Bedeutung der Thrombozyten für die Entwicklung und Funktion

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© 2007
Schattauer GmbH
Bedeutung der Thrombozyten
für die Entwicklung und Funktion der Plazenta
B. Isermann, P. P. Nawroth
Abteilung Innere Medizin I und Klinische Chemie, Universität Heidelberg
Schlüsselwörter
Keywords
Zusammenfassung
Summary
Thrombozyten, Plazenta
Platelets, placenta, trophoblast
Die Verfügbarkeit von Mäusen mit genetischen Defekten
des hämostatischen Systems (Knock-out- und transgene
Mäuse) hat es ermöglicht, die Bedeutung des Gerinnungssystems für die Entwicklung des Embryos und der Plazenta
zu charakterisieren. Dabei wurde die Funktion der Thrombozyten erst kürzlich experimental untersucht. Diese Studien haben neue Einblicke in die Funktion von Thrombozyten
für die Reproduktion gegeben. Das Fehlen embryonaler
Thrombozyten infolge einer genetischen Ablation des Transkriptionsfaktors NF-E2 führt zu einer embryonalen Wachstumsverzögerung und verminderten Vaskularisation der
Plazenta. Ein maternaler Thrombozytenmangel ist mit Plazentablutungen assoziiert, die jedoch keinen Einfluss auf
das Überleben des Embryos oder der Mutter haben. Thrombozyten oder thrombozytäre Mediatoren regulieren die invasiven Eigenschaften und den Phänotyp humaner extravillöser Trophoblastenzellen. Im Gegensatz hierzu sind
Thrombozyten und Fibrinogen, und somit die Fähigkeit
Thrombozyten-Fibrin-Aggregate zu bilden, für die embryonale Entwicklung nicht erforderlich. Diese Daten beweisen,
dass Thrombozyten eine Funktion für die Plazentaentwicklung und/oder -funktion haben, wohingegen Thrombozyten nicht für die Entwicklung des Embryos selber erforderlich sind. Das bedeutet, dass die embryonale Letalität von
Mäusen mit genetischen Gerinnungsdefekten nicht auf das
Fehlen einer Thrombzyten-Fibrin-Interaktion zurückgeführt
werden kann, und das Gerinnungssystem durch andere Mechanismen, z. B. Regulation der intrazellulären Signaltransduktion durch Protease-aktivierbare Rezeptoren
(PARs), die Entwicklung des Embryos reguliert.
T
hrombozytäre Defekte (z. B. Glanzman-Thrombastenie, Bernhard-Soulier-Syndrom) sind trotz eines erhöhten Blutungsrisikos mit einer erfolgreichen
Schwangerschaft vereinbar (1, 2). Angesichts
des imminenten Aborts bei nicht substituiertem maternalen Fibrinogenmangel überrascht
der relativ blande Phänotyp bei Frauen mit
schweren Thrombozytendefekten.
Die Assoziation von Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie, HELLP-
The availability of mice with defined defects within the hemostatic system enabled researchers to identify a role the
coagulation system for embryonic and placental development. However, the role of platelets during development
has only recently been experimentally addressed, giving
some insight into potential functions of platelets during development. Thus, a quantitative embryonic platelet defect
(severe thrombopenia secondary to NF-E2 deficiency) is associated with an embryonic growth retardation and reduced
vascularisation of the placenta. Maternal platelet deficiency is associated with placental haemorrhage, which, however, does not impair embryonic or maternal survival. In
vitro studies established that platelets or platelet conditioned medium regulate the invasive properties of human
extravillous trophoblast cells and induce a phenotypical
switch of trophoblast cells. These data imply that platelets
are of relevance during placentation. Conversely, platelets
and the formation of platelet-fibrin aggregates are dispensable for the development of the embryo proper, establishing that the lethal phenotypes observed in some embryos lacking coagulation regulators does not result from
an inability to form platelet-fibrin aggregates, but likely reflects altered protease dependent signaling during vascular
development.
