Teil I Theorie des Außenhandels Kapitel 2 Wohlfahrtspotenziale des Welthandels Außenwirtschaft 2.1 2—2 Merkantilismus • Der Merkantilismus ist keine Denkschule. Der Begriff bezeichnet ein Bündel von Ansichten, welche das ökonomische Denken zwischen den Jahren 1500 und 1750 geprägt haben. • Der Reichtum einer Volkswirtschaft wurde am Bestand der Edelmetalle gemessen. • Dieser Reichtum wurde auch als Versicherung gegen Finanzprobleme während eines Krieges gesehen. • Frage: Was würde man heute als den Reichtum einer Volkswirtschaft erachten? Antwort: Außenwirtschaft 2—3 • Merkantilisten erachteten wirtschaftliche Tätigkeit als ein Nullsummenspiel. • Zentrales Ziel des Wirtschaftens war eine positive Leistungsbilanz (Gesamtwert der Exporte übersteigt den Gesamtwert der Importe), damit es zum erwünschten Zufluss von Edelmetallen kommen konnte. • Zu den damaligen Zeiten wurden Import- und Exportrechte an einzelne Handelsgesellschaften vergeben (z.B. Hudson Bay Company und Dutch East India Trading Company). Außenwirtschaft 2.2 2—4 Ikonen der modernen Außenhandelstheorie • David Hume (1711-1776) und Adam Smith (1723-1790) stellten die merkantilistischen Positionen auf den Prüfstand. • In seinen Political Discourses (1752) argumentierte Hume, dass eine positive Leistungsbilanz zu Preis- und Lohnerhöhungen führt, die eigenen Waren damit verteuert und eine erhöhte Nachfrage nach importierten Waren auslöst. Dies wiederum verschlechtert die Leistungsbilanz. 2—5 Außenwirtschaft David Hume (1711-1776) Adam Smith (1723-1790) Außenwirtschaft 2—6 • In seinem berühmten Buch The Wealth of Nations (1776) erachtet Smith den Reichtum einer Volkswirtschaft als ihre produktive Kapazität. Das Prinzip der vorteilhaften Arbeitsteilung übertrug er auf die Ebene von Nationen. Wenn die handelnden Nationen ihre „absoluten Vorteile“ ausnutzen, ist dies zum Wohle aller Beteiligten. Internationaler Handel ist also kein Nullsummenspiel. • Aufbauend auf den Erkenntnissen von Hume und Smith wurden von späteren Ökonomen ausgefeiltere Theorien entwickelt. Diese Theorien und ihre politischen Implikationen werden Gegenstand dieses Kurses sein. Außenwirtschaft 2—7 • David Ricardo (1772-1823) schrieb das Werk The Principles of Political Economy and Taxation (1817). In diesem Buch erläuterte er, dass sogar Länder ohne jeglichen „absoluten Vorteil“ vom internationalen Handel profitieren können (Prinzip des „komparativen Vorteils“). In der Tradition der Arbeitswertlehre stehend konzentrierte sich Ricardo in seinem Denken auf die Angebotsseite (Produktionsseite) der Volkswirtschaften. Diese unterschieden sich hinsichtlich ihrer Arbeitsproduktivitäten. Letztere hängen unter anderem vom technischen Wissen und den jeweiligen Fertigkeiten sowie von der Ausstattung mit anderen Ressourcen ab. Außenwirtschaft 2—8 • John Stuart Mill (1806-1873) ist der Autor von Principles of Political Economy (1848). Er erkannte, dass die Preise auf dem Weltmarkt auch von der Nachfrageseite der beteiligten Länder mitbestimmt werden (Theorie der reziproken Nachfrage). Dadurch konnte man die Weltmarktpreise erklären und nicht nur, wie bei Ricardo, mögliche Preisspannen angeben. 