln an Gott; „der Rufer in der Wüste“ mahnt zur Umkehr; „das Gewissen“‘ und „die
Seligen“ bewirken schließlich die Erkenntnis der Gottesbotschaft und Hinwendung zum
139
Glauben.329 Das Oratorium hat demzufolge eine weitgehend zirkuläre Struktur. Die einzelnen Abschnitte jedoch sind benannt nach den in der Bergpredigt Angesprochenen. Sie
behandeln, in der Reihenfolge der Bergpredigt, „Die Armen im Geiste“, „Die Trauernden“,
„Die Sanftmütigen“, „Die Hungernden und Dürstenden“, „Die Barmherzigen“, „Die
Reinen“, „Die Friedfertigen“ und „Die Verfolgten“; wie bei Schiske umrahmt von Prolog
und Epilog, die Thema und moralische Lehre des Oratoriums verkünden. Das Libretto
folgt dabei dem Spannungsaufbau seines Prätextes, der sich von „Selig die Trauernden;
denn sie werden getröstet werden“330 bis zu „Selig, die Verfolgung leiden um der
Gerechtigkeit willen; denn ihrer ist das Himmelreich“331 stetig steigert.
Wo die Überschriften mit musikalischen Nummern (gekennzeichnet durch Pause und
Besetzungswechsel) zusammenfallen, bietet die Überschrift einen wichtigen – und oft den
einzigen – Hinweis zur Einordnung in den Kontext. So ist z. B. in Oskar Gottlieb Blarrs
W ENN DU AUFERSTEHST - WENN ICH AUFERSTEH ’ die Klage der Maria Magdalena, die sich aus
Ausschnitten von Gedichten von Giuseppe Ungaretti und Paul Celan, Psalm 104 und
dem Buch Jona zusammensetzt, ohne die Überschrift „Maria Magdalena am Grab“
(Nr. 7), kaum als solche zu identifizieren und einzuordnen, ebenso wenig wie die daran
anschließenden Bibelzitate als „Die Stimme Jesu“ (Nr. 8).
Zwischenüberschriften fügen folglich dem Libretto weitere paradigmatische Bezugsstrukturen hinzu, die für das Verständnis des Textes eine wichtige Rolle spielen können.
Angesichts der Tatsache, dass eine simultane Rezeption von gesungenem Text in der
Aufführung und gedrucktem Text im Programmheft seitens der Komponisten332 offenbar
vorausgesetzt wird, zeigt sich erneut, dass der Textvermittlung im Oratorium eine
stärkere Bedeutung zukommt als in der Oper.
329
vgl. auch S. 131 und S. 127f.
330
Matthäus 5, 4
331
Matthäus 5, 10
332
Gespräche mit Komponisten ebenso wie mit Ausführenden bzw. für Aufführungen Verantwortliche
(Dirigenten, Kantoren) bestätigen diese These. Bei einem Vortrag von Oskar Gottlieb Blarr zur seiner
Jesus-Passion (am 16.3.2005 in Heidelberg) beispielsweise wurden Programmhefte von zwei verschiedenen
Aufführungen der Jesus-Passion gezeigt (siehe Angaben im Anhang 2). Das Programmheft der
Düsseldorfer Aufführung verzeichnet den hebräischen Text in Umschrift zum Mitlesen sowie die deutsche
Übersetzung. Das Heidelberger Programmheft hingegen druckt den hebräischen Text im Original, in
hebräischer Schrift, um, so die Aussage des Kantors Christoph A. Schäfer, zu vermeiden, dass die
Besucher der Aufführung ständig den Text mitverfolgen und sich nicht mehr auf die Musik konzentrieren.
Der deutsche Text ist jedoch auch enthalten; d.h. allein auf die Aussagekraft der Musik will man sich
doch nicht verlassen.
140
3.5
F AZIT : D IE
STRUKTURELLE
F ORTSETZUNG
DER
G ATTUNGSTRADITION
In den letzten Abschnitten wurde deutlich, dass die spezifische Ebenenstruktur des
Oratoriums seine besondere Erzählweise konstituiert, die durch die Dominanz paradigmatischer gegenüber syntagmatischen Bezügen noch gestärkt wird. Anhand der
strukturprägenden Präsenz syntagmatischer Bezüge bzw. einer Handlungsebene lassen
sich zwei prototypische Strukturformen bestimmen: die berichtenden Oratorienformen
auf der einen, die dialogischen auf der anderen Seite. Die Übersichten in Tabelle 7 und 8
zeigen, dass dabei über die Hälfte der Oratorien dem Strukturtyp Kommentierter Bericht
zugeordnet werden kann; der Reine Bericht ist mit 3 % vernachlässigbar selten vertreten.
Oratorien der Strukturformen Dialog und Befragung sind gleich häufig und machen
zusammen einen Anteil von 30 % aus. Doch nicht nur die berichtenden Strukturformen,
auch die dialogischen sind keine Erfindung der Moderne, sondern haben ihre historischen Vorbilder und stehen folglich in untrennbarem Zusammenhang mit der
Gattungstradition.
Wir hatten bereits weiter oben333 gesehen, dass sich der Kommentierte Bericht auf die so
genannte Drei-Ebenen-Dramaturgie zurückführen lässt, die sich als typische Form des
Oratoriums im Barock ausprägte und Anfang des 19. Jahrhunderts Vorbildcharakter
erlangte. Die Gattungstradition lebt also im Kommentierten Bericht des 20. Jahrhunderts fort. Allerdings begegnet sie uns meist in modifizierter Form. Die verschiedenen
Ebenen sind weniger eindeutig musikalischen Formen zugeordnet als in den Vorbildern
früherer Epochen; auch die Abfolge der Ebenen und der musikalischen Formen variiert
stärker.
Im Reinen Bericht und im Eingerahmten
Strukturform
Anzahl
%
Reiner Bericht
2
3%
38
51 %
5
7%
Dialog
11
15 %
Befragung
11
15 %
Mischformen
4
5%
hatten, wie beispielsweise die Historie nach
nicht zugeordnet
3
4%
dem Vorbild Heinrich Schütz’ und seiner
74
100 %
Kommentierter Bericht
Eingerahmter Bericht
Summe
Tabelle 7: Häufigkeit der Strukturtypen
Bericht machen sich Einflüsse anderer
älterer musikalischer Gattungen bemerkbar, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine verstärkte Rezeption erfahren
Zeitgenossen. Bei zahlreichen Werken, die
nicht die Gattungsbezeichnung Oratorium
tragen, mögen Hugo Distler oder Kurt Thomas Pate gestanden haben. Sie erinnern oft an
333
vgl. Abschnitt 3.3.2, S. 120ff.
141
noch ältere Gattungen: Richard Rudolf Kleins „Sinfoniae sacrae“ A CH
MICH
und D AS
ERFUHR ICH UNTER
ARGE
W ELT , DU TRÜGEST
M ENSCHEN sowie D AS V OLK , DAS IM F INSTERN WANDELT , Karl Michael
Kommas M ATTHÄUSPASSION , Ernst Peppings Evangelienmotette D AS W ELTGERICHT sowie die Acappella-Vertonungen der W EIHNACHTSGESCHICHTE
DES
L UKAS und des P ASSIONSBERICHT DES
M ATTHÄUS , Günther Bialas’ Schöpfungsgeschichte I M A NFANG , Kurt Fiebigs „Chorpassion“
E IN L AMM GEHT HIN und viele andere. Die Grenzen zum Oratorium sind sicherlich in vielen
Fällen willkürlich und unscharf – hier unterscheidet sich die Gattungsgeschichte nicht
von der früherer Zeiten. Es scheint jedoch so, als beschränkten sich diese vom
Komponisten nicht als Oratorium bezeichneten Chorwerke häufiger auf den reinen
Bibeltext. Insofern ist der seltene Oratorientyp Reiner Bericht als Ausnahmeform zu
sehen, die dem Einfluss dieser benachbarten Gattungen geschuldet ist.
Während der Kommentierte Bericht auf das groß angelegte episch-dramatische
Oratorium des Barock zurückzuführen ist, macht sich in der Befragung der in der
Romantik maßgeblichere Einfluss des empfindsam-kontemplativen Oratoriums bemerkbar. Dieses entstand gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch die Rezeption Klopstocks
und erhielt mit Händels M ESSIAS ein Musterbeispiel, auf das sich viele spätere Komponisten beriefen. In Oratorien wie Karl Schiskes V OM T ODE oder auch Cesar Bresgens D E
TEMPORE ,
die eine Gliederung nach Jahres- bzw. Tageszeiten vornehmen, ist darüber
hinaus ein deutlicher Einfluss von Werken wie Telemanns T AGESZEITEN oder Haydns
J AHRESZEITEN zu erkennen.
Der Strukturtyp Dialog ist vor diesem Hintergrund als Variante der Befragung anzusehen, in der die blockartige Abfolge der Perspektiven durchbrochen wird zugunsten
einer höheren gegenseitigen Durchdringung. Damit können der Kommentierte Bericht
und die Befragung als die zwei prototypischen Strukturvarianten des Oratorienlibrettos
gelten, in denen die beiden wichtigsten historischen Gattungsausprägungen ihre Fortsetzung finden. Dieses Wieder-Anknüpfen an zeitlich diskontinuierliche Traditionsstränge ist ein typisches Resultat der eingangs beschriebenen, musikgeschichtlich
neuartigen Situation des 20. Jahrhunderts.334
Die überproportionale Präsenz der „Klassiker“ in Konzertleben und akustischen Medien
führt dazu, dass das kompositorische Schaffen sich nicht nur innerhalb der zeitgenössischen Produktion zu positionieren sucht, sondern auch die Auseinandersetzung
mit einer weit zurückreichenden Gattungsgeschichte aufnimmt. Gleichzeitig bestätigt
sich damit die Vermutung, dass die Wahl einer bestimmten Gattung, insbesondere die
334
vgl. Abschnitt 1.1.2
142
Wahl der Gattung Oratorium, Zeichen einer erhöhte Bereitschaft ist, sich in kritischproduktiven Zusammenhang mit der Tradition zu stellen.
BERICHTENDE FORMEN
Reiner Bericht
Driessler/Brix: Gaudia mundana
Stockmeier: Jefta
Gerahmter Bericht
Driessler: De profundis
Driessler: Dein Reich komme
Driessler: Der Lebendige
Ebenhöh: Virata
Stockmeier: Jona
Kommentierter Bericht
Becker: Magnum Mysterium
Bloch: Passio Domini
Blume/Eckert: Hiob
Büsing: Das Licht der Engel
Dinescu: Pfingstoratorium
Drude/Drude: Passion
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr
Drude/Mendt: Weihnachtsoratorium
Eder/Vogg: Non sum qualis eram
Fietz/Jourdan: David
Fietz/Jourdan: Paulus I
Fietz/Jourdan: Paulus II
Fietz/Jourdan: Petrus
Frederichs: Hiob
Frederichs: Maria Magdalena
Frieberger: Mysterium Crucis
Haller: Hiob
Heiller/Krieg: Francois Villon
Heilmann: Sündenfall
Heilmann/Lipp: Von der Weisheit Gottes
Henze/Schnabel: Floß der Medusa
Hummel/Scheele: Schrein der Märtyrer
Jost/Nitsch: Ewigkeit fällt in die Zeit
Kelterborn: Die Flut
Koerppen: Feuer des Prometheus
Kratochwil/Schweiger: Erschaffung der Welt
Krenek: Opus sine nomine
Linßen: Die Spur von morgen
Rubin: Auferstehung
Rubin: Licht über Damaskus
Schedl/Böcs: Großinquisitor
Schwenk: Dies septimus
Stockmeier: Jesus
Tamás/Storz: Noahs Tochter
Uhl/Liess: Gilgamesch
Vögele: Passion
Wunderlich: Maranatha
DIALOGISCHE FORMEN
Dialog
David: Lied des Menschen
Ebenhöh/Vogg: Von der Hoffnung
Fietz/Jourdan: Johannes
Frederichs: Petrus
Haas/Schuster: Die Seligen
Katzer/Wolf/Wolf: Medea in Korinth
Kubizek/Vogg: Stationen
Lonquich/Spaemann: Johann von Nepomuk
Lonquich/Lüchtefeld: Auf dem Rande der Mauer
Ruoff: Bergpredigt
Vogel/Vogg: Allezeit
Befragung
Barbe: 1648
Blarr: Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh'
Bresgen: De tempore
Johnson: Bonhoeffer-Oratorium
Klebe: Warum hat die Sonne...
Klebe: Weihnachtsoratorium
Meyer/Engelsberger: Schöpfung
Schiske: Vom Tode
Schlee/Deutsch: Baum des Heils
Wagner: Hiob
Zemzaris: O virga ac diadema
MISCHFORMEN
Bubmann/Töllner: Thomas der Zweifler
Kukuck/Johannsen: Ecce homo
Tabelle 8: Strukturformen
Rapf: Passio aeterna
Stockmeier: Historien
143
ZUSAMMENFASSUNG:
MERKMALE DES
ORATORIUMS NACH 1945
Eingangs wurde das Ziel dieser Arbeit formuliert: das Oratorienlibretto als literarische
Gattung des 20. Jahrhunderts in seiner historischen Ausprägung zu erfassen und seine
Charakteristika zu beschreiben. Um dies zu erreichen, erfolgte eine Analyse der nachweisbaren Werke einerseits unter inhaltlich-stofflichen, andererseits unter formalstrukturellen Gesichtspunkten. Dabei ließ sich folgendes feststellen:
1. Entgegen der vielbeschworenen Tendenz zur Verweltlichung, zum AllgemeinWeltanschaulichen erweist sich das Oratorium auch im 20. Jahrhundert als eine
Gattung, die sich in überwiegend biblischen und religiösen Kontexten bewegt. Zwar
liegt nicht allen Oratorien ein Sujet der biblischen oder außerbiblischen christlichjüdischen Überlieferung zugrunde; Zitate oder Anspielungen auf die Bibel finden sich
jedoch in fast allen Werken.
2. Sein Umgang mit der Bibel und mit anderen Textquellen ist charakteristisch für das
Oratorienlibretto. Indem einzelne Sätze oder längere Abschnitte aus fremden Prätexten, häufig aus der Bibel, wörtlich übernommen und in neue Zusammenhänge
montiert werden, entwickelt sich die für das Oratorium typische Erzählweise, die
144
zwischen paraphrasierenden und aktualisierenden Abschnitten, berichtenden und
kommentierenden Passagen in mehr oder weniger schneller Folge abwechselt.335
3. Die seit der Romantik übliche Dichotomie zwischen „weltlichem“ und „geistlichem“
Oratorium lässt sich für das 20. Jahrhundert nicht bestätigen. Ein geeigneteres
Differenzierungskriterium scheint weniger der gewählte Stoff als vielmehr der Umgang
mit diesem zu sein: Auf der einen Seite stehen Oratorien, die die Botschaft des
Prätextes in missionarischer Absicht bekräftigen; auf der andern Seite nähern sich
etliche Werke kritisch-diskursiv den verwendeten Quellen.
4. Allen Oratorien zu eigen ist ein gewisser appellativer Charakter. Themen wie die Sinnhaftigkeit des menschlichen Lebens, richtige Lebensführung und die Suche nach dem
Guten ziehen sich wie ein roter Faden durch die zeitgenössische Oratorienproduktion.
Der Anspruch, moralische Richtlinien für das eigene Leben zu vermitteln, ist unübersehbar. Damit ließe sich eine Abgrenzung zur Nachbargattung Oper vornehmen: die
Oper entwickelt sich um eine Geschichte, eine Handlung herum, das Oratorium um
eine Botschaft. Um diese These zu erhärten, wären allerdings weitere Untersuchungen, insbesondere der Opernlibretti des betrachteten Zeitraums, vonnöten.
