Technische Universität München Christian Neumann Vorlesung Montag 1 1.1 Ferienkurs Elektrodynamik SS 2009 Felder aus statischen Ladungs- und Stromverteilungen Das Coulombgesetz Geladene Teilchen üben Kräfte aufeinander aus. Sie können sich sowohl anziehen als auch abstoßen. Die Wechselwirkung zweier Teilchen genügt dem Coulombschen Gesetz: F~12 = 1.2 1 q1 q2 2 ê12 4π0 r12 Elektrisches Feld Der nächste Schritt ist nun die Einführung eines Feldes, das beschreibt, wie groß die Kraft auf eine Probeladung im Feld einer anderen Ladung(-verteilung) ist. ~ F~ = qp E Hieraus folgt sofort das elektrische Feld für eine Punktladung am Ort ~r0 : ~ r) = E(~ Q 1 (~r0 − ~r) 4π0 |~r0 − ~r|3 Da für das elektrische Feld das Superpositionsprinzip gilt, ergibt sich für das Feld mehrerer Ladungen X qi ~ r) = 1 E(~ (~ri − ~r) 4π0 i |~ri − ~r|3 Ein Übergang von diskreten Punktladungen zu einer kontinuierlichen Ladungsverteilung der sog Ladung Ladungsdichte ρ(~r) = Volumen liefert dann ~ r) = E(~ 1 4π0 Z ρ(~r0 )(~r − ~r0 ) 3 0 d r |~r − ~r0 |3 (1) Mit Hilfe von (1) und der Diracschen Deltafunktion lassen sich auf auch Felder von diskreten Ladungsverteilungen bestimmen. So kann zum Beispiel die Ladungsdichte einer Punktladung mit Ladung q am Ort ~r0 ausgedrückt werden durch: ρ(~r) = qδ(~r − ~r0 ) Die Kraft, die ein elektrisches Feld auf ein Volumenelement dV mit Ladungsdichte ρ ausübt, ist dann gegeben durch ~ r) dF~el = ρdV E(~ 1.3 Elektrisches Potential Das Elektrische Feld ist konservativ und kann somit als Gradient eines Potentials dargestellt werden. ~ = −∇φ ~ E 1 Bei zusätzlicher Anwesenheit eines zeitabhängigen Magnetfeldes kommt noch ein weiterer Term hinzu. ~ ~ = −∇φ ~ − ∂A E ∂t Die Existenz des Potentials lässt nun auch eine sinnvolle Definition der Spannung zu. ZL2 U= ~ · d~r = φ(L1 ) − φ(L2 ) E L1 Die Spannung entspricht der Energie/Ladung die ein Teilchen gewinnt, wenn es das elektrische ~ r) auf einem beliebigen (!) Weg von L1 nach L2 durchläuft. Feld E(~ 1.4 Magnetisches Feld Das magnetische Feld entsteht durch Kräfte zwischen bewegten Ladungen. Diese sind gegeben durch die Lorentz-Kraft: ~ F~ = q(~v × B) Zur Berechnung des Magnetfeldes führt man zwei praktische Größen ein. Zum einen den Strom dq Ladung = Zeit dt I= zum anderen die Stromdichte Strom I = Fläche A Das magnetische Feld lässt sich dann wie folgt berechnen: j= ~ r) = µ0 B(~ 4π Z ~ 0 j(~r ) × (~r − ~r0 ) 3 0 d r |~r − ~r0 |3 Die magnetische Kraft, die auf eine bewegte Ladungsdichte ρ wirkt, ist dann gegeben durch: ~ r)) = ~j(~r)dV × B(~ ~ r) = Id~r × B(~ ~ r) dF~mag = ρ(~r)dV (~v × B(~ 1.5 Magnetisches Vektorpotential Für das magnetische Feld lässt sich im Gegensatz zum elektrischen kein Potential finden. Es existiert aber ein zugehöriges Vektorpotential. ~ =∇ ~ ×A ~ B 1.6 Eichungen der Potentiale Die Potentiale sind nicht eindeutig bestimmt. So kann man zum Beispiel zum elektrischen Poten~ = ~0 addieren. Daher kann man spezielle zusätzliche tial φ eine beliebige Funktion f (~r) mit ∇f Eichungen für die Potentiale wählen. Die verbreitetsten sind die Coulomb-Eichung ~ ·A ~=0 ∇ und die Lorenz-Eichung ~ ·A ~ + 1 ∂φ = 0 ∇ c20 ∂t Die letztere hat den Vorteil Lorentz-Invariant zu sein. 2 2 Multipolentwicklung des elektrischen Potentials 2.1 in kartesischen Koordinaten Für große Entfernungen von der Ladungsverteilung (im Vergleich zu ihrer Ausdehnung) kann man das Potential entwickeln. Dies vereinfacht die Berechnung des elektrischen Potentials stark. Die exakte Form lautet: Z 1 ρ(~r0 )d3 r0 φ(~r) = (2) 4π0 |~r − ~r0 | Die Taylorentwicklung des “störende’ 1/|~r − ~r0 | Terms lautet: 1 1 1 1 = q =√ 0 2 0 02 |~r − ~r | r 1 − 2 ~r·~r0 + r − 2~r · ~r + ~r r2 r 02 r2 = 1 1 √ r 1−ξ Die Entwicklung von dem Wurzelterm lautet: √ 1 1 3 = 1 + ξ + ξ 2 + o(ξ 3 ) 2 8 1−ξ Hieraus folgt: 1 |~ r −~ r0 | = 1 r 1+ = 1 r + ~ r ·~ r0 r2 ~ r ·~ r0 r3 + − r 02 r2 + 3 8 ·4· 3(~ r −~ r 0 )2 −r 2 r 02 2r 5 3 0 (~ r ·~ r 0 )2 r4 + 1r o r +o r r0 r 3 Die ersten 3 Multipole sind also geben durch den: Monopol Z Q ρ(~r0 ) 3 0 1 d r = φ0 (~r) = 4π0 r 4π0 r In großer Entfernung sieht man also in erster Ordnung die Gesamtladung. Den Dipol Z 1 ~r · p~ ρ(~r0 ) φ1 (~r) = (~r · ~r0 )d3 r0 = 4π0 r3 4π0 r3 mit dem Dipolmoment der Ladungsverteilung Z p~ := ρ(~r0 )~r0 d3 r0 Für das elektrische Feld des Dipols ergibt sich durch Anwendung des Nabla-Operators p~ 3~r ~ 1 (~r) = −∇φ1 (~r) = − 1 E − (~ r · p ~ ) 4π0 r3 r5 und dem Quadrupol φ2 (~r) = wobei Z Qij = 2.2 3 X xi xj 1 Qij 5 2 · 4π0 i,j=1 r (3x0i x0j − r02 δij )ρ(~r0 )d3 r0 Entwicklung nach Kugelflächenfunktionen Bei kugelsymmetrischen Problemen ist es günstiger, die Kugelflächenfunktionen zu verwenden. Die Entwicklung von 1/|~r − ~r0 | lautet: ∞ l l X r< 1 4π X ∗ = Ylm (ϕ, ϑ)Ylm (ϕ0 , ϑ0 ) l+1 2l + 1 |~r − ~r0 | r> l=0 m=−l 3 mit r< = min{r, r0 }, r> = max{r, r0 } Einsetzen in (2) liefert dann die Sphärischen Multipolmomente ∞ l 1 X X φ(~r) = 4π0 r l=0 m=−l mit r qlm = 2.3 4π 2l + 1 Z 4π qlm Ylm (ϑ, ϕ) 2l + 1 rl+1 ∗ d3 r0 ρ(~r0 )r0l Ylm (ϑ0 , ϕ0 ) Eigenschaften der Kugelflächenfunktionen Die Kugelflächenfunktionen haben die Form Ylm (ϑ, ϕ) = alm Plm (cos ϑ) exp(imϕ) wobei