2—9 Außenwirtschaft David Ricardo (1772-1823) John Stuart Mill (1806-1873) Außenwirtschaft 2—10 • Eli Heckscher (1879-1952) und Bertil Ohlin (1899-1979) entwickelten das Heckscher-Ohlin Modell. Es basiert auf Heckscher’s (1919) Aufsatz The Effect of Foreign Trade on the Distribution of Income (veröffentlicht in Schwedisch in Ekonomisk Tidskrift) und wurde in Ohlins (1933) Buch Interregional and International Trade weiterentwickelt. In ihrem Ansatz wird die zentrale Bedeutung der Ressourcenausstattung der Länder herausgearbeitet. Ferner zeigen sie, dass internationaler Handel im Land Umverteilungseffekte auslöst. 2—11 Außenwirtschaft Eli Heckscher (1879-1952) Bertil Ohlin (1899-1979) Außenwirtschaft 2—12 • Paul A. Samuelson (geboren 1915) trug zum Verständnis des Heckscher-Ohlin Modells bei und entwickelte das Modell spezifischer Produktionsfaktoren. Dieses wurde davon unabhängig auch von Ronald W. Jones entwickelt. • Paul R. Krugman (geboren 1953) untersuchte den Einfluss von Transportkosten und unvollständigen Wettbewerb auf den internationalen Handel. Dieses Forschungsgebiet wird als “New Economic Geography” bezeichnet. 2—13 Außenwirtschaft Paul A. Samuelson (1915) Paul R. Krugman (1953) Außenwirtschaft 2.3 2—14 Vereinfachende Annahmen • In den theoretischen Handelsmodellen werden zahlreiche vereinfachende Annahmen getroffen. • Es wird von einer einheitlichen Währung ausgegangen. • Es bestehen keine internationalen Kreditbeziehungen. Für jedes Land gilt deshalb: Innerhalb einer Periode entspricht der Wert der produzierten Güter dem Wert der konsumierten Güter. • Güter können ohne Transportkosten von einem Land in ein anderes Land transferiert werden. • Produktionsfaktoren sind international nicht mobil (z.B. keine Migration). Außenwirtschaft 2.4 2—15 Autarkiegleichgewicht eines Landes • Die Ökonomie produziert und konsumiert zwei Güter: Nahrung und Kleidung. 2.4.1 Transformationskurve des Landes • QN = produzierte Nahrungsmenge QK = produzierte Kleidungsmenge • Die in der Ökonomie vorhandenen Produktionsfaktoren sind begrenzt. • Die maximal möglichen QN -QK -Kombinationen werden durch die Transformationskurve T beschrieben (Abbildung 2.1). • Diese Kurve gibt für jedes QN das dann noch maximal produzierbare QK an (z.B. Q1N erlaubt Q1K ). 2—16 Außenwirtschaft QK T Q1K Q1 Q1N QN Abbildung 2.1: Transformationskurve Außenwirtschaft 2—17 • Die Ausweitung von QN erfordert eine Senkung von QK . • In Abbildung 2.2 (und auch Abbildung 2.1) steigt die notwendige Absenkung mit jeder zusätzlichen QN -Einheit (vergleiche die Punkte Q1 , Q2 und Q3 ). • Das bedeutet: Die Opportunitätskosten der Nahrungsmittelproduktion (ausgedrückt in Kleidungseinheiten) steigen. • Grafisch entsprechen diese Opportunitätskosten der jeweiligen Steigung der Transformationskurve. Je größer QN , umso größer wird diese Steigung (betragsmäßig). • Auch die Opportunitätskosten der Kleidungsproduktion (ausgedrückt in Nahrungseinheiten) steigen. 2—18 Außenwirtschaft QK Q1K QK2 QK3 T Q1 Q2 Q3 Q1N QN2 QN3 QN Abbildung 2.2: Steigende Opportunitätskosten. Außenwirtschaft 2—19 • Punkte unterhalb der Transformationskurve können sich ergeben, wenn Produktionsfaktoren technisch nicht effizient oder gar nicht eingesetzt werden. • Im Folgenden wird aber von einem technisch effizienten Einsatz der Produktionsfaktoren ausgegangen. • Technische Anmerkung: Die Transformationskurve eines Landes ist normalerweise konkav. Erst bei stark ansteigenden Skalenerträgen ergibt sich eine konvexe Transformationskurve. • Begriffliche Anmerkung: Die Begriffe „Land“ und „Ökonomie“ werden synonym verwendet. Außenwirtschaft 2.4.2 2—20 Isowohlfahrtslinien • DN = konsumierte Nahrungsmenge DK = konsumierte Kleidungsmenge • Die Indifferenzkurven eines Konsumenten geben jene DN -DK Kombinationen an, welche dem Konsumenten jeweils den gleichen Nutzen liefern. • Es wird vereinfachend angenommen, dass alle Konsumenten identisch sind. Die Indifferenzkurven eines einzelnen Konsumenten (Isonutzenkurven) repräsentieren deshalb zugleich die Isowohlfahrtslinien der Ökonomie. Außenwirtschaft 2—21 • Abbildung 2.3 zeigt drei Isowohlfahrtslinien: W 1 , W 2 und W 3 . Für die Wohlfahrtsniveaus gilt dabei: W 1 < W 2 < W 3 . • Isowohlfahrtslinien schneiden sich nicht. • Jede DN -DK -Kombination liegt auf genau einer Isowohlfahrtslinie. 2—22 Außenwirtschaft DK D 1K W1 W 2 W3 D1 D K2 D2 D K3 D3 D 1N D N2 D N3 DN Abbildung 2.3: Isowohlfahrtslinien. Außenwirtschaft 2—23 • Ausgangspunkt sei Punkt D1 . Stattet man die Ökonomie mit einer zusätzlichen Menge Nahrung aus, so kann man ihr eine bestimmte Kleidungsmenge entziehen, und sie bleibt dennoch auf dem alten Wohlfahrtsniveau (Punkt D2 ). • Ausgangspunkt ist nun Punkt D2 . Stattet man die Ökonomie erneut mit jener zusätzlichen Nahrungsmenge aus, so kann man ihr, soll sie auf dem alten Wohlfahrtsniveau bleiben, erneut eine bestimmte Kleidungsmenge entziehen (Punkt D3 ). Diese entzogene Menge muss aber kleiner sein als im ersten Schritt. • Das bedeutet: Die Grenzrate der Substitution von Kleidung durch Nahrung (also die Mengenrelation zwischen wohlfahrtsbewahrendem Entzug von Kleidung und zusätzlichem Nahrungskonsum) ist abnehmend. Außenwirtschaft 2—24 • Grafisch entspricht die Grenzrate der Substitution dem Negativwert der jeweiligen Steigung der Isowohlfahrtslinie. Je größer DN , umso kleiner ist die Steigung (betragsmäßig). • Auch die Grenzrate der Substitution von Nahrung durch Kleidung ist abnehmend. 2—25 Außenwirtschaft 2.4.3 Autarkiegleichgewicht • Abbildung 2.4 zeigt die Transformationskurve T gemeinsam mit einigen Isowohlfahrtslinien. • Eine autarke Ökonomie kann immer nur diejenigen Nahrungsmengen und Kleidungsmengen konsumieren, die sie selbst produziert hat: DN = QN DK = QK • Das konsumierte Güterbündel D = (DN , DK ) muss folglich mit dem produzierten Güterbündel Q = (QN , QK ) übereinstimmen. • Deshalb stellen nur die Punkte auf oder innerhalb der Transformationskurve realisierbare Konsumbündel dar. Außenwirtschaft 2—26 • Frage: Im Punkt Q0 könnte aus Produktionssicht der Nahrungsoutput um eine Einheit erhöht werden und im Gegenzug der Kleidungsoutput um eine drittel Einheit reduziert werden. Wäre dies aus Konsumentensicht vorteilhaft? Antwort: • Frage: Im Punkt Q00 könnte aus Produktionssicht der Nahrungsoutput um eine Einheit gesenkt werden und im Gegenzug der Kleidungsoutput um eine Einheit erhöht werden. Wäre dies aus Konsumentensicht vorteilhaft? Antwort: 2—27 Außenwirtschaft QK , DK W3 W1 W 2 W0 Q1= D1 T Q' Q' ' QN , D N Abbildung 2.4: Die Wirkung von Marktkräften. Außenwirtschaft 2—28 • Das höchste erreichbare Wohlfahrtsniveau ist bei Konsumbündel 1 1 D1 = (DN , DK ). Folglich markiert Punkt D1 = Q1 das Autarkiegleichgewicht (siehe auch Abbildung 2.5). • Es ist ein Gleichgewicht, denn es besteht kein Anreiz von diesem Punkt abzuweichen. • In diesem Punkt gilt: D1 = Q1 Steigung der Transformationskurve = Steigung der Isowohlfahrtslinie Opportunitätskosten der Nahrung = Grenzrate der Substitution • Im Punkt D1 der Abbildungen 2.4 und 2.5 beträgt die Steigung der Transformationskurve und der Isowohlfahrtslinie −(1/2). • Es ergibt sich in der Ökonomie also die Tauschrelation: eine halbe Einheit Kleidung für eine Einheit Nahrung. 