5. Auch die Zeitstruktur des Oratoriums unterscheidet sich von der der Oper. Epische
Textanteile ermöglichen es, Handlung zusammenfassend zu berichten und Zeitsprünge gar nicht erst entstehen zu lassen. Durch den Verzicht auf szenische
Darstellbarkeit erhalten handlungsarme Reflexionen und Kommentare größeren
Raum. Dies führt im Extremfall zum vollkommen handlungsfreien, vollständig
thematisch orientierten Oratorium.
6. Aus der Abfolge von berichtenden und kommentierenden Passagen konstituiert sich
die gattungstypische Ebenenstruktur. In dieser Ebenenstruktur liegt die eigentliche
„Dialogizität“ des Oratoriums, die sich in Besetzungswechseln zeigen kann, jedoch
nicht darin erschöpft. Die insgesamt fünf Strukturformen lassen sich auf zwei Prototypen zurückführen, in denen sich die Gattungstradition fortgesetzt sieht. Der Typus
des Kommentierten Berichts geht zurück auf das klassische Drei-Ebenen-Modell mit
episch-dramatischem Bericht in den Rezitativen, lyrischer Gefühlsäußerung in den
Arien, und kommentierender Reflexion in den Chorälen. Es entwickelt seine Botschaft
um eine zumindest fragmentarisch im Text präsente Handlung. Dem gegenüber steht
der Typus des Dialogs, der sich auf das lyrisch-empfindsame Oratorium der Klassik
335
vgl. Kapitel 2.5, S. 93ff.
145
und Romantik zurückführen lässt. Im Dialog tritt die Handlung vollständig hinter die
Kommentarebenen zurück.
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse lassen sich die eingangs zitierten Definitionen des
Oratoriums336 folgendermaßen präzisieren:
Das Oratorium als literarische Gattung nach 1945 ist ein mit Hinblick auf eine Vertonung
verfasster dialogischer Text, der eine weltanschaulich geprägte, in der Regel christlichreligiöse Botschaft vermittelt. Zu einer episch-dramatisch gestalteten Handlung (die auch
stark reduziert sein oder sogar entfallen kann) treten mehrere zeitlich von einander
unabhängige Kommentarebenen, die unterschiedliche Perspektiven und Erzählhaltungen
einnehmen. Charakteristisch für das Oratorienlibretto ist ferner ein hohes Maß an intertextuellen Verfahren, die von einzelnen Anspielungen bis hin zur Übernahme vollständiger
Prätexte reichen können.
Inwieweit diese Definition eine bessere Trennschärfe zu benachbarten Gattungen, wie
insbesondere der Oper und der Kantate, bietet als frühere Definitionsversuche, kann hier
nicht vollständig geklärt werden. Notwendig wären dazu ausführliche Untersuchungen
dieser Nachbargattungen ähnlich der vorliegenden Arbeit. Als Ausblick sollen an dieser
Stelle lediglich einige Thesen formuliert werden.
Mögliche Abgrenzungen zur Oper anhand inhaltlicher und struktureller Merkmale deuteten sich bereits an. Zum einen stellt die Oper eine Handlung ins Zentrum, das Oratorium
dagegen eine Botschaft. Auch strukturell lassen sich Unterschiede finden. Vor allem ist
zu vermuten, dass die Ebenenstruktur in der Oper deutlich schwächer ausgeprägt ist.
Zwar entstanden insbesondere unter dem Einfluss des epischen Theaters im neuen
Musiktheater Werke mit aus der Handlung herausgelösten Chören oder Sprecherfiguren,
doch dürften solche Konstruktionen nach wie vor eher die Ausnahme darstellen. Und
schließlich schlägt sich die szenische Realisierbarkeit der Oper deutlich im Nebentext in
Form von Regieanweisungen etc. nieder, wohingegen der Nebentext im Oratorium eher
der Verstärkung paradigmatischer Strukturen dient.
Schwieriger dürfte sich die Abgrenzung zur Kantate gestalten. Zum einen ist die Kantate
in ihren Erscheinungsformen im 20. Jahrhundert sehr viel heterogener als das Oratorium. Wulf Konold beschränkt sich daher in seiner Arbeit über die weltlichen Kantaten
im 20. Jahrhundert337 darauf, eine „funktionale Typologie“ zu erstellen, die im Wesentlichen aus einer Einteilung anhand des Kompositionsanlasses besteht. Die Länge des
336
vgl. Abschnitt 1.1.3, S. 20ff.
337
Konold 1975
146
Textes und die Aufführungsdauer helfen bei der Abgrenzung wenig: es gibt sowohl sehr
kurze Oratorien wie auch sehr lange Kantaten. Da die Kantate sich historisch aus einem
Sologesangsstück entwickelte, ist jedoch auch hier vermutlich die Ebenenstruktur
schwächer ausgeprägt oder reduziert. Hinzu kommt, dass die Kantate deutlich mehr von
einem bestimmten Choral geprägt ist, der sich als roter Faden durch das Werk zieht.
Auch dies kann Auswirkungen auf den Text haben: beispielsweise endet jede der über
200 Kantaten Johann Sebastian Bachs mit einer Choralstrophe.338 Inwiefern sich
vergleichbare und allgemein gültige Aussagen für das 20. Jahrhundert treffen lassen,
bleibt zu prüfen.
Abschließend bleibt zweierlei festzustellen. Zum einen hat sich gezeigt, dass die Annäherung an die Gattung Oratorium über den Text nicht nur möglich, sondern sogar überaus
aufschlussreich ist. Insbesondere ließ sich – entgegen der gängigen musikwissenschaftlichen Meinung – die Gattungsdefinition zumindest für innerhalb der gewählten Epoche
unter Berücksichtigung textlicher Merkmale erheblich präzisieren. Zum anderen wurde
deutlich: Die alte Gattung Oratorium hat im 20. Jahrhundert keineswegs das Zeitliche
gesegnet. Sie erfreut sich zwar keiner modischen Beliebtheit, bietet jedoch offensichtlich
kontinuierlich eine konzeptionelle wie kompositorische Herausforderung für Autoren und
Komponisten verschiedenster Stilrichtungen. Vielleicht mag sich ja der eine oder andere
durch die Aufstellung im Anhang ermutigt fühlen, selbst eine Entdeckungsreise in die
Welt dieser nahezu unsichtbaren, aber überaus vitalen Gattung zu unternehmen.
338
vgl. Artikel „Kantate“ in Dahlhaus/Eggebrecht 1989, S. 274
147
148
ANHÄNGE
149
V ERZEICHNIS
DER
O RATORIEN 1945 - 2003
Im Folgenden sind alle seit 1945 entstandenen Oratorien aufgeführt, die mir bis Ende
des Jahres 2003 bekannt waren. Dazu wurden Verlagsverzeichnisse, Bibliothekskataloge, einschlägige Datenbanken sowie Datenbanken der GEMA339 sowie des
deutschen Musikinformationszentrums MIZ340 und seines österreichischen Pendants
MICA341 konsultiert. Auch Nennungen in den Uraufführungs-Ankündigungen der
Zeitschrift „Musik und Kirche“ und des Deutschen Komponistenverbands342 sowie in
Werkverzeichnissen und auf Internet-Seiten von Komponisten und Librettisten wurden
berücksichtigt. Nicht aufgenommen wurden jedoch so genannte „Oratorien“, bei denen
ich keine zuverlässige Quelle für die Gattungsbezeichnung nachweisen konnte, die also
nur in Rezensionen oder der Sekundärliteratur mit dieser Gattungsbezeichnung
erscheinen.
Die Aufstellung für die Jahre 1945 bis 2000 dürfte weitgehend erschöpfend sein, wenn
auch sicherlich dennoch nicht vollständig. Für die Zeit nach 2000 habe ich nicht mehr
systematisch gesucht. „Zufallsfunde“ späterer Jahre sind dennoch mit aufgeführt; sie
mögen als Anregung für weitere Recherchen dienen.
339
www.gema.de
340
www.miz.org
341
www.mica.at
342
vgl. Bruchhäuser 1995 sowie www.komponistenlexikon.de
150
Alphabetisch nach Komponisten
Der erste Name nennt den Komponisten, die folgenden in der Regel den oder die
Librettisten. Einzig bei einigen Rock-/Pop-Oratorien war eine genauere Zuordnung nicht
möglich. Wenn nur ein Name genannt ist, stammt das Libretto vom Komponisten bzw. es
ist kein Librettist bekannt.
Bei den Ausgaben werden sowohl käuflich als auch als Leihmaterial erhältliche Notenausgaben sowie Tonträger angeführt. Wenn keine Ausgaben zur Verfügung standen, wird
auf Standorte von Manuskripten oder Programmhefte von Aufführungen verwiesen. Die
für die vorliegende Arbeit jeweils hauptsächlich benutzte und zitierte Ausgabe ist mit
einem Asterisk gekennzeichnet.
Agnesens, Udo; Dischereit, Esther:
Christof Dohm
Oratorium (Episches Lied)
Uraufführung: 1994
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Aufenanger, Friedhelm; Langen, Peter; Schmidt, Matthias:
Elias - Homo Psychoticus
Oratorium in 3 Akten
Uraufführung: 10.5.1998, Bonn
Quelle: GEMA
Barbe, Helmut:
1648
Kammeroratorium
Entstehung: 1997/98
Ausgaben:
* Barbe, Helmut: 1648. Kammeroratorium für Bariton, 2 gem. Chöre und
Instrumente 1997/98. Partitur München (Strube) o. J. (= VS 1748)
Baumann, Max:
Lucas-Cranach-Oratorium
Entstehung: 1972
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Baumann, Max:
Passion
Oratorium
Uraufführung: 1980, Berlin
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Baumann, Max Georg:
Auferstehung
Oratorium, op. 94
Uraufführung: 1980, Berlin (Dt. Katholikentag)
151
Ausgaben:
Baumann, Max Georg: Auferstehung. Oratorium für Soli (Sopran, Bariton, Bass),
Sprecher, Sprecherin, gem. Chor und großes Orchester op. 94, Libretto vom
Komponisten nach Texten der Heiligen Schrift und der Liturgie. Ms: Berlin,
Staatsbibliothek
Becerra-Schmidt, Gustavo:
Carl von Ossietzky-Oratorium
Entstehung: 1983
Quelle: www.oldenburg.de/kulturdatenbank/data/kdb.75.html
Becker, Günther:
Magnum Mysterium – Zeugenaussagen zur Auferstehung
Oratorische Szenen
Uraufführung: 4.5.1980, Düsseldorf
Ausgaben:
Becker, Günther: Magnum Mysterium – Zeugenaussagen zur Auferstehung.
Oratorische Szenen (1979/80). Aufführungsmaterial Wiesbaden (Breitkopf & Härtel)
1980
* Becker, Günther: Magnum Mysterium – Zeugenaussagen zur Auferstehung für
Sprecher, Chor, Favoritchor, Orgel, Holz- und Blechbläser, Schlagzeug und Tonband.
Programmheft der Uraufführung, 4. Mai 1980, Johanneskirche Düsseldorf, Leitung:
Oskar Gottlieb Blarr
Berlipp, Friedel:
Golgatha
Rock-Oratorium
Uraufführung: 1974, Volmarstein
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Bertram, Hans Georg:
Der reiche Mann und der arme Lazarus
Oratorium
Uraufführung: 25.6.1971, Lich
Ausgaben:
Bertram, Hans Georg: Der reiche Mann und der arme Lazarus. Oratorium für
Solostimmen, Soloinstrumente, Chor und Orchester. Partitur München (Strube)
2003 (= VS 1806)
Bertram, Hans Georg:
Ich sage: jetzt!
Oratorium
Entstehung: 2001
Uraufführung: 28.9.2002, Ellwangen
Ausgaben:
* Bertram, Hans Georg: „Ich sage: Jetzt“. Oratorium für Sprechstimmen und Orgel
nach dem Brief des Paulus an die Römer in der Übersetzung von Walter Jens.
Teilweise Wiedergabe eines Konzerts vom 23. November 2002 in der Evangelischen
Stadtkirche Esslingen, gesendet am 28.6.2003 in SWR2
152
Bieler, Helmut:
Der Ackermann aus Böhmen
Oratorium nach J. v. Tepl
Uraufführung: 1977, Bad Hersfeld
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Bitsch, Jutta; Walter, Silja:
Kugel im Licht
Oratorium zu Ehren des Heiligen Benedikt
Entstehung: 1998/1999
Uraufführung: 25.5.2002, Mainz
Ausgaben:
Bitsch, Jutta: Kugel im Licht. Oratorium zu Ehren des heiligen Benedikt (1998/99)
für Sprecher, Chor, Kammerensemble und Schlagwerk; Auftragswerk des
Kulturministeriums Rheinland-Pfalz. Partitur o. O. 1999
Bitsch, Jutta; Wellerdiek, Gisbert:
Sr. Maria Euthymia
Ein Oratorium in 6 Teilen
Uraufführung: 1.11.2001, Münster
Quelle: www.bistum-muenster.de
Blarr, Oskar Gottlieb:
Wenn du auferstehst – wenn ich aufersteh’
Osteroratorium
Uraufführung: 3.3.1996, Mannheim
Ausgaben:
* Blarr, Oskar Gottlieb: „Wenn du auferstehst – wenn ich aufersteh’“. OsterOratorium. Kompositionsauftrag zum 50-jährigen Bestehen der Geistlichen Woche
Mannheim. Für Soli (Sopran, Alt, Tenor, Bariton und Bass), gemischten Chor,
Kinderchor und Orchestergruppen auf Texte der hebräischen Bibel und des Neuen
Testaments sowie Texten von Ingeborg Bachmann, Rose Ausländer, Ludo Laagland,
Giuseppe Ungaretti und Attila József. Programmheft der Uraufführung am 3. März
1996, Christuskirche Mannheim, Leitung: Hermann Schäffer
Blarr, Oskar Gottlieb: Wenn du auferstehst, wenn ich aufersteh’: Oster-Oratorium.
CD-Aufnahme Hamburg (Polygram) 1998
Bloch, Waldemar:
Passio Domini
Oratorium
Entstehung: 1967
Uraufführung: 3.3.1968, Graz
Ausgaben:
Bloch, Waldemar: Passio Domini. Oratorium für Soli (Alt, Tenor, Bariton), gemischten
Chor und Chor (Text vom Komponisten nach der Hl. Schrift). Klavierauszug Wien
(Doblinger) o. J. (= Doblinger 46 012)
* Bloch, Waldemar: Passio Domini. Oratorium für Soli, Chor und Orchester.