Relevance of platelets in placental development and
function
Hämostaseologie 2007; 27: 263–267
Syndrom (haemolysis, elevated liver enzymes, low platelets), intrauterinen Wachstumsverzögerungen oder erhöhter embryonaler Letalität mit Thrombopenie und/oder
Thrombozytendysfunktion (4, 5) sprechen
hingegen für eine Rolle der Thrombozyten
während der Reproduktion. Detaillierte Untersuchungen, die mögliche kausale Zusammenhänge zwischen der Thrombozytenfunktion und diesen Komplikationen untersuchen, fehlten bis vor Kurzem.
Ebenso blieb die Bedeutung embryonaler Thrombozyten während der intrauterinen Entwicklung lange unklar. Da eine umbilikale Gefäßdysfunktion mit einer Aktivierung embryonaler Thrombozyten assoziiert
ist (3), stellt sich die Frage nach einem ursächlichen Zusammenhang zwischen
Thrombozyten und embryonaler Gefäßfunktion.
Die Generierung und Charakterisierung
von genetische modifizierten Mäusen mit
definierten Gerinnungsdefekten hat es ermöglicht, eine wesentliche Funktion des Gerinnungssystems für die Reproduktion zu
identifizieren. Neue Untersuchungen haben
nun auch die Bedeutung der Thrombozyten
systematisch experimentell untersucht.
Thrombozyten und thrombozytäre Mediatoren während
der Reproduktion
Megakaryozyten-ähnliche Zellen lassen
sich im Dottersack der Maus bereits zum
Entwicklungsstadium E7.5 und somit vor
Etablierung der hämochorialen Plazenta
und des kardiovaskulären Systems nachweisen (6). Diese Megakaryozyten-ähnlichen
Zellen können ex vivo thrombozytäre Vorläufer (Pro-Platelets) und Thrombozyten
bilden (6). Neben der hämostatischen Funktion können Thrombozyten durch eine Vielzahl von Mediatoren (z. B. VEGF, PDGF-B,
bFGF, HGF, IGF-1, PF4, TSP1, und
TGF-α1), weitere Funktionen vermitteln.
Diese bioaktiven Peptide sind in Granula
gespeichert und werden nach Stimulation
freigesetzt. Für einige dieser Mediatoren
wurden relevante Funktionen für die Plazentaentwicklung nachgewiesen. So ist z. B.
ein PDGF-B oder PDGF-R-α-Mangel mit
dilatierten embryonalen Blutgefäßen inner-
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halb des plazentaren Labyrinths assoziiert
(7). bFGF, IGF-1, oder PDGF schützen Trophoblastenzellen in vitro vor einer Zytokin
(TNF-α / INF-γ) vermittelten Apoptose (8).
Bioaktive Phospholipide (z. B. S1P) können
von Thrombozyten freigesetzt werden. Die
fehlerhaften Plazentaentwicklung infolge
eines Lipidphosphatase-3(LLP-3)-Mangels
(9) legt ein Funktion dieser Phospholipide
nahe. Da jedoch diese Mediatoren nicht
Thrombozyten-spezifisch sind und da die
Stimulation von Thrombozyten zu einer
a)
gleichzeitigen Freisetzung einer Vielzahl
von Mediatoren führt, kann durch die Untersuchung einzelner Mediatoren die Funktion der Thrombozyten als Ganzes nicht experimentell geklärt werden.