2—29 Außenwirtschaft QK , DK W1 Steigung: − (PN PK ) = − 1 2 A T Q1K , D1K Q1= D1 Q1N , D1N QN , DN Abbildung 2.5: Autarkiegleichgewicht. 2—30 Außenwirtschaft • Jeder Tausch wird mit Hilfe von Geld abgewickelt. • PN = Preis einer Nahrungseinheit PK = Preis einer Kleidungseinheit • Das Preisverhältnis beträgt im Autarkiegleichgewicht: (PN /PK )A = 1/2 Dabei steht „A“ für Autarkie. • Das bedeutet: Für eine Einheit Nahrung erhält man im Tausch eine halbe Einheit Kleidung. • Nur das Preisverhältnis ist wichtig, nicht die absolute Höhe der Preise. Außenwirtschaft 2.5 2—31 Außenhandelsanreize für ein kleines Land • Ein kleines Land ist als eine Ökonomie definiert, die keinen Einfluss auf die Preisverhältnisse auf dem Weltmarkt ausübt (z.B. Luxemburg). • Entscheidet sich ein kleines Land, den Autarkiestatus aufzugeben und am Welthandel teilzunehmen, dann werden die Preisverhältnisse auf dem Weltmarkt dadurch nicht berührt. Außenwirtschaft 2.5.1 2—32 Tauschanreize und Arbitrage • Das bislang betrachtete Land wird als Inland bezeichnet, der Rest der Welt als Ausland. • Auf den Variablen des Auslands erscheint das Symbol „∼“, also beispielsweise Q̃N . • Es sei unterstellt, dass die Produktion im Inland bereits stattgefunden hat, bevor das Inland sich entscheidet, am Welthandel teilzunehmen. • Es geht hier also um die Frage, welche kurzfristige Anpassung an den Weltmarkt für das Inland möglich wäre und ob dies für das kleine Land von Vorteil ist. Außenwirtschaft 2—33 • Exemplarisch sei der folgende Fall betrachtet: µ ¶A 1 PN P̃N = < =1 2 PK P̃K • Frage: Wie könnte ein Inländer (oder Ausländer) sehr reich werden, wenn auch nach der Handelsöffnung diese Preisverhältnisse im In- und Ausland weiterbestehen würden? Antwort: Außenwirtschaft 2—34 • Frage: Welche längerfristigen Konsequenzen ergeben sich für das inländische und ausländische Preisverhältnis? Anwort: 2—35 Außenwirtschaft • Abbildung 2.6 wiederholt Abbildung 2.4. Das Autarkiegleichgewicht ist durch Q1 und D1 bezeichnet. Das gleichgewichtige Autarkiepreisverhältnis beträgt µ ¶A PN 1 = PK 2 • Nach der Aufnahme von Außenhandel ergibt sich PN P̃N = =1 PK P̃K wobei davon ausgegangen wurde, dass die Handelsöffnung erfolgte, erst nachdem das Inland das Güterbündel Q1 produziert hat. 2—36 Außenwirtschaft QK , DK W1 (~ ~ ) Steigung: − PN PK = −1 W2 Steigung: − (PN PK ) = − 1 2 A R DK2 Q1K , D1K D2 T Q1 = D 1 DN2 Q1N , D1N QN , D N Abbildung 2.6: Teilnahme am Welthandel. Außenwirtschaft 2—37 • Da das Inland klein ist, könnte es auf dem Weltmarkt (also im Ausland) jede beliebige Nahrungsmenge im Verhältnis von Eins zu Eins gegen Kleidung tauschen (P̃N /P̃K = 1). • Frage: Welcher Wohlfahrtseffekt ergibt sich für das Inland, wenn es auf dem Weltmarkt eine kleine Menge Nahrung gegen Kleidung tauscht (also Nahrung exportiert und Kleidung importiert)? Antwort: • Frage: Welche Tauschmenge würde die größte Wohlfahrt im Inland generieren? Antwort: Außenwirtschaft 2—38 • Frage: Könnte auch im Fall von µ ¶A PN P̃N > PK P̃K durch die Aufnahme von Handel ein Wohlfahrtsgewinn erzielt werden? Antwort: 2—39 Außenwirtschaft QK , DK W1 W2 Steigung: − (PN PK ) A = − 1 2 (~ ~ Steigung: − PN PK Q1 = D1 ) D2 QN , DN Abbildung 2.7: Wohlfahrtseffekt bei alternativer Preiskonstellation. Außenwirtschaft 2—40 • Frage: Könnte auch im Fall von µ ¶A PN P̃N = PK P̃K ein Wohlfahrtsgewinn erzielt werden? Antwort: Resultat: Die Aufnahme von Tauschbeziehungen ist für ein kleines Land, dessen Autarkiepreisverhältnis vom Weltmarktpreisverhältnis abweicht, immer von Vorteil. 