Programmheft der Uraufführung am 3. März 1968, Akademie für Musik und
Darstellende Kunst in Graz
153
Blum, Robert:
Erzengel Michael
Oratorium
Entstehung: 1961
Ausgaben:
Blum, Robert: Erzengel Michael: Oratorium für Soli, Chor, Orchester und Orgel,
komponiert von Robert Blum. Partitur Bellikon (Selbstverlag) 1962
Blum, Robert:
Der Tod des Agamemnon
Episches Oratorium
Entstehung: 1965
Ausgaben:
Blum, Robert: Der Tod des Agamemnon. Episches Oratorium für Soli, Männerchor
und Orchester; Text und Musik von Robert Blum. Autographe Reinschrift der
Partitur vom 3. Mai 1971, Zentralbibliothek Zürich
Blume, Jürgen; Eckert, Eugen:
Hiob – Vom Leiden guter Menschen
Oratorium in drei Akten
Uraufführung: 17.11.1993, Offenbach/Main
Ausgaben:
* Hiob – Vom Leiden guter Menschen. Oratorium in drei Akten, Text: Eugen Eckert
nach dem Buch Hiob, Musik: Jürgen Blume. Ms. (zur Verfügung gestellt vom
Komponisten)
Blume, Jürgen: Hiob (Vom Leiden guter Menschen). Oratorium in drei Akten für
Solo, Chor und Streicher und Schlagwerk. Text: Eugen Eckert. Partitur München
(Strube) 2000 (= VS 1359)
Bonitz, Matthias:
Oratorium Evangelium
Quelle: Internet-Seite Matthias Bonitz,
home.t-online.de/home/matthias.bonitz/
Bonitz, Matthias; Uhlenbrock, Martin Pater OSB:
Oratorium Benedictinum
Uraufführung: 1995
Quelle: Internet-Seite Matthias Bonitz,
http://home.t-online.de/home/matthias.bonitz/
Bresgen, César:
De tempore
Oratorium nach Worten des Aurelius Augustinus
Entstehung: 1973
Uraufführung: 1974, Salzburg
Ausgaben:
Bresgen, César: De Tempore. Oratorium nach Worten des Aurelius Augustinus für
Soli (Sopran, Tenor, Bariton), gem. Chor, mehrere Sprecher und Orchester
(1972/73). Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.
154
* Bresgen, César: De tempore. Oratorium nach Texten des Aurelius Augustinus.
Kopie eines nicht näher bestimmbaren Programmhefts, zur Verfügung gestellt vom
Verlag Doblinger, Wien
Bresgen, César:
Lumen (Der Blinde)
Oratorium
Entstehung: 1985
Ausgaben:
Bresgen, Cesar: Lumen. Oratorium vom Blinden nach dem Leben von Jacques
Lusseyrand für Sopran und Tenor solo, Sprecher, gem. Chor, Orgel und
Kammerorchester (1984/85). Bad Schwalbach (Gravis) o. J. (= EG 157)
Brezger, Gottfried; Finke, Christian; Holm, Thomas:
Paulus in Korinth
Oratorium
Uraufführung: 6.11.1999, Dreifaltigkeitskirche Berlin-Lankwitz
Ausgaben:
* Paulus in Korinth. Ein Oratorium von Gottfried Brezger, Christian Finke, Thomas
Holm. Programmheft der Uraufführung vom 6. November 1999, Dreifaltigkeitskirche
Berlin-Lankwitz
Bubmann, Peter; Töllner, Wolfgang:
Thomas der Zweifler
Pop-Oratorium
Uraufführung: 1989, Berlin (Dt. Ev. Kirchentag)
Ausgaben:
* Bubmann, Peter: Thomas, der Zweifler. Pop-Oratorium für Solisten, Chor, Band
und Gemeinde. Textheft München (Strube) o. J. (= VS 1144)
Büchtger, Fritz:
Die Auferstehung
Oratorium nach Matthäus
Entstehung: 1955
Ausgaben:
Büchtger, Fritz: Die Auferstehung nach Matthäus. Oratorium (1956).
Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 2787)
Büchtger, Fritz:
Die Himmelfahrt Christi
Oratorium für gemischten Chor und Orchester
Entstehung: 1956
Ausgaben:
Büchtger, Fritz: Die Himmelfahrt Christi. Oratorium (deutsch/englisch), freie
Übertragung von Apostelgeschichte 1. Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J.
(= BA 3699)
Büchtger, Fritz:
Johannes der Täufer
Entstehung: 1962
155
Ausgaben:
Büchtger, Fritz: Johannes der Täufer. Oratorium (1962). Aufführungsmaterial Kassel
(Bärenreiter) o. J. (= BA 3512)
Büchtger, Fritz:
Pfingsten
Oratorium; freie Übertragung von Apostelgeschichte 2
Entstehung: 1957
Ausgaben:
Büchtger, Fritz: Pfingsten (1957). Oratorium für Solostimme, Chor und Orchester.
Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3650)
Büchtger, Fritz:
Die Verklärung
Kammeroratorium nach Lukas und Matthäus
Entstehung: 1956
Ausgaben:
Büchtger, Fritz: Die Verklärung. Oratorium (1956). Aufführungsmaterial Kassel
(Bärenreiter) o. J. (= BA 3647)
Büchtger, Fritz:
Weihnachtsoratorium
in fünf Teilen
Entstehung: 1959
Ausgaben:
Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium. Teil I: Die Verkündigung (1959).
Kammeroratorium für Solostimmen, Frauenchor und Instrumente.
Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3992)
Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium. Teil II: Maria und Elisabeth (1959).
Kammeroratorium. Leihmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3993)
Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium. Teil III: Die Geburt (1959).
Kammeroratorium. Leihmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3994)
Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium. Teil IV: Drei Könige (1959).
Kammeroratorium. Leihmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3995)
Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium: Teil V: Simeon (1959).
Kammeroratorium. Leihmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3996)
Büsing, Otfried:
Das Licht der Engel
Oratorische Weihnachts-Szenen
Uraufführung: 9.12.2000, Freiburg
Ausgaben:
Büsing, Otfried: Das Licht der Engel. Oratorische Weihnachts-Szenen für
Vokalsolisten, Sprecher, gem. Chor, Kinderchor, Kammerorchester und gr. Orgel
nach Texten von Walter Jens, Vergil, Rainer Maria Rilke, Paul Gerhard, Martin
Luther und der Heiligen Schrift (2000). Bad Schwalbach (Gravis) o. J. (= EG 715)
156
* Büsing, Otfried: Das Licht der Engel. Für Vokalsolisten, Instrumentalsolisten,
Kinderchor, gem. Chor und Kammerorchester mit großer Orgel nach Texten von
Walter Jens, Vergil, Rainer Maria Rilke, Paul Gerhardt, Martin Luther und der
Heiligen Schrift. Programmheft der Uraufführung vom 9. Dezember 2000,
Christuskirche Freiburg, Leitung: Jörg Endebrock
Callhoff, Herbert:
La Danse macabre
Oratorische Szenen
Entstehung: 1986/87
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Ausgaben:
Callhoff, Herbert: La Danse macabre (1986/87). Oratorische Szenen für
Vokalquartett, Sprecher, gem. Chor und gr. Orch. Nach Texten aus dem Baseler
Totentanz u. Textzitaten verschiedener Dichter. Partitur Bad Schwalbach (Edition
Gravis) o. J. (= EG 168)
Clemencic, Rene:
Reise nach Niniveh
Oratorium für Vokalensemble
Uraufführung: 1999, Wien
Quelle: Homepage R. Clemencic, www.clemencic.at
David, Johann Nepomuk:
Ezzo-Lied
Oratorium, Werk 51
Entstehung: 1957; erste Fassung (verschollen) schon 1932
Uraufführung: 17.5.1960, Berlin
Ausgaben:
David, Johann Nepomuk: Ezzolied. Oratorium für Soli, Chor, Orchester und Orgel,
Werk 51. Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) 1958
David, Thomas Christian:
Lied des Menschen
Oratorium
Entstehung: 1974/75
Uraufführung: 1978, Gummersbach
Ausgaben:
* David, Thomas Christian: Das Lied des Menschen. Oratorium für Soli (Sopran, Alt,
Tenor, Bariton), gem. Chor, Knabenchor und Orchester (Texte: Altes Testament).
Klavierauszug Wien (Doblinger) 1983 (= Doblinger 46 063)
Degen, Helmut:
Oster-Oratorium
Entstehung: 1949
Ausgaben:
Degen, Helmut: Oster-Oratorium. Singpartitur Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 634)
157
Denhoff, Michael:
Traumbuch eines Gefangenen
Oratorische Szenen, op. 51
Entstehung: 1987
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Ausgaben:
Denhoff, Michael: Traumbuch eines Gefangenen op. 51 (1987). Oratorische Szenen
für Sprecher, Bariton, gem. Chor und Orchester nach Texten von Horst Bienek.
Studienpartitur Bad Schwalbach (Edition Gravis) o. J. (= EG 160)
Dinescu, Violeta:
Pfingstoratorium
Entstehung: 1993
Ausgaben:
* Dinescu, Violeta: Pfingstoratorium für Sprecher, Solisten, zwei Chöre, Bläser und
Schlagzeug. Partitur Baden-Baden (Ms.) 1993, in Kopie zur Verfügung gestellt von
der Komponistin
Doppelbauer, Josef Friedrich:
Dein Reich komme
Oratorium
Entstehung: 1976, revidiert 1987
Ausgaben:
Doppelbauer, Josef Friedrich (1918-1989): Dein Reich komme. Oratorium nach
Texten aus der Heiligen Schrift für Soli (Alt, Bariton), gem. Chor und Orchester
(1976/1987). Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.
Driessler, Johannes:
De Profundis
Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift, op. 22
Entstehung: 1952
Ausgaben:
* Driessler, Johannes: De profundis. Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für
Solostimmen, Kammerchor, großen Chor und Orchester (1952). Partitur Kassel
(Bärenreiter) o. J. (= BA 2780)
Driessler, Johannes; Brix, Bettina:
Gaudia mundana
Ein weltlich-heiteres Oratorium, op. 19
Entstehung: 1951
Uraufführung: 1952
Ausgaben:
* Driessler, Johannes: Gaudia mundana. Ein weltlich-heiteres Oratorium für Tenorund Bass-Solo, Koloratursopran, 5-stimmigen Chor und großes Orchester, op. 19.
Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) 1952 (=BA 2548)
Driessler, Johannes:
Der Lebendige
Oratorium, op. 40
Entstehung: 1954-56
158
Ausgaben:
* Driessler, Johannes: Der Lebendige. Oratorium für Soli, Chor und Orchester nach
Worten der Heiligen Schrift, op. 40. Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) o. J.
Driessler, Johannes:
Dein Reich komme
Oratorium nach Worten des Alten und Neuen Testaments, op. 11
Entstehung: 1948/49
Uraufführung: 1950
Ausgaben:
* Driessler, Johannes: Dein Reich komme. Oratorium für Sopran-, Tenor- und
Baritonsolo, 5-stimmigen Chor, Holzbläser und Streichorchester nach Worten des
alten und neuen Testaments, op. 11. Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) 1951
(=BA 2531)
Drude, Matthias; Drude, Hartwig:
„Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten“. Stationen der Passion Jesu
Passionsoratorium
Entstehung: 2000
Ausgaben:
* Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten. Stationen der Passion Jesu. Libretto
auf der Homepage des Komponisten: home.t-online.de/home/drude.dd/Passion.html
Drude, Matthias; Mendt, Dietrich:
Von den Mühen der Heimkehr
Ein Oratorium nach Texten aus dem alttestamentlichen Buch Esra
Entstehung: 1998/99
Uraufführung: 23.11.2000, Halle/Saale
Ausgaben:
* Von den Mühen der Heimkehr. Ein Oratorium nach Texten aus dem alttestamentlichen Buch Esra. Libretto auf der Homepage des Komponisten:
home.t-online.de/home/drude.dd/Esra-Libretto.html
Drude, Matthias: Von den Mühen der Heimkehr. Oratorium nach Texten aus dem
alttestamentlichen Buch Esra. Aurich (ADU-Verlag für zeitgenössische Musik) o. J.
Drude, Matthias; Mendt, Dietrich:
Weihnachtsoratorium
Entstehung: 1995/96
Uraufführung: 13.12.1997, Dresden
Ausgaben:
* Weihnachtoratorium. Libretto auf der Homepage des Komponisten:
home.t-online.de/home/drude.dd/Weihnachtsoratorium-Text.html
Drude, Matthias: Weihnachtsoratorium für Sprecher, Sopran, Bariton, Chor und
Orchester nach einem Text von Dietrich Mendt. Aurich (ADU Verlag für
zeitgenössische Musik) o. J. (= ADU-125)
Ebenhöh, Horst; Vogg, Herbert:
Von der Hoffnung
Kammeroratorium
Entstehung: 1982
Uraufführung: -
159
Ausgaben:
* Ebenhöh, Horst: Von der Hoffnung. Kammeroratorium für Mezzosopran, Bariton,
dreistimm. gem. Chor, Streicher, Flöte und Schlagzeug, Text: Herbert Vogg. Ms. zur
Verfügung gestellt vom Komponisten
Ebenhöh, Horst: Von der Hoffnung. Kammeroratorium für Mezzosopran, Bariton,
dreistimmigen gemischten Chor, Flöte, Schlagzeug und Streicher (Text: Herbert
Vogg), op. 59 (1982). Chorpartitur Wien (Doblinger) o. J.
Ebenhöh, Horst:
Virata
Szenisches Oratorium (konzertant-szenische Legende)
Entstehung: Ende 1950er Jahre
Uraufführung: Ausgaben:
* Virata. Szenisches Oratorium (konzertant-szenische Legende) nach der Legende
„Die Augen des ewigen Bruders“ von Stefan Zweig. Musik von Horst Ebenhöh. Ms.
zur Verfügung gestellt vom Komponisten
Eder, Helmut; Vogg, Herbert:
Non sum qualis eram
Oratorium, op. 62
Entstehung: 1975
Uraufführung: 10.12.1976, Salzburg
Ausgaben:
Eder, Helmut: Non sum qualis eram. Oratorium für Sopran-, Bariton- und BassSolo, 4- bis 8-stimm. gem. Chor und Orchester (Text: Herbert Vogg), op. 62 (1975).
Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.
* Eder, Helmut: Non sum qualis eram. Oratorium für Soli, Chor und Orchester,
op. 62. Text: Herbert Vogg. Programmheft der Voraufführung im Rahmen des
Festakts „100 Jahre Musikverlag Doblinger“, 9. Dezember 1976
Engelmann, Hans Ulrich:
Stele für Georg Büchner
Canto Sinfonico (Oratorium), op. 52
Entstehung: 1986/87
Uraufführung: 18.11.1987, Darmstadt
Ausgaben:
Engelmann, Hans Ulrich: Stele für Georg Büchner. Canto sinfonico (Oratorium)
(1986/87). Aufführungsmaterial Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) o. J.
Ernst, Siegrid; Meyer-Bernitz, Klaus:
... noch sind die Wege offen
Oratorium
Uraufführung: 6.7.1997, Bremen
Quelle: Arbeitskreis Bremer Komponisten und Komponistinnen e.V.,
http://kryptogame.com/abk/Seiten/Portraits/ernst2.html
Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes:
Paulus I – Lass dir an meiner Gnade genügen
Tonproduktion: 1972
160
Ausgaben:
* Fietz, Siegfried: Paulus-Oratorium: Lass Dir an meiner Gnade genügen. Text:
Johannes Jourdan. Notenausgabe bearbeitet von Winfried Siegler und Siegfried Fietz.
Greifenstein (Abakus) ²1994
Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes:
Paulus II – Komm herüber und hilf
Tonproduktion: 1973
Ausgaben:
* Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Paulus II. Oratorium. Komm herüber und hilf
uns. Musik: Siegfried Fietz, Texte: Johannes Jourdan. Bearbeitung der NotenAusgaben: Dirk Schmalenbach. Greifenstein (Abakus) ²1973
Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes:
Johannes-Oratorium – Wir sahen seine Herrlichkeit
Tonproduktion: 1979
Ausgaben:
* Fietz, Siegfried: Johannes-Oratorium: Wir sahen seine Herrlichkeit. Notenausgabe
zur Abakus LP 90023. Musik: Siegfried Fietz, Text: Johannes Jourdan,
Schallplattenbearbeitung: Peter Bye, Bearbeitung der Noten-Ausgaben: David Plüss.