Die Verfügbarkeit von Mausmodellen
mit ausgeprägten quantitativen (NF-E2
knock out Mäuse) oder qualitativen (Gaq-,
Par-3-, oder Par-4-Knock-out-Mäuse)
thrombozytären Defekten ermöglichte eine
In-vivo-Untersuchung der thrombozytären
Funktionen für der Reproduktion.
b)
c)
Abb. 1 Verminderter Vaskularisation des plazentaren Labyrinths von NF-E2-Knock-out-Embryonen
a, b) typische histologische Schnitte des plazentaren Labyrinths von NF-E2-exprimierenden (a) und NF-E2-Knock-out-Embryonen (b)
c) Die quantitative morphologische Analyse mittels Bildanalysesoftware bestätigt eine signifikante Reduktion der Vaskularisation innerhalb des Labyrinths von NF-E2-Knock-out(NF-E2)-Embryonen am Tag E14.5 und E18.5 im Vergleich zu NF-E2-exprimierenden (NF-E2+) Embryonen; *p <0,01, Balkengröße: 0,02 mm
Hämostaseologie 4/2007
Plazentaentwicklung und
-funktion
Bedeutung embryonaler Thrombozyten
Eine essenzielle Funktion von Fibrinogen
für die Plazentaentwicklung wurde mittels
Fibrinogen-defizienten Mäusen nachgewiesen (10, 11). Damit konnten klinische Erfahrungen bestätigt werden. Die Analyse
von Mäusen mit Thrombozytendefekten ermöglichte neue Einblicke in die Funktion
von Thrombozyten für die Plazenta.
Mäusen mit einem Mangel des Transkriptionsfaktors NF-E2 fehlen Thrombozyten infolge eines Megakaryozytendefektes (12, 13). Homozygote NF-E2-defiziente
Mäuse zeigen keinen intrauterinen letalen
Phänotyp. Kurz nach der Geburt versterben
diese Thrombozyten-defizienten Mäuse infolge schwerer Blutungen. Bei Geburt sind
jedoch homozygot NF-E2-Defiziente signifikant kleiner. Detaillierte histologische
Untersuchungen zeigten, dass diese intrauterine Wachstumsverzögerung mit einer
verminderten Vaskularisation der Plazenta
assoziiert ist (14) (Abb. 1). Dieser Defekt
zeigt sich erstmals zum Entwicklungsstadium E14.5. Die verminderte Vaskularisation
ist nicht mit einer verminderten Gefäßzahl
assoziiert.
Letzteres legt nahe, dass eine Störung
der plazentaren Gefäßmaturation, nicht aber
der Gefäßanlage vorliegt. Die VEGF-Expression ist in Plazenta von NF-E2-Knockout-Mäusen – nicht aber in den Embryonen
– erhöht. Somit ist der Vaskularisationsdefekt nicht die Folge einer verminderten
VEGF-Expression. Die erhöhte VEGF-Expression spiegelt vermutlich eine Hypoxie
infolge des Vaskularisationsdefektes wieder. Zumindest in Teilaspekten ähnelt der
Phänotyp der NF-E2-Knock-out-Plazenta
dem von Embryonen mit nur geringer TFExpression (tissue factor; Expression von
weniger als 1% im Vergleich zu WildtypMäusen) (15). Somit ist denkbar, dass eine
TF-vermittelte Thrombozytenaktivierung
innerhalb der embryonalen Plazenta die
Vaskularisation der Plazenta reguliert.
Eine verminderte Vaskularisation der
Plazenta ließ sich nur in NF-E2-defizienten
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Thrombozyten und Plazenta
Embryonen, nicht aber bei Embryonen mit
anderen thrombozytären Defekten nachweisen. In Mäusen denen die α-Einheit des heterotrimerischen G-Protein-bindenden Rezeptor (Gaq) fehlt, ist die Plazenta trotz eines ausgeprägte Thrombozytendefektes
normal (14). Gaq-defiziente Mäuse zeigen
eine normales postnalates Überleben und
haben normale Thrombozytenzahlen, aber
die Thrombozyten können in vitro nicht
durch physiologisch relevante Agonisten
wie Thrombin, ADP oder Kollagen, aktiviert werden (16). Ebenso fehlen Berichte
über plazentare Defekte in anderen Embryonen mit ausgeprägten Thrombozytendefekten, einschließlich der Embryonen mit
einem Mangel an PAR-3 oder PAR-4 Protease aktivierbarer Rezeptoren) (17, 18).