2—41 Außenwirtschaft 2.5.2 Nationale Budgetrestriktion • Wenn das kleine Land am Welthandel teilnimmt, dann beträgt der monetäre Wert eines produzierten Güterbündels Q = (QN , QK ) genau VQ = P̃N QN + P̃K QK und der monetäre Wert eines konsumierten Güterbündels D = (DN , DK ) beträgt genau VD = P̃N DN + P̃K DK • In Autarkie sind die Konsummöglichkeiten dadurch beschränkt, dass DN = QN und DK = QK gelten muss. Das bedeutet automatisch, dass VD = VQ (2.1) 2—42 Außenwirtschaft • Wenn das Land am Welthandel teilnimmt, betragen die Werte der Produktion und des Konsums VQ = P̃N QN + P̃K QK VD = P̃N DN + P̃K DK (2.2) (2.3) • Wenn das Land am Welthandel teilnimmt, ist es zulässig, dass DN 6= QN und DK 6= QK Aber es muss weiterhin die Restriktion (2.1), also VD = VQ , erfüllt sein. • Restriktion (2.1) kann als eine Restriktion der Werte der Exporte und Importe umformuliert werden. Wenn man (2.2) und (2.3) in (2.1) einsetzt, erhält man P̃N DN + P̃K DK = P̃N QN + P̃K QK (2.4) 2—43 Außenwirtschaft • Umstellen liefert P̃K DK − P̃K QK = P̃N QN − P̃N DN und damit P̃K (DK − QK ) = P̃N (QN − DN ) (2.5) • Frage: Wie ist Gleichung (2.5) zu interpretieren, wenn DK > QK und QN > DN ? Antwort: Außenwirtschaft 2—44 • Gleichung (2.5) — und damit auch Gleichung (2.1) — kann als die nationale Budgetrestriktion des Inlands interpretiert werden. • Die nationale Budgetrestriktion markiert alle Konsumbündel, welche das Inland sich leisten kann, wenn es die Gütermengen QN und QK produziert hat. • Deshalb kann die nationale Budgetrestriktion (2.5) für gegebenes Outputbündel Q = (QN , QK ) als die “Grenze der Konsummöglichkeiten” aufgefasst werden. • Die Gerade R der Abbildung 2.6 kann auch algebraisch definiert werden. Sie ist identisch mit der nationalen Budgetrestriktion (2.5) bzw. (2.1). Dies wird nun gezeigt. 2—45 Außenwirtschaft • Die nationale Budgetrestriktion (2.5) ist identisch mit Gleichung (2.4) und folglich auch mit P̃N DN + P̃K DK = VQ , wobei VQ der Wert des inländischen Outputbündels Q ist, wenn auf dem inländischen Markt die Preise P̃N und P̃K gelten. • Umstellen liefert und folglich P̃K DK = VQ − P̃N DN DK = VQ P̃N − DN P̃K P̃K (2.6) • Bei gegebenem Q und gegebenen Weltmarktpreisen P̃N und P̃K , ist auch VQ festgelegt. Das bedeutet, VQ , PN und PK haben gegebene Werte. Gleichung (2.6) zeigt für jede konsumierte Nahrungsmenge DN die Kleidungsmenge DK an, welche sich das Inland leisten könnte. 2—46 Außenwirtschaft • Gleichung (2.6), also VQ P̃N − DN , P̃K P̃K könnte als eine alternative Formulierung der nationalen Budgetrestriktion betrachtet werden. DK = • Diese Gleichung liefert VQ P̃K V für DN = 1 : DK = Q − P̃N P̃K P̃K V für DN = 2 : DK = Q − P̃N · 2 P̃K P̃K für DN = 0 : DK = • Dies zeigt, dass Gleichung (2.6) die folgende Beziehung definiert: Falls DN um eine Einheit steigt, fällt DK um P̃N /P̃K Einheiten. Außenwirtschaft 2—47 • Das bedeutet, der Konsum einer zusätzlichen Einheit Nahrung erfordert eine Verringerung des Kleidungskonsums um P̃N /P̃K Einheiten. • Gleichung (2.6) definiert eine lineare Beziehung zwischen den Variablen DN und DK . Grafisch wird dies durch eine Gerade wiedergegeben. Jede Einheit, die man sich nach rechts bewegt, bedeutet ein Absinken der Gerade um (P̃N /P̃K ) Einheiten. • Formal kann die Steigung der Gerade direkt aus Gleichung (2.6) ermittelt werden: P̃N dDK =− dDN P̃K • Es wurde gezeigt, dass die nationale Budgetrestriktion (2.1) und Gleichung (2.6) äquivalent sind, und dass Gleichung (2.6) eine Gerade mit Steigung −(P̃N /P̃K ) definiert. Dies ist auch die Steigung der Gerade R in Abbildung 2.6. 