Greifenstein (Abakus) 1979
Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes:
David – Der Herr ist mein Hirte
Tonproduktion: 1977
Ausgaben:
* Fietz, Siegfried: David: Oratorium. Der Herr ist mein Hirte. Text: Johannes
Jourdan, Schallplattenbearbeitung: Peter Bye, Bearbeitung der Noten-Ausgaben:
Michael Weller. Greifenstein (Abakus) 1982
Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes:
Petrus Oratorium
Tonproduktion: 1976
Ausgaben:
* Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Petrus-Oratorium, Textausgabe Ulmtal
(Abakus Verlag) 1976
Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes:
Martin Luther Oratorium
Ausgaben:
* Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Martin Luther Oratorium. Ulmtal (Abakus
Verlag) 1982
Fischer, Theo:
Über allem steht ein Licht
Oratorische Szenen
Uraufführung: 1967
Quelle: www.komponistenlexikon.de
161
Flammer, Ernst Helmuth:
Der Turmbau zu Babel
Szenisches Oratorium in 8 Teilen
Entstehung: 1981/82
Ausgaben:
Flammer, Ernst Helmuth: Der Turmbau zu Babel (1981/82). Szenisches Oratorium
in 8 Teilen für Orchestergruppen, 3 Chöre, 2 Gesangssoli (Sopran und Bariton),
Sprecher, quadrophones Zuspielband und Live-Elektronik nach Texten von
Nietzsche, Schopenhauer, Schiller, R. Wagner, Machiavelli und Tucholsky. Bad
Schwalbach (Gravis) o. J. (= EG 1457)
Frederichs, Henning:
Hiob
Halbszenisches Kammeroratorium
Entstehung: 1990
Uraufführung: 1.6.1991, Essen (Ev. Kirchentag)
Ausgaben:
* Frederichs, Henning: Drei Oratorien. Textbücher und Erläuterungen zu Petrus,
Passionserzählung der Maria Magdalena, Hiob. Gelnhausen (TRIGA) 1996
Frederichs, Henning:
Passionserzählung der Maria Magdalena
Entstehung: 1985
Uraufführung: 8.3.1986
Ausgaben:
* Frederichs, Henning: Drei Oratorien. Textbücher und Erläuterungen zu Petrus,
Passionserzählung der Maria Magdalena, Hiob. Gelnhausen (TRIGA) 1996
Frederichs, Henning: Passionserzählung der Maria Magdalena (1985). Oratorium für
Mezzosopran, Bariton, vier Soliloquenten, gem. Chor, Positiv, Orgelpedal,
Streichquintett, Schlagzeug (1 Spieler). Partitur Köln (Edition Dohr) o. J.
Frederichs, Henning:
Petrus
Biblische Sensopera nach dem Lese-Drama Petrus-Peccator-Peramans von Jedwiga
Jagte (i.e.: H.F.)
Entstehung: 1982
Uraufführung: 23.10.1982, Witten a. d. R.
Ausgaben:
* Frederichs, Henning: Drei Oratorien. Textbücher und Erläuterungen zu Petrus,
Passionserzählung der Maria Magdalena, Hiob. Gelnhausen (TRIGA) 1996
Frederichs, Henning: Petrus. "Biblische Sensopera" für Sopran, Bariton, Sprecher, 110stg. Gem. Chor, Violine, Klarinette, Klavier, Cembalo, Orgel, Vibraphon und
Schlagzeug (2 Spieler). Partitur/Chorpartitur Köln (Edition Dohr) o. J.
Frieberger, Rupert Gottfried:
Die Bekehrung des Hl. Paulus
Kammeroratorium für Soli, Chor, 2 Orgeln und Instrumentalensemble
Entstehung: 1994
Uraufführung: 26.10.1994
Quelle: Musik und Kirche 64 (1994), Heft 4, S. 244
162
Frieberger, Rupert Gottfried:
Mysterium Crucis
Kammeroratorium
Entstehung: 1987
Uraufführung: 25.3.1988, Linz (ORF)
Ausgaben:
Frieberger, Rupert Gottfried: Mysterium Crucis (1951). Kammeroratorium nach
Texten der Hl. Schrift, dem Lutherschen Gesangbuch und von Kurt Marti für Soli
(Sopran, Tenor, Bariton, Bass), Sprecher, gemischten Chor, Instrumentalensemble
und Orgelpositiv (1987). Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.
* CD-Booklet: Mysterium Crucis. Kammeroratorium von Rupert Gottfried Frieberger.
CD Christophorus 1993 (CHR 77134)
Gabriel, Thomas; Eckert, Eugen:
Daniel
Rockoratorium
Entstehung: 1996
Ausgaben:
Gabriel, Thomas: Daniel. Oratorium für 3-stg. gem. Chor und Instrumente. Text von
Eugen Eckert. Partitur München (Strube) o. J. (= VS 1810)
Gabriel, Thomas; Eckert, Eugen:
Emmaus
Rock-Oratorium in 6 Bildern
Uraufführung: 1.4.2002, Seligenstadt
Ausgaben:
Gabriel, Thomas: Emmaus. Oratorium zu Lukas 24, 17-35 für Solisten, 4-stg. gem.
Chor, Orchester und Band. Text von Eugen Eckert. Partitur München (Strube) o. J.
(= VS 1921)
Gattermeyer, Heinrich:
Der Turmbau zu Babel
Oratorium nach Texten der Heiligen Schrift
Entstehung: 1960-83
Ausgaben:
Gattermeyer, Heinrich: Der Turmbau zu Babel. Oratorium nach Texten der Heiligen
Schrift für Sprecher, gemischten Chor und großes Orchester. CD-Aufnahme o. O. u.
o. J. (Preiserrecords, Österreich)
Gattermeyer, Heinrich:
Weihnachtsoratorium
Entstehung: 1951
Quelle: www.mica.at
Gieseler, Walter:
Unio mystica
Oratorische Gesänge
Entstehung: 1989-91
Ausgaben:
Gieseler, Walter: Unio mystica. Oratorische Gesänge für drei Soli, gemischten Chor
und Orchester. Partitur Bad Schwalbach (Gravis) 1991 (= EG 294)
163
Glaus, Daniel:
Hüllen des Abgrunds
Oratorium über die Offenbarung des Johannes
Entstehung: 1986/87
Ausgaben:
Glaus, Daniel: Hüllen des Abgrunds. Oratorium über die Offenbarung des Johannes.
Aufführungsmaterial Bern (Müller & Schade) o. J. (= Best-Nr. 1522)
Glaus, Daniel:
Sunt lacrimae rerum
Oratorium für den Planeten des Lebens
Entstehung: 1988/89
Ausgaben:
Glaus, Daniel: Sunt lacrimae rerum. Oratorium für den Planeten des Lebens über
Texte von Kurt Marti, Adolf Muschg & Dorothee Sölle. Aufführungsmaterial Bern
(Müller & Schade) o. J. (= Best-Nr. 1527)
Graf, Wolfram:
Tage des Mondes
Oratorische Szenen zum 20. Jahrhundert
Entstehung: 2003
Quelle: Homepage des Komponisten, www.wolframgraf.de
Graf, Wolfram:
Martin von Tours – Teilen statt Töten
Oratorium für zwei Sprecher, Sopran solo, Chor, Kinderchor, Orchester und zwei
Orgeln
Entstehung: 1991
Quelle: Homepage des Komponisten, www.wolframgraf.de
Haas, Joseph; Schuster, Ludwig:
Die Seligen. Variationen über die Bergpredigt
Oratorium, op. 106
Entstehung: 1956
Ausgaben:
* Haas, Joseph: Die Seligen. Variationen über die Bergpredigt. Oratorium nach
Worten der Heiligen Schrift und des Angelus Silesius, gestaltet und geformt von
Joseph Haas und Ludwig Schuster für Sopran- und Bariton-Solo, gemischten Chor,
Kinder-, Frauen- und Männerchor mit Orchester und Orgel, op. 106. Textbuch Mainz
( Schott) 1956
Haas, Joseph: Die Seligen. Variationen über die Bergpredigt. Oratorium.
Klavierauszug Mainz (Schott) (= ED 4921)
Haas, Joseph; Andersen, Ludwig:
Das Jahr im Lied
Volkslieder-Oratorium, op. 103
Entstehung: 1951
Uraufführung: 22.-28.4.1952, Kassel
164
Ausgaben:
* Haas, Joseph: Das Jahr im Lied. Ein Volkslieder-Oratorium nach alten deutschen
Weisen mit verbindenden Worten von Ludwig Andersen für Sopran-, Alt-, Tenor- und
Bass-Solo, Sprecher, gemischten Chor und Orchester. Klavierauszug Mainz (Schott)
1980 (= Edition Schott ED 4340)
Haller, Hermann:
Hiob
Oratorium
Uraufführung: 1975, Wilhelmshaven
Ausgaben:
* Haller, Hermann: Hiob. Oratorium nach Texten der Heiligen Schrift für Sopranund Baritonsolo, gemischten Chor, Orgel und Orchester. Klavierauszug Locarno,
Wilhelmshaven (Heinrichhofens Musikverlag/Edizioni Pegasus) 1975
Heiller, Anton; Krieg, Franz:
Francois Villon
Oratorium
Entstehung: 1956
Uraufführung: 24.4.1970, Wien
Ausgaben:
Heiller, Anton: François Villon. Oratorium für Soli, gemischten Chor und Orchester
(Text von Franz Krieg unter Verwendung Villonscher Balladen) (1956). Klavierauszug
Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 46 028)
* Kopie eines nicht näher bestimmbaren Programmhefts, zur Verfügung gestellt vom
Verlag Doblinger, Wien
Heilmann, Harald:
Der Sündenfall
Szenisches Oratorium, op. 100
Uraufführung: 1969, Heidelberg
Ausgaben:
* Heilmann, Harald: Der Sündenfall. Ms. zur Verfügung gestellt vom Komponisten
Heilmann, Harald. Der Sündenfall: szenisches Oratorium nach der Bibel. Partitur
Berlin (Astoria-Verlag) 1974
Heilmann, Harald; Lipp, Wolfgang:
Von der Weisheit Gottes
Oratorium
Uraufführung: 1977, Ulm
Ausgaben:
* Heilmann, Harald: Von der Weisheit Gottes. Ms. zur Verfügung gestellt vom
Komponisten
Heilmann, Harald: Von der Weisheit Gottes: Oratorium für Sprecher, vier Soli,
gemischten Chor und Orchester, nach Texten aus dem Chorgestühl des Ulmer
Münster von Wolfgang Lipp. Partitur Berlin (Astoria-Verlag), o. J.
165
Heizmann, Klaus; Jourdan, Johannes:
Jerusalem Schalom
Oratorium
Entstehung: 1993
Uraufführung: 1995, Basel
Ausgaben:
Heizmann, Klaus; Jourdan, Johannes: Jerusalem Schalom (Oratorium). CDProduktion Asslar (Klaus Gerth Musikverlag) 1994
Heizmann, Klaus; Jourdan, Johannes:
Das Licht leuchtet in der Finsternis
Jesus-Oratorium 1 (Weihnachtsoratorium)
Tonproduktion: 1998 (CD)
Uraufführung: 2002, Braunschweig
Ausgaben:
Heizmann, Klaus; Jourdan, Johannes: Jesus-Oratorium 1: Das Licht leuchtet in der
Finsternis. CD-Produktion Asslar (Klaus Gerth Musikverlag) 1998
Henze, Hans Werner; Schnabel, Ernst:
Das Floß der Medusa
Oratorio vulgare e militare
Entstehung: 1967/68
Uraufführung: 9.12.1968, Hamburg
Ausgaben:
Schnabel, Ernst: Das Floß der Medusa. Text zum Oratorium von Hans Werner
Henze. Zum Untergang einer Uraufführung. München (Piper) 1969
Henze, Hans Werner: Das Floß der Medusa: oratorio vulgare e militare in due parti;
Text von Ernst Schnabel. Studien-Partitur Mainz (Schott) 1970
* Henze, Hans W.; Schnabel, Ernst: Das Floß der Medusa. Aufnahme des
Norddeutschen Rundfunks, 1968; Leitung: Hans Werner Henze. CD-Produktion
Hamburg (Deutsche Grammophon) 1996
Heucke, Stefan:
Die Ordnung der Erde
Tanzoratorium nach dem Gilgamesch-Epos, op. 30
Uraufführung: 27.1.2001, Gelsenkirchen
Ausgaben:
Heucke, Stefan: Die Ordnung der Erde. Tanzoratorium nach dem Gilgamesch-Epos,
op. 30. Aufführungsmaterial Mainz u.a. (Schott) o. J.
Hoeft, Helmut; Fietkau, Wolfgang:
Unterwegs
Pop-Oratorium
Entstehung: 2000
Ausgaben:
Hoeft, Helmut; Fietkau, Wolfgang: Unterwegs – Haltestelle Gegenwart. CD-Aufnahme
o. O. (Kreuz) 2000 (Bestell-Nr. 3059070)
166
Hollenweger, Walter; Korthaus, Estella F.:
Maria von Wedemeyer – Eine unerhörte Frau
Oratorium
Uraufführung: Juni 1997, Leipzig (Dt. Ev. Kirchentag)
Quelle: Internet-Dokumentation des Ev. Kirchentags 1997 in Leipzig;
http://church.han-solo.net/kirchentagold/leipzig/reportagen/r034.html
Hummel, Bertold; Scheele, Paul-Werner:
Der Schrein der Märtyrer
Entstehung: 1989
Ausgaben:
* Hummel, Bertold: Der Schrein der Märtyrer. Textgestaltung von Paul-Werner
Scheele. Ms. von der Homepage des Komponisten, www.bertoldhummel.de
Hummel, Bertold: Der Schrein der Märtyrer. Oratorium op. 90. J. Schubert Verlag
1990 (= JS 158)
Hummel, Bertold: Der Schrein der Märtyrer. Mitschnitt der Uraufführung im
Würzburger Dom unter Leitung von Siegfried Koesler. CD-Produktion o. O.
(Conventus Musicus) o. J. (= CM 100-1/2)
Jänke, Stefan; Richter, Frank:
Dass ein neuer Anfang verbleibe
Oratorium nach der Passionsgeschichte des Johannes-Evangeliums
Uraufführung: 29.3.2002, Großenhain
Quelle: persönliche Mitteilung des Komponisten; vgl. auch Bartsch 2002
Jochum, Otto:
Canctica sacra
Oratorium, op. 167
Entstehung: 1957
Ausgaben:
Jochum, Otto: Cantica sacra. Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift und der
christlichen Liturgie für vier Solostimmen (Sopran, Alt, Tenor, Bariton), gem. Chor,
Orchester und Orgel ad. lib. Op. 167. Klavierauszug. München (Leuckart) 1957
Johnson, Tom:
Bonhoeffer Oratorium
Entstehung: 1988-92
Ausgaben:
Johnson, Tom: Bonhoeffer Oratorium (1988-1992). Paris (Editions 75) o. J.
* Johnson, Tom: Bonhoeffer Oratorium (1988-1992) in vier Teilen, für vier Solisten,
zwei Chöre und Orchester. Programmheft der Uraufführung am 21. September
[1996] in Maastricht, Leitung: Martin Wright
Josef, Jens:
Vor langer Zeit. Stationen einer Stadt
Oratorium. Werk XL
Uraufführung: 2000 Hann. Münden, Blasiuskirche
Quelle: Werkverzeichnis des Komponisten, www.thiasos.de/Komp/josefd.html
167
Jost, Helmut; Nitsch, Johannes:
Ewigkeit fällt in die Zeit
Pop-Oratorium zur Christusgeschichte
Ausgaben:
* Jost, Helmut; Nitsch, Johannes: Ewigkeit fällt in die Zeit. Ein Pop-Oratorium zur
Christusgeschichte. CD-Aufnahme (Felsenfest Verlag) 1999
Katzer, Georg; Wolf, Christa; Wolf, Gerhard:
Medea in Korinth
Oratorische Szenen
Entstehung: 2000/2001
Uraufführung: 6.9.2002, Berlin
Ausgaben:
Katzer, Georg: Medea in Korinth (2000/01). Oratorische Szenen für 5 Gesangssoli,
gem. Chor und großes Orchester. Bad Schwalbach (Gravis) 2001 (= EG 764)
* Katzer, Georg: Medea in Korinth for 5 solo vocalists, mixed chorus and large
orchestra. Oratoric Scenes after the libretto by Christa Wolf & Gerhard Wolf. LiveMitschnitt vom 6. September 2002, Berliner Singakademie, Berliner SinfonieOrchester, Leitung: Achim Zimmermann. CD-Produktion München (Arte Nove
Classics) 2003
Kaufmann, Otto:
Botschaft aus Bethlehem
Weihnachtsoratorium
Uraufführung: 15.12.2001, Uelzen
Ausgaben:
Kaufmann, Otto: Botschaft aus Bethlehem. Weihnachtsoratorium. CD-Produktion
o. O. (Amphion) 2002
Kelterborn, Rudolf:
Die Flut
Oratorium nach der Bibelübersetzung von Martin Buber
Entstehung: 1963/64
Uraufführung: 14.5.1965, Basel
Ausgaben:
* Kelterborn, Rudolf: Die Flut. Oratorium auf Bibeltexte in der Verdeutschung von
Martin Buber. Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) 1964
Kelterborn, Rudolf: Die Flut (1963/64). Oratorium nach der Bibelübersetzung von
Martin Buber. Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 4426)
Kelterborn, Rudolf:
Dies unus
Fragmentarisches Oratorium über den Schöpfungsbericht
Entstehung: 1972
Ausgaben:
Kelterborn, Rudolf: Dies unus. Fragmentarisches Oratorium (1971/72). Kassel
(Bärenreiter) o. J. (=BA 6068)
168
Kern, Matthias:
Sapientia in Christo
Oratorium
Uraufführung: 23.6.1967, Hannover
Ausgaben:
Kern, Matthias: Sapientia in Christo. Oratorium für Bariton solo, gemischten Chor
und Orchester. Partitur Celle (Moeck) o. J. (= Ed.Nr. 5056)
Kirchner, Volker David:
Ahasver
Szenisches Oratorium
Entstehung: 1998-2000
Uraufführung: 5.5.2001, Bielefeld
Ausgaben:
Kirchner, Volker David: Ahasver. Szenisches Oratorium (1998-2000), Libretto vom
Komponisten. Aufführungsmaterial Mainz u.a. (Schott) o. J.
Klebe, Giselher:
Warum hat die Sonne einen Aschenrand?
Oratorium für Amnesty International, op. 104
Entstehung: 1991
Ausgaben:
Klebe, Giselher: Warum hat die Sonne einen Aschenrand. Oratorium op. 104 (1991).
Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 7338)
* Giselher Klebe: Warum hat die Sonne einen Aschenrand (Oratorium für Amnesty
International), op. 104. Für zwei Klaviere, Schlagzeug und 16-stimmigen Chor. CDProduktion Hamburg (Edel) 1994.
Klebe, Giselher:
Weihnachtsoratorium
Op. 101
Entstehung: 1989
Uraufführung: 7.12.1989, Bonn
Ausgaben:
Klebe, Giselher: Weihnachtsoratorium op. 101 (1989). Fassung für großes Orchester.
Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 7322)
Klebe, Giselher: Weihnachtsoratorium op. 101 (1989). Fassung für kleines Orchester.
Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 7339)
* Klebe, Giselher: Weihnachtsoratorium op. 101. Aufnahme des WDR vom
7.12.1989. CD-Produktion o. O. u. J.
Kleber, Wolfgang:
Tefilla
Oratorium zur Doppelstele „Bindung und Kreuzigung“
Uraufführung: 19.9.2001, Darmstadt
169
Ausgaben:
* Tefilla. Oratorium zur Doppelstele „Bindung und Kreuzigung“ von Igael Tumarkin
für Solosopran, Solobass, Gemischter Chor, Bläserquintett (Flöte, Trompete, Englisch
Horn, Fagott, Kontrafagott), Streicherquintett (2 Violinen, 2 Celli, Kontrabass),
Schlagzeug, Orgel. Textzusammenstellung und Musik: Wolfgang Kleber. Textfassung
zusammengestellt vom Komponisten auf www.darmstadtonline.de/paulusgemeinde/tefilla.htm
Koerppen, Alfred:
Das Feuer des Prometheus
Oratorium
Entstehung: 1956
Uraufführung: 28.10.1956, Hannover
Ausgaben:
Koerppen, Alfred: Das Feuer des Prometheus. Oratorium für 5 Soli, gemischten Chor
und großes Orchester. Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) o. J.
* Das Feuer des Prometheus. Oratorium in drei Teilen für Soli, gemischten Chor und
Orchester von Alfred Koerppen. Programmheft der Uraufführung vom 28. Oktober
1956, Niedersachsenhalle Hannover, Leitung: Fritz von Bloh
Koerppen, Alfred:
Der Turmbau zu Babel
Szenisches Oratorium für 4 Soli, Männerchor und großes Orchester
Entstehung: 1951
Quelle: Werkverzeichnis auf der Homepage des Komponisten, http://alfredkoerppen.de
Kopf, Klaus-Dieter:
Luther-Oratorium
Entstehung: 1981/82
Uraufführung: 1983, Magdeburg
Quelle: Homepage des Komponisten, http://www.neuemusik.de/kopf.htm
Krämer, Thomas:
Kinder des Lichts
Oratorium für Alt, Bariton und großes Orchester
Entstehung: 1995
Uraufführung: 1996, Saarbrücken
Quelle: Homepage des Komponisten, www.hfm-saarland.de/kraemer/
Kratochwil, Heinz; Schweiger, Sigrid:
Die Erschaffung der Welt
Kammeroratorium, op. 150
Entstehung: 1985
Uraufführung: 1985
Ausgaben:
Kratochwil, Heinz: Die Erschaffung der Welt. Kammeroratorium für Bass-Solo,
Sprecher, gemischten Chor, Flöte, Pauken und Streicher, op. 150 (1985). Wien
(Doblinger) o. J.
170
* Kratochwil, Heinz: Die Erschaffung der Welt, op. 150, für Bass-Solo, Sprecher, 4stimmigen Chor, Flöte, Streicher und Pauken nach dem Buch Genesis, ergänzt
durch Texte von Sigrid Schweiger. Programmheft einer nicht näher bestimmbaren
Aufführung, Kopie zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien
Kraus-Hübner, Hans; Knodt, Reinhard:
Zeitenwenden
Ein weltliches Oratorium in 12 Bildern
Uraufführung: 14.7.2000, Altdorf
Quelle: Homepage des Librettisten, www.reinhard-knodt.de
Kraus-Hübner, Hans; Knodt, Reinhard:
Legende der Hl. Walburga
Uraufführung: 13.9.2002, Heidenheim am Hahnenkamm
Quelle: Homepage des Librettisten, www.reinhard-knodt.de
Kreisel, Paul Eberhard:
Jona
Kammeroratorium, op. 77
Uraufführung: 30.10.1977
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Kreisel, Paul Eberhard:
Requiem
Oratorium, op. 72
Uraufführung: 10.11.1974
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Kreisel, Paul Eberhard:
Die Weihnachtsgeschichte
Oratorium, op. 54
Uraufführung: 1961
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Krenek, Ernst:
Opus sine nomine
Oratorium, op. 238
Entstehung: beendet 12.3.1988
Uraufführung: 8.5.1990, Wien
Ausgaben:
* Krenek, Ernst: Opus sine nomine op. 238 (1988). Oratorium. Klavierauszug Kassel
(Bärenreiter) 1990 (= BA 7317)
Krenek, Ernst:
Spiritus Intelligentiae, Sanctus
Pfingstoratorium
Entstehung: Okt. 1955 - 23.3.1956
Uraufführung: 30.5.1956, Köln
Ausgaben:
Krenek, Ernst: Spiritus Intelligentiae, Sanctus. Pfingstoratorium für Singstimmen
und elektronische Klänge. Wien (Universal Edition) 1956
171
Kropfreiter, Augustinus Franz; Schönzeler, Hans-Hubert:
Altdorfer-Passion
Kammeroratorium
Entstehung: 1965
Uraufführung: 17.10.1965 St. Florian/Oberösterreich
Ausgaben:
Kropfreiter, Augustinus Franz: Altdorfer-Passion. Kammer-Oratorium (nach Texten
der Hl. Schrift) für Alt, Bariton und 11 Instrumente (1965). Klavierauszug Wien
(Doblinger) o. J. (= Doblinger 08 822)
* Kropfreiter, Augustinus Franz: Altdorfer-Passion. Kammeroratorium nach Texten
der Hl. Schrift. Erstaufnahme vom März 1988, Emmauskirche München. CDProduktion Münster (FONO) 1991
Kubizek, Augustin; Vogg, Herbert:
Stationen (Memento Homo)
Oratorium, op. 41
Entstehung: 1975
Ausgaben:
* Kubizek, Augustin (Musik); Vogg, Herbert (Text): Stationen. Oratorium. Ms. zur
Verfügung gestellt vom Librettisten.
Kubizek Augustin: Stationen. Oratorium (Text von Herbert Vogg, engl. von Roberta
Arwood) für Tenor- und Bass-Solo, gemischten Chor und Orchester, op. 41 (1975).
Ausgabe für Chor und Klavier Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 45 544)
Kukuck, Felicitas; Johannsen, Margret:
Ecce homo: die letzten Tage des Jesus aus Galiläa
Oratorium
Ausgaben:
* Kukuck, Felicitas: Ecce homo: die letzten Tage des Jesus aus Galiläa. Oratorium
nach einem Text von Margret Johannsen. Text- und Inhaltsübersicht Wolfenbüttel
(Möseler) o. J.
Kukuck, Felicitas; Johannsen, Margret: Ecce homo: die letzten Tage des Jesus aus
Galiläa. Oratorium für Soli, Chor und Instrumente. Partitur Wolfenbüttel (Möseler)
1991 (= M 68.836)
Kukuck, Felicitas:
Der Gottesknecht
Passions-Oratorium in 6 Kantaten
Entstehung: 1957
Ausgaben:
Kukuck, Felicitas: Der Gottesknecht. Passions-Oratorium in 6 Kantaten für 2 gem.
Chöre (SATB SATB), Streicher und Gemeinde (Orgel, Blockflöten ad lib.).
Wolfenbüttel (Möseler) 1957 (= Verlags-Nr. 68.810)
Kukuck, Felicitas:
Das kommende Reich (Die Seligpreisungen)
Oratorium
Entstehung: 1959
172
Ausgaben:
Kukuck, Felicitas: Das kommende Reich (Die Seligpreisungen). Oratorium für
Baritonsolo, Chor SSATTB, Gemeinde, Orchester und Orgel (1959). Leinfelden
(Carus) o. J. (= CV 10.031)
Kunad, Rainer:
Die Kitschpostille
Kleines Oratorium, conatum 60
Entstehung: 1974
Ausgaben:
Kunad, Rainer: Die Kitschpostille. Kleines Oratorium. Klavierauszug Wiesbaden
Breitkopf & Härtel (= DV 6116)
Kunad, Rainer:
Salomonische Stimmen
Oratorium, conatum 76
Uraufführung: 1984, Dresden
Ausgaben:
Kunad, Rainer: Salomonische Stimmen. Oratorium, conatum 76. Rimsting
(Arends/Keturi) o. J.
Kunad, Rainer:
Stimmen der Völker
Oratorium, conatum 72
Entstehung: 1980/81
Ausgaben:
Kunad, Rainer: Stimmen der Völker. Oratorium nach Herder für Soli, Chor, Orgel
und Orchester, conatum 72. Klavierauszug Leipzig (Dt. Verlag für Musik) o. J. (= DV
6133)
Kunad, Rainer:
Jovian, der Seher (Trilogie der Offenbarung Gottes, Teil 1)
Oratorium, conatum 80
Uraufführung: 1987, Mannheim
Ausgaben:
Kunad, Rainer: Jovian, der Seher. Oratorium in 2 Szenen nach der syro-aramäischen
Original-Apokalypse, conatum 80. Rimsting (Arends/Keturi) o. J.
Kunad, Rainer:
Der Seher von Patmos (Trilogie der Offenbarung Gottes, Teil 2)
Oratorium, conatum 81
Uraufführung: 1988, Karlsruhe
Ausgaben:
Kunad, Rainer: Der Seher von Patmos. Oratorium nach Worten der Offenbarung an
Johannes und der Tübinger Gebete, conatum 81. Rimsting (Arends/Keturi) o. J.
173
Kunad, Rainer:
Das neue Jerusalem (Trilogie der Offenbarung Gottes, Teil 3)
Oratorium, conatum 82
Entstehung: 1986
Uraufführung: 1989, Sindelfingen
Ausgaben:
Kunad, Rainer: Das neue Jerusalem. Oratorium nach Worten der Offenbarung an
Johannes und der Tübinger Texte, conatum 82. Rimsting (Arends/Keturi) o. J.
Kunad, Rainer:
Das Thomas-Evangelium
Oratorium, conatum 79
Uraufführung: 1987, Kiel
Ausgaben:
Kunad, Rainer: Das Thomas-Evangelium. Oratorium in 3 Teilen nach Versen aus
dem Thomas-Evangelium und aus den Thomas-Psalmen, conatum 79. Rimsting
(Arends/Keturi) o. J.
Linßen, Gregor:
Adam – auf der Suche nach dem Menschen
Ein NGL-Oratorium
Uraufführung: 7.8.2002, Assisi
Ausgaben:
Linßen, Gregor: Adam - Auf der Suche nach dem Menschen. Ein NGL-Oratorium.