Eine Funktion unabhängig von der
Hämostase zeigt sich am ehesten mit Mäusen mit einem absoluten Mangel mit
Thrombozyten, wie er in den NF-E2-defizienten Embryonen vorliegt, nicht aber in
Mäusen mit spezifisch hämostatischen Defekten des Thrombozyten (z. B. Gaq-,
PAR-3- oder PAR-4-defiziente Embryonen). Diese Daten legen nahe, dass die hämostatische Funktion derThrombozyten für
die Plazentaentwicklung und/oder -funktion entbehrlich ist und Thrombozyten eine
Funktion unabhängig von der Hämostase in
der Plazenta haben.
Offen ist noch, ob der Transkriptionsfaktor NF-E2 eine plazentare Funktion unabhängig vonThrombozyten reguliert. Hierfür
spricht der Nachweis einer NF-E2-Expression in der Plazenta auf RNA-Ebene. Untersuchungen die eine spezifische Funktion
des Transkriptionsfaktors NF-E2 in der Plazenta analysieren, werden zurzeit durchgeführt.
Bedeutung maternaler Thrombozyten
Ein zweiter, unabhängiger plazentarer Phänotyp zeigt sich in Abhängigkeit eines maternalen NF-E2-Mangels (14). Einblutungen, die z.T. sehr ausgeprägt sind, treten nur
in Abhängigkeit eines maternalen NFE2-Mangels und unabhängig vom embryonalen Genotyp auf (Abb. 2). Diese ausgeprägten Blutungen sind nicht mit einer
a)
Abb. 2
Maternaler Thrombozytenmangel resultiert in
plazentaren Blutungen.
a) Plazentare Blutungen
bei Fehlen der maternalen Thrombozyten können
sehr ausgeprägt sein
(→→), beeinträchtigen
aber nicht das Überleben
der Embryonen.
b, c) Plazentare Blutungen in das Labyrinth treten unabhängig von embryonalen Thrombozyten
auf. (HE-Färbung, Größe:
0,5 mm)
b)
c)
embryonalen Letalität assoziiert. So ist die
Wurfgröße von NF-E2-defizienten Weibchen im Vergleich zu Wildtyp-Weibchen
nicht reduziert. Anders als bei Fibrinogendefizienten schwangeren Weibchen führen
diese Blutungen auch nicht zu einer maternalen Letalität (10, 11). Das bedeutet, dass
Fibrinogen für die Hämostase im maternalen Plazentakreislauf wichtiger als Thrombozyten ist, oder dass die Funktion des maternalen Fibrinogens zum Teil unabhängig
von einer Interaktion mitThrombozyten ist.
Die Analyse von schwangeren Mäusen
mit einem ausgeprägtem TF-Mangel (ca.
1% der Wildtyp-Expression) zeigte ebenfalls einen plazentaren hämorrhagischen
Phänotyp. Auch diese Blutungen beeinträchtigen nicht das Reproduktionsvermögen dieser Mäuse, solange der Embryo
ausreichend TF exprimiert (mindestens ein
Wildtyp-Allel). Plazentare Blutungen in
Weibchen, denen Fibrinogen, Thrombozyten oder TF (15) fehlt, legen nahe, dass eine
funktionierende maternale Hämostase
wichtig für die Plazentafunktion ist.
Wie bereits angedeutet, beeinflusst die
embryonale TF-Expression den Phänotyp,
wenn die Mutter TF-defizient ist. Sind sowohl der Embryo als auch die MutterTF-defizient (jeweils ca. 1% der Wildtyp-Expression), kommt es während der zweiten
Schwangerschaftshälfte zu tödlichen intrauterinen Blutungen. Dies belegt, dass das
maternale und embryonale Gerinnungssystem innerhalb der Plazenta interagieren.