2—48 Außenwirtschaft • Um abschließend zu beweisen, dass die nationale Budgetrestriktion (2.1) die gerade Linie R der Abbildung 2.6 ist, muss noch gezeigt werden, dass die durch Gleichung (2.6) definierte Gerade durch den Punkt Q1 der Abbildung 2.6 verläuft. • Es muss also gezeigt werden, dass sich für DN = QN der DK -Wert DK = QK ergibt. • Zu diesem Zweck wird in (2.6) DN durch QN ersetzt. Man erhält DK = VQ P̃N − QN P̃K P̃K Multiplikation mit P̃K ergibt [aus (2.2)] P̃K DK = VQ − P̃N QN = P̃K QK 2—49 Außenwirtschaft • Dividiert man beide Seiten durch P̃K , erhält man DK = QK • Dieses Ergebnis zeigt, dass an der Stelle DN = QN die Gerade durch DK = QK verläuft. • Grafisch bedeutet dies, dass die nationale Budgetrestriktion (2.6) tatsächlich die Gerade R der Abbildung 2.6 ist. Resultat: Die nationale Budgetrestriktion eines Landes verläuft durch das produzierte Güterbündel Q. Die Steigung der nationalen Budgetrestriktion ist durch das Weltmarktpreisverhältnis festgelegt (Preis des Gutes auf der horizontalen Achse durch den Preis des Gutes auf der vertikalen Achse). Außenwirtschaft 2—50 • Frage: Hätte das Land bei unveränderten Weltmarktpreisen einen höheren Output QN und/oder QK , dann würde sich der Produktionswert VQ erhöhen. Wie würde dann die nationale Budgetrestriktion aussehen? Antwort: • Frage: Wäre dies für das Land vorteilhaft? Antwort: Außenwirtschaft 2.5.3 2—51 Zusätzliche Wohlfahrtsgewinne durch Produktionsumstellung • Langfristig kann das kleine Land nicht nur internationalen Tausch durchführen, es kann auch seine Produktion dem Weltmarkt anpassen. • Die technisch produzierbaren Güterbündel sind durch die Transformationskurve der Abbildung 2.8 definiert (eine Kopie der Abbildung 2.6). • Frage: Könnte das Land durch die Umstellung auf ein anderes Güterbündel als Q1 eine höhere Wohlfahrt erreichen? Antwort: 2—52 Außenwirtschaft QK , DK W1 (~ W2 R ~ ) Steigung: − PN PK = −1 Steigung: − ( PN PK ) = − 1 2 A W3 D3 T D2 Q1 = D 1 Q3 QN , D N Abbildung 2.8: Vollständige Integration in den Weltmarkt. Außenwirtschaft 2—53 Resultat: Das kleine Land erzielt durch die vollständige Integration in den Weltmarkt einen Wohlfahrtsgewinn, der durch die Differenz (W 3 − W 1 ) angegeben ist. Dieser Wohlfahrtsgewinn lässt sich in den · Gewinn aus Tausch (W 2 − W 1 ) und den · zusätzlichen Gewinn aus der Produktionsumstellung plus Tausch (W 3 − W 2 ) zerlegen. • Frage: Welche Wohlfahrtswirkung ergäbe sich für ein kleines bereits in den Weltmarkt integriertes Land, wenn sich dieses Land der „Globalisierung entzieht“ (Rückkehr in die Autarkie)? Antwort: 2—54 Außenwirtschaft 2.6 Terms of Trade eines kleinen Landes • Im Handelsgleichgewicht gilt für das In- und Ausland das WeltmarktPreisverhältnis (P̃N /P̃K ). • Bei diesem Preisverhältnis exportiert das Inland Nahrung und es importiert Kleidung. • Die Terms of Trade eines Landes sind definiert als der Quotient: Preis des Exportgutes Preis des Importgutes • Frage: Wie viel importierte Einheiten Kleidung erhält das Inland für jede exportierte Einheit Nahrung? Antwort: