12 2013 • Hessisches Ärzteblatt Parlando Empfehlungen und Kulturtipps zum Jahresausklang Bücher Für Freunde und Neuentdecker eines eigensinnigen Universalgenies: Unter dem Titel „Goethe – Kunstwerk des Lebens“, Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, ist in diesem Sommer die lebendige und elegant formulierte Biografie von Rüdiger Safranski erschienen. Anschau­lich versetzt dieser den heutigen Leser in die Zeit des „Dich­ter­­­ fürsten“, der in allen drei Gattungen – Lyrik, Drama und Roman – Meis­­­ter­ werke schuf und dabei zugleich das Beispiel eines gelungenen Lebens abgab. „Verliebt in Goethe“ schreibt die ZEIT über Safranskis Biografie. Die große Resonanz, auf die das Werk schon jetzt beim Publikum gestoßen ist, scheint dieser Analyse recht zu geben. Lesenswert ist die Biografie auf jeden Fall. Katja Möhrle Ein Klassiker: Albert Camus, „Der Fremde“ und „Die Pest“, Verlag rororo. Warum nicht Camus wiederentdecken? Am 3. November wäre Camus 100 Jahre alt geworden. Der in Algerien geborene französische Schriftsteller war und blieb in dieser Welt fremd. Er trieb uns den Gedanken an etwas Sicheres in unserem Leben aus. Selbst in Algerien geboren und unter schwierigen Bedingungen aufgewachsen, beschrieb er ein Lebensgefühl, eine Unsicherheit im Umgang mit der realen Existenz, die in unseren Zeiten durchaus Parallelen findet. David Foster Wallace: „Schrecklich amüsant, aber in Zukunft ohne mich“, Verlag Goldmann Ein kritischer Bericht über eine Kreuzfahrt. Die Urlaubsform der Kreuzfahrt mit den Giganten auf hoher See, welche die totale Unterhaltung und ein „schönes“ Leben als Event für ein oder zwei Wochen versprechen, hat auch andere Seiten. Mit tausenden gleich- 904 gesinnter Menschen auf hoher See einen fröhlichen Urlaub verbringen? Nach der Lektüre von Forster Wallace fällt dieses schwer. Sibylle Lewitscharoff, „Blumenberg“ Das 2011 im Suhrkamp Verlag erschie­ nene Buch trägt den Namen des Philo­ sophen Blumenberg. Mit verstörender Selbstverständlichkeit findet Blumenberg eines Nachts einen Löwen in seinem Arbeitszimmer. Am nächsten Tag sitzt der Löwe in seiner Vorlesung. Von ihm abgesehen scheint niemand das Tier wahrzunehmen. Das Buch ist nicht nur eine Hommage an den großen Denker. Es ist ein Roman voller mitreißendem Sprach­witz. Die Auto­rin wur­ de 2013 mit dem Georg-Büchner-Preis geehrt. Swetlana Alexijewitsch „Der Krieg hat kein weibliches Gesicht“, Hanser Verlag, oder „Eine Chronik der Zukunft“, Berlin Verlag. Die Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2013 arbeitet in einer ganz bestimmten Weise. Sie interviewt Menschen und montiert das Verschriftete zu einem Buch. Dabei entsteht eine sehr dichte Schilderung mit packender dramatischer Geschichtsvermittlung. Eine der großen und mutigen Frauen aus Weißruss­ land heute. Daniel Kehlmann, „F“ In dem 2013 bei Rowohlt erschienenen Roman erzählt Kehlmann von drei Brüdern, die, jeder auf seine Weise, Heuchler, Fälscher und Betrüger sind. Sie haben sich in ihrem Leben eingerichtet, doch plötzlich kommt es zu ei­­nem Augenblick der Unaufmerksam­ keit und alles wird anders. Ein Roman über Wahrheit und Lüge, über Familie, Fälschung und die Kraft der Fiktion. Vielschichtig sowie geheimnisvoll. Dr. med. Siegmund Drexler Oper Auch wenn Opernvorstellungen das ganze Jahr über locken, kann ein Besuch in der Vorweihnachtszeit besonders festlich stimmen. So hat etwa die Oper des Staatstheaters Darmstadt am 7. Dezember Giu­s eppe Verdis „La Traviata“ im 200. Geburtsjahr des Komponisten auf den Spielplan geholt. 1853 rief die Uraufführung von „La Traviata“ einen Skandal hervor! Eine Kurtisane als Opernheldin auf der Bühne, für die man auch noch Mit­leid und Zuneigung empfinden sollte? Damals erschien dieser Stoff, mit dem Giuseppe Verdi der Gesellschaft einen Spiegel ihrer Doppelmoral vorhielt, unerhört. Heute kann man sich ganz dem Kunstgenuss hingeben. Katja Möhrle Ausstellung An seinem Namen führt in Frankfurt kein Weg mehr vorbei: Mit einem großen A und einem kleinen D signierte Albrecht Dürer seine Werke. Eine beeindruckende Ausstellung im Frankfur­ ter Städel zeigt jetzt eine neue Sicht auf den Künstler und bettet seine Werke in zeitgenössische Zusammenhänge ein. Dürer, der deutsche Renaissance-Künstler überhaupt, wird zugleich als Künstler offenbar, der den Renaissan­ce-Begriff relativierte und die künst­le­rischen Grenzen seiner Epoche spreng­te. Eine Besprechung der Ausstellung folgt in der Januar-Ausgabe des Hessischen Ärzteblattes. Katja Möhrle In der Hoffnung auf schöne Begegnungen über die Feiertage, auf viel Neugier für 2014, auf Glück und Gesundheit grüßen Sie herzlich Katja Möhrle und Dr. med. Siegmund Drexler