Chorpartitur Neuss (Edition GL) 2002
Linßen, Gregor:
Die Spur von morgen
NGL-Oratorium
Uraufführung: 11.08.1998
Ausgaben:
* Linßen, Gregor: Die Spur von morgen. NGL-Oratorium. Chorpartitur Neuss (Edition
GL) ²2001
Löbner, Roland:
Titanic
Weltliches Oratorium
Ausgaben:
Löbner, Roland: Titanic. Weltliches Oratorium für Sprecher, Solisten, Chor und
Orchester. o. O. (Hans Gerig Verlag) 1957
Lonquich, Heinz Martin; Lüchtefeld, Klaus; Brüning, Bärbel:
Auf dem Rand der Mauer Oratorium Rituale
Uraufführung: 1993
Ausgaben:
* Auf dem Rand der Mauer. 7 Wortwechsel im Raum für 2 Soprane, Alt, Tenor,
Bariton, Bass, Sprecherin, 4 Sprecher, 2 Chöre, Gesangsquartett, 18 Instrumentalsolisten und Tonträger. Texte: Altes und Neues Testament, Choräle, Klaus Lüchtefeld. Konzept/Textbuch: Bärbel Brüning, Klaus Lüchtefeld. Musik: Heinz Martin
174
Lonquich. Programmheft der Uraufführung vom 24. April 1993, Basilika St. Maria im
Kapitol, Köln
Auf dem Rand der Mauer. 7 Wortwechsel im Raum – Oratorium Rituale – (Revidierte
Fassung 1993) für 2 Soprane, Alt, Tenor, Bariton, Bass, Sprecherin, 4 Sprecher, 2
Chöre, Gesangsquartett, 18 Instrumentalsolisten und Tonträger. Texte: Altes und
Neues Testament, Choräle, Klaus Lüchtefeld. Konzept/Textbuch: Bärbel Brüning,
Klaus Lüchtefeld. Musik: Heinz Martin Lonquich. Programmheft der Uraufführung
vom 16. Februar 1994, Basilika St. Maria im Kapitol, Köln
Lonquich, Heinz Martin; Spaemann, Cordelia:
Das Schweigen des Johann von Nepomuk
Entstehung: 1991
Ausgaben:
* Lonquich, Heinz Martin: Das Schweigen des Johann von Nepomuk. Texte: Cordelia
Spaemann mit Auszügen aus dem „Ackermann aus Böhmen“, dem Missale
Romanum und dem Buch der Psalmen. Ms., Rekonstruktion nach dem Original zur
Verfügung gestellt vom Komponisten
Matthus, Siegfried:
Laudate pacem
Oratorium in 5 Teilen
Entstehung: 1973/74
Uraufführung: 19.4.1976, Berlin
Ausgaben:
Matthus, Siegfried: Laudate pacem. Oratorium in 5 Teilen (1973/74). Aufführungsmaterial Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) o. J.
Mertens, Oliver; Suberg, Jürgen:
Passion in Form eines Oratoriums in 24 Teilen
Uraufführung: 29.3.2002, Moers-Meerbeck
Ausgaben:
Suberg, Jürgen: Passion. Vechta-Langförden (Geest-Verlag) 2002
Meyer, Krzysztof Aleksander; Engelsberger, Gerhard:
Schöpfung
Oratorium
Uraufführung: 10.9.2000, Hildesheim
Ausgaben:
* Meyer, Krzysztof: Schöpfung. Oratorium nach Worten von Gerhard Engelsberger.
Textheft zur Uraufführung am 10. September 2000, St. Michaeliskirche Hildesheim,
Leitung: Gunnar Kühl
Modeß, Jochen A.; Biermann, Wilhelm:
Frieden
Oratorium für Soli, Chor und Orchester
Uraufführung: 4.5.1995, Greifswald
Quelle: Musik und Kirche 65 (1995), Heft 6, S. 370
175
Müller von Kulm, Walter:
Petrus
Biblisches Oratorium, op. 71
Entstehung: 1957-59
Ausgaben:
Müller von Kulm, Walter: Petrus. Biblisches Oratorium nach dem Text der Zürcher
Bibel, op. 71. Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3561)
Nening, Wolfgang; Busta, Christine:
Ein anderes Hohelied
Kammeroratorium
Entstehung: 1997/98
Uraufführung: 23.6.2000, Wien
Quelle: Homepage des Komponisten, home.schule.at/member/gnagflow/
Noll, Diether; Quoist, Michel:
Herr, da bin ich
Entstehung: 1967
Uraufführung: 29.10.1967
Quelle: Musik und Kirche 38 (1969), Heft 3, S. 132ff; vgl. r. l. 1969
Noll, Diether:
Go down, Moses
Entstehung: 1969
Quelle: Musik und Kirche 40 (1970), Heft 1, S. 52; vgl. Oefner 1970
Pasquay, Wolfgang:
Friedensoratorium
Ausgaben:
Pasquay, Wolfgang: Friedensoratorium. Oratorium gegen den Krieg von Wolfgang
Pasquay nach Worten von Erasmus von Rotterdam und Bertolt Brecht. CDProduktion Berlin (Kreuzberg Records) 2003
Posegga, Hans; Giner, Chrysostomus; Schneider, Walter:
Christ und Antichrist
Ein dramatisches Rockoratorium
Uraufführung: 1977, Kloster Neustift bei Brixen
Quelle: Homepage des Komponisten, www.hans-posegga.de
Posegga, Hans:
Te Deum benedictoburanum
Oratorium nach den Deckengemälden im alten Barocksaal des Klosters
Benediktbeuren
Uraufführung: 31.5.1981, Benediktbeuren
Ausgaben:
Posegga, Hans: Te Deum benedictoburanum. Ein Oratorium zum Lobpreis Gottes
nach den Allegorien der Bilderzyklen im Barocksaal des Klosters Benediktbeuern
unter der Thematik „Des Lebens Wagen“ in 20. Gesängen und einem barocken
Vorspiel; für Soli (Sopran, Alt, Tenor, Bass), gemischten Chor, Kinderchor, Sprecher,
Symphonie-Orchester, Orgel, Harfe, Rhythmusgruppe (E-Guitarre, E-Baß,
Schlagzeug und Synthesizer) und Tonband; Musik und Textgestaltung Hans Posegga.
Partitur Berg (Selbstverlag) 1989
176
Rapf, Kurt:
Passio Aeterna
Oratorium
Entstehung: 1979
Uraufführung: 5.5.1980, Wien
Ausgaben:
* Rapf, Kurt: Passio Aeterna. Oratorium für Soli, Sprecher, gemischten Chor,
Tonband, Cembalo, Orgel und Orchester nach Texten der Hl. Schrift und unter
Verwendung des Buches „Pfarrerblock 25 487“ (1979). Klavierauszug Wien
(Doblinger) o. J. (= Doblinger 46)
Rapf, Kurt: Passio aeterna: Oratorium für Soli, Sprecher, gemischten Chor, Cembalo,
Orgel, Tonband und Orchester; nach Texten der Hl. Schrift und unter Verwendung
des Buches „Pfarrerblock 25487“ von Jean Bernard; komponiert als Auftragswerk
des ORF/1979; Mitschnitt der Uraufführung im Großen Saal des Wiener
Musikvereins am 5. Mai 1980, Leitung: Kurt Rapf. CD-Produktion Wien (Amadeo
Classic) 1992
Rubin, Marcel:
Auferstehung
Oratorium
Entstehung: 1985/86
Uraufführung: 28.1.1988, Wien
Ausgaben:
Rubin, Marcel: Auferstehung. Oratorium nach Texten aus den Evangelien, von
Angelus Silesius und Matthias Claudius für 4 Solostimmen (Sopran, Alt, Tenor,
Bass), gemischten Chor, Orgel und Orchester (1986). Klavierauszug Wien (Doblinger)
o. J.(= Doblinger 46 076)
* Rubin, Marcel: Auferstehung. Kopie eines nicht näher bestimmbaren
Programmhefts, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien
Rubin, Marcel:
Licht über Damaskus
Oratorium
Entstehung: 1988
Uraufführung: 19.6.1995, Wien
Ausgaben:
Rubin, Marcel: Licht über Damaskus. Oratorium nach Texten aus der Bibel, von
Paul Gerhardt, Christian F. D. Schubart und Rainer Maria Rilke für 4 Solo-Stimmen
(Sopran, Alt, Tenor, Bass), gemischten Chor, Orgel und Orchester (1988).
Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.
* Rubin, Marcel: Licht über Damaskus. Oratorium nach Texten aus der Bibel, von
Paul Gerhardt, Christian Friedrich Daniel Schubart und Rainer Maria Rilke. Kopie
eines nicht näher bestimmbaren Programmhefts, zur Verfügung gestellt vom Verlag
Doblinger, Wien
Ruoff, Axel:
Credo
Oratorium in 15 Bildern
Uraufführung: 12.7.2002, Stuttgart
177
Ausgaben:
Ruoff, Axel: Credo. Oratorium in 15 Bildern für Soli (Tenor, Bariton, Bass), 48stimmigen Chor und Orchester. Partitur München (Strube) 2003 (= VS 1937)
Ruoff, Axel:
Bergpredigt
Oratorium
Entstehung: 1998
Uraufführung: 1999 Stuttgart (Ev. Kirchentag)
Ausgaben:
Ruoff, Axel: Bergpredigt. Oratorium für Sprecher, Soli, Chor und Orchester (1998).
Auftragskomposition des Verbandes Ev. Kirchenmusik in Württemberg zum
Deutschen Evangelischen Kirchentag Stuttgart 1999. München (Strube) 1998 (= VS
1776)
* Ruoff, Axel: Bergpredigt. Oratorium. Programmheft einer Aufführung vom 10. März
2002, Christuskirche Mannheim, Leitung: Johannes Michel
Rütti, Carl; Walter, Silja:
Verena die Quelle
Oratorium
Entstehung: 1995
Ausgaben:
Rütti, Carl: Verena die Quelle: Oratorium nach Gedichten von Silja Walter für 16stimmigen Chor und 6 Instrumentalisten. Partitur Ms. 1995, Schweizerische
Landesbibliothek Zürich
Rütti, Carl: Verena, die Quelle: ein Oratorium mit Dichtung, Malerei und Musik. CDProduktion o. O. (Herald AV Publikations) 1996 (= HAVPCD 1861-2)
Schedl, Gerhard; Böcs, Attila:
Der Großinquisitor
Oratorium
Entstehung: 1979/80
Uraufführung: 4.5.1981, Zell am See (A)
Ausgaben:
Schedl, Gerhard: Der Großinquisitor. Oratorium in drei Teilen nach Texten aus dem
Roman ‚Die Brüder Karamasoff‘ von Fedor M. Dostojewskij, Texteinrichtung: Attila
Böcs. Wien (Doblinger) 1980
* Schedl, Gerhard: Der Großinquisitor. Kopie einer nicht näher bestimmbaren
Textausgabe, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien
Schibler, Armin:
Media in vita
Sinfonisches Oratorium
Entstehung: 1956
Ausgaben:
Schibler, Armin: Media in Vita. Sinfonisches Oratorium nach 18 Gedichten von C. F.
Meyer für gem. Chor, Männerchor, vier Gesangssolisten u. Orchester. Klavierauszug
Zürich 1962
178
Schindler, Walter:
Osteroratorium
Entstehung: 1964
Uraufführung: 1965, Hannover
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Schindler, Walter:
Osteroratorium
Entstehung: 1960/61
Uraufführung: 1961, Hannover
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Schiske, Karl:
Vom Tode
Oratorium
Entstehung: 1946
Ausgaben:
* Schiske, Karl: Vom Tode. Oratorium nach Worten großer Dichter für Soli,
gemischten Chor, großes Orchester und Orgel, op. 25. Klavierauszug mit Gesang
(eingerichtet von Steffi und Karl Schiske) Wien (Universal-Edition) 1948 (= UE
11 873)
Schlee, Thomas Daniel; Deutsch, Reinhard:
Der Baum des Heils
Oratorium, op. 33
Entstehung: 1994
Uraufführung: 5.11.1994, Graz
Ausgaben:
Schlee, Thomas Daniel: Des Baum des Heils; Oratorium in vier Teilen für Soli (Alt),
gem. Chor, Vl., Eh., Org., op. 33. Partitur Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 45 458)
* Schlee, Thomas Daniel: Der Baum des Heils. Oratorium für Alt solo, Violine,
Englischhorn, Claves, gemischten Chor und Orgel op. 33 (1993/94), Text von
Reinhard Deutsch. Booklet einer nicht näher bestimmbaren CD-Produktion, in Kopie
zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien
Schubert, Heino:
Der Mensch, das Spiel der Zeit
Gryphius-Oratorium
Entstehung: 1982
Ausgaben:
Schubert, Heino: Der Mensch, das Spiel der Zeit. Oratorium für 2 Solostimmen (Alt,
Tenor), 2 Solostimmen ad lib. (Sopran, Bass), gem. Chor und Orchester nach Texten
von Andreas Gryphius. Bad Schwalbach (Gravis) o. J. (= EG 139)
Schwenk, Fredrik:
Dies Septimus
Kammeroratorium
Entstehung: 1999/2000
Ausgaben:
* Schwenk, Fredrik: Dies Septimus. Kammeroratorium für Soli, Chor und zwölf
Instrumente. Partitur Verlag vierunddreissig, 2000
179
Shih; Chiu, Charles S.:
Lebend'ges Land
Oratorium
Entstehung: 1995
Uraufführung: 12.1.1997, Münster
Ausgaben:
Shih: Lebend'ges Land. Oratorium für Soli, zwei gem. Chöre, Kinderchor und
Orchester (1995). Texteinrichtung: Charles S. Chiu nach Annette von DrosteHülshoff. Wien (Doblinger) o. J.
* Shih: Lebend’ges Land. Text von Annette von Droste-Hülshoff (Einrichtung: Charles
S. Chiu). Kopie einer nicht näher bestimmbaren Textausgabe, zur Verfügung gestellt
vom Verlag Doblinger, Wien
Steffen, Wolfgang; Drewitz, Ingeborg:
Botschaft
Oratorium, op. 45
Entstehung: 1975-76
Uraufführung: 9.6.1976, Berlin
Ausgaben:
Steffen, Wolfgang: Botschaft op. 42. Oratorium für gem. Chor, Kinderchor, zwei
Sprecher, Orchester und Orgel nach Texten von Ingeborg Drewitz. Berlin (Ries und
Erler) 1994
Steiff, Gerhard; Mohr, Jürgen:
Salz für die Erde
Oratorium
Uraufführung: 1999, 28. Dt. Ev. Kirchentag
Quelle: Jürgen Mohr, Gerhard Steiff: Salz für die Erde – Eine Einführung in das
Oratorium über Christoph Blumhardt. Vortrag am 1. Juni 2002 auf der Tagung
„Warten und Pressieren. Christoph Blumhardt in Bad Boll“: Tagung anlässlich des
150-jährigen Aufzugs von Johann Christoph Blumhardt und seiner Familie in Bad
Boll (1852) und des 160. Geburtstags von Christoph Blumhardt (1842), 30. Mai bis
2. Juni 2002, Ev. Akademie Bad Boll. Vgl. auch www.ev-akademie-boll.de
Stockmeier, Wolfgang:
Historien
Oratorium, op. 227
Entstehung: 1980
Ausgaben:
Stockmeier, Wolfgang: Historien, op. 227. Oratorium. Wolfenbüttel (Möseler) 1979
* Stockmeier, Wolfgang: Historien. Oratorium für Soli, Chor und Orchester.
Programmheft einer Aufführung vom 2. November 1980, Matthäuskirche EssenBorbeck, Leitung: Henning Frederichs
Stockmeier, Wolfgang:
Jefta und seine Tochter
Oratorische Szenen, op. 296
Ausgaben:
* Stockmeier, Wolfgang: Jefta und seine Tochter. Text nach Lion Feuchtwanger. Ms.
zur Verfügung gestellt vom Komponisten
180
Stockmeier, Wolfgang: Jefta und seine Tochter, op. 296. Oratorische Szenen.
Wolfenbüttel (Möseler) 1995
Stockmeier, Wolfgang:
Jesus
Oratorium, op. 285
Ausgaben:
* Stockmeier, Wolfgang: Oratorium Jesus. Programmheft einer Aufführung vom 5.