alm ein Normierungsfaktor und Plm die geordneten Legendrepolynome bezeichnet. Sie sind außerdem orthonormal, das heisst Z2π Zπ dϕ 0 sin ϑdϑ Yl∗0 m0 Ylm = δll0 δmm0 0 Ausserdem sind sie ein vollständig, man kann also jede (integrable) Funktion f (ϑ, ϕ) nach den Kugelfächenfunktionen entwickeln: f (ϑ, ϕ) = ∞ X l X clm Ylm (ϑ, ϕ) l=0 m=−l Multiplikation mit Yl∗0 m0 und Integration über alle Winkel liefert dann die Entwicklungskoeffizienten Z ∗ clm = dΩf (ϑ, ϕ)Ylm 2.4 ein Beispiel Gegeben sei eine Stromverteilung ρ(~r) = Qδ(r − r0 ) z = Qδ(r − r0 ) cos ϑ r Gesucht ist die Multipolentwicklung der Stromverteilung. Hierfür ist es günstig die Ladungsverteilung zunächst in Kugelflächenfunktionen auszudrücken. r 4π ρ(~r) = Qδ(r − r0 ) cos ϑ = Qδ(r − r0 )Y10 (ϕ, ϑ) 3 damit ergibt sich für die Komponenten der sphärischen Multipolentwicklung r r r Z Z 4π 4π 4π 3 l ∗ ∗ qlm = d rρ(~r)r Ylm (θ, ϕ) = Q d3 rδ(r − r0 )Y10 (ϕ, ϑ)rl Ylm (θ, ϕ) 2l + 1 3 2l + 1 r = 4π 3 r 4π Q 2l + 1 Z∞ rl+2 δ(r − r0 )dr Z r ∗ dΩYlm (Ω)Y10 (Ω) = 4π 3 r 4π Qrl+2 δl1 δm0 2l + 1 0 0 Das heisst alle Komponenten ausser der mit l = 1 und m = 0 verschwinden. ∞ l 1 X X φ(~r) = 4π0 l=0 m=−l r 4π qlm 1 r03 1 r03 Ylm (θ, ϕ) = Q 2 cos θ = Q z l+1 2l + 1 r 30 r 30 r3 4 2.5 Vergleich der Entwicklungen Ein Vergleich der Entwicklungen zeigt, dass man für l = 0 das Monopolmoment Z 1 Y00 = √ ⇒ q00 = c00 d3 r0 ρ(~r0 ) = c00 Q 4π für l = 1 das Dipolmoment Y10 = c10 cos ϑ Z 0 ⇒ q10 = c10 Z Y1±1 = c1±1 sin ϑ0 exp(±iϕ0 ) ⇒ q1±1 = c1±1 d3 r0 r0 cos ϑ0 ρ(~r0 ) = c10 pz d3 r0 r0 sin ϑ0 (cos ϕ0 ±sin ϕ0 )ρ(~r0 ) = c1±1 (px ±ipy ) und für l = 2 die Komponenten des Quadropols erhält. 3 Multipolentwicklung des Magnetischen Vektorpotentials Auch das Magnetische Vektorpotential lässt sich entwickeln. Bei der Wahl der Coulomb-Eichung ergibt sich für das Potential: Z ~ 0 j(~r ) 3 0 ~ r) = µ0 d r A(~ 4π |~r − ~r0 | entwickelt man wider den 1/|~r − ~r0 | Term so ergibt sich 02 Z 1 ~r · ~r0 r 1 ~ r) = µ0 A(~ d3 r0~j(~r0 ) + 3 +o 4π r r r2 r Der erste Term ~ 0 (~r) = µ0 A 4πr Z ~j(~r0 )d3 r0 liefert keinen Beitrag, da bei einer lokal begrenzten Stromverteilung genauso viel Ladung rein- wie ausfliesst. Für das magnetische Dipolmoment ergibt sich Z µ0 ~ d (~r) = µ0 A (~r · ~r0 )~j(~r0 )d3 r0 = 1 (~ µ × ~r) 3 4πr 4πr3 mit dem magnetischen Dipolmoment: µ ~= 1 2 Z ~r0 × ~j(~r0 )d3 r0 Das zugehörige magnetische Feld ~) − µ ~ r2 ~ r) = ∇ ~ × A(~ ~ r) = µ0 3~r(~r · µ B(~ 4π r5 hat die gleiche Struktur wie das magnetische Dipolfeld. 1 Für einen Beweis siehe z.B Fließbach, Elektrodynamik, Kapitel 15 5