Auch durch das Thrombomodulin-Protein-C-System (TM-PC-System) interagieren das maternale und embryonale Gerinnungssystem während der Plazentaentwicklung (19). Das TM-PC-System reguliert die
Plazentaentwicklung unabhängig von der
Hämostase (im Sinne der ThrombozytenFibrin-Interaktion), indem des die TF-abhängige, PAR-vermittelte Signaltransduktion reguliert (19). Der letale Phänotyp von
TM-defizienten Embryonen, der aus einer
gestörten Interaktion der plazentaren Gerinnungsfaktoren (u. a. embryonaler TF und
TM, maternale Gerinnungsfaktoren wie
PC) resultiert, kann durch einen maternalen
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Isermann, Nawroth
Abb. 3 Fehlende intravasale Gerinnung in vivo in Embryonen mit einem gleichzeitigem Fibrinogen und Thrombozytenmangel. Quantitative Analyse der In-vivo-Blutflussstudien embryonaler Dottersackgefäße nach FeCl3-Verletzung. Im Vergleich zu Wildtyp-Kontrollen (■) hat ein isolierter Fibrinogenmangel (▲) keinen Einfluss auf die Thrombusbildung. Ein isolierter Thrombozytenmangel (●) vermindert und ein kombinierter Fibrinogen- und Thrombozytenmangel (◆) verhindert
die In-vivo-Thrombusbildung. Jeder Datenpunkt entspricht mindestens 25 analysierten Dottersackgefäße mit Standardfehler.
Thrombozytenmangel behoben werden
(20).
Diese Daten zeigten erstmals, dass die
Interaktion zwischen dem maternalen und
embryonalen Gerinnungssystem in der Plazenta, die entscheidend für eine erfolgreiche Schwangerschaft ist, durch maternale
Thrombozyten moduliert wird. Diese Daten
belegen eine Funktion von maternalen
Thrombozyten für die Plazenta.
Eine direkte Interaktion vonThrombozyten und Trophoblasten konnte von Work und
Kollegen demonstriert werden (21). Thrombozytäre Mediatoren regulieren die Migration und Differenzierung von humanen extravillösen Trophoblastenzellen (EVTs).
Kokultivierung von EVTs mit Thrombozyten oder thrombozytär konditioniertem Medium stimulierte das Invasionsverhalten der
Trophoblastenzellen. Mit Monozyten oder
monozytär konditioniertem Medium ließ
sich ein vergleichbarer Effekt nicht erzielen.
Dieser thrombozytäre Effekt ist zumindest zum Teil durch den Chemokinrezeptor
CCR-1 vermittelt, da der Effekt durch inhibitorische Antikörper gegen CCR-1 aufgehoben werden konnte. Somit ist nicht eine
direkte Interaktion, sondern die Freisetzung
thrombozytärer Mediatoren für diesen Effekt verantwortlich. Eine Kokultivierung
Hämostaseologie 4/2007
von EVTs mit Thrombozyten über 48 Stunden führte zu einem verändertem Phänotyp
und Integrinexpression der EVTs. So führte
die Kokultivierung von EVTs mit Thrombozyten, nicht aber mit mononukleären Blutzellen, zu einer Induktion der Integrin-α1
Expression. Integrin-α1 wird in vivo vermehrt von interstitiellen und endovaskulären Trophoblastenzellen exprimiert (22).
Diese Daten legen nahe, dass durch die
Interaktion von maternalen Thrombozyten
und embryonalen Trophoblastenzellen ein
invasiver Phänotyp der Trophoblastenzellen
induziert wird, der für eine erfolgreiche
Schwangerschaft notwendig ist. Zukünftige
In-vivo-Studien werden die Hypothese testen müssen, ob maternale Thrombozyten
die endovaskuläre Invasion und Modifikation der plazentaren Spiralarterien regulieren.