Juli 1992, Christuskirche Oberhausen, Leitung: Karl Heinz Mertens
Stockmeier, Wolfgang: Jesus. Oratorium für Soli, gemischten Chor und Orchester,
op. 285. Partitur Wolfenbüttel (Möseler) 1991
Stockmeier, Wolfgang:
Jona
Oratorium, op. 177
Ausgaben:
Stockmeier, Wolfgang: Jona. Oratorium, op. 177. Wolfenbüttel (Möseler) 1978
* Stockmeier, Wolfgang: Jona. Programmheft einer Aufführung vom 25. Oktober
1973, Johanneskirche Saarbrücken, Leitung: Gunther Hoffmann
Stuppner, Hubert:
Hiob
Eine musikalische Aktion (szenisches Oratorium)
Uraufführung: 2.10.1992, Brixen
Stuppner, Hubert: Hiob. Eine musikalische Aktion (szenisches Oratorium) für
Bariton, gem. Chor und Ensemble, Text: Buch Hiob (Übers. Martin Luther). Partitur
München (Ricordi) 1992
Tamás, János; Storz, Claudia:
Noahs Tochter
Uraufführung: Januar 1988, Aargau
Ausgaben:
* Storz, Claudia: Noahs Tochter. Libretto zu einem Oratorium. Luzern/Stuttgart
(Rex-Verlag) 1990
Tenhaef, Peter:
Die Geburt des Lichts
Weihnachtsoratorium
Entstehung: 2001
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Tenhaef, Peter:
Die letzten Worte Jesu Christi am Kreuz
Kammeroratorium
Entstehung: 1975
Uraufführung: 29.4.2000, Greifswald
Quelle: www.komponistenlexikon.de
181
Tenhaef, Peter:
Maria Magdalena
Kammeroratorium
Entstehung: 2001
Uraufführung: 23.6.2004
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Tenhaef, Peter:
Petrus
Kammeroratorium
Entstehung: 2000
Uraufführung: 29.8.2001, Olomouc
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Uhl, Alfred; Liess, Andreas:
Gilgamesch
Oratorisches Musikdrama
Entstehung: 1954/56, revidiert 1967/68
Uraufführung: 3.12.1957, Wien
Ausgaben:
Uhl, Alfred: Gilgamesch. Oratorisches Musikdrama für Sprecher, Soli, gem. Chor,
Knabenchor, großes Orchester und Orgel. (Dichtung der Sumerer; nach der
Textfassung von Franzis Jordan zur Vertonung eingerichtet von Andreas Liess und
Alfred Uhl) (1967/68). Klavierauszug Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 46 027)
* Uhl, Alfred: Gilgamesch. Programmheft einer nicht näher bestimmbaren
Aufführung, in Kopie zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien
Vogel, Ernst; Vogg, Herbert:
Allezeit
Oratorium
Entstehung: 1989
Uraufführung: 2.3.1990, Wien
Ausgaben:
Vogel, Ernst: Allezeit. Oratorium für Alt- und Bariton-Solo, gem. Chor und Orchester
(Text: Herbert Vogg) (1989). Wien (Doblinger) o. J.
* Vogel, Ernst: Allezeit. Oratorium für Alt-, Bariton-Solo, gemischten Chor und
Orchester auf einen Text von Herbert Vogg (1989). Programmheft der Uraufführung
am 2. März 1990, Leitung: Isaac Karabtchevsky
Vogel, Wladimir Rudolfowitsch:
Flucht
Dramma-Oratorio, auch szenisch darzustellen
Entstehung: 1962/64
Ausgaben:
Vogel, Wladimir: Flucht. Dramma-Oratorio (1962/1964) für 4 Sprech- und
Gesangsstimmen, Sprechchor (mit Soli) und Orchester, auch szenisch darzustellen.
Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 4466)
182
Vögele, Anton:
Passion
Oratorium in 17 Bildern
Entstehung: ca. 1998-2001
Uraufführung: 15.3.2002 Heidelberg
Ausgaben:
Vögele, Anton: Passion. Oratorium in 17 Bildern. Sprecherpartitur (Ms.) zur
Verfügung gestellt vom Komponisten.
* Vögele, Anton: Passion. Programm und Textheft zur Uraufführung am 15. März
2002, Christuskirche Heidelberg, Leitung: Markus Karch
Wagner, Wolfram:
Hiob
Oratorium
Entstehung: 1989
Uraufführung: 20.10.1991, Wien
Ausgaben:
Wagner, Wolfram: Hiob. Oratorium für Sopran, Tenor, Bariton, Sprecher, gem. Chor,
Orchester und Orgel nach Auszügen aus dem Alten Testament sowie Gedichten von
Werner Kraft und Karl Wolfskehl (1989). Wien (Doblinger) o. J.
* Wagner, Wolfram: Hiob. Oratorium für Sprecher, Sopran, Tenor, Bariton, Chor,
Orchester und Orgel nach Worten aus dem Alten Testament, von Werner Kraft und
Karl Wolfskehl. Nicht näher bestimmbare Textausgabe, zur Verfügung gestellt vom
Verlag Doblinger, Wien
Wagner-Régeny, Rudolf; Holl, Karl:
Prometheus
Szenisches Oratorium
Entstehung: 1957/58
Uraufführung: 12.9.1959
Ausgaben:
Wagner-Régeny, Rudolf: Prometheus: nach Aischylos. Szenisches Oratorium in fünf
Szenen für Solostimmen, großes Orchester. Particell (als Ms. gedruckt) Berlin (Bote &
Bock) 1958
Wenzel, Eberhard:
Die Berge des Heils
Entstehung: 1953
Ausgaben:
Wenzel, Eberhard: Die Berge des Heils. Oratorium für gemischten Chor a cappella.
Partitur Berlin (Evang. Verlagsanstalt) 1953
Wohlfahrt, Frank:
Die Passion des Prometheus
Dramatisches Oratorium
Entstehung: 1955
Uraufführung: 15.4.1955, Bremen
183
Ausgaben:
Wohlfahrt, Frank: Die Passion des Prometheus. Dramatisches Oratorium in 3
Szenen, 1 Prolog und Epilog für Sprechstimmen, Singchor und Orchester. Textbuch
Berlin (Bote & Bock) 1955
Wolf, Markus:
Leben und Leiden Jesu
Entstehung: 2001
Ausgaben:
Oratorium „Das Leben und Leiden Jesu“. Text und Musik: Markus Wolf. Libretto auf
der Homepage des Komponisten, http://www.wolfproduction.de/
Wolos, Hans-Georg:
Spuren nach Bethlehem
Kleines Weihnachtsoratorium
Uraufführung: 1994
Quelle: www.komponistenlexikon.de
Wunderlich, Heinz:
Maranatha - Unser Herr kommt
Szenisches Oratorium
Entstehung: 1953
Ausgaben:
* Wunderlich, Heinz: Maranatha - Unser Herr kommt (1953). Szenisches Oratorium
in 5 Bildern nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen (auch Einzelstimmen
aus dem Chor), Chor und Orchester. Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 2111)
Zebinger, Franz:
Bruder Sonne, Schwester Mond
Kammeroratorium über Franz von Assisi
Uraufführung: 8.2.2003, Zschorlau
Quelle: Vorankündigung der Uraufführung, http://www.kirchezschorlau.de/musik.html
Zemzaris, Ingmars:
O Virga ac Diadema
Oratorium in adventum redemptoris
Entstehung: 2000
Uraufführung: 3.12.2000, Klosterkirche St. Marienstern, Sachsen
Ausgaben:
Zemzaris, Ingmars: O Virga ac Diadema. Oratorium in adventum redemptoris.
Libretto auf der Homepage des Instituts für kulturelle Infrastruktur Sachsen,
http://www.kultur.org/veranstaltungen/libretto.htm
184
Jahresverzeichnis
Im Folgenden sind alle oben genannten Oratorien nach der Zeit ihrer Entstehung
geordnet aufgeführt. Damit soll eine Übersicht über die Entwicklung des Bestandes
gegeben werden. Zugrunde gelegt wurde dabei die früheste bekannte Jahreszahl –
Entstehung des Librettos oder der Komposition, Datum der Uraufführung oder
Erscheinungsjahr. Es werden nur die Nachnamen der Komponisten und Librettisten
sowie der Titel genannt, für vollständige Titelangaben und Ausgaben vgl. oben.
1946
Schiske: Vom Tode
1949
Degen: Oster-Oratorium
Driessler: Dein Reich komme
1951
Driessler/Brix: Gaudia mundana
Gattermeyer: Weihnachtsoratorium
Haas/Andersen: Das Jahr im Lied
Koerppen: Der Turmbau zu Babel
1952
Driessler: De Profundis
1953
Wenzel: Die Berge des Heils
Wunderlich: Maranatha - Unser Herr kommt
1955
Büchtger: Die Auferstehung
Wohlfahrt: Die Passion des Prometheus
1956
Büchtger: Die Himmelfahrt Christi
Büchtger: Die Verklärung
Driessler: Der Lebendige
Haas/Schuster: Die Seligen
Heiller/Krieg: François Villon
Koerppen: Das Feuer des Prometheus
Krenek: Spiritus Intelligentiae, Sanctus
185
Schibler: Media in vita [morte sumus]
Uhl/Liess: Gilgamesch
1957
Büchtger: Pfingsten
David: Ezzo-Lied
Jochum: Canctica sacra
Kukuck: Der Gottesknecht
Löbner: Titanic
Müller von Kulm: Petrus
Wagner-Régeny/Holl: Prometheus
1959
Büchtger: Weihnachtsoratorium
Kukuck: Das kommende Reich
1960
Ebenhöh: Virata
Gattermeyer: Der Turmbau zu Babel
Schindler: Weihnachtsoratorium
1961
Blum: Erzengel Michael
Kreisel: Die Weihnachtsgeschichte
1962
Büchtger: Johannes der Täufer
1963
Kelterborn: Die Flut
1964
Schindler: Osteroratorium
Vogel: Flucht
1965
Blum: Der Tod des Agamemnon
Kropfreiter/Schönzeler: Altdorfer-Passion
1967
Bloch: Passio Domini
Fischer: Über allem steht ein Licht
186
Kern: Sapientia in Christo
Noll/Quoist: Herr, da bin ich
1968
Henze/Schnabel: Das Floß der Medusa
1969
Heilmann: Der Sündenfall
Noll: Go down, Moses
1971
Bertram: Der reiche Mann und der arme Lazarus
1972
Baumann : Lucas-Cranach-Oratorium
Fietz/Jourdan: Paulus I
Kelterborn: Dies unus
1973
Bresgen: De tempore
Fietz/Jourdan: Paulus II
Stockmeier: Jona
1974
Berlipp: Golgatha
Kreisel: Requiem
Kunad: Die Kitschpostille
Matthus: Laudate pacem
1975
David: Lied des Menschen
Eder/Vogg: Non sum qualis eram
Haller: Hiob
Kubizek/Vogg: Stationen (Memento Homo)
Steffen/Drewitz: Botschaft
Tenhaef: Die letzten Worte Jesu Christi am Kreuz
1976
Doppelbauer: Dein Reich komme
Fietz/Jourdan: Petrus Oratorium
187
1977
Bieler: Der Ackermann aus Böhmen
Fietz/Jourdan: David
Heilmann/Lipp: Von der Weisheit Gottes
Kreisel: Jona
Posegga/Giner: Christ und Antichrist
1979
Fietz/Jourdan: Johannes-Oratorium
Rapf: Passio Aeterna
Schedl/Böcs: Der Großinquisitor
1980
Baumann: Auferstehung
Baumann: Passion
Becker: Magnum mysterium - Zeugenaussagen zur
Kunad: Stimmen der Völker
Stockmeier: Historien
1981
Kopf: Luther-Oratorium
Posegga: Te Deum benedictoburanum
1982
Ebenhöh/Vogg: Von der Hoffnung
Fietz/Jourdan: Martin Luther Oratorium
Flammer: Der Turmbau zu Babel
Frederichs: Petrus
Schubert: Der Mensch, das Spiel der Zeit
1983
Becerra-Schmidt: Carl von Ossietzky-Oratorium
1984
Kunad: Salomonische Stimmen
1985
Bresgen: Lumen (Der Blinde)
Callhoff: La Danse macabre
Frederichs: Passionserzählung der Maria Magdalena
Kratochwil/Schweiger: Die Erschaffung der Welt
188
1986
Engelmann: Stele für Georg Büchner
Glaus: Hüllen des Abgrunds
Kunad: Das neue Jerusalem (Trilogie der Offenbarung
Rubin: Auferstehung
1987
Denhoff: Traumbuch eines Gefangenen
Frieberger: Mysterium Crucis
Kunad: Das Thomas-Evangelium
Kunad: Jovian, der Seher
1988
Glaus: Sunt lacrimae rerum
Krenek: Opus sine nomine
Kunad: Der Seher von Patmos
Rubin: Licht über Damaskus
Tamás/Storz: Noahs Tochter
1989
Bubmann/Töllner: Thomas der Zweifler
Hummel/Scheele: Der Schrein der Märtyrer
Klebe: Weihnachtsoratorium
Vogel/Vogg: Allezeit
Wagner: Hiob
1990
Frederichs: Hiob
1991
Gieseler: Unio mystica
Graf: Martin von Tours - Teilen statt Töten
Klebe: Warum hat die Sonne einen Aschenrand
Kukuck/Johannsen: Ecce homo: die letzten Tage des Jesus aus
Lonquich/Spaemann: Das Schweigen des Johann von Nepomuk
Stockmeier: Jesus
1992
Johnson: Bonhoeffer Oratorium
Stuppner: Hiob
189
1993
Blume/Eckert: Hiob - Vom Leiden guter Menschen
Dinescu: Pfingstoratorium
Heizmann/Jourdan: Jerusalem Schalom
Lonquich/Lüchtefeld/Brüning: Auf dem Rand der Mauer
1994
Agnesens: Christof Dohm
Frieberger: Die Bekehrung des Hl. Paulus
Schlee/Deutsch: Der Baum des Heils
Wolos: Spuren nach Bethlehem
1995
Bonitz/Uhlenbrock: Oratorium Benedictinum
Drude/Mendt: Weihnachtsoratorium
Krämer: Kinder des Lichts
Modeß/Biermann: Frieden
Rütti/Walter: Verena die Quelle
Shih/Chiu: Lebend'ges Land
Stockmeier: Jefta und seine Tochter
1996
Blarr: Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh’
Gabriel/Eckert: Daniel
1997
Aufenanger/Langen: Elias - Homo Psychoticus
Ernst/Meyer-Bernitz: ... noch sind die Wege offen
Hollenweger/Korthaus: Maria von Wedemeyer
Nening/Busta: Ein anderes Hohelied
1998
Barbe: 1648
Bitsch/Walter: Kugel im Licht
Heizmann/Jourdan: Das Licht leuchtet in der Finsternis
Linßen: Die Spur von morgen
Ruoff: Bergpredigt
Vögele: Passion
190
1999
Brezger/Finke/Holm: Paulus in Korinth
Clemencic, Rene: Reise nach Niniveh
Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr
Jost/Nitsch: Ewigkeit fällt in die Zeit
Steiff/Mohr: Salz für die Erde
2000
Büsing: Das Licht der Engel
Drude/Drude: "Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten"
Hoeft/Fietkau: Unterwegs
Josef: Vor langer Zeit. Stationen einer Stadt
Katzer/Wolf/Wolf: Medea in Korinth
Kirchner : Ahasver
Kraus-Hübner/Knodt: Zeitenwenden
Meyer/Engelsberger: Schöpfung
Schwenk: Dies Septimus
Tenhaef: Petrus
Zemzaris: O Virga ac Diadema
2001
Bertram: Ich sage: jetzt!
