Toxoplasmose in der Schwangerschaft PD Dr. med. Ioannis Mylonas Leiter der Infektiologie Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Klinikum Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität München Direktor: Prof. Dr. med. habil. K. Friese Toxoplasmose Erreger Toxoplasmose Intrazellulärer Parasit Lebt im Darmepithel und unterzieht sich einer ungeschlechtlichen und geschlechtliche Entwicklung Vermehrung erfolgt durch Endodyogenie oder Endopolygenie mit einer zyklischen Entwicklung mit Schizogonie und Gamogonie im Dünndarmepithel des Endwirts. Toxoplasmose Endwirt ist die Katze, wobei die Ausscheidung von Oozysten mit dem Kot passiert. Die Sporogonie (Reduktionsteilung) erfolgt im Freien. Eine azyklische Entwicklung mit proliferativer Phase (Tachyzoiten: Pseudozysten) und Zystenphase (Bradyzoiten) findet im Zwischenwirt (Mensch, Hund, omni- u. herbivore Säuger und Vögel) statt Toxoplasmose 9 Übertragung (1 bis 2 Wochen (10 bis 12 Tage)) 9 Orale Aufnahme von Zysten in nicht ausreichend erhitzen Fleisch- und Wurstwaren 9 Orale Aufnahme von Oozysten über Lebensmittel (z.B. Salate), Wasser, Gegenstände und Erdboden, welche durch Katzenkot kontaminiert sind (z. B. während der Gartenarbeit) 9 Kontaminierter Katzenkot ist erst nach einer extrakorporalen Reifezeit ab dem dritten Tag infektiös. Toxoplasmose Diaplazentarer Übertritt während einer akuten Toxoplasmainfektion möglich In ca. 50% der Primärinfektionen während der Schwangerschaft ist mit einem Übertritt der Erreger auf den Feten zu rechnen. Vor der 16. SSW. schädigen Toxoplasmaherde den Trophoblasten offenbar so schwer, so dass Spontanaborte Folge der Infektion sind und somit Embryopathien nicht zu erwarten sind. Toxoplasma gondii und Schwangerschaft Konzeption Infektion Immunität schützt die Frucht Vermehrung Parasitämie Zeit Monate 0 Infektion Immunität Plazenta Fet Übertritt der Parasiten möglich Toxoplasmose Die Gefahr für den Fetus schwer zu erkranken sinkt dagegen mit dem Gestationsalter. Toxoplasmose Epidemiologie Toxoplasmose • Zur Prävalenz der Toxoplasmose in Deutschland gibt es nur wenige offizielle Zahlen (nur die konnatale Toxoplasmose ist meldepflichtig). • In Deutschland sind die ab 2001 gemeldeten Fälle konnataler Toxoplasmosen kontinuierlich rückläufig: 2001 bis 2005 wurden insgesamt 109 Fälle erfasst, im Jahr 2006 nur noch 10 Fälle. • Bei einer angenommenen mittleren Inzidenz von 8 Fällen pro 10 000 Lebendgeburten Æ 500 pränatal infizierten Kindern pro Jahr • In Deutschland kann von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Toxoplasmose Symptomatik Toxoplasmose Immunkompetenten Patienten: - Meist inapparente oder subklinische Infektionen - Lymphknoten-Schwellungen mit Fieber, Gliederschmerz und Abgeschlagenheit - Myokarditis - Hepatitis - Pneumonie - Meningoenzephalo-Myelitis Immunsupprimierten Patienten - sowohl Neuinfektion als auch Exazerbation einer ruhenden Toxoplasmose möglich - Zerebrale Toxoplasmose (häufigste Komplikation bei AIDSPatienten) - pulmonale Toxoplasmose - Häufige opportunistische Erkrankung bei AIDS-Patienten (Indikatorerkrankung) Toxoplasmose – Mutter – Akut/Subakut Grippe-ähnliche Symptomatik Lymphknotenschwellung Kopfschmerzen und Müdigkeit Reaktive Arthritis Meningismus Abdominale Beschwerden Uncharakteristisches Fieber bzw. Angina Exanthem (bei Jugendlichen) Meningismus Meningoenzephalitis Hepatitis (selten) Myokarditis (selten) Pneumonien (selten) Primäre Chorioretinitis (selten) Toxoplasmose – Mutter – Chronisch Schubweises Fieber Kopfschmerzen Gelenkbeschwerden Psychische Alterationen Chorioretinitis Iridozyklitis Organmanifestation in: Lymphknoten Leber Milz ZNS Toxoplasmose - Fet Abort Sonographie