Medien: Netto-Werbeeinnahmen in Deutschland

Werbung
Aktuelle Grafik
Medienbranche kehrt nur allmählich auf Wachstumspfad zurück
Das Platzen der Bubble zog die gesamte Medienbranche in Mitleidenschaft.
Eines der wichtigsten Segmente, die Werbewirtschaft als einstige
Wachstumsbranche par excellence, musste nach dem Rekordjahr 2000
spürbare Umsatzeinbußen hinnehmen. 2000 profitierte sie noch von einer
Sonderkonjunktur, die vor allem durch die hohen Werbeaufwendungen der
Telekommunikationsunternehmen und die vielen stark beworbenen
Börsengänge hervorgerufen worden war. Seither sanken die Werbeeinnahmen
der Werbeträger in Deutschland um gut 14%. Noch nie zuvor in den letzten 50
Jahren nahmen die Werbeeinnahmen in zwei aufeinander folgenden Jahren
ab. Der letzte (und bis 2001 einzige) Rückgang datiert auf das Jahr 1970.
Derzeit mehren sich aber die Anzeichen, dass die Talsohle in der
Werbewirtschaft in Kürze durchschritten werden könnte. Im ersten
Jahresdrittel lagen die Werbeeinnahmen zwar erneut leicht unter dem
entsprechenden Vorjahresniveau. Lichtblicke bei der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung, die hohe Wettbewerbsintensität in vielen Branchen (z.B.
Ernährungsgewerbe) sowie zahlreiche Produktneuheiten etwa in der
werbeintensiven Automobilindustrie sprechen jedoch dafür, dass sich die
Werbeinvestitionen im laufenden Jahr zumindest stabilisieren. Erst 2004 ist
aber wieder mit moderaten Wachstumsraten zu rechnen.
Verlags- und Druckgewerbe besonders betroffen
Online-Werbung auf Expansionspfad
Neben dem Fernsehen, dessen Werbeeinnahmen trotz
Die Werbung in Online-Diensten war in den vergangenen
gestiegener Anzahl von Werbespots in den vergangenen
Jahren durch ein überproportionales Wachstum
zwei Jahren um 16% zurückgegangen sind, gehören
gekennzeichnet. Zwar sind die Zuwachsraten in den letzten
Zeitungen und Zeitschriften zu den wichtigsten
beiden Jahren deutlich gesunken und lagen "nur noch" bei
Werbeträgern in Deutschland. Auch die Verlage wurden
gut 20% (zum Vergleich: 1999: +200%; 2000: +100%).
von der Werbeflaute stark getroffen. Die Werbeeinnahmen Allerdings besetzt die Werbung im Internet noch immer eine
bei Tageszeitungen brachen seit 2000 um fast ein Viertel Nischenposition, da der Anteil an den gesamten
ein, Zeitschriften erlitten ein Minus von 14%. Diese
Werbeeinnahmen erst bei gut 1% liegt. Online-Werbung ist
Entwicklung brachte eine Reihe von Verlagen in
damit allerdings schon bedeutender als die Werbung in
Existenznöte. Viele Titel, die erst im Zuge des
Kinos. Gleichwohl ist im Bereich der Content-Anbieter im
Werbebooms der New Economy aufgelegt wurden,
Internet künftig mit einer Konsolidierung zu rechnen. Da die
verschwanden komplett vom Markt. Besonders
Zahlungsbereitschaft der Kunden für Inhalte im Internet
Verlagserzeugnisse, die zuvor von der Euphorie rund um langfristig eher skeptisch einzuschätzen ist, bleibt Werbung
den Internet-Hype profitierten (z.B. Börsen-Magazine),
mittel- bis langfristig die wichtigsten Einnahmequelle für
haben das Platzen der Bubble nicht überlebt.
diese Anbieter. Primär aus Kostengründen werden einige
Infolge der allgemeinen konjunkturellen Eintrübung lief bei jüngere Online-Anbieter wohl wieder vom Markt
den Tageszeitungen auch das Anzeigengeschäft
verschwinden, da sich viele Internet-Nutzer auf bekannte
(außerhalb der Werbung) schlecht. So schrumpfte der
und schon weitgehend etablierte Online-Dienste
Anzeigenumfang bei überregionalen Tageszeitungen im
beschränken werden. Diese sind aufgrund ihres
Bereich der Stellenanzeigen allein 2002 um fast 50%. Dies Bekanntheitsgrades auch als Werbeträger interessant.
hatte auch negative Effekte auf die Performance der
Schon 2002 stieg die Zahl der Internet-Angebote von
Verlage. Die Produktion der deutschen Zeitungsverlage
Tageszeitungen nur noch leicht an.
sank seit 2000 um gut 6%, die der Zeitschriftenverlage
EU-Pläne beeinträchtigen künftig Werbewirtschaft und
sogar um fast ein Zehntel. Parallel dazu zog die Zahl der
damit Medienbranche
arbeitslosen Journalisten massiv an. Problematisch für
Angesichts der starken Abhängigkeit der gesamten
deutsche Verlage ist, dass ihnen das Ventil des
Medienbranche von der Entwicklung der Werbewirtschaft
Auslandsgeschäfts angesichts der sehr geringen
abhängig sind Pläne der EU-Kommission zur Einschränkung
Exportquote von 0,3 bzw. 5,7% praktisch nicht zur
der Werbefreiheit in einzelnen Sektoren kritisch zu
Verfügung steht.
beurteilen. Insbesondere sollen nährwert- und
Die Erholung des Verlagsgewerbes ist in großem Maße
gesundheitsbezogene Aussagen zu Lebensmitteln stark
abhängig von der künftigen Entwicklung der
eingeschränkt bzw. verboten werden. Damit wäre eine der
Werbeausgaben. Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass werbeintensivsten Sektoren negativ tangiert. Die geplanten
die Verlage durch Werbung in ihren Blättern im
Einschränkungen würden die anstehende Erholung in der
Durchschnitt mehr Einnahmen erzielen als durch
Medienbranche nach dem Platzen der Bubble erschweren
Verkaufserlöse ihrer Zeitungen und Zeitschriften. Auch
künftig wird es zwar eine Titelflut, d.h. eine Vielzahl von
Neuauflagen von Zeitschriften geben, von denen sich aber
immer nur ein (geringer) Teil dauerhaft durchsetzt. Vor
allem in Zeiten einer schwachen Werbekonjunktur werden
viele (neue) Zeitschriften Schwierigkeiten bekommen, da
einige primär deshalb aufgelegt werden, um
Werbeeinnahmen zu generieren. Erfreulich ist, dass sich
im bisherigen Jahresverlauf eine spürbare Besserung der
Geschäftstätigkeit im Verlagsgewerbe abzeichnet.
Es liegt auf der Hand, dass auch die Druckindustrie, die zu
ca. 60% von Aufträgen aus der Werbewirtschaft abhängig
ist, indirekt unter dem Platzen der Bubble gelitten hat. Die
Produktion im Segment der Zeitungsdruckereien brach seit
2000 um gut ein Viertel ein. Auch hier ist eine Erholung der
Branche eng mit der Werbekonjunktur verknüpft. Auch im
bisherigen Jahresverlauf lag der Output noch unter
Vorjahresniveau.
19. August 2003
Deutsche Bank Research
und die Unsicherheit in der Werbewirtschaft sowie den
bürokratischen Aufwand für die betroffenen Unternehmen
erheblich erhöhen. Insgesamt stellt sich die Frage, ob hier
nicht die Grenzen zwischen Verbraucherschutz und
Bevormundung der Konsumenten verwischen.
Autor:Eric Heymann(+49 69 910-31730)
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