Bitsch/Wellerdiek: Sr. Maria Euthymia
Heucke: Die Ordnung der Erde
Kaufmann: Botschaft aus Bethlehem
Kleber: Tefilla
Tenhaef: Maria Magdalena
Tenhaef: Die Geburt des Lichts
Wolf: Leben und Leiden Jesu
2002
Gabriel/Eckert: Emmaus
Jänke/Richter: Dass ein neuer Anfang verbleibe
Kraus-Hübner/Knodt: Legende der Hl. Walburga
Linßen: Adam - auf der Suche nach dem Menschen
Mertens/Suberg: Passion in Form eines Oratoriums
Ruoff: Credo
191
2003
Graf: Tage des Mondes
Pasquay: Friedensoratorium
Zebinger: Bruder Sonne, Schwester Mond
ohne Jahr
Bonitz: Oratorium Evangelium
192
V ERZEICHNIS
Tabelle
Tabelle
Tabelle
Tabelle
Tabelle
Tabelle
Tabelle
Tabelle
1:
2:
3:
4:
5:
6:
7:
8:
DER
T ABELLEN
UND
A BBILDUNGEN
Oratorien nach 1945 ............................................................................. 44
Erscheinungsformen der untersuchten Oratorienlibretti ....................... 45
Titelgebung ........................................................................................... 54
Gattungsvarianten ................................................................................ 59
Sujets des Oratoriums im Vergleich ...................................................... 62
Textquellen im Oratorienlibretto............................................................ 95
Häufigkeit der Strukturtypen .............................................................. 140
Strukturformen ................................................................................... 142
193
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ACHBERGER 1980
Achberger, Karen: Literatur als Libretto. Das deutsche Opernbuch seit 1945.
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208
I NDEX
DER
K OMPONISTEN
UND
L IBRETTISTEN
A
Aischylos...........................................187
Andersen, Ludwig ....................... 76, 169
C
Aufenanger, Friedhelm ........................73
Celan, Paul ................................. 36, 144
Ausländer, Rose ................................157
Chiu, Charles S. ................. 75, 184, 194
B
Bach, Johann Sebastian 16, 41, 111, 151
Claudius, Matthias ........................... 181
D
Bachmann, Ingeborg ................... 40, 157
Dante Alighieri.......................... 122, 126
Barbe, Helmut............. 31, 53, 57, 59, 76
David, Johann Nepomuk .............. 14, 44
Baumann, Max Georg ................... 52, 53
David, Thomas Christian .................... 77
Becerra-Schmidt, Gustavo ............ 50, 75
Degen, Helmut.................................... 29
Becker, Günther............ 61, 68, 102, 199
Deutsch, Reinhard.............. 74, 128, 183
Berg, Alban .........................................28
Dinescu, Violeta.................................. 69
Bertram, Hans Georg ........ 44, 45, 52, 57
Distler, Hugo .................. 25, 29, 57, 145
Bialas, Günter............................. 29, 146
Dostoevskij, Fёdor M. ......................... 74
Biermann, Wilhelm .............................55
Drewitz, Ingeborg.......................... 9, 184
Bitsch, Jutta ........................... 50, 54, 73
Blarr, Oskar Gottlieb.... 9, 21, 35, 53, 68,
85, 108, 119, 138, 139, 144, 156
Driessler, Johannes ... 14, 29, 50, 53, 56,
61, 72, 77, 78, 80, 87, 104, 113, 116,
124, 127, 128, 137
Bloch, Waldemar....... 45, 52, 55, 66, 125
Droste-Hülshoff, Annette v.......... 75, 184
Blum, Robert............. 50, 51, 61, 75, 158
Drude, Hartwig ............67, 110, 112, 139
Blume, Jürgen . 34, 49, 72, 81, 101, 104,
111, 115, 118, 120, 125, 136, 158
Drude, Matthias .....34, 53, 73, 100, 101,
110, 112, 115, 125, 137, 139, 140
Böcs, Attila........................................182
E
Bonhoeffer, Dietrich ... 36, 50, 64, 74, 75,
96, 147, 171, 193
Bonitz, Matthias.................... 34, 55, 158
Ebenhöh, Horst ..51, 59, 60, 75, 97, 104,
116, 127, 133, 164
Brahms, Johannes ...................... 22, 199
Eckert, Eugen.34, 35, 49, 60, 72, 73, 81,
101, 104, 111, 115, 118, 120, 125, 136,
158, 167
Bresgen, César .............................. 55, 76
Eder, Helmut .........56, 77, 115, 125, 207
Brezger, Gottfried ..............................159
Engelmann, Hans Ulrich........... 9, 51, 61
Brix, Bettina.................................. 61, 77
Bruch, Max ................................... 24, 64
Engelsberger, Gerhard ..... 34, 52, 72, 85,
179
Brüning, Bärbel ........................ 178, 179
Ernst, Siegrid...................................... 54
Borchmeyer, Dieter ....................... 36, 39
Bubmann, Peter 31, 50, 60, 95, 102, 104
Büchtger, Fritz ..... 50, 52, 53, 59, 68, 70,
107
Burkhard, Willy...................................41
Büsing, Otfried 9, 35, 53, 54, 61, 68, 115
F
Fassbind, Franz.................................. 45
Feuchtwanger, Lion .....73, 110, 123, 185
209
Fiebig, Kurt ................................. 29, 146
Holm,Thomas ................................... 159
Fietkau, Wolfgang ......................... 54, 60
Honegger, Arthur .................... 25, 26, 28
Fietz, Siegfried 9, 32, 49, 50, 95, 96, 100,
125, 165
Huber, Klaus .......................... 14, 28, 34
Finke, Christian ................................159
Hummel, Bertold .......9, 44, 74, 108, 119
Hülle, Dieter ....................................... 74
Fortner, Wolfgang.................... 14, 29, 56
Frederichs, Henning... 21, 49, 60, 66, 70,
72, 82, 95, 101, 104, 115, 116, 118,
133, 136, 184
J
Frieberger, Rupert Gottfried .. 52, 66, 167
Janssen, Peter .............................. 31, 32
Fried, Erich .........................................84
Jens, Walter ..................... 156, 160, 161
Jänke, Stefan.............................. 33, 199
Jochum, Otto...................................... 55
G
Johannsen, Margret.............. 67, 83, 176
Gabriel, Thomas................ 34, 49, 60, 73
Johnson, Tom......................... 50, 75, 96
Gattermeyer, Heinrich............. 52, 53, 72
Josef, Jens.......................................... 54
Gerhardt, Paul .......................... 161, 181
Jost, Helmut............... 21, 54, 60, 69, 86
Géricault, Théodore...........................112
Jourdan, Johannes.... 49, 50, 52, 95, 96,
100, 125, 165
Gier, Albert ...... 33, 39, 42, 43, 107, 108,
135, 137
Gieseler, Walter....................... 50, 55, 61
József, Attila ..................................... 157
K
Giner, Chrysostomus ..........................60
Glaus, Daniel ................................ 56, 70
Karmakar, Romuald ........................... 45
Goethe, Johann Wolfgang v......... 89, 140
Kasack, Hermann ............................... 56
Graf, Wolfram .....................................74
Katzer, Georg .................. 51, 61, 75, 103
Gryphius, Andreas ................ 54, 76, 183
Kelterborn, Rudolf ..... 52, 55, 61, 71, 73,
107, 114, 125
H
Kern, Matthias.................................... 50
Haas, Joseph 25, 26, 53, 69, 76, 78, 104,
113, 119, 131, 132, 136, 143, 168
Hacks, Peter........................................42
Haller, Hermann ........... 49, 72, 118, 136
Händel, Georg Friedrich .............. 16, 198
Härtling, Peter........... 36, 68, 78, 82, 129
Kirchner, Volker David ................. 50, 65
Klebe, Giselher......35, 53, 67, 68, 78, 82,
129, 173
Kleber, Wolfgang....................... 139, 174
Klopstock, Friedrich.............. 63, 89, 146
Knodt, Reinhard ..................... 50, 54, 62
Haydn, Joseph ............................ 48, 146
Koerppen, Alfred .51, 52, 72, 75, 87, 103,
108, 116, 125, 174
Heiller, Anton .......................... 51, 75, 99
Kraft, Werner .................................... 187
Heilmann, Harald...... 50, 52, 55, 71, 128
Krämer, Thomas ........................... 53, 54
Heizmann, Klaus................. 9, 32, 52, 55
Kratochwil, Heinz.......................... 59, 71
Henze, Hans Werner..... 9, 61, 77, 84, 97,
99, 108, 112, 116, 120, 126, 170
Kraus-Hübner, Hans .............. 50, 54, 62
Heucke, Stefan................ 33, 44, 75, 108
Hildegard v. Bingen..................... 55, 113
Krenek, Ernst ......26, 50, 55, 69, 72, 115
Krieg, Franz ................................ 75, 169
Hoeft, Helmut................................ 54, 60
Kropfreiter, Augustinus Franz ... 59, 117,
125
Hollenweger, Walter ............................50
Kubizek, Augustin .................. 54, 77, 90
210
Kuckuck, Felicitas. 50, 53, 55, 67, 69, 83
Kunad, Rainer50, 52, 56, 57, 70, 74, 108
L
Laagland, Ludo .................................157
Langen, Peter ......................................73
Lasker-Schüler, Else .........................140
Leopold, Silke.......................... 13, 22, 38
Liess, Andreas............... 51, 60, 115, 186
Linßen, Gregor ................ 54, 60, 95, 108
Lipp, Wolfgang ............................ 50, 169
Liszt, Franz .........................................42
O
Orff, Carl ............................................ 29
P
Pahlen, Kurt ....................................... 38
Pasquay, Wolfgang............................ 180
Pepping, Ernst .............. 29, 57, 146, 199
Posegga, Hans ............................ 60, 180
Q
Quoist, Michel .................................... 50
Löbner, Roland.............................. 56, 62
R
Lonquich, Heinz Martin 9, 34, 56, 61, 69,
74, 90, 91, 94, 105, 178, 179
Rapf, Kurt................55, 67, 84, 130, 181
Lüchtefeld, Klaus . 34, 35, 56, 61, 69, 90,
91, 105, 178, 179
Rilke, Rainer Maria ...36, 68, 76, 89, 130,
143, 160, 161, 181
Luther, Martin ... 64, 160, 161, 165, 185,
192, 202
Rubin, Marcel ...52, 53, 54, 68, 115, 118,
126, 141
Ruoff, Axel ........................ 55, 69, 82, 84
M
Rütti, Carl..................................... 50, 74
Mahler, Gustav ...................................25
S
Marti, Kurt .. 36, 100, 120, 121, 167, 168
Martin, Frank......................................26
Sachs, Nelly .................................. 36, 84
Massenkeil, Günther.. 22, 37, 38, 45, 64,
65, 66, 78, 79
Schedl, Gerhard...................... 50, 57, 74
Matthus, Siegfried...............................55
Scheideler, Ullrich ........................ 13, 38
Mauersberger, Rudolf..........................29
Schering, Arnold ................................. 37
Mendt, Dietrich ...... 34, 53, 73, 100, 101,
115, 125, 137, 140, 163
Schibler, Armin................................... 61
Meyer, Conrad Ferdinand..................182
Meyer, Krzysztof Aleksander.......... 72, 85
Schiske, Karl ....21, 76, 77, 88, 130, 143,
146, 183
Meyer-Bernitz, Klaus...........................54
Schlee, Thomas Daniel................ 74, 128
Micheelsen, Hans ................................29
Michelangelo .......................................76
Schnabel, Ernst ....9, 61, 77, 84, 99, 112,
116, 120, 122, 126, 170
Modeß, Jochen A.................................55
Schneider, Martin G. .......................... 31
Mohr, Jürgen ....................................184
Schneider, Walter ............................... 60
Monteverdi, Claudio ............................48
Schönberg, Arnold .................. 25, 26, 57
Scheele, Paul-Werner...74, 108, 119, 171
Schiller, Friedrich v. ......................... 166
Schönzeler, Hans-Hubert.................. 125
N
Schröder, Rudolf Alexander ........ 68, 129
Nening, Wolfgang ................................59
Schubart, Christian F. D. ................. 181
Nitsch, Johannes .............. 54, 60, 69, 87
Schubert, Franz.....22, 54, 171, 183, 192
Noll, Diether........................................50
Schubert, Heino.................................. 54
211
Schulhoff, Erwin .................................30
Wiechert, Ernst................................... 68
Schumann, Robert ..............................24
Wolf, Christa..............9, 51, 61, 103, 172
Schuster, Ludwig ...................... 131, 168
Wolf, Gerhard ............................. 75, 172
Schweiger, Sigrid......................... 71, 175
Wolf, Markus ............................ 104, 188
Schwenk, Fredrik ................................72
Wolfskehl, Karl ................... 81, 136, 187
Shih .................................... 75, 184, 194
Wunderlich, Heinz .......... 50, 55, 60, 116
Silesius, Angelus....... 132, 142, 168, 181
Smither, Howard ............... 13, 22, 37, 65
Z
Spaemann, Cordelia .................... 74, 179
Zemzaris, Ingmars ...................... 55, 113
Speicher, Martin .................................45
Zweig, Stefan .............................. 75, 164
Steiff, Gerhard ..................................184
Stockhausen, Karl-Heinz.....................28
Stockmeier, Wolfgang ...... 50, 61, 69, 73,
110, 115, 123, 127
Storz, Claudia . 43, 51, 73, 115, 119, 126
Stravinskij, Igor....................... 17, 25, 28
Stuppner, Hubert................................49
T
Tamás, János..........................................
43, 51, 73, 115, 119, 126, 147, 185, 193
Tàmas, Jànos.............................. 51, 126
Thomas, Kurt .................. 25, 29, 57, 145
Töllner, Wolfgang .................. 50, 60, 102
U
Uhl, Alfred. 51, 60, 75, 97, 115, 116, 186
Uhlenbrock, Martin Pater OSB ... 34, 158,
194
Ungaretti, Giuseppe .................. 144, 157
V
Vogel, Ernst .................................. 77, 88
Vögele, Anton .. 52, 67, 83, 119, 126, 143
Vogg, Herbert ...... 54, 56, 77, 81, 88, 90,
115, 125, 164, 176, 186, 207
W
Wagner, Wolfram..... 49, 72, 81, 118, 136
Walter, Silja .............. 50, 54, 73, 74, 182
Weiss, Peter ........................................45
Wellerdiek, Gisbert........................ 50, 73
Wenzel, Eberhard................................29
212
Anders als das Opernlibretto hat das Oratorienlibretto bisher in der literaturwissenschaftlichen Forschung keine Beachtung gefunden. Dabei spielt
der Text im Oratorium oft eine wichtigere Rolle als in der Oper. Die vorliegende Arbeit unternimmt deshalb den Versuch, das Oratorium als (auch)
literarische Gattung anhand des Textes genauer zu beschreiben. Da das
Oratorium insgesamt eine recht offene Gattung ist, die zudem im Laufe der
Zeit und regional sehr unterschiedliche Ausprägungen erfahren hat, wurde
die Untersuchung auf zwischen 1945 und 2000 entstandene überwiegend
deutschsprachige Libretti beschränkt.
Zunächst werden die kulturgeschichtlichen Voraussetzungen der zeitgenössischen Oratorienproduktion und die derzeitige Forschungslage beleuchtet. Im zweiten Teil folgt die Untersuchung inhaltlicher Aspekte, wie
die Wahl von Titeln und Sujets, sowie darauf aufbauend der Bedeutung der
Bibel bei der Texterstellung und -gestaltung. Im dritten Teil wird schließlich
die spezifische mehrlagige Erzählstruktur des Oratoriums herausgearbeitet,
die sich aus verschiedenen, in Zeit und Perspektive voneinander unabhängigen Ebenen konstituiert.
Ein ausführliches Oratorienverzeichnis rundet die Untersuchung ab und will
als Ausgangspunkt für weitere, eigene Entdeckungsreisen in die Welt dieser
unbekannten, aber äußerst vitalen Gattung dienen.
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