Thrombozyten, embryonale
Gefäße und Hämostase
Die genetische Inaktivierung von prokoagulanten Gerinnungsfaktoren resultiert in embryonaler Letalität während der Midgestation (23–28). Die Letalität dieser Embryonen
ist mit schweren Hämorrhagien und mit ei-
nem fraglichen Gefäßdefekt assoziiert.
Auch in Embryonen mit einem genetischen
Mangel von antikoagulanten Regulatoren,
z. B. TFPI (tissue factor pathway inhibitor),
Antithrombin III, oder Thrombomodulin
(29–31), zeigt sich entsprechender letaler
Phänotyp. Die Letalität dieser Embryonen
wird auf eine Verbrauchskoagulopathie des
Embryos zurückgeführt, die letztlich den
Gerinnungsfaktormangel der Embryonen
mit einem Mangel prokoagulanter Gerinnungsfaktoren imitiert.
Durch eigene Arbeiten und Arbeiten anderer konnte jedoch nachgewiesen werden,
dass ein gleichzeitiger embryonaler Mangel
von Thrombozyten und Fibrinogen mit einer makro- und mikroskopisch normalen
Embryonalentwicklung vereinbar ist. Identische Ergebnisse wurden durch komplementäreVersuche mit Mäusen erzielt, denen
neben Fibrinogen entweder der Transkriptionsfaktor NF-E2, die Untereinheit Gaq der
G-Protein-gekoppelten Rezeptoren oder der
Thrombinrezeptor PAR-4 fehlt (14, 32).
Um nachzuweisen, dass ein kombinierter Thrombozyten- und Fibrinogenmangel
(kombinierter genetischer Mangel von Fibrinogen und NF-E2) die Blutgerinnselbildung in vivo effektiv verhindert, wurden
Dottersackgefäße mit FeCl3 verletzt (14)
(Abb. 3). Während ein isolierte Fibrinogenmangel in diesem Model keinen Einfluss
auf die intravasale Hämostase hatte, war der
isolierte Thrombozytenmangel mit einer
signifikant gestörten In-vivo-Blutgerinnselbildung assoziiert (14). Bei einem kombinierten Fibrinogen- und Thrombozytenmangel zeigte sich keine intravasale Gerinnung. Damit konnte nachgewiesen werden,
dass trotz einer fehlenden intravasalen Gerinnung eine normale Entwicklung in Embryonen mit einem kombinierten Thrombozyten- und Fibrinogenmangel möglich ist.
Dies bedeutet, dass die embryonale Letalität
in Mäusen mit genetischen Gerinnungsdefekten nicht die Folge einer fehlenden
Hämostase ist, sondern durch andere Effekte der Gerinnungssystems (z. B. die Dysregulation der PAR-Aktivierung) vermittelt
wird. Letzteres wird durch die partielle embryonale Letalität von Embryonen mit einem PAR-1-Mangel und die Korrektur dieser Letalität durch eine endothelzellspezifische Expression von PAR-1 gestützt (33).
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Thrombozyten und Plazenta
Somit sind Thrombozyten anders als in
der Plazenta für die Entwicklung des Embryos entbehrlich, wohingegen das Gerinnungssystem durch andere Funktionen (z.
B. Regulation der zellulären Aktivität durch
PARs) die Entwicklung und das Überleben
des Embryos reguliert.
Acknowledgement, competing interests
This work was supported by a grant of the Deutsche
Forschungsgemeinschaft (IS 67/2–1; IS 67/4–1) to
B.I,. a grant of the Novartis Stiftung to B.I., and a
grant of the Hopp Stiftung and the juvenile Diabetes
Foundation to P.P.N.
The authors declare that they have no competing financial interests
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Korrespondenzadresse:
Dr. med. Berend Isermann
Abteilung Innere Medizin I und Klinische Chemie
INF 410, Universität Heidelberg
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