Hydrocephalus Totgeburt Microcephalus zerebrale Kalzifikationsherde Frühgeburt Oligohydramnion Hepatosplenomegalie Toxoplasmose - Neugeborenes Häufig subklinisch erkrankte Kinder Klassische Trias mit • Hydrozephalus • Chorioretinitis • intrazerebrale Verkalkungen Intelligenzdefekte Epileptische Anfälle Lungenbeteiligung Dyspnoe, Tachypnoe und Zyanose Hepatosplenomegalie und Ikterus Floride Meningoenzephalitis Toxoplasmose – 1. Lebensjahr Liquorveränderungen (34.8%) Chorioretinitis (21.8%) Intrakranielle Verkalkungen (11.4%) Hydrozephalus oder Mikrozephalie (9.0%) Psychomotorische Retardierung (5.2%) Hepatosplenomegalie (4.2%) Krämpfe (3.8%) Toxoplasmose Diagnostik Toxoplasmose in der Schwangerschaft: Antikörpernachweis im Blut z Besteht Immunität ? (Liegt also eine latente Infektion vor ?) z Besteht eine akute oder kürzliche Infektion (ohne das Vorbefunde bekannt sind ?) z Liegt bei der Kontrolluntersuchung einer primär AK-negativen Frau eine Serokonversion vor ? Toxoplasmose Ein positiver IgM-Test bei der ersten Untersuchung der Schwangeren darf keinesfalls ohne weitere kritische Abklärung als Zeichen für eine akute Toxoplasmose-Infektion gewertet werden. (IgM-Antikörper persistieren i.d.R. 1 Jahr, oft auch 2 - 3 Jahre) Toxoplasmose Antikörper Suchtest (IgG-EIA, IFT, DA, SFT) negativ positiv Wiederholung des Suchtests alle 8-12 Wochen positiv negativ Bestätigungstest Antikörperbestimmung (IgM-Ak; ISAGA; ELISA; Immunoblot) negativ positiv Inaktive Infektion IgG niedrig IgG hoch IgG hoch IgG niedrig IgM niedrig IgM niedrig IgM hoch IgM hoch Inaktive Infektion abklingende Infektion Akute Infektion Akute Infektion Allgemeine Hinweise auf eine Infektion Retardierung, FW-Pathologie, Hydrops, droh. Abort, droh. Frühgeburt, ‘‘Zervixinsuffizienz‘‘ Bei Infektion mit ZNS-Beteiligung sind zu erwarten: - subependymaler Reflexreichtum - reflexreiche Gefäße (z.B. intrathalamisch) - periventrikuläre fleckförmige Verkalkungen - Zystenbildung - Erweiterung des Ventrikelsystems - Microcephalie, Hydrocephalie Für eine intrauterine Toxoplasmoseinfektion gibt es sonographisch keine spezifischen Hinweise !!! Nabelschnurpunktion bei Verdacht auf konnatale Toxoplasmose ? z Nur bei fetalem IgM + Befund gesicherte Diagnostik z Bei 50% der akuten konnatalen Toxoplasmose Fälle läßt sich kein IgM Antikörper nachweisen (< der 22. SSW) z Lösung der diagnostischen Probleme durch PCR, aber aus dem FRUCHTWASSER Invasive Diagnostik Besondere Risiken der Amnio- u. Cordocentese z verstärkte intraamniale Nachblutung z Nabelschnurhämatom, Gefäßkompression z Gefäßspasmus mit ausgeprägter Zirkulationsstörung z Gefäßverschluß (Thrombose) akute Infektion Therapie ggf. Amniozentese PCR negativ PCR positiv Beratung über Spätmanifestation keine weitere Therapie weitere Therapie sonographische Verlaufskontrolle Interruptio ggf. Toxoplasmose Therapie und Prophylaxe Toxoplasmose Schwangerschaft Spiramycin bis 16. SSW ab 16. SSW Pyrimethamin 3 x 1 g p.o. bis zur 16.SSW Æ dann Umstellung auf Pyrimethamin und Sulfadiazin Æ 4-Wochen-Zyklen abwechselnd mit Spiramycin bis zur Geburt 25 mg p.o. (1.Tag 50mg) Sulfadiazin 4 x 1 g p.o. über 4 Wochen Æ anschließend 4-WochenZyklen abwechselnd mit Spiramycin zur Geburt Folsäure 10 -15mg p.o. Toxoplasmose Nur gut gekochte oder gebratene Fleisch- und Wurstwaren verzehren Gemüse und Früchte vor dem Essen gut waschen. Hände mit Seife waschen - besonders wichtig nach der Gartenarbeit, nach der Küchenarbeit, vor dem Essen. Bei der Haltung einer Katze sollte Dosen- oder Trockenfutter verwenden werden, die Katze in der Wohnung halten und den Kotkasten täglich von einer anderen Person mit heißen Wasser (über 70'C) leeren lassen. VIELEN DANK !